Szenarien als Modelle zukünftiger Entwicklung


Seminararbeit, 2002

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Szenarien
2.1 Definition
2.2 Entwicklung von Szenarien
2.3 Szenarien im Rahmen der Unternehmensführung
2.4 Vermutungen über die zukünftige Entwicklung
2.5 Szenario 1: Status quo
2.6 Szenario 2: Garantiertes Grundeinkommen
2.7 Szenario 3: Nachhaltige Entwicklung

3. Zusammenfassung

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In dieser Arbeit geht es um die Frage, wie unsere Zukunft aussieht und was wir machen können, um sie zu ändern. Zunächst müssen wir uns Fragen stellen, welche Zukunft wir überhaupt wollen und was passieren würde, wenn wir in der Gegenwart nicht versuchen würden, unsere Zukunft zu ändern. Über diese Fragen müssen wir nachdenken. „Zukunft ist offen“, so formulierte es Karl Popper (vgl. J. Rüttgers 1997:5). Zukunftsgestaltung in einer offenen Gesellschaft muss korrigierbar bleiben und immer wieder neu überprüft und weiterentwickelt werden. „Noch nie zuvor hat es eine kulturelle Gegenwart gegeben, die über die Zukunft, die ihr bevorstehe, so wenig gewusst hätte wie unsere eigene“, so hat Hermann Lügge ein Paradoxon des gesellschaftlichen Wandlungsprozesses unserer Zeit beschrieben. Dennoch müssen wir uns mit den sich abzeichnenden Trends und Entwicklungen auseinandersetzen und uns auf die sich daraus ergebenden Aufgaben vorbereiten (vgl. J. Rüttgers 1997:5).

In der hier vorgelegten Arbeit wird über einen Versuch möglicher Annäherung an die Zukunft berichtet. Wie Robert Jungk sagte: „Wir gewöhnen uns daran, mit Katastrophen zu leben“. Das Wetter gerät außer Rand und Band. Die chemische Vergiftung der Luft, des Grundwassers der Flüsse und der Meere nimmt ständig zu. Blühende Landschaften veröden. Durch technische Eingriffe geschaffene Wüsten wachsen. „Die Natur steht heute nicht mehr beliebig zur Verfügung, sondern ist zum knappen Gut geworden“ (W. Baron 1997:189). Die Zukunft ist nicht länger Ort der Hoffnungen, sondern der Ängste. Dass es jetzt schon zahlreiche Beispiele gibt für einen anderen Umgang mit der Natur, mit der Technik, mit den Menschen, wird meist noch übersehen oder unterschätzt. Um so wichtiger ist es, auf solche Bemühungen hinzuweisen. Sie können anregen, ermutigen. Und sie können denen, die resigniert haben, zeigen, dass noch längst nicht alles verloren ist (vgl. R. Jungk 1991:7f.).

Wir brauchen immer mehr Gewerbegebiete, mehr Wohnungen, mehr Straßen, aber wir wissen es selbst: so geht es nicht weiter. Wir verbrauchen, vergiften, zerstören immer schneller unsere natürlichen Lebensgrundlagen, die Lebensqualität in unseren Städten nimmt generell ab. Die meisten Rohstoffe der Erde, insbesondere die fossilen Energieträger Erdöl und Erdgas, würden durch die Industrieproduktion, die weltweit noch schneller wächst als die Bevölkerung, im Laufe des nächsten Jahrhunderts endgültig verbraucht sein.

Heute beunruhigt am meisten die globale Erwärmung des Klimas, die vor allem durch die Verbrennung riesiger Mengen von Kohle, Erdöl und Erdgas und die dabei freigesetzten Kohlendioxydemissionen verursacht wird. Wenn wir unser Verhalten nicht ändern, werden schon bald nicht nur unsere Städte unbewohnbar, sondern der ganze Planet mit Müll bedeckt, Gewässer und Luft vergiftet und radioaktiv verstrahlt sein (vgl. J. Meyer 1997:5f.).

Alle diese Beispiele zeigen uns deutlich, dass wir andere Lösungsstrategien und bessere Modelle benötigen als bisher, die uns konkret zeigen, „dass es möglich ist, anders zu wirtschaften, zu arbeiten, zu leben als bislang üblich, ohne dass Einbußen an Lebensqualität hingenommen werden müssen“ (R. Jungk 1991:10). „Wer an Modellen für eine andere Zukunft arbeitet, hat ein Ziel vor Augen, spürt, dass er - oder sie - ein sinnvolles Leben führt, selbst dann, wenn das, was erreicht werden soll, noch auf sich warten lässt“ (R. Jungk 1991:11).

Wie Johannes Meyer sagt: „Um ein effektives Mittel zur Planung der Zukunft zur Verfügung zu haben, sollte eine Anzahl von Szenarien entwickelt werden, welche die Bandbreite möglicher Zukünfte abbildet“. Deshalb werden in der hier vorgelegten Arbeit drei Szenarien zukünftiger Entwicklung dargestellt, die uns mögliche Zukünfte zeigen. Aber zunächst werden die Vermutungen über die zukünftige Entwicklung „über wahrscheinliche Trends formuliert, die für alle Szenarien gelten“ ( I. Neumann/B. Hamm 1996:321).

Das erste Szenario beruht auf dem Fortwirken solcher Trends ohne Änderung der Politik. Das zweite Szenario schlägt vor, ein garantiertes Grundeinkommen für alle einzuführen, und zeigt die wahrscheinlichen Auswirkungen. Das dritte Szenario geht vom Gedanken einer globalen nachhaltigen Entwicklung aus und zeigt einen ökologisch vernünftigen Entwicklungsweg.

2. Szenarien

2.1 Definition

„Szenarien sind Zukunftsentwürfe, die Lebensbedingungen für Menschen zu einem bestimmten oder offen gelassenen Zeitpunkt beschreiben“ (Tietz 1986, zitiert nach: P. Haupt 1996).

Im Rahmen der Szenario-Methode werden verschiedene wahrscheinliche oder mögliche Zukunftsvorstellungen entworfen und die Wege zu diesen Zukunftsbildern aufgezeigt. „Szenarien haben eine Orientierungsfunktion für Entscheidungen und zeigen antizipativ, was passieren könnte“ (Keiser/Kaminski, zitiert nach: P. Haupt 1996).

Zur Vereinfachung beschränkt man sich meist auf zwei Extremszenarien. Diese beinhalten jeweils die best- bzw. die schlechtestmögliche Entwicklung, um damit die Gesamtheit aller zukünftig möglichen Situationen zu erfassen.

Unter einem Trendszenario versteht man hingegen einen dem Entwicklungstrend der Vergangenheit entsprechenden Zukunftsentwurf.

Kennzeichen:

- Szenarien sind Modelle und dienen als Hilfsmittel für Erkenntnisprozesse

- Lernen mit Szenarien beinhaltet Antizipation und Partizipation Szenarien sind Modelle möglicher Zukunftsentwicklungen und -zustände.

2.2 Entwicklung von Szenarien

Erste Ansätze der Szenario-Methode stammen von Moltke (1810-1891) und Clausewitz (1780-1831). Sie formulierten das Prinzip einer strategischen Planung und unterschieden dabei Strategie und Taktik, jedoch bezogen auf den militärischen Bereich.

Erst in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts fing man an, strategische Planungsüberlegungen in der Wirtschaftspraxis zu berücksichtigen. Die strategische Planung wurde zum Instrument der Unternehmenspolitik. Man erhoffte sich dadurch eine verbesserte Entscheidungs- grundlage, mit der man Entwicklungen besser abschätzen können wollte (vgl. P. Haupt 1996).

Die Entwicklung von solchen Szenarien erfolgt in zwei Schritten:

1. aus der differenzierten Analyse der derzeitigen Situation eines Unternehmens, seines Umfeldes und der zwischen beiden bestehenden Wechselwirkungen und
2. aus der Erarbeitung von möglichen Entwicklungen oder Bedingungen in der Zukunft aufgrund von Prognosen und Projektionen und ihrer Zusammenfassung durch die Entwicklung sinnvoller Modelle1.

2.3 Szenarien im Rahmen der Unternehmensführung

Szenarien müssen drei Kriterien erfüllen, um im Rahmen der Unternehmensführung sinnvoll eingesetzt werden zu können:

1.Szenarien m ü ssen plausibel sein.

Die Entwicklung eines Szenarios muss verständlich und nachvollziehbar sein. Das Szenario muss in sich schlüssig sein und darf keine unvereinbaren Widersprüche in sich bergen. Das heißt nicht, dass ein Szenario auch wahrscheinlich sein muss. Szenarien müssen lediglich möglich sein!

2.Szenarien m ü ssen relevant sein.

Ein Szenario muss für die Zukunft des Unternehmens oder eines Teilbereichs relevante Aussagen treffen. Szenarien, die zwar plausibel sind, aber keinen Einfluss auf die Zukunft des Unternehmens haben, erfüllen keinen Zweck. Die aus ihnen gewonnenen Aussagen haben keinen Nutzen.

3.Szenarien m ü ssen operabel sein.

Szenarien sollen im Rahmen der Unternehmensführung umgesetzt werden. Die Aussagen, die aufgrund von Szenarien über die Zukunft oder zukünftige Entwicklungen getroffen werden, müssen daher transferierbar und auch konkret verwertbar sein, um im unternehmerischen Entscheidungs- und Planungsprozess Berücksichtigung finden zu können2.

2.4 Vermutungen über die zukünftige Entwicklung

Um uns eine mögliche zukünftige Entwicklung vorzustellen, müssen wir von Vermutungen und Annahmen ausgehen. „Davon erscheinen einige von heute aus betrachtet relativ sicher, andere sind relativ unsicher, Gewissheit gibt es darüber nicht“ (I. Neumann/B. Hamm 1996:321). Ich möchte in diesem Kapitel einige Vermutungen über mögliche zukünftige Entwicklungen, die für I. Neumann und B. Hamm für wahrscheinlich scheinen, zusammenfassen. Folgende Entwicklungen umfassen einen Zeitraum von etwa zehn bis fünfzehn Jahren.

Es wird zunächst eine Zunahme der Monetarisierung der Wirtschaft erwartet, mit der Folge: „Die Entscheidungen von Unternehmen werden sich zunehmend am Kriterium der Maximierung des kurzfristigen Gewinns ausrichten und diesem Kriterium alles andere unterordnen“ (I. Neumann/B. Hamm 1996:322). Die Internationalisierung der Unternehmen und der internationale Wettbewerb werden zunehmen. Dadurch werden viele Schäden angerichtet, z.B. „die Exportmärkte werden enger, die Absatzchancen geringer, der Kostendruck auf die Unternehmen steigt“, „der Staat“ wird auf allen Ebenen reduziert und in allen Funktionen eingeschränkt (vgl. I. Neumann/B. Hamm 1996:323). Die Arbeitslosigkeit und die Armut großer Teile der Bevölkerung werden weiter zunehmen und in der Folge wird es zu Verelendung kommen. Die weltweite Polarisierung zwischen Arm und Reich wird auch steigen und zu sozialen Spannungen und Konflikten führen. Gewaltige Auseinander- setzungen, Kriminalität, Korruption, Alkoholismus, Drogenabhängigkeit, seelische Erkrankungen werden zunehmen (vgl. I. Neumann/B. Hamm 1996:323).

Mit der Zeit werden auch die weltweiten Migrationsströme steigen, dadurch werden die fremdenfeindlichen und rassistischen Bewegungen noch stärker, „rechte“ und „linke“ politische Bewegungen werden zunehmen. Die Leistungsfähigkeit der staatlichen Institutionen wird absolut abnehmen. Und zum Schluss wird noch die Schädigung der natürlichen Umwelt sich beschleunigt fortsetzen (vgl. I. Neumann/B. Hamm 1996:324). Die chemische Vergiftung der Luft, der Flüsse und des Grundwassers wird ständig zunehmen, die Landschaften werden vernichtet und die Wüsten werden weiter wachsen.

Diese Entwicklungen können zu gewaltigen Katastrophen führen, deshalb müssen wir etwas unternehmen, um das zu verhindern. Wir können die Zukunft nicht vorhersagen, aber wir können sie durch vorbeugendes Nachdenken und Handeln heute und jetzt gestalten. „Mit Hilfe von Szenarien lassen sich Zukunftsentwürfe systematisch entwickeln. Vom gegenwärtigen Zustand ausgehend werden im Sinne eines Gedankenexperimentes bzw. von Modellbildungen mögliche Entwicklungen beleuchtet und zukünftige Zustände, die sich daraus ergeben können, in Worten beschrieben. Unausgesprochen oder ausgesprochen werden damit auch Annahmen über die als wahrscheinlich bzw. weniger wahrscheinlich angenommenen Entwicklungen getroffen. Neben Zukunftszuständen wird der Weg aufgezeigt, der aus der Gegenwart dorthin führt.“ (Kaiser/Kaminski, zitiert nach: P. Haupt 1996).

2.5 Szenario 1: Status quo

Der Begriff „Status Quo“ bedeutet „augenblicklicher Stand der Dinge“ (vgl. Bertelsmann Volkslexikon) oder „Zustand, in dem sich etwas befindet“ (vgl. Der Brockhaus in einem Band).

Ein Status-Quo-Szenario ist eine Projektion dessen, was unter gegenwärtig erkennbaren Bedingungen geschehen könnte, in die Zukunft. Gegenwärtig spricht alles dafür, dass der gesamte Bedarf an menschlicher Arbeit weiter abnehmen wird. Im Artikel „Die Zukunft der Erwerbsarbeit“ von Andre Brie und Angela Marquardt steht: der Arbeitsgesellschaft gehe die Arbeit aus, weil inzwischen Wirtschaftswachstum und Beschäftigung weitgehend entkoppelt seien und der Produktivitätsfortschritt mit Mikroelektronik und Biotechnologie auf breiter Front „technologisch bedingte Arbeitslosigkeit“ schaffe. Das Status-quo-Szenario geht von der Vermutung aus, dass es die Vollbeschäftigung nicht mehr geben würde und „dass unsere Gesellschaft mit zunehmender Arbeitslosigkeit wird leben müssen“. Die Arbeitsgesellschaft ist am Ende (vgl. J. Neumann/B. Hamm 1996:326).

In diesem Szenario wird untersucht, welche Folgen sich daraus für Städte ergeben werden, unter der Annahme, dass die Politik sich nicht ändert. Bernd Hamm hat in seinem Artikel „Ökologie und die Zukunft der Stadt“ ein Status-quo-Szenario für die Entwicklung der Städte abgeleitet, das folgendes besagt:

„Die weltweite Konzentration von Unternehmen wird sich in Form weiterer Filialisierung, die weltweite Spekulation wird sich in Form von steigendem Kostendruck, die weltweite Polarisierung von arm und reich wird sich als lokale und regionale Polarisierung und Zunahme von Migrationsströmen, die Staatsverschuldung wird sich als fortgesetzte Verarmung der öffentlichen Haushalte und Abnahme der Handlungsfähigkeit niederschlagen, was immer die sonstigen Bedingungen sein mögen. Wer die soziale Polarisierung weiter vorantreibt bzw. nicht verhindert, der wird in ihrem Gefolge Korruption und Kriminalität, Gewalt und Krankheit, Extremismus und Rassismus finden. Das ist nicht schwer zu prognostizieren. All dies steht dem Ziel einer zukunftsfähigen Entwicklung der Städte und Regionen entgegen“.

Dies alles spricht für die Vermutung, dass sich die Krise weiter verschärfen wird. Es wird keinen Schutz vor sozialer Polarisierung, vor Spannungen und Konflikten und ökologischer Selbstzerstörung geben (vgl. J. Neumann/B. Hamm 1996:352). Die Arbeitslosigkeit wird zunehmen. Sie nimmt den Menschen nicht nur Einkommen, Ansehen und Lebensstandard, sie nimmt ihnen auch das Selbstbewusstsein und das Vertrauen in das zuverlässige Funktionieren der politischen Institutionen. Gleichzeitig erfahren Sie, dass und wie durch Spekulation riesige arbeitslose Einkünfte entstehen und durch die werbeabhängigen Medien wird ihnen der unbeschwerte Luxuskonsum als das eigentlich Normale vorgeführt .

2.6 Szenario 2: Garantiertes Grundeinkommen

Das Garantierte Grundeinkommen: wie könnte das gehen? Man könnte überlegen, wie man das finanzieren, in welchen Schritten man das einführen könnte, ob das für Deutschland überhaupt möglich sei.

Das Garantiertes-Grundeinkommen-Szenario macht einen Vorschlag zur Bewältigung der Arbeitslosigkeit nach dem Modell, in dem es darum geht, dass der Staat allen BürgerInnen, unabhängig von Beschäftigung oder sonstigem Einkommen, ein garantiertes Grundeinkommen auszahlt. Dadurch würden viele Probleme gelöst werden, zum Beispiel „Arbeitslosigkeit müsste nicht mehr zu Verelendung oder zum diskriminierenden gang aufs Sozialamt führen“ (J. Neumann/B. Hamm 1999:341), die Frauen wären nicht mehr von ihren Ehemännern finanziell abhängig, der Staat würde von großen Aufgaben befreit und schließlich wären die Menschen frei für Tätigkeiten im Bereich der Selbstorganisation (vgl. J. Neumann/B. Hamm 1996:341). „Es wäre ein Weg ins Paradies“ (Gorz 1983, zitiert nach: J. Neumann/B. Hamm 1996:341).

Aber die Vorstellung, dass ein Grundeinkommen bei sonst gleichbleibenden Bedingungen eingeführt werden könnte, führt zu der Feststellung, dass dies nicht geht. Die Einführung eines garantierten Grundeinkommens würde viele wichtige Probleme lösen, aber folgende neue Probleme aufwerfen:

- Das Grundeinkommen ist aus ökologischen Gründen problematisch, weil es keinen Anlaß
- oder Anreiz bietet, Ressourcendurchsätze zu vermindern.
- Das Grundeinkommen, eingeführt in einem Land oder einer Region (z.B. Europäische Union) würde zu einem Einwanderungsmagneten mit ungeheurer Sogkraft führen.
- Das Grundeinkommen würde nichts an der monetären Steuerung, an der Dominanz des Geldes in unserer Gesellschaft ändern.
- Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass der Staat nicht eines Tages so unter Druck gesetzt wird, dass die Höhe des Grundeinkommens wieder unter des Existenzminimum sinkt.
- Ein Grundeinkommen, garantiert durch den Staat, würde die Menschen daran hindern, ihre Fähigkeiten und Talente so zu entwickeln, dass sie ihre Existenzsicherung in eigene Hände nehmen könnten. Der Staat würde weiterhin zur Entmündigung beitragen (vgl. J. Neumann/B. Hamm 1996:343f.).

Um diese neuen Probleme zu vermeiden, wurde ein drittes Szenario entworfen.

2.7 Szenario 3: Nachhaltige Entwicklung

Der Begriff „Nachhaltige Entwicklung“ wurde 1987 durch den sog. Brundtland-Bericht geprägt. Der Brundtland-Bericht bildet die Basis für die Agenda 21, die auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinigten Nationen (UNCED) in Rio de Janeiro 1992 verabschiedet wurde. Die Agenda 21 gibt den unterzeichnenden Nationen detaillierte Handlungsaufträge zur Aufstellungsnationaler Aktionspläne, die die Ergebnisse der Rio- Konferenz umsetzen sollen.

Der Grundsatz des „sustainable development“ wurde erstmals im Brundtland - Bericht so formuliert: Ziel ist eine „Entwicklung, die den gegenwärtigen Bedarf zu decken vermag, ohne gleichzeitig späteren Generationen die Möglichkeit zur Deckung des ihren zu verbauen“ (vgl. J. Meyer1997:6).

„Nachhaltige Entwicklung bedeutet [...] die Chance gegenwärtiger Generationen, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, ohne damit die Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung zukünftiger Generationen zu beeinträchtigen“ (J. Neumann/B. Hamm 1996:345).

Wesentliche Elemente für die Umsetzung des Konzeptes der „Nachhaltigen Entwicklung“ sind die deutliche Reduzierung der Energie- und Stoffdurchsatzes (z.B. um den Faktor 10). Diese Reduzierung ist nicht nur erwünscht, „sie ist möglich und (zumindest technisch) nicht einmal sonderlich schwierig“ (J. Neumann/B. Hamm 1996:346).

Ziel einer nachhaltigen Entwicklung ist, die heutigen Bedürfnisse der Menschen durch die Nutzung regenerierbarer Ressourcen zu decken, wobei nur die Erträge genutzt werden sollen. Dies bedeutet z.B., nur soviel Grundwasser zu entnehmen, wie sich im langjährigen Mittel neu bildet, oder dass nur soviel Bäume geschlagen werden, wie in einem bestimmten Zeitraum wieder nachwachsen bzw. gepflanzt werden (vgl. Häpke 1996: 23).

Einschränkungen im Ressourcenverbrauch können auch von den Städten geleistet werden. Wie kann das geschehen? Bernd Hamm schlägt folgende Regeln vor:

- erneuerbare Ressourcen dürfen nicht über ihre natürliche Regenerationsfähigkeit hinaus genutzt werden;
- der Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen soll auf ein Minimum beschränkt und sie sollen, wo immer möglich, durch erneuerbare substituiert werden;
- die biologische Vielfalt und das Klima sind zu erhalten;
- der Verbrauch von Land, Wasser und Transportleistungen soll auf ein Maß beschränkt werden, das Schäden ausschließt;
- technische Großrisiken sind zu vermeiden.3

Wenn der Staat die verbleibende Handlungsfähigkeit insbesondere dem sozialen Ausgleich widmet, bekommt die städtische Gesellschaft Luft zur Abkopplung, Selbstorganisation und Ressourcenschonung. Durch diese drei Begriffe wird ein Modell ausgearbeitet, das eine Reform darstellt. Diese Reform „wird ohne die Hoffnung auf Vollbeschäftigung auskommen müssen, sie wird Staat und Sozialsystem nicht länger vom Lohneinkommen abhängig machen dürfen“ (J. Neumann/B. Hamm 1996:358). Abkopplung bedeutet das Sich-Trennen von den globalen Wirtschafts- und Finanzkreisläufen, weil sie für Menschen und Umwelt schädlich sind. „Selbstorganisation und Selbstversorgung sind Prinzipien, die Freiheit vernünftig und global verantwortungsvoll zu nutzen“ (J. Neumann/B. Hamm 1996:351).

In den Städten finden die meisten ökonomischen Aktivitäten statt, und die Nutzung von Ressourcen ist entsprechend hoch. Anderseits sind die Ressourcen der Stadt knapp. Eine nachhaltige Entwicklung bedarf also eines schonenden Umgangs mit Grund und Boden, der Reduzierung von Abgasen und Lärm, des rationellen und sparsamen Umgangs mit Energie und stofflichen Ressourcen, der Reduktion des Wasserverbrauchs und der Abwassermenge, der Verminderung von Abfall, der Verbesserung des Stadtklimas sowie der Verwendung umweltfreundlicher und ressourcenschonender Baustoffe.

3. Zusammenfassung

In Rahmen dieser Arbeit sollte eine Untersuchung möglicher Szenarien der zukünftigen Entwicklung geleistet werden. Dabei habe ich mich hauptsächlich auf das Buch „Siedlungs-, Umwelt-, und Planungssoziologie“ von J. Neumann und B. Hamm gestützt. Im zweiten Kapitel wurde zunächst allgemein die Definition und Entwicklung von Szenarien erläutert und die Beschreibung von drei Kriterien, die Szenarien im Rahmen der Unternehmensführung erfüllen müssen, kurz vorgestellt. Danach wurden die Randbe- dingungen und Vermutungen über die „wahrscheinliche Zukunftsentwicklung“ skizziert. Diese Annahmen und Randbedingungen gelten für alle drei Szenarien, dabei zeigt sich, dass das wichtigste Problem in jedem Szenario in der zunehmende Arbeitslosigkeit besteht. Das erste „Status-quo-Szenario geht von der Vermutung aus, dass heute wirksame Trends sich nicht wesentlich verändern werden“ (J. Neumann/B. Hamm 1996:351). Vielmehr zeigt dieses Szenario, dass dieser Stielstand den Weg in globale Katastrophen beschleunigen wird. Das zweite Szenario schlägt vor, ein garantiertes Grundeinkommen für alle BürgerInnen einzuführen. Es gibt wichtige Anstöße, wie eine ganze Reihe von Zukunftsproblemen gelöst werden könnten, aber gleichzeitig würden viele neue unerwünschte Probleme entstehen. Deshalb wird ein drittes Szenario, das von den Grundprinzipien nachhaltiger Entwicklung her konstruiert ist, entworfen. Es „zeigt zwar einen ökologisch vernünftigen Entwicklungsweg, der aber nur zum Preis steigender Arbeitslosigkeit erreicht werden kann“ (J. Neumann/B. Hamm 1996:352).

Nachhaltige oder Zukunftsfähige Entwicklung erlaubt gegenwärtigen Generationen, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, ohne damit die gleiche Möglichkeit für künftige Generationen einzuschränken. Der Menschheit insgesamt sollen auf Dauer überlebensfähige Bedingungen geschaffen werden. Dazu soll sie sich auf einen Entwicklungsweg begeben, der gegenwärtige Lasten weder auf andere heute noch auf spätere Generationen verschiebt.4

Das Konzept „Zukunftsfähige Entwicklung“ „geht, (1), von einem globalen Problem aus, das die gesamte Menschheit angeht. Sie handelt, (2), von einem unauflösbaren Zusammenhang zwischen ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit.

Sie kritisiert, (3), dass die Überlebensfähigkeit der Menschheit heute bedroht ist. Sie verlangt,

(4), global im Querschnitt wie im zeitlichen Längsschnitt einen Ausgleich im Ressourcenverbrauch, der im Prinzip allen Menschen den gleichen Anspruch auf die Nutzung der Naturschätze einräumt.“5

Wenn wir also in einer Welt leben wollen, in der alle Menschen ihre Grundbedürfnisse befriedigen, in der Sicherheit der Menschenrechte leben, solidarisch miteinander umgehen, demokratisch ihr eigenes Schicksal bestimmen und die natürlichen Lebensgrundlagen heben und schonen, kommt es darauf an, „dass zukunftsfähige Wege möglichst erreicht und negative Wirkungen nach Möglichkeit [...] vermieden werden“ (J. Neuman/B. Hamm 1996:352).

4. Literaturverzeichnis

Baron, Waldemar, 1997: Langfristige Perspektiven technischer und gesellschaftlicher Entwicklung in Deutschland, S. 189 in: VDI-Technologiezentrum Düsseldorf (Hg.): Beiträge zur Zukunft von Technik und Gesellschaft, Band 1.

Bertelsmann Volkslexikon, 1976: Berlin: Bertelsmann Lexikon-Verlag.

Brie, Andre, Marquardt, Angela: Die Zukunft der Erwerbsarbeit. http://www.denkwerkstatt- mv.de/pages/schlossSN_thesen_brie_marqu.htm

Brockhaus, F. A., 1998: Der Brockhaus in einem Band. Leipzig.

Hamm, B., Neumann, I., 1996: Siedlungs-, Umwelt- und Planungssoziologie. Ökologische Soziologie Bd. 2. Opladen: Westdeutscher.

Hamm, Bernd: Für eine Kultur der Zukunftsfähigkeit. Universität Trier. http://www.uni- trier.de/zes/kultur.html

Hamm, Bernd: Ökologie und die Zukunft der Stadt. Universität Trier. http://www.uni- trier.de/zes/kultur.html

Häpke, Ulrich, 1996: Nachhaltigkeit: Tugend des Unterlassens? In: Kommune 7/96, S. 23-26.

Haupt, Peter, 1996: Weitere Methoden im Ökonomieunterricht. http://www.wipaed.wiso.uni- goettingen.de/~ppreiss/didaktik/method96f.html

Jungk, Robert (Hg.), 1991: 51 Modelle für die Zukunft. Salzburg: Luchterhand Literaturverlag .

Meyer, Johannes, 1997: Die zukunftsfähige Stadt: Nachhaltige Entwicklung in Stadt und Land. Düsseldorf: Werner Verlag.

Rüttgers, Jürgen, 1997: Langfristige Perspektiven technischer und gesellschaftlicher Entwicklung in Deutschland, S. 5f. in: VDI-Technologiezentrum Düsseldorf (Hg.): Beiträge zur Zukunft von Technik und Gesellschaft, Band 1.

Szenarien Entwicklung & Transfer (SET), Stand: 13. Oktober 2000. http://www.ctgeurope.net/german/knowhow/background/bg_1_1.htm

[...]


1 Die Information wurde aus dem Artikel „Szenarien Entwicklung & Transfer (SET)“ 2000 übernommen

2 Die Information wurde aus dem Artikel „Szenarien Entwicklung & Transfer (SET)“ 2000 übernommen 6

3 vgl. Bernd Hamm: „Für eine Kultur der Zukunftsfähigkeit“

4 vgl. Bernd Hamm „Für eine Kultur der Zukunftsfähigkeit“ 13

5 Zitiert aus dem Artikel „Für eine Kultur der Zukunftsfähigkeit“ von Bernd Hamm 14

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Szenarien als Modelle zukünftiger Entwicklung
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Planung und Öffentlichkeit
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
15
Katalognummer
V111611
ISBN (eBook)
9783640096596
Dateigröße
376 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Szenarien, Modelle, Entwicklung, Planung
Arbeit zitieren
Master of Arts Lilli Petel (Autor:in), 2002, Szenarien als Modelle zukünftiger Entwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111611

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