Zweitspracherwerb-Sprachstand


Seminararbeit, 2000

26 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Grundbegriffe nach Wode
2.1 Dekomposition
2.2 Entwicklungsspezifische Strukturen: Fehler
2.3 Entwicklungssequenzen und Entwicklungsstadien: Das chronologische Moment
2.4 Konzeptionen von Entwicklungssequenzen
2.5 Individuelle Variation
2.6 Lernerstrategien: Produkt, Prozess und Lernverhalten
2.7 Zur Konzeption von Strategien
2.8 Kommunikationsstrategien
2.9 Was ist eine Lernerstrategie?
2.10 Sprachlicher Transfer und Interferenz
2.11 Formeln und Rahmen
2.12 Lernersprachen – Interimsprachen: System und Variabilität

3 Vogel: Lernen Kinder eine Fremdsprache anders als Erwachsene? Einfluss des Alters auf den Zweitspracherwerb
3.1 Die Annahmen der „konkurrierenden kognitiven Systeme“
3.2 Die Annahme der „kognitiven Reifung“
3.3 Kognitive Entwicklung und Spracherwerbskontexte

4 Zusammenfassung der beiden Texte
4.1 H. Wode
4.2 K. Vogel

5 Schlusswort

6 Quellenangabe

1. Einleitung

In meiner Hausarbeit befasse ich mich, ausgehend vom Seminar: „Schriftlichkeit in der Zweitsprache“ mit dem Thema Zweitspracherwerb – Sprachstand. Grundlage meiner schriftlichen Ausarbeitung waren die Schriftstücke von H. Wode als Hauptthema, welchen ich auch den größten Teil meiner Hausarbeit widme. Der Titel des Buches lautet Grundbegriffe (des Spracherwerbs), in: ders. (1993): Psycholinguistik, Ismaning, ich beziehe mich auf die Seiten 81-105.

Das Unterthema bezieht sich auf den Text von K. Vogel mit dem Titel: Lernen Kinder eine Fremdsprache anders als Erwachsene? Zur Frage des Einflusses des Alters auf den Zweitsprachenerwerb, in „Die Neueren Sprachen“ 90:50 (1991): 539-550. .

Beide Texte sind von ihren Betrachtungsstandpunkten verschieden. Aus diesem Grunde zog ich es vor, beide Texte nicht miteinander zu verknüpfen, sondern nacheinander zu besprechen.

Das Buch von H. Wode bezieht sich auf den Spracherwerb aus psycholinguistischer Sicht.

K. Vogel bezieht sich in seinem Aufsatz auf die Frage, ob Kinder eine Fremdsprache anders als Erwachsene erlernen und auf die Frage des Altersfaktors in Bezug auf den Zweitspracherwerb.

In Punkt 2 gehe ich ausschließlich auf den Text von H. Wode ein. In Punkt 3 geht es um den Text von K. Vogel. Punkt 4 befasst sich mit der Zusammenfassung der beiden Texte und Punkt 5 beinhaltet das Schlusswort und meine Stellungnahme zu den beiden Texten.

Ebenso gehe ich der Frage nach inwieweit und auf welche Weise eine Sprache in der Grundschule erlernt werden sollte. Der letzte Punkt weist die Quellenangabe auf.

2. Grundbegriffe des Spracherwerbs nach Wode

Unter diesem Punkt fasst Wode die wichtigsten Begriffe des Spracherwerbs kurz zusammen. In den folgenden Punkten werden die Begriffe detaillierter beschrieben. Sprachen werden nie als Ganzes gelernt, sondern in Teilschritten. Hierbei handelt es sich z. B. um „Negation, Interrogation oder das Lautsystem.“ (H. Wode 1993: 81 f.) Dabei spielt es auch keine Rolle, um welchen „Spracherwerbstyp.“ (H. Wode 1993: 81 f.) es sich handelt.

Jeder Spracherwerber braucht dafür Zeit, um die einzelnen Schritte zu erfassen. Wode beschreibt diesen Vorgang als Dekomposition, es ist eine „...Art, Input selektiv zu verarbeiten.“ (H. Wode 1993: 81 f.) Der Begriff Entwicklungssequenz wird von Wode als eine Art „chronologische Entwicklung.“ (H. Wode 1993: 81 f.) bezeichnet.

In dieser chronologischen Entwicklung erlernt der Spracherwerber die Sprache zu beherrschen. Wode unterteilt die Entwicklungssequenzen in einzelne Entwicklungsstadien. Diese bezeichnen den Moment, in dem der Lerner jene Schübe gliedert und neue Strukturelemente aufnimmt und verarbeitet.

Die Dekomposition vollzieht sich bei den Lernenden relativ gleich, doch gibt es „individuelle Variationen“. Wenn Lerner sich eine Sprache aneignen, bezeichnet man die systematische Verfahrensweise als „(Lerner)-Strategien.“ (H. Wode 1993: 81 f.)

Der Sprachstand der Lerner, die auf einen gewissen Punkt im Lernprozess der Sprache stehen bleiben und die Sprache noch nicht voll beherrschen, werden von Wode als „Fossilierung.“ (H. Wode 1993: 81 f.) bezeichnet. Der Begriff Lernersprachen dient als Oberbegriff für die Bezeichnung des Sprachstandes eines Lernenden, der die Sprache nicht voll beherrscht.

Lernersprachen werden auch Interimsprachen genannt. Darunter ist die Spanne zwischen Nichtswissen und voller Beherrschung gemeint.

2.1 Dekomposition

Mit dem Begriff der Dekomposition ist die Art gemeint, wie sprachlicher Input verarbeitet wird. Die Merkmale einer Sprache werden in Schritten herausgefiltert. Daran wird die Zielstruktur rekonstruiert. Komplexe Strukturen werden dem zielsprachlichen Input herausgefiltert und später zu „...den Zielstrukturen reintegriert.“ ( H. Wode 1993: 81 f.)

In welchem Maße der Input herausgefiltert wird, ist vom Spracherwerbstyp abhängig. Wode macht dies bezüglich eine Unterscheidung der verschiedenen Spracherwerbstypen. Er unterscheidet zwischen L1, L2 und FU und natürlichem Spracherwerb.

L1 bedeutet: Erstsprachenerwerb, Erlernen der ersten Sprache

L2 bedeutet: Zweitsprachenerwerb, Erlernen der zweiten Sprache

FU bedeutet: Das Erlernen einer zweiten oder dritten Sprache unter schulischen Bedingungen

Natürlicher Spracherwerb: bezeichnet den Spracherwerb ohne Zuhilfenahme von Sprachlehrverfahren

Bei L1 ist nach Wode der Grad der Dekomposition am stärksten festzustellen, weniger ausgeprägt bei natürlichen Nicht-L1-Typen, noch geringer für den FU. Im natürlichen L2 Erwerb und im FU beginnen Lerner mit komplexeren Strukturen. Hier sieht Wode einen Wiederspruch in der Praxis bezüglich des Lernverhaltens des FU.

Er begründet diesen Wiederspruch damit, dass „...von vornherein die zielgerechte Wiedergabe der zu lernenden Strukturen verlangt wird.“ (H. Wode 1993: 82 f.) Er meint weiterhin, dass doch die einzelnen Gesetzmäßigkeiten, nachdem der sprachliche Input zergliedert wird, sich in den Entwicklungssequenzen und den Entwicklungsspezifischen Strukturen spiegeln.

2.2 Entwicklungsspezifische Strukturen: Fehler

Da Sprachen gelernt werden, indem man Fehler beim Sprechen macht, wird die Fehleranalyse als Deutung von entwicklungsspezifischen Fehlern genutzt. Die Deutung von Fehlern wird daher in der Forschung zu allen Spracherwerbstypen genutzt.

Durch geschickte Deutung kann meist mehr erfahren werden als über den Stand des Lerners.

2.3 Entwicklungssequenzen und Entwicklungsstadien: das chronologische Moment

Durch die Beobachtung, dass die entwicklungsspezifischen Strukturen sich bei verschiedenen Lernen derselben Sprache in grob der gleichen Entwicklungssequenz und in etwa der gleichen zeitlichen Abfolge herausbilden, hat die moderne Spracherwerbsforschung das Interesse am Sprachenlernen aufkommen lassen.

Es gibt natürlich individuelle Unterschiede zwischen dem Lernenden, doch nach Wode bleiben die größeren Entwicklungsstadien in der zeitlichen Abfolge gleich. Er meint, dass es keine absolute Chronologie der Entwicklungsstadien gibt. Die Lerner variieren. Je nach Lerner wird eine Struktur für einen gewissen Zeitraum verwendet.

Doch das Nacheinander der Stadien bleibt relativ gleich. Wiederrum verwenden die Lerner in einem Stadium unterschiedliche entwicklungsspezifische Strukturen. Das Nacheinander in einem Entwicklungsstadium in der jeweiligen Entwicklungssequenz ist nicht nur ein Aneinanderreihen, sondern ein „komplexes Gefüge.“ (H. Wode 1993: 85 f.), indem die einzelnen Elemente sich gegenseitig bedingen und/oder aufeinander aufbauen.

Bei den Entwicklungssequenzen handelt es sich nicht um abrupte Übergänge, sondern um die Tatsache, dass der Beginn eines Stadiums relativ genau mit dem Erscheinen einer neuen Struktur festgelegt werden kann.

Auszuschließen ist dabei, dass mit dem Eintreten einer neuen Struktur nicht gleich die alte verschwindet, sondern ältere und neuere erst einmal nebeneinander her laufen. Mit der Zeit werden die älteren Strukturen seltener angewendet, bis hin zum Verschwinden der älteren Strukturen.

2.4 Konzeptionen von Entwicklungssequenzen

Wode stellt in seinem Buch unter diesem Punkt unterschiedliche Konzeptionen für Entwicklungssequenzen vor. Dabei ist zu beachten, ob nur sprachliche oder auch nichtsprachliche Entwicklungen mit einbezogen werden, ob Fehler oder nur eine zielgerechte Beherrschung berücksichtigt wird, ob alle sprachlichen Strukturen eines Lerners, die nur seine Entwicklung vorantreibt betrachtet werden.

Unter anderem kommt es darauf an, ob eine genaue Analyse oder eine Grobeinschätzung gewünscht wird. Es werden insg. fünf Entwicklungssequenzen dargestellt und kurz beschrieben, auf die ich nun im folgenden kurz eingehe:

1. Analyse als Chronologie der entwicklungsspezifischen Strukturen.

Diese Entwicklungssequenz geht auf Roman Jakobsen (1941) zurück. Es handelt sich hierbei um die klassische Auffassung von Entwicklungssequenzen (bezogen auf den L1-Lauterwerb).

Spätere Arbeiten zu anderen Strukturbereichen und anderen Spracherwerbstypen kommen dieser Tradition nach, oder der Ansatz Jakobsons wurde weiterentwickelt.

Es werden alle sprachlichen Strukturen berücksichtigt und in Stadien geordnet. Dies erscheint positiv, da die sprachliche Entwicklung lückenlos dargestellt wird. Nach Wode beinhaltet diese Methode aber zwei Nachteile.

Zum einen wird den seltenen Strukturen die gleiche Bedeutung beigemessen. Wode stellt an diesem Punkt die Frage, ob dies gerechtfertigt sein kann, gegenüber den häufiger vorkommenden Strukturen. Zum anderen meint Wode, „...kann die individuelle Variation nicht stets sachgemäß beurteilt werden.“ ( H. Wode 1993: 86 f.)

2. Entwicklungssequenzen charakterisiert durch die häufigsten Lernerstrukturen

Unter diesen Punkt bezieht sich Wode auf Schumann (1975/1978). Schumanns Untersuchungen gehen auf L2-Englisch und L2-Spanisch zurück. Hierbei wird die Häufigkeit der entwicklungsspezifischen Strukturen untersucht.

Wode kritisiert diesen Ansatz, da seiner Auffassung nach ein „irreführendes Bild.“ (H. Wode 1993: 87 f.) entsteht. Er stellt dazu die Frage, wie häufig denn eine gegebene Struktur vorhanden sein muss, bis sie schließlich berücksichtigt wird.

Ebenso lässt er in diesem Zusammenhang die Frage aufkommen, wieso muss denn eine unterschiedlich häufige Verwendung einer entwicklungsspezifischen Struktur folgen. Unter anderem meint er, das durch dass Häufigkeitskriterium die individuelle Variation nicht erfasst werden kann.

3. Mehrdimensionale Entwicklungssequenzen

Hierbei werden Entwicklungssequenzen unter stärkerer Berücksichtigung der individuellen Variation und durch Einbeziehung sozialpsychologischer Sicht weiterentwickelt. Wode bezieht sich unter diesem Punkt auf Meisel (1979) und Clahsen (1983).

Im Vordergrund steht hier die Deutung der individuellen Variation. Das sprachliche Verhalten wird nicht, wie im klassischen Konzept, auf eine Deutungsmöglichkeit beschränkt, sondern mindestens zweifach gedeutet.

Unter mehreren Dimensionen innerhalb von Entwicklungssequenzen versteht man bspw. den Lernfortschritt im traditionellen Sinne. Dazu gehören jene Lernerstrukturen, die bei allen Lernern beim Erwerb eines Strukturbereichs zu finden sind.

Dadurch sind die jeweiligen Entwicklungsstadien gekennzeichnet. Die zweite Dimension ist die der individuellen Variation. Bezüglich dessen nimmt man an , dass es verschiedene Lernergruppen gibt. Wode stellt in diesem Zusammenhang zwei Gruppen vor. Die 1. Gruppe orientiert sich früh und eng an sprachlichen Normen.

Die 2. Gruppe orientiert sich weniger eng an die L2-Norm.

Eine weitere dritte Dimension bezieht sich auf die sozialpsychologischen Faktoren. Es wird angenommen, dass das unterschiedliche Verhalten von Lernern ihre Ursache in den unterschiedlichen Orientierungen gegenüber der Zielsprache und ihrer Sprecher hat.

Damit ist bspw. gemeint: Wer sich integrieren will, muss sein sprachliches Verhalten eng an die Zielgruppe ausrichten. Wem die Integration nicht so wichtig ist, muss weniger zielgerecht sprechen.

Die Anwendbarkeit des mehrdimensionalen Ansatzes wird im L2-Bereich unterstrichen (Pienemann 1981, Clahsen et al. 1983). Bezüglich des L1-Erwerb ist die Frage der Übertragbarkeit noch nicht geklärt (Clahsen, 1982).

4. Chronologie der Erwerbszeitpunkte: order of acquisition (morpheme order)

Nach Wode bleibt „der order of acquisition - Ansatz“ (H. Wode 1993: 88 f., zitiert nach Clahsen) methodisch unbefriedigend, da nur der Zeitpunkt erfasst wird, an dem ein Element zielgerecht eingesetzt wird. Außer Betracht bleiben die entwicklungsspezifischen Fehler, kritisiert Wode. Gerade hieran kann erkannt werden, nach welchen Gesetzmäßigkeiten der Lerner handelt.

Hier liegt nach Wode der methodische Fehler. Gerade danach offenbart sich wie sprachlicher Input verarbeitet und der Lernvorgang bewältigt wird. Wenn nun also die Fehler außer Betracht gelassen werden, ist die Untersuchung, bezogen auf den Spracherwerbsvorgang zu begrenzt.

Unter anderem bleiben charakteristische Verhaltensweisen von Lernern (z. B. das Umgehen von Schwierigkeiten) unberücksichtigt, wenn es sich nur um die Festlegung einer zielgerechten Veränderung bezieht.

In jüngeren Forschungen (C. Cazden 1968/ R. Brown 1973) wurden diese Ansätze (order of acquisition) für den L1-Erwerb des Englischen angewendet. Von H. Dulay und M. Burt (1973, `74) wurden diese Verfahren für den L2-Erwerb des Englischen angewendet.

Hier zeigte sich nun, dass sich die Reihenfolge zwischen L1- und L2- Erwerb des Englischen nicht deckte. Für L2-Englisch deckte es sich und dies unabhängig von Alter und der L1 der Lerner.

5. Grobperiodisierung: MLU und Wortzählungen

Um Lerner in Hinblick auf ihren Entwicklungsstand vergleichen zu können, benötigt man „...ein leicht und schnell zu handhabendes Maß, das auf verschiedene Sprachen anwendbar ist.“ (H. Wode 1993: 89 f.) Das erste Verfahren geht darauf zurück, dass die durchschnittliche Anzahl der Wörter ermittelt wird.

Das zweite Verfahren ermittelt die durchschnittliche Zahl der angewandten Morpheme pro Äußerung. Nach Wode kann dies ein Verfahren sein, welches sich für die frühe Entwicklung eignet.

Wenn es sich um Wortzählungen handelt, so wird auch hier noch einmal unterschieden zwischen der Ein-Wort-Phase und der Zwei-Wort-Phase etc.. Wenn Morpheme zugrunde gelegt werden, so spricht man von der MLU (mean lenght of utterance = durchschnittliche Länge einer Äußerung).

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Zweitspracherwerb-Sprachstand
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Institut für Schulpäd. und Did. der Elementar- und Primarstufe)
Veranstaltung
Schriflichkeit in der Zweitsprache
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2000
Seiten
26
Katalognummer
V11150
ISBN (eBook)
9783638173865
Dateigröße
559 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Sehr dichter Text - einzeiliger Zeilenabstand. 213 KB
Schlagworte
Zweitspracherwerb-Sprachstand, Schriflichkeit, Zweitsprache
Arbeit zitieren
Fatima Oturak-Pieknik (Autor:in), 2000, Zweitspracherwerb-Sprachstand, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11150

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