Das Spiel als intermediärer Raum. Vom Übergangsobjekt zum kulturellen Erleben


Seminararbeit, 2007

19 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsdefinition
2.1. Der intermediäre Raum

3. Die Objektbeziehungstheorie
3.1. Das Übergangsobjekt
3.2. Das wahre und das falschen Selbst
3.3. Die innere und die äußere Welt (nach D.W. Winnicott)
3.4. Das Verhältnis von innerer Welt und Phantasie

4. Vom Übergangsobjekt zum kulturellen Erleben
4.1. Das Spiel
4.1.1. Das Spiel bei S. Freud
4.1.2. Der Begriff "Spiel" im Alltagsgebrauch
4.1.3. Die Wesentlichen Merkmale "echten" Spielens
4.1.4. Vom Übergangsobjekt zum Spiel
4.2. Das kulturelle Erleben

5. Resümee

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Spiel ist ein unentbehrlicher Bestandteil der Kindheit.

Während die Kinder der industriellen Revolution im 18. und 19. Jahrhundert zur Erwerbsarbeit herangezogen wurden, ist es für die Kinder von heute nahezu normal überall spielen zu dürfen. Vom Prinzip her entspricht das Spiel den altersgemäßen Interessen der Kinder, ihren gemachten Erfahrungen und natürlich auch ihren individuellen Reifegrad. In der Kinderanalyse wird dem Spiel eine hohe Relevanz beigemessen. Donald W. Winnicott, einer der bedeutendsten Kinderanalytiker, bezeichnet das Spiel als einen intermediären Raum, als einen Zwischenraum zwischen innerer- und äußerer Welt. Entwicklungspsychologisch durchläuft das Kind von Geburt an verschiedene Stadien. Einer dieser Prozesse ist das erste Bewusstwerden der Getrenntheit zwischen Mutter und Kind. In diesem Kontext schafft das Kind sich Übergangsobjekte zur Bewältigung der Trennung von der Mutter.

In dieser Seminararbeit möchte ich die Wichtigkeit des Spiels skizzieren. Dazu gehe ich besonders auf die Objektbeziehungstheorie ein, auf das Spiel und später kurz auf das kulturelle Erleben.

2. Begriffsdefinition

2.1. Der intermediäre Raum

Der intermediäre Raum (zu deutsch auch Zwischenraum) vermittelt zwischen innerer und äußerer Welt des Subjekts und ist bedeutend für dessen gesamte Lebensspanne, er erstreckt sich nämlich vom Übergangsobjekt über das kindliche Spiel bis hin zum kulturellen Erleben (vgl. Schäfer, 1995, S.26 ff.).

„Spiel rückt an den ontogenetischen Anfang kindlicher Bildung. Will man sie unterstützen und fördern, muss man vor allem individuell und sozial Gelegenheit zur Entfaltung eines Spielbereichs zwischen innerer und äußerer Realität geben“ (Schäfer, 1995, S.27).

Hier wird auch deutlich, dass der Zwischenbereich eine hohe Bedeutung aber auch Konsequenzen hat, und zwar für alle Lern- und Bildungsprozesse des Subjekts, denn er enthält alle Erkenntnisse und Erfahrungen des Kindes, die häufig als unwichtig oder nebensächlich erachtet werden und aus dem kindlichen Lerngeschehen herausgehalten werden (vgl. Schäfer, 1995, S.26 ff.).

3. Die Objektbeziehungstheorie

Die Objektbeziehungstheorie geht auf Melanie Klein (* 30.3.1882- † 22.9. 1960), österreichisch- britische Psychoanalytikerin, zurück. Die frühe Mutter- Kind- Interaktion, sowie die ersten Vorstellungen des Säuglings über sich und seine Umwelt stehen hier im Mittelpunkt. Donald W. Winnicott knüpfte an Kleins Annahmen an, fügte aber das so genannte Übergangsobjekt hinzu (vgl. www.wikipedia.de).

3.1. Das Übergangsobjekt

Übergangsphänomene sind nach Donald Winnicott (1953) bereits bei Kleinkindern im ersten Lebensjahr sichtbar. Meist tritt es zwischen dem 4. – 12. Lebensmonat auf.

Diese Phänomene haben für Kinder eine wichtige Bedeutung. Sichtbar wird dieses Phänomen z.B. durch folgende Sachverhalt: Der Säugling steckt den Daumen in den Mund und streichelt sich gleichzeitig mit seinen Fingern im Gesicht. Hinzu kommt, dass das Kind nach äußeren Objekten greift, meist werden diese zusammen mit dem Daumen in den Mund gesteckt. Diese Phänomene haben für das Kind eine wichtige Bedeutung, z.B. beruhigt es sich wenn es Angst verspürt. Es ist anzunehmen, dass Denken oder Phantasieren dazu in Beziehung stehen. Der Gegenstand, den es dazu benutzt, wird Übergangsobjekt genannt (vgl. Schäfer, 1986, S. 52 ff.).

Das Übergangsobjekt ist ein vom Kleinkind selbst auserwähltes Objekt, es kann beispielsweise eine Schmuse- oder Kuscheldecke sein, welche die Aufgabe hat, dabei zu helfen, die Abwesenheit der Mutter zu akzeptieren, sich langsam von der Mutter zu lösen und andere Beziehungen zur eigenen Umwelt aufzubauen. Das Übergangsobjekt übernimmt zunächst eine Ersatzfunktion für die nicht anwesende Mutter, die langfristig die Ablösung von ihr erleichtert. Psychologisch gesehen gibt das Objekt ein Sicherheitsgefühl, es tröstet und beruhigt das Kind.

Es ist quasi eine Trennungslinie zwischen dem Subjekt und Anderen, hier speziell die Mutter, aber diese Trennung wird nicht vollkommen bewusst gezogen, sondern „… vielmehr scheint das Übergangsobjekt ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer weitgehenden Differenzierung zwischen Ich und Umwelt zu sein“ (Schäfer, 1986, S. 55). Wenn der intensive Umgang mit dem Übergangsobjekt fehlt kann es sogar zu Entwicklungsverzögerungen kommen (Schäfer, 1986, S. 54). Das Übergangsobjekt gehört weder zur Außenwelt noch zur Innenwelt des Kindes, vielmehr kennzeichnet es den intermediären Raum. Eine Vorstellung von einer Trennung der Welten, also von innerer und äußerer Welt ist bei Säuglingen noch nicht vorhanden. Alles was in seinen Aufmerksamkeitsbereich gerät, wird als ihm selbst gehörig wahrgenommen.

Das Übergangsobjekt ist folglich die erste geglückte Illusion, denn es ist identisch mit dem was der Säugling in diesem Augenblick in sich selbst vorfindet sowie ein Zeichen, das eine Beziehung zur Außenwelt beginnt (vgl. Schäfer, 1986, S. 53 ff.).

Das Kind geht mit diesem Objekt auf eine ganz besondere Art und Weise um. Das Objekt:

- …wird geliebt und gleichzeitig gehasst.

- …darf nicht durch Erwachsene verändert werden.

- … muss überleben.

- … muss dem Kind ein Gefühl der Wärme vermitteln.

- … muss durch seine Beschaffenheit den Eindruck vermitteln lebendig zu sein.

- … gehört für das Kind nicht zu Außenwelt aber auch nicht zur Inneren.

- … muss grundsätzlich die Gefühle des Kindes aushalten aber dennoch verfügbar bleiben.

Im Laufe der Zeit verliert es aber an Bedeutung, da die Übergangsphänomene unscharf werden (vgl. Schäfer, 1986, S. 53 ff.).

Nach Winnicott spielt die Mutter in dieser entscheidenden Phase eine sehr wichtige Rolle. Er prägt hier den Begriff der primären Mütterlichkeit und geht von einer psychisch gesunden Mutter aus.

Zusammenfassend kann man sagen das Übergangsobjekt ist ein Produkt der Trennung zwischen innerer und äußerer Welt ist. Es wird geschaffen in dem der Säugling beginnt eine Trennung zwischen sich und seiner Umwelt zu realisieren. Aber das Übergangsobjekt ist auch ein Produkt einer eintretenden Trennung von der Mutter. Das Objekt gibt Vertrautheit und beruhigt in Situationen in denen die Mutter nicht anwesend ist.

3.2. Das wahre und das falschen Selbst

Man kann nicht vom Säugling sprechen ohne von der Mutter zu sprechen, denn für eine geglückte Verbindung von innerer und äußerer Welt wird der Grundstein bereits in der Mutter- Kind- Beziehung gelegt.

Grundstein bereits in der Mutter- Kind- Beziehung gelegt. Der Säugling ist in den ersten 5 Lebensmonaten absolut von der Mutter abhängig. In diesem Zeitraum hat er die Trennung zwischen der Mutter und sich noch nicht realisiert und ist unmittelbar auf deren Hilfe angewiesen (vgl. Schäfer, 1986, S. 57). Er kommuniziert über Bewegungen und Laute mit der Mutter so weiß sie auf welche Art und Weise sie reagieren muss (vgl. Schäfer, 1986, S.59). Winnicott unterscheidet hier zwischen einer guten und einer mangelhaften Anpassung der Mutter an den omnipotenten Säugling. Auch diese Anpassung ist wieder wichtig für den weiteren Entwicklungsprozess des Kindes. Hier gibt es nun zwei mögliche Linien der Entwicklung. Zunächst möchte ich das wahre Selbst betrachten. Gelingt es der Mutter oft sich an die omnipotenten Wünsche des Säuglings anzupassen kann sich das wahre Selbst entwickeln. Das wahre Selbst ist durch Spontaneität gekennzeichnet (vgl. Schäfer, 1986, S. 57). Das wahre Selbst ist inhaltlich schwer definierbar. Schäfer erwähnt nur, dass dieser Bereich jenseits aller äußeren Bestimmungen besteht und nur durch das Empfinden von Lebendigkeit fassbar wird. Dieses wahre Selbst fördert die Weiterentwicklung der Verbindung zur Außenwelt. Aber von außen ist es nicht greifbar. Die äußere Welt wird durch das eigene Handeln des Kindes ergriffen (vgl. Schäfer, 1986, S. 90 f.). Winnicott : „Die Mutter die nicht gut genug ist, kann die Omnipotenz des Säuglings nicht praktisch zur Wirkung bringen, deshalb unterlässt sie es wiederholt, der Geste des Säuglings zu begegnen; stattdessen setzt sie ihre eigene Geste ein, die durch das Sich- Fügen des Säuglings sinnvoll gemacht werden soll. Diese Gefügigkeit auf Seiten des Säuglings ist das früheste Stadium des falschen Selbst und gehört zur Unfähigkeit der Mutter, die Bedürfnisse ihres Säuglings zu spüren“ (Schäfer, 1986, S. 57). Wenn den Impulsen des Säuglings nicht nachgegangen wird (mangelhafte Mutterpflege) und der Säugling genötigt wird auf äußere Forderungen zu reagieren,

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Das Spiel als intermediärer Raum. Vom Übergangsobjekt zum kulturellen Erleben
Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg
Note
2,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
19
Katalognummer
V111257
ISBN (eBook)
9783640093403
ISBN (Buch)
9783640315789
Dateigröße
456 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Spiel, Raum, Erleben
Arbeit zitieren
Florence Rößler-Nance (Autor:in), 2007, Das Spiel als intermediärer Raum. Vom Übergangsobjekt zum kulturellen Erleben, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111257

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