Zeugnisse der Bekehrung von Kaiser Konstantin des Großen unmittelbar nach der Schlacht an der Milvischen Brücke


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Schlacht an der Milvischen Brücke und ihre Bedeutung in den zeitgenössischen Quellen
2.1 Die Schlacht an der Milvischen Brücke
2.2 Die Berichte von Eusebius
2.3 Die Berichte von Laktanz
2.4 Andere Zeugnisse eines „qualitativen Sprunges“ durch die Ereignisse von 312
2.5 Das Silbermedaillon aus Ticinum

3. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Bibliografie

1. Einleitung

Am 28. Oktober 312 erlang Konstantin der Große an der Milvischen Brücke einen „welthistorischen Sieg“.[1] Dieses Zitat kennzeichnet eine über mehr als ein Jahrhundert währende Forschungsgeschichte über Konstantin den Großen und die besondere Bedeutung des Jahres 312, im Hinblick auf die langsame Abkehr des Kaisers vom paganen Polytheismus hin zum christlichen Monotheismus. Konstantins Verdienst liegt dabei auf der schrittweisen öffentlichen Abkehr von paganen Rieten und Bräuchen hin zum öffentlichen Bekenntnis, zum Christengott, spätestens durch seine Taufe auf dem Totenbett. Dadurch konnte er auf neue Befürworter im Lager der Christen hoffen und gleichzeitig die paganen Untergebenen nicht täuschen. Die Geschichte von Konstantin ließt sich wie die, des Frankenkönigs Chlodwig I.. Dieser rief 497?[2], im Alemannenkrieg, genau den gleichen Gott an, weil ein Sieg ohne göttliche Hilfe für nicht erreichbar schien. Chlodwig siegte und ließ sich nach erfolgreicher Katechese taufen.

Trotz der oft falsch dargestellten Tyrannenoptik des Maxentius ist der Sieg Konstantins über ihn ein Schlüsselereignis, wie sich später noch herausstellen wird.

Ziel soll es sein, das Jahr 312 in den Mittelpunkt der Betrachtung zu rücken und dieses als Wendepunkt der religiösen Haltung Konstantins zu skizzieren. Einige Historiker nahmen jedoch an, dass Konstantins conversio gar nicht stattgefunden hat. Konstantin, der 306 in Eboracum, dem heutigen York, von den Legionen seines Vaters Konstantius zum Nachfolger erhoben wurde,[3] soll vielmehr schon als frommer Christ von seinem Vater Konstantius erzogen worden sein. Auch der Vorname seiner Schwester, Anastasia war Grund genug für einige, ein christliches Elternhaus zu skizzieren. Doch nachweisbare Belege für eine schrittweise, öffentlich eintretenden conversio sind erst in den Jahren 312 bis 315 zu finden. Die oft besprochenen Visionen Konstantins, die ihn sogar veranlassten, eine Art Christusmonogram auf die Schilde seiner Soldaten zu bringen, vor der Schlacht, und der Glaube an den Christengott als Schlachtenhelfer spielen in der Hinwendung sicherlich eine große Rolle. Doch eine Abkehr setzt natürlich eine vorherige Andersorientierung vorweg, also keine schon vorhandene Beziehung zum Christentum. Doch was führte dazu, dass Konstantin gerade in so einer bedeutungstragenden Schlacht, auf die Hilfe eines ihm eigentlich fremden Gottes vertraute? Warum vertraute er nicht mehr dem Sol Invictus? Bei der Beantwortung dieser Fragen können außerdem noch numismatische sowie architektonische Belege angeführt werden, denn auch der Konstantinsbogen, den der Senat dem glorreichen Sieger stiftete, wird Aufschluss darüber geben. Mit diesen Fragen beschäftigten sich bis zuletzt auch viele namhafte Historiker. Angefangen bei G. M. Giradet der 2006, seine 2, schon 1998 veröffentlichten Abhandlungen, nochmals in einer Monografie zusammenfasste und schrieb: „Am 29. Oktober des Jahres 312 konnte die pagane und die christliche Öffentlichkeit das caput mundi unzweideutig wahrnehmen, dass der Kaiser Konstantin sich von den alten Göttern abgewendet und dem Christengott zugewendet hatte.“[4] Er antwortete damit auf die 1992 von J. Bleicken noch befürwortete These, dass eine stattgefundene Bekehrung des Kaisers Konstantin durch keine vorhandene Belege in den Quellen zu rechtfertigen ist und diese somit keinen Einfluss auf die Religionspolitik des ganzen Reiches hatte.[5] Doch schon 1995 hatte K. Bringmann, zwar die Argumente Bleickens in seiner Abhandlung aufgegriffen und ein machtpolitisches Kalkül nicht ausgeschlossen, aber dann doch eine gegensätzliche Sichtweise konstatiert, indem er formulierte: „Aus der sprachlichen Form der religionspolitischen Erlasse, […], geht m. E. mit hinreichender Deutlichkeit hervor, dass für ihn der Gott der Christen nicht neben den Göttern der übrigen Religionen stand, sondern mit der summa divinitas identisch war“[6]. Er stellt sich somit auf die Seite von J. Vogt, A. Alföldi,[7] die lange vorher ebenfalls eine wirkliche Bekehrung Konstantins für gegeben betrachteten. Doch nicht zuletzt sind die Historiker noch in zwei Lager gespalten. Das eine geht von einer persönlichen Identifikation Konstantins mit dem Christentum aus, während das Andere die machtpolitischen Ambitionen Konstantins im Osten des Römischen für den Grund seiner Hinwendung hält. Umstritten ist außerdem, die Echtheit, der gerade von Euseb geschilderten Visionen, die von Grégoire als „durchaus kein zeitgenössisches Zeugnis“[8] und als „romantisierte Lobrede“[9] bezeichnet wurden. Heute sind sich zumindest beide Lager sicher, dass eine Vereinbarkeit der Berichte von Euseb und Laktanz nur schwer vorstellbar ist und dies kein eindeutigen Beleg bezeugen würde. Nichts desto Trotz stellt die Herrschaft Konstantins eine grobe Zäsur der spätantiken Welt dar, die den Aufstieg des Christentums sicherlich in gehobenen Maße stark begünstigte. Nicht zuletzt war gerade diese Religionsgemeinschaft unter Konstantins Vorgängern, um hier nur Diocletian zu nennen, brutalen Verfolgungen und Enteignungen ausgesetzt. Diese Religion ging gestärkt aus der Herrschaft Konstantins hervor und wurde später unter Theodosius dem Großen Staatsreligion[10].

2. Die Berichte von Eusebius und Laktanz zu den Visionen Konstantins

2.1 Die Schlacht an der Milvischen Brücke

Auf der Suche nach Antworten auf die, in der Einleitung gestellten Fragen, können die Berichte von Eusebius in der „Vita Constantini“[11] sowie die des Laktanz in „De Mortibus persecuturum“ helfen. Dabei muss aber in Augenschein genommen werden, dass Eusebius und Laktanz selbst Christen gewesen sind und somit die Gefahr besteht, dass Konstantins Bild in der theologischen Geschichtsschreibung eher überhöht dargestellt wird. Doch zuerst zum eigentlich Geschehen. Maxentius stand zu diesem Zeitpunkt stark unter Druck, da sich in Afrika ein Gegenkaiser und dessen Bewegung formierte und die Getreidelieferungen für die Hauptstadt zurückhielt. Diese Gegenbestrebung versuchte Maxentius, durch erhöhte Abgaben aus dem Umland und den Hauptstadtbürgern zu kompensieren. Dies verärgerte aber gerade die senatorischen Familien,[12] die den Kaiser in der Pflicht sahen, dem revolutionären Treiben in Afrika ein Ende zu setzten. Der angeschlagene Hauptstadtherrscher konnte zwar durch einen geschickten General den Rohstoffmangel verhindern, jedoch war seine Entscheidungs- und Handlungskompetenz in Frage gestellt. Nach einer Straßenschlacht mit den Prätorianern und dem Volk soll sich mit Maxentius wohl endgültig die Optik des „Tyrannen“ verbunden haben.[13] Trotz dieses, von den Christen oft negativ mit einem Christenverfolger in Zusammenhang gebrachten Begriffes, sind keine einschlägigen Belege für eine christenfeindliche Politik bekannt. So muss darauf hingewiesen werden, dass „Tyrann,“ im Falle des Maxentius, nicht im Sinne eines Christenverfolgers genutzt werden darf. Maxentius hielt sich genau wie Konstantin an das Toleranzedikt von 311.[14] Somit ist der Angriff auf Maxentius kein religiös motivierter Krieg gewesen und auch keine Befreiung von einem Christenverfolger.

Nach der 308 in Carnuntum statt gefundenen Konferenz,[15] auf der Maxentius zum Reichsfeind erklärt wurde, sah Konstantin nun seine Chance gekommen um den Usurpator in Rom zu schlagen. Nach Siegen bei Turin und Verona stand er nun an der Milvischen Brücke.

Als Maxentius nun die Nachricht erhielt, dass sein Gegner Konstantin vor den Toren Roms stand, entschloss er sich, nachdem die üblichen Opferschauer und die sibyllinischen Bücher befragt wurden, die schützenden Mauern Roms zu verlassen, um seinen Truppen als Imperator zur Seite zu stehen. Die sibyllinischen Bücher aber, gaben eine eher zweideutige Antwort: „An diesem Tage wird der Feind der Römer untergehen.“[16] Nachdem Maxentius bei seinen Truppen angekommen war, befand sich dort die Schlacht schon in vollem Gange. Als die Linien des Maxentius schließlich zusammenbrachen und sich die verbleibenden Soldaten wieder gen Rom bewegten, konnte die Brücke das Gewicht der Legionen nicht halten und Maxentius starb wie Teile seiner Truppen in den Fluten des Tiber.[17]

2.2 Die Berichte von Eusebius

Doch was geschah genau am Vorabend der Schlacht? Dazu berichtet uns Euseb, dass der Kaiser Konstantin vermutlich am Vortag der anstehenden Schlacht zu dem Gott der Christen gebetet haben soll und bei diesem Gebet, am helllichten Tag, ein Kreuz oberhalb der Sonne wahrgenommen hat, welches Selbst aus Licht zu scheinen schien. Zusätzlich soll er noch dazu die Worte „Durch dieses siege!“ erkannt haben.[18] Hier schildert Eusebius die erste Vision Konstantins, die er ganz klar auch aufgrund der folgenden Vision, wie auch Konstantin mit dem Christengott verbindet, denn in der folgenden Nacht, so schreibt Euseb, offenbart sich Konstantin Christus im Traum, zusammen mit dem schon gesehenen Zeichen und weißt ihn an, dieses Zeichen nachzubilden und es bei seinen Kämpfen als eine Art Standarte zu zeigen bzw. mitzuführen.[19] Nach Euseb lässt Konstantin gleich am folgenden Morgen dieses Zeichen von Künstlern nachbilden[20] und beschreibt es anschließend als:

„ein langer goldüberzogener Lanzenschaft trug eine Querstange und hatte somit die Gestalt des Kreuzes; am oberen Rande des Ganzen war ein kunstvoll geflochtener Kranz aus Gold und Edelsteinen befestigt, in dem das Zeichen für den Namen des Erlösers angebracht war , zwei Buchstaben, die als Anfangsbuchstaben den Namen Christi bezeichneten, indem das P in der Mitte durch das X gekreuzt wurde.“[21]

Nun, so Euseb, lässt Konstantin auch dieses Zeichen seine Soldaten verwenden.[22] Diese reichhaltige Schilderung der Ereignisse wurde oft angezweifelt. 1. Wegen ihrer nicht unbedeutenden Ferne zum eigentlichen Ereignis und 2. wegen der schon fast peniblen Ausschmückung die Euseb dem Erzählvorgang hinzufügte.[23] Auffällig ist außerdem auch, dass Euseb im 9. Buch seiner Kirchengeschichte von 315 noch nichts von solchen Visionen wusste, sondern erst in der VC dies nachtrug. Sicherlich beruft er sich auf die ihm mündlich vom Kaiser selbst überbrachten Berichte doch lässt diese Erkenntnis einen begründeten Zweifel an Euseb zu.[24] Henrie Grégoire meinte sogar diesen legendenartigen Bericht mit einem Ereignis zu verknüpfen, welches erst 351[25] satt gefunden haben soll. In diesem Jahr soll nämlich ein Meteor von der Form eines Kreuzes auf die Erde niedergegangen sein, der ein Vorzeichen des Sieges von Konstantius II. über Magnetius gewesen sein soll. Im Großen und Ganzen ist der Schilderung von Euseb wenig Objektivität abzugewinnen. Einem Feldherr, der sich kurz vor einer Schlacht befindet, in der sein Heer auch noch zahlenmäßig unterlegen ist, sind zwar die Bitten um einen Schlachtenhelfer und die Gebete an einen ihm vielleicht sonst fremden Gott abzunehmen, aber eine so rege Beschäftigung mit der Herstellung eines Zeichens, was seinen Soldaten zu dieser Zeit recht wenig bekannt gewesen sein dürfte halte ich für zweifelhaft.

2.3 Die Berichte von Laktanz

Durchaus könnten die Schilderungen des Laktanz ja mehr Aufschluss darüber geben, wie Konstantin dazu kam gerade ein Chi und ein Rho zu verbinden, zu einem Zeichen mit dem seine Soldat nun die Schlacht gegen Maxentius gewinnen sollten. Der Kirchengeschichtsschreiber wurde von Konstantin etwa um 314 als Erzieher für seinen Sohn Crispus an den Hof bestellt[26]. Vogt bringt in diesem Zusammenhang an, dass zu dieser Zeit gerade die Rhetorik fast nur von heidnischen Lehrern unterrichtet wurde.[27] Schon dieser Sachverhalt weißt auf einen Paradigmenwechsel unter Konstantin hin, der selbst am Hofe von Diokletian aufwuchs, wo er selbstredend wohl keinen Kontakt zu christlichen Erziehern gehabt haben durfte. Laktanz beschreibt anders als Euseb nur eine Vision bzw. eine Art Traum. Hier nennt er aber ganz klar nicht ein Kreuz, sondern den Buchstaben „X“.[28] Als „Chi“, denn Anfangsbuchstaben von „Christus“. Weiter berichtet er das dieser Buchstabe von Konstantin quergestellt wurde und der obere Arm des Chi umgebogen wurde[29]. Dann hätte das Zeichen wohl einem waagerecht durchgestrichenen „ P “ geähnelt. Im Unterschied zu Euseb, ist bei Laktanz eine latente Kürze der Schilderung zu erkennen. Hier beauftragt Konstantin keine Künstler, ein möglichst schönes Zeichen zu fertigen. Auch prosaische Ausschmückungen lässt Laktanz beiseite. Die Vision oder besser der Traum Konstantins ereignet sich auch nicht bei Tag, sondern in der Nacht. Man muss so nun auch den Bericht des Laktanz dem des Euseb vorziehen. Die Schilderungen von Laktanz lassen wohl auch eher auf den Vorabend einer Schlacht schließen. Außerdem ist die zeitliche Nähe des Berichtes von Laktanz wohl eher ausschlaggebend, denn wie schon angebracht wusste Euseb in dem 9. Buch seiner Kirchengeschichte noch nichts von derartigen Visionen. Die detailgetreue Schilderung, des Euseb lässt uns auch erkennen, dass dieser vermutlich das Labarum schildert[30], wie es erst Jahre nach der Schlacht als ein Sinn tragendes Zeichen verwendet wurde.

2.4 Andere Zeugnisse eines „qualitativen Sprunges“

Um eine vorangegangene „Bekehrung“ Konstantins wirklich zu belegen, ist es notwendig noch andere Quellen in die Beweisführung mit einzuflechten. Hier kommt als Erstes die Schilderung eines Festredners zum Einzug Konstantins in Rom, nach der Schlacht an der Milvischen Brücke, von 313 in Frage. Aber auch die Zeugnisse, die uns der Konstantinsbogen offenbart, der 315 vom Senat gestiftet wurde kann, hier Hilfe geben.

Der Festredner, der im weiteren ohne Namen bleibt hielt seine Rede etwa 313 womöglich in Trier[31]. Im Unterschied zu Euseb und Laktanz soll es ein heidnischer Verfasser gewesen sein.[32] Können wir also seiner Rede eher eine objektive Schilderung entnehmen? Doch eher seine unbestimmten Formulierungen konstatieren ein Umdenken von Konstantin. Der Redner trägt nämlich vor:

„Gewiß hast du Constantin, irgend ein Geheimnis mit jenem göttlichen Geist, der allein dir sich zu offenbaren geruht, wohingegen er die Sorge um uns niederen Gottheiten übertragen hat.[33]

Der Redner nennt keine bestimmte Gottheit wie z.B. Sol. Er spricht nur von „irgend einer“ Gottheit. So gibt er aber auch Gelegenheit, für eine Identifikation mit dieser Gottheit durch Christen und Heiden. Die fehlende Bezeichnung muss aber auch nicht gleichzeitig darauf hinweisen, dass der Redner nicht weiß, welche Gottheit Konstantin zur Seite gestanden hat. Grünewald geht jedenfalls davon aus, dass der Redner den Namen nur aus rhetorischen Gründen nicht genannt hat.[34] Sicherlich ein genialer Schachzug des Redners, wenn nicht sogar von Konstantin selbst, der des Weiteren auf eine langsame Abkehr hinweisen könnte. Danach führt er weiter aus:

„Daher, Schöpfer aller Dinge, der du soviele Namen trägst (…), dass du diesen Herrscher in alle Ewigkeit beschützen mögest.[35]

Der Festredner impliziert hier eine Art Verbundenheit, die Konstantin mit diesem, ihm unbekannten Gott eingegangen ist und das dieser von jetzt an in einem Bunde mit dieser Gottheit steht, wörtlich gesehen auch für immer. Selbst der Festredner war sich sicher, dass allein diese namenlose Gottheit für den Sieg Konstantins über Maxentius verantwortlich war.

Doch gerade solche doppeldeutigen Ausdrücke zeigen, dass ein Veränderung stattgefunden haben muss, wenn auch nur in der persönlichen Denkweise Konstantins. Eine ähnliche Formulierung, findet sich auch auf dem Konstantinsbogen, der genau wie die Berichte des Euseb und des Laktanz als sehr umstritten gilt. Dieser wurde nach dem Sieg von Konstantin über Maxentius, vom Senat in Auftrag gegeben und im 10. Jahr der Herrschaft Konstantins präsentiert. Die oben angesprochene Formulierung lautet: „ instinctu divinitatis “. Also eine Art göttliche Eingebung von außen oder eine Art durch Gott gegebene Kraft oder Antrieb von innen. Eine auch eher doppeldeutige Formulierung ohne einen Namen zu nennen. Natürlich ist auf der östlichen Südseite der Sonnengott Sol abgebildet, doch gerade im Zusammenhang mit einer göttlichen Eingebung wird er nicht explizit genannt. Auch der Schutzgott der Tetrarchie, der allmächtige Jupiter wird mit keinem Wort genannt. Bleicken[36] argumentiert hier genau mit diesem Ansatz in eine andere Richtung. Für ihn ist das Fehlen jeglicher Götternamen in Zusammenhang mit „instinctu divinitatis“ Grund genug, dies mit der Identifikation aller denkbaren Götter zu erklären. Im gleichen Zusammenhang, erklärt Bleicken[37] auch, dass fehlen von literarischen Zeugnissen über Opfergänge von Konstantin während des Einzugs in Rom. Da es für Bleicken kein Sieg über einen auswärtigen Feind gewesen ist, hätte Konstantin sowieso auf jegliche Opfer verzichtet. Trotzdem befinden sich Szenen aus Opferdarbringungen auf dem Konstantinsbogen. Dies ist aber durchaus damit zu erklären, das der Konstantinsbogen ja kein völlig neues Bauwerk war, sonder Teile des Hadrianbogens verwendet wurden, und die abgebildeten Opferszenen eindeutig Hadrian zugerechnet werden.[38] Warum sollte weiterhin der heidnische Senat, der den Triumphbogen ja auch zum Gewinn Konstantins an der Milvischen Brücke gestiftet hatte, keinen Namen der sonst so unausweichlichen Götter dazugefügt haben? Weiterhin berichtet uns der Konstantinsbogen das Konstantin den Sieg ausschließlich seiner „ magnitudo mentis“ und wie schon gesagt der „ instinctu divinitatis “ zu verdanken hatte. Diese Formulierungen zeigen die inneren Ansichten des Kaisers kurz vor und natürlich auch nach der Schlacht, aber ohne seine heidnischen Untergebenen zu verprellen.[39] Hier fügt sich zusammen, was anfangs schon erläutert wurde. Die innerliche Umkehr des Kaisers wird zwar propagiert, jedoch ohne öffentlich eine eindeutige Stellung zu beziehen. Somit kann teilweise der These Bleickens entsprochen werden, dass Konstantin auch aus machtpolitischen Gründen eine endgültige publike Identifizierung vermieden hat.

2.5 Das Silbermedaillon aus Ticinum

Um die Beleglage weiter auszudehnen, ist es notwendig auch auf numismatische Quellen zurückzugreifen, denn der Umlauf von Münzen konnte einen propagandistischen Zweck erfüllen. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass die Münzprägung unter der Kontrolle der Obrigkeit stand und sie somit direkter Ausdruck ihrer Ideale sein kann. Hier bietet sich ein Silbermedaillon aus Ticinum an, das vermutlich 315[40] geprägt wurde. Auf dessen Vorderseite ist Konstantin mit Helm, Schild und einer Art Zepter selbst abgebildet. Auf dem Helm ist eine Scheibe zu erkennen, die das Christusmonogramm trägt. Das Zepter selbst beginnt mit einer langen Lanzenstange, gefolgt von einem Querbalken, der zusammen mit der Lanzenstange ein Kreuz darstellt, worauf die Weltkugel ruht.

A. Alföldi hatte hier schon 1939 erkannt, dass es sich bei dieser Münze um das früheste Zeugnis der „Verchristlichung des Weltherrschaftsgedankens durch Konstantin“[41] handeln musste, und so keinen Zweifel mehr daran zu lassen war, dass Konstantin sich von den alten Göttern abgewendet hatte. Selbst er, als Kenner der Münzwelt der Antike hat vorher noch behauptet, dass der früheste Beleg, eine Scheidemünze aus Siscia, aus dem Jahr 317 wäre. Sogar Bleicken konnte später eine christliche Deutung diese Medaillons nicht zurückweisen, bewertete aber dessen Geltung als zu gering[42], weil er damit argumentiert, dass das Medaillon kein Umlaufgeld gewesen sei und es somit seine propagandistische Wirkung nicht entfalten konnte. Weiter nahm er an, dass die christliche Symbolik auf der Münze auch durch einen hochrangigen Beamten, mit christenfreundlicher Gesinnung oder gar mit christlichem Glauben auf das Medaillon gelangen konnte.[43] Doch konnte so etwas ohne die Zustimmung des Kaisers geschehen? Bei einer Symbolik, die zwar noch wenig bekannt war, aber dafür eine beträchtliche Semantik übertrug, ist es schwer vorstellbar, dass Konstantin als oberster Prägewächter nichts davon hätte wissen sollen. Gerade durch den Anlass der Prägung, der Sieg an der Milvischen Brücke, war diese Prägeserie prädestiniert, um eine christliche Propaganda, wenn auch nur im kleinen Kreise zu verbreiten.

3. Zusammenfassung

In den vorangegangenen Ausführungen sollte gezeigt werden, dass das Jahr 312 und die Folgenden, einen „qualitativen Sprung“ in der religiösen Anschauung des Kaisers Konstantin darstellen. Von zaghafter und zugleich verzweifelter Anrufung und Bitte um Beistand bei einer Schlacht, die er anhand seiner zahlenmäßigen Unterlegenheit zu verlieren glaubte, hin zu einer persönlichen Identifikation mit gleichzeitig zögerlichen, öffentlichen Bekenntnis. Mehrere Quellengruppen wurden angeführt um zu zeigen, dass sich Konstantin, gerade nach der Schlacht an der Milvischen Brücke, dem Drang ergeben gab, seine immer noch nicht abgeschlossenen conversio behutsam der Öffentlichkeit mitzuteilen.

Wenn ich mich anfangs auf die Berichte von Euseb und Laktanz bezogen habe, so war der Grund dafür, die christlich-literarischen Belege darzulegen. Aus der Betrachtung ist hervorgegangen, dass die beiden Zeugnisse nur schwer vereinbar sind, schon aufgrund der zeitlichen Nähe zum eigentlichen Ereignis. Trotzdem ist dem Bericht von Laktanz wohl Eindeutigkeit zuzuschreiben, wenn man ihr die nötige Objektivität abverlangt. Für Euseb aber eignen sich die Überlieferungen vor allem für eine legendenartige Erzählung und als Steckenpferd für die Darstellung der christlichen Indoktrination in die spätantike Geschichte.

Gerade durch die schriftlichen Quellengruppen kann nicht mehr bestritten werden, dass es eine Abwendung Konstantins gegeben haben muss, doch ein öffentliches Bekenntnis zum Christengott, zumindest bis 324, lässt sich nur lückenhaft feststellen. Sicherlich muss ein machtpolitisches Kalkül hier berücksichtigt werden, doch kann Dieses, nicht der einzige Grund fehlender paganer Symbolik bzw. aufkommender christlichen Symbolik bedeuten. Es skizziert nur die intelligente Vorgehensstrategie eines Kaiser, der sich dem Einfluss christlicher Ideologie bewusst war. Mit Blick auf die Münzprägung ist noch zu erwähnen, dass dem frühesten Zeugnis Eindeutigkeit zugeschrieben werden kann und die geringe Umlauffrequenz keinesfalls die eigentliche Aussagekraft behinderte. So werden aber auch in Zukunft, zwei Lager existieren. Eins wird sich um die Thesen Bleickens versammeln und versuchen diese weiter auszubauen. Das andere wird die Thesen Giradets, Vogts usw. unterstützen.

Literaturverzeichnis

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[...]


[1] Giradet: Die konstantinische Wende 9.

[2] Ewig: Die Merowinger und das Frankenreich. 2001. S. 21

[3] Maier: Die Verwandlung der Mittelmeerwelt 33.

[4] Giradet: Die konstantinische Wende 2006. S 37

[5] Bleicken: Constantin der Große und die Christen. Überlegungen zur konstantinischen Wende 1992. S. 34

[6] Bringmann: Die konstantinische Wende. Zum Verhältnis von politischer und religiöser Motivation 1995. S 45

[7] Vogt: Die Bedeutung des Jahres und 312 für die Religionspolitik Konstantins des Grossen 1942. und Alföldi: Hoc signo victor eris. Beiträge zur Geschichte der Bekehrung Konstantins des Großen 1939.

[8] Grégoire: Die „Bekehrung“ Konstantins des Grossen 1930/31. S. 202

[9] Grégoire: 1930/31. S.202

[10] Maier: Die Verwandlung der Mittelmeerwelt. 2000. 112ff.

[11]. Die Übersetzung bezieht sich auf J. M. Pfättisch: Des Eusebius Pamphili vier Bücher über das Leben des Kaiser Konstantin und des Kaisers Konstantins Rede an die Versammlung der Heiligen, In: Bibliothek der Kirchenväter. Eusebius Bd. I, 1913.

[12] Dörries: Konstantin der Grosse 1958. S. 27

[13] Dörries: 1958. S. 67

[14] Vgl. Vogt: 1942. S. 250

[15] Maier: 2000. S. 33

[16] Maier: 2000. S. 28

[17] ebda.

[18] Eusebius: Vita Constantini I, 28

[19] Euseb.: Vita Const. I, 29

[20] Euseb.: Vita Const. I, 30.

[21] Euseb.: Vita Const. I, 31.

[22] ebda.

[23] Vgl. Dörries: 1958. S. 32f. Dörries bezweifelt gerade durch das Erscheinungsjahr der VC eine vollkommene Echtheit der Aussagen denn das Vierteljahrhundert was zwischen Schlacht und Erscheinen liegt, trägt für ihn vor allem zur legendenartigen Ausschmückung durch Euseb bei.

[24] Vgl. Bleicken: 1992. S. 26.

[25] Grégoire: 1930/31. S. 202

[26] Vgl. Vogt: 1942. S. 262

[27] ebda.

[28] Lactantius: De Mortibus Persecutorum 44, 5ff

[29] ebda.

[30] Vgl. Dörries: 1958. S. 32.

[31] Giradet: 2006. S. 66

[32] Alföldi: 1939. S. 24.

[33] Paneg. lat.: 12(9),2,4. Die Übersetzung bezieht sich auf Th. Grünewald: Constantius Maximus Augustus. Die Herrschaftspropaganda in der zeitgenössischen Überlieferung. In: Historia Heft 64, 1990

[34] Grünewald: 1990. S. 84

[35] Paneg. lat.: 26,1

[36] Bleicken: 1992. S. 36

[37] Bleicken: 1992. S. 34

[38] Giradet: 2006. S. 69

[39] Grünewald: 1990. S. 78.

[40] Alföldi: 1939. S. 228 und Abb. 2

[41] Alföldi: 1939. S. 228

[42] Bleicken: 1992. S. 40

[43] ebda.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Zeugnisse der Bekehrung von Kaiser Konstantin des Großen unmittelbar nach der Schlacht an der Milvischen Brücke
Hochschule
Universität Leipzig
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V111239
ISBN (eBook)
9783640093236
ISBN (Buch)
9783640114672
Dateigröße
441 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zeugnisse, Bekehrung, Kaiser, Konstantin, Großen, Schlacht, Milvischen, Brücke
Arbeit zitieren
Manuel Wendler (Autor:in), 2007, Zeugnisse der Bekehrung von Kaiser Konstantin des Großen unmittelbar nach der Schlacht an der Milvischen Brücke, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111239

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