Der sterbende Messias ben Joseph und der leidende Messias ben David in der rabbinischen Literatur


Seminararbeit, 2007

30 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Voraussetzungen
2.1. Die rabbinische Literatur
2.2. Der Messias

3. Messias ben Joseph: Der sterbende Messias
3.1. Entstehung und Entwicklung
3.2. Alttestamentliche Begründung
3.3. Darstellung
3.3.1. Bezeichnung
3.3.2. Tiersymbolik
3.3.3. Ablauf der Geschehnisse
3.3.4. Sühnefunktion des Todes
3.4. Theorien zur Entstehung
3.4.1. Messias ben Joseph als Exegeseresultat
3.4.2. Samaritanischer Ursprung
3.4.3. Messias ben Joseph als Messias der zehn Stämme
3.4.4. Auszug aus Ägypten als Parallele zur messianischen Erlösung
3.4.5. Zeitgeschichtliche Deutung
3.4.6. Gegensatzhypothese
3.4.7. Religionspsychologische Deutung

4. Messias ben David: Der leidende Messias
4.1. Entstehung und Entwicklung
4.2. Alttestamentliche Begründung
4.3. Darstellung
4.3.1. Leiden vor dem öffentlichen Auftreten
4.3.2. Leiden nach dem öffentlichen Auftreten
4.3.3. Sühnefunktion des Leidens
4.4. Theorien zur Entstehung
4.4.1. Der leidende Messias ben David als Exegeseresultat
4.4.2. Zeitgeschichtliche Deutung
4.4.3. Der leidende Messias ben David als Verschmelzungsprodukt

5. Schlussfolgerungen für den jüdisch-christlichen Dialog?
5.1. Christliche Vereinnahmung der rabbinischen Texte
5.2. Verknüpfung von jüdischen und christlichen Messiasvorstellungen in der
Literatur des 20. Jahrhunderts
5.3. Leidender und sterbender Messias im jüdisch-christlichen Dialog

6. Zusammenfassung

7. Anmerkungen

8. Literaturverzeichnis
8.1. Textausgaben
8.2. Sekundärliteratur

1. Einleitung

Im jüdisch-christlichen Dialog des 20. Jahrhunderts haben beide Gesprächsparteien die Figur des Jesus als „entscheidenden Punkt […] meist ausgespart, weil man keine Verständnismöglichkeit sah.“ 1. Eine Schwierigkeit stellt nicht nur die christliche Rede von Jesus als dem Christus, dem Messias, dar, sondern auch die damit verbundene Vorstellung eines leidenden, gar eines sterbenden Messias. Ein solcher Gedanke war zumindest dem Judentum zur Zeit Jesu weitgehend fremd: „[So] predigen wir Christus als gekreuzigt, den Juden ein Ärgernis und den Nationen eine Torheit“, heißt es bei Paulus 2. Von christlichen Theologen messianisch interpretierte alttestamentliche Schriftstellen wie das Lied vom leidenden Gottesknecht in Jesaja 53 wurden von den jüdischen Gelehrten nicht auf den endzeitlichen Erlöser bezogen: dass „Gott aber […] durch den Mund aller Propheten vorher verkündigt hat, dass sein Christus leiden sollte“, wie Petrus predigt 3, entsprach nicht den jüdischen Vorstellungen der damaligen Zeit. Vielmehr galt der Messias als strahlende Siegesgestalt, als „Projektionsfigur zahlloser Superlative“ 4.

Erstaunlicherweise entsteht jedoch im Jahrhundert nach Jesu Leiden und Sterben zum einen die Figur eines zweiten, sterbenden Messias – der Messias ben Joseph, der nach Ansicht jüdischer Schriftgelehrter vor dem Erscheinen des Messias aus dem Stamme David auftritt, jedoch getötet wird und somit die Voraussetzung für die endgültige Erlösung schafft. Zum anderen sprechen einige Rabbinen von einem Leiden des eigentlichen Gesalbten, des Messias ben David 5. Die Arbeit stellt die beiden Messiasgestalten in ihren Grundzügen vor. Sie geht auf die Entwicklung der Figuren, ihre Begründung aus dem Alten Testament sowie auf Theorien zu ihrer Entstehung ein. Über die bisherigen Darstellungen zum leidenden bzw. sterbenden Messias hinausgehend wird abschließend die Frage angerissen, welche Schlussfolgerungen sich aus den beiden Figuren der rabbinischen Literatur für den Dialog zwischen jüdischer und christlicher Theologie ergeben.

2. Voraussetzungen

2.1 Die rabbinische Literatur

Die rabbinische Bewegung, die als direkte Nachfolge der Pharisäer verstanden wird, setzt mit der Zerstörung des Jerusalemer Tempels im Jahre 70 ein. Im engeren Sinne dauert die rabbinische Zeit bis zur arabischen Expansion im 7. Jahrhundert. In diese Zeit fällt die Entstehung von Mischnah, Tosephta, den Talmuden und weiteren Schriften. Im weiteren Sinne werden die Texte jüdischer Gelehrter bis zum Einsetzen der Kreuzzüge 1099 in das rabbinische Schrifttum mit einbezogen. Als bedeutendste rabbinische Texte gelten die Mischnah, deren Inhalt die Halacha – der gesetzliche Teil der antiken rabbinischen Überlieferung im Gegensatz zu deren erzählendem Teil, der Haggada – ist und die den Basistext der rabbinischen Tradition darstellt, sowie der Palästinensische (auch Jerusalemer) und der Babylonische Talmud, Kommentare zu den Texten der Mischnah. Das rabbinische Schrifttum gilt im Judentum nicht als unverbrüchliches, verpflichtendes Gesetz 6.

2.2 Der Messias

Der Begriff „Messias“ (maschiach = Gesalbter) wird in der hebräischen Bibel hauptsächlich als Termicus technicus für Könige, insbesondere für solche in der Folge Davids am Jerusalemer Tempelhof, gebraucht. Mitunter verwenden die Autoren des Alten Testaments den Begriff auch für bestimmte mit einer göttlichen Mission beauftragte Personen wie für die Hohepriester, die Erzväter (Psalm 105,15) oder die mit dem Heer in den Krieg ziehenden Priester. Selbst ein nichtjüdischer König wird an einer Stelle als Gesalbter bezeichnet (Perserkönig Kyros in Jesaja 45,1). Der von den meisten alttestamentlichen Schriftpropheten verheißene endzeitliche Erlöser aus dem Geschlecht Davids wird an keiner Stelle der Biblia Hebraica Messias genannt; man bezeichnet ihn stattdessen als Friedefürst, göttlichen Helden, Immanuel u. a. Der eschatologische Gebrauch des Begriffs Messias ist erst im außerkanonischen jüdischen Schrifttum der hellenistisch-römischen Zeit zu finden. Die Bilderreden des Henochbuchs (Kapitel 37-71) sowie die Psalmen Salomos gelten als erste Schriften, in denen die endzeitliche Erlösergestalt als Gesalbter tituliert wird 7.

Die endzeitliche Gestalt des Erlösers bleibt in der hebräischen Bibel meist im Hintergrund; entscheidend ist die messianische Zeit. Erst in den rabbinischen Schriften rückt die Figur des Erlösenden zunehmend in den Vordergrund 8. Grundlegende, von den Rabbinen in verschiedener Weise ausformulierte und erweiterte messianischen Vorstellungen sind der Sieg des Messias über heidnische Völker und Gestalten, Frieden sowohl unter den Menschen als auch zwischen Mensch und Tier, die Freiheit von Sünde, die Wiederherstellung des Tempelheiligtums und die Aufhebung der körperlichen Leiden 9.

3. Messias ben Joseph: Der sterbende Messias

3.1 Entstehung und Entwicklung

In den frühen nachalttestamentlichen Schriften taucht erstmals die Idee von der Spaltung der Messiasgestalt auf. So wird beispielsweise im Testament der zwölf Patriarchen sowie in einigen Qumran-Texten von der Doppelregentschaft eines Messias-Königs und eines Messias-Priesters gesprochen. Das Christentum setzt dem am Kreuz leidenden den auferstandenen, triumphierenden Messias entgegen 10. Im zweiten nachchristlichen Jahrhundert findet sich in den rabbinischen Schriften die Gestalt des sterbenden Messias aus dem Stamm Ephraim, der deshalb als Messias ben Ephraim, häufiger noch als Messias ben Joseph, sehr selten als Messias ben Manasse bezeichnet wird 11. Die Vorstellung eines zweiten, dem davidischen Messias vorausgehenden Erlösers taucht ohne Anknüpfung an ältere schriftliche Traditionen auf; allerdings setzen einzelne Autoren des Babylonischen Talmuds den Gedanken als jüdisches Allgemeingut voraus 12. Im Gegensatz zum Glauben an ein Leiden des Messias ben David ist die Idee des sterbenden Messias eine in der jüdischen Theologie der zwei nachchristlichen Jahrtausende weit verbreitete (so beispielsweise bei Saadja, Raschi, Mose de Leon und Isaak Abravanel 13 ); insbesondere in Zeiten der Verfolgung wurde auf die Gestalt des Messias ben Joseph zurückgegriffen 14. Auch die Tatsache, dass das Scheitern des im 17. Jahrhundert (und darüber hinaus) für den Messias gehaltenen Sabbatai Zwi mit dem Modell des sterbenden Messias aufgefangen wurde, spricht für die Präsenz der Figur auch im Volksglauben 15.

3.2 Alttestamentliche Begründung

Charakteristisch für die rabbinische Literatur ist die enge Bindung an die hebräische Bibel. So berufen sich die jüdischen Gelehrten bei ihren Ausführungen zum Wirken und Sterben des Messias ben Joseph stets auf Schriftstellen des Alten Testaments. Die Idee des sterbenden Messias ist jedoch nicht Resultat der exegetischen Arbeit der Rabbinen; die Behauptung Saadjas in seiner Schrift „Emunoth we-De’oth“, die Rede vom Messias ben Joseph sei bereits in der Heiligen Schrift zu finden und von den Rabbinen nur in eine bestimmte Ordnung gebracht 16, entspricht nicht den Tatsachen. Vielmehr wurden infolge des Entstehens der Lehre vom Messias ben Joseph Schriftstellen zur Legitimation der neuen Messiasgestalt angeführt (siehe Kapitel 3.4.1).

Die meisten talmudischen und aggadischen Exegeten berufen sich auf Sacharja 12,10. Der dort genannte „Durchbohrte“ wird nur von wenigen Rabbinen auf den bösen Trieb bezogen; die meisten Gelehrten sehen in der Gestalt eine messianische Figur. HURWITZ’ These, der zufolge der alttestamentliche Text bereits von dessen Autor messianisch intendiert und von den Zeitgenossen so verstanden worden sei und dementsprechend als das fehlende Verbindungsglied zwischen den Vorstellungskomplexen „Messias“ und „sterbende Gestalt“ betrachtet werden könne 17, ist nicht bewiesen.

Saadja kombiniert seinen Schriftbeweis in der Abhandlung „Emunoth we-De’oth“ aus drei alttestamentlichen Stellen. Jeremia 49,2 weise auf den Sieg eines Nachkommen des Joseph über Edom hin. Sacharja 14,1f. beziehe sich auf die Einnahme Jerusalems durch Armilos. Den Tod des messianischen Nachkommens Josephs schließlich werde durch Sacharja 12,10 angekündigt 18.

Weitere Schriftstellen, auf die sich einzelne rabbinische Autoren berufen, sind Obadja V. 18 19, Sacharja 2,3 (einige Rabbinen wie der Autor des Traktatabschnitts Sukka 52b deuten die vier Schmiede als Messias ben David, Messias ben Joseph, Elia und den eschatologischen Hohepriester der Gerechtigkeit) 20 sowie die Erzählung der Witwe von Karpath in 1 Könige 17; der von Elia erweckte Sohn der Witwe wird als Vorverweis auf den Messias ben Joseph gedeutet (Seder ElijR 18,97) 21. Das Gottesknechtslied Jesaja 53 wird nirgends in der rabbinischen Literatur auf den Messias ben Joseph bezogen 22.

3.3 Darstellung

3.3.1 Bezeichnung

An mehreren Stellen wird der sterbende Messias ben Joseph als „Meschuach Milchama“, als Kriegsgesalbter, bezeichnet. Es handelt sich dabei um den Terminus für den israelitischen Priester, der 5. Mose 20, 2 zufolge die Krieger vor der Schlacht durch seine mahnenden Reden zum Kampf begeistern soll. Die Funktion des alttestamentlichen Kriegsgesalbten ist jedoch eine andere als die des Messias ben Joseph; die Bezeichnung ist letzterem deswegen zugeschrieben worden, um den für die Kriegsführung Gesalbten von dem für die Königsherrschaft Gesalbten abzugrenzen 23.

3.3.2 Tiersymbolik

Dem sterbenden Messias werden, wie auch anderen alttestamentlichen Gestalten, die eine es-chatologische Funktion besitzen, Tiere als Embleme zugewiesen. Während der Messias ben David aufgrund von Genesis 29,9 als Löwe dargestellt wird, redet die Midrasch vom Messias ben Joseph meist als Stier. Die Rabbinen stützen sich dabei auf 5. Mose 33,17, wo der Stamm Joseph als erstgeborener Stier bezeichnet wird. Mitunter werden Wildochse und Büffel als Symbole für den Messias ben Joseph gewählt 24.

3.3.3 Ablauf der Geschehnisse

Die rabbinischen Schilderungen der Abläufe um das Wirken und Sterben des Messias ben Joseph sind in ihren Grundzügen gleich. Nach der Vorstellung der jüdischen Gelehrten erscheint der Messias ben Joseph, nachdem er mit dem Messias ben David im Paradies auf Gottes Signal zum Kommen gewartet hat, im oberen Galiläa, wo er die verstreuten Israeliten sammelt und sie zum Kampf nach Jerusalem führt. Das Auftreten in Galiläa wird von den Rabbinen als Zeichen für die niedere Herkunft der Erlösergestalt gedeutet. In Jerusalem errichtet der Messias ben Joseph den Tempel und bringt das Opfer dar. Daraufhin besiegt er umliegende Völker wie Kanaan und Moab, deren Bewohner er teils tötet, teils gefangen nimmt. Dem schließt sich eine vierzig Jahre währende Periode des Friedens für die Israeliten an. Nach dieser Zeit tötet der in den alttestamentlichen Schriften angekündigte Gog den Messias ben Joseph (in der jüdischen Theologie der vorchristlichen Zeit wird der Kampf gegen Gog und Magog dem Messias ben David zugewiesen 25 ). Das die Totenklage erhebende Volk flieht in die Wüste, in dem Glauben, es käme nun kein Messias mehr. Nach weiteren mehr als vierzig Jahren erscheint schließlich, nach der Vorankündigung durch Elia, der Messias ben David und vollendet die Erlösung, die mit dem Auftreten des Messias ben Joseph begonnen hat 26.

Vereinzelte Abweichungen von diesem Muster gibt es in der Benennung der Feinde und in einigen Einzelheiten.

So wird in späteren kleinen Midraschi (Midrasch Wajjoscha, Otot ha-Maschiach, Sepher Zerubbabel u. a.) der Antichrist Armilos als Mörder des Messias ben Joseph genannt. Armilos, der letzte furchtbare Vertreter der römischen Weltmacht, wird als von der Marmorstatue einer Jungfrau geborener, zwölf Ellen langer Riese mit roten Augen und Haaren beschrieben, der sich als wiedergekehrter Christus und Gott der Christen ausgibt. Der Messias ben Joseph beschuldigt Armilos, Satan zu sein, und wird daraufhin von ihm erschlagen 27. Chai Gaon, einem Rabbinen des 10. Jahrhunderts zufolge liegt die Leiche des erschlagenen Messias vierzig Tage lang unbeerdigt in den Jerusalemer Gassen, ehe sie vom Messias ben David wiedererweckt wird. Dem schließen sich eine allgemeine Totenauferstehung sowie der Endkampf Israels gegen Gog und Magog an 28.

Einige Rabbinen berichten von einer gleichzeitigen Offenbarung des Messias ben Joseph und des Messias ben David 29. In der mittelalterlichen Schrift „Pirqe Maschiach“ erscheint der Messias ben Joseph (hier Nechemja ben Chuschiel genannt) erst im Anschluss an die Besiegung Roms und fällt im Kampf gegen die Mohammedaner 30. Von einer Auferweckung des toten Messias durch den Messias ben David oder Elia berichten nur wenige Midraschim 31.

Von vier Messiassen ist im Midrasch Bemidbar Rabba, der Auslegung zum vierten Buch Mose, die Rede: Die vier Gestalten Gilead, Manasse, Ephraim und Juda, die in Psalm 60,9 erwähnt werden, werden als Elia (Gilead), Messias aus dem Stamm Manasse (Manasse), Kriegsgesalbter (Ephraim) und Messias ben David (Juda) gedeutet: „David kam und erklärte: >Mein ist Gilead< d. i. Elia, der von den Bewohnern Gileads war; >mein ist Manasse< d. i. der Messias, der aus den Söhnen Manasses hervorgehen wird […]; >Ephraim ist meines Hauptes Macht< d. i. der gesalbte Krieger, der von Ephraim abstammt […] und Jehuda ist mein Gesetzgeber d. i. der große Erlöser, welcher unter den Enkeln Davids ist“ 32. Welche Funktionen die vier gesalbten Gestalten im Einzelnen übernehmen, erwähnt der rabbinische Autor nicht.

3.3.4 Sühnefunktion des Todes

Alle rabbinischen Schriften stimmen darin überein, dass dem Sterben des Messias ben Joseph keine Sühnewirkung zugeschrieben wird 33. Auch in der jüdischen Theologie der nachrabbinischen Zeit ist vom Tod als Sühnemittel keine Rede. Einzig der Kabbalist Jesaja Hurwitz (1555-1625) spricht in seinem Kompendium „Die beiden Tafeln des Bundes“ vom stellvertretenden Opfertod des Messias ben Joseph 34.

3.4 Theorien zur Entstehung

3.4.1 Messias ben Joseph als Exegeseresultat

Einige Judaisten und christliche Theologen deuten die Idee des sterbenden Messias als Resultat exegetischer Überlegungen jüdischer Gelehrter des ersten Jahrtausends. Mehrere Stellen der Biblia Hebraica werden als Ausgangspunkt der Lehre vom Messias ben Joseph genannt.

DALMAN versucht, die Entstehung der Lehre vom sterbenden Messias aus der messianischen Umdeutung von Deuteronomium 33,17 zu erklären. Diese These ist jedoch unwahrscheinlich, da die von DALMAN angeführten Midraschim, in denen die alttestamentliche Stelle auf den Messias ben Joseph bezogen wird, erst aus dem 6. nachchristlichen Jahrhundert stammt, als die Idee längst allgemein verbreitet war. Die messianische Umdeutung von Deuteronomium 33,17 kann also nicht für die Entstehung des Messias ben Joseph verantwortlich sein 35.

Nach WEBER ist das Gottesknechtslied Jesaja 53 der Ausgangspunkt der Lehre vom Messias ben Joseph. Aufgrund der Diskrepanz zwischen der Gestalt des leidendem Gottesknechts und der Idee des nicht leidenden königlichen Messias sei eine zweite Messiasgestalt, der Messias ben Joseph, erdacht worden. Die These WEBERs ist jedoch nicht stichhaltig, da das in Jesaja 53 gezeichnete Bild vom leidenden Gottesknecht von der Gestalt des sterbenden Messias in vielen Punkten abweicht. So ist der Messias ben Joseph kein Märtyrer, der um der Menschen Willen leidet. Die Handlungen des Messias ben Joseph wie die Führung des endzeitlichen Kriegs, die Sammlung der Zerstreuten oder sein Heldentod passen nicht zum im Jesajabuch gezeichneten Bild des Gottesknechts. Zudem ist die messianische Umdeutung von Jesaja 53 in den rabbinischen Schriften stets auf den leidenden Messias ben David, nicht jedoch auf den sterbenden Messias ben Joseph bezogen.

Zahlreiche Judaisten und christliche Theologen, so u. a. WUENSCHE, DALMAN, DRUMMOND und HENGSTENBERG, betrachten die Vorstellung vom sterbenden Messias als Resultat exegetischer Deutungen von Sacharja 12,10ff. Da die Stelle, ähnlich wie Jesaja 53, nicht in Übereinklang mit der jüdischen Messianologie gebracht werden konnte, die Verse dennoch messianisch gedeutet wurden, sei die Entstehung der Idee eines zweiten Messias die notwendige Konsequenz der exegetischen Bemühungen gewesen 36. Gegen die These spricht, dass Sacharja 12 zur Zeit der Entstehung der Lehre vom Messias ben Joseph aller Wahrscheinlichkeit nach nicht messianisch gedeutet wurde. So fehlt die Stelle in Justinus Märtyrers „Dialogus com Tryphone Judeao“, in dem sämtliche von den Juden zur damaligen Zeit messianisch gedeutete Bibelstellen aufgezählt werden 37.

TORREY erklärt die Entstehung des Messias ben Joseph aus der messianischen Deutung der Ölbaumvision in Sacharja 4 38.

Nach SPIRO handelt es sich beim Messias ben Joseph um das Ergebnis homiletischer Deutungen der Erzählung von Saul und Davids. SPIRO zieht eine pseudophilonische Schrift heran, in der Saul fälschlicherweise als Ephraimite bezeichnet wird. Daraus habe sich eine messianische Umdeutung des biblischen Paars Saul und David entwickelt, die in der Idee eines Messiaspaars mündete. Als durch die allgemeine Verbreitung der hebräischen Bibel deutlich geworden sei, dass es sich bei Saul nicht um einen Ephraimiten, sondern um einen Benjaminiten gehandelt habe, sei die Figur des Messias ben Joseph bereits populär gewesen. HURWITZ widerspricht jedoch der These SPIROs, da die meisten Probleme umgangen oder offen gelassen werden 39.

G. H. DIX zufolge ist die Lehre vom Messias ben Joseph aus der messianischen Deutung des Jakobssegens (Genesis 49,10) entstanden. Allerdings beruht diese Ansicht auf mehreren unbewiesenen Voraussetzungen, so zum Beispiel darauf, dass der biblische Text eine genuin messianische Verheißung vermittle. Auch ergeben sich zahlreiche weitere Schwierigkeiten: So müsste bei der messianischen Deutung der Textstelle ein Messias aus dem Stamm Joseph die Herrschaft von Juda übernehmen. In der rabbinischen Lehre vom Messias ben Joseph wird dies jedoch umgekehrt geschildert; der Messias aus dem Stamm Juda ist hier Nachfolger des Messias aus dem Stamm Joseph. Aufgrund dieser Unstimmigkeiten ist die These von DIX nicht haltbar 40.

Der Gedanke, die Gestalt des sterbenden Messias ben Joseph sei im Wesentlichen auf exegetische Überlegungen der Rabbinen zurückzuführen, ist wenig stichhaltig, da in der Regel ein neuer Gedanke nicht aus der Umdeutung eines Bibelverses resultiert. Vielmehr unterstützen Bibelverse eine bereits vorhandene, nicht exegetisch motivierte Lehre. Alttestamentliche Stellen wie Sacharja 12 sind also nicht die Ursache des Glaubens an den Messias ben Joseph, sondern die Entstehung der Lehre vom sterbenden Messias gab den Anlass zur messianischen Deutung bisher nicht messianisch gedeuteter Verse 41. Wie HURWITZ richtig bemerkt, ist es kaum wahrscheinlich, dass es sich bei Figuren wie dem Messias ben Joseph um „intellektuelle Erklügelungen oder rationale Erfindungen spekulativer Exegeten oder Homiletiker“ handle 42.

3.4.2 Samaritanischer Ursprung

BERTHOLDT, BOUSSET u. a. sehen den Ursprung der Gestalt des sterbenden Messias ben Joseph in samaritanischen Vorstellungen. Die Gestalt des Propheten Ta’eb oder Tahêb (= der Wiederkehrende bzw. der Bekehrer), der zu Beginn der Endzeit die Völker, insbesondere die Juden, zur samaritanischen Religion bekehrt, anschließend den Gog niederschlägt und schließlich auf natürliche Weise stirbt, sei von jüdischen Gelehrten übernommen worden. Die These wird von nahezu allen Forschern (CASTELLI, DALMAN, GESENIUS, GLÄSENER, HURWITZ, KLAUSNER, WETTE) abgelehnt, da zum einen das Bild des samaritanischen Messias von dem des Messias ben Joseph erheblich abweicht, zum anderen da es aufgrund der politischen Feindschaft zwischen den Juden und den Samaritern unwahrscheinlich ist, dass der jüdische Gedanke des sterbenden Messias aus der samaritanischen Religion übernommen wurde 43.

3.4.3 Messias ben Joseph als Messias der zehn Stämme

CASTELLI und OBERHÄNSLI-WIDMER vertreten die These, der sterbende Messias ben Joseph sei entstanden, um den zehn Stämmen des Nordreichs Grund zur Eifersucht zu nehmen, den sie aufgrund der Herkunft des Messias ben David aus dem Südreich Juda hegen könnten 44. DALMAN hält dies für unwahrscheinlich, da zum einen der Stamm Ephraim zur Zeit der Entstehung der sterbenden Messiasgestalt bereits als verschollen galt und somit auf seine Eifersucht keine Rücksicht genommen werden brauchte, und zum anderen die gesamte rabbinische Literatur den Messias ben Joseph nicht als Messias der zehn Stämme zeigt 45.

3.4.4 Auszug aus Ägypten als Parallele zur messianischen Erlösung

Micha 7,15 legt eine Parallelisierung der letzten Erlösung Israels durch den Messias ben David mit der ersten Erlösung des Volkes durch Moses nahe. STRACK und BILLERBECK zufolge ist der Messias ben Joseph eine von jüdischen Schriftgelehrten entworfene Figuration zu Moses’ Gehilfen Aaron 46. Der Gedanke wird in den rabbinischen Schriften u. a. im Targum Jeruschalmi geäußert 47.

Nach GINZBERG entwickelte sich die Gestalt des sterbenden Messias aus einer durch die Tel-Amarna-Briefe überlieferten Legende, nach der vor Moses’ Erscheinen die Söhne Ephraims unter Anführung Jignons den Auszug aus Ägypten erzwangen, von ihren heidnischen Gegnern jedoch vernichtet wurden. Die Figur des Messias ben Joseph sei als Parallele zur Gestalt des Jignon entworfen worden. APTOWITZER hält dagegen, dass kaum Parallelen zwischen dem Auszug der Ephraimiten und dem sterbenden Messias bestehen, da ersterer in der Aggada als sündhaftes Unternehmen, nämlich als Auflehnung gegen göttliche Bestimmung gedeutet wurde 48, während der Messias ben Joseph nur in einem rabbinischen Text als falscher Messias beschrieben wird, der aufgrund seiner Täuschung richtigerweise getötet wird 49.

3.4.5 Zeitgeschichtliche Deutung

Mehrere Forscher stellen die Gestalt des sterbenden Messias ben Joseph in den zeitgeschichtlichen Kontext. Zumeist wird dabei auf den Bar-Kochba-Aufstand Bezug genommen. Bar Kochba, Anführer des letzten jüdischen Aufstands gegen die Römer (132-135), war von Rabbi Akiba, dem bedeutendsten Gesetzeslehrer der damaligen Zeit, zum Messias proklamiert worden. Nach seiner Niederlage wurde Jerusalem römische Militärkolonie; die Juden wurden aus der Stadt ausgewiesen. WERBLOWSKY, LEVY, HAMBURGER u. a. sehen einen direkten Zusammenhang zwischen der Entstehung des Messias ben Joseph und der Niederschlagung des Bar-Kochba-Aufstands. Um die Enttäuschung der jüdischen Bevölkerung zu mildern und um die Ehre von Rabbi Akiba zu wahren, sei Bar Kochba als messianischer Vorgänger des eigentlichen Erlösers proklamiert worden 50. Gegen diese Vermutung spricht, dass nicht überliefert ist, dass die Juden nach Bar Kochbas Tod an dessen Messianität festgehalten hätten 51. „Wenn wirklich der Erfinder der Gestalt des Messias b. Jos. Barkochba rechtfertigen wollte, so ist es ihm wenigstens nicht gelungen“, so Dalman 52. Auch die meisten Autoren der talmudischen Schriften äußern sich negativ über Bar Kochba; so wird sein Name (wörtlich: Sternensohn) mitunter in „Bar Kosiba“ (Lügensohn) abgewandelt 53. Dies und die Tatsache, dass das von den Rabbinen gezeichnete Bild in vielen Punkten nicht mit Bar Kochba überein stimmt 54, lässt die These von einem direkten Einfluss des gescheiterten Bar-Kochba-Aufstands auf das Messiasbild unglaubwürdig erscheinen. Denkbar wäre jedoch, dass die misslungene Revolte Anlass zu einer tiefer gehenden Beschäftigung der jüdischen Gelehrten mit der messianischen Zeit führte 55.

DALMAN hält es für möglich, dass die hadrianische Verfolgung der Juden zu einer vertieften Beschäftigung mit der tröstenden Messiashoffnung führte. Alle Stellen der hebräischen Bibel, die auf einen Sturz Edoms (Allegorie für Rom) und auf eine Rückgabe Jerusalems an die Juden gedeutet werden konnten, mussten, so DALMAN, die Aufmerksamkeit der jüdischen Forscher auf sich ziehen. Die Entstehung der Gestalt des sterbenden Messias kann in diesem Kontext gesehen werden 56.

APTOWITZER führt die Entstehung des Messias ben Joseph auf Rivalitäten zur Zeit des hasmonäischen Königtums zurück. Hasmonäische Hofkreise versuchten, das hasmonäische Königshaus, welches sich nicht auf das davidische Königtum berufen konnte, zu legitimieren, indem der endzeitlichen Gestalt des Elias messianische Aufgaben wie die Besiegung feindlicher Völker zugeschrieben wurden. Pharisäische Gegner der Hasmonäer lehnten die Messianität Elias’ aus Protest gegen das hasmonäische Königtum ab. APTOWITZER zufolge entwarfen pharisäische Gegner des hasmonäischen Königtums die Gestalt des Messias ben Joseph, um die Messianität Elias zu widerlegen und gleichzeitig die weltlichen Aufgaben wie die Besiegung heidnischer Völker nicht dem geistlichen Messias ben David zuschreiben zu müssen 57. HURWITZ lehnt die These APTOWITZERs ab, da wesentliche Bestandteile des Messiasbilds durch sie nicht erklärt werden und er die Deutung des Messias ben Joseph allein über Parteikämpfe der damaligen Zeit für zu einseitig hält 58.

Die Idee, die rabbinischen Gelehrten haben den sterbenden Messias ben Joseph entworfen, um ihn dem gekreuzigten Christus der Kirche entgegenzusetzen, ist nach STRACK und BILLERBECK zu verwerfen, da im 2. Jahrhundert zwischen Synagoge und Kirche kaum Beziehungen bestanden 59.

3.4.6 Gegensatzhypothese

KLAUSNER führt die Idee eines Doppelmessias auf die Idee der Doppelnatur des ursprünglich einen Messias zurück. Die vorchristliche Messiasfigur wurde zum einen als Krieg führender König, zum anderen – fußend auf Jes 11 und Sach 9,9 – als geistiger, demütiger und sündenfreier Heiliger gezeichnet. Während Bar Kochba noch eine rein politische Messiasfigur darstellte, besann man sich nach seinem Tod zunehmend der geistigen Natur. Aus der Doppelnatur des Messias erwuchs eine Spaltung des Messias in einen der jenseitig-mystischen Seite entsprechenden Kriegsmessias (Messias ben Joseph) und einen der diesseitig-nationalen Seite entsprechenden geistigen Gesalbten (Messias ben David) 60. HURWITZ fügt hinzu, dass die strikte Trennung zwischen beiden Komponenten nur bedingt richtig ist. Wie es sich beim Messias ben David nicht um einen ausschließlich geistigen Messias handelt, so ist auch der Messias ben Joseph nicht bloß ein eschatologischer Kriegsheld 61. Die Spaltung des zunächst einheitlichen Messiasbilds zeichnet sich bereits in der nachexilischen Schriftprophetie sowie in den Apokryphen ab, in denen ein Messias-König von einem Messias-Priester unterschieden wird (z. B. Sacharja, Testamente der zwölf Patriarchen, Chirbet-Qumran-Schriften, Testament des Simon, Testament Juda, karäisches Schrifttum) 62.

3.4.7 Religionspsychologische Deutung

HURWITZ nimmt die Gegensatzhypothese KLAUSNERs auf, widerspricht jedoch dessen Ansicht, die Spaltung des ursprünglich einheitlichen Messiasbilds resultiere aus der Enttäuschung über den gescheiterten Bar-Kochba-Aufstand. Stattdessen deutet er die Entstehung der sterbenden Messiasgestalt aus religionspsychologischer Perspektive.

Die Tatsache, dass die Gestalt eines endzeitlichen Helden in den meisten Erlösungsreligionen bekannt ist, obwohl diese gleichen Phänomene aus religionsgeschichtlicher Perspektive nicht miteinander zusammenhängen, spricht nach HURWITZ dafür, dass es sich beim jüdischen Messias um eine archetypische Figur handelt, also nicht um eine intellektuelle Erfindung des rationalen Bewusstseins, sondern um ein im menschlichen Urbewusstsein verankertes Symbol. Nach C. G. JUNG können archetypische Figuren in ihre immanenten Gegensätze auseinander treten; solche Aufspaltungen archetypischer Figuren sind in vielen Mythen, Märchen und Legenden nachweisbar. Analog zur Aufspaltung JHWHs in der nachexilischen Zeit in die der Gottesfigur immanenten Gegensätze gut - böse, also der Entstehung des personengedachten Satans, kommt es laut HURWITZ bei der Messiasfigur zu einer Spaltung in die Heldenfigur Messias ben Josef und den geistlichen Erlöser Messias ben David. Die Entstehung des sterbenden Messias lässt sich mit HURWITZ also religionspsychologisch als Spaltung eines Archetypus im Sinne C. G. JUNGs deuten 63.

4. Messias ben David: Der leidende Messias

4.1 Entstehung und Entwicklung

Im 3. Jahrhundert entwickelt sich neben der Gestalt des sterbenden Messias auch die Lehre von einem Leiden des Messias ben David. Erste Erwähnungen findet der Gedanke im Babylonischen Talmud; die Mischnah weiß von einem leidenden Messias nichts 64. Bei den Texten handelt es sich bis zum 7. Jahrhundert nur um einzelne Lehrmeinungen, die sich, im Gegensatz zur Gestalt des Messias ben Joseph, im jüdischen Gelehrtentum kaum durchsetzen können 65. Ab dem 7. Jahrhundert wird der Gedanke des leidenden Messias weiter entwickelt 66.

4.2 Alttestamentliche Begründung

Die meisten rabbinischen Autoren begründen das Leiden des Messias ben David mit dem Lied vom leidenden Gottesknecht (Jesaja 53). In vorchristlicher Zeit und auch von den meisten Rabbinen wurde das Lied nicht messianisch gedeutet; der Gottesknecht wurde als Allegorie für das die Endzeit einleitende Leiden der Gesetzeslehrer, einzelner hervorragender Männer oder des gesamten jüdischen Volkes begriffen 67.

Eine originelle biblische Begründung des leidenden Messias ben David liefert der Autor der Midrasch Rut rabba. In Ruth 2,14 wird berichtet: „Und zur Essenszeit sagte Boas zu ihr [i.e. Ruth, Th.G.]: Tritt hierher und iss von dem Brot und tunke deinen Bissen in den Essig! Da setzte sie sich neben die Schnitter, er aber reichte ihr geröstete Körner, und sie aß und wurde satt und ließ <sogar etwas> übrig.“ 68. Der Verfasser der Midrasch Rut rabba deutet das Brot als „Brot der Königsherrschaft“ und den Essig als „die Leiden, wie es heißt [in] Jes 53,5“. Dass Ruth „sich zur Seite der Schnitter“ setzt, wird auf den zeitweiligen Verlust der Herrschaft des König Messias verstanden. Die Rückkehr der Königsherrschaft werde durch das Reichen der Körner symbolisiert 69.

Selten beziehen rabbinische Autoren die Psalmen 22 und 89 auf den leidenden Messias ben David. Die zur Untermauerung der Rede vom sterbenden Messias ben Joseph häufig herangezogene Gestalt des Durchbohrten in Sacharja 12 wird von den Gelehrten nicht mit dem leidenden Messias in Verbindung gebracht.

4.3 Darstellung

4.3.1 Leiden vor dem öffentlichen Auftreten

Die Ansicht, der Messias leide vor seinem öffentlichen Auftreten in der Verborgenheit, ist in der rabbinischen Literatur vorherrschend. Die Meinung knüpft an die alte Überlieferung, der zufolge der Erlöser vor seinem endzeitlichen Erscheinen ein viele Jahrhunderte andauerndes, den Menschen verborgenes Dasein führt 70.

Rabbinische Textstellen, die ein Leiden des Messias ben David in der himmlischen Welt noch vor der Menschwerdung erwähnen, sind selten (unter ihnen Pesiqta Rabbathi 34, 159b) 71. Die meisten Rabbinen ordnen die messianischen Schmerzen zeitlich nach der Schöpfung der Menschen ein. Von einem solchen paradiesischen Leiden erzählen u. a. der Midrasch Konen (Beth ha-Midrasch 2, 29, 25), Seder Gan Eden, Sepher Hethaloth, Sohar II, der Bereschit rabbati des Rabbi-Mosche ha-Darschan sowie Ma’ase Rabbi Josua 72. Das Leiden wird von nahezu allen Autoren als schmerzliche Ungeduld oder als Mitleiden angesichts der Schmerzen der jüdischen Märtyrer gedeutet 73. In der Schrift „Bereschit rabbati“ des im 11. Jahrhundert in Narbonne wirkenden Rabbi Mosche ha-Darschan wird das Leiden des Messias als Selbstkasteiung für die Sünden Israels betrachtet: „Der König Messias lebte in einem Zeitalter der Frevler, doch verschmähte er sie [… und] richtete seinen Sinn darauf, Fürbitte für Israel einzulegen und für dessen Gesamtheit zu fasten und sich zu kasteien, wie es heißt [in Jesaja 53].“ 74

Einige Rabbinen verorten die Leiden des unerkannten Messias in oder vor Rom, unter ihnen der Autor der Sepher Zerubbabel oder der Verfasser eines polnischen Liturgiegesangs aus dem 9. oder 10. Jahrhundert 75. Die wichtigste rabbinische Textstelle ist Sanhedrin 98a im Babylonischen Talmud. Sie erzählt von Rabbi Jehoschua, der von Elia auf sein Fragen hin zu dem vor den Toren Roms „zwischen den mit Krankheiten behafteten Armen“ sitzenden und auf seinen Einsatz wartenden Messias gesandt wird 76. KUNDERT weist in diesem Zusammenhang auf die eschatologische Bedeutung Roms hin: Das in den rabbinischen Schriften stets mit negativ konnotierten Metaphern versehene Rom ist mit dem Kommen des Messias untrennbar verbunden 77. Diese Verknüpfung zeigt sich auch, wie BERGER zeigt, im Aufbau des lukanischen Doppelwerks, in dem das Christentum durch das Erreichen Roms zum Abschluss der Apostelgeschichte unwiderruflich universale Dimension gewonnen hat 78.

4.3.2 Leiden nach dem öffentlichen Auftreten

Nur wenige Aussagen der rabbinischen Literatur ordnen die Drangsale des Messias ben David erst bei dessen öffentlichem Auftreten ein und stellen die Messiasleiden somit in den Kontext der messianischen Wehen, der bereits von den Propheten angekündigten endzeitlichen Drangsalsperiode, die von den Rabbinen mitunter auch als „Fußstapfen des Messias“ bezeichnet werden 79. Das Leid des Messias wird in diesen Stellen als Kummer über die Nichtanerkennung, als vorübergehender Verlust der königlichen Macht oder als Einkerkerung und physische Schädigung beschrieben:

Die apokalyptische Schrift „Nißtarot di-Rabbi Schimeon ben Jochai“ berichtet zunächst von der Tötung des Messias ben Joseph. Anschließend wird erzählt, dass der um seinen Vorgänger trauernde Messias ben David von den Israeliten der Lüge bezichtigt und mit der Steinigung bedroht wird: „Trug hast du geredet, denn der Messias ist schon längst getötet, und kein anderer Gesalbter wird erstehen.“ 80. Anschließende Bedrängnis jedoch lässt das Gottesvolk umkehren und die Königsherrschaft des Messias ben David anerkennen.

In Ruth Rabba 5,6 zu Kapitel 2,14 wird das Leid des Messias als zeitweiliger Verlust der bereits gewonnenen königlichen Macht gedeutet 81. Der Autor greift dabei eine bereits im Psalter Salomos (Kapitel 17,21ff.) angedeutete Idee auf 82.

Mehrere rabbinische Schriften wissen von Verhöhnung, Einkerkerung und Bedrohung des Messias ben David zu erzählen, so beispielsweise Midrasch Psalm 18 § 5 (68b), Sepher Zerubbabel (Beth ha-Midrasch 2, 54, 19) und Werke karäischer Autoren wie Jephet ben Ali 83. Der bedeutendste, weil die Messiasleiden am eingehendsten behandelnde Text ist die mutmaßlich im 9. Jahrhundert entstandene Pesiqta Rabbati. In den Kapitel 34-37 wird das Auftreten des Messias ben David während der messianischen Jahrwoche beschrieben. Der Gesalbte wird jedoch vom Volk nicht erkannt, von den Heiden eingekerkert und mit dem Tod bedroht wird. Schließlich wird er von Gott gerettet, sodass er, mit der königlichen Herrschergewalt ausgestattet, an der Spitze des Volkes die Feinde Israels besiegen kann. Der Autor der Schrift widerspricht am Ende seiner Ausführungen der Befürchtung, der Messias könne aufgrund des ihm angetanen Leidens gegen sein Volk missgestimmt sein 84. Zudem wird in Kapitel 36 von der begeisterten Zustimmung des Messias ben David zu den ihn erwartenden Leiden berichtet: „Da begann (der Heilige, gesegnet sei Er), mit ihm Bedingungen auszumachen, er sprach (zu ihm): <die, die> bei dir verborgen sind, deren Sünden werden dich einst <unter> ein eisernes Joch bringen, und sie werden dich wie jenes Kalb machen, dessen Augen dunkel wurden, und sie quälen deinen Geist (wie) mit einem Joch. […] Hast du daran Gefallen? […] Er aber sprach vor ihm: Herr der Welten, mit jubelnder Seele und frohem Herzen nehme ich es auf mich, damit kein einziger aus Israel verloren gehe.“ 85.

4.3.3 Sühnefunktion des Leidens

Nahezu alle der wenigen von einem Leiden des Messias ben David erzählenden Rabbinen deuten das Leiden als Mittel zur Tilgung der Sünden Israels. Das Volk bedürfe aufgrund der fehlenden eigenen Gerechtigkeit der stellvertretenden Sühnung durch den Messias. Die Vorstellung knüpft an die alttestamentliche Lehre vom Leiden der Gerechten als stellvertretende, der Sündensühnung des gesamten Volkes dienende Tat. Allerdings beschränkt sich die Sühneleistung auch durch das messianische Leiden auf die Schuld Israels; von einer Erlösung der Welt ist (außer eventuell im Targum zum Psalm 71,17) nirgends die Rede 86.

4.4 Theorien zur Entstehung

4.4.1 Der leidende Messias ben David als Exegeseresultat

STRACK und BILLERBECK sehen, wie beim sterbenden Messias ben Joseph auch, eine eingehendere Beschäftigung der jüdischen Gelehrten mit den alttestamentlichen prophetischen Schriften, vor allem mit Sacharja 15 und Jesaja 53, als Grund für die Entstehung der Rede vom Leiden des Messias ben David 87. DALMAN hält dies für fragwürdig, zumal STRACK und BILLERBECK nicht begründet hätten, warum gerade zu Beginn des ersten Jahrtausends das Leiden des Messias „entdeckt“ worden sei 88.

4.4.2 Zeitgeschichtliche Deutung

DE WETTE und DRUMMOND halten die Entstehung der Rede vom leidenden Messias für die Wirkung des christlichen Zeugnisses. DALMAN sowie STRACK und BILLERBECK widersprechen dem, da die Kenntnisse des Christentums und seiner Lehren im Judentum der ersten nachchristlichen Jahrhunderte sehr gering gewesen seien 89.

OBERHÄNSLI-WIDMER betrachtet die Lehre vom Leiden des Messias im Kontext des talmudischen Schrifttums und entwickelt die These, dass der leidende Messias Symptom einer messianischen Katastrophentheorie ist, mit der die jüdischen Gelehrten der Spätantike versuchten, ihrer Verfolgungssituation einen Sinn abzugewinnen. Exilserfahrungen, kollektives Leid, Traumata durch die Zerstörung der nationalen Identität und die bedrohte Lebenssituation als Minderheit haben ein messianisches Horrorszenario als Antwort auf die jüdische Theodizeefrage hervorgebracht, in deren Kontext auch das Sprechen vom leidenden Messias betrachtet werden müsse 90.

4.4.3 Der leidende Messias ben David als Verschmelzungsprodukt

KUNDERT sieht in der Gestalt des leidenden Messias ben David als das Produkt einer Verschmelzung, in der die Traditionen des machtvollen Messias ben David und des sterbenden Messias ben Joseph zu einer neuen Vorstellung vom leidenden und dennoch siegreichen Messias kombiniert werden. Diese neue Konzeption sei offensichtlich in seelsorgerlicher Absicht vor dem Hintergrund der jüdischen Katastrophenerfahrungen in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten entstanden. Vor allem der Autor der Schrift Sanhedrin 98a habe deutlich machen wollen, dass Leid die notwendige Voraussetzung für die endzeitliche Erlösung sei 91.

5. Leidender und sterbender Messias im jüdisch-christlichen Dialog

5.1 Christliche Vereinnahmung der rabbinischen Texte

Christliche Apologeten missbrauchten die Rede vom leidenden und vom sterbenden Messias vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert, um den Nachweis zu führen, dass die den Juden anstößige Idee des Sühnetods Christi der rabbinischen Lehrtradition, der sich das spätere Judentum in „freventliche[r] Bosheit“ entzogen habe, nicht widerspreche 92. Dabei wurde zum einen der nicht-normative Charakter der rabbinischen Schriften verkannt, zum anderen mit ungenauen Kenntnissen disputiert. Oftmals wurden das Leiden des Messias ben David und das Sterben des Messias ben Joseph nicht getrennt. Gerade ersterem wird allerdings in den rabbinischen Schriften keine Sühnefunktion zugewiesen, kann also nicht als Beleg dafür dienen, die Idee vom Sühnetod sei eine der jüdischen Messianologie entsprechende.

Beispielhaft für den theologischen Missbrauch der beiden Messiasgestalten sind die Ausführungen des Dresdner Theologen WÜNSCHE. Während er die rabbinische Rede von einem zweiten Messias, dem sterbenden Messias ben Joseph, als „sagen- und märchenhafte[s] Gewebe des späteren Schrifttums“ 93 abtut, sieht er in den jüdischen Texten vom leidenden Messias ben David den Beweis dafür, „dass die Synagoge zu allen Zeiten einen leidenden und büßenden Messias bekannt und im lebendigen Bewusstsein getragen hat. […] Die Lehre von einem leidenden und büssendem Messias des Christenthums steht sonach mit der alten Synagoge im besten Einklange.“ 94. Wünsche geht dabei von der falschen Behauptung aus, es gäbe „kein bedeutendes Werk des alten rabbinischen Schriftthums, das diesem tiefgewurzelten Glauben nicht in irgend welcher Weise Ausdruck gegeben“ habe 95 ; tatsächlich finden sich jedoch zahlreiche Schriften des älteren Rabbinismus, die nichts von einem leidenden Messias wissen 96.

5.2 Verknüpfung von jüdischen und christlichen Messiasvorstellungen in der Literatur des 20. Jahrhunderts

Zwei jüdische Autoren des 20. Jahrhunderts verknüpfen die rabbinische Rede vom leidenden bzw. sterbenden Messias mit der christlichen Vorstellung vom gekreuzigten Christus. In der Kurzgeschichte „Jesus und der Messias“ lässt Schalom Asch den getöteten Jesus vom Kruzifix des Petersdoms herabsteigen und den vor den Toren Roms leidenden Messias treffen. Jesus entschuldigt sich bei ihm für das in seinem Namen geschehene Unrecht. Die beiden Messiasgestalten warten nun gemeinsam auf den von Gott bestimmten Tag der Erlösung 97. Der 1896 in Wilna geborene und 1937 wegen angeblicher Spionage erschossene Schriftsteller Moische Kulbak greift in seinem 1924 entstandenen phantastischen Kurzroman auf die rabbinische Gestalt des Messias ben Joseph zurück: Während der Müller Benje, der von den 36 Gerechten (Lamed-wowniks) der jüdischen Tradition zum Messias ben Joseph erkoren wurde, getötet wird, steigt Jesus von einem an einer Landstraße stehenden Kruzifix herunter und zieht in die Welt 98.

5.3 Schlussfolgerungen für den jüdisch-christlichen Dialog

Die rabbinischen Vorstellungen von einem leidenden bzw. sterbenden Messias können nicht dem Nachweis dienen, dass die Lehre von der Sühnetat Christi am Kreuz jüdischem Denken entspreche. Stattdessen können die jüdischen Texte des ersten Jahrtausends für den Dialog zwischen jüdischer und christlicher Theologie nutzbar gemacht werden, indem Gemeinsamkeiten im Sinne religiöser Toleranz aufgearbeitet, gleichsam aber Unterschiede betont werden, um einem religiösen Synkretismus bzw. Relativismus (wie er unter Umständen in den literarischen Bearbeitungen vom Asch und Kulbak gelesen werden kann) entgegenzutreten.

6. Zusammenfassung

Das Judentum der vorchristlichen Zeit kennt die Rede von einem leidenden oder gar sterbenden Messias, wie er im Christentum verkündet wird, nicht. Im zweiten Jahrhundert finden sich jedoch auch in der rabbinischen Literatur diese Vorstellungen wieder. Weit verbreitet im jüdischen Schrifttum ist die Gestalt des sterbenden Messias ben Joseph, der als Vorgänger des Messias ben David die endzeitliche Erlösung vorbereitet. Die Darstellungen der Rabbinen gleichen sich in den Grundzügen (das Warten im Paradies, das Erscheinen in Galiläa, der Einzug in Jerusalem, das Errichten des Tempels, der Kampf gegen die benachbarten Völker sowie die Ermordung durch die Feindgestalt Gog oder Armilos). Dem Tod des Messias ben Joseph, der von den Rabbinen häufig mit Sacharja 12,10 begründet wird, wird – im Gegensatz zum Sterben Christi – keine Sühnefunktion zugeschrieben. Über die Gründe für die Entstehung der zweiten Messiasgestalt herrscht Unklarheit: Unwahrscheinlich ist, dass es sich bei der Figur um ein reines Resultat rabbinischer Exegese oder um eine Entgegensetzung zum frühen Christentum handelt. Ebenso sind die Thesen von einer samaritanischen Übernahme, einer Parallele zur Jignon-Legende oder der Rücksichtnahme auf die zehn Stämme aus den in dieser Arbeit dargestellten Gründen zurückzuweisen. Monokausale Begründungen greifen bei der Frage nach dem Entstehen der Messiasgestalt nicht; vielmehr ist ein Zusammenwirken von zeitgeschichtlichen Gründen (hadrianische Verfolgung u. a.) und religionspsychologischen Prozessen anzunehmen.

Die Rede vom sterbenden Messias unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von der im dritten Jahrhundert auftretenden Vorstellung eines leidenden Messias ben David. Letztere Ansicht hat sich unter den Rabbinen – im Gegensatz zur Gestalt des Messias ben Joseph – kaum durchgesetzt. Auch divergieren die einzelnen Darstellungen der Messiasleiden, während die rabbinischen Aussagen über den Messias ben Joseph sich weitgehend ähneln. Zudem wird dem Leiden des Messias ben David, das meist mit Jesaja 53 begründet wird, eine sühnende Wirkung zugesprochen. Wie auch beim Messias ben Joseph, so sind rein exegetische Deutungen des rabbinischen Topos nicht ausreichend. Vielmehr ist die Rede vom Messiasleiden auf die Bestrebung einzelner Gelehrter zurückzuführen, die Idee des einen Messias wiederherzustellen (also auf die Rede vom Messias ben Joseph zu verzichten) und dennoch den Messias an den Drangsalen der Endzeit teilhaben zu lassen, da die apokalyptischen Vorstellungen des Judentums dies nahelegen.

Die rabbinischen Vorstellungen vom leidenden bzw. sterbenden Messias dürfen nicht – wie von christlichen Apologeten bis ins 19. Jahrhundert – zum „Nachweis“ missbraucht werden, der Sühnetod Christi widerspreche nicht der jüdischen Lehrtheorie. Vielmehr können die jüdischen Texte für den jüdisch-christlichen Dialog nutzbar gemacht werden.

7. Anmerkungen

8. Literaturverzeichnis

8.1 Textausgaben

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Bt4: Der Babylonische Talmud. Nach der ersten zensurfreien Ausgabe unter Berücksichtigung der neueren Ausgaben und handschriftlichen Materials neu übertragen durch Lazarus Goldschmitt. Vierte Auflage. Frankfurt (Main): Jüdischer Verlag, 1996.

Elberfelder: Die Bibel. Elberfelder Übersetzung, revidierte Fassung. Wuppertal: Brockhaus, 20039.

8.2 Sekundärliteratur

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Zobel, Moritz: Gottes Gesalbter. Der Messias und die messianische Zeit in Talmud und Midrasch. Berlin: Schocken, 1938.

[...]


1 ) Küng / Lapide (1976), S. 5

2 ) 1. Korinther 1,23; in Elberfelder.

3 ) Apostelgeschichte 3,18; in Elberfelder.

4 ) Oberhänsli-Widmer (1998), S. 132.

5 ) Die Gestalten „leidender Messias ben David“ und „sterbender Messias ben Joseph“ sind in der rabbinischen Tradition nie miteinander vermengt worden. Einen vor seinem Sterben leidenden Messias ben Joseph gibt es ebenso wenig wie einen sterbenden Messias ben David. Einige wenige Forscher des 19. und 20. Jahrhunderts begehen den Fehler, beide Figuren miteinander zu verwechseln, so zuletzt OBERHÄNSLI-WIDMER (1998), der in ihrer Zürcher Antrittsvorlesung dieser bemerkenswerte Fehler unterläuft.

6 ) Vgl. STEMBERGER (2002), S. 71ff. sowie DALMAN (1887), S. 24 u. S. 65.

7 ) Vgl. Oberhänsli-Widmer (1998), S. 132f. sowie Zobel (1938), S. 9ff.

8 ) Vgl. Navè Levinson (1993³), S. 85.

9 ) Vgl. Zobel (1938), S. 13ff.

10 ) Vgl. oberhänsli-widmer (1998), S. 132ff.

11 ) Vgl. ZOBEL (1938), S. 51.

12 ) Vgl. DALMAN (1888), S. 3 sowie STRACK / BILLERBECK (19554), S. 292.

13 ) Vgl. HURWITZ (1958), S. 161.

14 ) Vgl. KLAUSNER (1904), S. 103.

15 ) Vgl. OBERHÄNSLI-WIDMER (1998), S. 140.

16 ) Vgl. DALMAN/(1888), S. 15f.

17 ) Vgl. HURWITZ (1958), S. 90ff. und 106ff.

18 ) Vgl. DALMAN (1888), S. 15

19 ) Vgl. GOLDBERG (1996), S. 93

20 ) Vgl. Hurwitz (1958), S. 69

21 ) Vgl. Strack / Billerbeck (19554), S. 297f.

22 ) Vgl. ebd., S. 297 sowie Scholem (1963), S. 39.

23 ) Vgl. DALMAN (1888), S. 6f. sowie LEVY (1883), S. 271.

24 ) Vgl. HURWITZ (1958), S. 125ff.

25 ) Vgl. ebd., S. 133.

26 ) Vgl. DALMAN (1887), S. 58, ders. (1888), S. 11ff. sowie STRACK / BILLERBECK (19554), S. 297ff.

27 ) Vgl. Dalman (1888), S. 13f.

28 ) Vgl. OBERHÄNSLI-WIDMER (1998), S. 139.

29 ) Vgl. STRACK / BILLERBECK (19554), S. 297.

30 ) Vgl. DALMAN (1888), S. 13.

31 ) Vgl. HURWITZ (1958), S. 158.

32 ) Midrasch Bemidbar Rabba, Par. XIV. Cap. VII, 38; in Bemidbar Rabba, S. 341.

33 ) Vgl. STRACK / BILLERBECK (19554), S. 297 sowie KLAUSNER (1904), S. 86.

34 ) Vgl. HURWITZ (1958), S. 162f.

35 ) Vgl. ebd., S. 170 sowie KLAUSNER (1904), S. 89f.

36 ) Vgl. DALMAN (198), S. 17ff., WÜNSCHE (1870), S. 109f. sowie HURWITZ (1958), S. 169.

37 ) Vgl. HURWITZ (1958), S. 170f.

38 ) Vgl. ebd., S. 178.

39 ) Vgl. ebd., S. 186f.

40 ) Vgl. ebd., S. 172ff.

41 ) Vgl. OBERHÄNSLI-WIDMER (1998), S. 136.

42 ) HURWITZ (1958) S. 179.

43 ) Vgl. DALMAN (1888), S. 16, HURWITZ (1958), S. 181f. sowie KLAUSNER (1904),S. 86f.

44 ) Vgl. Oberhänsli-Widmer (1998), S. 136 sowie Klausner (1904), S. 87.

45 ) Vgl. Dalman (1888), S. 16f.

46 ) Vgl. Strack / Billerbeck (19554), S. 293

47 ) Vgl. Dalman (1888), S. 4.

48 ) Vgl. Hurwitz (1958), S. 183f.

49 ) Vgl. DALMAN (1888), S. 25.

50 ) Vgl. LEVY (1883), S. 271 sowie WERBLOWSKY (1982), S. 81.

51 ) Vgl. KLAUSNER (1904), S. 88f.

52 ) DALMAN (1888), S. 21.

53 ) Vgl. Oberhänsli-Widmer (1998), S. 137.

54 ) Vgl. DALMAN (1888), S. 21.

55 ) Vgl. ders. (1887), S. 63.

56 ) Vgl. ders. (1888), S. 22.

57 ) Vgl. HURWITZ (1958), S. 184f.

58 ) Vgl. ebd., S. 185f.

59 ) Vgl. Strack / Billerbeck (19554), S. 294

60 ) Vgl. Klausner (1904), S. 94ff.

61 ) Vgl. Hurwitz (1958), S. 190f.

62 ) Vgl. ebd., S. 191ff.

63 ) Vgl. ebd., S. 16, S. 40 sowie S. 203ff.

64 ) Vgl. Dalman (1887), S. 11 sowie Zobel (1938), S. 141.

65 ) Vgl. Strack / Billerbeck (19554), S. 283.

66 ) Vgl. Dalman (1887), S. 66.

67 ) Vgl. ders. (1888), S. 6ff sowie Strack / Billerbeck (19554), S. 284.

68 ) Ruth 2,14; in Elberfelder.

69 ) Midrasch Rut rabba zu Kapitel 2,14; zit. nach Zobel (1938), S. 142f.

70 ) Vgl. Strack / Billerbeck (19954), S. 283.

71 ) Vgl. ebd., S. 291.

72 ) Vgl. Zobel (1938), S. 155ff. sowie DALMAN (1887), S. 52ff.

73 ) Vgl. Dalman (1887), S. 52ff.

74 ) Bereschit rabbati, zit. nach ZOBEL (1938), S. 157.

75 ) Vgl. DALMAN (1887), S. 48f. sowie Strack / Billerbeck (19554), S. 291.

76 ) Sanhedrin 98a, in BT4, Bd. 9, S. 71.

77 ) Vgl. KUNDERT (1998), S. 251ff.

78 ) Vgl. BERGER (1995²), S. 764.

79 ) Vgl. Zobel (1938), S. 29.

80 ) Nißtarot di-Rabi Schimeon ben Jochai, zit. nach: ZOBEL (1938), S. 158.

81 ) Vgl. Strack / Billerbeck (19954), S. 291.

82 ) Vgl. Dalman (1887), S. 26.

83 ) Vgl. Strack / Billerbeck (19554), S. 291 sowie Dalman (1887), S. 58f.

84 ) Vgl. Dalman (1887), S. 27 sowie S. 38ff.

85 ) Pesiqta Rabbathi §6.1 u. 6.2, zit. nach GOLDBERG (1978), S. 149f.

86 ) Vgl. Strack / Billerbeck (19554), S. 275f. u. S. 291f.

87 ) Vgl. ebd., S. 283.

88 ) Vgl. Dalman (1887), S. 64.

89 ) Vgl. ebd., S. 63f sowie STRACK / BILLERBECK (19554), S. 283.

90 ) Vgl. Oberhänsli-Widmer (1998), S. 137ff.

91 ) Vgl. KUNDERT (1998), S. 253f.

92 ) Johann Andreas Eisenmenger, zit. nach Dalman (1887), S. 60.

93 ) Wünsche (1870), S. 121.

94 ) Ebd., S. 108.

95 ) Ebd., S. 108.

96 ) Vgl. DALMAN (1887), S. 60f.

97 ) Vgl. Oberhänsli-Widmer (1998), S. 141.

98 ) Vgl. Kulbak (1996), Jendrusch (1996) sowie Schreiner (1996), S. 139f.

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Der sterbende Messias ben Joseph und der leidende Messias ben David in der rabbinischen Literatur
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Katholische Theologie)
Veranstaltung
Hauptseminar "Die alttestamentliche und neutestamentliche Rede vom Messias und vom Christus"
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
30
Katalognummer
V111000
ISBN (eBook)
9783640091089
Dateigröße
463 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Messias, Joseph, Messias, David, Literatur, Hauptseminar, Rede, Messias, Christus
Arbeit zitieren
Thomas Griebel (Autor:in), 2007, Der sterbende Messias ben Joseph und der leidende Messias ben David in der rabbinischen Literatur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111000

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