Die Option - Ein entscheidender Einschnitt in dem Leben der Südtiroler


Rezension / Literaturbericht, 2007

7 Seiten

Hendrik Prerow (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Geschichtliche Hintergründe der Option

Die Umsiedlung

Der Ruf der Heimat

Die Südtiroler Siedlungen

Quellen:

Geschichtliche Hintergründe der Option

Unter dem faschistischen Regime Italiens der zwanziger Jahre, wurde die deutschstämmige Bevölkerung Südtirols als „allogeni“, Fremdstämmige, bezeichnet. Damit wurden sie schon rein begrifflich denunziert.

Das liberal-parlamentarische Italien der Jahre 1918-22 respektierte im Großen und Ganzen die Minderheit. Erst durch den Machtwechsel, hin zum Faschismus (1922), wurden die Rechte eingeschränkt. Sozialdemokratische Presse und Politik wurde den Deutschen, die selbst zum Großteil dem Proletariat angehörten, untersagt.

Südtirol wurde nach dem Ende des zweiten Weltkrieges von Italien annektiert.

Damals lebten nur etwa 10000 Italiener in der Region. Das faschistische Regime betrachtete es als eine nöti­ge Maßnahme, mehr gebürtige Italiener dort anzusiedeln. Allerdings blieben sie bis heute – abgesehen von Bozen – eine Minderheit.

Die Südtiroler ihrerseits waren nicht daran interessiert, sich einbürgern zu lassen. Ein damali­ger Politiker namens Carlo Battisti meinte dazu: „Verwelschen bedeutet für den Südtiroler das Hinabsteigen auf eine niedrigere Stufe der Menschheit!“ ( in Rheinhold Messners „Die Option“ 1989, S.21)

Im Zuge des Achsenbündnisses wurde zwischen Rom und Berlin beschlossen, die Frage der deutschen Minderheit schnellstmöglich zu lösen. Hitler betrieb nicht nur ein Hegemonialstre­ben, sondern wollte auch alle Deutschen „zurück“ ins Reich holen. Nicht nur die Südtiroler, sondern auch Deutsche aus der damals bereits besetzten Tschechoslowakei und aus anderen Regionen, sollten in die „Heimat“ übersiedeln. Insgesamt knapp 1000000 Menschen.

Die Lösung war einfach, aber für die Südtiroler brisant. Am 23. Juni 1939 vereinbarten die Staatsführer die Optionsregelung. Vom 21. Oktober bis zum 31. Dezember selben Jahres mussten sich die Einwohner entscheiden, ob sie die italienische Staatsbürgerschaft annehmen wollten oder ob sie stattdessen als Optanten in das Reich übersiedeln wollten. Ein entscheidender Einschnitt in dem Leben der Südtiroler.

Die Option spaltete die Südtiroler in die un­versöhnlichen Lager der „Optanten“ und „Dableiber“. Die Entscheidung wurde zur Zerreiß­probe. Die Betroffenen mussten sich zwischen der „Treue zu Deutschland“ und der „Treue zur Heimat“ entscheiden. Nur etwa 14 % wählten letzteres. Das anfängliche Entsetzen wich schnell dem Pflichtgefühl gegenüber dem Führer. Der Völkische Kampfring Südtirol, seiner­seits die einzige geduldete Vertretung der Südtiroler, rief alsbald zum Umzug auf. Zudem wurde die Südtiroler Bevölkerung durch Propaganda seitens der Nationalsozialisten dazu ge­trieben in ihre „eigentliche und ursprüngliche“ Heimat zurückzukehren. „Das schwerste Ge­schütz, mit dem die Nazipropagandisten aufrückten und das die verheerendste Wirkung getan hat, war die mit allen Mitteln verbreitete Propagandalüge:

‘Wer nicht für Deutschland optiert, wird in die südlichen Provinzen Italiens verpflanzt, nach Sizilien (…)’

Es gibt kein verbleiben in der Heimat, nur ein unentrinnbares Entweder-Oder. Entweder Auswanderung nach Deutschland – und leben, oder in den italienischen Süden – und dort zugrund gehen.“ (Aus der Denkschrift von Kanonikus Michael Gamper an die Alliierten 1944 aus dem Buch Option Heimat Opzioni Hrsg. Tiroler Geschichtsverein 1988)

Natürlich war das nur eine Lüge. Seitens der italienischen Regierung war eine solche Um­siedlung nicht geplant, doch begrüßte sie jede Propaganda, die die verhassten Deutschen aus „ihrem“ Land trieb.

Die Umsiedlung

Es gab rund 200000 Optanten. Das erforderte einen bürokratischen Apparat riesigen Aus­maßes. An dessen Spitze standen die zentralen Koordinierungsstellen in Berlin für Ein- und Rückwanderung. Die Optanten selbst organisierten sich in der „Arbeitsgemeinschaft der Op­tanten für Deutschland“ (ADO), die sich später in die NSDAP eingliederte.

Die Emigranten hofften, dass sie allesamt in ein gemeinsames Gebiet im wirtschaftstarken Deutschland umgesiedelt werden. Neue Wohnungen sollten errichtet werden, eine Beschäfti­gung im Arbeitskräfte suchenden Reich schien garantiert. Doch die Hoffnungen blieben größtenteils unerfüllt. Tatsächlich beabsichtigte Hitler die Umsiedler in eroberten Gebieten anzusiedeln. So in Polen und in Burgund. Dort sollten sie für „deutsches Blut“ und „deutsche Werte“ sorgen. Das Vorhaben scheiterte allerdings am Kriegsverlauf und am Widerstand der Optanten. Bis Kriegsende waren von den 200000 Südtirolern gerade einmal 76000 ausgewan­dert. Die Mehrzahl wurde in neu errichteten Optantenghettos in Österreich untergebracht. Nur ein verschwindend kleiner Teil gelangte nach Bayern und Luxemburg. Die Südtiroler erhiel­ten also nicht eine neue gemeinsame Heimat, sondern wurden getrennt.

Es entstanden, auch vielfach noch heute von Südtiroler Umsiedlerfamilien bewohnte, „Süd­tirolersiedlungen“ als neue Stadteile in Innsbruck, Fulpmes, Schwaz, Wörgl und Kufstein, Kitzbühl, Bregenz, Dornbirn, Feldkirch und anderen größeren Ortschaften Tirols und Vorarl­bergs.

Der Ruf der Heimat

Die Nachkriegstage und Monate verliefen chaotisch. Südtirol wurde von den Alliierten Italien zugesprochen. Die Grenze war gesperrt. Es kam zu zahlreichen illegalen Grenzübertritten von Flüchtlingen und Südtirolern, die wieder in ihre Heimat wollten – nach Südtirol. Italienische Partisanen verübten zahlreiche Anschläge auf die Heimkehrer. Weiters verhängten die Alli­ierten eine Ausgangssperre über die Region, um die Grenzübergänge besser kontrollieren zu können.

Abgeschreckt von der harten Vorgehensweise des Siegerbündnisses und den zahlreichen Ge­waltausbrüchen durch Italiener entschlossen sich viele Südtiroler in ihrer neuen Heimat zu bleiben. Sie kehrten nicht mehr in ihre Geburtsorte zurück, auch dann nicht, als die Spannung gelöst schienen und eine Wiederkehr problemlos zu verwirklichen gewesen wäre. Dadurch gibt es noch zahlreiche Südtiroler in den Südtirolerstadtteilen.

Die Südtiroler Siedlungen

Die Südtiroler Siedlungen wurden im zweiten Weltkrieg am Rande der Städte gebaut. Sie bildeten eine Art Vorstadtghetto. Durch die enorme Stadtexpansion liegen sie heute allesamt in der Stadt.

Die Baustruktur ist locker gegliedert. Die Häuser verfügen über Innenhöfe, die die sozialen Kontakte zwischen den Optanten aufrechterhalten sollte. Sie dienten als Treffpunkte, waren häufig begrünt und luden zum Verweilen ein. Der dörfliche Charakter der Häuser wurde be­wusst gewählt. Die Grünanlagen mussten in den folgenden Jahren häufig Parkplätzen oder neuen Häusern weichen. Heute werden sie häufig günstig vermietet und befinden sich oftmals in Stadtbesitz.

Quellen:

Tiroler Geschichtsverein 1989, Option Heimat Opzioni; Tiroler Geschichtsverein 1990 Südtiroler Optanten Vorarlberg; Reinold Messner e. a. 1989, die Option..

Ende der Leseprobe aus 7 Seiten

Details

Titel
Die Option - Ein entscheidender Einschnitt in dem Leben der Südtiroler
Hochschule
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck  (Geographie Innsbruck)
Veranstaltung
Regionalforschung Siedlung
Autor
Jahr
2007
Seiten
7
Katalognummer
V110897
ISBN (eBook)
9783640090358
Dateigröße
407 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Option, Einschnitt, Leben, Südtiroler, Regionalforschung, Siedlung
Arbeit zitieren
Hendrik Prerow (Autor:in), 2007, Die Option - Ein entscheidender Einschnitt in dem Leben der Südtiroler , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110897

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