Unterschiedliche Auszahlungspreise deutscher Molkereien - Bestandsaufnahme und mögliche Gründe


Seminararbeit, 2006

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis der Tabelen

Verzeichnis der Abbildugen

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise

2 Der Deutsche Milchmarkt
2.1 Struktur der landwirtschaftlichen Milcherzeugung
2.2 Struktur der Molkereiwirtschaft in Deutschland

3 Bestimmungsfaktoren der Auszahlungspreis-Differenzen
3.1 Vorbemerkungen
3.2 Marktpolitik und Marktentwicklungen
3.3 Molkereiabhängige Einflussgrößen
3.3.1 Standortspezifische Einflussgrößen
3.3.2 Molkereispezifische Einflussgrößen
3.4 Erzeugerspezifische Einflussgrößen
4 Überprüfung der aufgestellten Hypothesen
4.1 Vorbemerkungen
4.2 Ergebnisse des ZMP-Milchpreisvergleichs
4.3 Statistischer Signifikanztest
4.3.1 Vorbemerkungen
4.3.2 Ergebnisse des einseitigen t-Tests für unabhängige Stichproben

5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Tabellen

Tabelle 1: Vergleichspreise der deutschen Molkereien im Jahr 2004, in Cent pro kg Milch mit 4,2 % Fett und 3,4 % Eiweiß ohne MwSt

Verzeichnis der Abbildungen

Abbildung 1: Determinanten des Milchpreises

Abbildung 2: Asymmetrische Preistransmission im Milchsektor

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Die landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland erzielen mehr als 20 % ihrer Erlöse durch den Verkauf von Milch. Damit stellt die Milcherzeugung den bedeutendsten Produktionszweig dar. Einer der wichtigsten Einzelfaktoren im Milchmarkt ist der Milchauszahlungspreis. Dieser ist für die Molkereien in vielfacher Hinsicht von Bedeutung. Zunächst ist er der wichtigste Kostenfaktor. Zudem kann der Auszahlungspreis der Milch aber auch als eine Möglichkeit zur Sicherung und Ausweitung der landwirtschaftlichen Rohstoffbasis gelten. Auf der Seite der Landwirtschaft entscheidet der Milchauszahlungspreis bei gegebener Kostenstruktur über Gewinne und Verluste. Deshalb ist der Rohmilchpreis für beide Marktseiten die zentrale Größe zur Führung und Entwicklung der Unternehmen (ZMP 2005, S. 6). Die aus Sicht der Molkereien ambivalenten Auswirkungen einer Veränderung der Bezahlung des Faktors Milch lassen vermuten, dass sich betriebsindividuell verschiedene optimale Preise bilden.

1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise

Im Rahmen dieser Arbeit sollen die verschiedenen Rohmilchpreise der Milchverarbeitungsbetriebe dargestellt und ihre Bestimmungsgründe herausgearbeitet werden. Ziel ist es, die Wirkung der einzelnen Bestimmungsfaktoren auf die Höhe der Milchpreise zu analysieren und auf dieser Grundlage die Auszahlungspreisunterschiede zwischen den Molkereien zu erklären.

Zuerst wird hierzu die Struktur der landwirtschaftlichen Milcherzeugungsbetriebe und der Molkereiwirtschaft dargestellt, um deren mögliche Einflüsse für die Milchpreisbildung zu identifizieren. Anschließend werden weitere Determinanten hinsichtlich ihrer qualitativen und quantitativen Auswirkungen auf den Rohmilchpreis untersucht. Dabei sollen auch mögliche Wirkungszusammenhänge zwischen den einzelnen Bestimmungsfaktoren aufgezeigt werden. Anschließend wird versucht, die aufgestellten Hypothesen an Hand von empirischen Daten zu verifizieren.

Verzichtet wird auf eine Erläuterung der Besonderheiten des Bio-Milchmarktes. Ebenfalls nicht näher diskutiert werden Auszahlungsstrategien einzelner kleiner Molkereien, die einen gerechten Milchpreis anstreben und so ein Marktsegment mit emotionaler Bindung zur Landwirtschaft erschließen wollen[1] (Gerlach, Spiller, Wocken 2006, S. 32).

2 Der Deutsche Milchmarkt

2.1 Struktur der landwirtschaftlichen Milcherzeugung

Im Jahr 2005 gab es 108.000 milcherzeugende Betriebe in Deutschland. Damit erzielen gut 30 % der Landwirte Einkommen durch die Milchwirtschaft. Bei einem Milchkuhbestand von 4,24 Millionen und einer Kuhmilcherzeugung von 28,5 Mrd. Tonnen ergeben sich eine durchschnittliche Herdengröße von 40 Tieren und ein Milchertrag von 6.700 kg pro Kuh und Jahr (Milch & Markt 2006a).

Dabei gibt es jedoch große regionale Unterschiede. Zur Verdeutlichung soll hier näher auf Bayern und die Neuen Bundesländer eingegangen werden. Bayern liefert mit 7,6 Mrd. Tonnen rund ein Viertel der gesamten Milchproduktion, mehr als die Neuen Bundesländer zusammen. Auf Grund der extensiveren Haltungsform in Bayern lagen der durchschnittliche Milchertrag im Jahre 2003 bei 5.790 kg pro Jahr und die Herdengröße bei 23 Tieren (Maack, Kreft, Voss 2005, S. 25).

Demgegenüber findet die Milcherzeugung in den Neuen Bundesländern, auch auf Grund der früheren Bewirtschaftungsform in der DDR, in größeren Einheiten statt. Im Schnitt stehen in den ostdeutschen Ställen 135 Milchkühe (ZMP 2005, S. 98) mit einer durchschnittlichen Leistung von 7670 kg (LEL 2005, S. 20)[2]. Zu beachten ist, dass die bloße Betrachtung der Kennzahlen Betriebsgröße und Milchertrag keine Aussage über die Rentabilität eines Betriebs zulässt. Sie dienen in diesem Zusammenhang der Darstellung des Aufbaus der Milchproduktion, die zur Beurteilung der Molkereiwirtschaft und der Milchpreisbildung im Folgenden wichtig sein wird. Es kann vermutet werden, dass diese Strukturunterschiede bei Beachtung der relativ geringen Transportwürdigkeit von Rohmilch zu regional verschiedenen Milchpreisen führen.

2.2 Struktur der Molkereiwirtschaft in Deutschland

Die Zahl der milchverarbeitenden Unternehmen hat sich vom Jahr 1960 bis 2000 in Abschnitten von zehn Jahren mehr als halbiert und sank dabei von 3000 auf 127. Seitdem verläuft die Konzentration der Branche langsamer. Im Jahre 2003 gab es noch 112 Molkereien in Deutschland. Die Konsolidierung des Milchverarbeitungssektors führte vor allem zu einer Reduktion der kleinen und mittleren Unternehmen. Lediglich die Anzahl der Betriebe mit einer Milchverarbeitungsmenge von mehr als 300.000 t im Jahr ist in der letzten Dekade von 23 auf 29 gewachsen (Maack, Kreft, Voss 2005, S. 45). Diese Molkereikonzerne entstanden auf genossenschaftlicher Seite größtenteils durch Fusionen und bei den Privatmolkereien vor allem durch internes Wachstum. So lässt sich das Absinken des Anteils der Genossenschaftsmolkereien[3] auf unter 50% erklären (Weindlmaier 1998, S. 243).

Die deutschen Molkereien produzierten im Jahr 2004 5,8 Mio. t Konsummilch. Bei einer Gesamtproduktion von 12,8 Mio. t entspricht das einem Anteil von 45 %. Die weitere Herstellung verteilt sich zu 22 % auf Milchfrischprodukte, z.B. Joghurt, zu 16 % auf Käse und zu 9 % auf Dauermilcherzeugnisse, z.B. Kondensmilch und Magermilchpulver. Butter und Sahne machen jeweils knapp 4 % der Produktion aus (Milch & Markt 2006b).

Mit 112 Molkereien ist die deutsche Branche im europäischen Vergleich relativ kleinstrukturiert. Die größte deutsche Molkerei, die genossenschaftliche Nordmilch, liegt gemessen am Umsatz im europäischen Vergleich auf Rang elf. Dabei ist der deutsche Markt der größte der Europäischen Union. Die Untersuchung dieser Unternehmensstruktur ermöglicht, es die Wichtigkeit einzelner Determinanten des Milchpreises (vgl. Abb. 1), wie z.B. Verhandlungsmacht und Marketingeffizienz, zu beurteilen. Die Wirkung weiterer Faktoren (vgl. 3.3.2) hängt weniger von der Größe des Unternehmens, sondern hauptsächlich von der verarbeiteten Milchmenge in den Produktionsstätten ab. Dies gilt für die Möglichkeit zur Spezialisierung und die Kapazitätsauslastung. Große spezialisierte Betriebe können Stückkostendegressionseffekte in der Fertigung am vollständigsten realisieren (Weindlmaier 1998, S. 244). Ob die economies of scale der Milchverarbeitung ausgenutzt werden, lässt sich durch eine Analyse der Betriebsgrößenstruktur abschätzen.

Die deutsche Milchwirtschaft verarbeitete im Jahr 2005 27,6 Mrd. kg Milch in 265 Betriebsstätten (Milch & Markt 2006a). Diese mehr als 100 Mio. kg pro Betrieb liegen in der gleichen Größenordung wie die betrieblichen Verarbeitungsmengen der größten europäischen Molkereien Nestlé und Danone. Eine genauere Bewertung der Milchverarbeitungsstruktur setzt zusätzlich die Kenntnis über die Verwertung der Milchmenge in den einzelnen Produktionszweigen der Betriebe voraus, d.h. konzentriert sich ein Betrieb auf die Herstellung eines Produktes oder werden viele verschiedene Erzeugnisse hergestellt. Dies lässt die verarbeitete Milchmenge pro Produkt entsprechend sinken und verhindert die Realisierung von möglichen Stückkostendegressionseffekten. Auf eine genaue Darstellung dieser Produktionsstruktur wird hier verzichtet.[4]

3 Bestimmungsfaktoren der Auszahlungspreis-Differenzen

3.1 Vorbemerkungen

Im Folgenden werden die Determinanten des Milchpreises systematisiert und im Hinblick auf ihre Relevanz für die unterschiedlichen Rohmilchpreise in Deutschland untersucht. Die Einteilung erfolgt nach einem Schema von Weindlmaier 2005 und unterscheidet molkereiabhängige und erzeugerspezifische Einflussgrößen sowie als drittes die Marktpolitik und Marktentwicklungen.

Abbildung 1: Determinanten des Milchpreises

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Weindlmaier 2005.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht muss sich der Rohmilchpreis an der Nettomilchverwertung orientieren. Diese ist definiert als Erlös abzüglich der Faktorkosten mit Ausnahme der der Milch. Alle Bestimmungsfaktoren, die den Milchpreis beeinflussen, wirken entweder auf die Erlöse, z.B. die Agrarpolitik über Interventionspreise, oder auf die Faktorkosten. Diese werden hauptsächlich durch den molkereiabhängigen Faktorenkomplex bestimmt.

Hinzu kommen Einflussgrößen wie Auszahlungspolitik, Verhandlungsmacht und Wettbewerb, die ebenfalls die Milchvergütung bestimmen. Kurz- und mittelfristig können sie zu Preisveränderungen führen, aber sie lösen nicht die ökonomische Bindung des Milchpreises an die Nettoverwertung (von Cramon-Taubadel, Gloy 1991, S. 233).

Die Hypothesen, die im Verlauf dieses Kapitels bezüglich der Rohmilchvergütung der Molkereien aufgestellt werden, beziehen sich immer auf die Untersuchung von nur einem oder zwei Bestimmungsfaktoren. Sie gelten also ceteris paribus, d.h. bei Konstanz der übrigen Einflüsse beim Vergleich von milchverarbeitenden Unternehmen.

3.2 Marktpolitik und Marktentwicklungen

Die Beschlüsse der Agenda 2000 und der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik 2003 bedeuten für den Milchmarkt ein schrittweises Absenken der Interventionspreise für Butter und Magermilchpulver von 2004 bis 2007 um 25 % bzw. 15 %. Außerdem wurden die Interventionsmengen begrenzt und die Exporterstattungen reduziert. Dies geschah vor dem Hintergrund eines Selbstversorgungsgrades der EU von 116 % und der WTO-Verhandlungen, bei denen in Hong-Kong (Dez. 2005) die vollständige Abschaffung von Exportsubventionen bis zum Jahr 2013 vereinbart worden ist.

Demzufolge sind besonders die Molkereien von der aktuellen europäischen Agrarpolitik betroffen, die sich auf Interventionsprodukte spezialisiert haben. Ihre Nettomilchverwertung müsste ebenso wie die von exportorientierten Unternehmen sinken. Somit verringert sich die betriebswirtschaftlich gerechtfertigte Rohstoffvergütung der Milch. Entsprechende Molkereien müssten relativ niedrige Rohmilchpreise zahlen.

3.3 Molkereiabhängige Einflussgrößen

3.3.1 Standortspezifische Einflussgrößen

Die Milch- und Molkereidichte, sowie die regionale Wettbewerbssituation können eine Abweichung des Rohmilchpreises von der Nettoverwertung erklären. Wenige milcherzeugende Betriebe bei gleichzeitig hoher Molkereidichte führen zu einer verstärkten Konkurrenz um den Faktor Milch und damit zu tendenziell höheren Milchpreisen. Die Möglichkeit der Bildung eines Milchmonopols seitens der Erzeuger, um dauerhaft hohe Preise durchsetzen zu können wird allerdings als sehr unwahrscheinlich angesehen (vgl. 3.4) (Weindlmaier 2005, S. 21).

Durch die im Vergleich zur Landwirtschaft starke Konzentration der Milchverarbeitungsbranche kann zudem bei dieser Betrachtungsweise von einer geringen Molkereidichte ausgegangen werden, d.h. die Marktmacht liegt eher bei den milchverarbeitenden Unternehmen.

Ein Hinweis auf das Vorliegen von Marktmacht sind asymmetrische Preistransmissionen. Darunter versteht man eine entweder zeitlich oder in ihrer Höhe ungleichmäßige Veränderung eines Preises, in Reaktion auf die Richtung der Änderung eines anderen Preises.

Abbildung 2: Asymmetrische Preistransmission im Milchsektor

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach Meyer 2002.

Empirische Arbeiten von Serra und Goodwin 2003 bzw. Hansen et al 1994 haben Preistransmissionen im spanischen bzw. amerikanischen Milchverarbeitungssektor untersucht. Eine Asymmetrie ließ sich aus zwei Gründen, die auch für die deutsche Milchwirtschaft zutreffen, für den spanischen Markt nicht feststellen. Zum einen zwingen die economies of scale der Milchverarbeitung zu großen, möglichst voll ausgelasteten Betrieben und reduzieren so die Möglichkeit der Ausnutzung von Marktmacht bei verderblichen Gütern wie Milch. Zum anderen ist die Wertschöpfung pro kg Rohmilch sehr gering (vgl. 3.3.2) und damit nur ein geringer Spielraum für asymmetrische Preistransmissionen vorhanden (Serra, Goodwin 2003 S. 1891).

Auf dem amerikanischen Markt konnten dagegen Effekte für den untersuchten Zeitraum von 1983 bis 1990 nachgewiesen werden. Die Einzelhandelspreise der Milch passten sich schneller und vollständiger an Rohmilchpreiserhöhungen als an Senkungen an. Demgegenüber reagierten die Großhandelspreise stärker auf Erzeugerpreissenkungen als auf Erhöhungen (Hansen et al 1994 S. 10). Es sind also die Einzelhandelsunternehmen, die ihre Marktmacht gegenüber den Molkereien ausnutzen können. Da auf dem deutschen Markt der Lebensmitteleinzelhandel stark konzentriert ist und durch die Discounter ein niedriges Preisniveau für Basisprodukte wie Milch und Butter bestimmt wird, kann vermuten werden, dass diese Zusammenhänge auch in Deutschland gelten. Ergebnisse von Weindlmaier 2005 belegen diese Hypothese. Sie zeigen, dass die deutschen Molkereien in den Jahren 2002 und 2003 mehr für die Rohmilch bezahlt haben als durch die Nettoverwertung betriebswirtschaftlich gerechtfertigt wäre.

3.3.2 Molkereispezifische Einflussgrößen

Die Einflussgrößen Unternehmensgröße, Spezialisierungsgrad und Auslastung beeinflussen direkt die Milchverarbeitungskosten. Große Unternehmen mit Betriebsstätten, die sich auf wenige Produkte konzentrieren, können Stückkostendegressionen in den Bereichen Beschaffung, Verarbeitung, Logistik und Vertrieb nutzen. Zudem haben sie Vorteile bei der Finanzierung und eine bessere Verhandlungsposition gegenüber dem Lebensmittelhandel. Somit haben sie die Möglichkeit höhere Rohmilchpreise zu zahlen (Weindlmaier 2005 S. 30).

Dies gilt, wie erläutert, nur ceteris paribus, d.h. bei gleicher Erlössituation. Eine Kennzahl hierfür ist der Wertschöpfungsindex. Er errechnet sich durch Division des Erlöses eines Unternehmens mit der Milchmenge und stellt somit einen durchschnittlichen Preis pro kg verarbeiteter Milch dar. Seine Höhe hängt von der Verwertungsrichtung und der Marktposition der Produkte ab. Ein wichtiger Einfluss der Verwertungsrichtung entsteht aktuell durch die europäische Agrarpolitik (vgl. 3.2). Der sich ändernde Interventionsmechanismus führt zu relativ starken Nachfrageverschiebungen und stört somit kurz- und mittelfristig das Gleichgewicht der Märkte, da sich die kapitalintensive Milchverarbeitung nicht so schnell anpassen kann[5]. Änderungen im Verbraucherverhalten, wie die steigende Nachfrage nach Käse bei sinkender Nachfrage nach Butter, haben die gleiche Wirkungsrichtung. Molkereien, die sich auf Butter und Magermilchpulver konzentriert haben müssten folglich geringere Milchpreise zahlen können. Bei langfristig angenommener Faktormobilität gleicht sich die Milchverwertung aller Produktbereiche einander an.

Die Marktposition der Produkte hängt mit der Marketingstrategie zusammen und diese mit der Rechtsform der Molkerei. Es lässt sich feststellen, dass die genossenschaftlich organisierten Unternehmen sehr stark im Handelsmarkensegment agieren und einen geringen Markenanteil haben. Zwei Gründe hierfür liefert das Genossenschaftsgesetz. Zum einen ist es nicht gestattet, die Auszahlungspreise zwischen Genossenschaftsmitgliedern nach dem Eintrittszeitpunkt in die Genossenschaft zu differenzieren. Das führt dazu, dass die Mitglieder nicht bereit sind mittelfristig niedrigere Auszahlungspreise zu akzeptieren, damit die Molkerei die Überschüsse in die Markenbildung investieren kann. Zum anderen führt die Stimmrechtsbegrenzung in Genossenschaften dazu, dass große Betriebe, die am ehesten an einer langfristigen Orientierung der Genossenschaftsmolkereien interessiert sind, oft keine Stimmrechte entsprechend ihrer Milchmenge erwerben können (Schramm, Spiller, Staack 2005 S. 142-144). Das Ergebnis dieser Produktpolitik ist ein geringer Wertschöpfungsindex. So erzielen die beiden größten deutschen Molkereien Nordmilch und Humana Milchunion, die genossenschaftlich organisiert sind, pro kg Milch einen Umsatz von 0,50 € bzw. 0,74 €. Demgegenüber hat die private, drittgrößte Molkerei A. Müller einen Wertschöpfungsindex von 1,16 (Gerlach, Spiller, Wocken 2006, S. 32). Infolgedessen haben die Genossenschaften ein geringeres Auszahlungspotential. Fraglich ist, ob dieses durch die Auszahlungspolitik kompensiert werden kann. Damit ist die Verwendung der erwirtschafteten Überschüsse einer Molkerei gemeint. Während diese bei Privatmolkereien teilweise als Gewinnausschüttung den Kapitaleignern zufließt und der Rest z.B. für Investitionen in der Molkerei verbleibt, geben die Genossenschaften die Überschüsse meist in Form von Nachzahlungen an die Mitglieder weiter (Weindlmaier 2005 S. 31).

Für die Leistungsfähigkeit einer Molkerei ist ihre Rechtsform aus weiteren Gründen wichtig. Dazu zählen die Finanzierungsmöglichkeit, die Unternehmensführung und die steuerrechtlichen Möglichkeiten (Peters 1992, S. 2). Während die Genossenschaften aus Besteuerungsgesichtspunkten, z.B. bei Rückvergütungen, Vorteile haben, zeigt der Vergleich mit den beiden häufigsten privaten Rechtsformen der Milchverarbeitung, GmbH und AG, Nachteile in den anderen Bereichen auf.

Es sei hier näher auf die Finanzierungsmöglichkeit und dabei insbesondere auf die externe Außenfinanzierung, d.h. die Beteiligungsfinanzierung eingegangen, da sich in diesem Bereich die größten Unterschiede zeigen. Nach Peters 1992 stellt die Beteiligung an Genossenschaften, im Gegensatz zur GmbH und AG, keine reine Kapitalanlage dar. Sie dient der Förderung des eigenen Betriebes. Somit ist der potentielle Mitgliederkreis relativ begrenzt und verkleinert sich vor dem Hintergrund der Konzentration auf der Erzeugerseite zunehmend. Neben der Beschränkung durch die Mitgliederzahl ist die Möglichkeit zur Kapitalgewinnung auch durch die Höhe der Beteiligung pro Mitglied limitiert. Dies liegt einerseits an der wirtschaftlichen Schwäche vieler kleiner landwirtschaftlicher Betriebe und andererseits an der fehlenden Motivation von großen Betrieben, weitere Anteile zu erwerben, wenn sich ihre Stimmrechte nicht erhöhen. Da die Etablierung einer Marke viel Kapital voraussetzt, sind die Nachteile bei der Beteiligungsfinanzierung ein weiterer Grund für die Schwäche der Genossenschaften in diesem Bereich (vgl. 3.3.2).

3.4 Erzeugerspezifische Einflussgrößen

Der Preis, den die Landwirte für ihre Milch bekommen, hängt von den Inhaltsstoffen der Milch, der Liefermenge und natürlich der Qualität ab. Je höher der Fett- und Eiweißgehalt, desto höher der Rohmilchpreis und je höher die Liefermenge, desto niedriger sind die in Rechnung gestellten Grund - und Stoppkosten pro kg Milch. Darunter versteht man Kosten, welche die Molkerei für die Milchabholung pauschal pro Monat und/oder pro Fahrt zum landwirtschaftlichen Betrieb (Stopp) berechnet. Viele Molkereien zahlen zudem einen Bonus für große Liefermengen von bis zu 2 Cent pro kg Milch.

Diese für den Landwirt relevanten Milchpreisdeterminanten verzerren jedoch den Vergleich von Molkereien. Deshalb wird für den Rohmilchpreisvergleich zur Erhöhung der Transparenz eine standardisierte Milch, mit 4,2 % Fett und 3,4 % Eiweiß bei einer Anlieferungsmenge von 500 t Milch im Jahr verwendet. Zudem werden eventuelle Nachzahlungen und Boni für zweitägige Abholung, sowie Zinsansätze für verspätete Zahlungen berücksichtigt (ZMP 2005, S. 15 ff).

Auf Seiten der Landwirte wird häufig diskutiert, die eigene Verhandlungsmacht gegenüber den Molkereien durch Bildung von Milcherzeugergemeinschaften zu stärken. Eine derartige Konzentration des Angebots erscheint bei Betrachtung der Entwicklung der Milchbranche sinnvoll. Der Versuch, hierdurch dauerhaft höhere Preise durchsetzen zu können, wird jedoch nach Meinung des Autors nicht gelingen. Erstens zeigt die Betrachtung der Milchverwertung, dass die Molkereien in den letzten Jahren eher zu hohe als zu niedrige Milchpreise ausgezahlt haben. Zweitens ist es sehr unwahrscheinlich, dass bei einem strukturellen Milchüberschuss von mehr als 15 % in der EU durch eine regionale Angebotsverknappung höhere Preise erreicht werden können (Weindlmaier 2005 S. 21). Dies gilt auch unter der Berücksichtigung, dass wegen der hohen Transportkosten gerade Frischmilch als eher regionales Gut betrachtet werden muss.

4 Überprüfung der aufgestellten Hypothesen

4.1 Vorbemerkungen

Es wird nun versucht, die unter 3.3 aufgestellten Hypothesen anhand der Auszahlungspreise der Molkereien im Jahr 2004 zu verifizieren. Auf eine Überprüfung der Einflüsse der neuen Agrarreform wird verzichtet, da sie erst 2007 voll zu Geltung kommt, und die derzeitigen Auswirkungen schwierig zu quantifizieren sind. Zur Überprüfung der Aussagen bezüglich der molkereiabhängigen Einflussgrößen werden, mit der verarbeiteten Milchmenge gewichtete, Durchschnittsauszahlungspreise nach drei verschiedenen Kriterien gebildet. Die Unterscheidung zwischen den Neuen Bundesländern und Bayern soll mögliche Effekte der Struktur und Dichte der Milcherzeugung und Verarbeitung messbar machen. Die zusammenhängenden Determinanten Rechtsform, Auszahlungspolitik und Marketing werden durch die getrennte Auswertung von Genossenschaften und Privatmolkereien isoliert. Die Angabe der jeweils zehn größten Milchverarbeiter dient der Untersuchung der Auswirkung von economies of scale auf den Rohmilchpreis.

4.2 Ergebnisse des ZMP-Milchpreisvergleichs 2005

Tabelle 1: Vergleichspreise der deutschen Molkereien im Jahr 2004, in Cent pro kg Milch mit 4,2 % Fett und 3,4 % Eiweiß ohne MwSt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anm.: Top 10: die zehn größten Molkereien, gemessen an der erfassten Milchmenge.

Quelle: Eigene Berechnung auf Basis der Daten aus ZMP 2005.

Ein um 0,7 Cent höherer Auszahlungspreis in Bayern gegenüber den Neuen Bundesländern kann auf eine höhere Konkurrenz um den Faktor Milch auf Grund der dort höheren Molkereidichte hindeuten. Zudem spiegelt der Preis tendenziell auch die höheren Produktionskosten der Region wider.

Es muss hier allerdings berücksichtigt werden, dass der Vergleich auf einer Liefermenge von 500 t pro Jahr erfolgt. Für die in den Neuen Bundesländern meist deutlich höheren Milchmengen werden molkereiabhängig bis zu 0,6 Cent mehr bezahlt.

Die Unterscheidung von Genossenschaften und Privatmolkereien liefert kein eindeutiges Ergebnis. Anscheinend sind die Genossenschaften in Bayern auf Grund regionaler Besonderheiten in der Lage höhere Preise zu zahlen. Es muss beachtet werden, dass nur sieben Genossenschaften aus den Neuen Bundesländern ausgewertet wurden, die zudem im Schnitt deutlich kleiner sind als die aus Bayern. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass die Auswirkungen der Rechtsform auf die Rohmilchvergütung unverzerrt berechnet sind.

Bei Vergleich der größten Molkereiunternehmen bestätigt sich die Vermutung, dass der geringe Wertschöpfungsindex der Genossenschaften ihre Auszahlungspolitik nicht vollständig kompensieren kann. Ihre Auswertung ergibt außerdem, mit 29,5 Cent, einen um 0,1 Cent höheren Auszahlungspreis gegenüber dem Bundesdurchschnitt. Dies deutet auf die erläuterten Skaleneffekte der Milchverarbeitung hin. Dabei sei hier nicht näher die Betriebsstättenstruktur der Unternehmen eingegangen.

4.3 Statistischer Signifikanztest

4.3.1 Vorbemerkungen

Es soll nun versucht werden, die an Hand von Mittelwerten bestätigten Hypothesen statistisch abzusichern. Ziel ist es zu zeigen, dass die Differenz zwischen den Durchschnittsauszahlungspreisen der einzelnen Molkereigruppen, z.B. Genossenschaften und Privatmolkereien, nicht rein zufallsbedingt ist. Wenn dies gelingt, werden als Ursache die theoretisch hergeleiteten Zusammenhänge (vgl. 3) angenommen.

Zur Untersuchung wird der t-Test für unabhängige Stichproben verwendet. Als Irrtumswahrscheinlichkeit a wird 5 % gewählt. Auf Grund der theoretisch fundierten und bereits berechneten Abweichungsrichtung der Mittelwerte erfolgt die Analyse mit einem einseitigen Test. Die notwendige Normalverteilung der Auszahlungspreise wurde mit Hilfe von Histogrammen überprüft.

4.3.2 Ergebnisse des einseitigen t-Tests für unabhängige Stichproben

Die Ergebnisse des Statistikprogramms werden als tatsächliche Irrtumswahrscheinlichkeit r ausgegeben. Wenn diese kleiner als a ist wird mit einer entsprechenden Sicherheit (1- a), die nicht zufallsbedingte Abweichung der Mittelwerte, und damit die aufgestellte Hypothese, bestätigt[6].

Bei einer tatsächlichen Irrtumswahrscheinlichkeit von 0 % ist, bei dem gewählten a, ein signifikant höheres Auszahlungspreisniveau in Bayern gegenüber den neuen Bundesländern nachgewiesen. Dagegen konnten die höheren Rohmilchpreise der Privatmolkereien gegenüber den Genossenschaften (r = 34 %) und der zehn größten Unternehmen im Vergleich zum Bundesdurchschnitt (r = 21 %) nicht statistisch abgesichert werden.

5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

In Deutschland gibt es sowohl in der Milcherzeugung als auch in der Milchverarbeitung große regionale Unterschiede. Auf Grund der leichten Verderblichkeit von Rohmilch und der hohen Transportkosten führt dies ceteris paribus zu unterschiedlichen Milchpreisen.

Die Analyse der weiteren Milchpreisdeterminanten ermöglicht eine Einteilung in zwei Faktorenkomplexe. Zum einen die Einflussgrößen, die die Erlös- und Kostenkomponenten der Molkereien beeinflussen. Sie bestimmen die Nettomilchverwertung und somit einen betriebswirtschaftlich maximalen Milchpreis. Zum anderen Faktoren wie Markt-, Verhandlungsmacht und Wettbewerb, die eine Abweichung von diesem Preis erklären können.

Unter Berücksichtigung der Struktur der Milcherzeugung und der Auszahlungspolitik begründet die Leistungsfähigkeit einer Molkerei ihren Auszahlungspreis. Auszahlungspolitik kann molkereiindividuell auch bedeuten, dass wegen anstehender Investitionen ein Teil der Überschüsse einbehalten und nicht in Form höherer Milchpreise ausbezahlt wird. Ein Ausüben von Marktmacht auf Seiten der Molkereien konnte nicht nachgewiesen werden.

Literaturverzeichnis

Gerlach S., Spiller A., Wocken c. (2006): Der Markt für Milch und Milcherzeugnisse. In: Agrarwirtschaft Jg.55 H.1, S.29-50

Hansen, B. et al. (1994): Determinats of the farm-to-retail milk price spread. Agriculture information bulletin; 693. Washington, DC: US Dep. of Agriculture, Economic Research Service, 1994

Maack, K., Kreft J., Voss E. (2005): Zukunft der Milchwirtschaft: Auswirkungen von EU-Agrarreform, Strukturwandel und Internationalisierung. Hans Böckler Stiftung Band 155

Peters, J. (1992): Der Einfluß der Rechtsform auf die Wettbewerbsstellung von Unternehmen des Ernährungssektors - dargestellt am Beispiel der Milchverarbeitung. Rheinische Friedrich- Willhelms- Universität Bonn, Dissertation 1992

Schramm, M., Spiller, A., Staack, T. (2005): Zur Brand Orientation genossenschaftlicher Unternehmen der Ernährungsindustrie. In: Jahrbuch der Österreichischen Gesellschaft für Agrarökonomie, Band 14, S. 141-152

Serra, T. und B.K. Goodwin (2003): Price transmission and asymmetric adjustment in the Spanish dairy sector. In: Applied economics. – Abingdon: Routledge, Bd. 35 (2003), 18, S. 1889-1899

von Cramon-Taubadel, S. und Gloy, D. (1991): Auszahlungspreise für Rohmilch in Schleswig-Holstein: Bestimmungsgründe und der Einfluss der Agrarpolitik. In: Agrarwirtschaft Jg.40 H.8, S. 231-239

Weindlmaier H. (1998): Molkereistruktur in Deutschland: Entwicklungstendenzen und Anpassungserfordernisse. In: Agrarwirtschaft Jg.47 H.6, S.242-250

Weindlmaier H. (2005): Entwicklung der Erzeugermilchpreise: Welche Chancen bietet eine aktive Marktbeeinflussung. In: dmz Deutsche Molkereizeitschrift 126 (14) Teil I bzw. (15) Teil II: S.26-31 bzw. 20-25

ZMP (2005): Milchpreisvergleich 2005. Materialien zur Marktberichterstattung Band 57, Bonn

Verzeichnis Sonstiger Quellen

Internetquellen

LEL (2005): Landesstelle für Landwirtschaftliche Marktkunde: Agrarmärkte 2005 www.landwirtschaft-mlr.baden-wuerttemberg.de/servlet/PB/show/1190488/Milch%202005%20_Folien_.pdf, zuletzt am 16.3.2006

Milch & Markt (2006a): Zahlen und Daten der deutschen Milchindustrie www.milchindustrie.de/de/milch/brachenzahlen/zahlen_daten.html, zuletzt am 23.3.2006

Milch & Markt (2006b): Herstellung von Milcherzeugnissen 1996 – 2004 www.milch-markt.de/de/milch/produktion_nachfrage/herstellung_milcherzeugnisse.html, zuletzt am 23.3.2006

Meyer J. (2002): Asymmetrische Preistransmission – Eine Bestandsaufnahme. Georg - August Universität Göttingen, Institut für Agrarökonomie, Doktorandenseminar WS 2001/02, www.jochenmeyer.de/pdf/Doktorandenseminar%20final%20version.pdf, zuletzt am 7.4.2006

[...]


[1] Zum Beispiel Erzeuger-fair Milch der Upländer Molkerei.

[2] Jeweils Angaben für 2004.

[3] Ein weiterer Grund ist die Umwandlung von Genossenschaften zu Kapitalgesellschaften.

[4] Siehe hierzu Weindlmaier 1998.

[5] von Cramon-Taubadel und Gloy 1991 zeigen dies für Schleswig-Holstein für den Zeitraum von 1980 bis 1990.

[6] Die Sicherheit ist dann genau 1- r. Formal wird eine Nullhypothese bezüglich der Gleichheit der Mittelwerte falsifiziert und damit indirekt die Alternativhypothese bestätigt.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Unterschiedliche Auszahlungspreise deutscher Molkereien - Bestandsaufnahme und mögliche Gründe
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Veranstaltung
Seminar Marktlehre
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
20
Katalognummer
V110631
ISBN (eBook)
9783640087945
Dateigröße
600 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unterschiedliche, Auszahlungspreise, Molkereien, Bestandsaufnahme, Gründe, Seminar, Marktlehre
Arbeit zitieren
Dipl.Ing. agr. Robert Schulte-Drüggelte (Autor:in), 2006, Unterschiedliche Auszahlungspreise deutscher Molkereien - Bestandsaufnahme und mögliche Gründe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110631

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