Die Straßburger Eide: Ein Exkurs in die Sprachgeschichte


Seminararbeit, 2003

20 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Darstellung der Ereignisse
2.1. Die Herrschaft unter Ludwig dem Frommen
2.2. Die Bruderkriege

3. Die Quelle : Vier Bücher Geschichten
3.1. Der Autor Nithard
3.2. Die Straßburger Eide

4. Sprachgeschichte
4.1. Kurzer Rückblick auf die Entwicklung in den Sprachräumen
4.2. Das Fränkische als verbindende Komponente innerhalb das Reiches
4.3. Die Lateinische Schrifttradition
4.4. Ergebnisse des Sprachzustandes in den Eiden

5. Die politische Dimension der Eide
5.1. Zur Bedeutung des Treueides in den Straßburger Eiden
5.2. Die Folgewirkung der Eide

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Straßburger Eide

Dieses einmalige Sprachzeugnis soll der Anlass sein ein wenig in die Sprachgeschichte des Frankenreiches einzutauchen und nach Gründen für die Zweisprachigkeit in den Eiden zu suchen. Dazu werden die Straßburger Eide im Verkauf der Hausarbeit vor allem unter soziolinguistischen Gesichtspunkten untersucht. Zuvor soll jedoch eine kurze Einleitung stehen, die die Eide in ihrem historischen Kontext darstellt, hatten sie doch vor allem eine pragmatische, eine handelnde Funktion. Die Umstände des Lebens des Autors, dessen fleißiger Feder wir dieses Sprachdenkmal verdanken sollen kurz erhellt werden, um dem anschließend eine Betrachtung über den rekonstruierten Althochdeutschen Sprachzustand vorzunehmen; dem Leser sei der Metzler: Sprache zur Hand empfohlen - und somit zu versuchen den deduktiven Beweis zu führen, dass die Entstehung Deutschlands und Frankreichs ihre Wurzeln in den unterschiedlichen Sprachfamilien hat oder dass - anders herum - auf Grundlage der Zugehörigkeit zur Sprachfamilie politische gehandelt und geteilt wurde. Um den Kreis zu schließen gehe ich kurz auf die pragmatische Dimension des Textes, also seine für damalige Zwecke politische Bedeutung, ein und bemühe mich abschließend ein eigenständiges Fazit aus der Arbeit zu ziehen.

2. Darstellung der Ereignisse

2.1. Die Herrschaft unter Ludwig dem Frommen

Ludwig der Fromme erbte 814[1] ein Frankenreich, dass sein Vater Karl der Grosse nach langem Kampf geeinigt hatte. Ludwig, bei der Festkrönung von 816 noch mal als Kaiser bestätigt, erlässt um das Jahr 817 die Ordinatio imperii die der Gesamtreichsidee folgt und mit der er seinen ältesten Sohn Lothar zum Mitkaiser erhebt, diesem also die Nachfolge sichert. Seine jüngeren Söhne Ludwig und Pippin erhalten als Unterkönige Teile des Reiches, hier Bayern bzw. Aquitanien.

Aufgrund einer zweiten Heirat mit Judith beschließt Ludwig d. F. 829 seinem aus dieser Ehe hervorgegangenen Sohn Karl ( der Kahle ) ein eigenes Dukat, bestehend aus Rätien, Elsass und Alamannien zukommen zu lassen. Die drei älteren Brüder stellen sich auf Lothars Seite und fordern eine Wiederherstellung der ordinatio, womit ein langer und wechselvoller Machtkampf beginnt, der schließlich 833 mit der Festnahme und Absetzung des Kaisers endet. Pippin und Ludwig setzen den Vater jedoch wieder ein und so muss Lothar sich wegen der Übermacht seiner Gegner nach Italien zurückziehen. Nach dem Tod Pippins 838, setzt der Kaiser eine neue Teilung fest; er lässt Lothar einen Eid schwören, Karls Reichsteil anzuerkennen und gegebenenfalls zu schützen, wogegen sich der übergangene Brüder Ludwig wehrt. 840 Ludwig d. F. stirbt bevor er eine endgültige Entscheidung für alle Söhne tragbar und akzeptabel fällen konnte und hinterlässt ein Reich in dem seine Söhne um dessen Teile ringen.

2.2. Die Bruderkriege

Lothar erkannte die in Worms getroffene Abmachung nicht an und berief sich auf die formell nicht aufgehobene ordinatio. Ludwig und Karl gingen darauf hin ein Bündnis ein und so verschob sich die politische Macht zu ungunsten Lothars, denn auch militärisch waren die geeinten Brüder dem Kaiser überlegen und schlugen ihn einer offenen Feldschlacht, die auch Nithard als eine der blutigsten seiner Zeit schilderte[2], am 25. Juni 841. Der Sieg wurde von den Zeitgenossen, als ein Sieg des Teilungsrechts über das Einheitsprinzip gewertet[3] und brachte Lothar in die missliche Lage sich mit den Normannen verbünden zu müssen, deren Festsetzung in Friesland er legitimierte.

Aus der Erkenntnis heraus, dass Lothar sich nicht geschlagen geben werde, festigten Ludwig und Karl ihr Bündnis, indem sie am 14. Februar 842 in Straßburg ihre Vasallen zu einem Eid in deren Muttersprache bewegten, eben den Straßburger Eiden.

Im Juni 842 kamen die Brüder auf einer Insel bei Macon, auf Drängen der Großen des Reiches den Krieg zu beenden, zusammen, schlossen einen vorläufigen Frieden und einigten sich auf eine gleichmäßige Teilung des Frankenreiches, die 40 Männer aus jeder Partei herbeiführen sollten[4]. Nach der langwierigen Beratung um die gerechte Teilung des Reiches kam der Vertrag von Verdun im August 843 zustande der Karl im Westen ein Teilreich bestehen aus Franzien, Aquitanien, Cascogne und Septimanien; Ludwig im Osten ein Teilreich bestehen aus Sachsen, Franken, Alemannien, Bayern und Kärnten; Lothar zu der Kaiserwürde hinzu ein Teilreich bestehend aus Friesland, Lotharingen, Elsaß, Teilen Burgunds, der Lombardei und Norditaliens zusichern sollte[5].

Diese Teilreiche bildeten gemeinsam das Frankenreich aus, das immer noch als eine ideelle Einheit, als ein regnum Francorum aufgefasst wurde.

3. Die Quelle : Vier Bücher Geschichten

3.1 zum Verfasser Nithard

Der Verfasser der vier Bücher Geschichten Nithard wurde als Sohn Berthas, einer Tochter Karls d. G., und Angilberts geboren und stand somit in unmittelbarer Verbindung zu den Herrschern des Reiches. Mit seiner Erziehung wurde Nithard zu jener Laienbildung geführt die Karl d. G. mit seinen Bestrebungen nach einer Bildungsreform initiiert hatte.

An der Seite Karls d. K. stehend unternahm er mehrere diplomatische Missionen, kämpfte bei der Schlacht von Fontenoy am 25. Juni 841[6] und erhielt schließlich von Karl den Auftrag die Ereignisse seiner Zeit, also 841 beginnend, festzuhalten, vor allem die nach dem Tod Ludwigs d. F. Im ersten Buch widmet sich der Autor „um nicht das ehrwürdige Andenken Eueres Großvaters[7] in Stillschweigen zu übergehen“[8] der Darstellung der Ereignisse unter Karl d. G. und Ludwig d. F. die letztendlich zum Bruderkrieg führen sollten. Im Zentrum stehen als 2. und 3. Buch die Bruderkriege an deren Ende die Straßburger Eide gestellt sind. Das Nithard als Getreuer Karls d. K. hierbei politisch Stellung bezieht ist vorauszusetzen, jedoch nicht seine genaue und unmittelbar mit den Ereignissen verknüpfte Darstellung, die seinem Bildungsstand Rechnung trägt. Das vierte Buch schließt mit dem Vertrag von Verdun, dessen Ausarbeitung und Umsetzung. „Mit unverkennbarer Zustimmung gab er die Anschauung wieder, dass die Schlacht […] ein Gottesurteil für die beiden jüngeren Brüder war“[9], womit sich Nithard zu ungunsten des Reichseinheitsprinzip äußerte.

Die letzen Jahre seines Lebens verbrachte er als Laienabt im Kloster St. Riquier wo er im Frühjahr 845 im Kampf gegen die Normannen fiel.

3.2. Die Straßburger Eide in der Darstellung der Quelle

Die Straßburger Eide unterstreichen den Eid den sich die Brüder Karl und Ludwig vor ihren Vasallen leisten. Dabei lag Nithard wahrscheinlich das Original Dokument der Eide vor, als er diese in seine schriftsprachlich[10] lateinisch verfassten Bücher integrierte. Die eigentlichen Vorgänge in seinen Büchern schildert er in der Schriftsprache des Frankenreiches, dem Lateinischen während die Eide, die vor den Vasallen in deren Muttersprache, sprich dem Altromanischen bzw. dem Althochdeutschen, vorgetragen wurden eine Ausnahme bilden. Nithard hat sie in der lingua romana und teudisca lingua[11]. Für das Altfranzösische bietet diese Scriptaquelle[12] das älteste Sprachdenkmal; für das Althochdeutsche eines der Ältesten, was die Straßburger Eide vor allem zu Untersuchungen an den gesprochenen Sprachen der damaligen Zeit als besonders geeignet erscheinen lässt.

4. Sprachgeschichte

Im folgenden Teil bin ich bemüht die Hilfsmittel die mir aus der Linguistik zur Hand sind, einer Schablone gleich über die Ereignisgeschichte zu legen, um die daraus folgenden Veränderungen und wechselseitigen Einflüsse innerhalb der Sprachfamilien offen zu legen.

4.1. Kurzer Rückblick auf die Entwicklung in den Sprachräumen:

Die bis an den Rhein siegreichen Römer brachten neben kulturellen Einflüssen, wie dem schriftlichen Recht, Handelswaren, technischen Neuerungen und dem Weinbau ebenso ihre Sprache mit in die neuen Provinzen wie Gallien oder Noricum. So wurde die gallische Sprache, die ursprünglich zur keltischen Sprachfamilie gehörte zu Gunsten des Lateinischen über mehrere Generationen hinweg verdrängt. Als Verkehrssprache wurde sie zunehmend überflüssig, setzte sich doch bald das Lateinische der Invasoren als die dominierende Sprache in Recht, Politik, Handel und schließlich auch dem häuslichen Gebrauch durch. Dabei wurde ein Großteil der lateinischen Wortbedeutungen übernommen, während die tönende Vollmundigkeit des Gallischen erhalten blieb; es entstand eine Diglossie[13].

Das Latein das im gallischen Raum zu Zeiten Chlodwigs gesprochen wurde war hatte nicht mehr viel mit dem Latein Caesars zu tun. Schon zu sehr war die syntaktische Struktur verändert, die Aussprache schon zu stark abgeschliffen, um dem Latein eines Ciceros oder eines Caesars zu gleichen; das Gallische wird zu einer Substratsprache innerhalb der romanischen Sprachfamilie[14].

In den germanischen Sprachraum rechts des Rheins hinein konnte sich das Lateinische auf der mündlichen Seite nicht durchsetzen. Einige Lehnwörter wurden vor allem aus dem militärischen, dem rechtlichen oder dem später dem geistlichen Bereich konnten andere in Germanische übernommen. Da sich die Stämme z.B. zu immer größer werdenden Kämpfverbänden formierten, wuchsen ohnehin schon benachbarte Sprachen weiter zusammen. Ein solcher Zusammengang von zwei Sprachen wäre am ehesten nach dem Muster:

Abb. A.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

zu begreifen. Mit dem Zusammenschluss zweier Stämme werden Teile der ursprünglichen Sprache überflüssig; Worte waren in derselben Form, mit dem gleichen semantischen Bezug in zweifacher phonetisch und morphologisch Ausprägung vorhanden. Mit den Worten Ferdinand de Saussure`s; stehen der Inhaltsseite gleich zwei Ausdrucksseiten gegenüber.

4.2. Das Fränkische als verbindende Komponente innerhalb das Reiches

Durch die folgende 2te Lautverschiebung[15] unterschied sich das Althochdeutsche zunehmend weiter vom Romanischen, während das Fränkische aufgrund der exponierten Stellung seiner Sprecher zum verbindenden Element wird.

Um zuvor die geographischen Abgrenzungen zu seinen Nachbarsprachen zu verdeutlichen sei dem Leser folgende schematische Darstellung zur Hand gegeben:

Abb. B.[16]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Franken hatten ca. 230 n. Chr. begonnen ihre Vormachtstellung im angrenzenden Bereich unter Beweis zu stellen und so die umliegenden Stämme politisch zu binden. Chlodwig gelang es den fränkischen Herrschaftsbereich bis in das südliche Gallien[17], einschließlich Aquitanien, zu erweitern.

Karl der Grosse erweiterte noch einmal die Grenzen und konnte die politische Macht Frankens auch in Sachsen, Alemanien und Baiern etablieren. Der Abb. A. entsprechend wurde die Sprache der Franken zur Verkehrsprache im politischen Umgang mit den neuen Untergebenen; so wurde z.B. die bairische Mundart in den familiär, häuslichen Kommunikationsraum zurückgedrängt. Die zentrale Lage innerhalb des Frankenreiches trug gleichfalls zur Verbreitung der fränkischen Mundart bei; so konnten sich mit ihrer Hilfe romanische Franken und germanische Franken verständigen. Für die Zeit Ludwig des Frommen können wir folgende Wechselbeziehung der germanischen Mundarten innerhalb des Althochdeutschen annehmen:

Abb. C.[18]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Während das Fränkische innerhalb des strukturellen Systems des Althochdeutschen wirkte und mit den aufgezeigten Mundarten zu dem Althochdeutsch zusammenwächst, dass Sprachwissenschaftler konstruierten[19], gilt gleiches auch für den altfranzösischen Sprachraum.

Aus Platzgründen sei an dieser Stelle darauf verzichtet die umfangreiche Darstellung für das Altfranzösische vorzunehmen. Vielmehr sei darauf hingewiesen, dass auch hier nach einem ähnlichen Muster das erschlossene Altfranzösisch entwickelt wurde[20].

Auch innerhalb des Altfranzösischen nimmt das Fränkische eine erhöhte Stellung als Verkehrssprache ein und befähigt somit die politisch Mächtigen aller Teile des Frankenreiches zur Kommunikation.

4.3. Die Lateinische Schrifttradition

Trotz der Notwendigkeit der Franken mit ihrer Herrschaft zugleich ihre Sprache durchzusetzen stand neben der Mündlichkeit des Fränkischen die Schriftsprachigkeit des Lateinischen; die eigentliche Weltsprache des Mittelalters. Durch die Tradition der alten Texte in den Klöstern hatte das Lateinische seine syntaktische Struktur und semantischen Bezüge weitestgehend über einen Zeitraum von ca. 800 Jahren beibehalten oder nur geringfügig verändert und konnte von allen gebildeten Menschen verstanden, zumindest aber geschrieben, werden.

Während das Lateinische also auch zu dem Zeitpunkt den wir hier untersuchen stark dominierte entwickelte sich parallel zu dessen Schriftsprachigkeit eine Mündlichkeit die zunehmend politische Bedeutung gewinnt und die Nithard in den Straßburger Eiden festgehalten hat.

4.4. Ergebnisse des Sprachzustandes in den Eiden

Die Sprachgrenzen des Althochdeutschen und Altfranzösischen sind fliessend und verlaufen von Nord nach Süd durch das Frankenreich auf der Höhe des späteren Lotharingen. Dabei kommt dem Fränkischen, einer germanischen Mundart, eine vermittelnde Stellung in der mündlichen Alltagssprache zu.

Für die Straßburger Eide lässt sich sagen, dass die teudisca lingua Nithards Feder eine fränkisch beeinflusste Mundart des Althochdeutschen ist, während die romana lingua ein Versuch der Verschriftlichung des Vulgärlateins[21] mit Hilfe des lateinischen Alphabet ist. D.h. das der Autor der Eide bemüht war ein neues Phonemsystem, das des Altfranzösischen, wiederzugeben indem er sich des lateinischen Alphabets bediente.

Da die Eide sich in beiden Sprachen bis auf wenige Ausnahmen inhaltlich und formal gleichen wird an dieser Stelle die Frage nach der Redaktion dieser eröffnet[22]. Fest steht in der wissenschaftlichen Forschung das die Eide nicht aus einer spontanen Mündlichkeit heraus entstanden sind sondern vielmehr von den Kanzleien der Brüder sorgfältig erarbeitet wurden. Vielmehr unterliegen sie einer vorher konzeptionierten Schriftlichkeit[23], was schon aus dem strengen formalen Aufbau deutlich wird, der sich stark an mittelalterliche Urkunden und Vertragstexte anlehnt, wie z.B. einer einleitenden Invocatio.

5. Die politische Dimension der Eide

5.1. Zur Bedeutung des Treueides in den Straßburger Eiden

Bevor die Brüder sich die gegenseitige Treu schwören berichtet Ludwig von der Grundlage, der Vorgeschichte, des Eides, in der er seinen Bruder Lothar des Eidbruches und vorsätzlichen Krieges bezichtigt.

Der Treueid in den Straßburger Eiden hat, wie alle Eide, „vom Grunde her einen sakralen Kern“[24]. Dabei berufen sich die Brüder in der Invocatio auf die Einheit von Gott, den Herrschenden und dem christlichen Volk und diese Dreiheit gilt als Zeuge für die Selbstverfluchung im Falle des Bruches mit dem Inhalt des Eides. Diese Selbstverfluchung die immer Teil jedes Eides ist und beim Bruch dessen eintritt wird durch die Lösung der Vasallen vom Treueid noch verstärkt. Somit haben die Eide nicht nur die eine religiöse Bindung sondern zugleich eine weltliche.

Anhand des Eides kann eine frühe Form des Lehenwesens abgeleitet werden, denn die Vasallen sind dem Eidbrüchigen Herrscher nicht mehr zur Treue verpflichtet[25]. Umso deutlicher tritt durch diese Handlung die positive Verpflichtung zur gegenseitigen Hilfe in Kraft, die den Vasallen die Treue versagt, sollte dieser nicht seinem Bruder zu Hilfe gegen Lothar eilen.

Somit können die Straßburger Eide nicht nur als Quelle für den Sprachzustand dieser Zeit betrachtet werden, sondern auch als ein frühes Zeugnis für die Vasallität, die in nachfränkischer Zeit immer größere Bedeutung gewinnen soll.

Die politische Strategie die sich zweifelsohne hinter den Eiden verbarg, war also die: zwei Brüder aneinander zu binden, um es Lothar somit unmöglich zu machen sich erneut gegen sie zu stellen. Lothar sollte zum Einlenken bewegt und zur Beendigung des Bruderkriegs bewegt werden, da er sich schwerlich den Heeren zweier Brüder zugleich stellen konnte.

5.2. die Folgewirkung der Eide

Lothar sah sich durch die Eidesleistungen seiner Brüder in einer schwierigen politischen Situation. Er hatte die Feldschlacht bei Fontenoy verloren die als göttliches Zeichen zum Sieg des Teilungsprinzips gewertet wurde. Er konnte unmöglich mit einem seiner Brüder kooperieren um sich gegen den dritten zu stellen, da die Eide für diesen Fall die Lösung der Vasallen vom Treueid vorsahen. Zudem seines Verbündeten Pippin von Aquitanien beraubt war er auch militärisch nicht in der Lage seine Vorstellung von der Neuordnung des Frankenreiche nach dem Tode Ludwigs des Frommen durchzusetzen. Die ständigen Einfälle der Normannen in die Küstenbereiche ließ dazu viele Untergebene darauf beharren endlich Frieden zu schließen.

So hatten die Straßburger Eide ihrer Intention folgend bewirkt, dass die Brüder schließlich im Vertrag von Verdun die Teilung des Reiches beschlossen und durchführten.

Lothar war der Verlierer der alles erreichen wollte und dessen Teilreich nach dem Vertrag von Mersen schließlich ganz verschwinden sollte. Trotz der Teilung aber galt die ideelle Einheit des Frankenreiches, wie eingangs erwähnt, als weiterhin bestehend.

Meiner Meinung nach hatten die Straßburger Eide den Grundstein für den Vertag von Verdun 843 gelegt, da Lothar einsehen musste, dass ein weiterer Kampf gegen die vereinten Brüder aussichtslos sein musste.

Kurzfristig wirken die Eide also integrierend auf den inneren Zusammenhalt des Frankenreiches da die Herrscher sich wieder dringenderen Problemen, den ständigen Normanneneinfällen, zuwenden konnten.

6. Fazit

Im Fazit möchte ich das früher schon gebrauchte Bild der sprachgeschichtlichen Folie die über eine politisch-historische Landkarte gelegt wird wieder aufnehmen. Die deduktive Beweisführung, die vom Beispiel des Althochdeutschen auf gleiche bzw. ähnliche Wirkungsweisen innerhalb des Altfranzösischen schließt, versagt allerdings bei der eingangs gestellten Aufgabenstellung: die Sprache als ursächlich für die Entstehung der beiden Staaten zu werten. Nicht Sprache bewirkt nämlich die Teilung des Frankenreiches, in auch weiterhin ideell zusammenhängenden Teilreichen, sondern die Politik der Herrschenden die scheinbar dem Motto folgt:

„Hauptsache es bekommt jeder ein Stück vom Kuchen“ ohne dabei Rücksicht auf vorher bestehende Sprachgrenzen zu nehmen.

Trotzdem besteht unbestreitbar eine Wechselwirkung zwischen Politik und Sprache.

So möchte ich trotz aller Bedenken schließen, indem ich die Straßburger Eide als Zeugnis auf dem Weg einer beginnenden Ethnogenese werte. Sie bezeugen zwei vollkommen unterschiedliche Sprachfamilien innerhalb des eher losen Verbands des fränkischen Reich, dessen Fortbestehen hauptsächlich von der Integrationskraft seines Kaisers abhängt.

7. Literaturverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Erklärung:

Hiermit versichere ich, Jan Dahlke, die Hausarbeit ohne Hilfe und in selbständiger Arbeit angefertigt zu haben. Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen zitiert und alle Zitate als solche deklariert.

Braunschweig, den 02. Januar 2003

____________________________

Jan Dahlke

[...]


[1] vgl. hierzu darstellend:Schiefer, Europa, Bd 1, § 72

[2] Nithard: Bücher Geschichten, S 38

[3] Schiefer, Europa, S.594f

[4] vgl dazu auch die Annales Bertiniani zum Jahr 842, sowie die Annales Fuldenses zum gleichen Jahr., auch bei Schiefer, Europa

[5] Putgzer, Frankenreich, S. 38ff

[6] Wattenbach/Levison, Geschichtsquellen, S. 354

[7] Anm. d. Verfasser : hier Karl der Große, dessen Enkel Karl d. K. war

[8] Nithard, Bücher Geschichten, S.1 f

[9] Wattenbach/Levison, Geschichtsquellen, S. 354

[10] Schriftsprache : hier im linguistischen Sinne; Mündlichkeit und Schriftlichkeit können von einander abweichend Merkmale ausbilden, zumeist phonetische, semantische oder morphologische Abweichungen, vgl dazu Metzler, Sprache, S. 611f

[11] vgl. weiterführend zur Etymologie von teudisc Eggers, Deutsche Sprachgeschichte, S.40ff

[12] Scriptaquelle : hier im Sinne einer nicht literarischen Quelle also prosaischen Quelle entstanden vor 1200

[13] Diglossie: wenn die gesprochene Sprache stark von der schriftlichen abweicht, die phonetischen Merkmale werden parallel zur Schriftsprache anders ausgeprägt, vgl. dazu geschriebenes und Schweizerdeutsch

[14] Vgl dazu die Erörterung bei Nelson: Latinisierung, oder auch Hilty, Romanisierung

[15] vgl. weiterführend Wolf, Lautverschiebung, in HSK, Bd. 1, Sp.1116ff

[16] auf Grundlage von Winkelmann, Sprachgeographie

[17] vgl dazu Schiefer, Europäische Geschichte

[18] auf Grundlage von Sonderegger, Sprachgeschichte, S. 11 ff

[19] beachte dass das Althochdeutsche lediglich eine wissenschaftlich erschlossene Sprachstufe ist

[20] vgl. dazu weiterführend : Berschin/Goebl, Franzöische Sprachgeschichte

[21] Anm. d. Ver.: nicht wertend! : von lat. vulgus = Volk ; somit Volkslatein

[22] vgl. dazu weiterführend: Becker, Redaktion, in Vox Romanica 28/1, S1ff

[23] vgl. dazu weiterführend: Wunderlich, Protokoll und Vorlesen, in Vox Romanica 24, S1 ff

[24] Schmidt-Wiegand, Eid, S. 55

[25] Mitteis, Lehnrecht, S.58ff

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Straßburger Eide: Ein Exkurs in die Sprachgeschichte
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig
Veranstaltung
Historisches Seminar
Note
2
Autor
Jahr
2003
Seiten
20
Katalognummer
V110398
ISBN (eBook)
9783640085712
Dateigröße
469 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Anlässlich der Strassburger Eide wird ein Exkurs in die Deutsche Sprachgeschichte unternommen. Dabei werden die Ereignisse geschichtlich eingeordnet, die Quelle näher beschrieben und der Zustand des Althochdeutschen in karolingischer Zeit untersucht. 141 KB
Schlagworte
Straßburger, Eide, Exkurs, Sprachgeschichte, Historisches, Seminar
Arbeit zitieren
Jan Dahlke (Autor:in), 2003, Die Straßburger Eide: Ein Exkurs in die Sprachgeschichte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110398

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