Visuelle Metaphorik der Informationstechnologie


Seminararbeit, 2000

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Anmerkungen zur Visiotype

Digitale Revolution: das nautische Bild

Technische Realität und Ausblick

Auf dem Daten-Highway zum Online-Shop: Alternative Metaphorik

Visuelle Umsetzungen - Hackers

Über Relikte, Systemfehler und die Ironie der Geschichte

Literaturverzeichnis

Vorwort

Diese Hausarbeit vertieft das Referat "Visuelle Metaphorik der Informationstechnologie" aus dem Zusammenhang des Proseminars "Nützliche Bilder". So konnte festgestellt werden, daß sich grade im Feld der neuen Medien und Medientechnologien eine Fülle ideologisch aufgeladener Bilder aus nautischer bzw. verkehrstechnischer Herkunft findet. Erstaunlicherweise handelt es sich dabei aber vornehmlich um Metaphern, also sprachliche Bilder, die innerhalb der ja eher visuell orientierten Kultur des Internets nur spärlich eine wirklich grafische Umsetzung finden. Bei näherer Betrachtung fällt dann auch auf, daß diese Metaphern innerhalb des Mediums bzw. des schwer zu umreißenden Verbunds aus Medien, Nutzern und Zugangstechnologien kaum Relevanz besitzen. Sie werden vielmehr im Diskurs über und im werbewirksamen Zusammenhang für das Medium genutzt. Umso interessanter ist die Frage, wer alles sich diese Bilder zu Nutze macht, und wozu?

So werde ich im folgenden nur kurz auf den Begriff des nützlichen Bilds bzw. der Visiotype[1] eingehen und mich viel mehr der Frage widmen, welche realen Vorgänge sich in dem umbrechenden Sprach- und Bildgebrauch zum Internet widerspiegeln und auf welche Art und Weise technoutopisch aufgeladene Bilder bei der Etablierung eines neuen - kommerziell von Anfang an hoch bedeutsamen - Mediums eine Rolle spielen. Abschließend werde ich die Präsenz all dieser Aspekte und Diskurse in einem polulärkulturellen und medienpopulistischen Text nachzuweisen versuchen: im Kinofilm Hackers.

Anmerkungen zur Visiotype

Das nützliche Bild ist, so selbstverständlich und redundant diese Aussage auch klingen mag, ein Bild, das für einen argumentativen, meinungsbildenden oder verkaufsfördernden Zusammenhang von Nutzen ist. Es wird "gebraucht" in beiderlei Hinsicht: denn so inhaltsleer es ist, so überzeugend ist es auch. Ein geeignetes nützliches Bild bringt einen Satz schemenhafter Assoziationen mit, an denen sich eigene Argumentationen perfekt anknüpfen lassen - ist dabei aber gleichzeitig inhaltlich oder ideologisch nicht besetzt und läßt sich für fast jede Art von Diskurs gebrauchen. In zweiter Hinsicht wird das nützliche Bild gebraucht und ist von Nöten, weil das Bild in unserer noch relativ jungen Bildkultur - trotz des Verlustes objektiven Dokumentcharakters - noch immer Beweiskraft besitzt. So läßt sich jeder noch so zweifelhaften Argumentation mit Hilfe bekannter und intuitiv in hegemoniale Wissenszusammenhänge gesetzter Bilder eine vordergründig objektive Stringenz und Autorität verleihen. Hier werden wieder die diffusen Assoziationen wichtig und wirksam: das Bild ist uns aus verschiedenen Zusammenhängen bekannt und vielleicht mit Wahrheitsautoritäten wie der Wissenschaft oder den Nachrichten konnotiert. Dieses Wahrheitspotential ist nutzbar und läßt sich durch geschickten Gebrauch noch steigern. Je öfter ich das nützliche Bild gebrauche, desto populärer, nichtssagender, beweiskräftiger und beliebiger wird es.

Die nützlichen Bilder der neuen Medien liegen zur Zeit noch fast ausschließlich in Metaphern vor. Das Internet repräsentiert sich nur als Idee, weil es real und visuell als solches nicht fassbar wird. Es ist mehr als die Summe seiner Teile, denn wenn wir das Userinterface abbilden - eine vorgefertigte und in den seltensten Fällen überhaupt bedingt interaktive Html-Seite - können wir nur schwerlich eine Verbindung zu den vorherrschenden, utopisch verklärten "power-to-the-people" Globalisierungsideen finden. Würde man die Hintergrundstruktur des Internets visualisieren und verständlich machen, bliebe wenig mehr als Ernüchterung und so haben die Bilder die über Computer- und Datenvernetzung kursieren auch meist wenig mit der Realität zu tun. Um die populären Vorstellungen davon zu verstehen, was das Internet sei, muß man sich dem Medium von anderer Seite aus nähern. Einer Seite, die zwar ein Bild in uns erzeugt, aber den "Gegenstand" nicht physisch abbilden muß. Hier zeigt sich die besondere Effektivität der Metapher zur Beschreibung und teilweise sogar Produktion einer Diversität an Ideen und Bedeutung. Den hierbei produzierten nützlichen Bildern kommt aber ein weitaus höherer Stellenwert zu, als beispielsweise dem nützlichen Bild des DNS-Fadens. Während die spiralische Himmelsleiterdarstellung der DNS noch einen Referenten in der realen Welt besitzt, findet das "Eintauchen in den Cyberspace" diesen nur schwerlich. Der Cyberspace ist als solcher nicht existent. Sein imaginärer Raum wird aber als betretbar (besurfbar) gedacht. Er entsteht durch das Wort und die gekoppelte Idee, die eine neue Stufe innerhalb der Evolution nützlicher Bilder bezüglich der Sinnentleerung darstellt, denn niemand kann beschreiben, was denn der Cyberspace nun wirklich sei. Das nützliche Bild produziert hier damit seinen eigenen Referenten und letztendlich sich selbst. Die dem Zirkelschluß innewohnende Geschlossenheit scheint hier von besonderer Bedeutung zu sein, indem sie keine weiteren Fragen aufwirft bzw. zuläßt, auf die es ohnehin keine Antwort gäbe. Das real existierende Internet ist von seiner Idee abgekoppelt, wird aber in öffentlicher Wahrnehmung durch seine wechselnden und oftmals widersprüchlichen Metaphern von unterschiedlichen Gruppen ebenso verschieden definiert. Der Umbruch der Metaphern bezeichnet damit weit mehr als einen bloß modebedingten Wechsel der Nomenklatur und die schon im Judentum so wichtig genommene Macht über den Namen, die für Beherrschung und Kontrolle der Sache selbst steht, kommt zu neuer Blüte.

Stuart Jay Kaplan[2] sieht die Metapher in ihrer modernen Verwendung nicht mehr primär als stilistisches oder künstlerisches Element. Vielmehr fungiert sie als effektive Organisationsform für Information, die als solche einen Interpretationsrahmen bietet, anschaulich und einprägsam ist und damit einen populär verständlich gemachten Zugang zu teils elitär-technischen (Werbe-) Aussagen ermöglicht. In der assoziativen Verknüpfung verschiedener Bildbereiche liegt zudem ein bedeutsamer Aspekt populärer (wie wissenschaftlicher) Wissensproduk­tion, indem Neues mit Bekanntem in Beziehung gesetzt wird und erste, den weiteren Erkenntnis- und Frageprozeß begleitende Vorstellungen geprägt werden. Damit vermittelt die Betrachtung der populären Metaphern einer Kultur einen tiefen Einblick in deren Vorstellungswelt und Wertvorstellung.

[...]


[1] Vgl. Uwe PÖRKSEN: Weltmarkt der Bilder: eine Philosophie der Visiotype, Stuttgart 1997.

[2] Stuart Jay KAPLAN: Visual Metaphors in the Representation of Communication Technology, in: Critical Studies in Mass Communication, Nr.7 , 1990, S. 37-47.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Visuelle Metaphorik der Informationstechnologie
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Veranstaltung
Nützliche Bilder
Note
1,3
Autor
Jahr
2000
Seiten
19
Katalognummer
V110176
ISBN (eBook)
9783640083527
ISBN (Buch)
9783656216957
Dateigröße
679 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Bilder transportieren und kommunizieren Ideologien. Welcher ideologische Wandel vollzieht sich in einem jungen Medium wie dem Internet durch den Wandel seiner Beschreibungsmetaphorik?
Schlagworte
Visuelle, Metaphorik, Informationstechnologie, Nützliche, Bilder
Arbeit zitieren
Claas Hanson (Autor:in), 2000, Visuelle Metaphorik der Informationstechnologie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110176

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