Der Einsatz der Atombombe 1945 - Demonstration der amerikanischen Stärke?


Hausarbeit, 2005

14 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung .

2. Die Phase vor dem Einsatz
2.1 Die Ost-West-Beziehungen vor dem Einsatz
2.1.1 Die Außenpolitik der Sowjetunion
2.1.2 Die Außenpolitik der Vereinigten Staaten
2.3 Die Situation Japans

3. Politische Motive für den Einsatz

4. Politische Folgen und Reaktionen
4.1 Die amerikanische Außenpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg
4.2 Fazit: Einfluss der amerikanischen Außenpolitik auf die Entstehung des Ost-West-Konfliktes nach dem Zweiten Weltkrieg

Literaturverzeichnis

Zitatverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

1. Einleitung

Am 6. August 1945 wurde zum ersten Mal in der Geschichte eine Atombombe über zivilisiertem Terrain gezündet. Die amerikanische Luftwaffe warf an diesem Tag die Bombe "Little Boy" über der japanischen Hafenstadt Hiroshima ab. Sie hatte eine Sprengkraft von etwa 20.000 Tonnen TNT und tötete 92.000 Menschen sofort; 200.000 Menschen starben darauf an den erlittenen Schädigungen. Drei Tage später, am 9. August, wurde eine zweite Bombe, "Fat Man", über Nagasaki abgeworfen, nachdem die Air Force Kokura angesteuert hatte, dort aber in schlechte Wetterverhältnisse geraten war.

Nagasaki, Standort der Torpedofabriken von Mitsubishi, war an diesem Tag lediglich Sekundärziel des amerikanischen Militärs. Durch die Detonation starben 75.000 Menschen sofort, Zehntausende erlagen später ihren Verletzungen. Insgesamt töteten diese zwei Bomben also über 400.000 Menschen. Zum ersten Mal wurde darüber hinaus die zunächst überlebende Bevölkerung durch radioaktive Strahlung genetisch geschädigt. Ein derartiges Massenvernichtungsmittel hatte es bis dato noch nicht gegeben.

Die Schriftstellerin Arata Osada schrieb 1984 ihre Erinnerungen an die atomare Bombardierung Hiroshimas nieder: " So weit der Blick reichte, waren alle Häuser eingestürzt und die Trümmer brannten. Leute mit Brandwunden und glitschig abgeschälter Haut, die ganz rotaussahen, stießen Todesschreie aus. [...] Vom Ufer des Flusses sprangen Leute mit Brandwunden stöhnend " Heiß! Heiß! " rufend ins Wasser. Aber ihre Glieder waren steif; sie ertranken unter qualvollen Todes- schreien. Bald war der Strom kein Wasserstrom mehr sondern ein Strom von Leichen. "(1)

Bis heute wird die Notwendigkeit der Angriffe von Kritikern angezweifelt.

Ich hatte die Aufgabe, mich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Einsatz der Atombomben eine Demonstration der amerikanischen Stärke darstellte. Um die Hintergründe zu erläutern, war es notwendig, einen Überblick über die sowjetische und US-amerikanische Außenpolitik, die Ost-West-Beziehungen und die Situation Japans zu geben. So konnte ich die politischen Motive für die atoma- en Bombardements ableiten, denn es liegen inzwischen konkrete Beweise(z.B. Tagebucheintra- gungen führender amerikanischer Politiker) dafür vor, dass nicht allein militärische Notwendigkeit, sondern auch diplomatische Oppurtunitätserwägungen die USA zu der Tat veranlassten. Weiterhin beschäftigte ich mich mit den direkten politischen Auswirkungen des Einsatzes, indem ich unter anderem anhand der Reaktion Stalins eine Verschärfung der Ost-West-Beziehungen nachwies und ein historisch begründetes Werturteil zur amerikanischen Außenpolitik im Zusammenhang mit der Entstehung des Ost-West-Konfliktes nach dem Zweiten Weltkrieg abgab.

2. Die Phase vor dem Einsatz

Nachdem US-Präsident Franklin Delano Roosevelt am 12. April 1945 an den Folgen einer Gehirnblutung verstorben und daher der bisherige Vizepräsident Harry S. Truman als sein Nachfolger vereidigt war, gehörte das Atombombenkonstruktionsprogramm zu den ersten Angelegenheiten, über die der Referentenstab dem neuen Oberkommandierenden der amerikanischen Streitkräfte ausführlich Bericht erstattete.

Roosevelt hatte 1941 das größte und teuerste Rüstungsprogramm der Geschichte hervorgerufen.

Im Laufe der Jahre zwischen 1941 und 1945 wurden in das sogenannte Manhattan-Projekt mehr als 2,6 Milliarden Dollar zur Atombombenforschung investiert. Die Amerikaner sahen die Entwicklung der neuen Waffe als Wettlauf mit den Deutschen, da Roosevelt am 2. August 1939 einen Brief von einigen deutschen Physikern mit der Unterschrift Albert Einsteins erhalten hatte, in dem vor möglichen Anstrengungen zur Atomforschung in Hitlerdeutschland gewarnt wurde. Daher wollte Roosevelt seinerzeit die Bombenkonstruktion so schnell wie möglich beendet sehen, um die Bombe über Deutschland abwerfen zu lassen und den Zweiten Weltkrieg zu beenden.

Als am 8. Mai 1945 mit der Kapitulation des Deutschen Reiches der Krieg in Europa endete, hatten der militärische Leiter des Manhattan-Projekts, General Leslie Groves und Robert J. Oppenheimer, wissenschaftlicher Leiter der Atombombenforschung in Los Alamos (Nevada), Präsident Truman darüber informiert, dass die Endmontage in kurzer Zeit abgeschlossen wäre und die Waffe daher bald getestet werden könnte. Die Deutschen waren zwar besiegt, aber der Krieg gegen Japan als letzte der drei Achsenmächte zog sich hin.

So wurde schon am 10. und 11. Mai eine Zielfindungskommission unter dem Vorsitz von General Groves einberufen, auf der die vier japanischen Städte bestimmt wurden, die bombardiert werden sollten. Hiroshima mit seinen 350.000 Einwohnern wurde als Ziel ausgewählt, weil seine Größe und Anlage dafür garantierten, dass " ein großer Teil der Stadt weitgehend zerstört würde ", wie in dem Protokoll der Kommission festgehalten wurde.(2)

Die Beratungen für den Einsatz der Atombombe gegen Japan wurden demnach schon konkretisiert, bevor die Waffe am 16. Juli auf einem Versuchsgelände nahe Alamogordo erfolgreich getestet wurde.

Der Befehl, eine der vier Städte Hiroshima, Kokura, Nigata und Nagasaki zu bombardieren, wurde am 25. Juli von Präsident Truman gegeben. Zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem 3. August, den das Wetter zuließ, sollte die Air Force den ersten Schlag ausführen und weitere dann in dem Tempo, wie weitere Bomben fertiggestellt werden konnten. Die Amerikaner wollten am Anfang vier Städte zerstören; die Bestimmung weiterer Ziele war im Befehl vorgesehen.

2.1 Die Ost-West-Beziehungen

Präsident Truman befand sich zur Zeit der Testdetonation schon in Potsdam, um sich für seine erste Konferenz der Großen Drei vom 17. Juli bis zum 2. August vorzubereiten. Die Pläne zum Umgang mit der Sowjetunion dürften ihm dabei die größten Probleme bereitet haben, denn die Beziehungen der USA zur UdSSR waren schon in der Amtszeit Roosevelts schwieriger geworden. Die Konsolidie- rung sowjetischer Satellitenstaaten in Osteuropa erregte in den westalliierten Ländern Ärger und Misstrauen.

Ein Konflikt zwischen Ost und West bestand schon seit 1917; Kapitalismus und Sozialismus standen sich als fundamental divergierende Gesellschaftsformen in starkem Kontrast gegenüber.

Auf der einen Seite die USA mit ihrer libertären Marktwirtschaft und demokratischen Verfassung. Auf der anderen Seite die Sowjetunion mit ihrer staatlich gelenkten Zentralverwaltungswirtschaft als Einparteienstaat. Diese Differenzen wurden für den gemeinsamen, existenziellen Kampf gegen Hitlerdeutschland im Zweiten Weltkrieg vorläufig in den Hintergrund gedrängt, ließen sich aber nach Kriegsende in Europa nicht länger verbergen.

Am 12. Mai 1945 telegrafierte der britische Premierminister Winston Churchill an Präsident Truman: "Ich habe mich stets um die Freundschaft der Russen bemüht; aber [...] ihre Haltung gegen Polen, ihr überwäligender Einfluss auf dem Balkan bis hinunter nach Griechenland, [...] die von ihnen inspirierte kommunistische Taktik in so vielen Ländern [...] beunruhigen mich ebensosehr wie Sie. [...] Ein Eiserner Vorhang ist vor der russischen Front niedergegangen. Was dahinter vorgeht, wissen wir nicht. "(3)

2.1.1 Die Außenpolitik der Sowjetunion

Im Zuge der sowjetischen Sommeroffensive 1944 hatte die Rote Armee die Länder Süd-, Ost- und Mitteleuropas von der deutschen Herrschaft befreit bzw. als ehemalige deutsche Verbündete unterworfen. In diesen Gebieten begann die Sowjetunion sofort mit dem Umsturz der politischen und sozialen Verhältnisse. Schlüsselstellungen, vor allem die Innenministerien mit der Polizei, wurden von Kommunisten übernommen. Vereinigungen und Parteien mussten sich unter kommunistischer Führung zusammenschließen. So wurde bis in die vorgelagerten osteuropäischen Staaten Polen, Rumänien, Ungarn und Bulgarien ein Gürtel von Volksrepubliken errichtet, um eine sowjetische Hegemonie östlich von Deutschland zu erreichen und nachhaltig zu festigen. Am 6. März 1945 hatte Stalin in Rumänien die Entlassung der Regierung und die Berufung eines kommunistisch beherrsch- ten Kabinetts erzwungen. In Polen hatte die Rote Armee keinen Versuch unternommen, der von der demokratischen Exilregierung geleiteten nationalpolnischen Armee beim Warschauer Aufstand gegen die deutsche Besatzungsmacht beizustehen, was zur Kapitulation der polnischen Streitkräfte und später zur Berufung des "Polnischen Kommitees der Nationalen Befreiung" führte. Anfang April hatte sich Stalin in einem Gespräch mit einem jugoslawischen Partisanengeneral zu dieser aggressiven Expansionspolitik geäußert: " [...] wer immer ein Gebiet besetzt, erlegt ihm auch sein eigenes gesellschaftliches System auf. Jeder führt sein eigenes System ein, so weit seine Armee vordringen kann. Es kann gar nicht anders sein. "(4)

2.1.2 Die Außenpolitik der Vereinigten Staaten

Trotz der Skepsis hatte Stalin die Festsetzung der sowjetischen Vorherrschaft in Osteuropa auf der Konferenz von Jalta 4.-11. Februar 1945) gegenüber Roosevelt und Churchill weitgehend durchsetzen können. Der amerikanische Präsident suchte mit einer "Politik der Geduld" gegenüber der Sowjetunion Verständigung und Zusammenarbeit mit Stalin, um dem von ihm konzipierten "One World" - Konzept Ausdruck zu verleihen. Diese Vision besah die Eine Welt, eine einzige große Gemeinschaft aller Völker, für die Freiheit und Gleichheit als bestimmende Prinzipien gelten sollten. Grundlage für diese Idee bildete die Gründung der Vereinten Nationen auf der Konferenz von San Francisco, zu deren Abschluss 49 Staaten, darunter die USA und die UdSSR, am 26. Juni 1945 die UN-Charta unterschrieben. Die großen Siegermächte USA, Großbritannien, China und die Sowjetunion sollten im Rahmen der UNO als "Weltpolizisten" für eine politisch relativ ausgeglichene und friedliche Nachkriegsordnung sorgen. Um diese Idee durchzusetzen, ging der US-Präsident auf die UdSSR ein, um Misstrauen abzubauen und Kooperation auch nach dem Krieg zu erwarten.

Die Krimkonferenz in Jalta sollte daher nach Roosevelts Auffassung, allen Misshelligkeiten zum Trotz, Verständigkeit zwischen den Alliierten zeigen.

Obwohl Roosevelt durch General Douglas Mac Arthur, dem höchsten US-Befehlshaber im Pazifik-Krieg über eine mögliche Kapitulationsbereitschaft des Kaiserreichs Japan unterrichtet worden war, hatte er gegenüber den Sowjets diverse Zugeständnisse gemacht, um Stalin für eine Teilnahme am Krieg in Süd-Ost-Asien zu gewinnen. Stalin konnte so die zusätzliche Aufnahme von zwei Sowjetrepubliken in die Vereinten Nationen durchsetzen, um antisowjetische Konstellationen in künftigen UN-Vollversammlungen zu vermeiden. Zudem versprach Roosevelt dem Diktator in einem geheimen Zusatzprotokoll territorialen Gewinn nicht nur zu Lasten Japans sondern auch des mit Amerika verbündeten China. Auch wurde Stalin darin indirekt die Sicherung seiner Einflussgebiete zuerkannt.

Daraufhin hatte der Diktator gelobt, zwei oder drei Monate nach der deutschen Kapitulation am Krieg gegen Japan teilzunehmen.

Spannungen zwischen Ost und West wurden freilich auch schon in Jalta deutlich. In einer "Erklärung über das befreite Europa" ist den von den Folgen des Krieges betroffenen Völkern das Recht zuerkannt worden, " diejenige Regierungsform zu wählen, unter der sie leben möchten ".(5) Doch Stalin hatte verlangt, dass zuvor die "Reste des Faschismus" beseitigt werden müssten. Mit diesem Vorbehalt konnte er durch sowjetische Sonderkommissare die kommunistische Regierungsneubildung in Rumänien und Polen steuern. Als daraufhin kritische Stimmen laut wurden, wehrte sich Stalin mit der Behauptung, die USA würden insgeheim mit den Deutschen verhandeln, was für Roosevelt nicht weniger als der Vorwurf des Bündnisverrats war.

Historiker sind sich nicht darüber einig, ob unter der Regierung Trumans nach dem plötzlichen Tod Roosevelts sofort eine Abkehr von dessen "Politik der Geduld" gegenüber der Sowjetunion erfolgte. Es überwiegt jedoch die Auffassung, dass der neue Präsident Roosevelts Kurs zunächst beibehielt, auch aufgrund fehlender außenpolitischer Erfahrungen. Allerdings war die sowjetfreundliche Politik des Vorgängers schon in den eigenen Reihen auf Kritik gestoßen. William A. Harriman, US-Botschaf- ter in Moskau, und sein Mitarbeiter George F. Kennan warnten vor weiteren Konzessionen und for- derten eher die Stabilisierung der eigenen Einflussbereiche in Mittel- und Westeuropa, um sie vor sowjetischer Expansion zu schützen.

Beeinflusst durch sein Versprechen, Roosevelts politische Leitlinie fotzusetzen und auf der anderen Seite die Forderungen nach einem härteren Umgang mit den Sowjets, betrieb Truman zunächst eine Außenpolitik, die zwar darauf bedacht war, Kooperation mit Stalin zu suchen, aber gleichzeitig Druck auf die sowjetische Expansion auszuüben. Dies lässt sich überaus deutlich in seiner Erscheinung auf der Potsdamer Konferenz nachweisen.

Nachdem Truman am Nachmittag des 16. Juli die Nachricht erreichte, dass der Atombombentest erfolgreich verlaufen wäre, verlieh diese der amerikanischen Delegation einen immensen Selbstvertrauensschub. " Heute morgen in Betrieb genommen. Diagnose noch nicht vollständig, aber Erfolge scheinen zufriedenstellend und übertreffen bereits Erwartungen ", hieß es in dem Telegramm.(6)

Obwohl es nur vage von den Auswirkungen berichtete, soll es laut Außenminister James F. Byrnes bei dem Präsidenten ein gefassteres Auftreten bewirkt haben, als es vorher der Fall war. Roosevelt hatte für gewöhnlich Stalin oder Churchill die Führung der Konferenzen überlassen, doch Truman bestand am 17. Juli darauf, zum Vorsitzenden ernannt zu werden. Nachdem dies geschah, trug der Präsident sogleich vier wesentliche Ziele der Vereinigten Staaten auf der Konferenz vor. Einer der Punkte war ein Angriff gegen die sowjetische Expansionspolitik in Osteuropa.

Truman stellte klar, dass die US-amerikanische Regierung auf keinen Fall in der Lage sei, die Regierungen der Satellitenstaaten anzuerkennen, insbesondere die der Staaten Bulgarien und Rumänien. Er forderte vielmehr die Legitimation dieser Regierungen durch freie Wahlen nach westlichem Vorbild, um selber Einfluss auf diese Gebiete ausüben zu können. Derartige Forderun- gen, die von der außenpolitischen Linie Roosevelts abwichen, können laut dem amerikanischen Historiker Gar Alperovitz nicht ohne den Einfluss der funktionsfähigen Atombombe gesehen werden. Denn freilich wusste auch Truman, dass zu diesem Zeitpunkt keine Aussicht auf Einigung bestand.

Aus diesem Grund glaubt Alperovitz, dass die Atombombe für Truman Anlass war, die Potsdamer Konferenz um mehrere Wochen zu verschieben. Er gibt an, dass Oppenheimer die Arbeit an der neuen Waffe im Sommer massiv beschleunigte, was darauf hin deutet, dass Truman lieber Verhandlungen geführt hätte, nachdem die Atombombe eingesetzt wurde, um so diplomatischen Druck auf die UdSSR ausüben zu können.

Selbstverständlich kamen noch andere Faktoren für die feste Haltung des US-Präsidenten gegen über den Sowjets zum Zuge. So zum Beispiel das offensichtliche ökonomische Ungleichgewicht beider Staaten. Die amerikanische Delegation ging von Anfang an davon aus, der Sowjetunion in allen finanziellen und wirtschaftlichen Bereichen weit überlegen zu sein. Die amerikanische Wirt- schaft befand sich, im Gegensatz zu der der europäischen Verbündeten Großbritannien und UdSSR, noch immer in einer kriegsbedingten Konjunktur, da sie von keinerlei Angriffen getroffen worden war und Produkte in gewaltigem Umfang nach Europa exportierte.

Der sowjetische Staat allerdings befand sich finanziell am Boden. Harriman schätzte den Finanz- bedarf der Sowjets auf über 6 Milliarden Dollar. Die wirtschaftliche Abhängigkeit - eventueller Stop der Leih-Pacht-Lieferungen, Forderung nach Rückzahlungen der Kriegsschulden und Ablehnung neuer Kredite - schien also ebenfalls ein vielversprechendes Druckmittel zu sein. Daher hielt Harri- man einen Bruch mit den Sowjets für unwahrscheinlich und glaubte, dass sie auf amerikanische Forderungen eingehen müssten.

Diese ökonomische Vormachtstellung und das neue Atomwaffenmonopol versetzten die amerikani- sche Seite in ein Stimmungshoch. Als am 21. Juli das dritte Schreiben die amerikanische Delegation erreichte, das exakt die Folgen der Atombombe beschrieb, setzte sich Truman mit Byrnes und seinem Kriegsminister Henry L. Stimson zusammen und sprach mit ihnen über militärische und diplomatische Folgen der Atombombe für die USA. Stimson schrieb von Präsident Truman in seinem Tagebuch: " Er sagte, es gebe ihm ein völlig neues Gefühl der Zuversicht, und dankte mir dafür, dass ich mit zur Konferenz gekommen und anwesend war, um ihm zur Seite zu stehen. "(7)

Dass Truman bei Stalin mit seinen Forderungen auf Protest stieß, war vorraussehbar.

In der Frage der Satellitenstaaten konnte man bis zum Schluss der Verhandlungen keine Lösung finden. Das Resultat war lediglich eine Absichtserklärung.

Drei Tage nach Eintreffen des vollständigen Testberichtes, am 24. Juli, informierte Truman in Absprache mit Churchill, der schon nach der Konferenz von Jalta einsehen musste, dass die weltpolitische Rolle Großbritanniens am Ende des Krieges bereits äußerst gering war, Stalin über die Funktionsfähigkeit einer neuen Waffe. Dabei gab er keine näheren Informationen preis, erwähnte nicht die Worte " Atom " und " nuklear ".

Churchill schrieb später in seinen Memoiren nieder, dass der Diktator wahrscheinlich nicht verstanden hatte, was der US-Präsident meinte. Dies ist aufgrund der mir vorliegenden historischen Fakten jedoch zu bezweifeln. Der Historiker Hellmuth Günther Dahms gibt an, dass Stalin bereits Ende des Jahres 1941 durch Verrat in Besitz des Atombombengeheimnisses gelangt war und das Zentralkomitee der KPdSU den Physiker Igor W. Kurtschatow mit der Atomforschung im Januar des darauf folgenden Jahres beauftragt hatte.

Als Truman mit Zustimmung Churchills am 25. Juli den Einsatz der Atombombe gegen Japan anwies, ignorierte er nicht nur den Rat zahlreicher am Manhattan-Projekt beteiligten Wissenschaftler, sondern auch die Warnungen führender Militärs wie General Dwight D. Eisenhower. Eisenhower gehörte auf der Potsdamer Konferenz zu Trumans Delegation und führte für seine Ablehnung zwei Gründe an: " Erstens sind die Japaner zur Kapitulation bereit. Deshalb ist es nicht notwendig, dieses schreckliche Ding abzuwerfen. Zweitens kann ich den Gedanken nicht ertragen, dass unser Land das erste sein sollte, das eine solche Waffe einsetzt. "(8)

Von Japans Kapitulationsbereitschaft wusste auch Truman schon seit längerer Zeit. Der US-Nachrichtendienst hatte den japanischen Geheimcode entschlüsselt, sodass die amerikanischen Behörden über alle Telegramme Bescheid wussten, die zwischen Tokyo und Moskau oder Washington gewechselt wurden. Somit wussten die Amerikaner, dass die Japaner zu Friedensverhandlungen bereit waren unter der Bedingung, den Kaiser als Staatsoberhaupt und die Monarchie als Staatsform bestehen zu lassen.

In ihrem Ultimatum an das Kaiserreich forderten die Vereinigten Staaten, Großbritannien und das teilweise von den Japanern besetzte China am 26. Juli aber die bedingungslose Kapitulation.

Die Ost-West-Spannungen erreichten auf der Konferenz von Potsdam in der Frage zum Umgang mit Japan ihren vorläufigen Höhepunkt. Stalin hatte im Laufe der Verhandlungen immer wieder zur Teilnahme am Krieg in Süd-Ost-Asien gedrängt, hatte er doch, wie bereits erwähnt, gegenüber Roosevelt sowjetische Unterstützung zugesagt. Die Amerikaner erkannten jedoch, dass sich das Werben Roosevelts um die Teilnahme der Roten Armee durch den Besitz der Atombombe als unnötig erwiesen hatte. " Die USA brauchen Russland nicht mehr "(9), erklärte Kriegsminister Stimson deshalb auf der Konferenz. Schließlich wusste er, dass eine sowjetische Beteiligung auch mit territorialem Gewinn Stalins verbunden wäre.

Stalin reagierte verständlicherweise mit Protest; ihm kamen die politischen Entwicklungen in der Japanfrage ungelegen. Die Sowjetunion hatte starke Kräfte der Roten Armee im Osten Chinas konzentriert und den Neutralitätspakt mit Japan vorzeitig gekündigt. Doch die amerikanische Delegation ging nicht weiter auf Russland ein. Truman, Byrnes und Stimson befanden eher, dass die Atombombe so schnell wie möglich gegen Japan eingesetzt werden müsse, um den Krieg rasch zu beenden und damit sowjetisches Eingreifen zu verhindern.

Der Präsident ließ dem Kaiserreich noch eine Frist zur Annahme des Ultimatums.

" Die Waffe wird innerhalb des Zeitraums bis spätestens 10. August gegen die Japaner eingesetzt werden ", schrieb Truman in sein Tagebuch, nachdem er den Einsatzbefehl gegeben hatte.(10)

2.2 Die Situation Japans

Das Kaiserreich Japan stand kurz vor dem militärischen und politischen Zusammenbruch. Die Ver- bindung mit den Außenposten auf dem chinesischen Festland war durch amerikanische U-Boot-Operationen unterbrochen worden. Ständig wurden amerikanische Luftoffensiven gegen das ja- panische Mutterland von Saipan (Marianen) aus durchgeführt. Am 25. Februar 1945 hatten US- Geschwader einen Brandombenangriff gegen Tokyo geflogen, bei dem rund 28.000 Gebäude zer- stört und 84.000 Menschen getötet wurden. Ein weiterer Großangriff auf die Hauptstadt erfolgte in der Nacht vom 9. zum 10. März.

Deutschland und Italien hatten längst kapituliert; Japan war also von seinen einstigen Verbündeten isoliert.

Auch die sozialen und sanitären Verhältnisse in der japanischen Bevölkerung waren verheerend: die Reiszuteilungen waren auf ein paar Gramm reduziert, Millionen durch die anhaltenden Bombarde- ments der Amerikaner obdachlos geworden. Schließlich waren in den wichtigsten Städten 25 bis 50 Prozent des bebauten Gebietes verwüstet. Aus dieser ausweglosen Lage zog Kaiser Hirohito den Schluss, dass der Krieg auf keinen Fall gewonnen werden könnte. Darum verlangte er entgegen Brauch und Herkommen, dass der Krieg beendet werden sollte. Ein entsprechendes Fernschreiben, von Hirohito verfasst, wurde von den Amerikanern abgefangen.

Es stellt sich die Frage, warum die japanische Regierung nicht auf die von den Alliierten und China geforderte bedingungslose Kapitulation einging, obwohl der Kaiser zu raschen Friedensverhandlun- gen bereit war.

Japan lehnte die unbedingte Kapitulation ab, weil sie die Garantie für den Fortbestand der Monarchie und die Zukunft der "geheiligten Majestät des Kaisers" ausschloss. Hirohito hatte keineswegs die Absicht, sein Amt niederzulegen und auch für den größten Teil des japanischen Volkes und die Soldaten war der Rücktritt des Kaisers keine akzeptable Perspektive.

In Japan war die atomare Gefahr zudem nicht bekannt. In dem Ultimatum vom 26. Juli wurde ledig- lich mit der " totalen Vernichtung "(11) gedroht, nähere Angaben wurden nicht gemacht. Daher ließ sich das japanische Kabinett Zeit für die schwierigen Verhandlungen.

Am 28. Juli teilte Japan den USA die Ablehnung der unbedingten Kapitulation mit. Daraufhin versuch- ten die Vereinigten Staaten weder direkt noch indirekt mit den Japanern in Kontakt zu treten. Der Be- fehl für den Einsatz der Atombombe blieb bestehen.

3. Politische Motive für den Einsatz

" Es ist wahrhaftig gut für uns, dass nicht die Hitlerbande oder Stalin diese Atombombe entdeckt hat. Es handelt sich da ja offenbar um die schrecklichste Sache, die jemals entdeckt worden ist, aber man kann aus ihr auch die nützlichste machen. "(12)

Der Auszug aus Präsident Trumans Tagebuch lässt erahnen, dass die amerikanische Führungse- quipe mit dem Abwurf der Atombombe konkrete politische Ziele verfolgte. Laut offiziellen Angaben der US-Regierung gab die militärische Notwendigkeit den Anlass für den Einsatz der neuen Massen- vernichtungswaffe. Da eine Invasion der japanischen Hauptinseln unzähligen amerikanischen und japanischen Soldaten sowie einer großen Anzahl von Zivilisten das Leben gekostet hätte, sollte eine Kapitulation des Kaiserreiches so schnell wie möglich erzwungen werden. Nach Meinung einiger renommierter Historiker wie Michael Stürmer hätten die USA mit einem Sieg über Japan erst im Jahre 1949 rechnen können, da Japan noch über starke Kräfte auf dem chinesischen Festland verfügte und eine Invasion der Hauptinseln sehr zeitaufwändig gewesen wäre.

Neben der militärischen Notwendigkeit bewegten aber auch diplomatische Erwägungen die US-Regierung zum Einsatz der Waffe. Wie bereits in 2.2.2 angedeutet, war Truman seit dem Beginn seiner Amtszeit entschlossen, der Expansionspolitik Stalins in Osteuropa Einhalt zu gebieten und ebenfalls Einfluss auf die betroffenen Staaten zu bekommen, um westlich strukturierte Regierungen zu fördern und demokratische Wahlen nach westlichem Verständnis abzuhalten. Es war daher notwendig, ein indirektes Druckmittel zum Beispiel in Form einer neuen Massenvernichtungswaffe öffentlich zu demonstrieren. So konnten die USA besonders gegenüber der Sowjetunion ihr militärisches Potential und ihren Anspruch auf weltpolitische Vorherrschaft insbesondere für die Nachkriegszeit deutlich machen. " Wir brauchen die Atombombe weniger, um Japan zu besiegen, als in Europa ein leichteres Spiel mit den Russen zu haben. ", hatte Außenminister Byrnes bereits Anfang Juni erklärt.(13) Zudem konnte die Regierung darauf hoffen, dass Japan möglichst rasch kapituliert, damit die Rote Armee nicht mehr eingreifen und somit auch keinen Eroberungsfeldzug in Ost-China starten konnte.

In dem Kontext der politischen Motive müssen neben außenpolitischen Erwägungen aber auch innerpolitische Beweggründe erläutert werden. Sowie Truman als auch die Abgeordneten im Kongress wussten von dem immensen Kostenaufwand für die Arbeit am Manhattan-Projekt. Truman fürchtete öffentlichen Tadel, den er hätte erwarten müssen, wenn sich durch eine parlamentarische Untersuchung herausgestellt hätte, dass die Entwicklung der Atombombe am Ende keine erkennba- ren Resultate gezeigt hätte.

Schließlich kann der Einsatz noch als wissenschaftliches Feldexperiment gewertet werden, denn nach dem " Trinity "-Test in Alamogordo konnten Oppenheimers Wissenschaftler nur ungefähr die Wirkung der Bombendetonation auf Menschen und Gebäude bestimmen. So befahl Kriegsminister Stimson den Piloten der US-Air-Force, bei der Bombardierung von Tokyo und anderen japanischen Großstädten ihre Brandbomben so präzise wie möglich abzuwerfen, um Verluste bei der Zivilbevölkerung zu vermeiden. Er fürchtete, dass die USA bis zum Einsatz der Atombombe japanische Großstädte so sehr verwüstet hätten, " dass gar kein richtiges Operationsfeld mehr da wäre, auf dem die neue Waffe würde ihre Stärke unter Beweis stellen können. ", schrieb Stimson in sein Tagebuch.(14) Darum blieben die Bewohner von Hiroshima und Nagasaki von den konventionellen Bombardements weitgehend verschont. Zahlreiche Kritiker der Einsätze bezeich- neten deshalb die Opfer der Einsätze als "lebendige Versuchsobjekte".

4. Unmittelbare Folgen und Reaktionen

Als man Präsident Truman die Nachricht vom erfolgreichen Abwurf der Atombombe am 6. August 1945 überbrachte, sprach dieser vom " größten Ereignis der Geschichte ".(15)

Der zweite Einsatz, außerhalb der präsidialen Anweisungen lediglich auf den ursprünglichen Befehl gestützt, vier japanische Städte zu bombardieren, traf Japan mitten in den Vorbereitungen zur Kapitulation. Historiker wie Alperovitz meinen, dass die japanische Regierung direkt nach dem Angriff auf Hiroshima die Entscheidung traf, doch noch auf das Ultimatum einzugehen, hätte aber bis frühes- tens 10. August Zeit bekommen müssen, denn für eine Kapitulation wären zahlreiche Vorkehrungen zu treffen.

Dass das Kaiserreich am 14. August den Alliierten über Funk das Einverständnis zur bedingungs- losen Kapitulation mitteilte, war auch die Folge einer sowjetischen Großoffensive, die einen Tag vor dem Angriff auf Nagasaki begonnen hatte. Die Amerikaner hatten das Eingreifen der Roten Armee nicht mehr verhindern können. Sie fand noch Zeit für den Vorstoß in die Mandschurei, nach Korea, Südsachalin und auf die Kurilen. Die Sowjets hatten zuvor Millionen Soldaten der Chinesischen Volksbefreiungsarmee mit Waffen ausgerüstet. Diese beiden Armeen kämpften nun gemeinsam gegen die japanischen Streitkräfte.

Aufgrund der schwerwiegenden Umstände - das atomare Bombardement der Amerikaner und die effektive Offensive der Sowjets - unterzeichnete Japan am 2. September an Bord des Schlacht- schiffes " Missouri " in der Bucht von Tokyo die bedingungslose Kapitulation. Damit war der Zweite Weltkrieg beendet.

Nach Abwurf der Atombomben hatte Truman der japanischen Regierung schließlich doch die Beibehaltung des Kaisers zugestanden. Die Vermutung liegt nahe, dass es der US-amerikanischen Regierung bei ihren Forderungen an Japan nicht vordergründig um die Institution des Kaisers ging. Laut Alperovitz war die bedingungslose Kapitulation lediglich ein Vorwand, um die bei 3. genannten Ziele zu erreichen. Das heißt, die USA stellten absichtlich Forderungen, die für die japanische Regierung nicht annehmbar waren, damit die Bombe zum Einsatz kommen konnte.

Stalin reagierte auf den ersten Atombombeneinsatz am 6. August mit der Aussage: " Die Atombom- ben sind zur Einschüchterung von Leuten mit schwachen Nerven bestimmt. " Wie schon in 2.2.2 angedeutet, wusste der Diktator bereits vor der Unterredung mit Präsident Truman von den erfolgreichen atomaren Entwicklungen in den Vereinigten Staaten. Die Atomforschung im eigenen Land hatte ebenfalls einen guten Stand erreicht, doch bis zur Endmontage würde es noch einige Jahre dauern. Dass er im Wettlauf mit den USA nicht mithalten konnte, wusste Stalin schon vor den Einsätzen gegen Japan. Mit den Angriffen auf Hiroshima und Nagasaki war für die gesamte Weltgemeinschaft der Beweis erbracht, dass sich eine neue Waffe in amerikanischer Hand befand, deren Wirkung alle bisher bekannten Vernichtungsmittel weit übertraf und dass die Führer dieses mächtigsten Staates möglicherweise bereit waren, sie gegen andere Staaten einzusetzen, die sich nicht kooperativ zeigten. Folglich wusste Stalin, dass er weltpolitisch gegenüber den USA weiter in die Defensive gerückt wurde. Denn ihm war bekannt, dass seine aggressive Expansionspolitik in Osteu- ropa bei den Westmächten Ärger und Skepsis erregte, und dass diese nun mit Hilfe der Atom- bombe zusätzlichen Druck auf ihn ausüben würden. Doch Stalin hatte keineswegs die Absicht westliche Strukturen und demokratische Wahlen in den Satellitenstaaten einzuführen und somit Gefahr zu laufen, die kommunistisch-sowjetische Hegemonie zu gefährden.

Durch seine Reaktion zeigte der Diktator, dass er die politischen Motive des Einsatzes sofort durchschaut hatte. Truman wollte ihn durch sein Atomwaffenmonopol " einschüchtern ". Doch Stalin stellte klar fest, dass dies nur bei " Leuten mit schwachen Nerven " wirksam wäre. Er erklärte also indirekt, dass die Sowjetunion nicht von ihrer politischen Leitlinie abweichen würde, da ihre Regierung " starke Nerven " gegenüber den Amerikanern zeigen werde. Dieses Festhalten an der eigenen Oststaatenpolitik und das weitere Drängen der amerikanischen Regierung war Ausgangspunkt für einen anhaltenden Konflikt zwischen Ost und West.

4.1 Die amerikanische Außenpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg

Anders als nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte auf amerikanischer Seite nach Kriegsende kein Rückfall in den Isolationismus. Obwohl innerpolitisch Stimmen laut wurden, die das amerikanische Engagement nach Pearl Harbour lediglich als eine vorübergehende Angelegenheit angesehen hatten und nun nach dem Motto "Bring the boys back home" die Rückkehr der über 2,2 Millionen Soldaten forderten, fürchtete die Regierung, ein völliger Abzug der Truppen würde zur Folge haben, dass auch die politisch geschwächten westeuropäischen Staaten dem sowjetischen Einfluss ausgeliefert wären. Schließlich verfügte die Rote Armee in Europa über mehr als 4 Millionen Soldaten.

Darum regulierte Truman die Anzahl der Soldaten in Mittel- und Westeuropa zunächst auf 400.000 Mann, um die amerikanische Öffentlichkeit wenigstens teilweise zu befriedigen. Doch die militärische Übermacht der UdSSR sowie andere politische Entwicklungen in Europa bereiteten ihm auch weiter- hin Sorgen. Stalin war nach der Potsdamer Konferenz und dem Einsatz der neuen Waffe nicht auf Trumans Forderungen nach demokratisch bestimmten Regierungen in den Oststaaten eingegangen. Vielmehr festigte er auch hier von Moskau gesteuerte Terrorregimes mittels polizeistaatlicher Methoden und Ausschaltung politisch Andersdenkender. Der Bereich der ideologischen Gegensätze insbesondere in der Auffassung der Freiheit des Einzelnen (Meinungs- und Redefreiheit)war längst Hauptmotiv für die Spannungen zwischen Ost und West geworden.

Auch die Deutschlandfrage und der amerikanische Baruch-Plan zur Übergabe aller Atomwaffen an eine zu schaffende internationale Behörde für Atomentwicklung und einer Über- wachung aller Atom- energievorhaben erregten Streitigkeiten. Stalin lehnte den Plan strikt ab, da er einen Vorwand zur Aufrechterhaltung des amerikanischen Atomwaffenmonopols und eine Einschränkung sowjetischer Atomforschung vermutete. Zudem sorgten zahlreiche militärpolitische Konfliktfälle für gegenseitiges Misstrauen.

Das Zusammenwirken dieser und anderer Vorgänge löste auf amerikanischer Seite ein Gefühl der Enttäuschung und Ernüchterung aus. Man hatte vor Kriegsende gehofft, durch Ausgleich und Zu- sammenarbeit der Weltmächte ein internationales Friedenskonzept auf Grundlage der UN-Charta durchzusetzen.

Nach Kriegsende wuchs aber die Erkenntnis, dass die UdSSR keineswegs daran interessiert war, auf US-Amerika einzugehen, weder durch politischen noch wirtschaftlichen Druck noch durch die Tatsache der Funktionsfähigkeit der Atombombe. Vielmehr noch sahen sich die Amerikaner nun in ihren eigenen Einflussbereichen bedroht. Die Bereitschaft, mit den Sowjets zusammenzuarbeiten, wurde darum Anfang des Jahres 1946 rasch geringer. Im Januar stellte Außenminister Byrnes inoffizielle Kontakte zu sowjetischen Diplomaten ein. Im Februar telegrafierte der Botschaftsrat der amerikanischen Vertretung in Moskau, George F. Kennan, an Truman und erklärte, dass die Sowjetunion nach innen und außen nicht liberaler, sondern noch autoritärer und aggressiver werden und derzeit versuchen würde, auch in Eurasien und im Nahen Osten Einfluss auszuüben, und deren Ziel die Zerstörung der " traditionellen Lebensgewohnheiten und des nationalen Ansehens "(16) der Vereinigten Staaten sei. Daher forderte er die Zurückdrängung des sowjetischen Machtbereichs.

Ab der zweiten Hälfte des Jahres 1946 zeichnete sich daher eine radikale Umorientierung in der amerikanischen Außenpolitik ab. Die USA begannen sich mit der Entsendung zusätzlicher amerika- nischer Truppen auf eine längere Anwesenheit auf dem europäischen Kontinent einzustellen. Auf der zweiten Außenministerkonferenz in Paris lehnten die USA entgegen sowjetischer Forderungen Repa- ratioen aus den Westzonen mit dem Hinweis auf die schwierige wirtschaftliche Lage in Deutschland ab. Die Amerikaner zeigten sich bestrebt, eine gemeinsame Wirtschaftszone mit Großbritanien zu bilden, scheiterten jedoch am Widerstand der Sowjetunion. Am 6. September kündigte Byrnes be- reits materielle und politische Unterstützung der Deutschen an und kritisierte indirekt die ausbeuteri- sche Reparationspolitik der UdSSR. Die Fronten der amerikanischen und sowjetischen Interessens- sphären erhärteten sich und Stalin sprach bereits von " Hetzern des Dritten Weltkrieges ", (17), die auf westlicher Seite gegen die Sowjets agierten.

Als Präsident Truman schließlich am 12. März 1947 seine berühmte Rede vor dem amerikanischen Kongress hielt, die die neue politische Leitlinie der "Eindämmung" (containment-policy) öffentlich machte, war der Konflikt zwischen Ost und West nicht mehr zu leugnen. Anlass für die sogenannte Truman-Doktrin waren die politischen Entwicklungen in der Türkei und Griechenland, wo nach ameri- kanischer Auffassung von Moskau gesteuerte Untergrundbewegungen einen kommunistischen Um- sturzversuch planten. Truman verkündete in der Rede, dass Griechenland, der Türkei und allen an- deren freien Völkern, die vom Kommunismus bedroht seien, amerikanische Unterstützung in Form von wirtschaftlicher und militärischer Hilfe erhalten würden.

" In jüngster Zeit wurden den Völkern einer Anzahl von Staaten gegen ihren Willen totalitäre Regie- rungsformen aufgezwungen. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat immer wieder gegen den Zwang und die Einschüchterungen in Polen, Rumänien und Bulgarien protestiert, die eine Verletzung der Vereinbarungen von Jalta darstellen. [...] Ich glaube, es muss die Politik der Vereinigten Staaten sein, freien Völkern beizustehen,die sich der angestrebten Unterwerfung durch bewaffnete Minder- heiten oder durch äußeren Druck widersetzen. ", hieß es in der Rede.(18) Die Truman-Doktrin kenn- zeichnete den Beginn der Eindämmungspolitik und damit das endgültige Ende der Zusammenarbeit mit der UdSSR. Der Marshallplan, benannt nach Außenminister George C. Marshall, der im Januar Byrnes Nachfolger geworden war, als Angebot finanzieller Aufbauhilfe an die Staaten Europas unter Einschluss des Ostens kann als Konkretisierung der Truman-Doktrin gewertet werden. Hinter dem Konzept stand das Ziel, Europa ökonomisch so stark zu machen, dass es weniger anfällig für extre- me politische Tendenzen wird. Die US-Regierung verwies dabei auf Erfahrungen aus der Weimarer Republik. Zudem wurden die Staaten Europas stärker an die USA gebunden.

Die Sowjetunion lehnte wirtschaftliche Hilfe der USA entschieden ab und auf den Moskauer Druck mussten auch die Regierungen der Satellitenstaaten auf Unterstützung verzichten. Einen Monat nach der Rede Trumans prägte der Journalist Walter Lippman als erster den Begriff "Kalter Krieg".

4.2 Fazit: Einfluss der amerikanischen Außenpolitik auf die Entstehung

des Ost-West-Konflikts nach dem Zweiten Weltkrieg

In der Zeit von 1945 bis 1947 wurde die amerikanische "Politik der Geduld" durch die politsche Leitlinie der "Eindämmung" abgelöst. Roosevelt war bis zu seinem Tod einer konzessionsbereiten Beziehung zur UdSSR gefolgt, um Zusammenarbeit zu ermöglichen. Truman gab im März 1947 jegliche Form von Kooperation auf. Dazwischen lag eine Zeit, in der Truman zwar Kooperation suchte, allerdings auf der Basis der "Einschüchterung" durch die Drohung politischer Druckmittel wie der Atombombe, um Stalin für die Forderungen der Amerikaner zu gewinnen. Dabei muss die Atombombe als spezifisches Instrument dieser Politik gesehen werden, und ihr Einsatz durchaus als ein öffentlicher Beweis für die militärische und politische Stärke der Vereinigten Staaten besonders gegenüber der aufstrebenden Sowjetunion.

Die Containment-Politik war meiner Ansicht nach das Produkt eines langen Prozesses, der mit der Ernüchterung begann, dass die Sowjets keinesfalls bestrebt waren, den von den Westalliierten konzipierten One-World-Gedanken aufzugreifen, sondern unbeeindruckt auf ihren Positionen beharrten. Die neue interventionistische Außenpolitik kann daher als notwendige Reaktion auf friedensgefährdende Absichten der UdSSR gewertet werden. Die Amerikaner sahen die einzige Chance auf Frieden in der Nachkriegszeit in freien Wahlen und der Bekämpfung von imperialis- tischen Machenschaften. Dies war ihr gutes Recht, denn sie beriefen sich dabei auf die Beschlüsse von Jalta(Selbstbestimmungsrecht der Völker)und auf die von US-Amerika und Großbritannien kreierte Atlantikcharta von 1941. Darin heißt es: " [...] sie achten das Recht aller Völker, sich die Regierungsformen zu wählen, unter der sie leben möchten. Sie wünschen die obersten Rechte und die Selbstregierung der Völker wiederhergestellt zu sehen [...]. "(19) Gegen diesen Punkt hatten die Sowjets klar verstoßen und daher hatten die USA meiner Meinung nach das Recht und die Pflicht, als Supermacht in diese gefährliche Entwicklung in Europa, Eurasien und im Mittleren Osten einzugreifen.

Die Anti-Hitler-Koalition zerbrach somit nicht allein an den grundlegenden Unterschieden in den gesellschaftlichen und politischen Weltanschauungen, sondern vielmehr an den gegenseitigen Bemühungen um regionale Einflusszonen in der Welt, womit die Sowjetunion allerdings sehr aggressiv und herausfordernd begonnen hatte und daher den USA einen konkreten Anlass gab, zu glauben, dass auch eine Sowjetisierung der eigenen Einflusszonen möglich wäre.

Im Angesicht der Tatsache, dass die Containment-Politik und die provozierende Demonstration der amerikanischen Stärke durch den Einsatz der Atombombe einen nuklearen Wettlauf in Gang setzen und die UdSSR im Jahre 1949 auch die Atombombe besitzen sollte, kann das Konzept Trumans, durch Zurückdrängung des sowjetischen Hegemonialbereichs den Weltfrieden zu sichern, aber als gescheitert und als Grundlage für die Entstehung des Ost-West- Konfliktes betrachtet werden. Denn bis 1989/90 sollte ein nukleares Wettrüsten und ständiges Misstrauen der zwei Weltmächte gegen- einander die Welt mehrmals an den Rand einer atomaren Katastrophe führen, die mit großer Wahr- scheinlichkeit das " Ende der Geschichte der Menschheit " (Eisenhower) bedeutet hätte.(20)

Literaturverzeichnis

Bücher

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Bedürftig, F., Die aktuelle deutsche Rechtschreibung von A bis Z, Köln o. J.

Brockhaus, F. A., Der Brockhaus in einem Band, Leibzig 2002

Dahms, H.G., Grundzüge der Geschichte der Vereinigten Staaten, Darmstadt 1983

Grote, A. E. J., Der farbige Ploetz - Die illustrierte Weltgeschichte, Freiburg o. J.

Dippel, H., Geschichte der USA, München 1996

Geiss, I., Epochen und Strukturen - Grundzüge einer Universalgeschichte für die Oberstufe, Frankfurt am Main 1996

Lingen, V., Lebendige Geschichte, Bergisch Gladbach 1995

Scowen, P., USA - Ein Schwarzbuch, Montreal 2002

Moltmann, G., USA-Ploetz: Geschichte der Vereinigten Staaten zum Nachschlagen, Freiburg 1998

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Zitatverzeichnis

[...]


1 Osada, A., Kinder von Hiroshima, Berlin 1984, S. 30 f.

2 Scowen, P., USA - Ein Schwarzbuch, Montreal 2002, S. 51

3 Geschichte in Quellen, Band 5, München 1980, S. 576 f.

4 Djilas, M., Gespräche mit Stalin, Frankfurt am Main 1962, S. 146

5 Moltmann, G., USA-Ploetz: Geschichte der Vereinigten Staaten zum Nachschlagen, Freiburg 1998, S. 116

6 www.hausarbeiten.de/faecher/hausarbeit/po6/22172.html

7 < Anm. 6 >

8 www.jeanne-darc.de/html/hiroshima.html

9 Dahms, H. G., Grundzüge der Geschichte der Vereinigten Staaten, Darmstadt 1983, S.

10 Ferrell, R. H., Off the record: the private papers of Harry S. Truman, New York 1980, S. 61

11 < Anm. 9 >, S. 152

12 < Anm. 10 >, S. 74

13 < Anm. 5 > , S. 115

14 Lifton und Mitchell,R. J. und G., Hiroshima in America: A half century of denid, New York 1995, S.154 f.

15 Ebd., S. 23

16 www.bpd.de/publikationen/ZATPNC,3,0,Ursachen_und_Entstehung_des_Kalten_ Krieges

17 Ebd.

18 Geschichte in Quellen, Band 6, München 1980, S. 576 f.

19 Schönbrunn, G., Weltkriege und Revolutionen 1914 - 1945, München 1979, S. 491

20 Grote, A. E. J., Der farbige Ploetz - Die illustrierte Weltgeschichte, Freiburg o. J., S. 430

Eidesstattliche Erklärung

Hiermit erkläre ich an Eides Statt, die vorliegende Arbeit selbstständig und nur unter Verwendung der angegebenen Literatur und Hilfsmittel angefertigt zu haben.

Sanitz, den 27. Februar

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Der Einsatz der Atombombe 1945 - Demonstration der amerikanischen Stärke?
Note
1
Autor
Jahr
2005
Seiten
14
Katalognummer
V109582
ISBN (eBook)
9783640077625
Dateigröße
359 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einsatz, Atombombe, Demonstration, Stärke
Arbeit zitieren
Danny Michelsen (Autor:in), 2005, Der Einsatz der Atombombe 1945 - Demonstration der amerikanischen Stärke?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109582

Kommentare

  • Gast am 1.10.2005

    Warum?.

    Man sollte auch einmal die Arbeiten von Frank Krüger und anderen berücksichtigen, wonach die A-Bomben abgeworfen wurden, damit die USA noch vor den Sowjets an das japanische Raubgold gelangten.

    http://www.saar-echo.de/de/art.php?a=24729

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