Gruppenerziehung im Internat - Interaktionen einer Jungengruppe


Diplomarbeit, 2005

72 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Einleitung

2. Definition der Gruppe
2.1 Die Bedeutung der Gleichaltrigengruppe
2.1.1 Die Bedeutung der Gleichaltrigengruppe aus entwicklungspsychologischer Sicht
2.1.2 Die Bedeutung der Gleichaltrigengruppe aus sozialisationstheoretischer Sicht

3. Peer Education Konzepte
3.1 Makarenkos Kollektiverziehung
3.1.1 Ziele der Kollektiverziehung
3.1.2 Methoden der Kollektiverziehung
3.2 Positive Peer Culture
3.2.1 Ziele von PPC
3.2.2 Methoden der Gruppenentwicklung

4. Die Frage der Moralentwicklung

5. Jungengruppen als soziales System
5.1 Das Robbers Cave Experiment
5.2 Cottage Six
5.3 Die Hessenhausgruppe
5.3.1 Analyse und Interpretation einer Gruppendiskussion

6. Gruppenentwicklung in drei Phasen
6.1 Soziometrischer Status der Gruppe
6.1.1 Speisesaal-Sitzordnung
6.1.2 Zimmerumfrage
6.2 Einführung von prosozialen Gruppennormen
6.3 Etablierung einer prosozialen Gleichaltrigenkultur

7. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Anhang
Piratenkodex
Hessenhauskodex
Abbildung 1: Polskys Diamant
Abbildung 2: Die Hessenhausgruppe in der Darstellung Polskys Diamant
Abbildung 3: Gruppenentwicklung in drei Phasen
Abbildung 4: Soziogramm„Zimmerumfrage September 2004“
Abbildung 5: Soziogramm„Zimmerumfrage Januar 2005“
Abbildung 6: Soziomatrix Zimmerumfragen

Vorwort

Im Februar 2005 besuchte ich das „Jugendkolleg am See“, eine kleine, private Jugendhilfeeinrichtung am Bodensee, die mit dem „Positive Peer Culture“-Konzept arbeitet. Dieser Studienbesuch verlief weitaus interessanter als erwartet. Die Gespräche mit der dortigen Leiterin und die Teilnahme an einer Gruppensitzung gewährten mir bemerkenswerte Einblicke in die deutschlandweit bisher einmalige Adaption des amerikanischen Erziehungsmodells. Angesichts der Tatsache, dass die Hoffnungen, die ich auf Herbert Colla, Professor für Sozialpädagogik an der Universität Lüneburg und Mitherausgeber eines Buches über die Glen Mills Schools, setzte, leider enttäuscht wurden, bin ich dem Jugendkolleg dafür besonders dankbar.

Um mich eingehender über pädagogische Modelle wie Positive Peer Culture zu informieren, war ich daher auf eigene Recherchen angewiesen. Es gestaltete sich allgemein schwierig Literatur zu diesem Thema zu finden. Am Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Freiburg gibt es das Wahlfach Gruppenpädagogik. Die dortigen Mitarbeiter reagierten zwar auf mein Anschreiben, konnten mir aber nicht weiterhelfen. Sie hatten von Positive Peer Culture noch nichts gehört. Daneben stieß ich bei der Literatursuche und der Recherche mit dem Schlagwort „Gruppenerziehung“ auch auf Kurioses. Für den Suchbegriff „Gruppenerziehung“ ermitteln Suchmaschinen im Internet eine Unmenge Treffer. Es ist jedoch keiner dabei, der sich mit pädagogischen Themen befasst. Gruppenerziehung wird in diesem Medium ausschließlich als Begriff aus dem Erotikbereich gehandelt.

Zu den Ausführungen über Makarenkos Kollektivpädagogik ist zu sagen, dass die kritischen Seiten dieser Form der Gruppenpädagogik außer Acht gelassen werden, da es in erster Linie auf eine Darstellung der Methodik für den Vergleich mit anderen Konzepten ankommt und nicht auf eine vollständige Würdigung des pädagogischen Konzeptes von Makarenko.1

1. Einleitung

„Was dem Schwarm nützt, das nützt auch der einzelnen Biene.“ (Marc Aurel)

Nach mehreren Jahren Berufserfahrung als Gruppenerzieher in einer mittelhessischen Jugendhilfeeinrichtung stellten sich bei mir Zweifel darüber ein, ob dem Prinzip der Förderung „der individuellen und sozialen Entwicklung“, wie es im Kinder- und Jugendhilfegesetz gefordert wird, nicht allzu oft der Anspruch auf „Erziehung zu einer gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“2 zum Opfer fällt. Einerseits lernte ich ein hoch professionalisiertes Berufsfeld kennen, in dem Erziehung als individuelle Hilfe für Heranwachsende verstanden immer wieder flexibel auf die jeweiligen Umstände ausgerichtet wird - und dabei nicht selten ein Spagat zwischen Einzelfallhilfe und allgemein gesellschaftlichen und gesetzlichen Anforderungen schafft - andererseits konnte ich innerhalb der relativ kurzen Zeitspanne das Scheitern etwa der Hälfte der Maßnahmen miterleben! In der erwähnten Einrichtung gab es Wohngruppen mit Platz für bis zu acht Jungen aus dysfunktionalen Familien mit teils delinquenten, teils neurotischen oder aggressiven Verhaltensauffälligkeiten. Die Unterbringung erfolgte gemäß dem Kinder- und Jugendhilfegesetz und sah individuelle Hilfen im Sinne von besonderen Beschulungsformen, berufsvorbereitenden Maßnahmen, Praktika oder sonstigen Fördermaßnahmen und lebenspraktischer Unterstützung vor.

Die an sich günstigen Voraussetzungen durch qualifizierte Betreuung und hochwertige Ausstattung der Gruppen konnte nicht verhindern, dass selbst Jungen, die scheinbar verändert und mit guten Vorsätzen aus erlebnispädagogischen Maßnahmen in eine Wohngruppe kamen, oft innerhalb kurzer Zeit wieder in ihre alten Verhaltensmuster zurückfielen. Schon leicht resignativ und ohne eine schlüssige Erklärung wurde festgestellt, dass der Alltagstransfer des Gelernten nicht gelungen sei. Irgendwie waren die erworbenen sozialen Kompetenzen trotz positiver Prognose auf der Strecke geblieben. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt auch keine bessere Erklärung für das Scheitern der Maßnahmen.

Der Jenaer Pädagogikprofessor Michael Winkler liefert jedoch eine mögliche Antwort auf diese Frage. Er befindet hinsichtlich moderner Jugendhilfestrukturen:

„Eine Vielzahl von unterschiedlichen, an und für sich plausiblen und auch guten Maßnahmen werden auf den Einzelnen projiziert, der jedoch keine Sicherheiten und Orientierungen findet.“3

Fehlende Sicherheiten und Orientierungen in Verbindung mit mangelnden Ordnungsstrukturen können Jugendliche an ihrer Lebensbewältigung scheitern lassen. Aber warum sollten sie wieder delinquentes Verhalten zeigen?

Das Buch, das mir darauf wie eine Erleuchtung vorkam, heißt „Ist Erziehung sinnlos?“ und stammt von der wissenschaftlich wenig renommierten Amerikanerin Judith Harris. Harris vertritt auf radikale Weise die Position, dass herkömmliche Erziehungsinstanzen wie sie von Erwachsenen repräsentiert werden, allen voran Schule und Familie, keinen nennenswerten erzieherischen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen haben, dass mithin die „Erziehungs- Hypothese“ ein großer Irrtum sei. Stattdessen sei die Gleichaltrigengruppe der entscheidende Sozialisationsfaktor für Kinder und Jugendliche. Diese Perspektive rückt die Gruppe als Lebens- und Erziehungsgemeinschaft im Verhältnis zur individuellen Ausrichtung der Jugendhilfe in ein anderes Licht. Heranwachsende zeigen unsoziales Verhalten größtenteils in der Gruppe und begehen Straftaten vornehmlich aus Gruppenzusammenhängen heraus, weil in solchen Gruppen, wie zu zeigen sein wird, subkulturelle Normen herrschen. Trotzdem entspricht es nicht dem fachlichen Selbstverständnis der Jugendhilfe, die Reaktionen auf Vorgänge in Gruppensettings abzustellen. Eine auf kollektive Maßnahmen setzende Reaktion ist der Jugendhilfe fremd.4 Dagegen legt Harris den Schluss nahe, dass eine gelingende Einflussnahme nur über die Gleichaltrigengruppe funktionieren kann.

Die vorliegende Arbeit hat den Titel „Gruppenerziehung im Internat - Interaktionen einer Jungengruppe“. Der erste Teil des Titels deutet an, dass die folgenden Ausführungen von Gruppenerziehung im Unterschied zu individuellen Erziehungsansätzen handeln. Im Verständnis dieser Arbeit konstituiert sich Gruppenerziehung durch die folgenden Dimensionen. Die pädagogischen Mitarbeiter sehen sich mit einer größeren Anzahl von Kindern konfrontiert, die in einer Gruppe zusammenleben und im Zusammenleben eine umfassende Erziehung erfahren. Die erzieherische Wirkung vollzieht sich hauptsächlich über Anstöße für die Gruppe, die sich dann wiederum auf den Einzelnen auswirken. Das Gruppenleben entwickelt eine distinkte Struktur, die überwiegend von Interaktionen zwischen den Gleichaltrigen geprägt wird und nicht durch das pädagogische Verhältnis von Erwachsenen zu Kindern.

Gruppenerziehung unterscheidet sich von Gemeinschafts- oder Gesellschaftserziehung, denn Gesellschaftserziehung setzt sich zum Ziel den Menschen „Gemeinschaftssinn anzuerziehen und die Kräfte, die das Gemeinschaftsleben tragen müssen, zu entwickeln“.5 Dafür weist Gruppenerziehung Parallelen zu Formen von kollektiver Erziehung auf, die den Erzieher als Initiator des Bildungsgeschehens sehen, den eigentlichen Bildungsprozess aber als kollektives Geschehen verstehen, das jeden Einzelnen in die Abläufe einbettet und das zu großen Teilen selbständig stattfindet.6 Ein Internat liefert das klassische Setting, in dem Erziehung in Gruppen organisiert wird und in institutionalisierten Zusammenhängen geschieht.

Das erste Kapitel des Hauptteils handelt von der allgemeinen Bedeutung der Gruppe und dem speziellen Einfluss der Gleichaltrigengruppe. Ich habe im Vorfeld theoretische Modelle gesucht, die Gruppenerziehung zum Gegenstand haben. Zwei Beispiele werde ich vorstellen. An die Darstellung dieser zwei Ansätze schließt sich der Versuch an, anhand ihrer gedanklichen Zusammenführung eine Konzeptidee für die Erziehungsarbeit mit Gruppen im Internat zu entwickeln. Einen weiteren theoretischen Beitrag dazu leisten die Ausführungen über Merkmale von Jungengruppen als soziale Systeme. In diesem Zusammenhang gehe ich auf das bekannte Robbers Cave Experiment von Muzafer Sherif und auf eine Studie von Howard Polsky ein. Nach dem Rückgriff auf die Theorie beschreibe ich eine Reihe von praktischen Ansätzen der Arbeit mit einer Gruppe von 11-15jährigen Jungen, die im Internat Steinmühle zusammenleben.7 Gegenstand der Untersuchungen sind alltägliche Interaktionen innerhalb dieser Gruppe. Es handelt sich dabei um die Analyse einer Gruppendiskussion, soziometrische Verfahren zum besseren Verständnis von Gruppenstrukturen und dem Entwurf für ein Phasenmodell der Gruppenentwicklung, das die Arbeit abschließt.

Theorien, die das Erziehungsgeschehen als dyadische Beziehung von Erzieher und Zögling beschreiben, sind allgemein verbreitet. Daneben werden Gruppen meistens nur im Zusammenhang mit Jugendsozialarbeit wahrgenommen wie sie Träger der offenen Jugendarbeit anbieten und vor dem Hintergrund von gruppendynamischen Modellen betrachtet. In dieser Sichtweise beschränkt sich der Blick auf Gruppenabläufe in offenen Jugendszenen, Jugendclubs oder während Ferienfreizeiten. Aktuelle Forschungsbeiträge, die eine Betrachtung von Erziehungsabläufen in Gruppen in vollständigen Lebenszusammenhängen - wie etwa einem Internat - leisten, sind schwer zu finden. Winkler meint zu dem herrschenden Mangel an Forschung zu kollektiver Erziehung:

„Damit fehlt eine pädagogisch relevante Forschung zur Erziehung im Gruppenzusammenhang. So gibt es weder systematische und kategoriale Überlegungen zu dieser, auch keine zeitdiagnostisch inspirierten Ansätze, die einen Zusammenhang zwischen Sozialisationsbedingungen und insbesondere den Problemstrukturen herstellen, welche die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen bestimmen. (..) Noch mehr besteht ein Mangel an empirischen Befunden.“8

Daraus ergibt sich die zentrale Aufgabenstellung für diese Arbeit, in der es darum gehen soll Bestandteile der verschiedenen Konzepte auf ihre Relevanz und Anwendbarkeit für die Gruppenerziehung im Internat hin zu prüfen und die Frage zu beantworten, wie sich der Gegensatz von institutionell gewünschten und subkulturell verankerten Verhaltensnormen im Gruppenzusammenhang aufheben lässt. Das Ergebnis müsste einen Beitrag dazu leisten, den von Winkler beschriebenen Mangel an empirischen Befunden zu verringern.

Die Quellenlage für das von mir gewählte Thema ist nicht gerade erdrückend. So findet sich kein Standardwerk, das sich mit Gruppenpädagogik oder Heimerziehung befasst. Ein Sammelwerk neueren Datums über Peer Education, herausgegeben von Martin Nörber, liefert leider nicht den erhofften Überblick. Die Schlagwörter „Gruppenerziehung“ und „Gruppenpädagogik“ führen bei der Literatursuche sehr schnell zu Makarenko. Daher nimmt Makarenko einen relativ großen Raum im Rahmen dieser Arbeit ein. Von vergleichbarer Wichtigkeit sind daneben die Werke von Judith Harris, Harry Vorrath und Larry Brendtro und verschiedene Beiträge aus Lehrbüchern der Sozialpsychologie. Bei den Teilwerken aus größeren Bänden sind die Reflexionen von Michael Winkler zum Thema Heimerziehung hervorzuheben. Außerdem habe ich Aufsätze aus Zeitschriften, davon einige zur Entwicklungspsychologie aus dem englischsprachigen Raum, verwendet und, wenn es nicht anders möglich war, auf Quellen aus dem Internet zurückgegriffen.

2. Definition der Gruppe

Gegenstand dieser Arbeit sind Formen der Gruppenerziehung und die Anwendung von Teilen einschlägiger Konzepte auf eine Jungengruppe im Internat. Um sich dem Forschungsgegenstand zu nähern, erscheint es sinnvoll, zunächst den Begriff „Gruppe“ genauer zu definieren. Die charakteristischen Eigenschaften einer Gruppe im Allgemeinen können einen Eindruck davon vermitteln, welche Prozesse sich in der konkreten Gruppe im Einzelnen tatsächlich abspielen. Damit ist die Erwartung verbunden, dass sich charakteristische Merkmale in der Internatsgruppe wiederfinden und das dazu beiträgt die Gruppe einer Analyse zugänglicher zu machen.

Je nach Arbeitsbereich und Forschungsgegenstand gibt es eine Vielzahl möglicher Definitionen für „Gruppe“. Der Sozialpsychologe Alexander Thomas warnt davor die Definition zu allgemein zu fassen, weil sich sonst keine besonderen Merkmale mehr für die Analyse erschließen lassen. Genauso ungeeignet sei eine enge Definition, da dann zu wenige Aspekte berücksichtigt würden und sich kein tieferes Verständnis der Gruppenprozesse einstellen könne. Thomas empfiehlt einen Mittelweg, den ich als Arbeitsdefinition festhalten möchte:

„Von einer Gruppe kann man dann sprechen, wenn zwei oder mehr Personen miteinander in Beziehung stehen, gemeinsame Ziele verfolgen und bestimmte Normen beachten, die dann ihr Verhalten steuern, und die gegenseitige Rollenerwartungen und affektive Beziehungsstrukturen untereinander entwickeln.“9

Diese Definition fasst einen großen Teil der Phänomene, die in den folgenden Kapiteln eine Rolle spielen werden. Gruppenzusammenhalt und Gruppendruck, die Ziele und Normen, nach denen sich eine Gruppe ausrichtet, und die mit der Implementierung eines Ansatzes der Gruppenerziehung verbundene Hoffnung auf eine verbesserte Form der Verhaltenssteuerung werden von dieser Definition angesprochen. Des Weiteren zählt Manfred Sader eine Reihe von Kriterien auf, um den Charakter und die Struktur einer Gruppe zu beschreiben. Diese Auflistung geht über die Grenzen der oben genannten Definition hinaus. Für die Mitglieder der Jungengruppe im Internat gilt hinsichtlich dieser Kriterien, dass sie sich als zusammengehörig empfinden, dass sie mehr Interaktionen untereinander haben als nach außen, dass sie sich mit einer gemeinsamen Bezugsperson, nämlich dem Verfasser in seiner Funktion als Hausleiter, identifizieren und dass sie räumlich wie zeitlich von anderen Individuen der Umgebung getrennt sind.10

Auf eine weitere Abgrenzung im Sinne offener und geschlossener, formeller und informeller Gruppen kann im Rahmen dieser Arbeit verzichtet werden. Die Arbeitsdefinition hat sich um einige konkrete Punkte erweitert und die Frage, welche Prozesse innerhalb der zu betrachtenden Gruppe eine Rolle spielen, ist für den Moment hinreichend beantwortet.

2.1 Die Bedeutung der Gleichaltrigengruppe

In diesem Kapitel soll es um die Frage gehen, ob die Gleichaltrigengruppe für die beiden Lebensphasen der späten Kindheit und des früheren Jugendalters eine herausragende Bedeutung hat. Die entsprechende These wird von Vertretern zweier verschiedener Bereiche der Sozialwissenschaften vertreten. Sie wird allerdings unterschiedlich nuanciert.

Für den einen Zweig der Sozialforschung bezieht sich die These auf die Bedeutung der Gleichaltrigen im Zusammenhang mit Veränderungen im Lebenslauf und den damit verbundenen Entwicklungsstufen. Mit dieser Fragestellung befasst sich die Disziplin der Entwicklungspsychologie. Die andere Disziplin ist die Sozialisationstheorie. Sie beschäftigt sich allgemein damit, „wie in komplexen Strukturen soziale Integration hergestellt werden kann“, und wie sich der Mensch in der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt „zu einer sozial handlungsfähigen Persönlichkeit bildet“.11 Damit wird die Frage aufgeworfen, wie die Gleichaltrigengruppe als Umweltfaktor auf die Sozialisation von Kindern und Jugendlichen einwirkt.

Es fällt auf, dass sich verschiedene Autoren aus beiden Lagern über die erzieherische und sozialisierende Bedeutung der Gleichaltrigengruppe weitgehend einig sind. Wie bereits angedeutet heben sie lediglich verschiedene Aspekte aus ihrer jeweiligen Sichtweise besonders hervor.12 Vertreter der Sozialisationstheorie schätzen die Bedeutung der Gleichaltrigengruppe höher ein als Vertreter der Entwicklungspsychologie. Zinnecker beruft sich auf Untersuchungen, die zeigen, dass die herkömmlichen Erziehungsinstanzen wesentlich an Einfluss eingebüßt haben und entscheidende Beiträge zur Sozialisation nicht mehr von der älteren Generation, sondern von der Gleichaltrigengruppe geleistet werden.13

Diese Interpretation geht Hurrelmann zu weit. Die Umweltbedingungen, die Art und Weise und Zeitpunkt der Bildung von Gleichaltrigengruppen bestimmen, hätten sich zwar verändert - zum Beispiel habe sich die Hinwendung zu den Gleichaltrigen aufgrund der früher einsetzenden Pubertät im Vergleich zur Mitte des letzten Jahrhunderts um über zwei Jahre nach vorn verschoben - der Sozialisationseinfluss von Familie und Schule sei aber nicht verschwunden, er habe „nur seine Form verändert und sich an die Strukturen einer individualisierten Gesellschaft angepasst“14.

Die amerikanische Sozialwissenschaftlerin Judith Harris beschreitet einen dritten Weg. Sie versucht die beiden Ansätze miteinander zu verbinden und sieht keinen Grund die Fragestellungen der Sozialisationsforschung von den entwicklungsmäßigen Veränderungen zu trennen. Harris spricht von „zwei Seiten derselben Münze“15.

Die von Harris vertretene Position impliziert einige interessante Annahmen. Ihr Gedankengang führt sie über die Metaanalyse einiger bedeutender Sozialisationsstudien dazu, deren empirische Ergebnisse und vor allem ihre Interpretation grundlegend in Frage zu stellen. Sie geht davon aus, dass die Forschung bisher blind war für eine Erkenntnis, die eigentlich naheliegend erscheint. Auch sei der Blick der Entwicklungspsychologie verengt, weil er den Einfluss der Umwelt und besonders der Gleichaltrigengruppe ungenügend beachte, obwohl in westlichen Gesellschaften die Gleichaltrigen und nicht die Familie die „psychologisch signifikante“ Gruppe seien.16 So widerlegt Harris die Erziehungshypothese, nach der die Eltern und die Familie als primäre Sozialisationsinstanzen den entscheidenden erzieherischen Einfluss auf Kinder und Jugendliche haben. Nach Harris haben weder die Erziehung in der Familie noch persönliche Freundschaften einen dauerhaften Einfluss auf die Entwicklung der Persönlichkeit - dafür aber um so mehr die Gleichaltrigengruppe. Im wesentlichen reduziert Harris die Rolle der Eltern auf die Mitgift der Gene.

„Kinder werden mit bestimmten Eigenschaften geboren. Aufgrund ihrer Gene haben sie die Veranlagung, sich zu einer bestimmten Persönlichkeit zu entwickeln. Doch das Milieu kann sie verändern. Nicht die Erziehung, nicht das Milieu, das ihre Eltern ihnen bieten - sondern die Welt außerhalb ihres Zuhauses, das Milieu, das sie mit ihren Altersgenossen teilen.“17

In diesem Sinne ist bei Harris die Gleichaltrigengruppe nicht nur eine wichtige sondern die entscheidende Sozialisationsinstanz. Folgerichtig nennt sie ihre Theorie „Gruppensozialisationstheorie“. Sie eröffnet damit eine Gruppenperspektive, die von Zinnecker noch weiter ausgeführt wird. Zinnecker bezeichnet sie als „Selbstsozialisation“ und entspricht damit dem Gedanken von Harris, dass Sozialisation etwas ist, „das Kinder weitgehend mit sich selber tun“18.

2.1.1 Die Bedeutung der Gleichaltrigengruppe aus entwicklungspsychologischer Sicht

Die Entwicklungspsychologie geht davon aus, dass die Gleichaltrigengruppe eine Art Vehikel zwischen Kindheit und Erwachsenenalter bildet. Sie stellt eine Stufe im Stufenmodell der menschlichen Entwicklung dar.

Nach Oerter gewinnt die Gleichaltrigengruppe bereits für Kinder im Alter von drei Jahren Bedeutung. Mit dem Eintritt in die Schule wird der Gleichaltrige dann zur wichtigen Bezugsperson, weil

„die Interaktion mit Gleichaltrigen die Entwicklung eines Sozialverhaltens (fördert), das im Gegensatz zur Interaktion mit Erwachsenen stärker symmetrisch ist, das Verständnis für Gleichheit und Gerechtigkeit aufbaut und wesentlich zum Selbstverständnis („Selbstkonzept“) der Kinder beiträgt.“19

Später, mit Beginn der Adoleszenz, unterstützt die Gleichaltrigengruppe zudem den Ablösungsprozess vom Elternhaus und vermittelt neue Beziehungen. Die Jugendlichen sehen in dieser Phase ihr Bedürfnis nach Autonomie, souveränen Entscheidungen und ihren Drang zur Selbstdarstellung eher bei den Gleichaltrigen verwirklicht als bei den Erwachsenen.20 Das Phänomen der Autonomie, besonders im Hinblick auf das Ende der Entscheidungsabhängigkeit von elterlichen Maßstäben und die damit zu erreichende moralische Souveränität, werde ich in einem späteren Kapitel noch ausführlicher behandeln.

Oerter führt Untersuchungen an, die außerdem darauf hinweisen, dass in der frühen Adoleszenz Konformitäts- und Gruppendruck am größten sind. Das Verlangen nach Anerkennung und Gruppenzugehörigkeit sei in diesem Alter am stärksten ausgeprägt.21

Die bisherigen Ausführungen erklären aus der Sicht der Entwicklungspsychologie die starke Hinwendung des Jugendlichen zur Gleichaltrigengruppe. Oerter widerspricht jedoch der Position, die Gleichaltrigengruppe löse als entscheidende Sozialisationsinstanz im Jugendalter die Familie ab. Er zitiert Studien, denen zufolge für Jugendliche mit einer konstant hohen „Ich-Stärke“ immer noch das Elternhaus die entscheidenden Orientierungen liefert. Dagegen gelte für Jugendliche mit geringer Ich-Stärke, dass „die Peergruppe eine offenkundig entscheidende Sozialisations- und Orientierungsfunktion erhält.“22

Der Lernpsychologe David P. Ausubel spricht ebenfalls von einer großen Wichtigkeit der Gleichaltrigengruppe für die Emanzipation des Jugendlichen vom Elternhaus. Er betont darüber hinaus einen wichtigen Unterschied zur Gruppenbildung im Kindesalter und rückt das Statusbedürfnis in den Mittelpunkt der Betrachtung. Ausubel sieht darin ein strukturelles Merkmal, das die Gruppenbildung bei Jugendlichen motiviert und sie von der Gruppenbildung bei Kindern unterscheidet.

„Der Jugendliche beschäftigt sich intensiver mit seiner Beziehung zur Gruppe; er ist sich seiner relativen Position in der Gruppenhierarchie deutlicher bewusst, und im Umgang mit seinen Gefährten ist er stärker durch Rücksichten auf den Status motiviert.“23

Die Gruppe liefert dem Jugendlichen den Status, der ihm von der Erwachsenenwelt noch verwehrt wird. Sie ist in diesem Sinne eine „eigene, wenn auch (gesellschaftlich, d. Verf.) periphere, statusverleihende Ersatzinstitution“24. Demnach erfüllt die Gleichaltrigengruppe eine gesellschaftliche Funktion und dient der Abgrenzung gegenüber der Erwachsenenkultur. Die Ansicht, dass sich jugendliche Subkulturen aus diesem Grunde bilden, teilt auch Oerter.25

2.1.2 Die Bedeutung der Gleichaltrigengruppe aus sozialisationstheoretischer Sicht

Hurrelmann und die beiden deutschen Erziehungswissenschaftler Giesecke und Zinnecker ergänzen die Befunde um die Feststellung, dass der Rückgang des erzieherischen Einflusses auf die Jugendlichen von gesellschaftlichen Entwicklungen forciert werde, die in Form von rasantem gesellschaftlichem Wandel die Weitergabe von Wissen und Erfahrung der älteren Generation stark entwertet. Beispielhaft für diese Entwicklung seien vor allem die Massenmedien und die damit verbundenen neuen Konsum- und Freizeitgewohnheiten. Die Massenmedien verwischten die Grenzen zwischen den Generationen, die Gleichaltrigengruppe sei nicht mehr das sinnvolle Übergangsphänomen zwischen Kindheit und Erwachsenenalter und ohne gesellschaftliche Funktion.26

„Die Gleichaltrigengruppe ist kein Experimentierfeld mehr mit Blick auf die biographische Zukunft, (...), sondern sie ist eine auf unbestimmte Dauer gestellte gesellschaftliche Isolation - teils selbst gewählt, teils gesellschaftlich erzwungen.“27

Giesecke zeichnet das Bild von einer weitgehend anonym gesteuerten Sozialisation. Weniger negativ sieht Zinnecker die gesellschaftlichen Perspektiven und die Funktion der Gleichaltrigengruppe. Für ihn hat sich lediglich eine Ablösung vollzogen.

Die Ziele der Sozialisation, soziale Handlungsfähigkeit herzustellen und zur Integration in komplexe gesellschaftliche Strukturen zu befähigen, können prinzipiell auf zwei Weisen erreicht werden - entweder durch Aktivitäten der Person selbst oder mit fremder Hilfe. Im ersten Fall würde man die Bezeichnung Selbstsozialisation wählen, im zweiten Fall von Fremdsozialisation sprechen.

Zinnecker meint, die Fremdsozialisation vollziehe sich nicht mehr durch die klassischen Erziehungsinstanzen, sondern werde von neuartigen Agenten geleistet wie zum Beispiel den Massenmedien.28 Er spannt schließlich den Bogen bis zu den Gleichaltrigen, für die das Phänomen der „Selbstsozialisation“

„als Aktivität einer Gruppe... verstanden, ..., den Tatbestand bezeichnet, dass Kinder und Jugendliche sich gegenseitig selbst sozialisieren, auch ohne Beihilfe der älteren Generation.“29

Für die Pädagogik bedeute das, dass sie neue Wege beschreiten müsse, um die Selbstsozialisation programmatisch in ihre Ansätze zu integrieren.30

3. Peer-Education Konzepte

Peer-Education, am besten übersetzt mit „Gleichaltrigenerziehung“, bezeichnet als Sammelbegriff verschiedene Konzepte der Sozialarbeit, die der gestiegenen Bedeutung der Gleichaltrigengruppe mit methodischen Ansätzen gerecht werden wollen. In der Historie lassen sich Ursprünge der Gleichaltrigenerziehung schon im Alten Rom nachweisen. Dort wurden Kinder mit der Aufgabe betraut Jüngere zu unterrichten. Seit den Sechziger Jahren gibt es Tutorenprogramme an deutschen Hochschulen, die vor allem auf den Vorteil setzen, dass Gleichaltrige einen vereinfachten Zugang zu den Lerninhalten vermitteln. Daneben setzen Verbände in der offenen Jugendarbeit und Organisationen wie die Pfadfinder oder Jugendfeuerwehren seit langem Gleichaltrige in unterstützenden Funktionen ein.31

Die genannten Beispiele zielen auf freiwilliges Engagement in zeitlich abgegrenzten Lebensbereichen. Einen etwas anderen Focus bietet Johannes Martin Kamp an, Verfasser eines Buches über Selbstregierung in Kinderund Jugendheimen. Seine Perspektive ist schon aufgrund seines Forschungsgegenstandes umfassender. Kamp beschäftigt sich mit Formen der systematischen Gruppenerziehung, die von der klassischen Heimerziehung abweichen und als Selbstregierung in sogenannten Kinderrepubliken bekannt geworden sind. Diesen Methoden gemeinsam ist die Einbeziehung der Gleichaltrigen als Funktionsträger und Vermittler der Erziehungsaufgaben, oder wie Kamp es ausdrückt:

„Allen Selbstregierungsmethoden gemeinsam ist die pädagogische Nutzung (statt Unterdrückung) der öffentlichen Meinung (= die Meinung der Gruppenkameraden, d.Verf.). Eine Gruppenpädagogik, die weniger auf die Beeinflussung der Einzelmitglieder zielt (Individualpädagogik) als vielmehr auf die Gruppe selbst und auf die Gruppenerscheinungen wie die öffentliche Meinung, eine solche Gruppenpädagogik wird gelegentlich Kollektiverziehung oder auch Sozialpädagogik genannt.“32

Ich habe zwei Beispiele für die Umsetzung dieser Idee ausgewählt. Eines ist ein Rückgriff auf die Zeit nach der russischen Oktoberrevolution, die Kollektiverziehung Makarenkos. Das zweite ist ein Konzept, das in den Achtziger Jahren in Amerika als „Positive Peer Culture“ bekannt geworden ist.

Anton Semjonowitsch Makarenko, der sowjetische Pädagoge, erreichte bei der Erziehung verwahrloster Jugendlicher in so genannten Kolonien erstaunliche Erfolge und erlangte als Begründer der Kollektivpädagogik Berühmtheit.

„Makarenko vertrat eine zielgerichtete aktive Pädagogik, hatte besondere Erfolge auf dem Gebiet der Kollektiverziehung und der Erziehung zur bewussten Disziplin als freiwillige Befolgung moralischer, kollektiver Normen auch ohne Anordnung und Kontrolle.“33

Positive Peer Culture ist ein in Deutschland noch weitgehend unbekannter sozialpädagogischer Ansatz, dem in den Vereinigten Staaten einige Bedeutung beigemessen wird, dessen Einordnung in die Theoriediskussion hierzulande aber noch völlig fehlt.34 Howard Polsky stellt am Ende seiner zwar nicht mehr ganz aktuellen aber sehr interessanten Studie über Jungen in einem amerikanischen Heim fest, dass ein vielversprechender Weg für die stationäre Arbeit mit Jungen darin liegt, die Themen der Gleichaltrigengruppe aufzugreifen und zu der sozialen Methode zu machen, mit der die Jungen ihre Beziehungen untereinander und das Zusammenleben regeln:

„Challenging the boys to resolve their problems through cooperation, helping them create a methodology for solution, and maintaining adult standardts in the process are the crux of the cottage team´s approach.”35

Positive Peer Culture greift diesen Gedanken von Polsky auf und entwickelt daraus ein eigenständiges Konzept.36

3.1 Makarenkos Kollektiverziehung

Das sowjetische Erziehungssystem ist im Hinblick auf die Vermittlung von erwünschtem Sozialverhalten deutlich besser als das amerikanische. Zu diesem Ergebnis kam der Psychologieprofessor Urie Bronfenbrenner in einer 1967 veröffentlichten Vergleichsstudie von je sechs amerikanischen und sowjetischen Schulklassen mit Schülern beiderlei Geschlechts im Alter von 12 Jahren. Das sowjetische System schnitt besser ab und musste in diesem Zusammenhang als das wirksamere angesehen werden. Während in den USA der Einfluss der Gleichaltrigen unerwünschtes Sozialverhalten begünstigte, förderten die Einstellungen der russischen Schüler angepasstes und regelkonformes Verhalten:

„…, pressure from peers operated differently in the two countries. In the USSR, it strengthened commitment to adult-approved behavior; in the United States it increased deviance from adult standards of conduct.”37

Bronfenbrenner führt das darauf zurück, dass die Gleichaltrigengruppe im amerikanischen Bildungssystem zum größten Teil von pädagogischer Einflussnahme unberührt und in diesem Sinne autonom bleibt. In der Sowjetunion werde dagegen die Gleichaltrigengruppe zum Gegenstand systematischer Anstrengungen, die die Gleichaltrigen zu Agenten der von der Erwachsenengesellschaft gewünschten Sozialisation machten.38 Das zentrale Motiv der sowjetischen Erziehung sei die Erziehung im und durch das Kollektiv, die sich auf Vorstellungen des ukrainischen Volksschullehrers und späteren Heimleiters Anton Semjonowitsch Makarenko gründete. An dieser Stelle ist eine ausschnitthafte Betrachtung der pädagogischen Auffassungen Makarenkos für den Vergleich mit den anderen gruppenpädagogischen Ansätzen aufschlussreich. Eine der Grundpositionen Makarenkos besteht in seiner klaren Absage an das dyadische Erziehungsverhältnis von Erzieher und Zu-Erziehendem.

„Solch ein Paar gibt es nicht. Was aber gibt es? Es gibt die Schule, die Organisation, das Kollektiv, den allgemeinen Lebensstil. (...) Nie können Erziehungsmethoden aus der Vorstellung von einem Paar „Lehrer plus Schüler“ abgeleitet werden, sondern stets nur aus einer allgemeinen Vorstellung von der Organisation der Schule und des Kollektivs.“39

Als Illustration der Gegenposition mag an dieser Stelle stellvertretend für andere Veröffentlichungen dieser Art der Hinweis auf einen Pressebeitrag einer Bundesfachtagung an der Fachhochschule München im Jahr 2003 dienen. Diese Fachtagung beschäftigte sich unter anderem mit der Frage, welche Maßnahmen man im Rahmen von Schulsozialarbeit als Antwort auf das schlechte Abschneiden der deutschen Schulbildung in der ersten PISAStudie ergriffen habe.

„Deshalb gibt es jetzt Schulsozialarbeit als Einzelförderung sowie als Sozialund Individualerziehung. Im Mittelpunkt steht dabei die möglichst gute individuelle Förderung von Kindern in Schulen.“40

Makarenko hätte wohl diesem Ansatz als Ausdruck einer partikularistischen Erziehung eine Absage erteilt und dazu festgestellt:

„Der Mensch wird nicht in Teilen erzogen, er wird synthetisch geschaffen durch die ganze Summe der Einflüsse, denen er ausgesetzt ist. (...) das entscheidende Moment ist ... das Wirken des gesamten Systems der harmonisch organisierten Mittel.“41

Grundsätzlich bescheinigt Makarenko individueller Erziehung wenig Aussicht auf Erfolg und lehnt sie mit der Begründung ab, dass alles Lernen stets das Ziel vor Augen hat, den Menschen zum Leben in der Gesellschaft mit anderen Menschen zu befähigen - also auf ein soziales Ziel hin ausgerichtet ist. Lernen ist in diesem Sinn immer soziales Lernen. Daher sieht Makarenko die besten Bedingungen für den Prozess des Lernens und der Bildung des Menschen dort, wo es soziales Leben gibt und Lernen und Erprobung des Gelernten gleichzeitig stattfinden können. Die von Makarenko für diese umfassende pädagogische Wirkung favorisierte und einzige erfolgversprechende Form ist das Kollektiv.42

Für Makarenko ist gemäß der sozialistischen Ideologie die Gesamtheit des sowjetischen Volkes ein großes Kollektiv. Kollektiverziehung kann aber nicht auf direktem Wege zu dem Ziel führen, das Individuum in dieses Gesamtkollektiv einzugliedern. Daher sieht Makarenko die Notwendigkeit, die Erziehung zunächst in einem so genannten „Grundkollektiv“ zu gestalten. Das Grundkollektiv ist das Bindeglied zum gesellschaftlichen Kollektiv. Ein gutes Beispiel für ein Grundkollektiv ist die Schulklasse. Die einzelnen Schüler sind in der Klasse durch Arbeit, Freundschaft und gemeinsame Zeit verbunden. Makarenko verwendet den Begriff auch synonym mit „Kontaktkollektiv“.43

Ich möchte „Grundkollektiv“ mit dem für meine Ausführungen zentralen Begriff „Gruppe“ gleichsetzen. Für eine derartige Gleichsetzung sprechen die folgenden Gründe: Die Gruppe im Internatszusammenhang erfüllt die gleichen Kriterien wie Makarenkos Kontaktkollektiv. In der Internatsgruppe sind die Schüler sowohl in Arbeitszusammenhängen, durch Freundschaften als auch im allgemeinen Zusammenleben miteinander verbunden.

Zwar warnt Makarenko davor, die Kollektiverziehung auf das Grundkollektiv, sprich die Gruppe, zu beschränken,

„denn in einem Kollektiv, wo die Kinder durch ständiges Zusammenleben freundschaftlich vereint sind und sich den ganzen Tag über sehen, entsteht eine Cliquenwirtschaft, “44

Er begründet die Mahnung aber damit, dass die Abkapselung in der Gruppe die politische Erziehung des Einzelnen zum Kollektivmitglied in der Sowjetgesellschaft verhindere. Makarenko selbst nennt Kollektiverziehung, die nur im Grundkollektiv Erzieherisches leistet, despektierlich „Gruppenerziehung“. Ich werde Makarenkos ideologische Vorbehalte gegen eine solche Gruppenerziehung außer Acht lassen. Es geht in dieser Arbeit nicht um politische Bildungsziele. Vielmehr scheint mir für die weiteren Betrachtungen die Gleichsetzung der beiden Begriffe Kollektiv und Gruppe schlüssig zu sein und ich möchte sie in diesem Sinne gebrauchen, wenn ich im Folgenden auf die von Makarenko in der Kollektiverziehung, sprich Gruppenerziehung praktizierten Methoden eingehe.

3.1.1 Ziele der Kollektiverziehung

Makarenko entfaltete sein pädagogisches Wirken im Nachgang zur Oktoberrevolution und den Bürgerkriegswirren in Russland, als die Zeiten unsicher und die Menschen sehr arm waren. Entsprechend ist sein erzieherischer Ansatz stark von der Befriedigung primärer Bedürfnisse wie der Herstellung lebensnotwendiger Dinge und der Arbeit zur Sicherung des Lebensunterhaltes geprägt. Daraus ergeben sich im pädagogischen Alltag Sachzwänge, die in einzelnen Situationen Diskussionen oder Aushandlungsprozesse von vornherein ausschließen. Es konnte nicht danach gefragt werden, ob die Feldarbeit dem Einzelnen in seiner Entwicklung mehr schadete oder nutzte. Sie musste einfach getan werden. Außerdem lehnte Makarenko pädagogische Theorien, die erzieherische Einwirkung in erster Linie auf die Selbstorganisation des Kindes und die individuelle Entwicklung des Einzelnen abstellten, auch grundsätzlich ab.45 Die Kollektiverziehung sollte dagegen das Ziel der Schaffung eines sozial verantwortlichen, disziplinierten Menschen verwirklichen, der seine Interessen harmonisch mit den Interessen der Gemeinschaft verbindet, bei gleichzeitiger Wahrung seiner Individualität.46

„Die unserer Epoche würdige, organisierte Aufgabe kann nur darin bestehen, eine allgemeine und einheitliche Methode zu schaffen, die dennoch gleichzeitig jeder einzelnen Persönlichkeit die Möglichkeit bietet, ihre Fähigkeiten zu entwickeln, ihre Individualität zu bewahren und ihren Neigungen zu folgen.“47

Anstatt „dass man sich mit jedem einzeln abmüht“, sollte erreicht werden, dass die Einzelnen die Notwendigkeit der gemeinsamen Anstrengung und den Nutzen, der daraus entsteht, einsehen und so eine intrinsische Motivation entwickeln, die mit Fortschreiten der Gruppenentwicklung eine eigene, sich selbst stabilisierende Dynamik entfaltet. Jeder einzelne sollte Verantwortung für die Gruppe übernehmen und so eine Erziehung der Gruppe durch die Gruppe selbst entstehen.

3.1.2 Methoden der Kollektiverziehung

An die Erzieher gewandt forderte Makarenko den gleichberechtigten Kameraden und Spielgefährten.

„Die gesamte Organisation eines Kinderkollektivs muss vom Spiel durchdrungen sein, und wir, die Erzieher, müssen am Spiel teilnehmen!“48

Außerdem gab er den Erziehern nur beschränkte Vollmachten. Diese relative Machtlosigkeit des pädagogischen Personals ist vor dem Hintergrund zu verstehen, dass Makarenko alle wesentlichen Befugnisse auf seine Person beziehungsweise die des Leiters konzentrierte. Die Arbeit des Erziehers sah er darin die Gruppe zu beobachten, ihr Aufgaben zu stellen, die nur gemeinsam bewältigt werden können und vor allem negative, von einzelnen Subgruppen ausgehende Einflüsse, die den erklärten Zielen zuwiderlaufen, auszuschalten.49

Bei der Unterdrückung oppositioneller Einflüsse sollte sich der Erzieher vor allem den „Kern“ der Gruppenmitglieder dienstbar machen. Damit sind diejenigen Jugendlichen gemeint, die die Interessen der Gruppe bereits verinnerlicht haben und so Ansehen und Interesse der Gruppe auch nach außen zu vertreten bereit sind. Makarenko nennt den Kern auch das „Aktiv“ und sieht in der Schaffung und Stärkung des Aktivs ein zentrales Moment der Gruppenerziehung, ohne das „die Kollektiverziehung erfolglos (bleibt) und das Kollektiv sich gegen den Erzieher wendet, wie es die übliche Situation in traditionellen Anstalten mit ihren Anstaltssubkulturen ist“.50

Zugespitzt formuliert Kamp, der Erzieher müsse „für den Einfluss des Kerns und für die Einflusslosigkeit des Restes sorgen“51.

Wie sehr Makarenko daran gelegen war, als Pädagoge die „Selbsterziehungskraft“ der Gruppe zu fördern, kommt am Beispiel von Disziplinarverstößen zum Ausdruck. Er sah die Arbeit des Erziehers darin, zur Ahndung „die Aktivität der Abteilung zu wecken und das Kollektiv zu Forderungen an das Individuum anzuregen“52. Dem Erzieher sprach er das Recht zu sanktionieren weitgehend ab. Vielmehr sollte die Gewalt „ - in Form der manifestierten öffentlichen Meinung - tatsächlich vom Volk der Jugendlichen“53 ausgehen. In dieser Hinsicht ist die „öffentliche Meinung“ bei Makarenko von großer Wichtigkeit.

Die Vollversammlung, als Pendant zu einer Gruppenversammlung, lobte oder missbilligte das Verhalten Einzelner und sprach im Extremfall den Ausschluss aus der Gemeinschaft aus. Gleichzeitig behielt aber Makarenko das Monopol auf das Recht im konkreten Fall zu strafen. Die Strafe war ihm als erzieherisches Mittel zu wichtig, um sie anderen zu überlassen. Das erscheint widersprüchlich, wird aber mit dem Wissen um Makarenkos Selbstverständnis, der sich wie schon angedeutet als Mittelpunkt des erzieherischen Geschehens, als Zentrum, „das durch eine einzige Person verkörpert wird,“54 verstand, nachvollziehbar.

Zu den weiteren Aufgaben der Erzieher gehört die Bereitstellung von „Perspektiven“. Perspektiven sind Aufgaben oder Aktivitäten, die gemeinsame Erlebnisse schaffen und, wie das Beispiel der Planung und Vorbereitung von Festen oder der Teilnahme an einem Mannschaftswettbewerb, auch gemeinsames Handeln erfordern. Makarenko differenziert zwischen der nahen, der mittleren und der weiten Perspektive. Dies entspricht einer Unterscheidung in persönliche Motive im Gegensatz zu weiter gefassten Gruppenzielen und zu einer Perspektive, die sich auf die Gesellschaft als Ganzes bezieht. Die oben genannten Beispiele kann man der mittleren Perspektive zuordnen, während ein Kinobesuch, ein gemeinsames Spiel mit anderen Gruppenmitgliedern oder die Erledigung der Hausaufgaben - also Freizeitspaß und Lernerfolg - nahe Perspektiven sind.55

Am Anfang der Gruppenentwicklung besteht eine weitere elementare Pflicht des Erziehers darin, dort, wo es für ein funktionierendes Zusammenleben notwendig ist, kategorische Forderungen an die Gruppe zu stellen. Das heißt, die Anpassung des individuellen Verhaltens an die Gegebenheiten wurde so mit Nachdruck verlangt, dass es niemandem überhaupt in den Sinn kam, die Forderung in Frage zu stellen. Wie bereits erwähnt muss der Erzieher im weiteren Verlauf der Gruppenentwicklung den Kern der Gruppe identifizieren und für seine Ziele gewinnen oder wie Makarenko es ausdrückt:

„Ich bemühte mich..., eine Gruppe solcher Aktivisten zu bilden, die meine Forderungen durch ihre eigenen Forderungen unterstützten und diese Forderungen in den Vollversammlungen und in ihrer Gruppe zum Ausdruck brachten.“56

Die letzte Stufe ist erreicht, wenn die Gruppe selbst die Forderungen stellt und auf diese Art die öffentliche Meinung der Gruppe das Geschehen bestimmt.

Das Ergebnis der skizzierten Entwicklung nennt Makarenko die Form „der freien Forderung des Kollektivs und der freien Forderung des einzelnen an sich selbst“ und er sieht darin „den Hauptweg der Entwicklung des sowjetischen Kinderkollektivs“57. An dieser Stelle der Entwicklung tritt die Funktion des Erziehers in den Hintergrund. Sie wird ersetzt durch eine sehr weitgehende Selbstregierung und Selbstverwaltung. Der Erzieher kann die Rolle eines „Kameraden“ spielen und ist kein „feindliches Gegenüber“ mehr.58

Ein jugendlicher „Kommandeur“ übernahm in Makarenkos Kolonien die Rolle des Gruppensprechers. Er wurde nach seiner Vorbildfunktion ausgesucht und hatte die Verantwortung für das Zusammenleben und den Leistungsstand der Gruppe. Er war gewissermaßen die rechte Hand des Leiters und dafür auch mit Kontroll- und Weisungsbefugnissen ausgestattet. Die Delegation von Verantwortung und Befugnissen ist für Makarenko eine wichtige Voraussetzung für eine gelingende Entwicklung. Sie ist gleichzeitig Teil einer Schule für das spätere Leben, die dem Kind sowohl beibringen soll, „dass es seinem Kameraden nachgibt“, als auch ihm „einen Auftrag zu erteilen und von ihm die Erfüllung bestimmter Funktionen und die Übernahme einer Verantwortung zu fordern“59.

Als weitere methodische Elemente von Makarenkos Gruppenerziehung möchte ich das „Patenamt“, die „erzieherische Anordnung“ und die „Explosion“ hervorheben. Die Anleitung neuer Schüler durch ältere Mitglieder, die zum Kern zählen, gehört in den Bereich der Delegation von Verantwortung. Von Anordnungen erwartet Makarenko, dass sie im Sinne der Gruppe vernünftig sind, fordern aber nicht überfordern, in klarem Ton gegeben werden und unbedingt befolgt werden müssen. Der etwas ungewöhnliche Begriff der Explosion bezeichnet die Praxis, schwierige Mitglieder, die durch ihr Verhalten Regeln missachten, mit ihrem Fehlverhalten zu konfrontieren und öffentlich Rechtfertigung zu verlangen. Die Methode soll erreichen, dass „alle Wünsche des Menschen, alle seine Bestrebungen von unterst zu oberst“ gekehrt werden.60 Dahinter steht der Gedanke, dass Gruppenerziehung in schwierigen Fällen nicht ohne Umerziehung des Einzelnen auskommt und die „schwierigsten Charaktere, die schlimmsten Gewohnheitskomplexe niemals evolutionär gelöst werden“, sondern „es zu ihrer Realisierung... stärkerer Momente, Explosionen, Erschütterungen bedarf“61.

Als letztes erzieherisches Mittel sieht Makarenko den Ausschluss aus der Gruppe. Er spricht der Ultima Ratio tatsächlich eine erzieherische Wirkung zu und weist auf ehemalige Kommunarden hin, für die dieser Schritt eine wichtige Erfahrung in ihrem Leben war. Daneben versteht er den Ausschluss „unverbesserlicher Zöglinge als ein Gebot der Selbstachtung des Kollektivs“62.

3.2 Positive Peer Culture

In der Literatur finden sich zahlreiche Vertreter für die These, dass die Gruppe der Gleichaltrigen als Primärgruppe am stärksten auf das Verhalten und die Entwicklung der jugendlichen Persönlichkeit in der Adoleszenz wirkt. Ich habe darauf bereits in Kapitel 2 hingewiesen. Das aus Amerika stammende Konzept „Positive Peer Culture“ (im Folgenden abgekürzt: PPC) von Larry Vorrath und Harry Brendtro geht ebenfalls von dieser Prämisse aus.63

Analog der Darstellung zu Makarenkos Kollektivpädagogik mache ich einige allgemeine Ausführungen über PPC und werde dann verschiedene Aspekte des Konzeptes der Kategorie „Ziele“ und der Kategorie „Methoden“ zuordnen. Dies soll im Hinblick auf die spätere Zusammenfassung einer besseren Vergleichbarkeit der Ansätze dienen. Während herkömmliche Denkanstöße oft die Bedeutung von Gleichaltrigengruppen für die Sozialisation von Jugendlichen anerkennen, bleiben sie doch in Feststellungen darüber, dass sie eine Gefahr für die gesellschaftlichen Werte und die Aufrechterhaltung sozialer Institutionen darstellen, verhaftet und machen keine konkreten Lösungsvorschläge. In den seltensten Fällen wird diese Feststellung zum Anlass genommen, daraus pädagogische Handlungskonzepte zu entwickeln.64

Dagegen bieten die beiden amerikanischen Sozialwissenschaftler mit PPC ein Konzept an, das die Bedeutung der so genannten „Peer Group“ aufgreift und in ein konkretes Handlungsmodell für die pädagogische Praxis umsetzt. PPC ist somit ein alternativer Ansatz zu vorherrschenden Formen der Jugendhilfe und Jugendarbeit, die weitgehend auf individuelle Angebote und individuelle Hilfen zur Erziehung ausgerichtet sind. Die PPC zugrunde liegende Idee ist, dass der gegenseitige Einfluss der Gleichaltrigen in positive Bahnen gelenkt werden kann und eine ähnlich starke positive Wirkung entfaltet wie die wechselseitige schädliche Beeinflussung, wenn Jugendgruppen sich selbst überlassen bleiben. Obwohl Vorrath und Brendtro der Gleichaltrigengruppe eine große Bedeutung einräumen, haben Erwachsene einen wichtigen Teil zur Sozialisation von jungen Menschen beizutragen. Damit meinen die beiden Autoren vor allem die Weitergabe von positiven Werten und prosozialen Normen.65

Das Hauptanliegen von Gruppen, die mit PPC arbeiten, ist von ehrlichem gegenseitigem Interesse geprägte Hilfsbereitschaft zu wecken. Die Initiative dazu geht vom Pädagogen aus. Indem sie gegenseitige Hilfestellungen und Fürsorge in der Gruppe erfahren, soll sich den Jugendlichen ein positives Selbstwert- und Verantwortungsgefühl vermitteln. Der Pädagoge holt die Gruppenmitglieder sukzessiv „ins Boot“, bis ein prosoziales Gruppenklima entsteht. In einer funktionierenden Gruppe gilt prosozialer Gruppendruck als nützliches Mittel, denn so kann der Einzelne die Normen erleben und von der Gruppe übernehmen. Vor dem Hintergrund, dass Menschen nur so viel Verantwortung tragen, wie man von ihnen verlangt, werden die gewünschten Verhaltensnormen explizit eingefordert.66

Das PPC-Konzept fragt nicht nach dem jeweiligen Grund einer isolierten Handlung oder versucht individuelles Fehlverhalten im Detail nachzuvollziehen. Vielmehr soll das jeweilige Verhalten an der entscheidenden Frage bemessen werden, die als handlungsleitendes Motiv in der Formulierung zum Ausdruck kommt:

„Is this (die Handlungsweise der betreffenden Person, d. Verf.) helping or hurting?“67

PPC leitet seine moralische Begründung aus Denkansätzen verschiedener Weltreligionen und der humanistischen Tradition ab, die gegenseitige Hilfe als zentrales Leitmotiv und sittliches Ideal verstehen.

3.2.1 Ziele von PPC

In einem Satz zusammengefasst besteht das Ziel von PPC darin, unter Anleitung eines Erwachsenen die negative Jugendsubkultur einer Gruppe Jugendlicher auf den Kopf zu stellen und den Einfluss der Gruppe zum Wohle des Einzelnen in konstruktive Bahnen zu lenken. Im Gegensatz zu anderen Ansätzen geht es Vorrath und Brendtro nicht darum, ob eine Person Hilfe braucht, sondern ob eine Person gewillt ist Hilfe zu leisten. Demnach beginnen junge Menschen sich selbst als wertvoll zu betrachten, wenn sie lernen ihre Schwierigkeiten zu bewältigen und anderen helfen können.68 PPC setzt sich zum Ziel, dass die Personen ihr unverantwortliches, verletzendes Verhalten aufgeben und damit anfangen andere zu unterstützen. Auf diese Art sollen sie in die Lage versetzt werden ein wirklich positives Selbstkonzept zu entwickeln. Ein junger Mensch muss nach diesem Verständnis nicht verändert oder umerzogen werden. Vielmehr bietet er anderen seine Hilfe an und bewältigt dabei seine eigenen Probleme. Wie in dem folgenden Zitat des römischen Kaisers Marc Aurel entsteht ein wechselseitiges nutzbringendes Verhältnis von Individuum und Gruppe:

„Was dem Schwarm nützt, das nützt auch der einzelnen Biene.“69

In dem Maße, wie Jugendliche im Zuge der Gruppenprozesse ihre eigenen Probleme lösen, ändert sich ihr Selbstverständnis. Das wiederum trägt zum Gelingen des Erziehungsprozesses bei.70

3.2.2 Methoden der Gruppenentwicklung

Ein Lehrsatz aus der Sozialpsychologie zur Gruppendynamik lautet, dass die Sympathie und der Zusammenhalt in einer Gruppe mit der Häufigkeit der Kontakte zwischen den Personen dieser Gruppe zunehmen.71 Dementsprechend legt das PPC-Konzept Wert darauf, dass die Gruppenmitglieder soviel Zeit wie möglich zusammen verbringen. Gerade der Einfluss der oppositionellen Jugendlichen wird, ähnlich dem „Aktiv“ bei Makarenko, als tragende Stütze des Konzeptes genutzt.72

Vorrath und Brendtro räumen ein, dass es ein schwieriges Unterfangen sein kann, männliche Jugendliche von prosozialen Verhaltensnormen zu überzeugen, da sie mit weiblichen Attributen in Verbindung gebracht werden. Sie stellen fest, es sei praktisch unmöglich Jungen ein Rollenverhalten nahezulegen, das sie als schwächlich oder mädchenhaft empfinden.73

Der Gruppenleiter muss daher dazu übergehen, helfendes Verhalten als stark und männlich zu vermitteln. Er kann sich zu diesem Zweck zweier Methoden bedienen. Das ist einmal die Methode der Modellierung von Verhaltensweisen im Sinne der Lerntheorie. Der Erzieher lebt vor, dass „wahre Männer“ zu ihren Überzeugungen stehen und durch ihre Hilfsbereitschaft einen nützlichen Beitrag für die Gemeinschaft leisten. Dieses Verhalten wird so zur Nachahmung empfohlen. Die zweite Methode besteht im „Relabeling“. Dieses „Umstempeln“ beinhaltet die Brandmarkung verletzenden Verhaltens als schwach oder unreif und die gleichzeitige Betonung helfenden Verhaltens als stark. Diese Methode erfordert die konstante verbale Verstärkung der erwünschten und die ständige Missbilligung der unerwünschten Verhaltensweisen.74

PPC verlangt von jedem Einzelnen absolute Verantwortung für sein Verhalten. Jeder Versuch, Verantwortung von sich zu weisen oder die Schuld auf andere zu schieben, soll durch die Gruppenmitglieder oder das pädagogische Personal missbilligt werden. Der Schwierigkeit, dass Jugendliche systematisch Verantwortung auf andere abwälzen, soll das pädagogische Personal ein ebenso wirksames System der „Umkehrung“75 entgegensetzen, das die Verantwortung an die betreffende Person zurückgibt.

Während der Phase der Einführung einer prosozialen Normenkultur muss die Umkehrung durch die Pädagogen häufig angewendet werden. Später, in einer fortgeschrittenen Phase der Entwicklung, werden zunehmend die Jugendlichen selbst darauf achten, dass der Einzelne Verantwortung für sein Handeln übernimmt.76

In Übereinstimmung mit den Erkenntnissen von Piaget über die Entwicklung des moralischen Urteilsvermögens bei Kindern setzen auch die Autoren von PPC eine Grenze bei den 10-14jährigen an. Die für die Kindheit typische Orientierung an Erwachsenen wird in dieser Phase durch vermehrte Hinwendung zu den Altersgenossen abgelöst, was als notwendige Bedingung für einen gelingenden PPC-Ansatz gelten muss.77 Daneben definieren Vorrath und Brendtro noch weitere Rahmenbedingungen. Die ideale Gruppengröße beziffern sie mit 9. Diese Anzahl garantiert genügend verschiedene Ansichten und Perspektiven, um den Gruppenprozess in Gang zu halten. Gleichzeitig gewährt sie eine ausreichende Übersichtlichkeit. Die Gruppe soll sich nicht gemischtgeschlechtlich zusammensetzen, weil die Beschäftigung mit dem anderen Geschlecht in lösungsorientierten Gruppensituationen vom eigentlichen Thema ablenkt und einen zu großen Störfaktor darstellt.78 Es zählt zu den Aufgaben des pädagogischen Personals, die Mitglieder der Gruppe zur Äußerung ihrer Probleme zu ermutigen. Als Reaktion auf problematisches Verhalten werden sowohl unterstützende als auch konfrontative Vorgehensweisen verlangt. In den frühen Phasen der Gruppenentwicklung können mehr konfrontative Interventionen erforderlich sein. Sinn einer Konfrontation ist „to focus attention on problems“79. In den darauf folgenden Prozess der Problemlösung kann die Gruppe einbezogen werden und durch ihre Hilfe die Norm der „Unterstützung“ beziehungsweise „Hilfeleistung“ üben.

Mit fortschreitender Entwicklung der Gruppe wird vom pädagogischen Personal erwartet, dass es im Alltag und in den Gruppensitzungen zurückhaltender agiert. Nur so kann die Gruppe ihr Potential entfalten. Das gilt insbesondere für die Gestaltung der Gruppenbesprechungen, die als sozialtherapeutisches Instrument eingesetzt werden und eine sehr wichtige Rolle im PPC-Konzept spielen.80

Idealerweise sollen sich PPC-Gruppen fünf mal pro Woche am Abend zur Gruppenbesprechung treffen. Sie gilt als Herzstück des Konzeptes für den Bereich des sozialen Lernens. Hier findet die intensivste Auseinandersetzung mit den Verhaltensproblemen und den prosozialen Normen statt. Der Ablauf einer Sitzung wird durch den Gruppenleiter gegliedert und soll jedem Gruppenmitglied die Möglichkeit eröffnen Hilfestellung von der Gruppe in Anspruch zu nehmen. Die Verantwortung ein Problem anzusprechen obliegt jedem Einzelnen. Es ist Sache der Gruppe Feedback zu geben und sich auf die Thematisierung eines der Probleme der Gruppenmitglieder zu einigen. Das Hauptanliegen der Sitzungen ist die Thematisierung und Lösung von Verhaltensproblemen in einer offenen Runde, nicht ihre Sanktionierung.81 Neben der formalen Leitung der Sitzung greift der Gruppenleiter nur in den Ablauf ein, wenn der Gruppenprozess die persönliche Integrität des Einzelnen zu verletzen droht.82

Eine Gruppe, die entsprechend den Standards von PPC funktioniert, ist nicht auf ausgeklügelte Regelwerke angewiesen, die das Zusammenleben im Detail organisieren. Weil eine positive Normenkultur aber nicht in einer ungeregelten, chaotischen Atmosphäre entstehen kann, soll das pädagogische Personal bei der Initiierung des PPC-Ansatzes zunächst an den bekannten Regeln des Zusammenlebens festhalten, um Disziplin und Ordnung für die Übergangsphase aufrechtzuerhalten. Sobald die Gruppe lernt Verantwortung zu übernehmen, werden diese Regelungen zunehmend obsolet.83

Durchaus vergleichbar mit anderen Gruppenkonzepten verfolgt PPC das Ziel, unter den Gruppenmitgliedern ein positives Zusammengehörigkeitsgefühl zu etablieren. Um das Gefühl einander helfen zu können und die gegenseitige Unterstützung zu verstärken, sollen die Pädagogen gemeinsame Erfolgserlebnisse möglich machen und Aufgaben stellen, die für die Zusammenarbeit förderlich sind.84

PPC geht von vier Phasen aus, die Gruppen auf dem Weg zu einer positiven Normen-Kultur durchlaufen.85 In der Anfangsphase verhalten sich die Gruppenmitglieder noch defensiv und bleiben auf Distanz zueinander. Der Gruppenleiter soll das Konzept in seinen Grundzügen vorstellen und die Notwendigkeit zur Mitwirkung betonen. Er muss die Jugendlichen in Problemsituationen immer wieder aufeinander verweisen und ihre Lösung von der Gruppe verlangen.

In der nächsten Phase beginnen die ersten Gruppenmitglieder damit, Interesse füreinander zu zeigen, sich Untergruppen anzuschließen und die neuen Verhaltensnormen ansatzweise in ihr Repertoire zu übernehmen. Gerade in dieser Zeit soll der Gruppenleiter zunehmend die Lösung von Verhaltensproblemen durch die Gruppe verlangen und die Übernahme von Kontrollfunktionen verweigern, bevor in Phase 3 eine Art Entscheidungsfindung stattfindet.

Die Jugendlichen erleben eine Krise. Alte Verhaltensnormen verlieren ihre Gültigkeit, da immer mehr Gruppenmitglieder auf die neuen positiven Verhaltensnormen Rückgriff nehmen. Für diese Phase ist eine Steigerung der Gruppensolidarität zu erwarten, während gleichzeitig einzelne das veränderte Gruppenleben ablehnen und entsprechende Widerstände zeigen. Dieser Form des Machtkampfes begegnet der Gruppenleiter einerseits durch Isolation negativ eingestellter Jugendlicher, andererseits werden die neugewonnenen Kompetenzen der Gruppe eingesetzt.86

Phase 4 markiert den Endzustand einer funktionierenden PPC-Gruppe. Die Identifikation der einzelnen Mitglieder mit der Gruppe ist groß, gruppeninterne Splittungen haben sich abgebaut und die prosozialen Normen finden ohne Unterstützung von außen in der überwiegenden Mehrheit der Fälle Anwendung.87

4. Die Frage der Moralentwicklung

Die Gruppe der Jungen des Hessenhauses hat sich in einem Vorgang, der später noch näher erläutert wird, ein eigenes „Gesetz“ gegeben. Dieser so genannte „Hessenhaus-Kodex“ schreibt konkrete Verhaltensweisen vor, die die moralische Haltung der Jungen ansprechen und damit das Werteklima in der Gruppe beeinflussen sollen. Aus Sicht der Sozialisationstheorie ist es möglich moralisches Verhalten auf diese Weise kurzfristig zu verändern.88 Auch andere Theorien liefern Hinweise, dass das möglich ist. Die Entwicklung des moralischen Urteils spielt nicht nur in der Sozialisationstheorie eine Rolle. Sie ist ebenso ein wichtiger Aspekt in der kognitiven Entwicklungspsychologie von Jean Piaget und der sozial- kognitiven Lerntheorie von Albert Bandura.

Im Hinblick auf die Gruppenerziehung ist die Frage der Moralentwicklung entscheidend, weil die Anerkennung von Regeln und die Übernahme von Verhaltensnormen von den moralischen Einstellungen der einzelnen Gruppenmitglieder und der Entwicklung dieser Einstellungen abhängt. Wenn das erwünschte Ziel darin besteht, zunächst die Einhaltung und später eine Internalisierung der vom Kodex geforderten Verhaltensnormen zu erreichen, dann ist entscheidend, ob den Jungen im fraglichen Alter ein Verständnis der Punkte des Kodex überhaupt schon zugemutet werden kann. Damit ist das Verständnis der moralischen Bedeutung der Punkte in ihrer Dimension als handlungsleitende Prinzipien gemeint. Lind stellt in dieser Hinsicht fest,

„dass die kognitive Dimension für das moralische Urteilen eine sehr wichtige Rolle spielt, und dass sozialer Druck oder der Wunsch, einer sozialen Gruppe anzugehören, allein nicht ausreicht, wie die Sozialisationstheorie annimmt, den Prozess der moralischen Entwicklung zu erklären.“89

Also ist eine Übernahme der gewünschten Gruppennormen aufgrund von Gruppendruck alleine nicht zu erwarten. Eine einfache Setzung als feststehende Regel durch den Pädagogen verspricht ebenfalls wenig Erfolg. Es wird allgemein festgestellt, dass im späten Kindesalter und mit dem Einsetzen der Pubertät eine Phase des moralischen Bewusstseins und der Auseinandersetzung mit Regeln beginnt, in der Kinder Normen und Regeln nachvollziehen wollen und nach ihrer Begründung fragen.90 Dieses Phänomen ist Teil einer umfassenden, entwicklungsbedingten Veränderung des Denkens, die Pia Offenberger beschreibt:

„Zwischen Kleinkindalter und Adoleszenz entwickelt sich das soziale Denken vorhersagbar in nicht umkehrbaren Entwicklungsschritten, wobei das Kind fortlaufende Reorganisationen der Prinzipien vornimmt, die die verschiedenen Aspekte seines sozialen Wissens und Denkens strukturieren.“91

Eine nähere Betrachtung der Theorie von Piaget zur Moralentwicklung liefert Anhaltspunkte, wodurch diese Veränderung zustande kommt. Piaget geht davon aus, dass sich die moralische Urteilsfähigkeit in Stufen entwickelt. Er betont die Unterscheidung von zwei Stadien, die er „Heteronomie“ und „Autonomie“ nennt. Im Stadium der Heteronomie befinden sich Kinder bis etwa zum sechsten oder siebenten Lebensjahr, möglicherweise aber auch noch darüber hinaus. Es ist davon gekennzeichnet, dass durch Autoritäten gesetzte Regeln nicht in Frage gestellt werden. Piaget selbst bezeichnet die Heteronomie als eine Moral des Zwanges.92

Eine genaue Abgrenzung der Entwicklungsalter ist nach Piaget nicht möglich, da die beiden Typen der Moral „im großen und ganzen aufeinander folgen“93. Allerdings spricht er im Zusammenhang mit dem zweiten Typ, der autonomen Moral, davon, dass er sie an zehn- bis zwölfjährigen Kindern beobachtet hat. Für dieses Stadium der moralischen Urteilsfähigkeit sei das Entstehen von unabhängigen Idealen und ein Bewusstsein für die Gegenseitigkeit von Verpflichtungen kennzeichnend. Piaget nennt es eine Moral der Zusammenarbeit, die in Erscheinung tritt,

„wenn die gegenseitige Achtung stark genug ist im Individuum das innerliche Bedürfnis hervorzurufen, den anderen so zu behandeln, wie es selbst behandelt sein möchte.“94

Ein moralisches Bewusstsein auf der Stufe der Autonomie muss demnach bei den Jungen im Hessenhaus für das Gelingen der oben beschriebenen Internalisierung des Kodex als Bedingung vorausgesetzt werden. Albert Bandura äußert Skepsis gegenüber den von Stadientheorien angenommenen Alterstrends. Er bezweifelt unter anderem, dass moralische Urteile auf einer Entwicklungsstufe uniform seien, dass eine höhere Entwicklungsstufe nur auf dem Weg über die davor liegende erreicht werden könne und dass das fortgeschrittene moralische Bewusstsein das vorangegangene ersetze.95 Stattdessen verweist er auf die Erkenntnisse seiner sozial-kognitiven Lerntheorie.

Ein Kernstück von Banduras Theorie ist das „Modell-Lernen“, wonach „Kinder dazu neigen, ihre moralischen Standards entsprechend den Urteilen von Modellen zu verändern“96. Im Unterschied zu Piaget, bei dem es darauf ankommt, dass die dargebotene moralische Frage in ihren Dimensionen von der Moralstufe des Kindes nicht „allzu verschieden ist“, versteht Bandura „moralische Urteile als soziale Entscheidungen, die anhand vieler Faktoren gefällt werden“97. Zu solchen Faktoren zählen unter anderem die Eigenschaften der handelnden Personen und wie das Kind diese Eigenschaften einschätzt. Ebenso die Bewertung und Reaktionen durch die Umwelt und die Auffassungen des Kindes darüber, ob die jeweilige Handlungsalternative für sein Alter als reif oder unreif gilt.98 In der Darstellung etwas verkürzt, aber für die Ausführungen an dieser Stelle ausreichend kann festgestellt werden, dass Banduras Lerntheorie die Vorstellung vom Modell-Lernen als Erklärung von Verhaltensänderungen in den Mittelpunkt rückt und das auch auf die moralische Urteilsfähigkeit ausdehnt.

„Wiederholt konnte gezeigt werden, dass Kinder dazu neigen, ihre moralischen Standards entsprechend den Urteilen von Modellen zu verändern. (...) Unterschiedlicher Auffassung ist man darüber, wie und wann diese Modellierung Veränderungen hervorruft.“99

Bandura spricht von Modellierung als Nachahmung der Handlungsweisen oder der Einstellungen eines Vorbildes. Ein entscheidendes Kriterium dafür, welches Verhalten übernommen wird oder ob überhaupt das eigene Verhalten zugunsten des alternativen Verhaltens der Modellperson geändert wird, ist die Aufmerksamkeit, die das Modell auf sich zu ziehen vermag. Viel Beachtung können „Menschen, mit denen wir regelmäßig umgehen“ erhalten. Häufiger sozialer Umgang ist eine Voraussetzung für die erfolgreiche Modellierung von Verhalten. Die Attraktivität des Modells ist eine weitere. Personen und das Verhalten von Personen, „die gewinnende Eigenschaften besitzen“, werden eher als Modelle gewählt, während andere „gewöhnlich ignoriert oder abgelehnt werden“.100

In dieser ausschnitthaften Betrachtung der beiden Theorien wird deutlich, dass es neben der Frage nach dem Stadium des moralischen Urteilsvermögen eine Anzahl von außen beeinflussbarer Bedingungen gibt, die für die Gruppenerziehung eine Rolle spielen können. Es ergeben sich daraus Fragen, die an dieser Stelle jedoch nicht beantwortet werden können. Sie werden am Ende der Arbeit in der Zusammenfassung noch einmal aufgegriffen. Es stellt sich zum einen die Frage nach dem Modellierungseffekt des Hessenhaus-Kodex und ob dieser durch geeignete Vorgehensweisen verstärkt werden kann. Es stellt sich auch die Frage, ob Modellpersonen möglicherweise als Multiplikatoren für die Modellierung erwünschten Verhaltens genutzt werden können und welche Personen das sein sollten. Schließlich stellt sich die grundsätzliche Frage nach der Wirksamkeit von Gruppenerziehungsmethoden im Lichte der Auffassungen von Piaget und Bandura.

5. Jungengruppen als Soziales System

Der amerikanische Soziologe Howard Polsky, zu Lebzeiten Professor an der Columbia Universität in New York, veröffentlichte 1962 seine Studie "Cottage Six, The Social System of Delinquent Boys in Residential Treatment". Bis heute wird sie - zumindest in den Vereinigten Staaten - als Klassiker für die Sozialarbeit gehandelt. Das Buch wurde mehrfach übersetzt und hat mehr als 40 Jahre nach seiner Erstauflage noch immer Bedeutung auf dem Gebiet der institutionellen Erziehung von Kindern und Jugendlichen. Polskys Darstellung der Struktur von Gruppen als Sozialsystem in der Form eines Diamanten, bekannt als der "Polsky- Diamant“, ist ein geeignetes Mittel zur Darstellung von Gruppenhierarchien.101

Besonders wenn der Leser männlich ist und an seine Kindheit zurückdenkt, wird er wahrscheinlich Beispiele finden, die die Existenz von Hierarchien in Gruppen bestätigen. Vermutlich können sich die meisten daran erinnern, dass schon im Kindergarten einer der älteren Jungen, vermutlich auch einer der stärksten, das Sagen hatte. Laut Judith Harris ist das die Ordnung, nach der sich Jungengruppen in der Regel organisieren. Sie stellt dazu fest:

„Die Führungsrolle reduziert sich in einer Jungengruppe wie in einer Schimpansengesellschaft oft auf die Frage, wer wen dominieren kann.“102

Daneben zitiert Harris die so genannte Robbers Cave Studie, ein weiterer Klassiker, diesmal auf dem Gebiet der Psychologie. Einige Ergebnisse dieser Studie werde ich im folgenden Kapitel vorstellen.

5.1 Das Robbers Cave Experiment

1954, noch einmal einige Jahre vor Polskys Studie, unternahmen Wissenschaftler der University of Oklahoma unter der Leitung von Muzafer Sherif ein Experiment, für das sie zwei Gruppen von elfjährigen Jungen in ein Ferienlager im Robbers Cave State Park in Oklahoma brachten. Die Jungen hatten keine Ahnung, dass sie Teil eines Experimentes waren, das Erkenntnisse zur Gruppenbildung und die Erforschung von Gruppenbeziehungen zum Ziel hatte. Sie glaubten tatsächlich an einer Ferienfreizeit teilzunehmen.

In der Studie ging es hauptsächlich um die Beziehungen zwischen Gruppen, aber auch darum, wie die Jungen ihre Beziehungen innerhalb der Gruppe gestalteten. Die Robbers Cave Forscher hatten ihr Experiment bei der Planung in drei Phasen eingeteilt, wobei in der ersten Phase die „formation of in-groups“103 stattfinden sollte. Dieser Teil ist für die vorliegende Arbeit von Interesse.

Die Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass Jungen sich in einer Gruppe sehr schnell eine zwar nicht unveränderliche, aber doch stabile Hierarchie schaffen. Das gilt zumindest unter der Voraussetzung, dass sie ein gemeinsames Ziel haben und aufeinander angewiesen sind.104 Harris bezeichnet die im Robbers Cave Experiment gefundene Rangordnung auch als „attention structure“, womit sie darauf hinweist, dass die Jungen mit den meisten erfolgreichen Vorschlägen, deren Beiträgen die anderen die größte Aufmerksamkeit schenken, in der Hierarchie ganz oben stehen.105

Die Studie von Sherif zeigte außerdem, dass die Gruppen spezifische Verhaltensnormen entwickelten, die den einzelnen Mitgliedern bestimmte Verhaltensweisen abverlangten. Beispielsweise führte die Verletzung eines Jungen, die dieser vor der Gruppe verheimlichte, zur Etablierung einer „Härte-Norm“. Nach dieser Norm war Jammern oder gar Heulen fortan tabu.

„Mills hurt his toe but did not mention it until it was discovered at bedtime. This incident marked the beginnings of a norm for being "tough" (not a sissy or crybaby). Subsequently, injured members did not complain or cry, desiring to continue even the most strenuous activities if staff permitted.”106

Wenn das Verhalten eines Jungen von einer der Normen, von denen es in kurzer Zeit eine ganze Anzahl gab, abwich, wurde das von den anderen Gruppenmitgliedern sanktioniert. Diese Erkenntnis, zusammen mit dem Umstand, dass rangniedere Gruppenmitglieder für jeden Verstoß tendenziell härter bestraft wurden, weist Parallelen zum Umgang der Hessenhausjungen miteinander auf.107

Während sich ranghohe Jungen kleinere Verstöße gegen die geltende Norm gelegentlich erlauben konnten und nur durch eklatante Fehler Status einbüßten, hatten Normverletzungen für die Rangniederen fast ausnahmslos unangenehme Konsequenzen zur Folge. Die Reaktionen umfassten Missbilligung und Spott sowie die Androhung und Ausübung körperlicher Gewalt.

“Beyond the limits of the group norms, behavior was subject to group sanctions, which ranged from ridicule, through ignoring the offender and his behavior, to threats, and occasionally to physical chastisement.”108

Harris setzt die Befunde von Robbers Cave mit weiteren Gruppenstudien in Beziehung und verallgemeinert, dass Jungen, die sich auf den unteren Stufen der Hierarchie wiederfinden, meist jünger, physisch schwächer oder unreifer sind als ihre Altersgenossen. Dagegen besetzten die Reiferen, Stärkeren und Jungen mit besonderen Fähigkeiten die Rolle des Anführers. Entscheidend sei dabei laut Harris, den anderen den eigenen Willen aufzwingen zu können.109

5.2 Cottage Six

Der Sozialwissenschaftler Howard Polsky veröffentlichte 1962 die Ergebnisse seiner mehrere Monate dauernden Beobachtungen in einer Wohneinrichtung für straffällige jüdische Kinder und Jugendliche in den USA. Seine Forschung konzentrierte sich auf eine Gruppe von Jungen, die zusammen im Haus Nummer Sechs, dem „Cottage Six“, wohnten. Polsky war als teilnehmender Beobachter vollständig in das Alltagsgeschehen integriert. Während um ihn herum das normale Zusammenleben von Bewohnern und Personal vonstatten ging, registrierte Polsky systematisch das Verhalten und die Beziehungen der Jungen und sammelte seine Erkenntnisse.

Die Jungen in Cottage Six galten alle als schwierige Fälle mit einem mehr oder weniger langen Register abweichenden Verhaltens. Polsky betont die Bedeutung dieser Voraussetzung als wichtige Bedingung für seine Ergebnisse und skizziert eine Gruppe, die durch strikte Hierarchie gekennzeichnet ist und subkulturelle Normen zum Maßstab für den in der Gruppe geltenden Status gemacht hat. Darüber, welchen Status ein Junge erreicht, entscheidet weitgehend die Frage, wie erfolgreich er die in der Gruppe normstiftenden Verhaltensweisen Gewalt, Einschüchterung, Beleidigen und Austricksen anwendet.110

Bevor Polsky auf seine Beobachtungen zur Anwendung der Normen und die daraus resultierende Dominanzordnung als konstituierendem Element für das Sozialsystem eingeht, weist er darauf hin, dass individuelle Verhaltensweisen nicht nur auf die persönliche Entwicklung - heute würde man außerdem den genetischen Anteil diskutieren - zurückzuführen sind, sondern auch durch die emotionale Bindung zur Primärgruppe entstehen.111 Damit verbunden ist die Auseinandersetzung, meist in Form einer Übernahme, mit den in der Gruppe vorherrschenden Wertvorstellungen. Für Jungen in stationären Einrichtungen ist die Primärgruppe mit der Wohngruppe gleichzusetzen. Polsky konstatiert am Beispiel der Ausdrucksweise, dass die Übernahme der Sprachgewohnheiten für die Jungen auch die Übernahme der entsprechenden Ideale, sprich Wertvorstellungen bedeutet:

„... as the boy adopts the language of his peers he is also assuming their ideals.“112

Aus dem bisher Gesagten ergibt sich die Frage, ob die bloße Wiederholung und Anwendung der Normen im alltäglichen Handeln ihren Fortbestand garantiert oder ob es dazu noch geeigneter Methoden bedarf, um sie als systembestimmende Kultur zu etablieren. Nach Polsky stimmt beides. Die ständigen Wiederholungen der normgemäßen Verhaltensweisen in Form

von Gewaltanwendung, Drohungen, Beleidigen und Tricksen sind ein geeignetes Mittel, um sowohl die zugrunde liegenden Werte zu vermitteln als auch die dabei entstehende Subkultur aufrecht zu erhalten.

„It kept the `scapegoated´ in place and other inferior boys in check.“113

Außerdem hat dieses Verhalten für die Ranghöheren noch die nützliche Wirkung die Wichtigkeit des Aggressors zu unterstreichen.114 Die beschriebenen Merkmale der Jungen von Cottage Six und die bisher erläuterten Prinzipien, auf denen ihre Interaktionen basieren, können das Zustandekommen der bereits angedeuteten Rangordnung erklären. Für den Status ist aber nicht alleine das Maß entscheidend, in dem der Betreffende durch sein Verhalten den geltenden Normen entspricht. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Cliquenzugehörigkeit.115

Cliquen bilden sich innerhalb der Gruppe nach gemeinsamen Interessen, vergleichbarem Status oder der Tatsache, dass die Jungen ein gemeinsames Zimmer teilen. Es können auch mehrere dieser Faktoren zusammenwirken. Wichtig ist, dass die Cliquenzugehörigkeit ihrerseits einen Teil zum Status, zur Rolle in der Gruppe und damit dem Rang in der Hierarchie beiträgt. Die wechselseitige Verstärkung von herrschenden subkulturellen Normen, sozialer Rangordnung und Cliquenzugehörigkeit mündet in die Konsolidierung eines Status Quo.

„The boys in Cottage Six achieved a stable consensus concerning their positions in the social system. Once the cliques and roles are differentiated, group consensus help to freeze the status quo, (...).“116

Ich möchte als nächstes auf die Rollenverteilung in Cottage Six eingehen. Dabei greife ich die Rollen des Sündenbocks und der Anführer heraus, da diese für den noch zu leistenden Vergleich mit der Gruppe der Hessenhausjungen bedeutsam sind.

Die Rolle des Sündenbocks malt Polsky besonders schwarz. Er bezeichnet den Sündenbock als „catchall target“ am untersten Ende der Hackordnung, der, gefangen in einem Teufelskreis, permanenten Anfeindungen ausgesetzt ist und durch sein Verhalten, egal ob beschwichtigend oder trotzig, nur neue unfreundliche Reaktionen heraufbeschwört. In der Not Hilfe bei Erwachsenen zu suchen, kann für den Sündenbock laut Polsky ein absolutes Desaster auslösen. Er sähe sich möglicherweise massiven Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt. Die Gruppe funktioniert dagegen am reibungslosesten, wenn sich der betreffende Junge in sein Schicksal fügt und seine Rolle unterwürfig annimmt.117

Einen ganz anderen, aber in der Wirkung ebenso stabilisierenden Effekt für die Gruppe leistet der Beitrag der Anführer. Polsky wählt bewusst den Plural und spricht von einer „Führer-Clique“, weil die Rolle des Anführers eine gewisse Aufgabenteilung und eine zusätzliche Hierarchisierung innerhalb der „Führer-Clique“ aufweisen kann. Die Anführer kontrollieren die Gruppe, impfen Neuen die Regeln ein und weisen anderen Gruppenmitgliedern Aufgaben zu. Sie bestimmen den Ton, indem sie die meisten Aktivitäten initiieren und dafür sorgen, dass meistens ihre Vorschläge von der Gruppe in Aktionen umgesetzt werden.118

“In initiating, organizing, and controlling group action, the leaders set the cottage tone.”119

Die Jungen von Cottage Six bringen andere Voraussetzungen mit als

Jungen, die in einem Internat wie der Steinmühle leben. Polsky hat darauf hingewiesen, dass der delinquente Hintergrund der Cottage Six Jungen die Art der Normen maßgeblich bestimmt und für die besonders gewaltreiche Prägung der subkulturellen Standards verantwortlich ist. Trotzdem glaube ich, dass hinreichend gemeinsame Bedingungen gegeben sind, um einen Vergleich der beiden Zielgruppen zu rechtfertigen. Polsky sagt nicht, dass nur Jungen mit entsprechenden subkulturellen Erfahrungen aus kriminellem Milieu eine derartige Sozialstruktur hervorbringen. Ganz im Gegenteil: Seine Ausführungen legen nahe, dass die beschriebenen Gruppenprozesse und Interaktionsmuster übertragbar sind. Abgesehen davon haben auch die Mittelschicht-Jungen der Robbers Cave Studie ähnliche Hierarchien gebildet.

Für eine Vergleichbarkeit sprechen ebenso die persönlichen Erfahrungen des Verfassers mit Jungengruppen. Es gibt einen hohen Wiedererkennungseffekt in Polskys Darstellungen, so dass im folgenden auf Übereinstimmungen zur Hessenhausgruppe eingegangen werden soll.

5.3 Die Hessenhaus-Gruppe

Ich habe bereits auf einige Merkmale der Hessenhausgruppe hingewiesen. Eine subkulturelle Norm, wie Polsky es versteht, war während einer Phase in der jüngeren Gruppengeschichte das Rauchen. Rauchen brachte Anerkennung. Das Gleiche galt für den Gebrauch der Sprache. Etwa die Hälfte der Jungen benutzte besonders häufig dieselben „coolen“ Sprüche.120 Die Sprache diente zur Abgrenzung in der Hierarchie und signalisierte gleichzeitig den Wunsch nach Zugehörigkeit zur „Big Crowd“121. Meinen Beobachtungen zufolge bildeten vier bis fünf Jungen dieser Gruppe die „Führer-Clique“.122 Einer von ihnen „erfand“ immer wieder die beliebtesten Redewendungen. Dieser Junge, genannt M., hatte die größten Erfahrungen mit dem Rauchen, war einer der Ältesten und der reifste Junge der Gruppe. Es grenzt schon an Ironie, dass ein anderer Junge in dieser Clique (er wird später als K2 wieder in Erscheinung treten) gegenüber dem Verfasser sehr häufig von M. als „unserem Führer“ sprach. Dazu inspiriert hatte in wohl die thematische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus im Rahmen des Geschichtsunterrichtes. Er brachte damit aber auch sehr deutlich zum Ausdruck, dass die Rollen im Hessenhaus im Sinne Polskys klar verteilt waren.

Anfang des Jahres 2004 ergab sich eine Situation, die für die weiteren Betrachtungen interessant sein dürfte. Drei Jungen des Hessenhauses waren aufgrund eklatanter Verstöße gegen die Heimordnung gekündigt worden. Darunter M., ein weiterer Junge aus der Führungsclique und ein dritter, der eher eine Laufburschen-Rolle innehatte, genannt C. Die veränderte Gruppenzusammensetzung in den Führungspositionen musste nach Polsky deutliche Auswirkungen auf die Interaktionsprozesse haben.

“As top leaders move out of the cottage, its rigid social structure loosens, and the boys have an opportunity to experiment with new roles.”123

Ich verbinde damit die Erwartung, dass das plötzliche Freiwerden von Führungspositionen einen Prozess der Neuorientierung hervorruft, und die erneute Aushandlung einer das Gruppensystem konstituierenden Rangordnung in der noch näher zu betrachtenden Gruppendiskussion sichtbar wird.

5.3.1 Analyse und Interpretation einer Gruppendiskussion

Den folgenden Ausführungen liegt ein Ausschnitt des Tonprotokolls einer Hausversammlung im Hessenhaus zugrunde124. Die Hausversammlung ist als Forum für Informationsvermittlung und zur Diskussion von Problemen im Haus gedacht. Dafür treffen sich alle Bewohner des Hessenhauses einmal pro Woche am Abend im Gruppenraum. Nach den organisatorischen Beiträgen folgt eine offene Runde, die der Besprechung von allgemeinen Themen Raum bieten soll.

In der aufgezeichneten Gruppendiskussion geht es um den Austausch von Meinungen zur vollzogenen Kündigung von drei Gruppenmitgliedern. Die Sequenz beginnt mit den Worten des Schülers K9, der die Gruppe darauf hinweisen möchte, dass ihm der gekündigte Schüler C. noch einen Euro schuldet. „K“ steht für Kinder, die einzelnen Jungen sind gemäß dem Zeitpunkt ihres ersten Redebeitrags nummeriert. „E“ ist der Erzieher und Hausleiter der Hessenhausgruppe, der Verfasser.

1 K9: Ich wollte sagen zu dem Carl, dass ich von dem noch einen Euro bekomme.
2 Verschiedene K (laut durcheinander): ( )
3 K2: Die Taxifahrt! Das Taxi ist geklärt, das war falsch.
4 K5: Mir wurden aber um die 20 € geklaut.
5 K1: Mir auch:.
44
6 K9: Ich bekomme noch von dem einen Euro.
7 Verschiedene K (im Chor): Ohhh ein Euro!
8 E: Ich fürchte den Euro kannst du in den Wind schreiben.
9 K1: Scheiß doch auf´n Euro:.
10 K8: Mach ´ne Anzeige.
11 K1: ( ) dem ist der Euro nichts wert.
12 K3: Jetzt sei doch mal still.
13 K1: Yea.
14 K2 (geht zu K9, hält ihm einen Euro hin): Hier hast du einen Euro, verzock´s.
15 (K9 will ihn nehmen) Schenk ich dir doch nicht.
16 (Mehrere K kichern)
17 K1: Ich wollt´s auch schon machen, aber, nee.

Im Hinblick auf die Frage, ob sich in einem Gruppenprozess wie dem vorliegenden besondere Gruppenstrukturen erkennen lassen, will ich kurz die Hypothesenbildung vorstellen, die sich aus der Analyse dieser Sequenz ergibt.

K9, der die Sequenz eröffnet, wirkt unsicher, ob er sich mit seinem Thema überhaupt in die Gruppe einbringen sollte. Gleichzeitig sucht er aber den Kontakt, indem er sich auf vermeintlich sicherem Terrain mit einem Vorwurf gegen C., einem der gekündigten Schüler, in die Diskussion einbringt. Die spontanen Reaktionen, die K9 mit seinen Beiträgen hervorruft, legen nahe, dass eine Mehrheit in der Gruppe sich ähnlich zu K9 verhält. Eine nähere Betrachtung der Zeilen 14-17 macht diesen Umstand noch deutlicher und zeigt, dass dieses Verhältnis auf Spott und Verachtung beruht.

K1 bestätigt in Zeile 17 ein bereits in vorangegangen Sequenzen festgestelltes verdecktes Konkurrenzverhältnis zu K2125. Nichtsdestotrotz herrscht gegenüber K9 in dieser Interaktion besondere Einigkeit. K2 ist in dem Abschnitt dominant. Er profiliert sich durch aktives Handeln vor der Gruppe auf Kosten von K9 und wird dabei von mehreren Jungen durch Kichern und von K2 durch seinen Kommentar, er hätte es auch so machen wollen, bestätigt. Die Einschränkung „aber, nee“ könnte dabei zwar eine leise Kritik an K1 in der Art, jetzt sei er doch zu weit gegangen, bedeuten, ist aber möglicherweise auch eine erneute Doppelbotschaft, die sich an K9 richtet.

Aus dieser Analyse ergeben sich einige Thesen zu den Mustern, die den Interaktionen der Gruppenmitglieder zugrunde liegen und auf eine Rangordnung hinweisen.

K9 ist der Sündenbock der Gruppe. Seine Unsicherheiten resultieren daraus, dass ihm wie im Beispiel von K1 und K2 Doppelbotschaften vermittelt und Fallen gestellt werden. Wenn andere Jungen ihn demütigen oder vorführen, ist ihnen der Beifall eines großen Teils der restlichen Gruppe sicher. Die Dominanz von K1 und K2 in solchen Interaktionen ist kein Zufall. Beide buhlen um einen Führungsanspruch in der Gruppe, wobei die Ambitionen von K1 durch den Konflikt mit K3, der diesen Anspruch nicht respektiert, gedämpft werden.

Während K2 sein Handeln nach eigenen Maßstäben bestimmt, nutzt K1 bei seinen Aktionen den „Windschatten“ der vermeintlich „Großen“. Sein „Scheiß doch auf´n Euro“ in Zeile 9 äußert er im direkten Anschluss an die inhaltlich gleiche, nur vornehmer ausgedrückte Aussage des Gruppenleiters

E. Bei der Bestätigung der Demütigung von K9 in Zeile 17 schwimmt K1 im „Fahrwasser“ von K2. Hinsichtlich der Rangordnung innerhalb der Gruppe stellt sich K1, wie K2 und andere auch, klar über K9, bleibt aber in der Hierarchie unter K2 und im Konflikt mit K3. K2´s Rolle entspricht der des Mitläufers und Adjutanten. K1 kann hingegen ziemlich eindeutig als Anwärter auf eine Führungsposition gesehen werden.

Die so ermittelte Gruppenhierarchie lässt sich im Ergebnis mit Hilfe von Polskys Diamant126 als Grafik darstellen. Ich habe diese Grafik dem Anhang beigefügt.

6. Gruppenentwicklung in drei Phasen

Die Entwicklung einer Gruppe gilt allgemein als komplexer, schwer abgrenzbarer Prozess, weil die Art und Weise der Gruppenentwicklung mit dem Typ der Gruppe, der Einwirkung von außen durch gruppenlenkende Maßnahmen und anderen Faktoren variiert. In dieser Hinsicht erheben Modelle zur Gruppenentwicklung auch keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Sie ermöglichen aber das Erkennen unterschiedlicher Gruppenphasen und ihrer spezifischen Erfordernisse. Gruppenfördernde Prozesse können so gezielt unterstützt und damit die Gruppenentwicklung in eine gewünschte Richtung gelenkt werden.127

Eine Analyse von gruppeninternen Vorgängen mit qualitativen und quantitativen Methoden kann sozusagen induktiv zum Verständnis des Gesamtgruppenverhaltens beitragen. Dabei wird, wie die vorangegangenen Kapitel zeigen konnten, etwas von der spezifischen Struktur, die die Gruppe als soziales System kennzeichnet, sichtbar. Umgekehrt lassen Modelle zur allgemeinen Gruppenentwicklung deduktive Rückschlüsse auf die spezielle Gruppe zu und liefern eine Matrize für das Verständnis der Interaktionen auf der Ebene der einzelnen Gruppenmitglieder.

Verschiedene Autoren gehen davon aus, dass Geschehnisse innerhalb einer Gruppe, die im Moment ihres Auftretens überraschen, dann ihren Sinn gewinnen oder als unvermeidlich betrachtet werden können, wenn man sie als Teil des natürlichen Entwicklungsprozesses der Gruppe betrachtet. Sie gehen weiter davon aus, dass Gruppen im Laufe dieses Entwicklungsprozesses eine bestimmte Anzahl von Phasen durchlaufen.

Nach dem Modell von Caple sind das fünf Phasen. Stangl unterscheidet dagegen vier, ebenso wie das PPC-Konzept von Vorrath und Brendtro.128 Die von den Modellen unterschiedlich abgegrenzten Entwicklungsstufen beschreiben oft sehr ähnliche Gruppenprozesse. Allen Modellen gemeinsam ist die Orientierungsphase am Anfang einer Gruppenbildung. Darauf folgt eine Phase der „Gärung und Klärung“129 beziehungsweise das Konflikt- und Integrationsstadium. Da das PPC-Konzept den Fokus auf die Veränderung des Verhaltens einzelner im Hinblick auf die Umsetzung prosozialer Normen in einer Gruppe legt, bezeichnet es dieses Stadium als Phase, in der die neuen Verhaltensnormen angezweifelt werden und mit den gewohnten subkulturellen Normen in Konflikt geraten. Darauf folgt eine Phase der Polarisation der Meinungen und zunehmender Auseinandersetzung mit den neuen Werten, die schließlich in die letzte Entwicklungsstufe mündet, die durch das Vorherrschen einer Kultur des positiven Umgangs und der Umsetzung von prosozialen Normen gekennzeichnet ist. Analog sprechen die anderen Modelle von einer Vertrauens- und Strukturierungsphase, bevor der angestrebte Idealzustand des Arbeits- bzw. Leistungsstadiums erreicht ist.130

In Anlehnung an die genannten Modelle habe ich für das Hessenhaus eine Darstellung gewählt, die den Versuch einer konzeptionellen Einflussnahme auf die Entwicklung dieser Gruppe ebenfalls in Phasen beschreibt. Ich beschränke mich dabei auf drei Phasen. Sie sollen einen Überblick über die in dieser Arbeit bisher nur angedeuteten methodischen Handlungsvorschläge geben.131

In der ersten Phase findet eine systematische Beobachtung von Vorgängen und Interaktionen innerhalb der Hessenhausgruppe statt. Diese Phase ist abgeschlossen. Der Zeitpunkt ihres Beginns sowie der Beginn der anderen Phasen ist schwierig zu bestimmen, da die Übergänge teilweise fließend waren. Nachdem ich Anfang 2004 die Gruppendiskussion aufgenommen hatte, habe ich im Sommersemester desselben Jahres zum ersten Mal Vorgänge in der Hessenhausgruppe gezielt beobachtet und dabei speziell die Ausführungen über die Abbildung der sozialen Struktur von Jungengruppen als Diamant nach Polsky und die Normenkultur der Glen Mills Schools in den USA vor Augen gehabt. Es folgte eine genauere Untersuchung der Gruppe mit Hilfe soziometrischer Verfahren, die sich im Grunde bis Anfang 2005 erstreckte. Die Aufnahme und Analyse der Gruppendiskussion war sozusagen der Auftakt zu dieser Beobachtungsphase.

Phase Zwei bezeichnet die Vorstellung von Elementen einer prosozialen Normenkultur und die Einführung entsprechender Interaktionsformen. Die Hessenhausgruppe befindet sich zum jetzigen Zeitpunkt größtenteils in dieser Phase. Einzelne Elemente dieser Einführungsphase werden noch erläutert.

In Phase 3 soll schließlich eine prosoziale Normenkultur so weit etabliert sein, dass die Gruppe viele Bereiche ihres Zusammenlebens selbständig regeln kann, und das Zusammenleben dabei von positiven Werten wie Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme geprägt ist. In einigen Punkten ist die Hessenhausgruppe bereits in dieser Phase angelangt. Auf diese Aspekte wird ebenfalls im Folgenden eingegangen.

6.1 Soziometrischer Status der Gruppe

Im Rahmen einer etwa einjährigen Beobachtungsphase von Januar 2004 bis Januar 2005 habe ich verschiedene Aspekte des Zusammenlebens der Hessenhausgruppe dokumentiert und einer genaueren Untersuchung mit Hilfe von soziometrischen Verfahren unterzogen. Ich möchte an dieser Stelle zwei davon gründlicher auswerten. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist stets zu bedenken, dass es sich um Momentaufnahmen handelt. Sie stellen lediglich einen Ausschnitt aus den die soziale Struktur der Gruppe konstituierenden Interaktionen dar. Zum Beispiel kann die Ablehnung eines Jungen bei der Zimmerwahl durch einen anderen Jungen aus einem momentanen Streit resultieren, ohne dass die soziometrische Methode das berücksichtigen kann.

Mit dieser Einschränkung können solche Verfahren jedoch wertvolle Ergebnisse für ein besseres Verständnis der Gruppenstruktur liefern. Die Kontextbedingungen, die zur Wahl der Frühstückssituation geführt haben, werden an späterer Stelle noch kurz erläutert.

Eine weitere wichtige Einflussgröße ist die Veränderung der

Gruppenzusammensetzung innerhalb des Beobachtungszeitraumes. Das ist für die Analyseergebnisse der Gruppendiskussion im Vergleich zu den Resultaten der soziometrischen Verfahren von Bedeutung, weil die Gruppendiskussion zeitlich vor der Veränderung der Gruppenzusammensetzung liegt, während die soziometrischen Verfahren in die Zeit danach fallen.

Zwischendurch, bedingt durch den Beginn des neuen Schuljahres im Sommer 2004, veränderte sich die Gruppe nochmals auf drei Positionen. K1, K2 und K4 verließen die Gruppe. Die neu hinzugekommenen Jungen übernehmen in den folgenden Ausführungen diese Bezeichnungen, sind aber durch eine Apostrophierung gekennzeichnet.

Für den zweiten Datensatz, die „Zimmerumfrage“, ist zu bemerken, dass die Fragestellung so gewählt wurde, dass sie auf das Kriterium der Beliebtheit abzielt. Zuneigung und Abneigung werden durch eine entsprechende Fächerung der vorgegebenen Antworten gleichzeitig gemessen. Die Wiederholung der Befragung etwa vier Monate später macht diesen Vorgang zu einer kleinen Längsschnittstudie.

Es liegen somit sowohl Daten vor, die mit der Methode der Befragung ermittelt wurden als auch solche, die auf einer Beobachtung der Gruppe beruhen. Beide Vorgehensweisen werden von der Fragestellung geleitet, ob sich eine soziale Ordnung in den Präferenzen und Interaktionen der Gruppenmitglieder wiederspiegelt.

6.1.1 Speisesaal-Sitzordnung

Die Jungen der Hessenhausgruppe essen dreimal täglich zusammen. Aufgrund der unterschiedlichen Schulzeiten und den verschiedenen Freizeitaktivitäten am Abend bietet aber nur die Frühstückssituation die Möglichkeit ein komplettes Bild der Gruppe beim Essen zu erfassen. Die Schüler aller Häuser kommen zum gemeinsamen Frühstück in den Speisesaal. Es gibt keine vorgeschriebene Tischordnung, aber gewöhnlich gruppieren sie sich in der Weise wie sie in den Häusern zusammen wohnen. Das pädagogische Personal sitzt an einem gesonderten Tisch. Die Jungen des Hessenhauses gehen um 7:15 Uhr geschlossen in den Speisesaal. Dort sind zu dieser frühen Zeit noch die meisten Tische unbesetzt. Die Beobachtungszeit im Speisesaal erstreckte sich über zwei Wochen, wobei die Sitzordnung an sechs Tagen schriftlich festgehalten wurde. Diese sechs Fälle weisen ein Muster auf, das in der Zeit danach durch weitere Beobachtungen bestätigt werden konnte.

Es hat sich gezeigt, dass die Jungen drei Tische im Raum bevorzugen und sich jeweils an zwei Tischen niederlassen. Ähnlich der von Polsky beschriebenen Jungengruppe in „Cottage Six“ bilden sich deutlich voneinander getrennte Tischgruppen heraus.132 Die Jungen des Hessenhauses setzen sich in allen Fällen nach einem einheitlichen Muster an zwei verschiedene Tische. Der Umstand, dass es immer zwei und nicht etwa drei oder mehr Tische sind, was möglich wäre, weist auf eine weitere Parallele zu Polsky hin. Die älteren und reiferen Jungen setzen sich an den einen Tisch und bilden die so genannte „Big Crowd“ mit dem höheren Status, die jüngeren und kleineren sitzen als „Small Crowd“ an dem anderen Tisch. Es lässt sich schon hier die Hypothese ableiten, dass es eine Zweiteilung der Gruppe gibt, die sich in der Sitzordnung manifestiert.133 Den Tisch der statushöheren „Obergruppe“ bilden K1´, K2´, K3, K4, K6, und K10. Am Tisch der statusniedrigeren „Untergruppe“ sitzen K5, K8, K11 und K12. Der Schüler K9, aus der vorhergehenden Analyse der Gruppendiskussion bereits als Sündenbock bekannt, pendelt im Beobachtungszeitraum von einem Tisch zum anderen.

6.1.2 Zimmerumfrage

Im September 2004 fragte der Autor die Hessenhausjungen in einer schriftlichen „Zimmerumfrage“, mit welchem anderen Mitglied der Gruppe sie, wenn es einen Zimmerwechsel zum Halbjahr gäbe, am liebsten das Zimmer teilen würden. Dabei standen die vier Dimensionen „am liebsten“, „gerne“, „nicht so gerne“ und „auf keinen Fall“ zur Auswahl. Die Gruppe befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer Findungsphase, die durch den erwähnten Wechsel auf drei Positionen nach den großen Sommerferien angestoßen worden war. Eine Wiederholung der Umfrage erfolgte vier Monate später im Januar 2005. Die Ergebnisse der Befragungen befinden sich als grafische Darstellungen im Anhang.134

Mit Hilfe einer differenzierteren Auswertung, die auch die graduellen Unterschiede in den positiven und negativen Nennungen berücksichtigt, lassen sich die Ergebnisse als Rangfolge darstellen, mit der man die Beliebtheit der einzelnen Gruppenmitglieder in bezug auf das Zusammenwohnen in einem Zimmer gut vergleichen kann.135 In der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse der Umfrage im September 2004 und die der Umfrage im Januar 2005 gegenübergestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vergleicht man dieses Resultat mit der Tischordnung im Speisesaal, fällt eine Übereinstimmung auf. Mit Ausnahme von K3 und K6 finden sich in beiden Umfragen alle Jungen, die vermeintlich der Obergruppe angehören, auf den Plätzen 1-7 im oberen Teil der Beliebtheitsskala wieder. Im Januar hat sich dieses Bild weiter ausdifferenziert, so dass sich eine noch deutlichere Abstufung zwischen der Beliebtheit von Jungen der Obergruppe und Jungen der Untergruppe ergibt. In Abbildung 5 wird diese Zweiteilung deutlich sichtbar.136

K3 ist beliebter geworden, dafür ist K6 auf Platz 9 abgerutscht. K12 kann seine Ausnahmestellung nicht behaupten und büßt Sympathie ein. Die Stellung von K5 am Ende der Beliebtheitsskala hat sich verfestigt. Er erhält keine einzige Sympathienennung und wird in dieser Betrachtung zum Außenseiter. K9, den die Analyse der Gruppendiskussion als Außenseiter und Sündenbock ermittelt und der ohne festen Bezug zu einer der beiden Subgruppen im Rahmen der Tischordnung ist, nimmt einen stabilen, aber unteren Beliebtheitsrang ein.

6.2 Einführung von prosozialen Gruppennormen

Schon im Sommer 2004, während einzelne Beobachtungsverfahren noch liefen, entstand der Gedanke, die in der Heimordnung des Internates festgelegten Verhaltensstandards zu erweitern. Der Gruppe fehlten konkrete Regeln, um prosoziale Normen im Alltag erfahrbar zu machen. Die Idee einen „Kodex“ einzuführen entstand aus einer Kombination von Anregungen. Einen Anstoß gaben die minutiösen Regeln der Glen Mills Schools.137 Einen weiteren der Hollywoodfilm „Fluch der Karibik“ mit Johnny Depp, den ich mit den Jungen der Hessenhausgruppe im Kino sah. So kam es zu dem Entschluss, gemeinsam mit den Jungen eine Art „Piraten- Kodex“ zu verfassen, der allen Gruppenmitgliedern verbindliche Richtlinien für den Umgang miteinander vorschreibt. Neben dem Spielfilm lieferte das Internet Ideen für einen derartigen Kodex.138

In der Folgezeit entwickelte der Verfasser zusammen mit dem Haussprecher, seinem Vertreter (als Funktionsträger der Gruppe) und den beiden ältesten Gruppenmitgliedern mehrere Entwürfe für einen „Hessenhaus-Kodex“. Sie wurden in den jeweiligen Stadien der Hausversammlung vorgestellt und abgestimmt. Diese Vorgehensweise führte schließlich zu einem sechs Punkte umfassenden Kodex, der von allen unterschrieben in einem goldenen Rahmen an einem prominenten Platz im Flur des Hauses aufgehängt wurde.139

Zwei weitere Elemente spielten in der Phase der Einführung prosozialer Normen eine Rolle. Zum einen waren das gemeinsam zu bewältigende Aufgaben zur Förderung der Kooperation wie zum Beispiel eine Serie von Fußballspielen gegen die älteren Jungen aus den benachbarten Internatshäusern. Diese Spiele wurden von den Jungen engagiert vorbereitet. Einige erklärten sich für die Gestaltung von T-Shirts als „Trikots“, andere für das taktische Training oder das Ausdauertraining zuständig. Die Spiele wurden so regelrecht zu Häuserduellen hochstilisiert. Zweitens leitete der Verfasser die wöchentliche Hausversammlung mehrmals mit einem Spiel zur Förderung kooperativer Interaktionen ein. Eines dieser Spiele, das „Alle die“-Spiel, dient sowohl der Förderung gegenseitiger Rücksichtnahme als auch dem besseren Kennenlernen.140 Es erwies sich weiterhin als notwendig Rede-Regeln einzuführen, da die Jungen einander nicht ausreden ließen und angesichts der Größe der Gruppe auch nicht zu erwarten war, dass eine bessere Redekultur sich von selbst einstellen würde. Die ersten Rede-Regeln waren die beiden elementaren Bestimmungen „Jeder darf etwas sagen“ und „Wir lassen den anderen ausreden“. Die Einhaltung des Gebotes den anderen ausreden zu lassen fiel den Jungen am schwersten. Daher entschied sich der Verfasser für einen Kniff, der die Lebenswelt der Jungen ansprechen sollte. Anstelle einer Rednerliste oder eines „Rede-Balles“ wurde ein „Rede-Ring“ eingeführt, der während der Hausversammlung in der Mitte des Raumes in einem silbernen Pokal liegt.141 Derjenige, der ein Anliegen vortragen möchte, nimmt den Ring an sich, erwirbt so das Rederecht und den Anspruch, dass alle anderen schweigen und zuhören. Am Ende seines Beitrages legt er den Ring zurück in den Pokal. Mit der Zeit etablierte sich so eine gut funktionierende Rede-Kultur in den Hausversammlungen.

6.3 Etablierung einer prosozialen Gleichaltrigenkultur

Nach der Einführung der genannten und noch weiterer prosozialer Interaktionsformen, deren Aufzählung hier zu weit führen würde, hat die Gruppe die Voraussetzungen für die dritte Phase erfüllt. Voraussetzung für diese dritte Phase ist aus Sicht des Verfassers eine gewisse Vertrautheit der Jungen mit den prosozialen „Spielregeln“ und eine wenn auch unausgesprochene Würdigung des bisher Erreichten. Hinweise auf ein prosoziales Klima lassen sich mit quantitativen Methoden am Rückgang aggressiver Verhaltensweisen oder anderen statistischen Mitteln erkennen. Sie erschließen sich aber auch, obwohl hierfür der Nachweis im streng wissenschaftlichen Sinn nicht geführt wird, über den subjektiven Eindruck eines teilnehmenden Beobachters, da dieser durch die Teilnahme am Gruppenleben notwendigerweise Stimmungen und Spannungen in der Gruppe miterlebt. Das positive Gefühl von Zufriedenheit über das Erreichte bringen die Jungen durch Äußerungen wie „diese Woche war´s echt entspannt“ oder „ich finde es läuft jetzt besser im Haus“ zum Ausdruck.142 Anstatt in dieser Phase der Gruppenentwicklung eine weitere, genaue Analyse der Gruppensituation durchzuführen, ging der Verfasser bei der Entscheidung die nächste Phase mit der Gruppe einzuleiten „nach Gefühl“. Auch die Phasen zwei und drei sind in ihrer zeitlichen Abfolge nicht exakt zu trennen, da sich Maßnahmen wieder teilweise überschnitten. Zum Zeitpunkt der Anfertigung dieser Arbeit besteht für die Hessenhausgruppe der Fortschritt zur nächsten Stufe im Wesentlichen darin, dass Jungen, die das Gruppenleben durch soziales Engagement und soziale Beiträge positiv beeinflussen, in der wöchentlichen Hausversammlung belohnt werden und eine besondere Würdigung für ihr Verhalten erhalten. Dieses Vorgehen entspricht der Förderung des „Aktivs“ bei Makarenko. Gruppenmitglieder, die wichtige Hausämter übernehmen, erhalten dafür eine Belohnung. Beliebte Ämter mit hohem Prestige sind der Postdienst und die Taschengeldverwaltung. Daneben gibt es die Ämter Blumen gießen, Notweckdienst oder die Übernahme einer Mentorenaufgabe. Ein Lernmentor hilft einem anderen Schüler Wissenslücken in einem Schulfach aufzuarbeiten.

Einen weiteren Beitrag zur Stabilisierung der prosozialen Normenkultur liefert die weitgehend selbständige Konfliktlösung der Gruppenmitglieder in ihren Gremien Hausversammlung und Hessenhausrat. In Anlehnung an die Gruppensitzungen bei PPC und die Vollversammlungen bei Makarenko143 werden Jungen, die gegen eine Norm verstoßen haben, vom Rat eingeladen. Ein entscheidender Aspekt dabei ist neben der Forderung an die Selbsterziehungskraft der Gruppe die „quasi öffentliche“ Verhandlung.

„Später kam ich jedoch zu dem Schluss, dass man manchmal nicht mit dem einzelnen Schüler reden, sondern sich an alle wenden muss, um Formen zu schaffen, die jeden Schüler verpflichten, sich in das Leben des Ganzen einzugliedern.“144

Die „Delinquenten“ erhalten Gelegenheit ihre Verfehlung und die Art des Normverstoßes, den sie selbst darin sehen, darzustellen. Im Rat erhalten sie von den Haussprechern Feedback und gegebenenfalls Angebote bei der Lösung des Problems zu helfen.

Eine graphische Darstellung der Gruppenentwicklungsphasen befindet sich im Anhang. Die Überlappung der Pfeile deutet an, dass die Übergänge zwischen den Phasen fließend sind.

Zusammenfassung

Im Ergebnis zeichnet die vorliegende Arbeit den Weg nach, der mich weg von individuell ausgerichteten Erziehungsmaßnahmen im Sinne der Angebote der deutschen Jugendhilfe hin zu einer kollektiven Perspektive des Erziehungsprozesses geführt hat.

Zu den Ergebnissen im Einzelnen: Die Gruppe der Hessenhausjungen ist in Anlehnung an die Definition von Thomas eine geschlossene Gruppe von Gleichaltrigen mit gemeinsamen Zielen und komplexen Beziehungsstrukturen zwischen ihren Mitgliedern. Eine Internatsgruppe wie die des Hessenhauses weist eine große Zahl von gruppentypischen Merkmalen auf. Aus der Sicht der Gruppenpsychologie qualifiziert sie sich damit für eine nähere Untersuchung mit qualitativen und quantitativen Verfahren.

Die Frage nach dem Stellenwert einer solchen Gruppe im Sozialisationsprozess von Kindern und Jugendlichen konnte mit Hilfe von Harris und verschiedenen anderen Autoren eindeutig beantwortet werden: Die Bedeutung der Gleichaltrigengruppe ist aus sozialisationstheoretischer und entwicklungspsychologischer Sicht enorm. Wenn auch unterschiedlich nuanciert, so sind sich die verschiedenen Autoren doch einig, dass der Peer Group eine herausragende Bedeutung für die Sozialisation von Heranwachsenden zukommt, weil sie als „psychologisch signifikante“ Primärgruppe die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen dominiert und ihr Status- und Autonomiebedürfnis befriedigt.

Polsky formuliert am Ende seiner Studie im Kapitel „Neue Perspektiven“ einen Auftrag für die Heimerziehung. Demzufolge ist eine fundamentale Aufgabe für die Heimerziehung neben der Persönlichkeit des Individuums auch ein therapeutisches Gruppenklima zu fördern. In dieser Arbeit sind zwei praktische Ansätze von Gruppenerziehung einer näheren Betrachtung unterzogen worden, die in gewisser Hinsicht versuchen diesen Auftrag zu erfüllen.

Positive Peer Culture und die Kollektiverziehung Makarenkos liefern Ansätze, die sich in der Vergangenheit bewährt haben oder vielversprechende Zwischenergebnisse zeitigen. Beide Konzepte haben die Bedeutung der Altersgruppe realisiert und reagieren methodisch- systematisch auf Gruppenphänomene wie der Bildung von Subkulturen in Gleichaltrigengruppen. Sie versuchen daneben, wie Winkler es ausdrückt, eine „Balance zwischen Wir und Ich“ herzustellen.145

In den Beiträgen über die kognitive Entwicklungspsychologie von Piaget und die kognitive Lerntheorie von Bandura wurde auf die Wichtigkeit des Stadiums der Autonomie als Voraussetzung für den verständigen Umgang mit moralischen Fragen, wie sie beispielsweise die Verfassung eines Verhaltenskodexes aufwirft, hingewiesen. Außerdem konnte gezeigt werden, dass die Hessenhausjungen der Alterskategorie angehören, in der die Aushandlung von gegenseitigen moralischen Verpflichtungen im Zusammenleben möglich ist. Die Erkenntnisse liefern den wichtigen Hinweis, dass demokratische Beteiligungsformen in Form von Besprechungen und gemeinsam getragenen Entscheidungen für die Altersklasse der Hessenhausgruppe sinnvoll und für einen gelingenden Gruppenprozess sogar notwendig sind.

Makarenko und PPC empfehlen die Bildung einer Gruppe von systemtragenden Jugendlichen, die die gewünschten prosozialen Verhaltensweisen übernehmen und den Einfluss von negativen Gruppenmitgliedern neutralisieren. In Verbindung mit der Bedeutung des Modell-Lernens lautet die Schlussfolgerung, dass dafür neben den Gruppenmitgliedern mit positiven Eigenschaften auch die potentiell negativen rekrutiert und „umgedreht“ werden sollten, weil in der Regel die Intelligentesten, Stärksten und Reifsten über den höchsten Status verfügen und damit attraktive Modelle für die anderen abgeben.146 Für das pädagogische Personal gilt in diesem Zusammenhang, dass es durch die Modellierung erwünschter Verhaltensweisen ebenfalls einen positiven Beitrag zur Erziehung der Gruppe leisten kann.

In Kapitel 5 konnte anhand der Studien von Polsky und Sherif nachgewiesen werden, dass Jungengruppen soziale Strukturen mit signifikanten Merkmalen einer Dominanzordnung ausbilden. Die mit Hilfe der Analyse der Gruppendiskussion gewonnenen empirischen Erkenntnisse über die Hessenhausgruppe bestätigen das. Die Ergebnisse der späteren soziometrischen Untersuchungen sichern diesen Befund ebenfalls ab. Da solche Gruppenmerkmale als Voraussetzung für die Anwendung des PPC- Konzeptes gelten, musste man annehmen, dass die Jungen des Hessenhauses auf diese Methode der Gruppenerziehung ansprechen. Der im letzten Kapitel beschriebene Verlauf der Entwicklung bestätigt diese Erwartung. Es hat sich erwiesen, dass Elemente dieser und anderer Methoden auf die Hessenhausgruppe übertragbar sind. Das Schlusskapitel hat unterschiedliche Vorstellungen von Gruppenentwicklung in Phasen skizziert. Ein Vergleich der verschiedenen Ansätze mündete in den Entwurf eines Modells für die Hessenhausgruppe. Dieser Entwurf stellt den Versuch einer Zusammenführung der Entwicklungsmodelle mit Teilen der genannten Erziehungsansätze dar. Neben der Übernahme von Elementen aus dem PPC-Konzept und der Kollektiverziehung Makarenkos flossen vor allem Gedanken von Harris´ Gruppensozialisationstheorie und Polskys Betrachtung von Jungengruppen als Sozialsystem in das Resultat mit ein. Das greifbare Ergebnis ist das 3- Phasenmodell zur Gruppenentwicklung, das im Anhang abgebildet wird. Besser beschrieben wird das, was sich durch die Verlagerung auf kollektive Erziehung während der letzten zwei Jahre für die Hessenhausgruppe verändert hat, durch ein zusammengesetztes Zitat von Winkler:

„Die sozialen Beziehungen werden durch verbindliche, meist empirisch erfahrbare Regeln gesteuert, die für alle Beteiligten gelten. (...) Pädagogisch wird eine Technik der parallelen Einwirkung genutzt, nach der Kollektiv wie Einzelner gleichzeitig wahrgenommen und beeinflusst werden.“147

Ich kann nicht beweisen, dass die Methoden der Gruppenerziehung gegenüber individuellen Hilfen besser sind. Im Kontext der Heimerziehung und in diesem speziellen Fall im Kontext der Internatserziehung spricht jedoch einiges dafür. Nicht zuletzt muss bemerkt werden, dass es in der Hessenhausgruppe seit Beginn der Einführung von Elementen einer prosozialen Normenkultur keine verhaltensbedingten Kündigungen mehr gegeben hat. Im subjektiven Empfinden der Gruppenmitglieder hat sich das Klima des Zusammenlebens verbessert. Objektiv gesehen hat sich die schulische Leistung der Jungen im Durchschnitt gesteigert.

Die Frage, ob die Entwicklung der Hessenhausgruppe ein Beispiel für die Integration der Selbstsozialisation in die Erziehungspraxis ist, muss unbeantwortet bleiben. Ebenso steht eine Evaluation des beschriebenen 3- Phasenmodells aus, dessen Wirkungen so lange unter dem Vorbehalt der fehlenden wissenschaftlichen Verifizierung betrachtet werden müssen. Schließlich stellt sich die grundsätzliche Frage nach der Wirksamkeit der angewendeten Gruppenerziehungsmethoden angesichts der Tatsache, dass es keine Vergleichsgruppe gibt und, wie eingangs erwähnt, auf diesem Gebiet ein Mangel an empirischen Befunden herrscht.

Antworten auf diese Fragen müssen von einer weiteren wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema geliefert werden. Ich möchte mit einem Zitat eines Mannes schließen, der keine Zweifel an der Wirksamkeit seiner Methode hegte. Im Gegenteil, er war von ihr überzeugt.

„Das Kollektiv ist der Erzieher der Persönlichkeit.“

(Makarenko)

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Anhang

Ein Piratenkodex

Die Piratenakte148

Grundlage des Lebens an Bord waren die in der Piratenakte niedergeschriebenen Rechte und Pflichten, denen sich jeder damit unterwarf, daß er unter sie sein Zeichen machte und über der Heiligen Schrift oder dem Entermesser einen Schwur leistete.

Meistens waren in der Piratenakte folgende Punkte geregelt:

I.Jeder an Bord hat die gleichen Rechte und erhält einen gleichen Anteil an Proviant und Alkohol.

(...)

Bei Abstimmungen zählt jede Stimme gleich.

(...)

II.Offenes Feuer nach Sonnenuntergang und Alkohol unter Deck sind bei Todesstrafe verboten. Wer nachts weitertrinken will, muß dieses in der Dunkelheit an Deck tun.

II. An Bord ist der intime Umgang mit Frauen und Jungen bei Todesstrafe verboten. Wer eine Liebschaft an Bord schmuggelt, wird mit dieser über Bord geworfen.

III. Wer einen anderen an Bord betrügt oder bestielt, wird aus der Gemeinschaft ausgestoßen. Die Gemeinschaft beschließt das Urteil über den Täter.

IV. Streitigkeiten an Bord sind verboten. Bei Meinungsverschiedenheiten können diese bei einem Landgang mit Fäusten, Pistolen oder Säbeln ausgetragen werden.

Wer ein Mitglied der Gemeinschaft an Bord mit der Waffe verletzt, wird mit dem Tode oder mit Aussetzen bestraft.

(...)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

HESSENHAUS - Kodex

- Niemand hat das Recht einen anderen zu verletzen.
- Wir lügen nicht. Wir stehen zu dem, was wir tun.
- Wir begegnen uns untereinander mit Achtung. Deshalb demütigen wir uns nicht mit Schimpfwörtern.
- Wir stehlen nicht und wir fragen um Erlaubnis, wenn wir etwas von Mitbewohnern benutzen wollen.
- Wir respektieren den anderen so wie er ist und machen uns nicht auf seine Kosten lustig.
- Jeder hat ein Recht darauf, dass die anderen ihn in seinem Zimmer in Ruhe lassen.

Abbildung 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

DDiagramm: Die Hessenhausgruppe als soziales System in der Darstellung „Polskys Diamant“ zum Zeitpunkt der Gruppendiskussion

Abbildung 3

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Schaubild: Gruppenentwicklung in drei Phasen

Abbildung 4

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Soziogramm „Zimmerumfrage September 2004“

Abbildung 5

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Soziogramm „Zimmerumfrage Januar 2005“

Abbildung 6

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Soziomatrix „Zimmerumfrage September 2004“ (W = Wähler, G = Gewählter)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Soziomatrix „Zimmerumfrage Januar 2005“ (W = Wähler, G = Gewählter)

[...]


1 Zum Vorwurf der pädagogischen Diktatur und intoleranten Atmosphäre vgl. Kamp, S. 535f

2 § 1 SGB VIII

3 Winkler, 2003, S. 227

4 Vgl. a.a.O., S. 218

5 Hennicke, 2001, S. 17

6 Vgl. Winkler, 2003, S. 215

7 Das Internat Steinmühle - der korrekte Name lautet “Landschulheim Steinmühle” - ist ein privates Internat mit Schule in der Nähe von Marburg/Lahn. Der Verfasser ist dort als Hausleiter tätig.

8 Winkler, 2003, S. 219

9 Thomas, 1992, S. 11

10 Vgl. Sader, 1998, S. 39

11 Hurrelmann, 2002, S. 11 und S. 15

12 Vgl. Oerter/Montada, 1995, S. 369 und S. 870, Kamp, 1995, S. 55, Giesecke, 1996, S. 87, Zinnecker, 2000, S. 283, Hurrelmann, 2002, S. 241

13 Vgl. Zinnecker, 2000, S. 283

14 Vgl. Hurrelmann, 2002, S. 243, Zitat S. 245

15 Vgl. Harris, 2000, S. 254

16 Vgl. a.a.O., S. 218 und S. 221f

17 A.a.O., S. 224

18 Harris, 2000, S. 256

19 Oerter/Montada, 1995, S. 295

20 Vgl. a.a.O., S. 369f

21 Vgl. a.a.O., S. 375

22 Oerter/Montada, 1995 , S. 385

23 Ausubel, 1974, S. 327

24 A.a.O., S. 329

25 Vgl. Oerter/Montada, 1995, S. 371

26 Vgl. Zinnecker, 2000, S. 282, Hurrelmann, 2002, S. 239 und Giesecke, 1996, S. 96

27 Giesecke, 1996, S. 96

28 Vgl. Zinnecker, 2000, S. 277

29 A.a.O., S. 282

30 Vgl. a.a.O., S. 286

31 Vgl. Kästner, 2003, S. 50f

32 Kamp, 1995, S. 55

33 Makarenko, 1967, Klappentext

34 CSPV, 1998, http://www.colorado.edu/cspv/publications/factsheets/positions/pdf/PS-003.pdf (24.02.2005 )

35 Polsky, 1962, S. 180

36 Diesen Hinweis verdanke ich Frau Beate Kreisle, Leiterin des Jugendkolleg am See, die mich in einem privaten Gespräch darauf aufmerksam gemacht hat.

37 Bronfenbrenner, 1967, S. 204

38 Vgl. a.a.O., S. 200 und 206

39 Makarenko, 1964, S. 240

40 Schoellmann, Traute, 2003, http://idw-online.de/pages/de/news66322 (28.01.2005), Hervorhebung nicht im Original

41 Makarenko, 1964, S. 111

42 Vgl. Nastainczyk, 1963, S. 145

43 Vgl. Makarenko, 1964, S. 171

44 Makarenko, 1964, S. 172

45 Vgl. Kamp, 1995, S. 521

46 Vgl. a.a.O., S. 96

47 Makarenko, 1964, S. 485

48 A.a.O., S. 246

49 Vgl. Kamp, 1995, S. 528

50 A.a.O., S. 529

51 A.a.O., S. 530

52 Makarenko, 1964, S. 194

53 Kamp, 1995, S. 534

54 Makarenko, 1964, S. 252

55 Vgl. a.a.O., S. 78-86; Nastainczyk, 1963, S. 151-155; Kamp, 1995, S. 530f

56 Makarenko, 1964, S. 158

57 Makarenko, 1964, S. 159

58 Vgl. Nastainczyk, 1963, S. 100; Kamp, 1995, S. 526f

59 Makarenko, 1964, S. 227 und 220

60 Vgl. a.a.O., S. 264

61 Makarenko, 1964, S. 526

62 Nastainczyk, 1963, S. 175

63 Vgl. Vorrath/Brendtro, 1985, S. 2 und S. 50

64 Vgl. z.B. Hurrelmann, 2002, S. 240; eine der wenigen mir bekannten Ausnahmen sind das Programm der Glen Mills Schools für straffällige Jugendliche in den USA und ihre (nicht sehr zahlreichen) europäischen Adaptationen

65 Vgl. Vorrath/Brendtro, 1985, S. xxf und S. 2f; siehe auch CSPV, 1998, http://www.colorado.edu/cspv/publications/factsheets/positions/pdf/PS-003.pdf

66 Vgl. a.a.O., S.xxii und S. 9; englisch: „no pressure without concern“ - was auch die Bedeutung von „betroffen sein“ und „Anteilnahme“ bzw. „Sorge“ einschließt

67 Vorrath/Brendtro, 1985, S. 21

68 Vgl. a.a.O., S. xxi und 103

69 Marc Aurel, röm. Kaiser (121-180 n.Chr.), zitiert nach: http://www.zitate.de/ergebnisse.php, (29.02.2005)

70 Vgl., Vorrath/Brendtro, 1985, S. 3-6 und 103

71 Vgl. Hofstätter, 1966, S. 312 und Vorrath/Brendtro, 1985, S. 114

72 Vgl. Vorrath/Brendtro, 1985, S. 3

73 Vgl. a.a.O., S. 22f

74 Ebd.

75 Englisch: „reversing“ - umdrehen, rückwärts bewegen

76 Vgl. Vorrath/Brendtro, 1985, S. 39f und 43

77 Vgl. a.a.O., S. 50f

78 Vgl. a.a.O., S. 52f

79 Vorrath/Brendtro, 1985, S. 63

80 So Frau Beate Kreisle, Leiterin des Jugendkolleg am See in einem Gespräch mit dem Verfasser am 16.02.2005. Das Jugendkolleg ist eine private Jugendhilfeeinrichtung, die seit 1998 mit dem PPC-Konzept arbeitet.

81 Vgl. Vorrath/Brendtro, 1985, S. 76-83

82 Vgl. a.a.O., S. 96

83 Vgl. Vorrath/Brendtro, 1985, S. 107 und S. 20

84 Vgl. a.a.O., S. 115

85 Vgl. a.a.O., S. 46

86 Vgl. Vorrath/Brendtro, 1985, S. 46 und 49

87 Vgl. a.a.O., S. 47 und 49f

88 Vgl. Lind, 1998, S. 154

89 Lind, 1998, S. 125

90 Vgl. Oerter/Montada, 1995, S. 872f; Hurrelmann, 2002, S. 72f

91 Offenberger, 1999, S. 20

92 Vgl. Piaget, 1983, S. 237-239

93 A.a.O., S. 236

94 Piaget, 1983, S. 238

95 Vgl. Bandura, 1979, S. 53

96 Bandura, 1979, S. 51

97 Ebd. und a.a.O., S. 55

98 Vgl. a.a.O., S. 54f

99 Bandura, 1979, S. 51

100 Vgl. a.a.O., S. 33

101 Vgl. Nachruf der Columbia Universität zum Tod von Howard Polsky bei: „Columbia News: the Public Affairs and Record Home Page“, http://www.columbia.edu/cu/news/03/10/howardPolsky.html (20.01.2005); eine Darstellung von Polskys Diamant befindet sich im Anhang

102 Harris, 2000, S. 268

103 Vgl. Sherif, M. et al, (1954), Intergroup Conflict and Cooperation: The Robbers Cave Experiment, S. 69-95, aus: Classics in the History of Psychology, eine Internet-Ressource entwickelt von C.D. Green, York University, Toronto, http://psychclassics.yorku.ca/Sherif/chap4.htm (20.01.2005)

104 Vgl. Sherif, 1954, S. 206, http://psychclassics.yorku.ca/Sherif/chap8.htm (20.01.2005)

105 Vgl. Harris, 2000, S. 268

106 Sherif, 1954, S. 77, http://psychclassics.yorku.ca/Sherif/chap4.htm (20.01.2005)

107 Siehe besonders den Umgang mit K9 in der Interpretation der Gruppendiskussion in Kapitel 5.3.1

108 Sherif, 1954, S. 206, http://psychclassics.yorku.ca/Sherif/chap8.htm (20.01.2005)

109 Vgl. Harris, 2000, S. 269f

110 Vgl. Edmond, R. (2002), Understanding the Resident Group, in: Sottish Journal of Residential Child Care, August/September, S. 30-32

111 Vgl. Polsky, 1962, S. 18f

112 A.a.O., S. 34

113 Polsky, 1962, S. 61

114 Vgl. ebd.

115 Vgl. a.a.O., S. 69-72

116 A.a.O., S. 72

117 Vgl. Polsky, 1962, S. 64, 65 und 84

118 Vgl. a.a.O., S. 75-77

119 A.a.O., S. 76

120 Der Ausdruck „Minispiel“ steht zum Beispiel für die unbedeutende Beschäftigung von Jungen mit niedrigem Status

121 Vgl. Polsky, 1962, S. 87

122 Die Zuweisung von Rollen und Cliquenzugehörigkeit ist nicht ganz trennscharf, da meine Bobachtungen im Gegensatz zu Polsky unsystematisch erfolgten, und ich teilweise auf erlebte Situationen und Inhalte von Fallbesprechungen zurückgreife. Daher erhebe ich keinen Anspruch auf exakte Wissenschaftlichkeit. Die Ausführungen sind aber für den Vergleich unerlässlich.

123 Polsky, 1962, S. 84

124 Transkription des Tonprotokolls der Hausversammlung des Hessenhauses/LSH Steinmühle vom 14.01.2004, Zeilen 208-224

125 Die Analyse von drei weiteren Sequenzen im Rahmen einer Studienarbeit mit dem Titel „Institutionalisierte Interaktion im Internat am Beispiel eines Stigmatisierungsprozesses“ hat zu dieser Strukturgeneralisierung geführt.

126 Siehe Abbildungen 1 und 2 im Anhang und Polsky, 1962, S. 87

127 Vgl. Thomas, 1992, S. 79 und Stangl, 2004, http://arbeitsblaetter.stangl- taller.at/LERNEN/Gruppenlernen.shtml (18.03.2005)

128 Vgl. Thomas, 1992, S. 78, Vorrath/Brendtro, 1985, S. 46f und Stangl, 2004, http://arbeitsblaetter.stangl- taller.at/LERNEN/Gruppenlernen.shtml (18.03.2005)

129 Stangl, 2004, http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/LERNEN/Gruppenlernen.shtml (18.03.2005)

130 Vgl. Thomas, 1992, S. 78 und Buzaglo/Wheelan, 1999, S. 111

131 Siehe Abbildung 3 im Anhang

132 Vgl. Polsky, 1962, S. 44ff

133 A.a.O., S. 87

134 Siehe Abbildungen 4 und 5 im Anhang. Die beiden Dimensionen „am liebsten“ und „gerne“ sind in diesen Darstellungen als positive Nennungen, die beiden anderen als negative Wahlen zusammengefasst. Die negativen Wahlen sind ausgeblendet. Farbe und Stärke der Rahmen sowie die Zahlen in den Kästchen geben den Grad der Beliebtheit des jeweiligen Jungen wider.

135 Siehe Abbildung 6 im Anhang. In der differenzierten Auswertung ist „am liebsten“ = doppelt positiv, „gerne“ = einfach positiv, „nicht so gerne“ = einfach negativ, usw. Daraus ergibt sich für jeden einzelnen Jungen eine Skalierung nach dem Schema „Anz.++/Anz.+/Anz.-/Anz.--. So lässt sich eine eindeutige Rangfolge festlegen, die das Kriterium „Beliebtheit“ in bezug auf einen wichtigen Aspekt des Zusammenlebens, der Wahl des Zimmergenossen, widerspiegelt.

136 Siehe Anhang

137 Vgl. Colla, 2001, S. 26

138 Johnny Depp in der Rolle des immer wieder in Kalamitäten geratenden Kapitän Jack Sparrow beruft sich in dem Film mehrmals auf das „Parlez“-Recht als Teil eines überlieferten Piraten-Kodex - tradierte Verhaltensregeln, die jedem Piraten bestimmte Rechte und Schutz gewähren sollten. Ein entsprechendes Beispiel aus dem Internet befindet sich im Anhang.

139 Siehe Anhang

140 Der Verfasser hat das Spiel während einer Tagung der LEH-Internate in Jena im Sommer 2004 kennen gelernt. Es wurde von Frau Sersch, der Mediations-Beaufragten des Landschulheims Steinmühle vorgestellt. Bei dem Spiel stehen die Teilnehmer im Kreis. Der Gruppen- bzw. Spielleiter fordert beispielsweise „alle, die im Frühling Geburtstag haben“ auf in die Mitte des Kreises zu treten. Sie erhalten dafür einen Applaus von den Umstehenden. Dann stellen sie sich wieder zurück an ihren Platz. Der Spielleiter achtet darauf, dass alle dran kommen und möglichst schwache Gruppenmitglieder mit Starken zusammen im Kreis stehen. Wie bei allen Kooperationsspielen besteht kein Zwang.

141 An der Lebenswelt der Zielgruppe orientiert sich diese Idee insofern als es sich bei dem Ring um eine Kopie des „Ringes der Macht“ aus der Verfilmung von JRR Tolkiens „Herr der Ringe“ handelt, einem bei den Jungen äußerst beliebten Fantasy-Roman.

142 Diese Äußerungen stammen von den Haussprechern aus einer der Hessenhausrats-Sitzungen. Der Hessenhausrat ist ein neueres Funktionsgremium der Gruppe, das alle zwei Wochen tagt. Ihm gehören die beiden Haussprecher, der Hausleiter und der Erzieherassistent an.

143 Vgl. Makarenko, 1967, S. 312-315

144 Makarenko, 1964, S. 242

145 Vgl. Winkler, 2003, S. 231

146 Vgl. Bandura, 1979, S. 33 und Harris, 2000, S. 268f

147 Winkler, 2003, S. 230

148 Die „Piratenakte“ ist fiktiv. Der Originaltext befindet sich auf der Internet-Seite http://www.caedwyn.de/jolly_int/piratenleben.html (27.03.2005). Die Auszüge des Textes sind so gewählt, dass sie mit Inhalten des Hessenhaus-Kodex korrespondieren.

Ende der Leseprobe aus 72 Seiten

Details

Titel
Gruppenerziehung im Internat - Interaktionen einer Jungengruppe
Hochschule
Universität Kassel
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
72
Katalognummer
V109572
ISBN (eBook)
9783640077526
ISBN (Buch)
9783640116744
Dateigröße
809 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der Anhang ist aus Darstellungsgründen nur über die Druckversion verfügbar.
Schlagworte
Gruppenerziehung, Internat, Interaktionen, Jungengruppe
Arbeit zitieren
Boris Schneider (Autor:in), 2005, Gruppenerziehung im Internat - Interaktionen einer Jungengruppe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109572

Kommentare

  • Gast am 19.12.2005

    empfehlenswert.

    Der Autor präsentiert seine persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen im Zusammenhang mit theoretischen Ergebnissen einschlägiger Literatur, was insgesamt gelungen ist. Seine Darstellung finde ich klar und überzeugend. Die Arbeit verbindet Theorie und Praxis und liefert einen interessanten Ansatz zur Gruppenerziehung. Lesenswert.

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Titel: Gruppenerziehung im Internat - Interaktionen einer Jungengruppe



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