"Fordern wir, was des Volkes Recht ist" - Prolegomena zu einer Dokumentenedition


Essay, 2005

38 Seiten


Leseprobe


0.

Dieser Beitrag geht großflächig auf drei zentrale geschichtliche Ereignisse in der deutsch(sprachig)en Region (der) Pfalz ein: (1) BAUERNKRIEG, (2) DEMOKRATISCHE BEWEGUNGEN IN DER PFALZ ZUR ZEIT DER FRANZÖSISCHEN REVOLUTION UND DER REVOLUTIONSKRIEGE und (3) ROLLE DER PFALZ IN DER 48er REVOLUTION UND DER REICHSVERFASSUNGSKAMPAGNE 1849. Innerhalb des Raum-Zeit-Gefüges ist damit wohl ein kleiner Raum als Region, aber zugleich auch mit etwa vier Jahrhunderten eine große Zeitspanne angesprochen, in der es jeweils um, gelegentlich auch ´revolutionär´ genannte, Entwicklungen, Bewegungen und Ereignisse geht. Den drei historischen Kapiteln folgt ein Ausblick mit dem Versuch, im konstrastiven Vergleich zu einer anderen Region, nämlich der Eifel, Pfälzer Entwicklungsbesonderheiten zu benennen. - Der Text ist Entwurf der Einleitung (zu) einer geplanten neuen Edition wichtiger historischer Dokumente.

Die Autorin, Dr.rer.soc. W. Ruth Albrecht, ist Sprach- und Sozialwissenschaftlerin mit den Arbeitsschwerpunkten: Literatur-, Sprach-, Politik-, Bau- und Planungsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts und war beruflich als Wissenschaftlerin, Lehrerin und Stadt- und Regionalplanerin tätig; e-Postkontakt/mailto dr.w.ruth.albrecht@gmx.net

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"Auch das deutsche Volk hat seine revolutionäre Tradition. Es gab eine Zeit, wo Deutschland Charaktere hervorbrachte, die sich den besten Leuten der Revolutionen anderer Länder an die Seite stellen können, wo das deutsche Volk eine Ausdauer und Energie entwickelte, die bei einer zentralisierten Nation die großartigsten Resultate erzeugt hätte, wo deutsche Bauern und Plebejer mit Ideen und Plänen schwanger gingen, vor denen ihre Nachkommen oft genug zurückschaudern."

(Friedrich Engels :Der deutsche Bauernkrieg. 1850)

1.BAUERNKRIEG

Die Pfalz im Südwesten Deutschlands auf der linken Rheinseite gelegen breitet sich über einen großen Teil der oberrheinischen Tiefebene, der Vogesen und über das Haardtgebirge bis südwestlich zur Saar und nordwestlich bis zur Nahe und den Hunsrückhöhen aus. Der Rhein trennt es östlich von Baden, die Lauter südwestlich vom Elsaß, nordwestlich bildet der Glan eine natürliche Grenze, während südwestlich Lothringen und nordöstlich Rheinhessen angrenzen. (1) Mit der fruchtbaren Rheinebene, den leicht ansteigenden Hängen der Haardt, den einschneidenden Tälern der Isenach, des Eckbaches, der Eis , der Pfrimm, der Queich oder des Speyerbaches ist sie ein uraltes Siedlungsgebiet: Aus der frühen keltischen, römischen und germanischen Besiedlung entstanden im frühen Mittelalter Dörfer, die im Hoch- und Spätmittelalter dicht besiedelt und eng beieinander lagen. Zum Beispiel ergibt "eine Aufstellung für das Leiningergebiet im ehemaligen Wormsgau und Speyergau (...) allein die Zahl von 160 Dörfer und 21 Burgen, die im 15. Jahrhundert unter leininger Herrschaft standen. Dazu kamen damals noch etwa 40 - 50 Dorfanlagen, die heute zu Wüstungen geworden"(2) sind. Manche dieser Dörfer- insbesondere an der Haardt- zeigten ausgeprägt städtischen Charakter, waren befestigt und erhielten auch schon früh Stadtrechte, wie beispielsweise Freinsheim 915 n.Chr. durch Kaiser Konrad I..

Hinzu kamen die großen Reichsstädte Speyer, Worms und angrenzend im Norden Mainz, die Burg Trifels, wo die Reichsinsignien aufbewahrt wurden, die Barbarossaburg in Kaiserslautern und der Dom zu Speyer.

Das Gebiet lag auch verkehrsgünstig und war an die großen mittelalterlichen Handelsstraße Mainz-Straßburg- Basel und über Frankenthal , Pfeddersheim, Alzey an Köln -Brüssel - Paris angebunden.

Trotz günstiger Bodenverhältnisse, Anbaumöglichkeiten, guten klimatischen Bedingungen und Verkehrsbeziehungen verschlechterte sich im Spätmittelalter zunehmend die ökonomische und soziale Lage der Bevölkerung, insbesondere der Bauern. Hierzu trugen mehrere Faktoren bei: Durch die Realteilung wurde mit wachsender Bevölkerung das Ackerland mehr und mehr zersplittert, die Landwirtschaft arbeitsintensiver aber ineffektiver, die periodisch auftretenden Hungersnöte und Seuchen erschwerten die Lage. Abgaben und Leistungen an die Lehnherrn drückten besonders in Notzeiten: So mussten an das Reich der gemeine Pfennig als Reichssteuer, an den Landesherrn die Bede und das Ungeld , eine Verbrauchssteuer auf Nahrungsmittel ,an die Kirche der große Zehnt (1/10 der Getreide- und Fruchternte), der Blutzehnt (1/10 des neugeborenen Viehs) und der Fruchtzehnt oder kleine Zehnt entrichtet werden, abzuführen waren des weiteren an den Grundherrn Gutzinsen (in Form von Hühner, Gänse, Eier, Getreide, Früchte, Öl, Wachs, Wiesen- und Heugeld, Geldabgaben beim Hinzu- oder Wegziehen etc.), dem Gerichtsherrn z.B. das Fasnachtshuhn und dreimal im Jahr Herberge gewährt werden, des weiteren galt es auch Frondienste zu leisten - vierzehntägig als Hand -und Spanndienste, Handwerksdienste und Burgwacht .(3)

Bedeutungsvoller für die Verschlechterung der Lage der Bauern waren jedoch die ständigen Fehden, Irrungen und Unsicherheiten, die das Land im 15. Jahrhundert überzogen. So zählte man im Leiningerland in den Jahren 1460 bis 1525 eine Unzahl von Fehden , in denen etwa 500 Dörfer eingenommen und niedergebrannt wurden, oft mehrmals. (1DOKUMENTE 1/2)

Ihr Wiederaufbau führte zur Verschuldung der Bauern bei Klöstern, Bürgern oder Lehnsherrn und brachte neue Abhängigkeiten mit sich.

Ursachen dieser Fehden waren die fehlende Durchsetzungskraft der kaiserlichen Macht, das Versagen der Gerichte und nicht zuletzt die verworrene Lehnsherrschaft, wie sie sich z..B im Leinigerland zeigt.(DOKUMENTE 3/4)

Dies alles schürte den Unmut der Bauern, aber auch der Bürger, bis zum Aufruhr - Verschwörungen und Aufstände sind deshalb schon früh zu verzeichnen.(DOKUMENT 5)

1493 bildete sich im Elsaß südlich von Straßburg ein geheimer Bauernbund, der Schuldenerlass, Aufhebung der Feudallasten, Steuerbewilligungsrecht und für jede Gemeinde selbstgewählte Gerichte forderte. Die Verschworenen wollten die Festung Schlettstadt einnehmen, Kloster- und Stadtkasse an sich reißen und den Aufstand auf das ganze Elsaß ausdehnen. Ihre Fahne zierte ein Bauernschuh mit Bínderiemen, der sogenannten Bundschuh, der der Bewegung auch den Namen gab.

1502 fand der Bundschuh auch Anhänger in der Pfalz, besonders gegen den Hof zu Speyer im selbigen Gebiet und der heutigen Südpfalz. Etwa 7 000 Männer sollen sich über alle Gaue am Rhein bis zum Mittelrhein verschworen, 400 Frauen davon gewusst haben , um den Umsturz der geistlichen und weltlichen Aristokratie zu erreichen. Verbindungen gingen ins Neckar- und Maingebiet.

"Ihre Hauptartikel waren: alles Joch der Leibeigenschaft von sich zu schütteln, mit dem Schwert sich selbst, wie die Schweizer, frei zu machen, die geistlichen Güter einzuziehen und unter das Volk zu verteilen, als Herrn und Haupt aber niemanden anzuerkennen als den römischen König."(4)

Der führende Kopf der Bewegung war Joß Fritz, ein junger , leibeigener Bauer aus Untergrombach bei Bruchsal, der 1501/2 von seinem Heimatort aus für den Bundschuh zu werben begann, fast die Hälfte der Einwohner von Jöhlingen und Bruchsal gewann und darauf seine Werber ins Speyerer, Kurpfälzer und Badener Gebiet aussandte. Der Bundschuh soll 20 000 Verbündete, darunter 500 Landsknechte, umfasst haben. Joß Fritz Plan war es im April 1502 von Untergrombach aus Bruchsal einzunehmen, gegen den Markgrafen von Baden, dann gegen den Bischof zu Speyer zu ziehen und die Klöster und Stifte einzunehmen. Doch noch bevor der Plan zur Ausführung kam, wurde er von einem Mitverschwören namens Lukas Rapp, der sich einem Geistlichen in der Beichte anvertraute, der nun wiederum sich an die Regierungen wandte, verraten. Der Bischof von Speyer ,der Bischof von Straßburg ,der Markgraf von Baden und der Kurfürst von der Pfalz ergriffen sogleich Gegenmaßnahmen: Verhaftungen- allein 100 im Speyerer Amt -, peinliche Verhöre, abschreckende Strafen folgten und zerschlugen zunächst die Bewegung für einige Jahre.(5)

Auch die zweite Bundschuh - Bewegung des Joß Fritz 1513 scheiterte am Verrat.

Die soziale Bedrückung führte auch in den Städten zu Aufständen: so in Kreuznach (1478 - 1495), Speyer (1513) und Worms (1509 - 1514). In Worms beispielsweise erhoben sich Handwerksgesellen und plebejische Unterschichten, plünderten die Reichen und erstürmten Klöster.(6) Ohne klares Programm und wegen fehlender Unterstützung durch das ständische Handwerk scheiterten diese Revolten.

Es waren aber nicht nur die Bauern, die Handwerker, die Bergarbeiter sondern auch die Ritter, die sich in bedrängter Lage fühlten, letztere weil sie der Freiherrlichkeiten nicht entsagen und der gesetzlichen Ordnung (Reichsversammlung, Reichskammergericht, Reichsregiment) sowie der Dominanz der Fürsten sich nicht fügen wollten. Die Ritterschaft fand ihren Führer in Franz von Sickingen, der auf der Ebernburg und dem Landstuhl, wo er bedeutende Humanisten, wie U. v. Hutten und Reuchlin, und Reformatoren -er suchte selbst Luther zu gewinnen - versammelte, residierte.(7) Eigentlich lebte er von den Erträgen seiner Erzgruben, von Raub- und Plünderzügen und dem Verleih seiner eigenen Streitmacht. Nach der Entlassung als kaiserlicher Feldherr 1521 führte er seinen persönlichen "Pfaffenkrieg" und versuchte vergeblich die Städte für seine Unternehmungen zu gewinnen. Von Sickingen von Huttens politischem Programm, die Herrschaft der Geistlichkeit und der Fürsten zu brechen, den niedrigen Adel mit dem Stadtbürgertum zu versöhnen und ein einheitliches Deutschland unter dem Kaiser zu schaffen, beeinflusst, versammelte am 13. August 1522 auf dem Landauer Rittertag Vertretungen aus dem Rheingau, dem Kraichgau, dem Hunsrück, von der Nahe, dem Wasgau und der Ortenau, um eine brüderliche Vereinigung zu bilden. Von Sickingen wurde zum Hauptmann gewählt und begann sogleich mit Werbungen und Rüstungen gegen den Erzbischof von Trier, den Fürsten Richard von Greifenhagen.

"Der Plan Sickingens war auf dem Gedanken aufgebaut, mit der Säkularisierung eines geistigen Fürstentums die Reichsreform gewaltsam einleiten zu können. Persönlich-egoistische, ritterlich-ständische, reformatorische und nationale Motive verbanden sich bei diesem Unternehmen, von dem er sich nicht abbringen ließ."(8)

Im September 1522 zog er mit 5 000 Mann Fußvolk, 500 Rittern und starkem Geschütz gegen Trier. Da er jedoch weder die Unterstützung der Bevölkerung Triers noch die militärische Hilfe seiner Mitverschwörer erreichen konnte und zudem Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz mit starker Kriegsmacht Trier zu Hilfe kam, zog sich Sickingen nach wenigen Tagen am 14.9.1522 von Trier zurück, entließ einen Großteil seiner Krieger und begab sich auf seine Burgen., wo ihn am 8. bzw. 10. Oktober 1522 die Reichsacht traf. Unterdessen verfolgten das 30 000 Mann starke Heer der Fürsten von Trier, der Pfalz und des Landgrafen Philipp von Hessen Sickingens Verbündete, zerstörten deren Burgen und trieben Schuldgelder ein. Auf Unterstützung der benachbarten Territorien, der Schweizer und Böhmen hoffte Sickingen vergebens. Ende April1523 belagerte das Fürstenheer Landstuhl und beschoss die Burg. Tödlich verwundet starb Sickingen am 7. Mai 1523.

Die Reichsritterschaft spielte seitdem keine politische Rolle mehr. Doch verlor man mit Sickingens Tod einen " potentielle(n) Verbündete(n)(...),dessen militärische Erfahrung im Bauernkrieg fehlte , was nicht unwesentlich zur Niederwerfung der Aufständischen beigetragen hat."(9)

Die politische Gärung in deutschen Landen wurde verstärkt durch die REFORMATION , Luthers Entzauberung der religiösen und politischen Macht.

"Der Angriff gegen die Feudalmacht richtete sich zunächst gegen die Vorherrschaft der römisch-katholischen Kirche, weil sie die Feudalordnung ideologisch sanktionierte und selbst einer ihrer Grundpfeiler war."(10)

Die Entzauberung bestand in der Deutung priesterlichen Handelns als symbolische Aktion, der Verurteilung des Bettel - und Wallfahrtwesens sowie der vielen Heiligenfeste und -feiertage, der Leugnung der Autorität des Papstes und der Konzile, führte zur Lehre vom allgemeinen Priestertum und der freien Priesterwahl und radikalisierte sich in der Forderung nach Säkularisierung des Kirchenguts und einem vom Papst unabhängigen Kaisertum.

Mit diesen Ideen und Vorstellungen, die Luther in zahlreichen Schriften publizierte, die wiederum vielfach nachgedruckt wurden und durch Anhänger der Reformation wie Kaspar Hedio ,Wolfgang Capito in Mainz und Johann Schwebel in Zweibrücken unters Volk kamen, förderte er von 1517 bis 1521 die antirömische Bewegung, wobei er Unterstützung durch Fürsten, Städte und Bauern fand. Hinzu kam die Bannung seiner Person und seiner Anhänger durch Papst Leo X im Jahre 1520, die nicht nur seine Person popularisierte sondern geradezu Widerstand herausforderte. So scheiterte beispielweise die Anweisung Ecks lutherische Bücher und Schriften zu verbrennen, die zuvor in Löwen, Lüttich und Köln vollzogen wurde, am 29. November 1520 in Mainz: "die Studenten verkehrten die Aktion in ihr Gegenteil, indem sie dafür sorgten, dass nur Bücher von Luthers Gegner verbrannt wurden.".(11)

Überhaupt blieb die dann am 3. Januar 1521 ergangene Bannbulle ohne große Wirkung. Da entsprechend der Reichsgesetze die Reichsacht dem kirchlichen Bann zu folgen hatte, wurde auf dem Wormser Reichstag (6.1. 1521 - 25. 5. 1521) auch die "Luthersache" verhandelt.(DOKUMENT 6/7/8)

Als er dann am 16. April 1521 erschien, begrüßte man ihn mit einem Trompetensignal vom Domturm, seine Bücher und Schriften wurden feilgeboten und am Wormser Rathaus ein Plakat angeschlagen, in dem 400 Ritter Luther schworen, ihn nicht im Stich zu lassen.(12)

Wohl erließ Karl V. das Wormser Edikt, die Verhängung der Reichsacht über Luther, doch seine Entführung auf die Wartburg durch Kurfürst Friedrich von Sachsen sowie die Missachtung des Edikts durch Reichsstände und Volk verhinderten dessen Umsetzung. Vielmehr entwickelten sich reformatorische städtische Volksbewegungen mit Aktionen gegen Kirchen, Klöster, Gebäude der Weltgeistlichkeit, gegen Reliquien und Wallfahrten. Solche Aktionen sind auch für die Pfalz in den Jahren 1521 bis 1523 nachgewiesen, so für Obermoschel, Meisenheim, Speyer, Zweibrücken, Annweiler, Landau , Bergzabern und Weißenburg. (13)

Während Kardinal Albrecht von Mainz zunächst die reformatorische Bewegung duldete, unterdrückte er sie mit Erlass vom 10. September 1523 unter Verweis auf die Beschlüsse des Nürnberger Reichtags.

Da die Reformation die soziale Lage der Bauern nicht verbesserte, nahmen diese erneut ihre Kämpfe auf - diesmal auf der Grundlage der reformatorischen Ideologie und gestützt auf eine revolutionäre Interpretation des Evangeliums , das sich jedoch nicht auf Luther berufen konnte, da dieser bekanntlich gegen den Aufruhr der Bauern hetzte und sich den Fürsten andiente, sondern eher auf Thomas Münzer (1498 - 1525) und dessen Anhänger, Es kam zum Bauernkrieg. Er war - nach Einschätzung des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuß "nicht der Verzweiflungskrieg einer versinkenden Schicht, sondern der Vorstoß eines selbstbewußt werdenden Standes, der freilich in Konflikt kommt mit der zunehmenden Geldwirtschaft und mit dem bureaukratischen Apparat des sich neu durchbildenden territorialen Staatswesen" (14).

Nachdem sich zuerst im Juni 1524 die Stühlinger Bauern erhoben und bewaffneten, der Winter Ruhe brachte, verbreitete sich der Bauernaufstand ab Februar 1525 in fast ganz Schwaben, Franken, Thüringen, dem Elsaß und großen Teilen der Kurpfalz. Die Forderungen waren fast überall gleich: "Aufhebung der Leibeigenschaft, Freiheit des Fischfangs, der Jagd und Weide, Ablösung der Renten, Gülten und Zinsen, Beseitigung des Adels, Reform der Kirche und Erneuerung des Reiches unter einem Kaiser."( 15)

In konzentrierter und verallgemeinerter Form finden sich diese Bauernforderungen in dem weitverbreiteten Programm der " 12 Artikel" von Anfang März 1525. (16) Sie wurden von Sebastian Lotzer unter Mitwirkung von Christopher Schappeler in Memmingen verfasst und fanden über Neudrucke und Abschriften -auch in Worms stellte man Nachdrucke her -.ihre interessierten Abnehmer. Sie spielten auch im kurpfälzischen Aufstand eine wichtige Rolle, zumal Kurfürst Ludwig V von der Pfalz Phillip Melanchthon mit einem Gutachten zu diesen Artikeln beauftragte. Die Hauptforderungen der Artikel lauten, dass jede Gemeinde ihren Pfarrer selbst wählen will (1), nur der Kornzehnt anerkannt wird (2) , jedoch nicht Landessteuern und kleiner Zehnt (2); ferner verlangen die Bauern ihre persönliche Freiheit (3), freie Wild- und Fisch- (4) sowie Holznutzung (4); sie lehnen die Fronarbeit (5 / 6) und die hohen Pachtzinsen (8) ab, erwarten gerechte Strafgerichte (9) und die Rückgabe der Allmende.

Mitte April 1525 nun erhoben sich auch die Bauern der Rheinpfalz (17). Auf der Kirchweih in Nussdorf bei Landau sammelten sich 200 Bauern, verschworen sich, bildeten einen Haufen und zogen zum Mönchshof Gleisweiler, von wo sie einzelne Rotten in die umliegenden Dörfer schickten, um Unterstützung zu gewinnen. Auf 500 Mann angewachsen wollten sie ins Siebeldinger Tal ziehen. Als der Haufen bei Gleisweiler vom Anrücken des Vogtes erfuhr, löste er sich zunächst auf, um sich einige Tage später neu zu formieren und gegen das Stift Klingenmünster, das Kloster Hördt, das Johaniterhaus zu Hambach und den Mönchshof zu Mechtersheim zu ziehen, wo die Bauern nicht nur deftig speisten und tranken sondern sich auch die Viehherden aneigneten.

Auch in der Gegend um Kaiserslautern sollen sich 1 000 Leutezusammengefunden und die Klöster Otterbach und Fischbach geplündert und die Burg Hohenecken eingenommen haben. Sie versuchten sich dann mit Sympathisanten in Kaiserslautern zu vereinen, wurden jedoch bei Weilerbach von sogenannten "treuen", d.h. nicht aufsässigen Bauern , gestellt.(18)

Am 1. Mai 1525 musste Neustadt/W. seine Tore den Bauern öffnen und ihre Bedingungen annehmen. Auch bei Bockenheim sammelten sich 300 Bauern, zogen weiter nach Westhofen und standen schließlich 3 000 Mann stark vor Alzey. Marschall Wilhelm von Habern versuchte in der Nähe von Westhofen mit 300 Pferden und 500 Fußleuten ausgerüstet den Haufen zu stellen, doch durch Weinberge der Rosenburg geschützt konnte er nur 60 Erstochene vermelden, während recht ungehindert der Haufen Richtung Neustadt weiterzog und bei Wachenheim lagerte.

Die Stadt Speyer wurde von einem bruchrainisch - speyrischen Haufen überzogen. In Verhandlungen erreichte Bischof Georg am 30. April den Rückzug des Haufens nach Bruchsal, wo er Stellung nahm. Die Verhandlungstaktik mit den Bauern, die der Reaktion Zeit gab, eigene und fremde bewaffnete Kräfte zu sammeln, verfolgte auch Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz . So traf sich am Mittwoch , den 10. Mai 1525, der Kurfürst mit seinen Räten und Abgesandten mit den Bauern zu Verhandlungen bei Forst in der Nähe von Neustadt. "Das Gespräch, die Unterhandlung begann, und siehe da, mit fliegenden Fähnlein, in Reih und Glied, rückten die beiden Haufen von Wachenheim und Winzingen, an die 8 000, heran und stellten sich in der Ferne auf. Nach längerer Verhandlung kam man von beiden Seiten gütlich überein, dass die Klagen der Bauern auf einem demnächst abzuhaltenden Landtag gehört, ihre begründeten Beschwerden auf Grund der zwölf Artikel gehoben werden sollten. Worüber sie sich der zwölf Artikel halb vergleichen, das solle seine Wege gehen; das , worüber sie sich nicht vertragen könnten, der Entscheidung der Stände des Reiches anheim gestellt werden. Dagegen sollen die Bauern die eingenommenen Schlösser, Städte und Flecken ihren Herrschaften zurückgeben, nichts mehr aus denselben beziehen, ihre Haufen auflösen und zu ihrem Herd und Geschäft zurückkehren."(19) Der Vergleich wurde angenommen, geschworen und der Landtag auf Pfingsten nach Heidelberg einberufen.

Doch der Vergleich hielt nicht, weil Kurfürst Ludwig bedrängt vom Deutschmeister und den Bischöfen von Würzburg und Speyer, die zu ihm geflüchtet waren, militärisch unterstützt von Kurfürst Richard von Trier und ideologisch gerechtfertigt durch Melanchthons Gutachten zu den "12 Artikeln" gegen die Bauern aufrüstete (DOKUMENT 9/10) und mit starken Kontingenten, 4 500 Fußvolk, 800 Reitern und schwerem Geschütz, am 23. Mai von Heidelberg aufbrach, am 25. Mai Bruchsal einnahm, um sich dann am 28. Mai mit dem Heer des schwäbischen Bundes zu vereinen.(20) Nun besaß die Reaktion eine mächtige Streitmacht bestehend aus 13 000 Mann, 2 000 Wagen und verschiedenen Geschützen. Damit schlug sie zunächst die fränkische Bauernerhebung nieder. Empört über den Vertragsbruch des Kurfürsten und um den Franken zu Hilfe zu eilen sammelten sich die pfälzischen Haufen auf 8 000 Mann anwachsend erneut , erstürmten das Schloss Dirmstein, brannten u.a. Haardt 1925 die Burgen Bolanden, Stauf, Westerburg, Neu- und Altleiningen sowie die Schlösser um den Donnersberg nieder und zogen von dort nach Oppenheim. Auf diesem Zug trafen sie auf das fürstliche Heer. Am 23./ 24. Juni 1525 kam es bei Pfeddersheim (Worms) zur entscheidenden Schlacht, in der der Bauernhaufen der übermächtigen Streitmacht unterlag und 800 Bauernopfer hinterließ. (DOKUMENT 11) Das fürstliche Heer zog von dort weiter nach Freinsheim, Neustadt, Landau bis nach Weißenburg, das noch Widerstand leistete, aber sich auch am 7.Juli ergab. Strafgerichte folgten und erstickten jeden weiteren Aufruhr. Die alten Reichsstädte Speyer und Worms mussten sich unterwerfen und verloren ihre Privilegien, ebenso Freinsheim und Neustadt/ H. Des weiteren wurden hohe Strafgeld gegen die aufständischen Gebiete verhängt.(20)

ANMERKUNGEN

1) Eine immer noch anschauliche Darstellung von Land und Leuten der Pfalz gibt das Buch Becker, August: Die Pfalz und die Pfälzer ( Erstauflage1857 )Landau (Pfälzische Verlags Anstalt GmbH) 1992
2) Kristek, Elfriede: Bauernlage und Bauernnot in der Grafschaft Leiningen 1400 - 1525 Kaiserslautern 1941.4.Beiheft zu den Westmärkischen Abhandlungen zur Landes- und Volksforschung.
3) ebenda, S.52ff
4) Zimmermann, Wilhelm: Der grosse deutsche Bauernkrieg. Volksausgabe. Westberlin (das europäische buch) 1978, 5. Auflage, S. 43. Auf Zimmermann 1841 - 43 herausgegebene Darstellung stützt sich auch Engels, Friedrich: Der deutsche Bauernkrieg (1850).In: Marx, K./Engels, F.: Werke, Bd.7, Berlin (Dietz) 1969, S. 327 - 413
5) Zimmermann, aaO, S. 45-46; Illustrierte Geschichte der deutschen frühbürgerlichen Revolution. Hrsg. von Adolf Laube, Max Steinmetz, Günter Vogler. Berlin (Dietz - Verlag) 1974, S. 58 - 61
6) Illustrierte Geschichte..., aaO, S. 88-90
7) Zimmermann, Wilhelm: aaO, S. 139 -156; Illustrierte Geschichte..., aaO, S. 175 -180
8) Illustrierte Geschichte)..., aaO, S. 178
9) Illustrierte Geschichte ..., aaO, S. 180
10) Illustrierte Geschichte..., aaO, S. 112
11) Illustrierte Geschichte..., aaO, S. 132
12) Illustrierte Geschichte..., aaO, S. 139-140
13) Illustrierte Geschichte..., aaO, S. 156, Karte
14) Heuß, Theodor: Der große Bauernkrieg im Frühjahr 1525. In : Illustrierte Reichsbanner-Zeitung, 2 ,1925 / Nr. 14 vom 4. 4. 1925, S. 220 - 221, zit. S. 220
15) Illustrierte Geschichte..., aaO, S. 206
16) Flugschriften des Bauernkrieges. Hrsg. v. Klaus Kaczerowsky. Reinbek b. Hamburg (Rowohlt) 1970, S. 9 - 16; Dokumente aus dem Deutschen Bauernkrieg. Hrsg. v. Werner Lenk. Frankfurt/ M (Röderberg-Verlag) 1983, S. 77 - 83, Erläuterungen S. 261- 262
17) Heuser, Emil : Der Bauernkrieg 1525 in der Pfalz rechts und links des Rheins. Neustadt/ Haardt, 1925, enthält die Schilderung des Geheimschreibers des Kurfürsten Ludwig V von der Pfalz, Peter Haarer, der den Kurfürsten bei dem Feldzug begleitete; Zimmermann, Wilhelm: Der große Bauernkrieg, aaO, S. 478 - 482
18) Seeling, Werner: Ereignisse der Stadtgeschichte (Teil I). In: Kaiserslautern. Aspekte und Perspektiven. Hrsg. v. Dietrich Mack. Kaiserslautern 1976, S. 46 - 47
19) Zimmermann, Wilhelm: aao, S. 706 - 707
20) Zimmermann, Wilhelm : aaO, S.740-742; Kessler Bericht . In: Flugschriften des Bauernkrieges, aaO , S. 240-241

HINWEISE AUF DOKUMENTE UND MATERIALIEN

1. Karte: Zerstörte Dörfer im Leininger Gebiet (Kriege 1460/61, 1470/71, 1504) nach Kristek
2. Tabelle: Fehden im Leiningerland 1398 - 1525 nach Kristek
3. Karte: Wüstungen im Leininger Gebiet nach Kristek
4. Karten :Leininger Aktiv- und Passivlehen nasch Kristek
5. Der Aufschwung der Klassenkämpfe in Deutschland 1470 - 1517 nach Illustrierte Geschichte
6. Abbildung: Martin Luther vor dem Reichstag zu Worms
7. Abbildung: Martin Luthers Verhör auf dem Reichstag
8. Abbildung : Entwurf der Rede Luthers 1521
9. Deckblatt von Melanchthons Gutachten zu den 12 Artikel der Bauern
10. Die 12 Artikel der Bauern von 1525
11. Text : Haarers Beschreibung der Schlacht bei Pfeddersheim in der sprachlichen Neufassung von Emil Heuser

2. DEMOKRATISCHE BEWEGUNGEN IN DER PFALZ ZUR ZEIT DER FRANZÖSISCHEN REVOLUTION UND DER REVOLUTIONSKRIEGE

Einen erneuten republikanisch - demokratischen Aufschwung erlebte die Pfalz im Gefolge der Französischen Revolution und der Revolutionskriege. Die Jahre 1792/93 und 1797/8 stellten Höhepunkte dar. Hochburgen der Bewegung waren Mainz, die Saar-Union und die Pfalz , besonders die ans Elsaß grenzenden Städte und Ortschaften bei Bergzabern und um Landau.(1)

Dass das Rheinland insgesamt und die Pfalz speziell für die neuen Ideen und die revolutionäre Erregung relativ aufnahmefähig war, hat mehrere Gründe:

(a) Im Bürgertum regte sich nach dem Siebenjährigen Krieg ein gewisser Unternehmergeist: Die Anzahl der Manufakturen nahm zu und in der Textilindustrie wurden erste Spinnmaschinen benutzt. Allerdings fesselte die Zunftverfassung und die fehlende Gewerbefreiheit ihren Aufschwung. Bergbau und Hüttenwesen waren zersplittert und lagen überwiegend in adligem Besitz. Der Handel wurde durch die Vielzahl von Zöllen, die unterschiedlichen Gewichte und Maße gehemmt, der Verkehr durch hohe Wegegelder verteuert, Produktionsverhältnisse und Produktivkräfte gerieten in Widerspruch. (2)

Gleichwohl herrschte in den rheinischen Städten "ein reges geistiges Leben", literarische und wissenschaftliche Begabungen , Zeitschriften sind in Überfluss zu finden, Köln, Bonn, Mainz in Trier entwickelten sich durch Erneuerung der Lehre an den Universitäten zu Zentren des Rationalismus "Die Intellektuellen, Denksozietäten und Freimaurerlogen , bilden den Kern derer, die mit der Französischen Revolution heftig sympathisieren."(3)

Hinzu kam für die pfälzer Gebiete die Grenznähe zum Elsaß und Lothringen, wo literarische Aufklärer, wie Gottlieb Konrad Pfeffel und Johann Friedrich Butenschön ,gegen den Feudalismus heftig agitierten.

Dies blieb auch den Herrschenden nicht verborgen, weshalb schon im Frühjahr 1788 in der Kurpfalz ein Regierungsbefehl den "Verkauf und die Verbreitung der „Bauernzeitung“ von Gratz, Schubarts "Deutsche Chronik" und Pfeiffers „Teutsche Reichsverfassung“ mit Strafe bedrohte.(4)

(b) Auf dem Lande herrschte die Grundherrschaft wohl mit erblichem Besitz. Die Bauern waren aber den Grundherrn noch abgabepflichtig in Form von Rente und Zins teils auch mit Frondiensten, die zudem an verschiedene Herrschaften, weil Grund-, Gerichts- und Leibherrschaft oft nicht in einer Hand lagen, entrichtet werden mussten.(5) Allerdings war man in der Pfalz z.T. schon zur verbesserten Dreifelderwirtschaft und zur Stallfütterung, die Dünger lieferte, übergegangen, so dass die Erträge sich erhöhten.(6)

(c) Ökonomisch konnte sich das Land nicht entwickeln, weil das Territorium der heutigen Pfalz in mehr als 35 Klein- und Kleinstaaten zersplittert war, worunter die Kurpfalz, das Herzogtum Zweibrücken und das Hochstift Speyer noch größere Einheiten darstellten. Zudem wurde alle diese Gebilde absolutistisch regiert, besaßen eigene Residenzen mit entsprechender Hofhaltungen und Verwaltungen, die das Volk aussaugten. "Fast überall stieß man auf bedeutende Missstände, auf Korruption, Intoleranz, Ämterkauf, Nepotismus, Beamtenwillkür, Überbleibsel der Leibeigenschaft..."(7) Besonders berüchtigt waren die Machenschaften des Rheingrafen Carl Magnus von Grehweiler, des Herzogs von Zweibrücken und des Kurfürsten Karl Theodor, die von Zeitgenossen wie W. Johann Pezzl und Johann Kaspar Riesbeck scharf angeprangert wurden.

So waren die Bürger und Bauern beim Ausbruch der Französischen Revolution besonders bewegt. Es kam schon im Sommer 1789 in Baden, am mittleren Rhein und auch in der Pfalz zur Propagierung der Menschenrechtserklärung (DOKUMENT 1) und zu Aufrufen für eine allgemeine Volkserhebung mit genauen Plänen , zur Verweigerung von Frondiensten und Abgaben sowie der Absetzung von Gemeinde- und Gerichtsvertretern.(8)

"Bald nach Ausbruch der Revolution in Frankreich setzten Bauern Bürgermeister ab, vertrieben die herrschaftlichen Jäger, machten selbst Jagd auf das Wild, das ihre Fluren verwüstete, hörten auf , Abgaben zu zahlen und bemächtigten sich sogar der herrschaftlichen Grundstücke. Kurfürst Karl Theodor bedrohte 1790 jeden mit Gefängnis, der Zeitungen aus Frankreich mitbrachte, verteilte oder vorlas."(9)

Doch erst in den Jahren 1792 bis 1796 gelang es den "rheinischen Jakobinern" größeren politischen Einfluss im Land und unter der Bevölkerung zu gewinnen, weil sie bei der französischen Armee, die sowohl Eroberungs- und Besatzungsarmee war, Unterstützung fanden. (10)

Am 20. April 1792 erfolgte auf Vorschlag Ludwig XVI die von der Nationalversammlung fast einmütig ausgesprochene Kriegserklärung gegen Österreich in der Hoffnung die Stabilisierung im Innern Frankreichs zu erreichen. Nachdem Preußen im Juli 1792 in den Krieg gegen Frankreich auf Seiten Österreichs eintrat und sich Niederlagen der Franzosen (Gefecht bei Lille) abzeichneten, erklärte die Nationalversammlung das "Vaterland in Gefahr", wodurch u.a. die Föderisten der Provinz Marseilles aktiviert wurden, die zusätzlich zu der städtischen Bewegung in Paris die Revolution vorantrieben und radikalisierten. Es folgte am 10. November 1792 der Sturm auf die Tuilerien mit der Internierung der königlichen Familie und der Neuwahl eines Nationalkonvents, der als Regierung am 20. September einen sechsköpfigen Exekutivrat wählte. Frankreich war Republik. Sogleich wurde in Flugschriften die republikanische Verfassung in der Pfalz propagiert. (DOKUMENT 2/3)

Nachdem am 20. September 1792 die Franzosen bei Valmy den Interventionstruppen aus Preußen und Österreichern entschiedenen Widerstand leisteten, der Herzog von Braunschweig am 29. September den Rückzug befahlt, erfolgt der Gegenangriff und Vorstoß der französischen Truppen.

"Custine, der die im Raume Landau konzentrierte französische Armee befehligte, sah die preußisch-österreichischen Truppen in Nordfrankreich gebunden und befahl den Vormarsch seines etwa 15 000 Mann starken Heeres, das zu zwei Dritteln aus Freiwilligen bestand."(11)

Während die kurpfälzische Regierung ihre Neutralität erklärte, rückten seine Truppen vor: am 25. September wurde Speyer, am 5. Oktober Worms eingenommen ,etwas später öffnete Kaiserslautern General Landrement seine Tore und am 21. Oktober wurde Mainz übergeben.

Als Symbol einer neuen Zeit errichteten die süddeutschen Republikaner überall Freiheitsbäume, unter denen sie sich schworen, wie die Franzosen leben zu wollen.

Eine besondere Rolle spielte die heutige Südpfalz. Im Oktober 1792 brach in Bergzabern und den umliegenden Ortschaften der Aufstand gegen das Herzogtum Zweibrücken aus. Die Bevölkerung bewaffnete sich, setzte am 4. Oktober Bürgermeister und Gemeinderat ab und nahm Verbindung zu den französischen Truppen in Landau auf, schwor auf Freiheit und Gleichheit und wählte einen neuen Magistrat. Die Bauern entledigten sich der feudalen Zwänge.(12) In gleicher Weise verfuhr man am 5. November in den Ortschaften Gommersheim und Freisbach: Die Bauern dieser Gemeinden "erwählten sich jedes eine Munizipalität aus Bekennern aller drei Religionen" und der zuständige General Blou "versicherte sie feierlich des Schutzes der fränkischen Republik" (13)

Am 11. November ersuchte die Munizipalität von Bergzabern und einigen umliegenden Ortschaften den Pariser Nationalkonvent um Anschluss an Frankreich : "Gewähret uns also den unsern Wunsch, mit dem Lande der Freiheit vereinigt zu sein, und Ihr sollt sehen, dass wir es Wert sind, Franken zu heißen", heißt es in dem Brief. Des weiteren teilten die Bürger dem Nationalkonvent mit, dass sie Freiheitsbäume "in der Stadt Bergzabern und den Dörfern gepflanzt" und sich die Dekrete für den Aufbau einer neuen Verwaltung besorgt hätten. Auch hätten sie sich an die "Munizipalität der Stadt Landau gewendet, um von ihr die nötigen Unterweisungen zu erhalten, wie unsere Munizipalität zu erwählen sind", von dort seien auch Bürger der patriotischen Gesellschaft abgeordnet worden, um beim Aufbau der neuen Verwaltung zu helfen. (14) (DOKUMENT 4) Für den Anschluss an Frankreich wurde auch heftig geworben. (DOKUMENT 5/6)

Einige Wochen später, am 20. und 22. Dezember 1792, erklärten 24 kurpfälzische Ortschaften, darunter auch Billigheim, "von dem Freiheitssystem der Neufranken Gebrauch gemacht und sich in deren Schutz begeben zu haben. Auch die Mühlhofener Einwohner freuen sich, nach so lange erlittenem Druck von Amtleuten, Steuereinnehmern und Anwälten etwas freier atmen zu Können". Gleiches erklärten auch Freisbach, Gommersheim und Jugendheim(15).

Entschieden wehrten Bürger und Bauern die Versuche, die Aufstände niederzuschlagen, ab, so am 9. November 1792 die Truppen des Herzogs von Pfalz-Zweibrücken und am 27./28. November das kurpfälzische Militär. Da die aufsässige Bevölkerung erkannte, dass sie die sich selbst genommenen Freiheiten nicht allein verteidigen konnte, "schlossen sich am 14. und 15. März 1793 diese Gemeinden - insgesamt handelte es sich um 32 - der französischen Republik an". (16)

Von der Erhebung waren auch die Fürstenbistümer Speyer und Worms, die leininger Territorien um Bad Dürkheim und Grünstadt, rheingräfliche und rheinritterliche Herrschaften sowie die Grafschaft Falkenstein erfasst.(17)

Eine wichtige Hochburg der Republikaner und deutschen Jakobiner stellte Mainz dar. Nach der kampflosen Einnahme am 21. Oktober 1792 durch Custine gründete sich am 23. Oktober die "Gesellschaft der Freunde der Freiheit und Gleichheit" mit über 450 Mitgliedern, darunter 100 Handwerkern und den führenden Intellektuellen Andreas Joseph Hofmann, Professor der Philosophie und des Naturrechts, und Georg Forster, Naturrechtler, Schriftsteller und Bibliothekar. Die Gesellschaft stand in Verbindung mit dem Pariser Jakobinerclub, um auf die französische Besatzungsmacht demokratischen Druck auszuüben. Das war auch nötig, weil Custine am 24. Oktober 1792 noch erklären ließ, dass er "alle konstitutionellen Gewalten bis dahin beschützen (werde), wo ein freier Wunsch den Willen der Bürger, Beisassen und Bauern in den Städten und Ortschaften des Erzbistums Mainz, der Bistümer Worms und Speyer und in allen übrigen Gegenden von Deutschland, in welchen die Fahnen der Frankenrepublik aufgepflanzt werden sollten, bis ( ) ein freier Wunsch und Willen eines jeden dieser deutschen Völker mir bekannt gemacht haben". (19)

Am 18. und 19. November 1792 setzte Custine für das Besatzungsgebiet links des Rheins eine Administration ein, die das ganze Gebiet zwischen Landau, Bingen und Mainz verwalten sollte.

"Sie schaffte die ständische Gerichtsbarkeit ab, untersagte die Verbreitung konterrevolutionärer Schriften und verbot jede Verbindung mit den geflohenen Feudalreaktionären. Sie hob aber nicht die Abgaben und Dienstleistungen auf. Auch die lokalen Behörden wurden nicht verändert." (20)

Hierzu bedurfte es erst der Beschlüsse des französischen Nationalkonvents vom 15.,17. und 23. Dezember 1792, die bestimmten, in den besetzten Gebieten alle feudalen Lasten und Abhängigkeiten zu beseitigen und Wahlen für provisorische Regierungen auszuschreiben. (DOKUMENT 7) Diese fanden am 24. Februar 1793 für den rheinisch - deutschen Nationalkonvent statt - allerdings mit mäßiger Wahlbeteiligung Nachdem am 17. März 1793 der rheinisch - deutsche Nationalkonvent sich im Mainzer Deutschhaus konstituiert hatte, erklärte er die Lostrennung des Mainzer Gebietes vom Reich und rief die bürgerlich - demokratische Republik aus. Wie zuvor schon im Bergzaberner Gebiet schloss sich auch die Mainzer Republik am 21. März 1793 Frankreich an (21)

Die am 31. März gebildete Regierung unter Andreas Joseph Hofmann konnte sich jedoch nur 3 ½ Monate halten und musste nach der Belagerung der Stadt durch die Preußen am 23. Juli 1793 kapitulieren , u.a. auch wegen fehlender Unterstützung durch Custines Armee.

Die Franzosen erfuhren jedoch nicht nur Zustimmung und Unterstützung durch die Bevölkerung in der Pfalz sondern auch im Februar und März 1793 Widerstand, der besonders aus den Reihen der Geistlichkeit und rückständiger Bauern erfolgte, z.B. in Speyer, Grünstadt und Winnweiler. So weigerten sich die Geistlichkeit Speyers am 24. März 1793 den Freiheitsschwur zu leisten, in Winnweiler und Umgebung wurden im Februar die Franzosen mit Pistolen, Flinten, Heu- und Mistgabeln verjagt und in Grünstadt versuchten die leininger Grafen konterrevolutionäre Akte, so dass Georg Forster hier .für die Republik agitierend sie festnehmen und in Landau arretieren ließ. (22)

Diese zwiespältige Lage hing damit zusammen, dass zwischenzeitlich die Preußen 1793 auf das linke Rheinufer vorstießen. Am 28. März wurde Bingen angegriffen, am 1. April rückte eine Vorhut der Preußen in Grünstadt und Worms ein, am 4. April in Kaiserslautern. Sogleich versuchte man die alten Zustände wieder herzustellen, die Freiheitsbäume wurden geschlagen, die Munizipalität abgesetzt und der Befehl gegeben, "dass alles wieder in die vorige Ordnung zurückkehren musste...". (23)

Bis zum Spätherbst unterstand die Pfalz der preußischen Reaktion.

Doch im November 1793 stieß die französische Mosel-Armee unter dem jugendlichen General Lazare Hoch erneut vor Am 28, 29. und 30. November führte man mit Truppen des Herzogs Karl August von Sachsen-Weimar eine blutige Schlacht bei Morlauten , wobei die Franzosen zunächst zum Rückzug gezwungen wurden. Die französischen Truppen wandten sich nach Landau, das von Oktober bis Dezember 1793 von den Preußen belagert wurde, erzwangen die Aufhebung der Belagerung und nahmen die Stadt ein. Am 28. 12. 1793 wurde auch Kaiserslautern wieder besetzt.

Was nun folgte war der unrühmliche Plünderwinter 1793/4 ,weil der Wohlfahrtausschuss dekretierte, dass sich die Truppen selbst aus dem Besatzungsgebiet versorgen mussten.

Nach dem Sturz der Jakobiner am 27. Juli 1794 und der Bildung des Direktoriums verfolgte Frankreich eine Außenpolitik, die auf die Sicherung seines Territoriums durch natürliche Grenzen (Schelde, Maas, Rhein) zielte. In Verfolgung dieses Ziels wurde am 20. Dezember 1794 eine militärische Zentralverwaltung eingesetzt, später (1796) Generaldirektionen in Aachen und Köln, dann ersetzt durch die Mittelkommission in Bonn (1799).

Nach der Zustimmung Preußens zur französischen Besetzung des linksrheinischen Gebietes im Vertrag zu Basel (5. April 1795) verfolgten die militärischen Verwaltungen zielstrebig die Aufhebung der Privilegien des Adels und der hohen Geistlichkeit. "Sie verloren die Gerichtsbarkeit, die Polizeigewalt, das Jagdrecht und vor allem den Zehnten und die Fronden. Auch Adel und Geistlichkeit waren jetzt verpflichtet, Steuern zu zahlen und andere öffentliche Lasten zu tragen. Das Eigentum der geflohenen Reaktionäre wurde konfisziert. Güter, Wälder und Bergwerke wurden in französischer Verwaltung übernommen. Bürgerliche Reformen auf dem Gebiet des Rechtswesens sollten die Gleichheit vor dem Gesetz sichern.Das Gerichtswesen wurde von der Verwaltung getrennt und die Unentgeltlichkeit der Rechtssprechung durchgesetzt. Neben die kirchliche Eheschließung trat die Zivilehe. Die protestantische Bevölkerung (...) wurde den Katholiken gleichgestellt. Die Ghettos wurden beseitigt, die Juden erhielten die Freiheit, sich an jedem Ort niederzulassen."(24)

Im Zusammenhang mit diesen Reformen bildete sich eine neue republikanische Bewegung unter der linksrheinischen Bevölkerung, die für eine selbständige rheinische Republik eintrat, 1797 ihr Zentrum in Koblenz hatte und von dem französischen General Hoche unterstützt wurde: die cisrheinische Bewegung.

"Im September und Oktober 1797 wurden in etwa 50 Ortschaften Freiheitsbäume gepflanzt und die grün-weiß-roten Fahnen der cisrheinischen Bewegung gezeigt", so z.B. auch in Grünstadt, 1798 in Annweiler, Speyer, Neustadt /W., Lambsheim.(25) (DOKUMENT 8)

Es bildeten sich "Konstitutionelle Zirkel" und "Volksgesellschafen", u.a. auch in Alzey, Neustadt, Speyer und Zweibrücken, in denen mehrmals die Woche Versammlungen mit Themen zur politischen Aufklärung abgehalten wurden, denn- so der Redner bei der Eröffnung der Volksgesellschaft zu Alzey 1797-:

"Jeder Bürger in der Demokratie muß die Verfassung des Freistaates kennen, er muß mehr als oberflächlich wissen, was die Rechte, was die Pflichten des Bürgers erheischen. Nur die Überzeugung, dass jeder Bürger gleichviel Anteil an dem Wohl und Wesen des Staates vermittels der Verfassung nehme und nehmen müsse, dass jeder Bürger durch Wahl der Gesetzgeber und aller übrigen Verwaltungen notwendig in jedem Gesetze seinen Willen wiedersieht, die Überzeugung, dass eine demokratische Verfassung die wenigsten Ungemache bringt, die aus Bürgervereinen entstehen: dies alles erzeugt Vaterlandsliebe..." (25)

Nach dem Staatsstreich Napoleons im September 1797 und der Ausrichtung der französischen Politik auf eine Annexion der eroberten auch linksrheinischen Gebiete, wurde die cisrheinische Bewegung und das Tragen ihrer grün-weiß-roten Kokarde verboten.

Die Rheinlande als einheitlicher Verwaltungsbezirk wurde seit 1797 von dem Elsässer Rudler, der bis 1799 im Amt blieb, als Regierungskommissar geleitet. Er bildete am 23.1.1798 vier Departements: Roers mit Aachen, Saar mit Trier, Rhein und Mosel mit Koblenz und das Gebiet von der Queich bis an die Nahe - nun Donnersberg genannt - mit Mainz als Hauptorte. (DOKUMENT 9/10) Die Gegend um Kandel, Landau, Bergzabern, Dahn, Teile von Pirmasens und Annweiler wurden dem Departement Bas-Rhin mit Straßburg als Mittelpunkt zugeteilt. Kaiserslautern wurde Kantonort und Sitz der Unterpräfektur, die der einstige Rechtskonsulent Petersen, der sich schon 1792 den Revolutionstruppen angeschlossen hatte, leitete, mit der Wahl Johann Goswin Müllinghoff am 16. Juli 1800 als Maire wurde in der Stadt nun auch die französische Verwaltung eingeführt. (26)

Mit der Bildung der neuen Verwaltungsbezirke entwickelte sich erneut 1798 eine - wenn auch von den Franzosen unterstützte - volkstümliche Bewegung , die der Reunionsadressen, womit die Bevölkerung sich für den Anschluss an Frankreich aussprach. So unterschrieben im Departement Donnersberg mit seinen etwa 120 000 Einwohner 31 000 eine solche Adresse, um auszudrücken, dass "wir die Vereinigung mit der Republik wünschen", wie es in der Adresse aus Eussertal vom 25. April 1798 hieß. (27)

Allerdings versuchten auch wieder reaktionäre Kräfte Einfluss zu gewinnen, besonders in den ehemaligen Duodezgebieten wie Zweibrücken oder den rückständigen bäuerlichen Orten um den Donnersberg und bei Rockenhausen.

Mit dem Vertrag von Lunéville (9.2.1801) wurde das linksrheinische Gebiet formell der französischen Republik eingegliedert, in der Folge die Nationalgüter versteigert. (DOKUMENT 11). Die französischen Gesetze und v.a. der Code Civile (1804) wurden eingeführt. (DOKUMENT 12) Damit trat eine Vielzahl von Neuerungen und Veränderungen ein: Gleichheit vor dem Gesetz, Trennung von Justiz und Verwaltung, Unabhängigkeit der Richter, Trennung von Kirche und Staat, Aufhebung der Klöster und Orden, Säkularisierung des Kirchenguts, Zivilehe, Vereinheitlichung des Schul- und Bildungswesens, Liquidierung des Feudalwesens, der Grundherrschaft, Aufhebung der Sonderstellung von Adel und Klerus, Einführung der Steuergleichheit, allgemeine Wehrpflicht, Gleichberechtigung der Juden u.v.a.

Allerdings bildete der Rhein nun die Zollgrenze und erschwerte damit den Handel der Rheinstädte mit den gewachsenen Partnern. Doch insgesamt führten die Reformen und die napoleonische Herrschaft zu einem wirtschaftlichen Aufschwung und zur Stärkung des kleinen und mittleren Bauerntums.

Auch nach der Niederlage der Franzosen unter Napoleon in der Völkerschlacht bei Leipzig (16.-18. Oktober 1813) und dem Rückzug aus der Pfalz (Dezember 1813 bis Januar 1814) sowie dem Anschluss der Pfalz an Bayern am 1. Mai 1816 blieb das demokratische Gedankengut lebendig, sammelte sich in der Reaktionszeit in Honoratiorenkreisen, um im Zuge der Julirevolution in Frankreich über Pressvereine wieder öffentlich wirksam zu werden und auf dem Hambacher Fest (4. Juni 1832) beeindruckend liberale und demokratische Freiheitsrechte einzufordern. Erneut wurden Freiheitsbäume gesetzt , z.B. in Annweiler, den Orten um Landau und Zweibrücken, altbekannte Freiheitslieder sowie die Marseillaise gesungen und die dreifarbige Kokarde getragen.

An diese kämpferischen Erfahrungen zur Zeit der französischen Revolution und der Revolutionskriege konnte dann 1848 erneut und selbstbewusst angeknüpft werden.

ANMERKUNGEN

1) Schneider, Erich (Hrsg) : Triumph, die Freiheitsfahne weht. Landau 1988; Scheel, H. : Süddeutsche Jakobiner. Berlin 1962; Valjavev, F.: Die Entstehung der politischen Strömungen in Deutschland, 1770-1815. München 1951; Streisand, Joachim : Deutschland von 1789 bis 1815. Berlin 1973
2) Streisand, Joachim: aaO, S. 11f und 15-21
3) Furet, Francois: Das revolutionäre Frankreich / 1787 - 1791. In: Fischer Weltgeschichte. Das Zeitalter der europäischen Revolution 1780 - 1848. Frankfurt/M. 1968, S. 97 f.
4) Scherer, Karl: Ereignisse der Stadtgeschichte (Teil II). In: Kaiserslautern. Aspekte und Perspektiven einer Stadt. Hrsg. Von Dietrich Mack. Kaiserslautern 1976, S.80
5) Schütz, Hans J. : Vernunft ist immer republikanisch. Texte zur demokratischen Tradition in Deutschland 1747 -1807. Modautal-Neunkirchen, 1977, S.130
6) Streisand, Joachim, aaO, S. 13-15
7)Schneider, Erich: Triumph, aaO, S.11
8)Furet, Francois: aaO, S.98 ; Schütz, Hans J. : aaO, S.196 und 275; Steisand, Joachim: aaO., S.23
9) Streisand, Joachim: aaO.,. S.24
10) Furet, Francois: aaO, S. 100 - 101
11) Streisand, Joachim : aaO, S. 42
12) Streisand, Joachim : aaO, S. 44 f.
13) Korrespondenz aus Landau vom 5. November 1792, abgedruckt in Schneider, Erich: aaO, S. 85-87
14) abgedruckt bei Schneider, Erich: aaO, S. 89-90
15) Schneider, Erich: aaO, S. 91-92
16) Streisand, Joachim: aaO, S.45
17) Schneider, Erich: aaO, S. 14
18) Streisand. Joachim : aaO, S. 46 f.
19) Schneider, Erich: aaO, S. 77
20) Streisand, Joachim: aaO, S. 48
21) Schneider, Erich: aaO, S. 78f
22) Schneider, Erich: aaO, Dokumente S. 110 - 115
23)Schneider, Erich : aaO, Dokumente S. 113-118, zit. S. 118
24) Streisand, Joachim: aaO, S. 83
25) Schneider, Erich: aaO, Dokument S. 190-193, zit. S. 191
26) Kaiserslautern. Aspekte und Perspektiven, aaO, S. 80 - 82
27) Schneider, Erich : Dokument S. 21 und S. 215

DOKUMENTE UND MATERIALIEN

1. Flugschrift über die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte der Französischen Nationalversammlung vom 26. August 1798

2./3. Flugschriften zur Staatsverfassung in Frankreich 1792

4. Bergzabern und umliegende Ortschaften ersuchen Anschluss an Frankreich und gründen eine Gesellschaft der Konstitutionsfreunde 1792

5. Proklamation der französischen Nation an das Volk 1792

6. Flugblatt an die Wormser und Speyerer sich der französischen Republik anzuschließen 1792

7. Proklamation Custines an die Einwohner von Mainz, Worms und Speyer 1792

8. Errichtung eines Freiheitsbaumes in Speyer 1798

9. Bildung des Departements Donnersberg 1798

10. Karte: Departement Donnersberg

11. Verkauf von Nationaldomainen 1803

12. Code Napoleon in deutscher Übersetzung (Deckblätter) 1804 und 1807

3. DIE ROLLE DER PFALZ IN DER 48 er REVOLUTION UND DER REICHSVERFASSUNGSKAMPAGNE 1849

Nach dem Zusammenbruch der napoleonischen Herrschaft versuchten die reaktionären Kräfte , insbesondere Österreich, Preußen und Russland, das Rad der Geschichte in ihrem Einflussbereich zurückzudrehen. Die Zeit der Restauration begann.

Mit der "Deutschen Bundesakte" und ihren vagen Versprechungen zur Einführung von Verfassungen und der Bildung des "Deutschen Bundes" 1815 aus 37 "Souveränen Fürsten" und 4 "Freien Städten" gelang es Metternich die National- und Freiheitsbewegung zu täuschen und den Führungsanspruch von Fürsten und Dynastien erneut zu installieren und durchzusetzen. Allerdings mussten die ehemaligen Rheinbundstaaten, besonders die süddeutschen Staaten Bayern, Baden und Württemberg auf das politische Bewusstsein ihres Volkes Rücksicht nehmen ,sich 1818 / 1819 Verfassungen geben und Parlamente einsetzen. Neu aufkeimende Freiheitsbewegungen, die sich z.B. in den Burschenschaften bildeten und sich auf dem Wartburgfest 1817 ausdrückten, wurden mit den Karlsbader Beschlüssen von 1819 und der Wiener Schlussakte 1820, die ein repressives System mit Pressezensur und polizeilicher "Demagogenverfolgung" installierten, brutal verfolgt.

Einen erneuten Schub erhielt die Freiheits- und Einheitsbewegung durch die französische Juli - Revolution von 1830. "Der revolutionäre Funke sprang über nach Belgien (August 1830) und in die Schweiz (Spätsommer und Herbst 1830) und löste dort Aufstände aus, die im September auch die mitteldeutschen Staaten erfaßten."(1)

In Braunschweig, Kassel und Dresden wurden die Herrscher vertrieben, durch Thronerben z.T. oder wie in Hannover durch einen Vizekönig ersetzt. Man gab sich Verfassungen und Parlamente nach den Prinzipien der Gewaltenteilung, der Ministerverantwortlichkeit und dem Budgetrecht. Auch im Rhein-Main-Gebiet und der Pfalz , in der noch die Erinnerung an die französische Zeit lebendig war, bildete sich eine nationale und demokratische Bewegung, fand jedoch wegen des Interessengegensatzes von bäuerlich- und handwerklicher Unzufriedenheit und liberaldemokratischen Zielen der Intelligenz nicht zu einem Aktionsbündnis zusammen.

In Gedenken an den ersten Jahrestag der Juli-Revolution veranstalteten am 27. Juli 1831 siebzig bis achtzig Studenten aus Heidelberg einen Ausflug nach Dürkheim, um ein Festessen - die damalige Form politischer Veranstaltungen - zu begehen. Während die Mehrzahl der Studenten abends nach Heidelberg zurückwanderte, blieb eine kleine Gruppe zurück und begab sich am nächsten Tag zur Ruine Limburg, wo Karl Heinrich Brüggemann (1810 - 1887) seine sog. "Limburger Rede" hielt, in der er nationale Einheit forderte und sich auch zu einer revolutionären Umwälzung im Lande bekannte. Diese Rede wurde Siebenpfeiffer, dem Mitinitiator des späteren Hambacher Festes bekannt , weshalb er Brüggemann als Redner gewinnen wollte. Das Volksfest fand am Sonntag, den 27. Mai 1832 in Neustadt /W. statt. 30 000 Menschen- die meisten Anhänger von Pressvereinen (die im Januar 1832 in Zweibrücken einen Zentralverband gegründet hatten)-, trafen sich, um zur Ruine des Hambacher Schlosses zu ziehen Dort forderten in schwungvollen und mutigen Reden Wirth, Siebenpfeiffer und Brüggemann die Beseitigung der Fürstenherrschaft und an deren Stelle ein vereintes, republikanisches und föderatives Deutschland. Auch versuchte Siebenpfeiffer am folgenden Montag Maßnahmen zu ergreifen, um die Revolution auszurufen und eine provisorische Regierung zu bilden:

"Am Morgen dieses Tages fand im Neustädter Schießhaus eine Versammlung statt, an der 500 bis 600 Menschen teilnahmen, Siebenpfeiffer bemühte sich, das Fest in revolutionäre Bahnen zu lenken. Er forderte die Anwesenden auf, sogleich nach Gauen zusammenzutreten und Männer des Vertrauens zu wählen, die als provisorische Regierung, als ein Nationalkonvent oder eine National-Repräsentation dem Bundestage gegenübertreten sollten." (2) Es fanden wohl Wahlen statt, doch dann spaltete sich die Menge und die Mehrheit entschied sich dagegen, sich als eine Art Nationalversammlung zu konstituieren.

Nach dem Hambacher Fest kam es zur Gründung des Vaterlandvereins mit Sitz in Frankfurt/M. Dieser Verein unterhielt zahlreiche Verbindungen zu oppositionellen Kräften in Hessen, Baden und der Pfalz und wollte eine von Frankfurt ausgehende revolutionäre Umgestaltung vornehmen. (3)

Doch der Versuch am 3. April 1833 mit dem Frankfurter Wachensturm ein Fanal zum Aufruf einer Revolution zu geben, scheiterte an schlechter Organisation, fehlender Unterstützung durch die Bevölkerung und der unglücklichen Wahl des Ortes.(4) Am Frankfurter Wachensturm waren auch Pfälzer, die der studentischen Verbindung Franconia angehörten, direkt und indirekt beteiligt, so Eduard Fries und Friedrich Moré aus Grünstadt, Karl Moritz aus Zweibrücken, Valentin Fleischmann von Altleiningen, Hermann Freund aus Pirmasens, Theodor Engelmann aus Imsbach, Friedrich Breitenstein aus Homburg und Georg Nahm aus Kriegsfeld . Fries, Fleischmann, Moritz, Freund und Engelmann wurden festgenommen, inhaftiert, später begnadigt und Engelmann und Moré ins Exil getrieben.(5)

Die "Gärungen im Land" - wie es damals hieß - ermutigten den Deutschen Bund im Juli 1832 erhebliche Repressionen zur "Aufrechterhaltung der gesetzlichen Ordnung und der Ruhe" vorzunehmen . Etwa 1 800 Liberale und Demokratie wurden verhaftet, abgeurteilt und mussten in Haft oder ins Ausland fliehen, die Pressezensur und die Hochschulaufsicht wurde verschärft, studentische Verbindungen verboten, die Rechte der Landtage eingeengt und überall bespitzelt.

Großes Aufsehen erregten auch die "Göttinger Sieben", die sieben Professoren, die gegen die Aufhebung der Hannoveraner Verfassung protestierten und deshalb ihre Ämter verloren.

Die Wirtschaftskrisen der 40er Jahre, die Missernten der Jahre 1842, 45 und 46, Hungersnöte, Massenarbeitslosigkeit, Teuerung und Depression erhöhten und verbreiterten das soziale Konfliktgemenge (z.B. Weberaufstand 1844). Turnvereine, Lesevereine und andere gesellige Zusammenschlüsse, die sich unpolitisch gaben, bündelten die Opposition, Literaten , Publizisten und Wissenschaftler- viele ins Exil getrieben - erarbeiten und popularisierten liberale und demokratische Ideen und Forderungen.(DOKUMENT 1) So gelangten die von Arnold Ruge und Karl Marx 1843 in Paris herausgegebenen "Deutsch-französischen Jahrbücher" in die Pfalz. "Am 21. März 1844 teilte die Regierung der Pfalz dem bayerischen Innenministerium mit, dass die beiden ersten Hefte der "Deutsch-französischen Jahrbücher" in 230 Exemplaren vom Landkommissariat Bergzabern beschlagnahmt worden seien, als sie am 16. März 1844 über die Grenze gebracht werden sollten. Sie seien an einen G.P. Müller in Landau adressiert gewesen. Ein Verzeichnis der Buchhandlungen und Privatleute, an welche die Jahrbücher ausgeliefert werden sollten, lag bei."(6)

"Am Vorabend der Revolution von 1848 meldeten sich schließlich im Windschatten der preußischen Verfassungsexperimente vor allem im Südwesten Deutschlands Liberale und Demokraten mit direkten und offenen Forderungen nach einer Umgestaltung Deutschlands zu Wort... Zur Auslösung der "Märzrevolution" fehlte lediglich der zündende Funke." (7)

Und dieser Funke sprang wieder aus Frankreich, wo am 22. -24. Februar in Paris erneut eine Revolution ausbrach, Barrikadenkämpfe ausgefochten wurden, wo Arbeiter, Studenten und die Nationalgarde den sog ."Bürgerkönig" Louis Philipp zur Abdankung zwangen, die zweite Republik ausriefen und eine provisorische Regierung bildeten, nach Deutschland über. Bekannt wird auch, dass ein Arbeitsministerium gebildet wurde, der Arbeitsminister Louis Blanc das Recht auf Arbeit verkündete und Nationalwerkstätten für Arbeitslose einrichtete.

Wie reif die politische Lage für eine Umsturz in Deutschland war, zeigt sich daran, dass nur wenige Tage nach dem Bekanntwerden der revolutionären Ereignisse sogleich im Lande Volksversammlungen abgehalten und liberale und demokratische Forderungen aufgestellt wurden. (DOKUMENT 2) Schon am 27. Februar versammelten sich angeführt von dem Anwalt und Demokraten Friedrich Hecker in Mannheim 2 500 Menschen (8) (DOKUMENT 3) Die Wormser Bürger wandten sich am 1. März an ihren Abgeordneten Lehne im bayerischen Landtag und forderten ihn auf Anträge zur Ministerverantwortlichkeit, Pressefreiheit, Vereidigung des Militärs auf die Verfassung, zur Volksbewaffnung, zum Versammlungs- und Petitionsrecht, zur Absetzung der Bundesversammlung, der Aufhebung der Karlsbader und Wiener Beschlüsse, der Wiedereinführung des französischen Rechts, zur kommunalen Selbstverwaltung, zur freien Unterricht und Religionsausübung, zur Unabhängigkeit der Richter und insgesamt der Revision der Verfassung zu stellen. ( DOKUMENT 4)

Im März überstürzten sich die Ereignisse (9): Überall wurden Demonstrationen oder Versammlungen abgehalten und Forderungen nach Vereins- und Pressefreiheit, öffentlichen Schwurgerichten und Volksmiliz erhoben. Während die Radikalen, Kleinbürger und Bauern am Rhein, in Baden, Sachsen, Schlesien, eine demokratische Republik anstrebten, begnügte sich das liberale Besitz- und Bildungsbürgertum mit gemäßigten Positionen und strebte nach einer konstitutionellen Verfassung. Gemeinsam jedoch war der Wunsch nach nationaler Einheit.

Am 3. März veröffentlicht die von Georg Friedrich Kolb redigierte vielgelesene Neue Speyerer Zeitung die Märzforderungen der Pfalz. In Neustadt kam es einen Tag später im Schießhaus zu einer Bürgerversammlung mit pfälzischen Deputierten.

Die Herrschenden zogen sich taktisch zurück, regierten mit Zugeständnissen und der Bildung der sogenannten Märzministerien, das meint die Aufnahme von Liberalen ins Kabinett: so Heinrich von Gagern in Hessen-Darmstadt, Friedrich Römer in Württemberg, Karl Georg Hoffmann in Baden und Ludolf Camphausen und David Hansemann in Preußen. Auch König Ludwig I von Bayern beugte sich zunächst den Forderungen des Volkes und versprach die Einführung der Ministerverantwortlichkeit, volle Pressefreiheit, ein verbessertes Wahlrecht sowie Öffentlichkeit und Mündlichkeit in Schwurgerichten. (DOKUMENT 5) Als Nachricht erfuhren die Pfälzer König Ludwigs Proklamation im Amtsblatt für die Pfalz am 8.März. Unbeirrt davon wurden weitere Versammlungen abgehalten: "Am 9. März forderten Landauer Bürger in einem 9-Punkte -Programm ebenfalls mehr politische Freiheiten, unter anderem: Revision des Wahlgesetzes, Volksbewaffnung, Aufhebung des Judendekrets (vom 17.3.1808), Aufhebung der konfessionellen Schulen und der getrennten Lehrerausbildung, ein deutsches Parlament, Volkseinheit und auch eine Amnestie für politische Vergehen und Verbrechen." (10) Völlig die Lage verkennend glaubte Ludwig I sich der Loyalität der Pfälzer versichern zu können. (DOKUMENT 6) Die Kirchheimer richteten am 12. März ihre Forderungen an die 2. bayerische Kammer, darunter Amnestie für politische Vergehen, Unverletzbarkeit der Richter, Reduktion des stehenden Heeres und Beschränkung der Polizeiwillkür. (DOKUMENT 7)

Ebenfalls am 12. März kam es in Neustadt im Rathaushof zu einer "Pfälzer Volksversammlung" unter der Leitung von Philipp Hepp, um die Märzforderungen des Pfälzer Volkes aufzustellen und sie durch eine Delegation , der auch der Speyerer Notar Josef Martin Reichard angehörte, dem König zu überbringen. Als diese Delegation am 17. März, dem Tag des Zusammentritts der beiden Kammern in München eintraf, wurde sie freudig von der Bevölkerung begrüßt.(10)

Am 5. März trafen sich in Heidelberg 51 führende süd- und westdeutsche Liberale, darunter Friedrich Bassermann, Karl Mathy, Karl Theodor Welcker, Friedrich Römer, Heinrich von Gagern, Georg Gottfried Gervinius, David Hansemann, auch Gustav von Struve , Friedrich Hecker und Johann Adam von Itzstein, die badischen Radikalen. Die Mehrzahl der Anwesenden suchte die Zusammenarbeit mit den bestehenden Regierungen , wollte über Vereinbarungen die nationale Einheit und liberale Reformen erreichen. Andererseits sprach sie sich für die Einberufung einer Versammlung "von Männern des Vertrauens aller deutschen Volksstämme" , das spätere Vorparlament, aus und setzte einen Siebener-Ausschuss ein, der die Einberufung des Vorparlaments und Wahlen zur Nationalversammlung vorbereiten sollte. Damit stand der Gedanke der Volkssouveränität auf der politischen Tagesordnung .

Mitte März spitzte sich in Preußen die Lage zu. Die Forderungen wurden radikaler. Um die Krone zu schützen, ließ die Regierung Militär in Berlin zusammenziehen., Als das Militär den Schlossplatz gewaltsam von einem Volksauflauf räumte, kam es am 18. März zu Barrikadenkämpfen. Friedrich Wilhelm IV musste das Militär aus der Stadt abziehen, den Märzgefallenen huldigen und das Versprechen geben, eine Nationalversammlung zur Beratung der Verfassung und der Lösung der nationalen Frage einzuberufen. Auch berief er ein liberales Ministerium um Camphausen.

Zwei Tage später musste König Ludwig I von Bayern, diskreditiert durch den Skandal um die Tänzerin Lola Montez zugunsten seines Sohnes Maximilian II zurücktreten.

Vom 31. März bis 4 April tagte das Frankfurter Vorparlament mit 500 Mitgliedern. Es beschloss die Aufnahme von Schleswig-Holstein, Ost- und Westpreußen in den Bund und allgemeine freie Wahlen für eine Nationalversammlung, die die künftige Verfassung Deutschlands erarbeiten sollte. Man einigte sich, dass ein Abgeordneter 50 000 Einwohner repräsentieren soll. Allerdings lehnte das Vorparlament den Antrag der Linken um Hecker und Struve auf Permanenz der Tagung ab. Stattdessen wurde ein 50er - Ausschuss, der bis zum Zusammentreten der Nationalversammlung die Interessen der Deutschen insgesamt gegenüber den Einzelstaaten und dem immer noch parallel bestehenden Bundestag wahren sollte, eingesetzt.

Da die radikalen Demokraten erkannten, dass die Mehrheit des Vorparlament eigentlich keine grundlegenden Systemveränderungen vornehmen wollte , insbesondere keine demokratischen und außerdem die badische Regierung versuchte radikaldemokratische Strömungen mit Waffengewalt zu unterdrücken, erbat sie doch zur Unterstützung des eigenen Heeres hessische, württembergische und bayrische Truppen, die auch einrückten, entschied sich Friedrich Hecker zu einem bewaffneten Aufstand, den sogenannten Heckerzug (5.4. bis 27.4. 1848). Er sammelte Freischärlertruppen um sich und erfuhr Unterstützung durch die von Georg Herwegh geführte Legion deutscher Handwerker aus Paris. In der Schlacht von Kandern am 20.4. wurden Heckers Freischärler, bei Dossenbach Herweghs Demokraten geschlagen.(11) Damit war der erste republikanisch-demokratische Aufstand der 48er Bewegung gescheitert.

Etwa zur gleichen Zeit meldeten sich die Kommunisten programmatisch zu Wort, ihre Forderungen erschienen Anfang April in der Mannheimer Abendzeitung. (12) (DOKUMENT 8) Versammlungen und publizistische Aufrufe bestimmten weiterhin das öffentliche Leben in der Pfalz. So wurde am 4. April der Frankenthaler Volksverein (13) und am 9. April in Kaiserslautern in der Fruchthalle der pfälzische Vaterlandsverein von 96 Volksabgeordneten gegründet.

Da das Volk auf die Umsetzung der Märzforderungen drängte, wurden in den Einzelstaaten Wahlgesetze erstellt. Dabei zeigte sich sehr schnell, dass die alten Mächte nicht gewillt waren, das vom Vorparlament festgelegte demokratische Wahlrecht anzuwenden. So beinhaltete die Wahlordnung vom 12.4. für die 2. bayerische Kammer, dass nur der männliche Staatsbürger, der dem Staat eine direkte Steuer entrichtete und nicht vorbestraft war, das aktive und passive Wahlrecht erhalten sollte, ausgeschlossen von der Wahl war der Vermögenslose. Auf 500 Seelen kam beim ersten Wahlgang der Urwähler ein Wahlmann, in einem zweiten Wahlgang sollten dann die Wahlmänner für den Wahlbezirk einen Abgeordneten und zwei Ersatzmänner wählen. Gegen diese Wahlbeschränkungen protestierten am 16. April 1848 demokratisch engagierte Bürger aus Kirchheimbolanden beim 50er Ausschuss des Vorparlaments und forderten das Gremium auf eine Erklärung abzugeben, dass "alle infolge des jetzigen bayerischen Wahlgesetzes gewählt werdenden Volks-Vertreter nicht als solche angesehen, mithin die gefasst werdenden Beschlüsse der Nationalversammlung nicht als gültig und bindend betrachtet werden können". (DOKUMENT 9)

Zusätzlich zu den Wahlen zur bayrischen Kammer liefen Ende April auch die Wahlen zur Frankfurter Nationalversammlung. Manche Pfälzer verbanden mit der Wahl sogar das imperative Mandat. So wurde am 28. April der Anwalt Maximilian Glaß im Landauer Wahlbezirk in die Paulskirche gewählt, später, als bekannt wurde, dass er für das Gesetz eines Reichsverwesers, ein Amt, das am 11.7. Erzherzog Johann von Österreich übernahm, stimmte, wieder abgewählt und durch August Culmann (Advokat in Bergzabern) ersetzt. (14)

Die Pfalz wählte links. Nachdem am 18. Mai die Nationalversammlung in der Paulskirche konstituiert worden war, zeigte sich, dass alle 14 Pfälzer Abgeordnete auf der Linken der Paulskirche zu finden waren, einige sogar in der sog. Fraktion Donnersberg, der äußersten Linken. Thematisch beteiligten sich die Abgeordnete hauptsächlich an der Debatte der Grundrechte.

Wichtig blieb weiterhin die enge Verbindung von parlamentarischer Arbeit mit der Volks-bewegung. Am 11. Juni fand wieder eine Volksversammlung , an der sich 10 000 Menschen beteiligten, in Neustadt mit Robert Blum und Pfälzer Abgeordneten statt. Es schloss sich eine Pfingstreise von 50 Parlamentariern der Linken durch die Pfalz an mit Volksversammlungen, z.B. in Edenkoben, Gleisweiler und zum Eschbacher Schloss.

Als erkennbar wurde, dass sich die Volksbewegung weiter radikalisierte, formierte sich die Reaktion und schlug zu. Auch hier bildet Frankreich wieder den Vorreiter. Im Juni erhoben sich in Paris die Arbeiter und andere Angehörige der Unterschichten gegen die Schließung der Nationalwerkstätten und die zunehmende Teuerung der Lebensmittel. Kriegsminister E. Cavaignac erhielt diktatorische Vollmachten zur blutigen Niederschlagung der ersten proletarischen Revolution und ließ 10 000 Menschen niederschießen.

Nun wurde deutlich, wie richtig die Forderung im März nach Bürgerwehren und Volksbewaffnung war., im Herbst schritt man zur Tat: Am 6. August erfolgt in Kirchheim die Fahnenweihe für die Bürgerwehr und am 3. September in Kusel im Beisein von über 10 000 Menschen. (DOKUMENT 10)

Als sich im Spätsommer abzeichnete, dass die Mehrheit der Paulskirchenversammlung eine Kompromisslösung mit den Fürsten suchte, riefen Republikaner und Demokraten, die dies unterbinden wollten, zu Aufständen auf: so im September in Frankfurt/M und in Lörrach, wo Gustav Struve eine deutsche Republik proklamierte; doch seine Freischärler wurden jedoch von den Regierungstruppen geschlagen.

Die vereinigte Linke sah in der Billigung des Waffenstillstands vom August 1848 zwischen Preußen und Dänemark durch das Parlament und den Septemberkämpfen in Frankfurt eine faktische Entmachtung der Nationalversammlung und fordert Neuwahlen (DOKUMENT 11) In Wien radikalisierte sich im Oktober die Lage, es kam zum dritten, einem Arbeiteraufstand. Als Robert Blum, der Paulskirchenabgeordnete der gemäßigten Linken, von der Nationalversammlung nach Wien gesandt wurde, um den Aufständischen die Solidarität zu versichern, sich aktiv in die Kämpfe einmischte, wurde er festgenommen und am 8.11.1848 standrechtlich erschossen. Aus Protest wurden zahlreiche Totenfeiern auch in der Pfalz abgehalten, z.B. am 19.11. in Neustadt, am 21.11. in Speyer oder am 25.11. in Kaiserslautern und Frankenthal.

Im Oktober brachen in Berlin erneut Unruhen aus, deshalb wurde die preußische Nationalversammlung von Berlin nach Brandenburg verlegt, um sie dort durch General Wrangel kurzerhand aufzulösen. Anstelle einer vom Souverän erarbeiteten Verfassung wurde in Preußen eine oktroyiert und das 3-Klassenwahlrecht eingeführt.

Als Reaktion erfolgte in Zweibrücken ein Aufruf zur Gründung von Märzvereinen, die die Anhänger der Volkssouveränität der Pfalz sammeln und den Widerstand gegen die Reaktion des Adels und der Geldaristokratie organisieren sollten. In Neustadt/H. wird ein pfälzischer Volksverein gegründet (DOKUMENT 12)..

Während all dieser Monate (von Oktober 1948 bis März 1849) beriet und debattierte die Nationalversammlung die Verfassung, wobei zunächst der Schwerpunkt auf der Erarbeitung der Grundrechte lag. Endlich am 27. Dezember verabschiedete sie diese und am 18. Januar 1849 erfolgte die Proklamation . Sogleich wurden die Grundrechte auch in der Pfalz öffentlich verkündet, insbesondere in den politisch bewegten Orten Speyer , Neustadt/W. und Kaiserslautern. (DOKUMENT 13)

Nach der Eröffnung des neugewählten bayerischen Landtages am 21.Januar 1849 weigerte sich das bayerische Ministerium Beisler im Februar die verabschiedeten Grundrechte der Nationalversammlung anzuerkennen. Der kommende Konflikt war vorprogrammiert. Zuerst agierten die Pfälzer wieder auf parlamentarisch - institutionellem Weg. Mitte Februar bildete sich der "Klubb der Linken" in der 2. bayerischen Kammer. Er und Mitglieder des linken Zentrums setzten sich für die Anerkennung der Grundrechte und die in Frankfurt noch erarbeitete Reichsverfassung ein., die Pfälzer Mitglieder waren Boyé (Bezirksrichter aus Frankenthal), Eckhard (Pfarrer in Gönnheim), Gelbert (Pfarrer in Landau), Hack (Gutsbesitzer in Kaiserslautern), Hanitz (Dr. der Medizin in Zweibrücken), Heintz (Anwalt in Frankenthal), Kohlhepp (Bahnhofsverwalter zu Hassloch), Kolb (Bürgermeister zu Speyer), Müller, Adam (Landwirt zu Gerhardsbrunn), Scharpff (Landeskommissariatsactuar in Kusel), Schüler (Privatmann aus Zweibrücken), Stockinger (Anwalt aus Frankenthal), Tafel (katholischer Pfarrer aus Zweibrücken), Willich (Anwalt aus Frankenthal). (DOKUMENT 14)

Noch bevor die Reichsverfassung offiziell proklamiert worden war, ließ am 23.3. 1849 das bayerische Ministerium erklären, dass es zu deren Anerkennung in Bayern der Zustimmung der Krone und beider Kammern bedürfe. Proteste in der Pfalz folgten auf dem Fuße.

Am 28. März wurde offiziell die Reichsverfassung für ganz Deutschland verkündet. Doch Friedrich Wilhelm IV lehnt die ihm angetragene Kaiserkrone ab. Ihm wie den anderen Reaktionären ging es jetzt um die vollständige Aushebelung der neuen Verfassung und die Zerschlagung der sie tragenden Volksbewegung. Nachdem schon am 5. April die österreichischen Abgeordneten aus der Paulskirche abberufen wurden und am 21. April Preußen und Bayern die Reichsverfassung verwarfen, war klar, dass der rein parlamentarische Weg zur Reformierung und Demokratisierung Deutschlands gescheitert war. Folglich drängten Ende April 1849 die pfälzischen Volksvereine entschieden zum Aufstand zur Durchsetzung der Reichsverfassung. Die Reichsverfassungskampagne entstand.(15)

Den Auftakt bildete am 27. April 1849 ein Aufruf des geschäftsführenden Ausschusses der Pfälzer Volksvereine in Frankenthal, unterzeichnet von Bauer, C. Behlen, Fr. Cörper, Fries, Hamm, Hertle, G. Hillgärtner, Resch, M. Riel und P. Zöllner, in dem die männliche Bevölkerung der Pfalz aufgerufen wird, " sich am Mittwoch, den 2. Mai 1949 mittags 1 Uhr, zu einer allgemeinen Volksversammlung in Kaiserslautern einzufinden", denn:"Wenn die Regierung zur Rebellin geworden, werden die freien Bürger der Pfalz zu Vollstreckern der Gesetze werden."(16)

Am folgenden Tag schon, den 28. April, trafen sich in Neustadt/H. 3 - 4 000 Männer zu einer Volksversammlung, die angeregt von den Kommunisten Heinrich Loose, Pfarrer, und Johann Valentin Weber , Uhrmacher, beschloss: "Es soll eine "allgemeine Volksversammlung" für Südwestdeutschland, insbesondere für die Pfalz zusammengerufen werden, wozu alle Pfälzer, alle waffentragenden Bürger eingeladen sind. Die Unterzeichneten wenden sich daher im Auftrag obengenannter Versammlung an Euch, Pfälzer, mit der Aufforderung, der auf Mittwoch, 2. Mai, mittags 12 Uhr, zusammengerufenen Volksversammlung, welche der weltgeschichtlichen Hambacher Versammlung vom Jahre 1832 nicht nachstehen soll und auf welcher das Wohl und Wehe des Vaterlandes, die von den Volksvereinen angeregte Lebensfrage der Pfalz und Deutschlands auf dem gesetzlich errungenen Boden der Reichsverfassung besprochen werden sollen, beizuwohnen und durch kräftige That unser heiligstes Recht zu wahren."(17) Außerdem verpflichtete man die Pfälzer Abgeordneten, darauf zu drängen die bayerische Kammer einzuberufen , um dem Ministerium das Misstrauen aus zu sprechen.

Ähnliche Versammlungen fanden in Offenbach bei Landau, am 29. April in Speyer,

Oggersheim, Eppstein und vielen anderen Orten statt.

Dabei forderte man unverhohlen sich notfalls von Bayern los zu sagen und sprach sich dafür aus, für die Durchsetzung der Rechte bewaffnet kämpfen zu wollen. Dementsprechend fasste der am 29. April in Kaiserslautern tagende Turnerkongress den Beschluss, einen permanenten Turnerausschuss mit Sitz in Frankenthal zu bilden, der "sofort die Organisation eines bewaffneten Korps waffenfähiger Mannschaft der Pfalz übernimmt". (18)

Die Volksversammlung fand dann tatsächlich am 2. Mai statt, jedoch nicht in Neustadt/H. sondern in Kaiserslautern. (DOKUMENT 15) An ihr nahmen 8 000 bis 10 000 Menschen teil. Einer Notablenversammlung bestehend aus Vertretern der politischen Vereine, des "Landrathes" und mehreren Abgeordneten der Pfalz für Bayern und das Reich wurde die weitere Beratung übertragen (DOKUMENT 16) und folgendes beschlossen:

"1. Erwählung eines permanenten Landes-Ausschusses zur Durchführung und Verteidigung der deutschen Reichsverfassung; 2) Steuerverweigerung (Staatssteuern); 3) Rückberufung der pfälzer Soldaten; 4) Organisation der Volksbewaffnung von 18 bis 50 Jahren, die von 30 bis 50 Jahren kommen unter die Landwehr; 5) Aufforderung an die Regierung und die Beamten zur Anerkennung der Reichsverfassung; 6) Aufforderung an die Gemeinden, um ihre Zustimmung zu erklären; 7) Beschlagnahme der pfälzischen Staatskassen; 8) Verbindung mit den angrenzenden deutschen Volksstämmen." (19)

In den Landesausschuss wurden gewählt :Culmann, August ; Reichard, Josef Martin, Speyer; Schmidt, Karl Wilhelm, Kirchheim; Schmitt, Nikolaus, Kaiserslautern; Greiner, Theodor Ludwig, Pirmasens; Fries, Peter, Frankenthal; Hanitz und Schüler aus Zweibrücken und Hepp, Philipp, Neustadt, Hanitz und Schüler lehnten jedoch die Wahl ab. Die Beschlüsse der Volksversammlung wurden durch Flugschriften, Bekanntmachungen und Zeitungen verbrei-tet, zugleich zur "Organisation der Volkswehr" aufgerufen (DOKUMENT 16) und die in einem Umlaufschreiben die Behörden aufgefordert, ihre Umsetzung einzuleiten. (DOKUMENT 17)

Am gleichen Tag erschien in der Speyerer Zeitung ein Aufruf der in Frankfurt versammelten bayerischen und pfälzer Abgeordneten zur Verteidigung der Reichsverfassung und zur Durchführung einer damit verbundenen Unterschriftensammlung.(DOKUMENT 18, )

Propagandistische Unterstützung erhielten die Pfälzer auch durch die äußerste Linke der Nationalversammlung, die unter Verweis auf die Pfalz ganz Deutschland zu den Waffen rief. (DOKUMENT 19, ) Während man in Frankfurt der Entwicklung hinterherhinkte, wurden vom Reichsverfassungsausschuss die bayerischen Soldaten zur Fraternisierung mit der Volkserhebung aufgeordert .(DOKUMENT 21)

Tatsächlich fiel in kurzer Zeit das ganze Land - ausgenommen der Festungen Germersheim und Landau - der Revolution zu. Auch das Militär zeigte sich geneigt, sich der Bewegung anzuschließen und ging bald zu großen Teilen zu ihr über.

Nachdem in den blau-weißen Bastionen Landau und Germersheim bekannt wurde, dass am 11. Mai in Rastatt die badischen Truppen rebellierten, kam es besonders in Landau zu "wahren Massendesertionen. Außerdem waren Disziplinlosigkeit, Widerstand gegen Vorgesetzte an der Tagesordnung. Anfang Mai 1849 belief sich die Stärke der Garnison Landau auf 4 357 Mann, Offiziere eingeschlossen. Am 20. Mai, als der Freischaren-"Oberst" Blenker seinen Angriff auf die Festung unternahm, der jedoch leicht abgewehrt werden konnte, hatten sich aus der Festung 2 005 Soldaten abgesetzt, so dass bei Berücksichtigung des Krankenstandes - 4 Offiziere und 282 Mannschaften - noch 2 393 Mann zur Verteidigung zur Verfügung standen.“(20) Einer dieser, der am 18. Mai aus "Gewissensgründen" die Festung verließ, war Theodor Graf Fugger - Glött (1823 - 1850).Er schloss sich dem Blenkerschen Freikorps an, kommandierte eine Einheit von hundert Leuten, die Mehrzahl davon desertierte Soldaten, beteiligte sich am Angriff der Landauer Festung, wirkte im Badischen als Ordonanzoffizier bei den Freischärlern, wo er am 25/26. Juni in der Nähe von Impflingen festgenommen und am 11. März 1850 wegen Desertion und Staatsverrat zum Tode verurteilt und erschossen wurde.

Wenn auch nicht besonders erfolgreich, so bemühte sich der Landesverteidigungsausschuss schon früh und gewiss redlich den abzusehenden Angriff der Preußen abzuwehren. Er rief die Pfälzer auf sich zu bewaffnen (DOKUMENT 22), versuchte Waffen zu beschaffen, Geld einzutreiben, Offiziere und Soldaten aus anderen Regionen zu werben -tatsächlich standen viele Polen, Elsässer, Rheinhessen und Männer aus dem Bergischen in den pfälzischen militärischen Verbänden - und diplomatische Verbindungen zu knüpfen. (DOKUMENT 23)

Zwischenzeitlich versuchte die machtlose Zentralgewalt unter dem Reichsverweser Erzherzog Johann von Österreich die revolutionären Kräfte einzudämmen und zu kontrollieren. Er und sein Innenminister von Gagern ernannten den Chemnitzer Abgeordneten und zweiten Vizepräsidenten der Nationalversammlung Bernhard Eisenstuck, einen Linken, denn ein Anderer wäre in der Pfalz einfach verlacht worden, am 5.5. 1849 zum Reichskommissar für die bayerische Pfalz. Er wurde ermächtigt, "im Auftrag der Reichsgewalt alle zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Herrschaft der Gesetze in jenem Lande erforderlichen Maßregeln zu ergreifen, sich deshalb sowohl mit den Zivil- als Militärbehörden in das Einvernehmen zu setzen, insbesondere Fürsorge zu treffen, dass der von gedachtem Landesverteidigungs-Ausschusse am 3. Mai zu Kaiserslautern gefasste Beschluß wieder aufgehoben werde, oder denselben erforderlichen Falles von Reichswegen selbst aufzuheben, überhaupt aber alles dasjenige vorzukehren, was die öffentliche Ordnung der gedachten Provinz und die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt von Deutschland erfordert. Sämmtliche Zivil- und Militärbehörden der bayerischen Rheinpfalz werden hiermit angewiesen, zu dem gedachten Zwecke zu erlassenden Verfügungen des Reichskommissars Folge zu leisten, und denselben in Durchführung aller von ihm zu treffenden Maßregeln kräftig zu unterstützen." (21)

Entgegen dem Auftrag legitimierte Eisenstuck jedoch den Landesverteidigungsausschuss am 7. Mai 1849, indem er ihn "als ein Landesausschuß für Verteidigung und Durchführung der deutschen Reichsverfassung hiermit bestätigt" und ihm weitgehende Befugnisse zugestand. (DOKUMENT 24) Zudem wandte er sich an die Frankfurter Reichsregierung und verlangte Bataillonen aus Frankfurt sowie Truppen aus Württemberg und Hessen nach Neustadt/H., Kaiserslautern und Zweibrücken zu verlegen. Auch wohnte er in Neustadt/H. am 7. Mai einer am Bahnhof stattfindenden Versammlung von 5 000 Bürgern bei und begab sich danach zum Kommandanten der Landauer Festung, um ihn erfolgreich zu überreden, die Anforderung von preußischen Truppen, die dieser zur Verstärkung seiner Besatzung verlangte und die das Ministerium von Gagern billigte, zurückzunehmen. Schon am 9. Mai, wahrscheinlich als v. Gagern die Nachricht vom Ersuchen um militärische Truppen zur Unterstützung der Pfalz erhielt, wurde Eisenstuck als Reichskommissar abgesetzt. (DOKUMENT 25) Er selbst erhielt die Nachricht einige Tage später in der Nacht vom 11 auf den 12. Mai.(22).

Tatsächlich war am 8. Mai das 1. Bataillon des 28. preußischen Infanterieregiments ( etwa 7 - 800 Mann) an der Rheinschanze Ludwigshafen eingetroffen, konnte mit der Bahn jedoch nur bis Haßloch vorrücken, weil Freischärler zwischenzeitlich die Schienen abgebaut und nach Neustadt/H. verbracht hatten. So biwakten die Preußen zwischen Schifferstadt und Speyer, um am 9. Mai unverrichteter Dinge wieder über den Rhein abzuziehen. Gleichwohl war Friedrich Wilhelm IV schon im April 1849 entschlossen, wie er seiner Schwester brieflich am 11. April mitteilte, einen "Vernichtungsschlag im Bunde mit Österreich" gegen die Frankfurter Nationalversammlung zu führen.(23)

Unabhängig davon, dass der Reichsverweser nun völlig ins reaktionäre Lager umschwang, das Ministerium Gagern entließ , um das reaktionäre Ministerium Grävell aus Vertretern der äußersten Rechten zu installieren, ordnete Wilhelm IV den Abzug aller preußischen Abgeordneten aus Frankfurt an. Damit musste den letzten Liberalen und Demokraten klar sein, dass der parlamentarische Weg zur Durchsetzung der Reichsverfassung und der nationalen Einheit gescheitert war. Das erkannte man auch in Baden, wo nach der Erhebung des Militärs bei Rastatt Lorenz Peter Brentano und Amand Goegg am 13. Mai die bürgerliche Demokratie Baden ausriefen. Auch in der Pfalz ging man den gleichen Weg. Der Landesverteidigungsausschuss stellte den Antrag: "Die pfälzische Volksvertretung wolle eine provisorische Regierung für die Pfalz beschließen", rief die Versammlung auf den 17. Mai nach Kaiserslautern ein und ließ noch am gleichen Tage die provisorische Regierung wählen . Diese bestand Reichard aus Speyer, Cullmann und Schüler aus Zweibrücken, Dr. Hepp aus Neustadt, Kolb aus Speyer sowie den Ersatzmännern Greiner (Pirmasens), Fries (Frankenthal), Nik. Schmitt (Kaiserslautern).(DOKUMENT 26) Damit sagte man sich auch in Kaiserslautern von Bayern los. Als einer der Schreiber diente der provisorischen Regierung Carl Schurz, später in die USA emigriert und dort 1877 bis 1881 Innenminister. Sogleich verkündigte die provisorische Regierung die Aushebung eines Volksheeres und verabschiedete ein Organisationsstatut. (DOKUMENT 27)

Jetzt war das militärische Kräftemessen angesagt und das fiel nicht zugunsten der Pfälzer und Badenser aus, standen doch ihren etwa schlecht bewaffneten 33 000 Mann 64 000 gut ausgebildete Soldaten, dazu ein Vielfaches an Gewehren, Geschützen und Munition gegenüber (DOKUMENT 28)

In der Pfalz hatte der Wormser Blenker, der zuvor in griechischen Diensten stand und später im nordamerikanischen Bürgerkrieg in der Schlacht von Bull-Run Berühmtheit erlangte, schon vor der Installierung der provisorischen Regierung begonnen die Volkwehr zu organisieren. Er rückte mit ihr auf die Rheinschanze ,wo bayerisches Militär stationiert war, vor und besetzte den Brückenkopf. Seine Macht wuchs durch die sich ihm anschließenden bayerischen Soldaten. (DOKUMENT 29)

Doch zum Oberbefehlshaber aller Wehrmänner der Pfalz wurde am 8. Mai der ehemalige

Kommandant der Nationalgarde in Wien während der Oktoberrevolution 1848 Fenner von Fenneberg ernannt (DOKUMENT 30) , der alsbald die geringen finanziellen Mittel, die schlechte Ausbildung und Ausrüstung, den Mangel an Disziplin und die Konkurrenz unter den Befehlshabern beklagte. Auch konnte das Pfälzer Volksheer seiner Vorstellung von einer schlagkräftigen Armee nicht entsprechen, da den Soldaten doch weitgehende Selbst- und Mitbestimmungsrechte eingeräumt wurden. Aus diesem Grunde beantragte v. Fenneberg in der Nacht vom 19. auf den 20. Mai seine Enthebung als Oberkommandanten , dem die pfälzische Regierung sogleich entsprach. (24)

Anlass des Rücktritts war jedoch die Rivalität Fenneberg - Blenker. Letzterer wollte nämlich die Festung Landau einnehmen, um an das nötige Kriegsmaterial und vor allem an die schweren Geschütze zu kommen. Über die Vorgänge gibt es unterschiedliche Darstellungen: Während General Sigel beschreibt, dass am 20. Mai Blenker mit 1 200 Mann, darunter 250 Mann mit Haubitzen gegen die Festung zog (25), heißt es im Flugblatt des Hauptquartiers Neustadt vom 20. Mai 1849, dass "General Blenker an der Spitze einiger Züge regulären Militärs in das äußere Pallisadenthor der Festung" eintrat, um "mit unseren Brüdern aus der Festung zu fraternisieren. Einen Eroberungsplan wird man von einer Masse von kaum 40 Mann um so weniger unterstellen, als die Festung weder armiert, noch von einer anderen Seite angegriffen war ..." (DOKUMENT 31)

Tatsache ist jedoch, dass die Festung nicht eingenommen werden konnte, sondern von Truppen unter Willich, Dreher und Oswald belagert und damit die Besatzung bis zum Eintreffen des preußischen Korps Hirschfeld am 17. Juni neutralisiert wurde.

Nach Fennebergs Rücktritt wurde die Organisation und Leitung der pfälzischen Streitkräfte am 20. Mai einer Militärkommission übertragen, der u.a. Gustav Techow, bekannt vom Berliner Zeughaussturm, Friedrich Anneke, Friedrich Beust und als außerordentliche Mitglieder Blenker und Fugger angehörten. (DOKUMENT 32) Diese Kommission bildete jedoch nur für eine kurze Übergangszeit die militärische Führung, nämlich bis der neue Oberbefehlshaber der pfälzischen Streitkräfte, ein Pole namens Sznayda eintraf. "Er hatte sich im polnischen Revolutionskrieg von 1831 als Kavallerieoffizier ausgezeichnet. Er wollte drei befestigte Lager bilden und darin die Pfalz verteidigen. Einem Polen Namens Ruppert oder Rauppert (...) gab Snayda den Befehl über das rheinhessische Freikorps."(26)

Angesichts der sich sammelnden und von Westen, Norden und Südosten vorrückenden feindlichen Truppen kamen die badische und die pfälzische Regierung am 18. Mai überein militärisch enger zusammen zu arbeiten und sich in militärischer Hinsicht als einen Staat zu betrachten: "Es wird folgender Vertrag geschlossen: 1) In militärischer Hinsicht bilden Baden und die Rheinpfalz ein Land. 2) Das badische Kriegsministerium wird fürs erste als das gemeinschaftliche beider Länder betrachtet. 3) Alles Brückengeld auf Brücken, welche Baden und die Rheinpfalz verbinden, wird sogleich abgeschafft, die Entscheidung von privaten Ansprüchen bleibt vorbehalten, und die Kosten der Unterhaltung und Wiederherstellung der Brücken werden für die Zukunft von beiden Ländern gemeinschaftlich und gleichheitlich getragen. 4) Die Einwohner beider Länder werden in allen Beziehungen so angesehen, als gehörten sie einem und demselben Staate an. Karlsruhe, 16. Mai 1849. Der Landesausschuß Junghans, Struve, Damm, Starck, Steinmetz, Cordel, Degen - Kaiserslautern, 18. Mai 1849. Die provisorische Regierung der Pfalz." (27) Als provisorischer Sitz der Regierung war Speyer vorgesehen. Oberbefehlshaber der badisch-bayerischen Truppen wurde Mieroslowsi.

In München reagierte die Regierung auf diesen Akt mit einer papierneren Proklamation und dem Ausschluss der pfälzer Abgeordneten aus der bayerischen Kammer. "Am 21. Mai erfolgte nach fünfstündiger Sitzung in der bayerischen Kammer die Abstimmung über die Adresse an den König, worin mit 72 gegen 62 Stimmen die unbedingte Anerkennung der deutschen Reichsverfassung und ein Misstrauensvotum gegen das Ministerium Pfordter ausgesprochen war. Da die 15 pfälzischen Stimmen den Ausschlag gegeben hatten, wurden dieselben als Vertreter einer aufrührerischen Provinz als unberechtigt in der Kammer betrachtet und bei einer namentlichen Abstimmung am 24. Mai vom Präsidenten geradezu übergangen." (28)

Diplomatische und militärische Unterstützung suchend wandte sich die badische und die pfälzische Regierung u.a. auch an die französische Regierung. Sie sandten am 26. Mai den Mainzer Schütz, Mitglied des Frankfurter Parlaments, und den Pfälzer Culmann nach Paris mit der Bitte, "dass die französische Regierung das Volk der Pfalz in seinen Schutz nehme, dass sie ihm Hilfe gewähre, entweder durch Zusendung von Munition und Generalen, oder auch dadurch, dass sie ihre Truppen gegen die Preussen marschieren lasse, welche auf dem Punkte stehen, in unser Land einzubrechen." (29) Die Mission hatte jedoch keinen Erfolg. (DOKUMENT 33) "Die Abordnung wurde von der französischen Regierung nicht nur nicht empfangen, sondern sogar verhaftet und eine Zeit in Haft gelassen." (30)

Angesichts der vorrückenden Preußen äußerten sich nun auch innerhalb der Pfalz kritische Stimmen gegen die provisorische Regierung. Sie richteten sich besonders gegen die Mai-Dekrete, die bestimmten, Pferde zur Bespannung der Artillerie gegen Entschädigung bereitzustellen, dass Schmiede Sensen zur Bewaffnung der Freischärler anzufertigen hätten, dass der Holzpreis auf den Arealhöfen um 20 % herabgesetzt werde, um durch vermehrten Verkauf dieses Holzes Geld für die Verteidigung zu erhalten, vor allem aber gegen die Zwangsanleihe gegenüber vermögenden Bürgern.

Auf einer am 1. Juni in Neustadt von Bürgermeister Kölsch abgehaltenen Versammlung, an der sich auch Stadträte aus Speyer beteiligten, wurde deshalb beschlossen, auf die Einberufung einer pfälzischen Volksversammlung zu drängen, ohne deren Zustimmung keine bestehenden Gesetze aufgehoben und keine neuen erlassen werden dürften. Auch sollten die 3 Ersatzmänner der provisorischen Regierung neu gewählt oder in der Wahl bestätigt werden.

Die provisorische Regierung versprach in ihrem Aufruf vom 8. Juni diesem Ansinnen nachkommen zu wollen, nachdem die kriegerische Gefahr abgewendet worden sei. (31)

Um dem Angriff der feindlichen Truppen zuvorzukommen entwickelte Franz Sigel, der Oberbefehlshaber der badischen Armee, in Verabredung mit Sznayda, Techow und Blenker den Plan, den Aufstand nach Hessen-Nassau, Württemberg und Hessen-Darmstadt weiter zu tragen, und Frankfurt einzunehmen, eine Strategie, in der auch Friedrich Engels die einzige Möglichkeit sah, den rein lokalen Charakter des badisch-pfälzischen Aufstandes zu überwinden (32) Am 30. Mai überschritt Sigel die hessische Grenze. Ruppert, der das Gros befehligte und später zu den Preußen überging, sowie Eichfeld folgten jedoch nicht den Befehlen ; Blenker, der nach Worms zog, und Zitz, der auf Oppenheim vorstoßen sollte, wurden von der pfälzer Regierung zurück beordert.(33)

Am 10. Juni 1849 begann der Vormarsch der preußischen Truppen. In Erinnerung an die Große Französische Revolution gab die provisorische Regierung die Losung "Das Vaterland ist in Gefahr" aus und versuchte den Landsturm zu aktivieren. (DOKUMENT 34) sowie Hilfe und Unterstützung von Elsaß und Lothringen zu erlangen . (DOKUMENT 35)

Doch diese Hilfe blieb aus. Schon am 12./13. Juni rückten 20 000 Mann unter General Hirschfeld von 4 verschiedenen Seiten - über Homburg, Landau, Kirchheimbolanden und Frankenthal - in die Pfalz ein mit dem Ziel Kaiserslautern ein- und die provisorische Regierung festzunehmen.

Ohne eigentlich dazu befugt zu sein, erklärte Prinz Wilhelm von Preußen, der spätere Wilhelm I , am 14. Juni offiziell den Kriegszustand (DOKUMENT 36) und gleichen Tags zogen 8 000 preußische Soldaten von Bad Kreuznach über Alzey nach Kirchheim, um auf Kirchheimbolanden vorzurücken (DOKUMENT 37), wo das etwa 1 000 Mann zählende Rheinhessische Armeekorps sich befand. (DOKUMENT 38) Es kam zur ersten bedeutenderen Schlacht. "Als sich mehr als 4 000 Preußen näherten, warfen die Freischärler am Eingang zum Schlossgarten eine Barrikade auf. Am Ende der heutigen Alleestraße, damals Kaiserstraße genannt (...) wurden vor den beiden letzten Häusern Barrikaden gebaut() Hierzu beteiligte sich die radikale Demokratin Mathilde Hitzfeld (DOKUMENTE 39, 40, 41) aus Kirchheimbolanden. Die Bürgerschaft dagegen suchte schon weiße Tücher für die Kapitulation.

Das Rheinhessische Armeekorps gab kampflos die Stadt preis. Die Kommandanten Zitz und Bamberger ließen ihre Truppen im Stich und flohen in einer Kutsche auf einer anderen Route. Nur 40 rheinhessische Schützen blieben im Schlossgarten, da sie vom Rückzug offenbar nicht unterrichtet worden waren." (34) (DOKUMENT 42) Ein Widerstand war vergeblich. In Kirchheimbolanden fielen 17 Freischärler.

Ein anderer Trupp Preußen marschierte am 15. Juni in Frankenthal ein und nahm in einem Bombardement am 15., 16. und 17. 6. die Rheinschanze bei Ludwigshafen ein.

Nachdem auch das Gefecht am Rinnthal bei Annweiler am 17. Juni, wo das Corps Willich unter Beteiligung von Friedrich Engels gegen die Preußen kämpfte, keine Wendung brachte,(35) die Preußen Kaiserslautern einnahmen, aus dem die pfälzische provisorische Regierung schon am 15. Juni geflohen war, musste am 18. Juni der Zusammenbruch der Pfälzer Revolution konstatiert werden.

Die Preußen besetzten am 20.6.die Pfalz und überschritten den Rhein nach Baden. Gegen die Übermacht der Preußen konnten die revolutionären badisch-pfälzischen Truppen nicht viel ausrichten : Die Schlacht bei Waghäusel am 21. Juni, die bei Durlach am 25. Juni, die dreitägige Schlacht bei Rastatt am 28. -30. Juni gingen verloren und die Freischärler zogen sich - wenn auch nicht kampflos - in die Schweiz zurück. Nach der Kapitulation der Festung Rastatt am 23. Juli hatten die Preußen mit ihrem 80 000 Mann starken Heer die demokratische Revolution erstickt. Am 18. August zog der Großherzog von Baden wieder in Karlsruhe ein, versicherte sich aber bis 1851 des Schutzes der Preußen.

Während die Pfälzer Revolutionäre noch in Baden kämpften, erklärte am 22. Juni der Fürst Taxis im Namen der königlich-bayerischen Regierung die provisorische Regierung der Pfalz für abgesetzt und ihre Akte für nichtig. Alle Obrigkeiten wurden wieder eingesetzt, die Eidesleistungen auf die Reichsverfassung für ungültig erklärt und Gerichte aufgefordert gegen Demokraten vorzugehen. Es erfolgte die Verhängung des Kriegszustandes, der bis zum 19. Juni 1850 andauerte, ausgenommen von der Aufhebung des Kriegszustandes waren aber weiterhin die Städte Zweibrücken, Pirmasens, Kaiserslautern, Kirchheimbolanden mit Obermoschel, Neustadt/W., Speyer und Ludwigshafen, also wichtige demokratischen Zentren, denen man auch weiterhin nur mit Gewalt beikommen konnte.

Trotz jahrzehntelanger Geringschätzung wurde die Erinnerung immer wieder wachgehalten, zuletzt im Jahre 1979 (DOKUMENT 39, 40, 41).

ANMERKUNGEN

1) Kosseleck, Reinhart : Die Julirevolution und ihre Folgen bis 1848. In: Fischers Weltgeschichte: Das Zeitalter der Revolutionen 1780-1848. Frankfurt/M (Fischer-Verlag) 1969, S. 263
2) Kern, Bernd-Rüdiger : Die Heidelberger Burschenschaft und das Hambacher Fest. In: Heidelberger Jahrbücher, 27 (1983), S. 19 - 38, zit. S. 34
3) Dietz, Eduard : Das Frankfurter Attentat am 3. April 1833 und die Heidelberger Studentenschaft. Heidelberg (Otto Peters) 1906
4) Walz, Michael : Es müsse gestürmt werden. Frankfurt/ M ( az - Verlag) 1983
5) Dietz, Eduard: Das Frankfurter Attentat ..., aaO
6) Krebs, Friedrich: Die Verfolgung von Karl Marx in der Pfalz. In: Pfälzer Heimat. 23. Jg., 1972, S. 129f
7) Wollstein, Günter : Revolution von 1848. In: Informationen zur politischen Bildung. Nr. 265, Bonn 1999, S. 8
8) Wollstein, Günter : Revolution..., aaO, S. 9
9) Nachfolgende Darstellung historischer Ereignisse orientiert sich an: Fleischmann, Otto: Geschichte des Pfälzer Aufstandes im Jahre 1849. Nach den zugänglichen Quellen geschildert. Kaiserslautern (E.Thieme) 1899, Blos, Wilhelm: Die deutsche Revolution. Stuttgart / Berlin (Dietz) 1922, Obermann, Karl: Flugblätter der Revolution. Eine Flugblattsammlung zur Geschichte der Revolution von 1848/9 in Deutschland. Berlin ( Deutscher Verlag der Wissenschaften) 1970, Mommsen, Wolfgang J. : 1848. Die ungewollte Revolution. Frankfurt/M (S. Fischer) 1998
10) Ziegler, Hans: Landau im April 1848. In: Pfälzer Heimat. 22.Jg., Heft 1, März 1971, S. 20; Mommsen, Wolfgang J. : 1848. Die ungewollte Revolution. Frankfurt/M (S. Fischer) 1998
11) Rütten, Theo: Friedrich Hecker: Volksheld und Revolutionär. In: liberal 2/1998,S. 56-62
12) Marx, Karl/ Engels , Friedrich: Werke Bd.5, Berlin (Dietz) 1969, S.3-5 und Anm.:1, S. 505
13) Maus, Anna: Frankenthal in der nationalen Bewegung des 19. Jahrhunderts. In: Frankenthal einst und jetzt. 1960, H. 2, S. 4-7. Gründungsmitglieder waren u.a. Dr. Julius Bettinger, Boye, Braun, M. Riehl, Heintz, Fränkel und Fries.
14) Ziegler, Hans: Landau ..., aaO, S.21
15) Sehr anregend und verdienstvoll herausgegeben von Hellmut G. Haasis: Karcher, Friedrich A.: Die Freischärlerin. Eine Novelle aus der Pfälzer Revolution 1849 (1850). Frankfurt/M ( Verlag Roter Stern ) 1977, sowie die entsprechenden Erklärungen und Beiträge im Anhang.
16) Fleischmann, Otto: Geschichte ..., aaO, S. 115
17) Fleischmann, Otto: Geschichte..., aaO, S. 115f
18) Fleischmann, Otto : Geschichte..., aaO, S117
19) Fenneberg, Fenner von: Zur Geschichte der rheinpfälzischen Revolution und des bewaffneten Aufstandes. Zürich (Kiesling) 1849, S. 29
20) Ziegler, Hans: Theodor Graf Fugger -Glött (1823 - 1850). Ein Leben für die Einheit des Vaterlandes. In : Pfälzer Heimat. 25. Jg., 1974, S. 50 - 55, zit. S. 53
21) Fenneberg, Fenner von: Zur Geschichte..., aaO, S.37 f.
22) Fenneberg, Fenner von : Zur Geschichte..., aaO, S. 40ff
23) Mommsen, Wolfgang J. : aaO, S. 282
24) Fenneberg, Fenner von : Zur Geschichte..., aaO, S. 102
25) Blos, Wilhelm (Hrsg): General Franz Sigel´s Denkwürdigkeiten aus dem Jahre 1848/49. Mannheim (Bensheimer) 1902, S. 98
26) Blos, Wilhelm: Die deutsche Revolution, aaO,S. 568
27) Fleischmann, Otto: aaO, S. 186
28) Blos, Wilhelm:, aaO, S. 199
29) Blos, Wilhelm: aaO, S. 175
30) Blos, Wilhelm: aaO, S.175
31) Fleischmann, Otto: aaO, S. 211 f.
32) Engels, Friedrich: Die deutsche..., aaO, S. 134f
33) Blos, Wilhelm: aaO, S. 547; Blos, Wilhelm(Hrsg) : General..., aaO., S. 97f; Engels, Friedrich: aaO, S.158
34) Haasis, Hellmut G.: Die Freischärlerin, aaO., S.211 f.; Lucae, Konrad: Kirchheimbolanden und der pfälzisch-badische Aufstand. Kirchheimbolanden (Mielke- Druckerei) 1979
35) Engels, Friedrich, aaO, S. 168-170

DOKUMENTE UND MATERIALIEN

1. Das Lied der Deutschen von Hoffmann von Fallersleben (1841)

2. Flugblatt: Deutsche Männer !

Obermann, Karl(Hrsg): Flugblätter der Revolution. Berlin 1970,S. 128-129 folgend Obermann 1]. Als Faksimile in: Blum, Hans: Die deutsche Revolution 1848 - 49. Florenz/Leipzig 1897, S. 80-81

3. Aufruf und Petition Mannheimer Bürger vom 27. Februar 1848

Obermann, Karl (Hrsg): Flugblätter der Revolution. München (dtv) 1972, S.42-43 [folgend Obermann 2]

4. Forderungen der Wormser Bürger an ihren Abgeordneten Lehne vom 1. März 1848

In: Obermann 1, S. 58 - 60)

5. Königliche Proklamation Ludwig I von Bayern vom 6. März 1848

In: Obermann 2, S. 53 -54

6. Bekanntmachung des Präsidiums der Königlichen Regierung der Pfalz vom 10.März 1848

7. Märzforderungen der Kirchheimer vom 14. März 1848 (Auszug)

Heimatmuseum Kirchheimbolanden, Vitrine 67

8. Forderungen der Kommunistischen Partei Deutschlands (März 1848)

Obermann 1, S. 128 -129, auch Marx, K./Engels, F.: Werke, Bd. 5,Berlin 1969, S. 3-5

9. Die Bewohner der Stadt Kirchheimbolanden an den Fünfziger - Ausschuß des Deutschen Vorparlaments in Frankfurt vom 16. April 1848;

In: Obermann 1, S. 315 - 318

10. Die Fahnenweihe der Bürgerwehr zu Cusel. Gehalten am 3. September 1848

11. Ansprache der in den Klubs des deutschen und holländischen Hofes (Donnersberg) Vereinigten Linken an das deutsche Volk vom 22. September 1848

In: Obermann 1, S. 315 - 318

12. Deckblatt der Broschüre Satzungen für den pfälzischen Volksverein vom 8. Oktober 1848

13. Der Bote für Stadt und Land. Pfälzer Volksblatt vom 1. Januar 1849

14. Berichte des Klubbs der Linken in der Bayerischen Volkskammer an die Wähler. München 1849

15. Flugblatt: Aussprache des Pfälzischen Volkes ... vom 2. Mai 1849

16. Mitbürger! Brüder! Flugblatt des Landesverteidigungsausschusses vom 3. Mai 1849

17. Beschluss des Landesverteidigungsausschusses an die Behörden vom 3. Mai 1849

18. Aufruf der Pfälzer Abgeordneten zur Nationalversammlung vom 2. Mai 1849

19. Aufruf An das deutsche Volk!! (Von der äußersten Linken). Plauderstübchen. Beiblatt zum Boten für Stadt und Land . Kaiserslautern vom 5. Mai 1849

.

20. Flugblatt : Deutsche Männer! Frankfurt , 5. Mai 1849 ,der äußersten Linken

21. Aufruf des Landesverteidigungsausschusses an die bayerischen Krieger vom 4. Mai 1849

22. Der Landesverteidigungsausschuss für die Pfalz an seine Mitbürger vom 5. Mai 1849

23. Der Landesverteidigungsausschuss an seine Mitbürger vom 5. Mai 1849

24. Bekanntmachung Eistenstucks vom 7. Mai 1849

25. Erklärung Eisenstucks vom 11. Mai 1849 über seine Abberufung Plauderstübchen. Beiblatt zum Boten für Stadt und Land ,12. Mai 1849

26. Auszug aus dem Protokoll über die Verhandlungen der Volksversammlung vom 17. Mai 1849

27 Bekanntmachung Organisationsdecret für die Pfälzer Volkswehr vom 19. Mai 1849

28 Stärke der Pfälzer Revolutionsarmee nach Franz Sigels Aufzeichnungen

29 Aufruf des Landesverteidigungsausschusses an die Soldaten des bayerischen Heeres vom 16.Mai 1849

30 Bekanntmachung des Landesausschusses über die Ernennung Fennebergs zum Oberbefehlshaber und Generalstabschef vom 9. Mai 1849. Plauderstübchen. Beiblatt zum Boten für Stadt und Land vom 10. Mai 1849

31 Bekanntmachung: An unsere Mitbürger! Das Oberkommando der rheinpfälzischen Volkswehr am 20. Mai über die Ereignisse vor Landau

32 Bekanntmachung über die Einsetzung einer Militärkommission vom 20. Mai 1849

33 F. Engels Artikel „Deutschland“ in: Der Bote für Stadt und Land. Pfälzer Volksblatt vom 3. Juni 1849

34 Bekanntmachung: Aufgebot zum Volkssturm vom 10. Juni 1849

35 Bekanntmachung: Aufruf an die Franzosen vom 10. Juni 1849

36 Proklamation des Prinzen von Preußen: Erklärung der Rheinpfalz in den Kriegszustand vom 14.Juni 1849

37 Karten über die Kämpfe in der Pfalz und Baden im Juni und Juli 1849

38 Präsenz-Liste der Mannschaft des Rheinhessischen Freischärler- Bataillons vom 14. Juni 1849

39 Abbildung Mathilde Hitzfeld um 1849

Blos, W., S. 37

40 Rückzugsgefecht bei Kirchheimbolanden

Blos, W., S. 37

41 Abbildung Pfälzer Freischärler

Fleischmann, O., S. 140 und 141

42 Martin Fuchs über das Gefecht am 14. Juni 1849

Heimatmuseum Kirchheimbolanden

43...Materialien zur 130 jährigen Wiederkehr der Pfälzer Revolution von 1849 engagierter Bürger aus dem Jahre 1979

4. Ausblick

Am Beispiel der Pfalz wurde gezeigt, dass sich in dieser süddeutschen Region über Jahrhunderte sozial und politisch fortschrittliche Aktionen und Traditionen nachweisen lassen. Damit stellt sich die Frage: Welches sind die Gründe dafür, dass in bestimmten Regionen ökonomische, soziale und politische Emanzipationsbewegungen befördert werden, während in anderen die retardierenden Elemente bestärkt werden ?

Vielleicht hilft ein Blick auf eine der Pfalz vergleichbare aber kontrastierende Mittelgebirgsregion, die Eifel nämlich, in der sich diese retardierenden Elemente durchsetzten. Wenngleich die Pfalz gegenüber der Eifel naturräumlich (Klima und Bodenqualität) begünstigt ist, so zeigen sich dennoch Parallelen in geopolitischen Lage und der Geschichte. Die Eifel wie die Pfalz sind Grenzgebiete und waren von der Expansionspolitik der Franzosen verschiedentlich seit dem 17. Jahrhundert betroffen: so von Ludwig XIV. Eroberungsbestrebungen, den Revolutionskriegen und dem Durchmarsch napoleonischer Truppen. Auch die Eifel wurde 1794 französisch besetzt und stand 1803-1815 unter französischer Herrschaft. Wie die Pfalz war die Eifel herrschaftlich zersplittert und musste im 19. Jahrhundert Bevölkerung durch Abwanderung abgeben.

Ein bedeutender Unterschied gegenüber der Pfalz bestand jedoch darin, dass das reformatorische Gedankengut kaum in die Eifel eindrang, dass das Gebiet auch kaum protestantische Exilanten aufnahm und verkehrsmäßig schlecht erschlossen war. Stattdessen nahm die katholische Landgeistlichkeit eine exponierte Stellung ein und beeinflusste Denken und Mentalität der Bevölkerung. Hierin sieht Sabine Doering-Manteuffel sich auf Smuel Noah Eisenstadt stützend auch die bestimmende Ursache für die Rückständigkeit der Eifelregion.

„In politisch ungünstigeren Zeiten und in Situationen des Niedergangs förderten ...auch die Kirchen...eine deutlich apolitische Haltung, die die Beziehung zwischen dem religiösen und dem weltlich-politischen Bild der Menschen verneinte und die immanente Bösartigkeit der politischen Ordnung betonte. Auf diese Art leitete die religiöse Elite die soziale Energie von der aktiven Teilnahme am politischen Prozeß ab. Diese Haltung führte dazu, dass religiöse Gruppen kaum an offenen Rebellionen teilnahmen, sie nahmen aber auch den Herrschenden die aktive Unterstützung. „ (1)

Die Pfalz dagegen wurde im 16. Jahrhundert protestantisch, später unioniert und konfessionell gemischt, und bot den wegen ihrer Religion vertriebenen Wallonen und Hugenotten Asyl, ließ sie ihre eigenen Siedlungen (Kolonien genannt) errichten und Gewerbe ausüben, wodurch späterer Wohlstand, z.B. in Frankenthal, entstand. Auch wurde sie in den einzelnen Grafschaften vom Absolutismus erfasst, der nicht nur eine politische Beamtenschaft einführte, sondern auch – wenn auch auf Kosten der Ausbeutung des Volkes- in den kleinen Residenzstädtchen Gewerbe förderte und das kulturelle Niveau hob, z.B. in Pirmasens oder Kirchheimbolanden. (2)

Insofern ist die Überwindung einer dogmatischen Religion mit dem Allmachtsanspruch einer Theologie als göttliche Wissenschaft eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass gesellschaftlicher Fortschritt, (3) der auf menschlichem Handeln beruht , allgemein und in einer Region sich einstellen kann. Im Umkehrschluss lässt sich sagen, dass die Einführung oder Stärkung einer dogmatischen Religion gesellschaftliche, räumliche Stagnation befördert.

Anmerkungen:

1) Eisenstadt, Smuel Noah : Tradition, Wandel und Modernität. Frankfurt/M 1979, S. 216

Doering–Manteuffel, Sabine: Die Eifel. Geschichte einer Landschaft. Frankfurt/M –New

York, 1995, S. 241

2) Becker, August: Die Pfalz und die Pfälzer (1857), Nachdruck Neustadt/W. 1967

3) Groot, H. : Zeit und Raum. Frankfurt/M. o.J.

nzg ~ 90.000

Ende der Leseprobe aus 38 Seiten

Details

Titel
"Fordern wir, was des Volkes Recht ist" - Prolegomena zu einer Dokumentenedition
Autor
Jahr
2005
Seiten
38
Katalognummer
V109565
ISBN (eBook)
9783640077458
ISBN (Buch)
9783640118809
Dateigröße
637 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Autorin, Dr.rer.soc. W. Ruth Albrecht, ist Sprach- und Sozialwissenschaftlerin mit den Arbeitsschwerpunkten: Literatur-, Sprach-, Politik-, Bau- und Planungsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts und war beruflich als Wissenschaftlerin, Lehrerin und Stadt- und Regionalplanerin tätig.
Schlagworte
Fordern, Volkes, Recht, Prolegomena, Dokumentenedition
Arbeit zitieren
Dr. Wilma Ruth Albrecht (Autor:in), 2005, "Fordern wir, was des Volkes Recht ist" - Prolegomena zu einer Dokumentenedition, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109565

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