Juden in der deutschen Literatur


Presentation / Essay (Pre-University), 2004

18 Pages


Excerpt


Gliederung

1. Juden in der deutschen Literatur allgemein

2. Deutsche Literatur in Prag

3. Prager Kreis

4. Franz Werfel
4.1. Biographie und Werke
4.2. „Das Lied von Bernadette“
4.3. „Eine blassblaue Frauenschrift

5. Max Brod
5.1. Biographie
5.2. Werke

6. Beziehungen zu Franz Kafka

7. Quellen

1. Juden in der deutschen Literatur

Die Weimarer Republik gab den deutschen Juden das Gefühl vollständiger bürgerlicher Freiheit. Zum ersten Mal in der Geschichte standen sie den nun weniger gefürchteten als verachteten Antisemiten als gleichberechtigte Bürger gegenüber. Doch lag auch in diesen Jahren über vielen der Schatten einer Identitätskrise. Ein Dialog zwischen Deutschen und Juden blieb aus. Den Juden aller Richtungen war ihre innere Synthese von Deutschtum und Judentum bewusst – aber kaum jemals nichtjüdischen Deutschen. So blieb sie einseitig. Dennoch konnten sich viele jüdische Schriftsteller in der Illusion einer deutsch-jüdischen Synthese als deutsche Schriftsteller entfalten.

Jüdische Themen und deutsch-jüdische Problematik kamen vor allem in Werken von Arnold Zweig, Jakob Wassermann, Lion Feuchtwanger, Max Brod zum Ausdruck, Hass auf ihre jüdische Herkunft besonders bei Karl Kraus und Kurt Tucholsky.

Der Berliner Arzt und Schriftsteller Alfred Döblin (1878-1957), Sohn ostjüdischer Einwanderer, entdeckte sein Judentum erst auf einer Reise zu den Juden in Polen. Das Ergebnis war sein Buch »Reise in Polen« (1926). Kurz danach begann er an »Berlin Alexanderplatz« (1929) zu arbeiten, dem Epos des proletarischen Berlin, in dessen Mitte er als Arzt arbeitete. Auf der Flucht vor der deutschen Armee trat er 1940 in Frankreich zum Katholizismus über.

Arnold Zweig (1887-1968) aus Glogau in Schlesien war in seinem Werk ein engagierter Deutscher und bis zu seiner Rückkehr (1945) nach Ost-Berlin auch ein bewusster Jude mit zionistischen Sympathien. Ein antijüdisches Gräuelmärchen war Anlass zu seinem Drama »Ritualmord in Ungarn. Jüdische Tragödie«, für das er 1915 den Kleist-Preis erhielt. Der erste Weltkrieg brachte auch ihn zu einem tiefen Verständnis des Ostjudentums, dem er in »Das Ostjüdische Antlitz« (1919/20) Ausdruck gab. Sein bekanntestes Werk wurde der Roman »Der Streit um den Sergeanten Grischa« (1928), in dessen Mittelpunkt das Schicksal eines russischen Kriegsgefangenen steht, der Opfer eines Justizmords wird.

Lion Feuchtwanger (1884-1958) regte mit seinem Dialogroman »Thomas Wendt« Brecht zur Theorie des epischen Theaters an. Mit beißender Ironie schilderte Feuchtwanger in seinem Roman »Erfolg« (1930) das München der Räterepublik und eines provinziellen, frömmelnden, Geldraffenden Bürgertums, in dem der Nationalsozialismus gedieh. Berühmt wurde er vor allem durch seine historische Romane »Jud Süß« (1925) und die »Josephus-Trilogie« (1932-45).

Ernst Tollers Theaterstücke waren eindrucksvolle Aufrufe zu sozialer Gerechtigkeit. Ferdinand Bruckner (1891-1958) gründete 1923 das Renaissance-Theater Berlin, experimentierte mit den Möglichkeiten einer modernen Bühnendramaturgie und schrieb die erfolgreichen Dramen »Die Verbrecher« (1929), »Krankheit der Jugend« (1929) und »Elisabeth von England« (1930). Emil Ludwig (1881-1948) war ein Erfolgsautor historischer Reportagen und Biographien. Alfred Neumann (1895-1952), ein meister des psychologischen Romans, veröffentlichte auch Novellen in der Nachfolge Heinrich von Kleists. Hermann Broch (1886-1951) befasste sich in seinen Romanen mit dem Zerfall der bürgerlichen Gesellschaft. Rudolf Borchardt (1877-1945), ein Vetter Georg Hermanns (»Jettchen Gebert«), war Lyriker, Essayist und sprachschöpferischer Übersetzer im Umkreis Hugo von Hofmannsthals und der Neuromantik. Der Kulturkritiker und Essayist Walter Benjamin (1892-1940), befreundet mit Gershom Scholem, Ernst Bloch, Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, versuchte in seinen Schriften jüdische Mystik, Zionismus und marxistisches Denken miteinander zu verbinden.

Bruno Frank, Hermann Kesten, Wilhelm Speyer, Vicky Baum, Jakob Wassermann, Martha Karlweis (die zweite Frau Wassermanns) und Mascha Kaléko waren beliebte Schriftsteller in dieser Zeit. Kurt Tucholsky führte in Satiren und Songs einen hilflosen Kampf gegen wachsenden Militarismus und Faschismus.

Ludwig Strauss, Nelly Sachs, Trude Kolmann, Manfred Sturmann, Margarete Susman und Arno Nadel umschritten wie Else Lasker-Schüler immer wieder, auch wenn sie das Erlebnis ihrer deutschen Landschaft besangen, die Flamme ihres jüdischen Selbstverständnisses.

Zur deutschen Literatur der Weimarer Zeit müssen auch die jüdischen Schriftsteller gerechnet werden, die in Wien und in Prag lebten. In Wien waren es vor allem Arthur Schnitzler, Peter Altenberg, Raoul Auernheimer, Felix Salten, der Zeitsatiriker Karl Kraus und der »Meister der kurzen Form« Alfred Polgar. Von Prag her wirkten in Deutschland am nachhaltigsten Franz Kafka, Franz Werfel und Max Brod. Joseph Roth (1894-1939) starb 1939 im Pariser Exil. Seine mit psychologischer Erzählungen und Romane »Juden auf Wanderschaft« (1927), »Hiob« (1930), »Radetzkymarsch« (1932), viele von ihnen ein Spiegelbild der altösterreichischen Gesellschaft, handeln von der Vereinsamung des Menschen, gegen die er mit Bitterkeit sich auflehnt und in die er sich mit dem Humor der Weisheit fügt.

Trotz aller Zusammenarbeit von Juden und Nichtjuden auf kulturellem Gebiet wurden die Hervorbringungen der Juden von einem Teil die nichtjüdischen Umwelt als »undeutsch« empfunden. Breits im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts führte kulturelle Unsicherheit zu einer Abneigung gegen die »Andersartigkeit« der Juden. In antisemitischen Kreisen herrschte eine manchmal echte, manchmal aus Konkurrenzneid demagogisch geschürte Furcht vor »Überfremdung«. Die Angst vor der Andersartigkeit hat Thomas Mann in einem Essay über Theodor Storm zu kennzeichnen versucht. Während der Alemanne Gottfried Keller den Antisemitismus als vulgär verachtete, habe der Holsteiner Theodor Storm gegenüber jüdischen Kritikern sofort affektbetont antisemitisch reagiert: »Das nordstämmige Heidentum« mache ihn, Storm, »natürlich ein bisschen zum Antisemiten. Es ist gut, sich die seelischen Zusammenhänge sachlich klarzumachen: derjenige von nordblonder Heimatlichkeit und Antisemitismus ist unverbrüchlich.«

Alles kulturell oder künstlerisch Experimentelle, jede kritische Betrachtung oder gar Satire wurde in deutsch-völkischen Kreisen von vornherein mit dem Stempel »jüdisch« versehen und damit abgelehnt. Diese Problematik kam den meisten Juden nicht zum Bewusstsein, eine gefährliche Selbsttäuschung, die im Jahr 1933 gnadenlos offenbar wurde.

2. Deutsche Literatur in Prag

Unter den Zentren und Schauplätzen der deutschen Literatur in den ersten vier Jahrzehnten unseres Jahrhunderts nimmt Prag eine besondere Stellung ein. Die alte Hauptstadt Böhmens, zeitweilig kaiserliche Residenz und Sitz der 1348 gegründeten ersten deutschen Universität, seit 1918 Hauptstadt der Tschechoslowakei, beherbergte ein historisch gewachsenes Mit- und Nebeneinander verschiedener ethnischer und kultureller Traditionen. Die nationalen und sozialen Probleme, die im 19. Jahrhundert bestimmend wurden und das komplizierte Gefüge der Habsburgischen Vielvölkermonarchie zerstörten, setzten auch für Prag und Böhmen die zunehmend schwierigen Rahmenbedingungen. Die Besetzung der nach dem Münchner Abkommen noch Erhaltengebliebenen Rest-Tschechei durch deutsche Truppen im Frühjahr 1939, die das Land zum Reichsprotektorat degradierte und auch das geistige Leben der Nationalsozialistischen Rassedoktrin auslieferte, bildet den entscheidenden Einschnitt. Der Mord an den Juden und die Vertreibung der Deutschen nach 1945 markieren das Ende der kulturellen Symbiose. Diese Symbiose oder vielmehr ihr sich abzeichnendes Scheitern hat sich gerade im letzten Vierteljahrhundert ihres Bestehens als künstlerisch besonders fruchtbar erwiesen und im Werk Kafkas weltliterarische Bedeutung gewonnen. Sein Werk bietet wohl zugleich den besten Schlüssel zum Verständnis jener Welt, in der es entstanden ist. Allerdings sollte man ihn nicht isoliert sehen; gerade die Vielzahl literarischer Begabungen unter Kafkas Prager Zeitgenossen ist bezeichnend für die herrschende Ausnahmesituation. Noch vor Kafka hatte Rilke den Ruf Prags als Literaturstadt in die Welt getragen.

Durch das im Zuge der Industrialisierung schnelle Bevölkerungswachstum wurde das deutsche Element vollends zur Sache einer kleinen Minderheit, die jedoch über bedeutenden wirtschaftlichen und kulturellen Einfluss verfügte. Die Deutschen bildeten eine privilegierte bürgerliche Schicht, die sich weder aus der sozial tiefer gestellten Stadtbevölkerung noch aus den Zuzüglern vom Umland mehr ergänzen konnte, denn beide waren tschechisch. Das hat auch dem so genannten Prager Deutsch seinen besonderen Inselcharakter gegeben. Zuwandernde Juden freilich, auch wenn sie, wie Kafkas Vater, aus der tschechischen Provinz stammten, erlernter diese Sprache und schickten ihre Kinder auf deutsche Schulen, um ihrem Ziel, der gesellschaftlichen Anerkennung, näher zu kommen. Dabei wirkte sich, wie auch andernorts, das besondere Verhältnis des Juden zum Wort in Literatur und Presse produktiv aus.

Thomas Mann hat 1932 neben Kafka noch vier Autoren genannt, deren Erzählwerke für die »spezifische Pragerische Note in der modernen Prosa« signifikant sind und »Bedeutung für die moderne Prosa überhaupt« haben: Es sind MAX BROD (1884-1968), LUDWIG WINDER (1889-1946), FRANZ WERFEL (1890-1945) und HERMANN UNGAR (1893-1929). Sie alle sind jüdischer Abkunft. Ihr Werk und, soweit sie noch lebten, sie selbst traf die Verfolgung, deren letztes Ergebnis nicht selten das Vergessenwerden war.

3. Prager Kreis

Einen besonderen Stellenwert unter den Künstler- und Literatencafés in den Jahren vor und nach dem Ersten Weltkrieg nahm das Café Arco ein. Hier verkehrte der berühmte Prager Kreis. Als „Prager Kreis“ wird eine Gruppe deutsch-jüdische Schriftsteller bezeichnet, die um 1900 und bis in die 30er Jahren hinein innerhalb der deutschen Sprachinsel der Moldaustadt beheimatet war. Innerhalb kürzester Zeit und auf engstem Raum traten aus dieser Gruppe bedeutende, zum Teil weltberühmte Autoren hervor, die oftmals schon die gleiche Schule besucht hatten. Zusammen hatten sie ihre literarische Schöpfungsarbeit begonnen und weiterentwickelt und so das literarische Leben der Moldaumetropole nachhaltig geprägt. Zum engeren Kreis der befreundeten Prager Schriftsteller gehörten unter anderem Rainer Maria Rilke, Franz Kafka, Franz Werfel, Egon Erwin Kisch, der blinde Oskar Baum, Felix Weltsch, Willy Haas, Paul Kornfeld, Ernst Weiß, Johannes Urzidil, Ludwig Winder, Gustav Meyrink, Franz Weiskopf, Louis Fürnberg, Paul Leppin und der Mentor des Kreises Max Brod. Man war dem tschechischen Volk gegenüber aufgeschlossen, da man in einer Annäherung an dessen Kultur und Sprache eine Bereicherung des literarische Schaffens sah und zudem einen Ausweg aus der deutschsprachigen Isolation. Im Arco waren jene „jungen jüdischen Literaten anwesend, die dem tschechischen Leben in der Stadt keineswegs ablehnend gegenüber standen. In der deutschen Kultur fest beheimatet, waren sie aufgeschlossen für alles, was in der tschechischen Kunst und Kultur geschah. Die meisten von ihnen beherrschten beide Landessprachen.“

Das Ende des Prager Kreises ist durch den Einmarsch deutscher Truppen in Prag markiert. Die zu diesem Zeitpunkt noch lebenden Schriftsteller endeten entweder im Konzentrationslager oder wurden in eine jahrelange Emigration getrieben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Café Arco trafen sich auch die engeren Freunde Kafkas, der Prager Kreis: Max Brod, Felix Weltsch und der blinde Oskar Baum. Sie lasen sich gegenseitig Texte vor, übten Kritik und halfen einander bei der Publikation ihrer Werke. Als stiller Gast und aufmerksamer Zuhörer besuchte Franz Kafka häufig das Café Arco, das Prager Hauptquartier in Literatur und Kunst.

4. Franz Werfel

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4.1. Biographie und Werke

Franz Werfel wurde am 10. September 1890 in Prag, als Sohn des jüdischen Kaufmanns Rudolf Werfel und dessen Frau Albine, geb. Kussi geboren. Schon als Schüler begann er Gedichte und Dramen zu schreiben, später wurde er als ein Österreicher Schriftsteller bekannt, ebenso wie Franz Kafka wurde auch Werfel vom Schriftsteller Max Brod gefördert.

Er machte ein Jura- und Philosophiestudium in Prag und ein Psychologie- und Geschichtsstudium in Leipzig, später machte er eine Kaufmannslehre. Von 1912 bis 1914 arbeitete er als Verlagslektor im Leipziger Kurt Wolff Verlag und ist ebenfalls Mitherausgeber des Gedichtsbandes "Der jüngste Tag".

Danach nahm er am 1. Weltkrieg an der ostgalizischen Front teil, wurde aber 1917 in das Wiener Kriegspressequartier versetzt, wo er seine spätere Frau Alma Mahle-Gropius kennen.

Die schweren Schicksalsschläge, als 1918 sein Sohn Martin-Carl-Johannes und 1935 seine Stieftochter an Kinderlähmung stirbt, verarbeitet er in einigen Werken.

Während der 20er und 30er Jahre gehörte er zu den bekanntesten und meistgelesenen deutschsprachigen Autoren. 1926 wird er mit dem Grillparzer-Preis, 1927 mit dem Tschechoslowakischen Staatspreis und dem Schiller-Preis und 1937 mit dem Österreicher Verdienstkreuz für Kunst- und Wissenschaft 1.Klasse geehrt.

Er war ein Wortführer des Expressionismus.

Da Werfel Jude war wurde auch er von den Nationalsozialisten verfolgt und seine Bücher wurden verbrannt. Doch um dem zu entgehen, floh er mit seiner Frau Alma und einigen Freunden nach Spanien, von dort aus nach Portugal und dann mit dem Schiff nach Amerika, wo sie am 30. Oktober 1940 ankamen. 1943 verschlimmert sich seine Angina Pectoris, und er erleidet zwei Herzanfälle. 1945 stirbt Werfel durch einen Herzschlag. Er ist in Beverly Hills auf dem Rosedale Cemetery begraben und hat seit 1975 ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof.

Werke:

Werfel gehörte dem Prager Dichterkreis um Max Brod, Franz Kafka und Johannes Urzidil an. Sein erster Gedichtband, „Weltfremd“ 1911, machte ihn bereits im deutschen Sprachraum bekannt. Werfels früher literarischer Erfolg basierte auf der expressionistischen Sprache und Botschaft vor allem seiner Lyrik, von deren „naturalistischen Nihilismus“ er sich später distanzierte. Weitere Gedichtsbände dieser Zeit: „Wir sind“ 1913; „Einander“ 1915; „Der Gerichtstag“ 1919.

In Werfels mittlerer Schaffensperiode dominierte zunächst das Drama. In Spiegelmensch (1920), einem Zauberspiel um Versuchung und Erlösung, entspringt der Doppelnatur des Protagonisten ein leibhaftiges mephistophelisches Aller Ego. In der Folgezeit wandelte sich Werfel historischen, religiösen und politischen Stoffen zu. Die dramatische Gattung wird als „dialektische Form“ begriffen und die Darstellung der Idee über antithetische Figuren, wie z.B. in „Juarez und Maximilian“ (1924), geführt. Auch in Verdi -Roman (1924) gibt Werfel die Entwicklung der europäischen Musik als Antithese, personifiziert in den Gegenspielern Giuseppe Verdi und Richard Wagner, wieder. In „Paulus unter den Juden“ (1926) ist die Abkehr des Urchristentums vom Judentum dargestellt. Sein Interesse an Katholizismus drückt auch sein Roman „Babara oder Die Frömmigkeit“ (1929) aus, noch deutlicher zeigt sich diese Tendenz im Spätwerk („Der veruntreute Himmel“ 1939; „Das Lied von Bernadette“ 1941).

Zu einem historischen Roman mit visionär gesehener politischer Aktualität wurden „Die vierzig Tage der Musa Dagh“ (1933) über den 1915-17 vom jungtürkischen Regime begangenen Völkermord an einer Million christlicher Amerikaner und den Freiheitskampf einer 5000köpfigen Gemeinde auf dem „Moses Berg“ gegen eine feindliche Übermacht. Zum Spätwerk gehört neben der Komödie „Jacobowski und der Oberst“ (1944) der Roman „Stern der Ungeborenen“ (1946). Er beschreibt ein technisch perfektes, doch kulturell und menschlich verarmtes „Astromentales“ Zeitalter. Unter Werfels Novellen sind „Der Tod eines Kleinbürgers“ (1927) und „Eine blassblaue Frauenschrift“ (1941) hervorzuheben.

Überblick Werke:

Romane

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Erzählungen/Novellen

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Dramen

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Lyrik

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Prosa-Sammelband

1975

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Gesamtausgaben

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Wirkung:

Werfels Werke erschienen in hohen Auflagen, selbst in der Emigration. Die Kritik bemängelte manche formale und sprachliche Nachlässigkeit. Im epischen Spätwerk fand Werfel jedoch zu einem eigenen, auch der Ironie und Komik fähigen Stil und zu eindrucksvollen Menschendarstellungen.

4.2. „Das Lied von Bernadette“

Das Lied von Bernadette ist ein jubelnder Hymnus auf den geistigen Sinn der Welt. An einem holden einfachen Beispiel wir gezeigt, wie selbst mitten in unserem skeptischen Zeitalter die göttlichen Kräfte wirken und ein unwissendes, aber geniales Geschöpf über das gewöhnliche Maß hinausheben.

Wenn die kleine Bernadette Soubirous mit ihren Geschwistern spielen geht, bleibt sie immer etwas zurück, weil das Kind recht schwächlich ist. So auch an jenem Nachmittag, als sie einen Fluss nicht überqueren soll, weil die Schwestern Angst haben, sie könne sich erkälten. Sie bleibt am anderen Ufer und ihr erscheint eine schöne Frau, die ihr aufträgt, 15 Tage lang jeden Tag an diese Stelle zu kommen, um von ihr eine Nachricht zu erhalten. Unvorsichtigerweise erzählt sie ihren Geschwistern von der sonderbaren Begegnung und schon macht die Geschichte im kleinen Dorf Lourdes die Runde.

Zuerst versucht Bernadettes Mutter Louise ihr die Sache auszureden und ihr das Versprechen abzunehmen, dass Bernadette nie wieder an diese Stelle gehen werde - allerdings vergebens. Sie kommt am nächsten Tag mit zu dem Treffen, kann die Erscheinung aber nicht sehen. Inzwischen ist jedoch das ganze Dorf in Unruhe und damit auch die Dorfoberen, die den Ruf von Lourdes, das gerade einen Eisenbahnanschluss bekommen sollte, in Gefahr sehen. Auch die Kirche in Form von Dekan Peyramale geht in Deckung und will mit den Geschehnissen nichts zu tun haben. In eindringlichen Verhören versuchen der Polizeipräfekt Antoine Nicolau und der kaiserliche Staatsanwalt Vital Dutour Bernadette dazu zu bewegen, ihre Aussagen zurückzunehmen - allerdings auch ohne Erfolg. Im Gegenteil: Es stellt sich heraus, dass das kleine Mädchen offensichtlich Marienerscheinungen hat...

Nach einem Roman von Franz Werfel verfilmte Henry King das Leben der Heiliggesprochenen Bernadette, die 1856 in Lourdes Marienerscheinungen hatte und damit aus dem Pyrenäendorf eine Wallfahrtsstätte machte. Die 25-jährige Jennifer Jones spielte in ihrer ersten großen Filmrolle, die zu Beginn 14-jährige Bernadette und erhielt dafür gleich einen "OSCAR". Insgesamt wurde der Streifen zwölfmal nominiert und erhielt vier Trophäen. In zwei ein halb Stunden wird nahezu das ganze Leben der Heiligen von den Erscheinungen bis zu ihrem Tod erzählt, ohne dabei allerdings besonders bewegen zu können.

1943 wird mit großem Erfolg sein Roman Das Lied der Bernadette“ mit Jennifer Jones in der Titelrolle verfilmt.

4.3. „Eine blassblaue Frauenschrift“

Leonidas, aus kleinen Verhältnissen zum Sektionschef im Wiener Unterrichtsministerium aufgestiegen und damit einer von den »vierzig bis fünfzig Beamten, die in Wirklichkeit den Staat regierten«, erhält im Herbst 1936 einen Brief von seiner ehemaligen, in Deutschland lebenden Geliebten Vera Wormser. Die Tochter eines jüdischen Arztes, mit der er vor 18 Jahren, bald nach seiner Heirat, den 'einzigen echten Liebesrausch im Leben' erfahren hat. Vor fünfzehn Jahren hatte er letztmals eine Nachricht von ihr in Händen gehalten, die er ungelesen zerriss, aufgrund der Eifersucht seiner Frau Amelie, die damals eine der reichsten und vorteilhaftesten Partien der Stadt war. Kurz nach seiner Hochzeit hatte er Amelie mit Vera betrogen, seiner mittellosen Geliebten dann aber rasch den Laufpass gegeben; nunmehr scheint ihn die Vergangenheit einzuholen. Erst nach langen Zögern öffnet er den Brief und findet ein Bitte vor, für einen »jungen begabten Menschen, der aus den allgemein bekannten Gründen in Deutschland sein Gymnasialstudium nicht fortsetzen darf und es daher in Wien vollenden möchte«. Es liegt im Ermessen von Leonidas, dem Kind, seinem eigenen Kind, wie er sofort folgert, Resultat »seines einzigen echten Liebesrausches im Leben«, zu helfen. Sein Leben, mit Amelie hat er keine Kinder, gerät durch diese Nachricht aus dem Gleichgewicht; gewohnt, die ihm zugetragenen Schicksale beamtenmäßig zu erledigen (»Man verursacht Schicksale. Man legt sie ad acta. Sie wandern vom Schreibtisch des Lebens ins Archiv des Erledigtseins. Mit der Zeit löst sich Gott sei Dank alles klaglos ins Nichts auf.«), fühlt er sich jetzt erstmals mit einer anderen Dimension, mit seiner persönlichen Verantwortung für ein anderes Leben konfrontiert: »Ein Kind zu haben, das ist keine geringe Sache. Erst durch ein Kind ist der Mensch unrettbar mit der Welt verflochten, in die gnadenlose Kette der Verursachungen und Folgen.« Der Komplex der verdrängten, nicht bewältigen Schuld, legt sich als lähmende Gewissheit auf das Leben von Leonidas, der schließlich, nach langem zögern, Vera empfängt und ihr verspricht, den jungen Mann unterzubringen. Eher beiläufig erfährt er, dass Vera allein auf dem Weg ins Exil nach Montevideo ist; der junge Mann aber ist der Sohn eines zu Tode gefolterten Juden; das Kind, das sie von Leonidas hatte, ist bereits früh verstorben. Am Abend besucht der Sektionschef eine Opernaufführung: »Während er unter der drückenden Kuppel dieser stets erregten Musik schläft, weiß Leonidas mit unaussprechlicher Klarheit, dass heute ein Angebot zur Rettung an ihn ergangen ist, dunkel, halblaut, unbestimmt, wie alle Angebote dieser Art. Er weiß, dass er daran gescheitert ist. Er weiß, dass ein neues Angebot nicht wieder erfolgen wird.«

5. Max Brod

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

5.1. Biographie

Max Brod wurde am 27. Mai 1884 in Prag geboren und ist Sohn eines jüdischen Bankiers. Da er in seiner Kinder- und Jugendzeit an einer schweren Wirbelsäulenverkrümmung leitete, beeinflusste das auch seinen Charakter. Durch diese Erfahrung beeinflusst, ist er davon überzeugt, dass es die Aufgabe des Menschen sei, Leid und Unrecht zu bekämpfen.

Brod studierte Jura an der Deutschen Universität in Prag, während dieser Zeit lernte er am 23. Oktober 1902 in der "Leser - und Redehalle der deutschen Studenten", Franz Kafka kennen. Danach arbeitete zunächst als Verwaltungsbeamter bei der Postdirektion in Prag.

Ab 1902 war er in der zionistischen Bewegung tätig und Vizepräsident des jüdischen Nationalrats. Im Jahre 1913 heiratete Brod seine Frau Elsa Taussig. Zwischen 1929 bis 1939 arbeitete er als Literatur- und Musikkritiker und freier Schriftsteller in der Redaktion des "Prager Tagesblattes". Max Brod förderte uneigennützlich in Prag Schriftsteller und Musiker, unter anderem sind Franz Kafka und Franz Werfel unter ihnen.

Weiter betätigte er sich als Komponist und Philosoph und schrieb Theaterstücke und führte Bühnenbearbeitungen von 'Schwejk' und Kafkas 'Schloß'.

Da Max Brod sich unter dem Einfluss Martin Bubers früh dem Zionismus zuwandte, war es nahe liegend, dass er im Jahre 1939 nach Palästina mit seiner Frau emigrierte, wo er als freier Schriftsteller und Dramaturg im israelischen "Habimah"-Theater, welches später das israelische Nationaltheater wurde. Außerdem kam er seiner Tätigkeit als Musik- und Theaterkritiker weiter nach.. In Tel Aviv arbeitete und lebte Max Brod bis zu seinem Tod im Jahre 1968 als freier Autor und Dramaturg am Nationaltheater Habimah.

„Spannung, die sich dem Leser mit eiskaltem Entsetzen mitteilt. Man fliegt mit, durchrast einen der wirksamsten Anti-Diktatur- Romane, die ich kenne ... Ich zweifle nicht daran, daß man Ludwig Winder neu entdecken wird.” (Max Brod in „Der Prager Kreis“)

5.2. Werke

- Tod den Toten, 1906
- Experimente, 1907
- Ein tschechisches Dienstmädchen, 1909
- Jüdinnen, 1911
- Arnold Beer, 1912
- Anschauung und Begriff (zusammen mit Felix Weltsch), 1913
- Über die Schönheit häßlicher Bilder, 1913
- Die erste Stunde nach dem Tod, 1916
- Eine Königin Ester, 1918
- Das große Wagnis, 1918
- Sozialismus im Zionismus, 1920
- Im Kampf um das Judentum, 1920
- Sternenhimmel, 1923
- Zionismus als Weltanschauung (zusammen mit Felix Weltsch), 1925
- Stefan Rott, oder das Jahr der Entscheidung, 1920
- Die Frau, die nicht enttäuscht, 1933
- Heinrich Heine, 1934
- Rassentheorie und Judentum, 1936
- Franz Kafka, 1937
- Das Diesseitswunder, 1939
- Galilei in Gefangenschaft, 1948
- Unambo, 1949
- Der Meister,1951
- Briefwechsel mit Janacek, 1953
- Armer Cicero, 1955
- Streitbares Leben, 1960
- Der Prager Kreis, 1966
- Gesang einer Giftschlange, 1966
- Über Franz Kafka, 1966

herausgegebene Werke von Franz Kafka:

- Der Prozeß (Nachwort von Max Brod), 1925
- Das Schloß (Nachwort von Max Brod), 1926
- Amerika (Nachwort von Max Brod), 1927
- Beim Bau der Chinesischen Mauer (Herausgeber: Max Brod und Hans Joachim Schoeps), 1931
- Gesammelte Schriften (Herausgeber: Max Brod und Heinz Politzer), 1935 bis 1937
- Ein Brief an den Vater, In: "Der Monat" I 1948/49

6. Beziehungen zu Franz Kafka

Franz Kafka, Franz Werfel und Max Brod waren alle Mitglieder des Prager Kreises, woraus sich später eine Freundschaft entwickelte.

Max Brod hat schon sehr früh erkannt, dass Franz Kafka ein großes Talent zum Schreiben hat und dieses versuchte er auch so gut wie möglich zu fördern. Er versuchte immer wieder Kafka dazu zu bewegen, seine Werke zu veröffentlichen.

Beide waren sehr innig mit einander befreundet. Durch Lob und Anerkennung hat Brod viel zur seelischen und geistigen Unterstützung Kafkas beigetragen.

Als Kafka sehr früh starb, lies er durch sein Testament festlegen, dass all seine Werke nach seinem Tod vernichtet werden sollten. Allerdings weigerte sich Brod diesen Wunsch auszuführen und so veröffentliche er der Reihe einige von Kafkas Werken (z.B. „Der Prozeß“; „Das Schloß“; „Amerika“). Max Brod schrieb auch eine Biographie über ihn: „Franz Kafka. Ein Leben“ und „Der Prager Kreis“.

Das führte dazu, dass die Anerkennung für Kafka auch in der Bevölkerung sich steigerte.

Franz Kafka war öfters Gast im Elternhaus der Brods und lernte dort auch 1912 seine spätere Freundin und Verlobte Felice Bauer kennen, die eine Kusine von Brods Schwager Max Friedmann war.

7. Quellen:

- Autorenlexikon
- Brockhaus
- Fischer Lexikon
- Reclams Roman Lexikon
- Geschichte der deutschen Literatur
- Juden in Deutschland
- Harenberg Literaturlexikon
- Internet: - www.exil-club.de
- www.tschechien-portal.info
- www.wikipedia.de
- www.lehrer.uni-karlsruhe.de
- www.fischerverlag.de
- www.geo.uni-bonn.de
- www.lexikon-online.info
- www.xlibris.de
- www.amazon.de
- www.literaturepochen.at
- www.goethe.de
- www.nucleonweb.de
- www.moviemaster.de

Excerpt out of 18 pages

Details

Title
Juden in der deutschen Literatur
Author
Year
2004
Pages
18
Catalog Number
V109244
ISBN (eBook)
9783640074259
File size
601 KB
Language
German
Notes
Juden in der deutschen Literatur, speziell Max Brod und Franz Werfel.
Keywords
Juden, Literatur
Quote paper
Tina Müller (Author), 2004, Juden in der deutschen Literatur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109244

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