Der heimliche Herrscher - Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha


Seminararbeit, 2003

25 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Vorwort

„Mit Prinz Albert haben wir unseren Herrscher zu Grabe getragen. Dieser deutsche Prinz hat England einundzwanzig Jahre lang mit einer Umsicht und Tatkraft geführt, wie sie keiner unserer Könige je an den Tag gelegt hat.“[1]

„Die traurige Nachricht der vorvorigen Nacht wird Sie tief erschrecken. Das wertvollste Leben in diesem Land fand sein Ende, und die Öffentlichkeit wird sich nun erst der Qualität jenes Mannes bewusst werden, der von uns gegangen ist. Für das Land ist es ein großer Verlust, für die Königin ein unersetzlicher… es geht fast über die Kräfte, die Geschäfte der Familie, ihres Hofes und des Landes weiterzuführen.“[2]

Diese beiden Zitate zur Todesnachricht Prinz Alberts sind Ausgangspunkt meiner Hausarbeit. Ich möchte versuchen den Politiker, den Vater, den Ehemann, den Sohn und den Schüler Prinz Albert darzustellen. Ich habe mich mit allen Bereichen seines Lebens befasst und versuche den Mann hinter der Königin in all diesen Bereichen zu beschreiben. Ich will in dieser Arbeit keine Politik besprechen, habe also Vorkommnisse die zu dieser Zeit aktuell waren, nur kurz umrissen.

Zu den verwendeten Büchern ist folgendes zu sagen. Ich habe zwei Biographien über Victoria, eine über Albert und zwei Sammelwerke benutzt. Das wichtigste Buch war Alberts Biographie.

Eine Diskussion, wie ich sie mir eigentlich vorgenommen hatte ist nicht möglich, da sich die verwendeten Bücher nicht widersprechen. Ich habe mich nun darauf konzentriert, Alberts Persönlichkeit darzustellen. Seine Kindheit und das Leben in England, seine Ehe, die Beziehung zu seinen Kindern, seine Mentoren…

Diese Themen sind aber auch so unglaublich umfangreich, dass ich nur die meines Erachtens nach wichtigsten Personen und die damit zusammen hängende Entwicklung und Ereignisse in Alberts Leben beschreiben möchte.

Hans – Joachim Netzer schreibt am Schluss seines Buches, dass Prinz Albert nach Königin Victoria und Herzog von Wellington die meist beschrieben Person in Großbritannien ist. Albert hat eine Lücke hinterlassen und ich möchte versuchen aufzuzeigen, was er trotz seiner Stellung als Ehemann der Königin, seiner seelischen Befindlichkeit und seines Heimwehs, in England geleistet hat.

I. Kindheit und Jugend ( 1819 – 1840 )

Die Haupt – und Residenzstadt Coburg war ein armseliges Nest, als Albert 1819 geboren wurde, in einem ständig skandalumwitterten Herzogtum.[3].

Der Vater, Herzog Ernst I., war wegen seiner ständig wechselnden Liebschaften Stadtgespräch. Dadurch holte er sich als Heiratskandidat zweimal einen Korb, und als es dann zu einer Ehe kam, scheiterte diese nach wenigen Jahren: Mit 33 Jahren heiratete er die 16jährige Prinzessin Louise aus Gotha – wodurch 1826 nach einer Erbauseinandersetzung das Herzogtum Sachsen – Gotha entstand.

Louise gebar 1818 Ernst und 1819 Albert. Die Eltern trennten sich kurz darauf. Louise wurde wegen Ehebruch verbannt. 1826 wurde die Ehe geschieden und Louise starb 1831 an Gebärmutterkrebs.

Die Kinder litten still unter dem Verlust der Mutter. Die Erinnerung an seine Kindheit hat die Moralvorstellungen Alberts erheblich beeinflusst.

Nach Louises Tod heiratete der Vater sein 15 Jahre jüngere Nichte Marie. Zu seiner Stiefmutter hatte Albert lange Zeit eine höflich Distanz.

Zu dieser Zeit wurde der damals 5jährige wie folgt charakterisiert:

Nicht sehr kräftig, zart, kränklich, sanft, still, schüchtern, sehr empfindsam, abends so müde, dass er im Sitzen einschläft und vom Stuhl fällt, dabei so drollig und von unwiderstehlichem Charme.[4]

Der um die gute Ausbildung der beiden Prinzen bemühte Vater ernannte 1823 Florschütz, der in Jena Philosophie und Theologie studiert hatte und im Geiste der Aufklärung und des Liberalismus aufgewachsen war, zum Prinzenerzieher.

Christian Florschütz war mehr als ein Lehrer, er wurde den Jungen ein zweiter Vater, denn er war 15 Jahre lang ständig um sie, daheim, auf Reisen, auf der Universität.[5]

Sein Unterricht umfasste von Mathematik bis zu Fremdsprachen und von musischen Fächern bis zum Sport weit mehr, als man Gymnasiasten jener Jahre, geschweige denn Prinzen zumutete. Besonders Albert entwickelte einen schier unermüdlichen Lerneifer.

„Ich will an mir arbeiten um ein guter und nützlicher Mann zu werden.“[6]

Darüber hinaus förderte die weit verstreute Verwandtschaft die Entwicklung der beiden Prinzen. Ihr Onkel Leopold hatte die englische Thronfolgerin Charlotte geheiratet, seine Schwester Victoria erst den Fürst zu Leiningen, nach dessen Tod den Herzog von Kent. Leopold, dessen Frau Charlotte im Kindbett gestorben war, wurde König von Belgien. Er wurde von Albert innig geliebt, der zweite wichtige Mann, im Leben Alberts. Und Leopold begann sich um die Prinzen zu kümmern.

Albert war ein stiller, schüchterner Junge, der nicht erkennen ließ wie tief er durch die Kindheitseindrücke von Vater und Mutter verletzt war. Er war gehorsam, neigte aber auch dazu, seine Meinung konsequent durchzusetzen, wie sein Erzieher berichtete.[7]

Willensstärke und Selbstdisziplin wurden gepriesen.

Umsicht, schnelle Auffassungsgabe, praktische Veranlagung, leidenschaftsloses Urteil, Wissensdurst, Arbeitsfreude, vorzügliches Gedächtnis – ein Übermensch.[8]

Onkel Leopold wollte eine Verbindung zwischen Albert und Victoria arrangieren.

1836 reisten die Prinzen anlässlich des 17. Geburtstags der Prinzessin Victoria nach London. Victoria war von Albert sehr entzückt. Am 18. Mai notiert sie in ihr Tagebuch:

„Um ¾ 2 gingen wir in die Halle hinunter, um meinen Onkel Ernst, den Herzog von Sachsen – Coburg – Gotha, und meine Vettern Ernst und Albert zu empfangen. Ernst hat dunkles Haar und schöne dunkel Augenbrauen, Nase und Mund aber sind nicht so hübsch. Er sieht sehr freundlich, offen und klug aus und hat eine sehr gute Figur. Albert ist ebenso groß wie Ernst, aber kräftiger. Er ist sehr hübsch. Sein Haar hat ungefähr die gleiche Farbe wie meines. Seine Augen sind groß und blau. Er hat eine wunderschöne Nase, ein sehr hübschen Mund und schöne Zähne. Aber der Zauber seiner Erscheinung liegt in seinem Gesichtsausdruck.“[9]

Albert andererseits fand Victoria „sehr liebenswürdig“, mehr nicht.

Er konnte mit den vielen Bällen und Konzerten nichts anfangen, da er immer noch ziemlich früh müde wurde. Eigentlich wollte er sich lieber etwas von London ansehen.

Nach vierwöchigem Aufenthalt , ging Albert mit gemischten Gefühlen. Er mochte zwar die Lebhaftigkeit seiner Cousine, aber er fand sie zu egozentrisch, sie lachte zu laut und zu viel. Sie hätten damals gefallen aneinander gefunden, bemerkte er später, doch über eine gemeinsame Zukunft sei kein Wort gesprochen worden.[10]

Die Prinzen blieben zur weiteren Ausbildung in Brüssel.

Ihr dortiger Aufenthalt dauerte 10 Monate und war für Albert von großer Bedeutung. Hier erlebte er ein liberales Staatswesen und sah wie eine konstitutionelle Monarchie funktionieren konnte.[11] Florschütz war weiterhin bei ihnen. Albert bekam zum ersten Mal einen Einblick in Staatswissenschaften und in die Welt der Politik. Das neutrale Belgien war ein günstiger Standort, um zu beobachten was sich in der Staatenwelt Europa abspielt.

Im April 1837 siedelten die Prinzen mit Florschütz nach Bonn über, in welchem Albert ein intensives Universitätsjahr absolvierte.

Am 20. Juni verstarb König William und Victoria bestieg den Thron. Albert schrieb ihr einen Brief indem er neben den Glückwünschen auch seine Treue und den Gehorsam gegenüber seiner Majestät zum Ausdruck brachte. Die in seinen Augen zu herablassende Antwort der Monarchin, lässt den Briefkontakt auf weiteres abbrechen.

Ernst und Albert konnten noch einmal zwei gemeinsame Monate in Coburg verbringen, bevor sie sich trennen mussten. Gleichzeitig war es eine Trennung von Florschütz, der in Coburg blieb und sich verheiratete. Es war ein harter Schnitt: die aller engste Gemeinschaft des 19jährigen mit seinem Bruder wurde getrennt und dazu gleich die fast eben solange Vertrautheit mit seinem Lehrer, den er besser kannte als den Vater.[12]

„Die Trennung wird uns fürchterlich schwer werden“, schrieb er Freund Loewenstein[13], „wir waren bis jetzt, solange wir denken können, keiner noch keinen Tag ohne den Andern. Ich mag mir den Augenblick gar nicht vergegenwärtigen.“[14]

Im Dezember trat Albert die „große Kavalierstour“[15] nach Italien an, bei der er von Stockmar[16], dem Mentor Leopolds, begleitet wird.

Diese Reise bildete eine der ganz wenigen Phasen seines Lebens, in denen er, ohne das Korsett von Aufgaben und Pflichterfüllung, ganz er selbst sein durfte: frei, heiter, interessiert, neugierig.

„Du wirst mich um sechs Monate älter wieder sehen“, kündigte er noch aus Genf dem Bruder an, „frei von Verlegenheit, die mich sonst plagte, etwas im Englischen fortgeschritten, bereichert an einigen Erfahrungen und durch Stockmar eingeführt in manche kleinen politischen Geheimnisse. Was die Heiterkeit anbetrifft, so erinnere ich mich nie so lustig und ausgelassen gewesen zu sein als ich mit Stockmar und Seymour[17] zusammen war. Was ich Stockmar sehr verdanke, das sind einzelne große Lebensprinzipien, über die ich durch ihn erst zur Klarheit der Erkenntnis gekommen bin.“[18]

Albert hatte gehofft nach seiner Heimkehr, erst einmal ein paar Wochen in Rosenau[19] verbringen zu können. Sein Vater hatte ihn aber schon für andere Tätigkeiten verplant. Das Verhältnis zwischen seinem Bruder und seinem Vater wurde schlechter und Albert versuchte zu vermitteln was ihm nicht gelang.

Und Victoria, gerade erst gekrönt worden, hatte ihr Interesse am Heiraten erst einmal verloren und wollte kein erneutes Treffen.

Albert war deprimiert. Er wusste nicht wie es weiter gehen sollte. Sein 20. Geburtstag war ein Fiasko, statt ihn auf Rosenau zu verbringen, musste er mit nach Gotha.

Und dann kam plötzlich eine Einladung der Königin Victoria nach London.

II. Verlobung und Hochzeit

Die junge Viktoria, die nach Jahren endlich eine gewisse Freiheit genoss, konnte sich mit dem Gedanken bald zu heiraten nicht wirklich anfreunden. Sie wollte diese Unabhängigkeit nicht gegen die Einschränkungen der Ehe eintauschen und ein Interesse an Kindern hatte sie auch nicht. Jedoch hatte der Konflikt mit den Tories[20] und die Flora – Hastings - Affäre[21] gezeigt, dass Victoria noch andere Stützen und einen anderen Halt als Melbourne brauchte – Halt in der Privatsphäre.

Melbourne war ein väterlicher Freund, der jedoch das Interesse der Königin am Regieren so gering wie möglich zu halten versuchte, um sie eher auf die Pflichten einer Frau aufmerksam zu machen.

Diese Abhängigkeit von ihrem Premierminister brachte ihr in der Öffentlichkeit den Titel „Mrs. Melbourne“.

In diesem Ganzen Hin und Her hat ihr Onkel Leopold dann die Weichen gestellt. Albert und Ernst sollten einen zweiten Besuch machen. Albert hatte im Grunde kein Interesse an England und auch kein sonderliches an der Königin.

Er hatte den Eindruck sich wie ein Stellungssuchender in London zu präsentieren und er rechnete mit einer Enttäuschung.[22]

Albert erwartete eine unfreundliche Nation und eine kühle Königin. Er fuhr mit der festen Absicht nach London, Victoria zu sagen, er sei der Verzögerung müde; wenn sie sich nicht zu einer Verlobung bekenne, ziehe er sich seinerseits aus der Affäre zurück – das schrieb er wenigstens Freund Loewenstein.

Am Abend des 10. Oktober 1839 trafen die Beiden nun erneut aufeinander und sie wurden positiv überrascht. Albert sah sich einer 20 jährigen, schüchternen, schutzsuchenden Frau gegenüber und die schon immer auf Schönheit achtende Victoria einem „schönen Albert“.

In den nächsten vier Tagen verwandelte sich Victorias Bewunderung in Anbetung.[23]

Albert und Victoria führten stunden lange Gespräche, ritten zusammen aus, spielten zusammen – kurz, sie prüften ihre Gemeinsamkeiten, und das Ergebnis viel ungewöhnlich gut aus. Am Nachmittag des 15. Oktober machte ihm Victoria dann den Heiratsantrag. Albert war glücklich, doch von Liebe sprach er nicht als er Stockmar davon berichtete, aber er war gerührt von Victorias Hingabe.[24] Nach seiner Abreise am 14. November versucht Albert seine Zuneigung in Briefen mitzuteilen, was jedoch häufig etwas gezwungen wirkt.

Am 16. Januar wurde die bis dahin geheim gehaltene Verlobung offiziell verkündet. Die Reaktionen waren neben der üblichen Neugier nicht freundlich. Der Prinz aus einem so unbedeutenden Ländchen schien zu gering für die englische Königin, und das es wieder ein Deutscher und dazu abermals ein Coburger sein musste, führte zu feindseliger Opposition und unfreundlichen Fragen.

Die Debatte im Parlament jedoch, war für die Brautleute viel bitterer und schmerzhafter. Man riet ihm zu einem Herzogtitel ( Peel ) um ihn von seinem „Ausländertum“ zu befreien, was er jedoch ablehnte. Dann kamen erst Bedenken ob der Prinz wirklich Protestant sei und schließlich ob er überhaupt ein eheliches Kind wäre, da es Berichte über die Eskapaden seiner Mutter gab. Und zum Schluss kam der „Kuhhandel“ über Alberts künftige Apanage. Albert schwieg. Er nahm die Parlamentsdebatten persönlich. Ihm war damals noch nicht klar, dass er als Prügelknabe für die Tories herhalten musste.

Nun machte auch noch Victoria Schwierigkeiten. Sie bestimmte über seinen Kopf hinweg die Personen seines Haushalts. Albert der einen politisch neutralen oder wenigstens ausgewogenen Haushalt haben wollte wurde enttäuscht: Victoria ernannte auf Melbournes Rat nur Whigs und an die Spitze Melbournes Privatsekretär Anson. Albert wurde wütend und appelierte an Victorias Einsicht. Sie änderte ihre Meinung jedoch nicht und Albert gab auf Stockmars Rat hin schließlich nach.

Auch die vier bis sechs Wochen Flitterwochen wurden von Victoria auf zwei bis drei Tage zusammengekürzt, da sie schließlich die Monarchin sei und die Geschäfte nicht einfach liegen bleiben können.[25]

Zurück in London war der erst offizielle Akt Alberts die Naturalisation. Am 10. Februar fand die Hochzeit statt.

Am Morgen nach der Hochzeitsnacht notierte die Herzogin von Belford, eine der Hofdamen, Victoria sei „übertrieben verliebt“ in Albert, aber der sei „kein bisschen“ verliebt in sie. Die Herzogin fand er wirke „unglücklich“, und es schien ihm tatsächlich nicht gut zu gehen: er legte sich am Nachmittag hin um sich von den Spannungen der vergangenen Tage und der Leidenschaft der vergangenen Nacht zu erholen.[26]

Im Unterschied zu Victorias Gefühlen war es für ihn nicht die große Liebe – es ist fraglich, ob er dazu überhaupt in der Lage war.

Für ihn war die Ehe Lebensaufgabe und Pflichterfüllung, und sie wurde zum Vorbild für das gesamte europäische Bürgertum.[27]

Kein Jahrhundert hat Englands politische, wirtschaftliche und soziale Struktur so grundlegend verändert. Und mitten in Spannungen und Konflikte hatte eine 18jährige den Thron bestiegen und war kurz darauf mit einem deutschen Kleinprinzen verheiratet. Dass die politischen Kräfte des Landes dieses unerfahrene Paar nicht sonderlich wichtig nahmen, war begreiflich.[28]

Als Victoria gekrönt wurde, arbeiteten ein Drittel aller Männer in der Landwirtschaft. Den Boden besaß der Adel. Im Oberhaus saßen 421 Peers[29] ; die Unterhausabgeordneten waren aus Wahlkreisen entsandt worden, die auf dem Grund und Boden der Peers lebten – für die richtige Kandidatenauswahl war gesorgt.

Die Gesetze die das Parlament verabschiedete, entsprachen im wesentlichen den Bedürfnissen der herrschenden Klassen und das begann die Massen zu reizen. Die Justiz diente fast nur dem Schutz des Eigentums. Man entschloss sich also zu Reformen, um dem Volk ein Stück entgegen zu kommen, besonders der Arbeiterschaft, wirklich etwas geändert wurde aber nur sehr langsam.

Schritt für Schritt folgten die herrschenden Klassen und das Parlament dem, was sozial notwendig schien – oft spät, aber immer rechtzeitig genug, um einer Revolution, wie sie Frankreich vorgeführt hatte, zu vermeiden. Die Zustände wurden nicht als gottgegeben hingenommen, sondern das öffentliche Gewissen regte sich und die Gesellschaft sann auf Abhilfe.

III. Der unbeliebte Ausländer

Nun hatte die Königin von England einen Prinzen aus Deutschland und noch dazu einen eher unbedeutenden, geheiratet. Der englische Adel ließ kein gutes Haar an ihm, er war ihnen zu gebildet, hatte kein Interesse an großen Veranstaltungen wie Konzerte und zeigte auch deutlich was ihm gefiel und was nicht. Mit seinem Desinteresse an Frauen zum Beispiel machte er sich nicht unbedingt beliebter.

Albert war ein Fremder unter Fremden in einem fremden Land[30]. Er opferte Wesentliches: Heimat und vertrauten Lebenskreis, die Stille seiner Studierstube, den engen Umgang mit Verwandten und Freunden. Er verabscheute London und seinen Gesellschaftsrummel samt der ganzen müßigen, untätigen Aristokratie. Er suchte sich Beschäftigung. Sein erstes offizielles Amt war das des Präsidenten der „Gesellschaft zur Abschaffung der Sklaverei“. Es war ein erstes Erfolgserlebnis[31]. In Sachen Politik hatte er keinerlei Mitspracherecht. Victoria wachte in dieser frühen Phase fast eifersüchtig darüber, ihre Entscheidungen allein zu treffen und ihre Unterschriften unter Dokumente zu setzen, bevor er dazu auch nur einen Kommentar abgeben konnte.[32] Nicht mal in einer privaten Unterhaltung durfte über Politik gesprochen werden, Victoria hatte nicht wirklich eine Ahnung davon und wollte Streit vermeiden.

Intellektuelle Zuflucht fand Albert in dieser Zeit bei seinem Freund Stockmar.

So waren die ersten Jahre schwer für ihn. Das Parlament strich ihm die Bezüge zusammen, verweigert ihm den Titel „Prinzgemahl“ und damit den Rang direkt nach der Königin.

Im November 1840 wurde das erstes Kind geboren. Prinzessin Victoria genannt Vicky.

Der Prinz war sehr glücklich, merkte aber bald dass er auch bei der Kindererziehung nichts zu sagen hatte, da dies der langjährigen Freundin Victorias, Baronin Lehzen[33] aufgetragen wurde. „Ich bin der Ehemann, aber nicht der Herr im Haus.“[34]

Das Wochenbett bedeutete für den Prinzen vorübergehend mehr Beschäftigung, die Königin musste ihn um Hilfe bitten. Er suchte weiter nach Beschäftigung und fand sie in Windsor. Er betätigte sich sofort als Landschaftsgärtner, kümmerte sich um die Ställe, um die Zuchttiere und wurde Präsident der Royal Agricultural Society.

1841, Victoria war wieder schwanger, verhandelte Albert mit dem Oppositionsführer Sir Robert Peel um den Zwist über „das Hofdamenproblem“[35] beizulegen. Peel wurde im Herbst Premierminister und er und Albert wurden im Lauf der Zeit Freunde. 1842 kam es zum Eklat zwischen Victoria und Albert. Baronin Lehzen und er gerieten ständig aneinander doch anfangs fühlte Albert sich nicht sicher genug, Victoria zu einer Entscheidung zu zwingen. Doch jetzt, ein Jahr später verlangte er, dass die Baronin entlassen wurde. Victoria, der das zwar schwer fiel, gab nach einem heftigen Streit nach. Die neue Gouvernante der beiden Kinder wurde Lady Lyttelton. Albert hatte ein sehr gutes Verhältnis zu seinen Kindern.

Noch vor der Geburt von Bertie, dem späteren Thronfolger, wurde ein Gesetz erlassen, dass Albert die Regentschaft übernehmen solle, falls Victoria etwas zustoßen würde. Das etwas schwierige Verhältnis zu Melbourne entspannte sich und die Tories waren von seiner Unparteilichkeit überzeugt.

Albert schaffte es, dass sich Victoria und ihre Mutter wieder versöhnten. Sorgen musste er sich um den anderen Teil seiner Familie, sein Bruder wurde wie zuvor sein Vater, immer wieder mit Frauengeschichte in Verbindung gebracht.

Kluge englische Politiker hatten erkannt, was in diesem jungen Mann steckte: Melbourne, Wellington, Peel. Es waren diese Staatsmänner die der Königin rieten, ihren Mann in der Funktion des Privatsekretärs in die Staatsgeschäfte einzuspannen.[36]

IV. Die Wende: Der heimliche König

1841 wurden die Whigs geschlagen und Sir Robert Peel wurde Premierminister. Diese Amtsübernahme war eine Wende für Albert. Sie hatten viel gemeinsam. Unter anderem die Abneigung gegen den lärmigen Parteibetrieb, sie erkannten beide die Notwendigkeit sozialer Reformen, ein Interesse an Wissenschaft und Kultur, sie zogen beide das Landleben vor, beide waren liberal und Peel hatte Verständnis für die deutschen Probleme.[37]

Kontroverse Themen besprach man nun besser mit dem Prinzen, als mit der schnell aufbrausenden Königin, das hatten bald alle begriffen.[38] Und Victoria wurde von Alberts Neigungen angesteckt. Sie begann das Privatleben zu bevorzugen, ebenfalls das Leben auf dem Land. Albert hatte durch die Liebe Victorias Macht über sie erlangt.[39] Er war nun auch bei jeder Ministeraudienz an ihrer Seite. Er hatte die Rolle des Beraters und Privatsekretärs übernommen. Victoria wurde durch ihn ruhiger und sicherer und im Land begann man diese untadelige Häuslichkeit zu schätzen. Albert drückte es Stockmar gegenüber wie folgt aus: er habe es ja immer gesagt, wenn das Ansehen der Monarchie wieder wachsen solle, dann könne das nur geschehen, wenn der Souverän ein vorbildliches Leben führe und sich von Parteipolitik fernhalte.[40] In den ersten 10 Jahren der Ehe wurden 7 Kinder geboren, Victoria war also häufig im Wochenbett, man gewöhnte sich von vorne herein daran sich an den Prinzen zu wenden.

Er war nun persönlich und tief involviert in die Politik: er war verantwortlich für die politischen Ansichten der Königin und ihren Rat an die Minister.[41] Stets handelte er im Namen der Königin. Er reorganisierte die Hofhaltungen am Buckingham Palast.

Gemeinsam reisten sie 1842 nach Schottland und zum ersten Mal seid 20 Jahren betrat der Monarch wieder schottischen Boden, und daraus entstand eine große Liebe.[42] Albert erkannte Ähnlichkeiten mit seiner Heimat Thüringen, das führte dazu dass dort Jahre später eines ihrer Feriendomizile, Balmoral, entstand.

1845 reiste das Paar nach Deutschland und Albert zeigte seiner Frau Rosenau und die Universität in Bonn. Von Beidem war Victoria begeistert, auch das Land gefiel ihr sehr. „Wäre ich nicht was ich bin, dies wäre mein Heim geworden, doch so sehe ich es als meine zweite Heimat an.“[43]

Auf der Isle of Wight kauften Victoria und Albert Osborne House. Unter Alberts Anleitung wurde daraus ein Feriendomizil. Sein erstes „eigenes“ Haus. Zuvor hat er ja immer nur in Häusern gelebt die seiner Frau gehört haben.

Nun war Albert nicht mehr nur der Mann, sondern der Herr im Haus und dass er in jeder Hinsicht die Rolle eines Königs ausfüllte, gab Victoria in ihrem Tagebuch ehrlich zu:

„Er müsste es sein, er ist mir wirklich in allem über, & so wünschte ich, er könne mir im Rang gleich sein.“[44]

Sie hätte ihn gern zum Königsgemahl gemacht, Prinzgemahl schien ihr schon nicht mehr genug.

Doch Albert musste auch Lehrgeld bezahlen. Im Jahr 1846 erschien er im Unterhaus um Peel zu helfen und bewirkte das Gegenteil. Der Prinz wollte das Vertrauen der Krone in Peel zeigen. Ein erstes und letztes Mal verstieß Albert gegen den Grundsatz, dass sich die Krone aus der aktuellen Tagespolitik raus zu halten hatte.[45]

Albert engagierte sich sehr in sozialen Fragen von denen Victoria wenig begriff. Er fuhr in Industriegebiete, hielt Reden und Vorträge, half den Londoner Hafenarbeitern, veranstaltete Kostümfeste, um die Tuchweber zu unterstützen; er ließ Musterwohnungen errichten, bewirtschaftete ein Mustergut in Windsor, unternahm forstwirtschaftliche Experimente auf der Isle of Wight, organisierte Schulen für Arbeiter – er glaubte an den Fortschritt und er suchte Harmonie.[46] Aber das war ja nur der nach außen sichtbare Teil seiner Tätigkeiten neben den zahllosen Repräsentationspflichten, Reden, Grundsteinlegungen, Staatsbesuchen, Brückeneinweihungen, und immer war er persönlich engagiert. Er besuchte sogar noch naturwissenschaftliche Vorlesungen von Faraday, ließ sich zum Kanzler der Universität Cambridge wählen und reformierte ihren Lehrplan, so wie er auch in der königlichen Kunstkommission die bedeutendsten Männer versammelte und zu neuen Aktivitäten veranlasste. Dass er auch über die Heeresreform nachdachte, für die Abschaffung des Duells sorgte, so dass ihn der Herzog von Wellington zum Oberbefehlshaber der Armee vorschlagen wollte, sei nur nebenbei erwähnt.

V. Familienleben

Im Gegensatz zu Victoria die nie wirklich ein Interesse am Kinder kriegen und auch an den Kindern an sich hatte, erfüllte Albert die Schar, die sie im Lauf der Jahre beisammen hatten.

Vorbildhaft auch in diesem Bereich war das Paar, weil Victoria sich bei der Geburt ihres achten Kindes mit Chloroform behandeln ließ.

Albert verbrachte soviel Zeit wie möglich mit den Kindern. Sein Lieblingskind, vermutlich weil es das intelligenteste und somit Albert am ähnlichsten, war Vicky. Mit ihr konnte er reden wie mit seinem anderen Ich.[47] Albert der sie als Bindungsglied zwischen England und Deutschland sah, bereitete sie jeden Abend auf ihre künftige Aufgabe in Berlin vor, unterrichtete sie in europäischer Geschichte. „Vom lieben Papa kann ich mehr lernen als von irgendjemand auf der Welt.“[48] Sonst war Albert als Vater nicht sonderlich erfolgreich. Er wollte auf alle seine Kinder dieselbe pädagogische Systematik anwenden, unter der er selbst aufgewachsen war. Selbst in den Ferien mussten sie irgendetwas sammeln, Gärten anlegen, die Prinzessinnen lernten kochen und backen, die Buben schreinern. Doch seine Kinder waren nicht lauter Alberts. Albert Edward, der Prince of Wales, schlug über die Stränge, geriet in peinliche Affären; Victoria, die mit den Kindern ohnehin nicht viel anfangen konnte, machte ihn geradezu für den Tod Alberts verantwortlich. Als er 1901 den Thron bestieg, legte er als erstes den Namen Albert ab und nannte sich Edward VII.[49]

Alle britischen Biographen stimmen darüber ein, dass der Vater den Kindern näher stand als die Mutter – nicht nur, weil er mit den Kindern Schneemänner baute, mit ihnen rodelte und Schlittschuh lief. Er behandelte sie als gleiche.[50]

Es war die erfolgreichste und glücklichste Ehe die es je bei Monarchen gegeben hat:

In gewisser Weise ersetzt Victoria in der Ehe Albert die Mutter und umgekehrt Albert den Vater. Victoria liebt ihren „Engel“ Albert bis zur Vergötterung. Doch auch sie musste Opfer bringen: den Rückzug aus der Großstadt aufs Land, den Verzicht auf Bälle und Festlichkeiten mit Rücksicht auf Alberts fast krankhaftes Schlafbedürfnis.[51]

Und Albert? Albert liebte auf die Art, zu der er fähig war. Es war nicht leidenschaftlich, so wie bei Victoria, es war mehr liebende Besorgtheit; und insofern erwiderte er die Liebe.[52]

Seine Ehe war eine Pflichterfüllung und er wollte es so gut wie möglich machen. Seiner Frau zu Liebe, die sogar auf die Männer in seinem Umfeld eifersüchtig war, sagte er manches Abendessen ab. Er ließ sie nie im Stich – außer als er starb.

Alberts Grundstimmung war Zufriedenheit mit einem Hauch Heimweh und Resignation.[53]

1844 starb Alberts Vater, was Albert über Wochen hinweg in tiefe Trauer versetzte. Er verlor ein Stück Heimat. Im Zuge der Beerdigung reiste er nach Deutschland und seinen Briefen nach zu Urteilen war er so glücklich wie schon lange nicht mehr. Wieder zurück in England beteuerte er mit den privaten Umständen seines Lebens zufrieden zu sein, aber glücklich war er ganz sicher nicht. Er wurde nicht warm in England, das Heimweh quälte ihn ohne Unterlass.[54]

VI. Der Patriot

Albert deutscher Patriotismus war frühzeitig angelegt worden. Vater und Onkel hatten an den Befreiungskriegen gegen Napoleon teilgenommen. Christoph Florschütz vertrat liberales Gedankengut. Baron Christian von Stockmar, der sich liberal – konstitutionellen Ideen verschrieben hatte, wie sie der von ihm inspiriert Leopold I. bereits als König der Belgier praktizierte, beeinflusste die politische Vorstellungswelt des jungen Prinzen nachhaltig. Stockmar sah in der englischen Verfassungsentwicklung ein Modell für die notwendigen Reformen des eigenen Vaterlandes. Er wünschte die Einigung Deutschlands im Rahmen einer konstitutionellen Monarchie.[55]

Das Interesse Alberts an der deutschen Situation wurde 1845, beim Besuch des Königspaares in Alberts Heimat wieder geweckt. Im November 1846 wendete er sich dann zum ersten Mal in einer internationalen Angelegenheit an den preußischen König.[56] Um seinen Argumenten in den Memoranden und Briefen mehr Gewicht zu verleihen, unterstrich er in einem Brief, wie sehr er „in allen Ansichten und Urteilen über englische Politik sowie über die damit zusammenhängende europäische und Weltpolitik“ mit Victoria übereinstimmte.

Albert beanspruchte, als Patriot und Fürst des Hauses Sachsen – Coburg und Gotha auch in deutschen Belangen sein Gewicht zur Geltung zu bringen. Er versuchte zu ermuntern und zu mahnen und begann lebhaft über die Gestaltung der deutschen Verhältnisse nachzudenken, als die 48 Revolution ihren Schatten voraus warf. Neben den Bemühungen, die britische Haltung in der deutschen Frage zu beeinflussen, konzentrierte er sich darauf, die Familienbeziehungen als Instrument seiner Deutschlandpolitik zu nutzen. 1847 äußerte er sich in einem Memorandum an den Premierminister Lord Russell zur Rolle Großbritanniens in der europäischen Politik. England habe durch eigene Energie aber auch durch glückliche Umstände einen Vorspruch „in civilisation, liberty and prosperity“. Es sei daher seine Mission, seine Pflicht und sein Interesse, Zivilisation und politische Freiheit zu verbreiten und jeden Versuch eines Staates, in diese Richtung voranzuschreiten, ohne jedoch durch äußeren Druck ein Ergebnis erzielen zu wollen, dass nicht dessen eigenen Impulsen entspreche.[57]

Seit dem Frühjahr1847 glaubte Albert, dass Preußen auf dem richtigen Weg sei. Er begrüßt die Einberufung des Vereinigten Landtags als Abschied von der absolutistischen Regierungsform und als Übergang zum konstitutionellen System.[58]

Als im März des Jahres 1848 die Revolution von Frankreich nach Deutschland übersprang und die Hauptstädte Wien und Berlin erschütterte, waren auch Alberts Vorstellungen einer staatenbundlichen Entwicklung Deutschlands auf der Basis einer Weiterentwicklung des Deutschen Bundes schnell überholt.[59] Die revolutionären Krisen des europäischen Kontinents hatten Großbritannien nahezu unberührt gelassen. England präsentierte sich eher als Zufluchtsort gestürzter oder gefährdeter Häupter der großen europäischen Politik.

Alberts außenpolitische Aktivitäten, für die er – zum Teil an der amtlichen Politik vorbei – in immer stärkerem Maße die privaten Kanäle des Hofes nutzte, mussten allerdings das zunehmende Misstrauen Palmerstons schüren, der seinerseits dazu überging, die britische Außenpolitik, unbeirrt von den Versuchen königlicher Einflussnahme, fortzuführen und der dabei bewusst seine Informationspflicht gegenüber der Krone vernachlässigte. Die wachsenden Spannungen zwischen dem Außenminister und dem Königspaar, die sich zu persönlichen Animositäten steigerten, führten schließlich 1852 zum Sturz Palmerstons, dessen Einfluss jedoch bestehen blieb; später, mit dem Herrscherpaar versöhnt, übernahm er sogar noch einmal die Regierungsgeschäfte.[60] Ende März 1848 hatte Albert bereits die Ansicht akzeptiert, dass ein deutscher Staatenbund nicht ausreiche, um den nationalen Einheitsstreben gerecht zu werden. Jetzt plädierte er für ein föderalistisches Deutschland, dessen Verfassung allerdings nicht die Folge eines revolutionären Aktes, sondern das Ergebnis von Verhandlungen zwischen den Fürsten und der Nationalversammlung sein sollte.[61]

Albert war – ebenso wie der preußische König – kein Anhänger des allgemeinen, gleichen Wahlrechts, wie es in der Frankfurter Versammlung am 20. Februar 1849 beschlossen wurde.

Als Friedriche Willhelm IV. schließlich doch die von der Nationalversammlung angebotene Kaiserwürde ablehnte, zeigte Albert sich zutiefst betroffen und deprimiert. Preußen hat sich nach seiner Überzeugung, eine historischen Aufgabe verweigert.

„Was soll nun aus der armen Nation werden, da der König von Preußen den Kaiser der Deutschen , der sich eben auf die Beine stellen wollte, ins Wasser geworfen hat“, so kommentierte er das Geschehen in jenen Tagen.[62]

Er begrüßte das Dreikönigsbündnis Preußens mit Hannover und Sachsen und verfolgte die Verhandlungen des Erfurter Unionsparlaments mit wachsender Unruhe. In beschwörenden Briefen warb er für den schnellen Anschluss der kleinen Staaten an den preußischen konstitutionellen Staatenverein. „Geschieht dies nicht, so wird es den Intrigen der Höfe von Österreich, Bayern, Württemberg, Hannover, vielleicht selbst Sachsen, doch gelingen, das arme Deutschland nach fast zwei Jahren schrecklicher Leiden wieder zurück ins Chaos von Ungewissheit, Rechtlosigkeit und Schwäche zu werfen, aus dem notwendig eine neue zerstörende Revolution hervorgehen muss.“[63]

Prinz Albert sah vor allem im Sieg der preußischen Reaktion den entscheidenden Grund für das Scheitern der Unionspolitik. Preußen hatte nach seiner Ansicht ohnehin nur eine Entwicklungschance, wenn es den konstitutionellen Weg beschritt. Als bloßer Militärstaat werde es die schwächste der fünf Großmächte bleibe und gegenüber Österreich immer nur eine untergeordnete Stellung einnehmen bzw. als Anhängsel Österreichs oder Russlands in Erscheinung treten. Hingegen werde ein Preußen, „dass als ehrlicher Repräsentant der konstitutionellen Monarchie auf dem Kontinent und zugleich mit patriotischer Uneigennützigkeit als Schutzherr der konstitutionellen Verbindung und Entwicklung der deutschen Staaten auftritt“, eine moralische Macht besitzen, „die dann auch der Unterstützung Englands ebenso wenig entbehren wird als der scheuen Achtung des Gesamtauslands und die für Europa die sicherste Garantie eines allgemeinen Friedens bietet,“[64]

Albert hatte sich mit harscher Kritik an den preußischen Thronfolger Wilhelm, den späteren deutschen Kaiser, gewandt, auf den er nunmehr seine Hoffnungen richtete. Auf den wankelmütigen König setzte er nicht mehr. Vorerst sah er ohnehin keine Chance für einen deutschen Nationalstaat, doch blieb er davon überzeugt, dass die deutsche Einheit eines Tages kommen werde.[65]

Dennoch war es gerade wegen der Deutschen Frage zu erhebliche Differenzen zwischen dem Hof und dem Außenministerium gekommen. Obwohl Albert englisch und europäisch zu denken gelernt hatte, fühlte er als deutscher Patriot. Dies wurde besonders deutlich in der schleswig – holsteinischen Frage, in der die Krone eine der offiziellen Außenpolitik entgegen gesetzte Position bezog.[66]

Alberts Kritik bezog sich vor allem auf die abwartende Haltung der britischen Politik gegenüber dem Projekt der deutschen Einheit, auf die zum Teil widerspruchsvollen Manöver der Diplomaten und auf die mangelnden Kenntnisse der deutschen Verhältnisse, die er bei den politisch Verantwortlichen konstatierte. Nach seiner Überzeugung unternahm Großbritannien zu wenig, um die politische Entwicklung in Deutschland positiv zu beeinflussen.

Albert gab die Hoffnung auf eine Liberalisierung Preußens, die er für eine unerlässliche Voraussetzung der deutschen Einheit hielt, nie auf. Er baute auf seine Freundschaft mit dem Thronfolger. Ganz im Sinne Coburgischen Familienpolitik gedieh das Projekt einer königlichen Heirat zwischen seiner ältesten Tochter Vicky und dem Prinzen Friedrich Willhelm. Mit dieser Ehe sollte das britische und preußische Königshaus enger miteinander verbunden werden, um eine liberal – konstitutionelle Wende in Deutschland zu begünstigen.

Der Thronwechsel in Preußen und die „neue Ära“ waren ein hoffnungsvoller Auftakt, der durch den Heeres – und Verfassungskonflikt jäh beendet wurde. Albert hat die weiteren Entwicklungen nicht mehr erlebt.[67]

VII. Die Weltausstellung 1851

Kunst, Wissenschaft und Industrie – aus seinem Engagement für alle drei und aus der Bemühung um eine Symbiose war die Weltausstellung von 1851 entstanden – so wurde sie im allgemeinen, kurz genannt. Der englische Titel „Great Exhibition“ war bescheidener. Doch der Begriff „Weltausstellung hat seine Berechtigung. Wenn auch nicht die ganze Welt vertreten war – es war die erste internationale Veranstaltung dieser Art, und sie war von großer Bedeutung.[68] Es war ein Erfolg wie man ihn selten findet.

Prinz Alberts Ansehen in der Öffentlichkeit beruhte zum großen Teil auf dem Erfolg der Weltausstellung, und man darf zu Recht davon ausgehen, dass die Weltausstellung ohne ihn ein unerfüllter Traum geblieben wäre.[69] Die Verbindung zur Weltausstellung kam durch seine Präsidentschaft in der Society of Arts, Commerce & Manufactures zustande – einer im 18. Jahrhundert gegründeten Organisation, die sich die Förderung des Erfindungs – und Unternehmungsgeistes zum Nutzen der Menschheit auf die Fahne geschrieben hatte.[70]

Dank neuer Verkehrsmittel schrumpften die Entfernungen zusammen, Sprachkenntnisse verbreiteten sich, die Völker schienen näher zusammen zu rücken.[71] Die Weltausstellung sollte unternehmenden Geistern aller Nationen zeigen, was die anderen leisten, welche Materialien benutzt, welche neuen Verfahren verwendet, welche neuen Märkte erschlossen werden konnten.[72]

Zunächst musste Aufklärungsarbeit geleistet werden. Die aktivsten Mitglieder der Gesellschaft gingen auf Reisen, der Prinz hielt Reden. Schwierigkeiten waren aus zwei Ecken von vorneherein erwartet worden: von denen, die immer und grundsätzlich gegen alles Neue waren, und von denen, die Geld geben sollten. Da die Royal Society mit der Organisation dieses Projekts überfordert war, rief das Parlament eine Kommission ins Leben, deren Vorsitz Albert hatte. Doch die Schwierigkeiten wurden unterschätzt.

Das erst Problem war die Fananzierung der Ausstellung. Der ursprüngliche Vorschlag, die Finanzierung einer Privatfirma zu überlassen, die sowohl das Risiko tragen als auch einen Teil der Profite einstreichen sollte, hatte zu einem öffentlichen Aufschrei geführt. Dieses Problem wurde durch eine Fehlbetragsgarantie gelöst.

Das vorgesehene Backsteingebäude war in den verbleibenden 15 Monaten nicht mehr fertig zu stellen und man einigte sich auf den Entwurf eines Glaspalastes von Joseph Paxton.

Nach etlichen Diskussionen über den Standort der Ausstellung einigte man sich schließlich auf den Hyde Park. Am 1. Januar 1851 stand der Kristallpalast. Die Exponate trafen ein. Transport, Auswahl und Arrangement für 100000 Objekte waren ein logistisches Problem. Der Prinz war dauernd auf dem Bauplatz, beantwortete geduldig Fragen, kümmerte sich um zu viele Kleinigkeiten. Aber der Erfolg hing von Kleinigkeiten ab. Die Opposition konzentriertesich nun auf Panikmache. Es werden Lebensmittelknappheit, Teuerung und Morde prophezeit. Der englische Botschafter in Neapel warnte, die Ausstellung werde allen gewalttätigen Republikanern Europas den Vorwand bieten, sich in London zu versammeln.

Die letzten sechs Wochen vor der Eröffnung waren wohl die mühevollsten in Alberts Leben, zumal er sich ja von seinen politischen Pflichten, seiner Verantwortung als Vater nicht beurlauben, seine Sorgen um die Entwicklung in die Deutschland nicht einfach verdrängen konnte; und die Trauer über den Tod seiner Freunde Anson und Peel verursachte Depressionen. „Ich bin mehr tot als lebendig“, schreibt er der Stiefmutter, „zum Überdruss beschäftigen sich die Gegner der Ausstellung damit, alle alten Weiber in Angst und Schrecken zu setzten und mir auf den Hals zu jagen. Jetzt sollen die Fremden hier durchaus eine Revolution anfangen, Victoria und mich ermorden und die rote Republik in England erklären.“ Die Königin notiert zwei Wochen später: „Mein armer Albert ist entsetzlich abgehetzt.“[73]

Je näher der Termin rückte, desto hektischer wurde es. Jede Woche fanden Sicherheitskonferenzen mit den ausländischen Gesandtschaften statt. Auch in London wurde nicht ausgeschlossen, dass die Eröffnung zum Signal für einen Volksaufstand werden könnte.

Am 1. Mai 1851 wurde die Ausstellung eröffnet.

Und nun kam die große Wende. Nachdem die ersten Besucher die Ausstellung gesehen hatten, wurde Kritiken und Spott von großer Begeisterung abgelöst. Nun waren alle ungeheuer Stolz auf den Kristallpalast und auf das ganze Unternehmen, allen voran natürlich die Königin, die insgesamt 34mal dort war und ihr Tagebuch mit vielen Seiten farbiger Berichte füllte.[74] Jetzt sollte dem Prinzen ein Denkmal gesetzt werden. Seine Popularität hatte ihren Gipfel erreicht. Albert lehnte ab: er wolle nicht in sein eigenes Gesicht starren, wenn er durch den Hyde Park reite, schreibt er Lord Granville.[75]

Woher stammte eigentlich Alberts Wissen in all den vielfältigen Bereichen?

Die Antwort lässt sich in einem Memorandum finden, dass er zusammen mit seiner neuen Idee der Royal Comission vorlegte.

Wie lasse sich das menschliche Wissen vermehren, fragte er. Auf vielerlei Weise: erstens durch das Studium von Büchern; zweitens durch mündliche Vermittlung derer, die Wissen besitzen, an jene, die es erwerben wollen, drittens durch Augenschein, Demonstration und Vergleich und viertens durch den Austausch von Information und Ideen in der Diskussion. Auf diesem Wege hatte der Prinz selbst eine Bildung vervollkommnet, und für diesen Zweck, das Wissen zu vermehren, sollte der Überschuss der Ausstellung verwendet werden.[76]

VIII. Bertie und Vicky

Albert hatte es geschafft, die Monarchie nach Jahrzehnten größter Geringschätzung wieder zu Respekt zu verhelfen. Ihre Position im Rahmen der Verfassung war gesichert. Die königliche Familie galt in ganz Europa als Vorbild. Der Monarch war ein ernst zu nehmender Gesprächspartner und ein unumgänglicher Gegenpol des Parlaments. Doch der Prinzgemahl war sich auch über die Grenzen des Einflusses im Klaren. Sollte der Thronerbe die Position halten und festigen, brauchte er nach Alberts Überzeugung Kenntnisse und Fähigkeiten, die den politischen Organen ebenbürtig, ja überlegen sein mussten. Bertie war sein Sohn – aber zu allererst war er der künftige König.[77] Dies führte dazu, dass er Bertie zuviel abverlangte und versuchte ihn gegen sein Naturell zu erziehen. Bertie wollte nicht lernen und anstatt das straffe Programm zu lockern, wurde Albert noch strenger und verlangte immer mehr von Bertie ab.

Auf der anderen Seite stand Vicky, die Albert ebenbürtig war. Die seinen Intellekt besaß und mit Freude und Eifer lernte. Die Liebe zur ältesten Tochter ist einer der bewegendsten Züge in Alberts Leben. Schon an dem frühreifen Kind ließ sich erkennen, dass ihm hier eine kongeniale Partnerin heranwuchs.[78] Ihre Ehe mit Prinz Friedrich Willhelm von Preußen schien ein gute Fee zu arrangieren, sie erweckte unter allen Aspekten die schönsten Hoffnungen.[79]

Die übrigen Kinder wuchsen ziemlich problemlos auf, und das Familienleben gestaltete sich auch weiterhin harmonisch. Wie in anderen Ehen auch, entstanden Meinungsverschiedenheiten oft wegen der Kinder.

Trotz acht Geburten konnte die Königin mit Kinder nicht viel anfangen. Bis zu Leopolds Geburt hatten sich Victorias Gereiztheiten in Grenzen gehalten – jetzt nahmen sie zu. Sie fühlte sich wie die Frau eines überlasteten Managers. Victoria verfiel in Depressionen sie fühlte sich vernachlässigt und einsam.[80]

Mit 38 war Victoria mit ihrem letzten Kind, Prinzessin Beatrice, schwanger. Zur gleichen Zeit bereitete sich die Familie auf die Hochzeit von Prinzessin Vicky vor. Nach außen hin wurde Freude und Zufriedenheit bekundet, doch je näher der Termin rückte, desto gedämpfter wurde die Stimmung. Am Tag nach der Abreise Vickys aus England schrieb ihr der Vater:

„Das Herz war mir recht angeschwollen, als du gestern in der Kajüte deine Stirn an meine Brust lehntest, um deinen Tränen freien Lauf zu lassen. Ich bin keine Demonstrative Natur und du weißt darum kaum, wie lieb du mir stets gewesen bist und welch eine Lücke du in meinem Herzen hinterlassen hast.“[81]

Langsam kehrt in der Familie der Alltag zurück. Victoria war selig, dass sie ihren Albert wieder ganz für sich alleine hat. Albert wurde nun noch einsamer und die Anbetung die ihm Victoria entgegenbrachte machten dies nicht besser. Auch fand er keine Erfüllung in der allabendlichen Fortbildung Berties, da diesem neben dem Intellekt, das Interesse fehlte. An seinem 18. Geburtstag stimmten die Eltern Berties Wunsch zum Militär zu gehen zu, und er wurde als Oberst zu besonderen Verwendung[82], aufgenommen.

IX. „Ich hänge nicht am Leben“

Albert der schon von Kind an sehr sensibel war und das Verlassen seiner Heimat Deutschland auch nach Jahren nicht verkraftet hat, fiel nach einem für den Körper folgenlosen Reitunfall in ein Loch tiefer Verzagtheit und Melancholie[83]. Er stürzte sich in die Arbeit und war enttäuscht wenn es nichts zu tun gab. Er wusst nichts mit seiner Freizeit anzufangen, außer zu Jagen.

Das Land verlangte, dass die Krone sichtbar wird, teilnimmt, dass die Monarchie sich darstellt. Ständig waren Königin und Prinzgemahl den Pressionen der Öffentlichkeit, den Anliegen lokaler Autoritäten ausgesetzt. Die Last der Verpflichtungen wuchs im gleichen Maße, in dem Alberts Gesundheitszustand nachließ.[84] Er erstickte in Routine, arbeitete sich in Nebensächlichem auf und lebte dabei noch ständig in Versäumnisangst: wenn er vereisen musste, drängten nicht nur die Geschäfte am Schreibtisch auf Heimkehr – Victoria wolltel nicht alleine bleiben.

Die Schwelle war überschritten, die so häufig bei Männern einen Lebensabschnitt markiert: man sehnt sich nicht unbedingt nach dem Tod, aber man ist nicht mehr bereit, für die Erhaltung des Lebens Mühe aufzubringen.[85]

„Ich hänge nicht am Leben“, sagt er voller Gleichmut zu Victoria. „Du tust es, aber ich lege keine Wert darauf. Wenn ich wüsste, dass für alle meine liebsten gesorgt ist, wäre ich ganz bereit, morgen zu sterben.“[86] Melancholie und Resignation drückten sich selbst in seiner Schrift aus: sie hatte den energischen Auf – und Abstrich verloren, wurde fahrig, verschwommen.[87]

Das Jahr 1861 begann trüb. Neben König Friedrich Wilhelm IV starb auch Victorias Mutter, der Albert sehr nah stand. Und gleichzeitig mit der Todesnachricht des König Pedro aus Portugal, kam die Affäre Berties mit einer Schauspielerin ans Licht. Die Königin vergaß nie mehr wie gramgebeugt Albert mit diesem Brief in der Hand zu ihr ins Zimmer kam.[88]

Kurz darauf fuhr er zu Bertie nach Cambridge, um die Sache aus der Welt zu schaffen. Und ausgerechnet jetzt wurde England in den amerikanischen Bürgerkrieg verstrickt. Am 1. Dezember schleppte sich Albert noch einmal zu Schreibtisch und formulierte einen königlichen Kommentar zu einem Ultimatum. Am 2. Dezember war Albert ruhelos, zog sich nicht mehr an, wollte nicht essen. Und sein Zustand wurde nicht besser. Ein paar Tage später kam das Fieber. Einladungen und Termine wurden abgesagt. Mal ging es etwas besser, mal schlechter. Am 12. Dezember nahm das Fieber zu, der Patient war apathisch, dabei unruhig, phantasierte, sprach plötzlich französisch. Am 13. nahmen die Atembeschwerden zu.

Am Mittag starb Albert.[89]

X. Nachruhm

Ein Jahr wurde der Sarg in der St. – Georgs – Kapelle von Schloss Windsor aufgebahrt um dann im Mausoleum von Frogmore, im Park unterhalb von Windsore endgültig beigesetzt zu werden. Alberts Tod verwandelte die Königin über Nacht von einer lebensfrohen Frau in eine ältiche, störrische, morbide Witwe[90]. Sie sah ihr Leben am Ende und ihr Wunsch war es möglichst bald zu sterben.

„Wie soll ich, die mich für alles und & jedes auf ihn stürzte, ohne den ich nichts tat, keinen Finger bewegte, kein Bild & keine Fotografie hinstellte, kein Kleid oder Häubchen anzog, wenn er nicht zustimmte, wie mir selbst helfen ?“[91]

Sie wollte keine Minister sehen, wollte jahrelang nichts von Staatsgeschäften wissen; als der Kronrat tagte, saß sie allein im Nebenzimmer bei offener Tür und der Sekretär signalisierte ihre Zustimmung. Sie weigerte sich öffentliche Pflichten zu erfüllen. Sie verbarg sich, residierte kaum noch in London, erschien höchstens in der Öffentlichkeit wenn ein Alberdenkmal enthüllt wurde.

Das Ausmaß der Bestürzung in England war nach allem voran gegangenen überraschend. Palmerston brach in Tränen aus, Disraeli sagte: „Mit Prinz Albert haben wir unser Souverän begraben; dieser deutsche Prinz hat England 21 Jahre lang mit einer Weisheit und Energie regiert, wie sie keiner unserer Königin jemals gezeigt hätte.“ Die TIMES, die den Prinzgemahl Jahre lang angegriffen hatte, beklagt nun „den größten Verlust welcher der Nation überhaupt zugeführt werden konnte“, und der MORNING STAR bekannte schuldbewusst: „Was er bedeutete, haben wir erst begriffen, als er nicht mehr da war.“[92]

Denkmäler, Statuen werden enthüllt von Manchester bis Kalkutta und von Glasgow bis Coburg.

Bis heute ist er in Großbritannien nach Königin Victoria und dem Herzog von Wellington die meistbeschriebene Persönlichkeit des 19. Jahrhunderts. Er war im wesentlichen ein Teil der britischen Geschichte. Als er nach England übersiedelte hatte er auch versprochen ein guter Deutscher, Coburger und Gothaner zu bleiben; das war es ja, was ihm viel Engländer nicht vergeben konnten.

Ihm lag das Wohlergehen der Menschen am Herzen egal zu welcher Klasse oder zu welchem Volk sie gehörten. Die beste Grundlage für ein friedliches Wohlergehen sah er im Konstitutionalismus, in einem geregelten Verfassungsleben mit einem angemessenen Einfluss des Volkes auf die Regierung. Er war seiner Zeit voraus. In einem Jahrhundert, in dem die industrielle Revolution den Menschen zu mechanisieren begann, war er überzeugt, dass Kunst und Technik, Staat und Wissenschaft, Kapital und Arbeiter vereinen und sich ergänzen müssten.[93] Solange er lebte, verkehrten Philosophen und Schriftsteller, Ingenieure und Musiker bei Hofe – nach seinem Tod war der Hof nur noch in formalem Sinn der Gipfel der Gesellschaft.

So war Albert mit den meisten Idealen gescheitert. Weder hatte er im Prinzen von Wales einen würdigen Träger der Krone in seinem Geiste erziehen können, noch hatte er eine deutsch – englische Partnerschaft zustande gebracht, noch hatte er in seinen Bemühungen zu Lebzeiten wenn schon die Zuneigung, so wenigstens die Anerkennung seiner britischen Landsleute erwerben können. Dass er die Monarchie wieder respektabel gemacht hatte, erkannten die meisten erst nach seinem Tod.

Schlussbemerkung

Der Prinz war der heimliche Herrscher zu Lebzeiten und das „viktorianische Zeitalter“ begann eigentlich erst mit dem Tode Alberts. Er hat nach einer sehr unglücklichen Kindheit einen Weg für sich gesucht mit dem frühen Verlust der Mutter und dem nicht sehr präsenten Vater durch eifriges Lernen und überdimensional viel Arbeit zu vergessen. Er war Zeit seines Lebens unglücklich. Und mit jedem Verslust den er zu verschmerzen hatte, sei es die Trennung von Ch. Florschütz, der Tod des Vaters oder die Hochzeit von Vicky und ihr Umzug nach Deutschland, wurde immer noch trauriger und sein Leben in seinen Augen wohl immer unnützer. Ich hatte immer das Gefühl, dass alles was sein Leben anging für ihn in einem völlig falschen Licht erschien. Er fühlte sich vermutlich immer als Versager, da ihm manche Dinge, zum Beispiel die Erziehung Alberts, nicht so gelungen sind wie er das wollte. Er war ein Perfektionist und das war sein Unglück. Er konnte nie mit sich zufrieden sein, wollte immer mehr und immer besser werden. Und leider wurden seine erbrachten Leistungen auch nur von sehr wenig Menschen vor seinem Tod gewürdigt. Er hatte keinen richtigen Platz im Leben, war nicht ganz Herrscher, durch seine politische Tätigkeit nicht hundert Prozent Ehemann und Vater. Es ist im Großen und Ganzen ein trauriges Leben und vielleicht wäre er in Deutschland glücklicher gewesen. Leider hat er es trotz seiner Intelligenz nur selten geschafft, die Dinge die ihm am Herzen lagen so durch zu setzten, dass sie ihn auch glücklich gemacht haben.

Pflichterfüllung war eines seiner obersten Prinzipien. Sei es die Pflicht Deutscher zu sein, oder Ehemann oder Vater. Er versuchte es Zeit seines Lebens, allen Recht zu machen und hatte immer das Wohl der anderen im Auge. Mit seiner Idee für Deutschland oder der strengen Erziehung seines ältesten Sohnes.

Er war seiner Zeit in vielen Dingen voraus. Er bedachte die Nachteile der Industrialisierung, ob das jetzt bewusst war, kann ich nicht beurteilen. Sicher ist, dass er mit seinem Interesse an den besseren Bildungsmöglichkeiten, an den besseren sozialen Bedingungen aller Menschen in England, Weichen gestellt hat.

Man sieht, dass Albert für England Großes geleistet, und sich aus dem Schatten seiner Frau eine wichtige Stellung für England erarbeitet hat. Dass er die Anerkennung seiner Leistung zu Lebzeiten nicht erhalten hat, ist für mich dadurch zu erklären, dass Albert kein Interesse daran hatte im Mittelpunkt zu stehen. Er arbeitete „hinter“ seiner Frau und in ihrem Namen.

Er war unumstritten einer der wichtigsten Staatsmänner in dieser Zeit. Er hatte es geschafft die Monarchie in neuem Licht erstrahlen zu lassen. Er war Wegbereiter für den Erhalt der Monarchie.

Literaturverzeichnis

- Birke Adolf M., Albert – ein Coburger als Prinzgemahl in England, in: Michael Henker und Evamaria Brockhoff ( Hg. ), Ein Herzogtum und viele Kronen. 1, Coburg in Bayern und Europa, Bayern / Deutschland 1997
- Erickson Carolly, Königin Victoria. Eine Biographie ( aus dem amerikanischen 1999 ), dt. v. Irmgard Hölscher, Düsseldorf / Zürich 1999
- Gerste Ronald D., Queen Victoria – Die Frau hinter dem Mythos -, Publikation, Regensburg 2000
- Hobhouse Hermione, Prinz Alberts Vermächtnis ( engl. ), dt. v. Monika Hahn – Prölss, in: Michael Henker und Evamaria Brockhoff ( Hg. ), Ein Herzogtum und viele Kronen. 1, Coburg in Bayern und Europa, Bayern / Deutschland 1997
- Hobhouse Hermione, Prinz Albert und die Weltausstellung 1851 ( engl. ), dt. v. Robin Cackett, in: Wilfried Rogasch ( Hg. ), Victoria & Albert Vicky & the Kaiser, ein Kapitel deutsch – englischer Familiengeschichte, Berlin 1997
- Netzer Hans - Joachim, Albert – Ein deutscher Prinz in England, in: Wilfried Rogasch ( Hg.), Victoria & Albert Vicky & the Kaiser, ein Kapitel deutsch – englischer Familiengeschichte, Berlin 1997
- Netzer Hans – Joachim, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988

[...]


[1] Hermione Hobhouse, Prinz Alberts Vermächtnis ( engl.), dt.v. Monika Hahn – Prölss, in: Michael Brenker und Evamaria Brockhoff ( Hg. ), Ein Herzogtum und viel Kronen. 1, Coburg in Bayer und Europa, Bayern / Deutschland 1997, S.154 – 160, hier 154.

[2] Ebd.

[3] Hans – Joachim Netzer, Albert - Ein deutscher Prinz in England, in: Wilfried Rogasch ( Hg. ), Victoria & Albert Vicky & the Kaiser, ein Kapitel deutsch – englischer Familiengeschichte, Berlin 1997, S.67 – 74, hier 67.

[4] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.63

[5] Ebd., S.64

[6] Ebd., S.65

[7] Hans – Joachim Netzer, Albert deutscher Prinz in England, in: Wilfried Rogasch ( Hg. ), Victoria & Albert Vicky & the Kaiser, ein Kapitel deutsch – englischer Familiengeschichte, Berlin 1997, S.67 – 74, hier 68.

[8] Ebd., S.68

[9] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.90

[10] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.92

[11] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.94

[12] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.102

[13] Freund aus der Zeit an der Universität in Bonn

[14] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.103

[15] Mischung aus Besichtigungs – und Bildungstourismus

[16] ehem. Leibarzt des König Leopold, Freund, Privatsekretär, Ratgeber; Vertrauter von Charlotte; hatte sich liberal – konstitutionellen Ideen verschrieben

[17] junger Leutnant der auf Wunsch des Königs Leopold die Reisegesellschaft vervollständigen und Alberts Englisch polieren soll

[18] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.107

[19] Familiensitz

[20] Victoria wird von den Tories vorgeworfen sie sei parteiisch, was zu diesem Zeitpunkt wohl auch so war. Sie hat sich nach einem Wahlsieg geweigert, Premierminister Melbourne ( ein inzwischen väterlichen Freund ) der den Whigs angehört, durch Peel ersetzen zu lassen.

[21] Victoria hat die Frau entlassen, aufgrund eines Gerüchtes nachdem welchem sie ein uneheliches Kind erwarte. Flora Hastings war jedoch an Gebärmuterkrebs erkrankt und starb kurz darauf.

[22] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.145

[23] Carolly Erickson, Königin Victoria. Eine Biographie (aus dem amerikanischen 1999 ), dt.v. Irmgard Hölscher, Düsseldorf / Zürich 1999, S.99

[24] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.148

[25] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.158

[26] Carolly Erickson, Königin Victoria. Eine Biographie (aus dem amerikanischen 1999 ), dt.v. Irmgard Hölscher, Düsseldorf / Zürich 1999, S.105

[27] Hans – Joachim Netzer, Albert deutscher Prinz in England, in: Wilfried Rogasch ( Hg. ), Victoria & Albert Vicky & the Kaiser, ein Kapitel deutsch – englischer Familiengeschichte, Berlin 1997, S.67 – 74, hier 69.

[28] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.166

[29] Adelige

[30] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.180

[31] Ebd., S.182

[32] Ronald D. Gerste, Queen Victoria – Die Frau hinter dem Mythos - , Publikation, Regensburg 2000,S.64

[33] Erst Gouvernante, dann geadelt und Privatsekretärin ( regelt Victorias Finanzen ) Victorias, Anhängerin der Whigs, Vertraute Melbournes

[34] Ronald D. Gerste, Queen Victoria – Die Frau hinter dem Mythos - , Publikation, Regensburg 2000,S.63/64

[35] 1839 verlor Melbourne die Mehrheit im Parlament, neuer Premier sollte der Tory – Politiker Sir Robert Peel werden, Vorrechte eines neuen Regierungschefs: Hofdamen austauschen ( Ladies of the Bedchamber ), doch Victoria weigerte sich zuzustimmen.

[36] Hans – Joachim Netzer, Albert deutscher Prinz in England, in: Wilfried Rogasch ( Hg. ), Victoria & Albert Vicky & the Kaiser, ein Kapitel deutsch – englischer Familiengeschichte, Berlin 1997, S.67 – 74, hier 70.

[37] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.196

[38] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.196

[39] Ebd., S.197

[40] Ebd., S.199

[41] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.200

[42] Ebd., S.202

[43] Ronald D. Gerste, Queen Victoria – Die Frau hinter dem Mythos - , Publikation, Regensburg 2000,S.82

[44] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.203

[45] Ebd., S.206

[46] Hans – Joachim Netzer, Albert deutscher Prinz in England, in: Wilfried Rogasch ( Hg. ), Victoria & Albert Vicky & the Kaiser, ein Kapitel deutsch – englischer Familiengeschichte, Berlin 1997, S.67 – 74, hier 71.

[47] Hans – Joachim Netzer, Albert deutscher Prinz in England, in: Wilfried Rogasch ( Hg. ), Victoria & Albert Vicky & the Kaiser, ein Kapitel deutsch – englischer Familiengeschichte, Berlin 1997, S.67 – 74, hier 72.

[48] Ebd., S.72

[49] Ebd., S.73

[50] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.219

[51] Ebd., S.220

[52] Ebd., S.220

[53] Ebd., S.222

[54] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.235

[55] Adolf M. Birke, Albert – ein Coburger als Prinzgemahl in England, in: Michael Henker und Evamaria Brockhoff ( Hg. ), Ein Herzogtum und viel Kronen. 1, Coburg in Bayern und Europa, Bayern / Deutschland 1997, S.52 – 58, hier 53.

[56] Ebd., S.53

[57] Ebd., S.54

[58] Adolf M. Birke, Albert – ein Coburger als Prinzgemahl in England, in: Michael Henker und Evamaria Brockhoff ( Hg. ), Ein Herzogtum und viel Kronen. 1, Coburg in Bayern und Europa, Bayern / Deutschland 1997, S.52 – 58, hier 54.

[59] Ebd., S.55

[60] Ebd., S.55

[61] Adolf M. Birke, Albert – ein Coburger als Prinzgemahl in England, in: Michael Henker und Evamaria Brockhoff ( Hg. ), Ein Herzogtum und viel Kronen. 1, Coburg in Bayern und Europa, Bayern / Deutschland 1997, S.52 – 58, hier 55.

[62] Adolf M. Birke, Albert – ein Coburger als Prinzgemahl in England, in: Michael Henker und Evamaria Brockhoff ( Hg. ), Ein Herzogtum und viel Kronen. 1, Coburg in Bayern und Europa, Bayern / Deutschland 1997, S.52 – 58, hier 56.

[63] Ebd., S.56

[64] Ebd., S.57

[65] Ebd., S.57

[66] Adolf M. Birke, Albert – ein Coburger als Prinzgemahl in England, in: Michael Henker und Evamaria Brockhoff ( Hg. ), Ein Herzogtum und viel Kronen. 1, Coburg in Bayern und Europa, Bayern / Deutschland 1997, S.52 – 58, hier 57.

[67] Adolf M. Birke, Albert – ein Coburger als Prinzgemahl in England, in: Michael Henker und Evamaria Brockhoff ( Hg. ), Ein Herzogtum und viel Kronen. 1, Coburg in Bayern und Europa, Bayern / Deutschland 1997, S.52 – 58, hier 58.

[68] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.259

[69] Hermione Hobhouse, Prinz Albert und die Weltausstellung 1851 ( engl. ), dt.v. Robin Cackett, , in: Wilfried Rogasch ( Hg. ), Victoria & Albert Vicky & the Kaiser, ein Kapitel deutsch – englischer Familiengeschichte, Berlin 1997, S.87 – 98, hier 87.

[70] Hermione Hobhouse, Prinz Albert und die Weltausstellung 1851 ( engl. ), dt.v. Robin Cackett, , in: Wilfried Rogasch ( Hg. ), Victoria & Albert Vicky & the Kaiser, ein Kapitel deutsch – englischer Familiengeschichte, Berlin 1997, S.87 – 98, hier 88.

[71] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.259

[72] Ebd., S.260

[73] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.263

[74] Ebd., S.266

[75] Ebd., S.267

[76] Ebd., S.268

[77] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.289

[78] Ebd., S.289

[79] Ebd., S.290

[80] Ebd., S.293

[81] Ebd., S.297

[82] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.301

[83] Ebd., S.311

[84] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.314

[85] Ebd., S.314

[86] Ebd., S.314

[87] Ebd., S.314

[88] Ebd., S.317

[89] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.319

[90] Ebd., S.321

[91] Ebd., S.321

[92] Hans Joachim Netzer, Albert von Sachsen – Coburg und Gotha. Ein deutscher Prinz in England, München 1988, S.322

[93] Ebd., S.324

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Der heimliche Herrscher - Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Veranstaltung
Proseminar: Mächtige Witwen: Victoria, Königin von England und Cixi, Kaiserin von China
Note
2
Autor
Jahr
2003
Seiten
25
Katalognummer
V108870
ISBN (eBook)
9783640070619
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Herrscher, Prinz, Albert, Sachsen-Coburg, Gotha, Proseminar, Mächtige, Witwen, Victoria, Königin, England, Cixi, Kaiserin, China
Arbeit zitieren
Annegret Hammer (Autor:in), 2003, Der heimliche Herrscher - Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108870

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