Heinrich VII. - Gescheiterter König oder erfolgreicher Regent?


Hausarbeit, 2002

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

1.Einleitung

2.Die Jugendzeit Heinrichs (VII.)
2.1. Die Verhältnisse im Regnum Teutonicum und die Voraussetzungen der Herrschaft Heinrich (VII.)
2.2. Die Krönung Heinrichs (VII.) und der Aufbruch Friedrichs II. nach Italien
2.3. Vormundschaft, Erziehung und Regentschaftsrat

3. Die Politik Heinrich (VII.) im Regnum Teutonicum
3.1. Eigene Wege
3.2. Das Statutum in favorem principum
3.3. Die Begegnung von Cividale

4. Konflikt und Ende
4.1. Der Widerstand gegen die politische Idee des Vater
4.2. Die Treffen in Wimpfen und Worms

5. Schlußbetrachtungen

6. Literaturangaben

1. Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit Heinrich (VII.), seiner Regierung im sogenannten „Regnum Teutonicum“[1] und seinem Verhältnis zu seinem Vater Friedrich II.. Als Grundlage der Darstellung sollen sowohl literarische Quellen, Berichte zeitgenössischer Autoren und wissenschaftliche Arbeiten des vergangenen Jahrhunderts dienen. Neben einem Überblick über die Grundlagen der Herrschaft im „Regnum Teutonicum“ soll auch die Bewertung des Königs Heinrich (VII.) in den Augen von Zeitzeugen als auch in der Forschung der modernen Historiker beleuchtet werden. Viele Detailfragen müssen aber unbeleuchtet bleiben, damit die Arbeit im vorgegebenen Rahmen verlaufen kann. Die Annahme des lange Zeit vernachlässigten Themas „Heinrich (VII.)“ in der neueren historiographischen Forschung ermöglicht es ein gut dokumentiertes Bild des Herrschers zu zeichnen.

2. Die Jugendzeit Heinrich (VII.)

2.1. Die Verhältnisse im „regnum teutonicum“ und die Voraussetzungen der Herrschaft Heinrich (VII.)

Das Herrschaftsgebiet, das dem fünfjährige Heinrich (VII.) 1216 übergeben wurde, erstreckte sich im über das im weitesten Sinne geschlossene Herzogtum Schwaben[2]. Als Herzog dieses Gebietes war er Mitglied des Reichsfürstenstandes und ranghoher Adliger im „Regnum Teutonicum“. Das „Regnum Teutonicum“, welches seit dem Beginn der salischen Königsherrschaft Verwendung für das Reich östlich des Rheins fand, bestand aus einem Länderverband, an deren Spitze der gewählte König stand. Heinrich bekam kurz nach seiner Ankunft im Dezember 1216 den Titel Herzog von Schwaben verliehen. Die Funktion dieses Amtes bestand hauptsächlich in der Kontrolle der schwäbischen Vasallen[3] und stellte eine Vermittlerposition zwischen dem König und seinen Lehnsleuten dar. Den nächsten Titel den der Knabe erwerben sollte, war das Rektorat über Burgund; ein Reichslehen, welches nur durch den kinderlosen Tod des Zähringer Berthold V. im Jahr 1218 möglich war. Friedrich II. nutzte hier geschickt eine Kombination aus dem Heimfallrecht und dem verwandtschaftlichen Anspruch auf das Gebiet.[4] Heinrich (VII.) hatte bei seiner Erhebung zum Deutschen König, im Mai 1220, eine gut ausgebaute und für die Verhältnisse der Zeit im „Regnum Teutonicum“ des Mittelalters sehr gut konsilidierte Hausmacht unter seiner Obhut.

2.2. Krönung Heinrich (VII.) und Aufbruch Friedrich II. nach Italien

Krönungszeremonie und Salbung fanden – wie es die Tradition vorschrieb – in Aachen statt, nachdem dem die Königswahl bereits im April 1220 in Frankfurt abgehalten wurde. Die Gründe für das Bestreben Friedrich II. seinen Sohn als Nachfolger im „Regnum Teutonicum“ einsetzen zu lassen waren zweierlei Natur. Auf der einen Seite wollte sich der Vater Heinrichs (VII.) in Rom zum Kaiser krönen lassen, auf der anderen Seite mußte er seinem Kreuzzugsgelübde folgen[5]. Um also die Herrschaft und auch – im Fall des Ablebens während des Kreuzzugs – die Nachfolge geregelt zu haben, setzte sich Friedrich für die Wahl seines minderjährigen Sohnes ein. Um die Ruhe im Reich für seine italischen Pläne zu garantieren mußte Friedrich allerdings mit den geistlichen Fürsten die sogenannte Confoederatio cum principibus ecclesiasticis vereinbaren. Hierbei ist anzumerken, daß Friedrich II. – im Gegensatz zu den Beteuerungen die er dem Papst Honorius III.[6] gemacht hatte – sehr wohl über die Krönung Bescheid wußte und schon in Verhandlungen mit den betreffenden Fürsten gestanden haben muß. „Die Tatsache, daß dieses Fürstenprivileg kurz nach der Wahl, am 26.04.1220, ausgefertigt wurde und Friedrich einleitend seine Dankbarkeit für die Treue der geistlichen Fürsten bekundet, zeigt deutlich, daß sehr genaue Absprachen vorausgegangen sein müssen.“[7] Die Bezeichnung dieser Vereinbarung entstand allerdings erst im Laufe der späteren Geschichtsschreibung im 19. Jahrhundert und ist kein Produkt des Mittelalters. Der zukünftige Kaiser verzichtete hier unter anderem auf die Nutzung bischöflichen Nachlasses zwischen zwei Bischofswahlen, wollte sich bei strittigen Bischofswahlen nicht mehr einmischen und bestätigte, daß auf kirchlichem Gebiet keine Gebäude mehr errichtet werden sollten. Damit hatte sich Friedrich II. entscheidender Geldquellen und Kontrollmöglichkeiten versagt. Die ohnehin gängige Praxis des geistesfürstlichen Münz-, Markt-, und Zollrechts wurde jetzt juristisch bestätigt.

2.3. Vormundschaft, Erziehung und Regentschaftsrat

Als Friedrich im Sommer das „Regnum Teutonicum“ verließ um die Kaiserwürde von Papst Honorius III. zu erhalten, bestimmte er alle wichtigen Personen, die sich um den Knaben Heinrich (VII.) kümmern sollten. Um die Erziehung sollte sich Konrad von Winterstetten kümmern, während die Aufsicht über das Herzogtum Schwaben in die Hand Heinrich von Neuffen gelegt wurde, der für diese Aufgabe sogar vom Kreuzzugsgelübde befreit wurde. Die unmittelbare Aufsicht hatten Ministeriale inne. Nach der vollzogenen Königsweihe von 1222 wurde Engelbert, der Kölner Erzbischof, zum sogenannten „provisor regni“- also zum Fürseher des Reiches - ernannt[8]. Gleichzeitig sollte er die Funktion eines Tutors[9] für Heinrich (VII.) übernehmen. „Tutor“ meint hier Vormund und als solcher ist der Bischof wohl auch anzusehen, da die Politik des geistlichen Fürsten in der Folgezeit recht eigenständig war. Hatte sich der Kaiser immer mit dem französischen Königshaus verstanden, versuchte jetzt Engelbert sogar mit dem englischen Königshaus in Kontakt zu treten.[10]

3. Die Politik Heinrich (VII.) im „regnum teutonicum“

3.1. Eigene Wege

Etwa seit 1227 begab sich Heinrich (VII.) auf einen abweichenden Kurs von der Politik der Regentschaft Herzog Ludwigs von Bayern. Auch die Zeit der Begünstigung der Kirchenfürsten schien vorbei zu sein. Eine erste Konfrontation suchte der junge König mit dem Straßburger Bischof Berthold von Teck. Um seine eigene Hausmacht zu verstärken stellte er sich in einer Streitfrage[11] zwischen dem Bischof und den Grafen von Pfirt auf die Seite der Grafen. Dabei zielte er auf die Belehnung der Grafen mit dem umstrittenen Gebiet, nicht ohne sie mitsamt der Ministerialität auf den König zu verpflichten. Die zur Stabilisierung der eigenen Macht gedachte Maßnahme geriet aber zunehmend außer Kontrolle. Der Konflikt zwischen dem streitbaren Bischof und Heinrich (VII.) weitete sich im Laufe des Jahres 1228 zu einer militärischen Auseinandersetzung aus, der der König nicht beiwohnte und die deutlich zu Gunsten des Bischofs und seinen Verbündeten ausging. Hier zeigt sich, daß Heinrich noch nicht in der Lage war um gegen feindliche Parteien erfolgreich zu agieren.

In der zweiten Hälfte des Jahres 1228[12] kam es zur Beendigung der Bevormundung Heinrich (VII.) und hier beginnt nun die Phase der selbständigen Regierung des Königs. Am Ende der Regentschaft durch den Wittelsbacher Ludwig I. stand der erste große militärische Erfolg des nunmehr allein regierenden Königs, nämlich der Sieg gegen den ehemaligen Vormund. Wahrscheinlich gab es im Vorfeld Spannungen zwischen Vormund und König, die darauf beruht haben könnten, daß Heinrich (VII.) als Herzog von Schwaben ein unmittelbarer Konkurrent des bayrischen Herzogs war. Hierbei konnte er nun die Interessen des staufischen Hauses durchsetzen. Wie sich auch in den folgenden Jahren zeigen wird, war der König darauf bedacht, das Machtverhältnis im Süden des „regnum teutonicum“ für sich zu entscheiden. Die Entscheidung sich auf die Seite der Babenberger zu stellen, also die Familie seiner Frau Margarethe zu unterstützen, hatte aber nur sekundäre Gründe, die eben in der Feindschaft zu den Wittelsbachern wurzelten. Für die beiden Jahre 1229 und 1230 sind kaum Quellen zu Heinrichs Betätigungen erhalten, am Itinerar sind seine Bewegungen fest stellbar, politisch bedeutsame Aktivitäten liegen – nach meinem Wissensstand - in der Fachliteratur nicht vor.

3.2. Das Statutum in favorem principum

In der Zeit der eigenen Regierung hatte Heinrich (VII.) versucht seine Position im Regnum Teutonicum zu stärken, in dem er nicht nur Städte mit Privilegien[13] ausstattete, die diese vor dem Zugriff der Landesherren schützte, als auch neue Städte gründete und versuchte die Machtbasis in den staufischen Stammlanden – sei es mit Krieg gegen benachbarte Territorialherren wie Ludwig I. – zu stabilisieren. Städte hatten für den König den großen Vorteil, daß sie nicht nur für die Finanzen sehr einträglich waren, sondern das sie auch als Truppenreservoir dienten und somit neben den Ministerialen eine gewichtige Stütze für Heinrich (VII.) waren. Dies ließ ihn in eine scharfe Opposition zu den Fürsten treten, die ihre Rechte verletzt sahen und die Maßnahmen des jungen Regenten nicht akzeptieren konnten. Nun wandten sich die Reichsobersten an Friedrich II. Der Kaiser benötigte im Krieg gegen die Lombardischen Städte nicht nur Ruhe im Reich nördlich der Alpen, sondern er brauchte auch die Unterstützung der deutschen Fürsten. Diese konnte er aber nur bekommen, wenn er auf der einen Seite seinen Sohn maßregelte und auf der anderen Seite das sogenannte Statutum in favorem principum bestätigte. Die Bezeichnung entstammt – genau wie die der Confoederatio cum principibus ecclesiasticis – der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts. Schon 1230 hatten die Fürsten verlangt, daß die Städtepolitik des Königs einzudämmen sei, wenn sie den Kaiser in der Lombardenfrage unterstützen sollten. Dieser wies dann auch Heinrich (VII.) an, die Städtebünde an die Zustimmung der Fürsten zu binden, was nichts anderes bedeutete, als das dies das Ende der Bünde war. Am 1.Mai des Jahres 1231 kam es dann zu einer Verzichtserklärung Heinrich (VII.) auf Befestigungs-, Münz- und Zollrecht auf dem Gebiet der fürstlichen Territorialherren[14]. Ähnlich im Inhalt wie das zwölf Jahre früher verfaßte Statut zugunsten der geistlichen Fürsten beschneidet es die Königsmacht weiter und fördert den Ausbau der Landesherrschaft. Die Bestätigung dieser Rechte der weltlichen Fürsten nahm Friedrich II. dann auf dem Reichstag von Cividale vor, zu dem auch Heinrich (VII.) gerufen wurde.

3.3. Die Begegnung von Cividale

Als Kaiser Friedrich II. seinen Sohn aufforderte zu einem Hoftag nach Ravenna zu kommen, konnte dieser noch ablehnen zu erscheinen, denn die Verbündeten der lombardischen Städte hatten erneut die Alpenpässe gesperrt. Diese hatten bei der großen Zahl der versammelten Fürsten Bedenken, daß für sie negative Beschlüsse getroffen werden könnten. Als jedoch der Kanzler Friedrichs II. persönlich im „Regnum Teutonicum“ erschien, um den König zum Erscheinen zu mahnen, mußte dieser folgen. Wohl in den zweiten Aprilwoche des Jahres 1232[15] traf Heinrich (VII.) in Aquileia ein. Nach der Unterredung mit dem Vater traf er dann am 17. April des Jahres[16] in Cividale auf die Fürsten, derentwegen er tatsächlich nach Oberitalien gerufen wurde. Tatsächlich hatten sich die Reichsobersten schon seit 1229 bei dem Kaiser über die massive Interventionspolitik des Königs beschwert, so daß der Kaiser getreu seinem Standpunkt „daß das Reich nur mit, niemals aber gegen die Fürsten zu regieren sei“[17] die Initiative ergreifen mußte, wenn er im „Regnum Teutonicum“ Rückhalt und Unterstützung, zumindestens aber Ruhe vorfinden wollte. Diesen Beistand sicherte sich Friedrich II., in dem er seinen Sohn in die Hand der Fürsten und des Papstes gab. Dieser Eid besagt, „daß er dem König unbedingten Gehorsam auferlegte und die Fürsten der Treuepflicht entband, im Falle sie den Eid gebrochen glaubten.“[18] Heinrich mußte Papst Gregor IX. schriftlich um die Exkommunikation bitten, wenn er sich nicht an die Übereinkunft halten würde.[19] Das sich Vater und Sohn zwölf Jahre lang nicht gesehen haben mag zu einer Fehleinschätzung Friedrich II. bezüglich seines Sohnes geführt haben und zu einer späteren Zeit zu dem tragischen Ende Heinrich (VII.) beigetragen haben.

4. Konflikt und Ende

4.1. Der Widerstand gegen den Vater

Als der gedemütigte Heinrich (VII.) in das „regnum teutonicum“ zurückkehrte, ging er einige Zeit größeren politischen Betätigungen aus dem Weg und auch auf seinem ersten größeren Hoftag ist zu sehen, daß die Reichsoberen den Regenten ignorierten.[20] Der König hatte sich auf dem Reichstag von Aquileia verpflichten müssen nicht gegen den Willen des Kaisers zu handeln und gelobte „die Rechte und die Stellung des Kaisers zu verteidigen“[21]. Doch was war der Wille Friedrich II.? Zunächst erhoffte er sich, daß sein Sohn den Fürsten nicht weiter im Wege stand und vor allen Dingen die Ketzerverfolgung unterstützte. Friedrich II. wollte damit dem Papst – zumindestens in dieser Phase seiner Herrschaft – Einigkeit signalisieren, um Hilfe von Gregor IX. in der Lombardenfrage zu erhalten. Gerade jetzt hätte der Kaiser ein befriedetes „Regnum Teutonicum“ dringlichst benötigt Doch Heinrich (VII.) erfüllte die Erwartungen nicht, ganz im Gegenteil, er bekriegte 1233 das bayrische Herzogtum erneut[22] und stellte sich gegen den Inquisitor Konrad von Marburg, der die Ketzerverfolgungen derart intensiviert hatten, daß es massive Klagen im Umfeld des König gegeben hatte[23]. In seinem Auflehnen gegen einen Teil der Fürsten – der andere Teil unterstützte oder duldete das Vorgehen des Königs – hatte er schon den Eid gebrochen, den er in Cividale geschworen hatte. Hier sieht man das Dilemma in dem Heinrich (VII.) steckte. Da nicht alle Entscheidungen bei den Fürsten positiven Anklang finden konnten, war er eigentlich dazu verdammt gar keine Entscheidungen zu treffen, wenn er in Amt und Würden bleiben wollte. Seine Stellungnahme zugunsten einer eingeschränkten Ketzerverfolgung brachten ihn schließlich noch mehr in Opposition zu seinem Vater. Als Heinrich (VII.) 1234 dann auch noch ein Gesetz „gegen ungerechtfertigte Ketzerverfolgungen“ beschloß, bannte – wie in Cividale beschlossen - Papst Gregor IX. den König.

4.2. Die Treffen in Wimpfen und Worms

Der Kaiser hatte sich durch die Ereignisse schließlich im Frühjahr 1235 dazu genötigt gesehen, von seinem nicht erfolgreich abgeschlossenen lombardischen Feldzug nach Deutschland zurückzukehren, wo er mit der Pracht eines orientalischen Herrschers auftrat – der Kaiser „beeindruckte (...) die naiven Gemüter der Deutschen“, wie Odilo Engels meinte[24].

Nachdem Heinrich (VII.) die entscheidende Schlacht im Swiggertsal[25] verloren hatte und dem Kaiser bei seinem Zug nach und durch Süddeutschland Scharen von Anhängern zugeeilt waren, unter ihnen die Reichsfürsten, blieb dem König nichts anderes übrig als sich zu seinem Vater zu unterwerfen. In der kaiserlichen Pfalz Wimpfen wurde er jedoch nicht empfangen, sondern erst einige Tage später, am 4. Juli 1235, in Worms, ausgerechnet in der Stadt, die Heinrich (VII.) erbitterten Widerstand geleistet hatte. Die zunächst empfangene Vergebung wurde Heinrich verlustig, als er sich weigerte die Burg Trifels und damit die Insignien der Macht zu übergeben[26]. Spätestens als der Vater die Herausgabe der Reichskleinodien verlangte, mußte Heinrich (VII.) klar gewesen sein, daß er nicht mehr der Romanorum Rex sein würde. Friedrich II. wollte seinen Sohn als deutschen König absetzen und dazu war Heinrich (VII.) freiwillig nicht bereit. Friedrich II. lehnte die Unterwerfung Heinrichs ab, nicht unbedingt nur, weil er Härte gegenüber seinem Sohn zeigen wollte, sondern weil offenbar schon drei Jahre früher eine Unterwerfung erfolgt war. Damit wäre er nicht mehr an die übliche Form der Vergebung gebunden gewesen. Christian Hillen merkte in seinem Werk „Curia Regis“ an, daß „die erste Unterwerfung Heinrichs unter den Vater [...] aber bereits 1232 mit der Eidesleistung von Cividale stattgefunden haben“[27] könnte. Ein weiteres Argument für die Absetzung und die harte Bestrafung könnte in der Anwendung des Gesetzes Crimen laese maiestatis liegen. Hierbei handelte es sich um ein Recht, daß Friedrich in die sogenannten Konstitutionen von Melfi einbrachte und in dem sowohl die Idee, als auch der Vollzug des Angriffs auf die Person der Majestät unter Todesstrafe stellt[28]. Nimmt man an, daß Heinrich aufgrund dieses Gesetzes verurteilt worden ist, kann man die Härte der Strafe zumindestens nachvollziehen, ihr sogar eine positive Seite abgewinnen, nämlich das Ausbleiben der Todesstrafe. Schlußendlich wurde er gefangen genommen und verbrachte mehrere Jahre, vorwiegend im südlichen Italien, in Kerkern, bevor er sich am 10. Februar 1242 - wohl mit einem Sprung in eine Schlucht - selbst tötete[29].

5. Schlußbetrachtungen

Über einen langen Zeitraum haben Geschichtswissenschaftler die Herrschaft Heinrich (VII.) als „glücklos“[30], oder sogar „verbrecherisch“[31] bezeichnet. Die Benennungen „Klammerheinrich“ und „Klammersiebte“ charakterisierten über einen langen Zeitraum die Person Heinrich (VII.). Doch stimmen diese Behauptungen und Vorbehalte, die sich häufig in der älteren Literatur finden lassen[32], wirklich, oder läßt sich nicht ein anderes Bild über die Person und die Herrschaft des ersten Sohns Friedrich II. aufzeigen? Erst in jüngerer Zeit versuchen einigen Forscher die Betrachtungen über Heinrich (VII.) zu revidieren[33]. Aber auch kurz nach dem Tod des Königs finden sich bereits vereinzelt positive Wertungen in der höfischen Literatur des Mittelalters: „Einen künec, dem zaeme wol nach im des riches krone! Owe daz er niht leben sol, dem si stuont also schone! Daz war der milte künec Heinrich, bei dem was fride staete. Daz nieman nu tuot dem gelich, der zuo dem riche traete und im mit triuwen waere bi!“[34] In diesem kurzen Vers wird der Regierungszeit Heinrich (VII.) gedacht, die als mild, gnädig und friedlich, des weiteren dem Reich als zuverlässig ergeben, charakterisiert wird[35]. Um so erstaunlicher ist dieses positive Bild in einer Zeit, in der die Dominanz des übermächtigen Vaters noch gegenwärtig war und im allgemeinen Heinrich (VII.) die negative Rolle zugedacht wurde, die ihn bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts angeheftet blieb.

Ich möchte mich den Meinungen anschließen, die behaupten, daß die Herrschaft Heinrich (VII.) eine erfolgreiche Fortführung der staufischen Politik im „Regnum Teutonicum“ darstellt und keineswegs als unglücklich oder fehlgeschlagen bezeichnet werden darf. Vielmehr möchte ich mich dem Historiker Gunther Wolf anschließen, der in einem kurzen Aufsatz[36] bemerkte, daß die Klammer um die „VII“ wegfallen müsse, da Heinrich legitimer König der Jahre 1222 bis 1235 gewesen sei. Sicherlich wäre die Herrschaft Heinrich (VII.) erfolgreicher gewesen, wenn sein Vater ihn uneingeschränkt regieren lassen hätte, oder wenn der Vater jemand anderes als Friedrich II. gewesen wäre. Das Selbstverständnis und die Regierungsform Friedrich II. ließ eine Gleichstellung mit dem Sohn oder eine souveräne Regierung des Sohnes nicht zu. Aber auch das Selbstverständnis Heinrich (VII.) trug zu seinem Herrschaftsende bei, da er sich nicht als einen Unterkönig sah, sondern als eigenständiger Regent des „Regnum Teutonicum“. Die Herrschaftsausübung des Königs wäre in jedem Fall positiv oder als normal bezeichnet worden, wenn sie eigenständig erfolgt wäre. Der Ausbau der Landesherrschaft, die Konsolidierung der eigenen Hausmacht und die Gründung und Unterstützung der Entwicklung von Städten sprechen für ein starkes Königtum, daß in der Lage war sich gegen die Bestrebungen der Fürsten zu wehren –zumindestens bis an jenen Punkt an dem Kaiser Friedrich II. eingriff.

6. Literaturverzeichnis

6.2. Darstellungen

Abulafia, David, Herrscher zwischen den Kulturen. Friedrich II. von Hohenstaufen, Berlin 1991.

Brüsch, Tania, Eickels, Klaus van, Kaiser Friedrich II.. Leben und Persönlichkeit in Quellen des Mittelalters, Darmstadt 2000

Engels, Odilo, Die Staufer, Berlin ³1984.

Fernis, Hans-Georg, Kaier Eugen und Meyer, Hermann, Grundzüge der Geschichte. Quellenband I, Frankfurt am Main 1972.

Franzel, Emil, König Heinrich VII. von Hohenstaufen. Studien zur Geschichte des „Staates“ in Deutschland (Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte 7), Prag 1929.

Hillen, Christian, Curia Regis. Untersuchungen zur Hofstruktur Heinrichs (VII.) 1220-1235 nach den Zeugen seiner Urkunden (Europäische Hochschulschriften, Reihe III, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften), Berlin (u.a.) 1999.

Kantorowicz, Ernst, Kaiser Friedrich der Zweite, Berlin 1927/1931.

Reinhold, Peter, Die Empörung König Heinrichs (VII.) gegen seinen Vater, Leipzig 1911.

Rohden, Joseph, Die Katastrophe Heinrichs (VII.), Münster 1885.

Schaller, Hans Martin, Die Kaiseridee Friedrich II.. ,in: Fleckenstein, Josef, Probleme um Friedrich II., Sigmaringen 1974.

Schminck, Christoph Ulrich, Crimen laese maiestatis. Das politische Strafrecht nach den Assisen von Ariano (1140) und den Konstitutionen von Melfi (1231), in: Untersuchungen zur deutschen Rechtsgeschichte 14 (1970)

Schreiner, Klaus, Die Staufer als Herzöge von Schwaben, in: Die Zeit der Staufer, Bd.3 (1977).

6.3. Nachschlagewerke

Allgemeine Deutsche Biographie, 55 Bände und Registerbände, Leipzig 1875- 1912.

Braune, Wilhelm, Althochdeutsches Lesebuch und Wörterbuch, Tübingen 1994.

Lexikon des Mittelalters, 9 Bände und Registerbände, München – Zürich 1980-1999.

Pertsch, Dr. Erich; Lange-Kowal, Dr. Erwin, Langenscheidts Schulwörterbuch, Berlin 2001.

6.4. Zeitschriften

Thorau, Peter, König Heinrich (VII.), das Reich und die Territorien. Untersuchungen zur Phase der Minderjährigkeit und der „Regentschaften“ Erzbischofs Engelberts I. von Köln und Herzog Ludwigs I. von Bayern (1211) 1220 – 1228 (Jahrbücher der Deutschen Geschichte, Jahrbücher des Deutschen Reichs unter Heinrich (VII.), Teil 1), Berlin 1993.

Thurnherr, Eugen, König Heinrich (VII.) und die deutsche Dichtung, in: DA 33 (1977), S. 522-542.

Vogtherr, Thomas, Der bedrängte König. Beobachtungen zum Itinerar Heinrichs (VII.), in: DA 47 (1991), S. 395-439.

Winkelmann, Eduard, Die Wahl König Heinrichs (VII.), seine Regierungsrechte und sein Sturz, in: Forschungen zur Deutschen Geschichte 1 (1862), S. 11-43.

Wolf, Gunther, Heinrich VII., Wimpfen, Worms und Heidelberg. Einige Bemerkungen zum Herrschaftsende König Heinrichs, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 137 (1989), S. 468-471.

[...]


[1] Zum Begriff des „Regnum Teutonicum“: Engel, Evamaria und Holtz, Eberhardt, Deutsche Könige und Kaiser des Mittelalters, Leipzig 1990, S.37 und Müller-Mertens, E., Artikel „Regnum Teutonicorum/ Teutonicum“, in: Lexikon des Mittelalters, Band 7, 1995, Sp. 601-602.

[2] Thorau, Peter, König Heinrich (VII.), das Reich und die Territorien, in: Jahrbücher der deutschen Geschichte (1998),S.36.

[3] Zu der Funktion des Amtes: Thorau, 1998, S.38.

[4] Vgl. dazu: Thorau, 1998, S.48ff..

[5] Brüsch, Tania, Eickels, Klaus van, Kaiser Friedrich II.. Leben und Persönlichkeit in Quellen des Mittelalters, Darmstadt 2000, S.102.

[6] Brüsch, Eickels, 2000, S.91ff..

[7] Brüsch, Eickels, 2000, S. 97.

[8] Zum Begriff des „provisor regni“: Thorau, 1998, S.108ff..

[9] Zum Begriff „Tutor“: Pertsch, Dr. Erich; Lange-Kowal, Dr. Erwin, Langenscheidts Schulwörterbuch (2001), S.408.

[10] Winkelmann, Eduard, Die Wahl König Heinrichs (VII.), seine Regierungsrechte und sein Sturz, in: Forschungen zur Deutschen Geschichte 1 (1862), S.24.

[11] Thorau, 1998, S.332.

[12] Thorau, 1998, S.353.

[13] Vgl. dazu: Franzel, 1928, S.134f..

[14] Zum Inhalt: Fernis, Hans-Georg, Kaier Eugen und Meyer, Hermann, Grundzüge der Geschichte. Quellenband I, Frankfurt am Main 1972, S.191f..

[15] Zur Datierung: Vogtherr, Thomas, Der bedrängte König. Beobachtungen zum Itinerar Heinrich (VII.), in DA 47 (1991), S. 429.

[16] Siehe: Vogtherr, 1991, S.429.

[17] Brüsch, Eickels, 2000, S.269.

[18] Franzel, Emil, König Heinrich VII. von Hohenstaufen. Studien zur Geschichte des „Staates“ in Deutschland (Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte 7), Prag 1929, S.146.

[19] Kantorowicz, Ernst, Kaiser Friedrich II., 2 Bände 1927/1931, S.347

[20] Siehe: Vogtherr,1991, S.414.

[21] Abulafia, David, Herrscher zwischen den Kulturen. Friedrich II. von Hohenstaufen, 1991, S.238.

[22] Hillen, Christian, Curia Regis. Untersuchungen zur Hofstruktur Heinrichs (VII.) 1220-1235 nach den Zeugen seiner Urkunden, Frankfurt am Main (u.a.) 1999, S.119.

[23] Abulafia, 1991, S.241.

[24] Siehe: Engels, ³1984, S.137.

[25] Siehe: Engels, ³1984, S.137.

[26] Vgl. dazu: Kantorowicz, 1927/ 1931, S.371.

[27] Hillen, 1999, S.217.

[28] Vgl.: Schminck, Christoph Ulrich, Crimen laese maiestatis. Das politische Strafrecht Siziliens nach den Assisen von Ariano (1140) und den Konstitutionen von Melfi (1231), in: Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte 14 (1970), S.33ff..

[29] Siehe: Breve chronicon de rebus Siculis und Chronica in factis et circa facta Marchie Trivixane, in: Brüsch, Eickels, 2000, S.277f..

[30] Vgl. dazu: Engels, ³1984, S.133.

[31] Winkelmann, Eduard, Artikel „Heinrich (VII.)“, in: ADB11(1880), S.438.

[32] Vgl. dazu u.a.: Rohden, Josef, Die Katastrophe Heinrichs (VII.). Münster 1885

[33] Vgl. dazu: Wolf, Gunther, Heinrich VII., Wimpfen, Worms, Heidelberg. Einige Bemerkungen zum Herrschaftsende König Heinrichs, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 137 (1989) und Vogtherr, Thomas, Der bedrängte König. Beobachtungen zum Itinerar Heinrich (VII.), in: DA 47 (1991).

[34] Turnherr, Eugen, König Heinrich (VII.) und die deutsche Dichtung, in: DA 33 (1977), S.541 mit Fußnote 57.

[35] Zur Übersetzung: Braune, Wilhelm, Althochdeutsches Lesebuch und Wörterbuch (1979), S.179ff..

[36] Siehe: Wolf, 1989, S.468-471.

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Details

Titel
Heinrich VII. - Gescheiterter König oder erfolgreicher Regent?
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
14
Katalognummer
V108783
ISBN (eBook)
9783640069767
Dateigröße
509 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Heinrich, Gescheiterter, König, Regent
Arbeit zitieren
Uwe Manthey (Autor:in), 2002, Heinrich VII. - Gescheiterter König oder erfolgreicher Regent?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108783

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