Fraktale. Grundlagen, Eigenschaften und Beispiele


Facharbeit (Schule), 2004

32 Seiten, Note: 14 Punkte


Leseprobe


Inhalt

1 Vorwort

2 Grundlage: Die Iteration

3 Eigenschaften von Fraktalen
3.1 Fixpunkte
3.2 Selbstähnlichkeit
3.3 Der Dimensionsbegriff
3.3.1 Topologische Dimension
3.3.2 Hausdorff-Dimension (fraktale Dimension)
3.3.3 Selbstähnlichkeitsdimension

4 Beispiele
4.1 Koch-Kurve
4.1.1 Wie entsteht die Koch-Kurve?
4.1.2 Fraktale Dimension und Selbstähnlichkeitsdimension
4.2 Mandelbrot- und Julia-Mengen
4.2.1 Komplexe Zahlen
4.2.2 Die Julia-Menge
4.2.3 Das Apfelmännchen (Mandelbrotmengen)

5 Schlusswort

6 Quellenangabe

7 Erklärung

8 Anhang
8.1 Entstehung des Baumes (Abbildung 2)
8.2 Entstehung der Koch-Kurve

1 Vorwort

Aus dem Informatikunterricht war uns beiden die Koch-Kurve bereits als fraktales Gebilde bekannt. Was diese Kurve jedoch mit den ästhetisch reizvollen Bildern von Julia-Mengen zu tun hat, war uns genauso wenig bekannt wie der Anlass, diese als Fraktale zu bezeichnen. Genau das wollten wir wissen. Wie entstehen diese schönen, farbigen Bilder, und was ist der mathematische Hintergrund, welche Überlegungen stecken dahinter und: können wir das alles verstehen? Nun, wir haben verstanden. Nicht alles, aber doch vieles. So können wir die Arten, wie Fraktale entstehen nicht nur nachvollziehen, sondern wir erschaffen uns selbst diese Fraktale via Computer. Man muss sagen, dass uns der Einstieg in diesen Themenkomplex schwer gefallen ist, wir uns vielleicht aber auch durch unser Interesse an diesem Thema mit zu weitgreifenden Eigenschaften der fraktalen Geometrie beschäftigen wollten. So mussten wir z. B. die geplante Einführung in die Chaostheorie, die sich im Verhalten unterschiedlicher Fraktale widerspiegelt, unterlassen.

Nun aber zu der Frage: Warum wird ein Fraktal als Fraktal bezeichnet? – Die Antwort ist, dass die Dimension eines solchen Gebildes eben fraktal[1] ist. Wie man sich eine solche gebrochene Dimension vorzustellen hat, wird später erklärt. So kann man also auch sagen, dass jedes Gebilde mit gebrochener Dimension als Fraktal bezeichnet wird.

So wie der Laie an dieser Stelle des Vorworts noch keine Ahnung von dem hat, was ihn erwartet, waren auch wir völlig ahnungslos, als wir zum ersten Mal ein Buch zum Thema Fraktale aufschlugen – mal abgesehen von den schönen Bildern. Außerdem wurden wir förmlich von der Komplexität dieses Themas erschlagen. Nachdem wir uns einen gewissen Überblick über das Thema verschafft hatten, begannen wir, die Entstehungsweise und die Eigenschaften von Fraktalen zu betrachten. Während dieser Arbeitsphase verstanden wir die theoretischen Grundlagen von Fraktalen, die wir an Beispielen wie der Koch-Kurve, der Julia-Menge und dem Mandelbrot’schen Apfelmännchen untersuchten. Unsere Vorgehensweise war dabei: Lesen, nicht Verstehen, Diskutieren, dabei Verstehen, selbst Ausformulieren. So hangelten wir uns durch diesen überaus umfassenden Themenbereich und hoffen nun ein gelungenes Gesamtwerk präsentieren zu können. Bei der Ausformulierung behielten wir nahezu die exakte Reihenfolge bei, in der wir uns mit den unterschiedlichen Teilbereichen beschäftigt haben, so dass der Leser unsere Entdeckungsreise durch die Geometrie der Fraktale nachvollziehen kann. Die von uns zunächst betrachteten Fraktale entstehen durch Iterationen, deren Funktionsweise im Folgenden erklärt wird. Es drängt sich natürlich die Frage auf, ob fraktale Gebilde wirklich nur durch mathematische Berechnungen entstehen können oder ob sie auch in der Natur zu entdecken sind. Nun, wir werden sehen …

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2 Grundlage: Die Iteration

Was ist eine Iteration? – Eine Iteration beginnt man, in dem man die Funktion Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenauf den Startwert Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und anschließend dieselbe Funktion auf das Ergebnis Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten anwendet. Es handelt sich hierbei um eine rekursive Anwendung einer Funktion, so dass man den Wert Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten aus dem vorherigen Wert Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenerhält. Das heißt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hierbei steht Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenfür die n-fache Anwendung der Funktion Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenauf sich selbst. Schematisch lässt sich eine Iteration folgendermaßen darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Funktionsweise einer Iteration wird nun am einfachen Beispiel der laufenden Quadrierung einer Zahl verdeutlicht.

Gegeben ist Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten,Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Als Startwert wählen wir Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Daraus erhält man die Folge:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wählt man hingegen als Startwert Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, so ergeben sich folgende Werte:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Man sieht also, dass bei derselben wiederholten Anwendung der Funktion Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten auf verschiedene Startwerte unterschiedliche Grenzwerte für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten entstehen können:

Für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gilt Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gilt Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gilt Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Je näher der Betrag des Startwertes am Wert 1 liegt, desto langsamer erreicht die Iteration ihren Grenzwert. (nach [1] S. 9 und [3] S. 7ff)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3 Eigenschaften von Fraktalen

Durch eine Erweiterung der Iteration, wie sie unter 2 beschrieben wurde, können fraktale Gebilde entstehen. Die nun für diese einfachen Iterationen gezeigten Eigenschaften treffen auch auf die durch kompliziertere Iterationen entstehenden Fraktale zu. Zu diesen Besonderheiten zählen Fixpunkte, Selbstähnlichkeit und die fraktale Dimension.

3.1 Fixpunkte

Für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gilt, wie schon unter 2 beschrieben,Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, man muss jedoch zwischen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten unterscheiden:

(1) Für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gilt Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenalso auch Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenetc. Daraus folgt: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Werte die sich nach jedem Iterationsschritt nicht verändern, also gleich bleiben, nennt man Fixpunkte. In diesem Beispiel ist natürlich auch 0 ein Fixpunkt.
(2) Für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gilt nichtAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenaberAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Bei jedem weiteren Iterationsschritt bleibt das Ergebnis des ersten Iterationsschrittes gleich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Werte, die nach einem oder mehreren Iterationsschritten in einen Fixpunkt übergehen, nennt man Vorfixpunkte.

Ist der Grenzwert für die Werte links und rechts von x der Wert x selbst, so befindet sich an dieser Stelle ein anziehender Fixpunkt (Attraktor). Zeigen die Werte links und rechts von einem Wert x auf dem Zahlenstrahl unterschiedliche Grenzverhalten, entfernen sich also von x, so ist der Punkt x ein Scheidepunkt (Repellor). (nach [3] S. 13 und [1] S. 10f, 18f)

Zur Erklärung des Begriffes Scheidepunkte führen wir ein neues Beispiel an:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wir wählen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Es ergeben sich folgende Werte für die ersten sechs Iterationsschritte:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nach vielen Schritten erkennt man, dass diese Iteration den Fixpunkt Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten erreicht, der somit einen Attraktor darstellt. Dabei ist zu beachten, dass das Ergebnis jedes Iterationsschrittes nur eine Näherung darstellt, da auch der Computer ab einer gewissen Länge der Nachkommastellen runden muss. Der Fixpunkt Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenlässt sich für die Vorschrift Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenwie folgt berechnen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Damit ergibt sich der Fixpunkt als die Lösung der quadratischen Gleichung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Über die pq-Formel ergibt sich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wir haben also zwei Fixpunkte berechnet und festgestellt, dass Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ein attraktiver Fixpunkt ist. Auch wenn man die Iteration mit Werten beginnt, die näher an Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten als an Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten liegen, wie z.B. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, so stellt sich nach vielen Iterationsschritten trotzdem der Wert Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenein. Selbst bei Werten, die weiter im negativen Bereich liegen als Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, wie z.B. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, ergibt sich als Grenzzahl der Wert Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Daraus lässt sich schließen, dass Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenein Repellor, also ein abstoßender Fixpunkt ist.

3.2 Selbstähnlichkeit

„Ein Gebilde heißt selbstähnlich, wenn es ähnlich einem Teil von sich ist“ ([1] S.47). Die Frage, was Ähnlichkeit überhaupt bedeutet, lässt sich folgendermaßen erklären:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1

Zwei Gebilde sind ähnlich, wenn sie sich durch Skalierung ineinander überführen lassen, d.h. die Verhältnisse aller Strecken des einen Gebildes zueinander müssen gleich denen des anderen Gebildes sein. Außerdem sind zwei Gebilde ähnlich, wenn sie in ihren Winkeln übereinstimmen. Dies lässt sich gut in Abbildung 1 erkennen. Das große, schwarz gezeichnete Dreieck entsteht durch Skalierung des roten Dreiecks um den Faktor zwei. Gleichzeitig bleiben die Winkel der beiden Dreiecke gleich. Grundlage für diese Veränderung ist die Zentrische Streckung.

Ist nun eines der beiden Gebilde in einem Teilbereich des anderen zu finden, so spricht man von Selbstähnlichkeit, da durch Skalierung ein begrenzter Teil des Gebildes in das Gebilde selbst überführt werden kann (Skaleninvarianz). Diese Skaleninvarianz ist jedoch nur möglich, da die zugrunde liegende Iteration theoretisch unendlich lange ausgeführt wird. Eine Abbildung einer Iteration, wie z.B. Abbildung 2, kann nie dem eigentlichen, der Iteration zugehörigen Bild entsprechen, da nur eine endliche Näherung verwendet wird. Der Baum in Abbildung 2 entsteht durch einen iterativen Zeichenvorgang. Dieser liegt im Anhang 8.1 als Programmtext dargestellt vor. Dabei wird diese Iteration nur 20 Mal ausgeführt, wodurch die Endlichkeit deutlich wird. Führt man die Iteration nur 15 Mal durch, so ist kein Unterschied zwischen den beiden Abbildungen erkennbar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2

Abbildung 2 zeigt deutlich, dass ein Teil dieses Fraktals, hier blau markiert, durch Skalierung in das Fraktal selbst überführt werden kann. Auffallend ist dabei, dass wenn nicht explizit ein Maßstab angegeben ist, der Betrachter nicht beurteilen kann, wie „groß“ das betrachtete Bild ist, bzw. woher es aus dem ursprünglichen Fraktal stammt. Würde man also den blau markierten Teil des Baumes vergrößern, so könnte man ihn nicht mehr von dem ursprünglichen Baum unterscheiden. Dadurch wird der Begriff Skaleninvarianz noch auf eine andere Art deutlich.

3.3 Der Dimensionsbegriff

Im Folgenden beschäftigen wir uns mit der Dimension von Fraktalen. Dazu ist zu sagen, dass Fraktale keine topologische, also ganzzahlige, Dimension besitzen. Der Mathematiker Benoit Mandelbrot ist durch Betrachtungen natürlicher Gebilde zu dem Schluss gekommen, dass die bereits Jahre zuvor von Felix Hausdorff für iterierte Gebilde beschriebene gebrochene (fraktale) Dimension auch in der Natur Anwendung findet (nach [5]).

3.3.1 Topologische Dimension

Die Topologie ist die Lehre von der Lage und Anordnung von geometrischen Gebilden im Raum. Folglich ist die topologische Dimension die uns bekannte Definition von null-, ein-, zwei-, bzw. dreidimensionalen Gebilden. So hat zum Beispiel ein Punkt die Dimension Null, eine Linie die Dimension eins, eine Fläche, da bei ihr zwei Seiten aufeinander senkrecht stehen die Dimension zwei und der Raum, bei dem 3 Seiten orthogonal zueinander angebracht sind natürlich die Dimension drei (siehe Abbildung 3) (nach [5]).

Die topologische Dimension wird im Folgenden mit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten bezeichnet.

3.3.2 Hausdorff-Dimension (fraktale Dimension)

Mit Hilfe der topologischen Dimension ist man nicht in der Lage alle in der Natur vorkommenden Gebilde hinreichend zu beschreiben, da viele dieser Gebilde, wie z.B. Berge oder Wolken, an ihrer Oberfläche gebrochen sind und somit einen dreidimensionalen, würfelförmigen Raum nicht vollständig ausfüllen. Dies lässt sich auch auf Küstenlinien übertragen, welche Flächen einschließen, die jedoch aufgrund des unstetigen Küstenverlaufes nicht die topologische Dimension zwei haben können. Die Küstenlinie an sich kann nicht die topologische Dimension eins besitzen, da ihre Länge aufgrund der vielen Verschachtelungen theoretisch unendlich sein kann. Dasselbe Phänomen hatte Felix Hausdorff an der Kochkurve (siehe 4.1) beobachtet und dieser eine gebrochene Dimension (Hausdorff-Dimension) zugeordnet. Es war Benoit Mandelbrot, der diesen Dimensionsbegriff später auf natürliche Gebilde wie folgt angewendet hat:

- Da ein Berg einen dreidimensionalen Raum nicht vollständig ausfüllt, muss seine fraktale Dimension kleiner sein als drei. Weil er sich jedoch ins Räumliche erstreckt, muss seine Dimension größer als zwei sein. Ihm wird also eine Dimension zwischen zwei und drei, also eine gebrochene Dimension, zugeordnet.
- Gleiches gilt für die Küste. Diese jedoch hat eine Dimension zwischen eins und zwei, da sie zwar eine Fläche einschließt, ihre Randlänge jedoch theoretisch nicht endlich ist. (nach [3] S. 151ff und [2] S. 93 – 97)

An dem Beispiel einer Küstenlinie wird nun die Berechnung der fraktalen Dimension (Hausdorff-Dimension) verdeutlicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4

Da eine Küstenlinie, wie in Abbildung 4 zu sehen ist, keinen geraden, gleichmäßigen Verlauf aufweist, muss für sie eine fraktale Dimension berechenbar sein. Dazu muss man den Verlauf der Küste mathematisch beschreiben. Zu diesem Zweck legt man gleichgroße Strecken mit der Länge Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenan die Küstenlinie an, approximiert[2] also die Küste durch einen regelmäßigen Polygonenzug[3]. Nimmt man an, dass bei einer kompletten Umrundung einer Insel Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenMal die Strecke mit der Länge Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten angetragen werden kann, so gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei stellt Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten die Gesamtlänge des Polygonenzuges in Abhängigkeit von der Länge der Strecke Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendar. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten bestimmt also näherungsweise die Länge der Küstenlinie. Dieses Verhältnis von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten zu Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenwollen wir jedoch für spezielle Küsten berechenbar machen. Dazu muss die Funktion Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten genauer bestimmt werden. Zu diesem Zweck werden die Messwerte in einem Koordinatensystem eingetragen, was jedoch nur zu einer Kurve führt, für die auf den ersten Blick keine Gesetzmäßigkeit erkannt werden kann. Um doch eine Gesetzmäßigkeit zu finden, bedient man sich verschiedener Methoden. So kann man zum Beispiel statt der Werte selbst, für einen der beiden, oder gar für beide den Logarithmus im Koordinatensystem antragen. In unserem Beispiel entsteht durch die Wahl der zweiten Methode eine Gerade. Wie man sich vorstellen kann, erforderte die Entdeckung dieser Gesetzmäßigkeit enorme Genauigkeit und Geduld, da sie nur durch gezieltes Ausprobieren gefunden werden konnte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5

Trägt man also, wie schon gesagt, die Logarithmen der Werte in einem Koordinatensystem an, so kann man näherungsweise eine Gerade bestimmen, die den Zusammenhang von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten verdeutlicht. Über die Geradengleichung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenerhält man mit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten die Gleichung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Somit ist Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten abhängig von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Durch diese Darstellungsweise erkennt man beim Vergleich der Geraden unterschiedlicher Küstenlinien oder Ländergrenzen, dass die Steigung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltender Geraden ein Maß für die Zerklüftung dieser Linien zu sein scheint. So hat z.B. die Westküste von Großbritannien eine Steigung von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, die Südafrikanische Küste hingegen eine Steigung von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Schaut man sich diese Ländergrenzen im Atlas an, so erkennt man, dass die Britische Küste nicht annähernd so geradlinig verläuft, wie die Südafrikanische. Dies wird in Abbildung 6 besonders deutlich, wenn man die Zerklüftung der britischen Küste genauer betrachtet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6

Stellt man sich eine Gerade als Küstenlinie vor, so ist deren Dimension im herkömmlichen Sinne (topologisch) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Eine solche gerade Küstenlinie hat mit Hilfe des oben beschriebenen Verfahrens eine Steigung von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, da bei Veränderung von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltender Wert für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltengleich bleibt. Darüber kann man einen Versuch starten, die fraktale Dimension Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten über Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten zu beschreiben, so dass gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bzw.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Über diese Formel lässt sich für die Westküste von Großbritannien eine fraktale Dimension von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenbestimmen.

Nun soll eine Formel für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten in Abhängigkeit von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltengefunden werden. Also zurück zur Formel Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, welche die oben erwähnten Geraden beschreibt. Mit Hilfe der Logarithmen- und Potenzgesetze werden folgende Umformungen gemacht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

An dieser Stelle setzen wir Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenein. Es ergibt sich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Um nach Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten umstellen zu können, formen wir folgendermaßen um:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es wird nach Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenumgestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit dieser Formel können wir die fraktale Dimension Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten unter der Bedingung bestimmen, dass eine graphische Darstellung der Messwerte gegeben ist. Da bei einer Geraden die Steigung konstant ist, muss sich für alle Werte von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten das gleiche Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ergeben.

Um die Länge der Küstenlinie mit einem Polygonenzug möglichst genau anzunähern, muss Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenmöglichst klein werden. Wenden wir dies auf die Formel für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenan, so ergibt sich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Betrachtet man den Grenzwert für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten bei Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, so erkennt man, dass dieser Term gegen Null geht. Es bleibt also folgende Formel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit dieser Formel lässt sich die fraktale Dimension aller nicht differenzierbaren Kurven bestimmen. (nach [3] S. 151-156)

3.3.3 Selbstähnlichkeitsdimension

Für fraktale Gebilde, die selbstähnlich sind (siehe 3.2), gibt es eine vereinfachte Formel zur Berechnung der so genannten Selbstähnlichkeitsdimension, die dasselbe Ergebnis für selbstähnliche Gebilde liefert, wie die Hausdorff-Dimension. Ein Beispiel dazu wird unter 4.1 angeführt, wo die Dimension der Koch-Kurve, welche selbstähnlich ist, auf beide Arten berechnet wird. Zum Verständnis der Selbstähnlichkeitsdimension wird diese an folgendem Beispiel erläutert:

Streckt man ein Gebilde um den Faktor Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, so gibt Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendie Anzahl der entstehenden Kopien des Ursprungsbildes an. Dies wird an Gebilden mit bekannter Dimension gezeigt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7

Eine Strecke hat zweifelsohne die Dimension Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Streckt man sie um den Faktor Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, so erhält man zwei Kopien Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenmit der Länge der ursprünglichen Strecke.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8

Betrachten wir nun eine Fläche, also ein Gebilde mit der Dimension Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, in unserem Beispiel ein Quadrat. Wenn hier jede Seite um den Faktor Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gestreckt wird, so erhalten wir vier Quadrate, die dem ursprünglichen Quadrat entsprechen. In diesem Fall ergibt sich Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9

Bei der Streckung eines Würfels, also einem Gebilde mit der Dimension Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, um den Faktor Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten erhalten wir acht neue kleine Würfel, d.h. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Die Dimension eines Gebildes bestimmt also bei der Streckung um Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten die Anzahl der entstehenden Kopien. Somit lässt sich für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten folgendes Verhältnis aufstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gleiches lässt sich auch für größere Streckfaktoren zeigen, weshalb allgemein gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Daraus folgt für die Dimension Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Index kennzeichnet die Dimension als Selbstähnlichkeitsdimension. Diese bestimmt sich also aus dem Quotient des Logarithmus der Anzahl der Kopien durch den Logarithmus des Streckungsfaktors. (nach [5])

Im Folgenden soll die Dimension eines Baumes auf zwei verschiedene Arten mit Hilfe der Selbstähnlichkeitsdimension bestimmt werden (siehe Abbildung 10). Der Baum wird durch folgende Angaben erstellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zum einen soll die Dimension durch Betrachtung des Baumes bestimmt werden, d.h. man bestimmt die Dimension graphisch anhand von kleineren Teilbäumen:

Anhand Abbildung 10 berechnet man Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendurch Teilen von 15 Längeneinheiten durch 5,29 Längeneinheiten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei dieser Skalierung erhält man 6 Kopien der Ursprungsfigur (siehe Abbildung 10). Mit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bzw.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einen Vergleichswert erhält man durch eine weitere Skalierung. Für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenwird folgende Skalierung gewählt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei entstehen 30 Kopien der Ursprungsfigur und man erhält für die Dimension:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dieses Ergebnis unterscheidet sich geringfügig vom Ersten, was sich auf die Ungenauigkeit der Bestimmung der Größe der einzelnen Teilbäume zurückführen lässt. Als Mittelwert ergibt sich für die Dimension:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10

Eine andere, genauere Möglichkeit zur Bestimmung der Dimension dieses Baumes ist die Betrachtung der einzelnen Äste, anstatt der Betrachtung ganzer Teilbäume. Ausgehend von oben stehenden Angaben für die Konstruktion des Baumes lassen sich die Längen der einzelnen Äste, sowie deren Anzahl genau bestimmen. Bei jedem Iterationsschritt entstehen zwei neue Äste. Gleichzeitig wird deren Länge eindeutig durch das angegebene Teilungsverhältnis bestimmt. Der Faktor Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenmuss also nicht mehr explizit bestimmt werden, denn Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenist gleich dem Kehrwert des Teilungsverhältnisses, da man die Länge des Stammes durch die Länge des ersten Astes teilt, um Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenzu erhalten. Bei dem ersten Iterationsschritt heißt das:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da bei jedem Iterationsschritt zwei neue Äste entstehen, gilt bei Betrachtung der ersten Iteration:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch diese Überlegung haben wir die Selbstähnlichkeitsdimension des Baumes in Abbildung 10 eindeutig bestimmt. Im Vergleich zur graphischen Bestimmung lässt sich für diese ein Fehler von ca. 22% bestimmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4 Beispiele

4.1 Koch-Kurve

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11

Niels Fabian Helge von Koch (25.01.1870 – 11.03.1924) war ein schwedischer Mathematiker (siehe Abbildung 11), der unter anderem mehrere Schriften über Zahlentheorie verfasste. Berühmt wurde er jedoch durch seine im Jahr 1906 beschriebene, später nach ihm benannte Kochkurve.

4.1.1 Wie entsteht die Koch-Kurve?

Im Prinzip entsteht die Koch-Kurve folgendermaßen aus der in Abbildung 12 angegebenen Grundfigur:

(1) Teile jede gerade Strecke in drei Teile.
(2) Ersetzte den mittleren Teil durch zwei Seiten eines gleichseitigen Dreiecks.
(3) Wende Punkt (1) und Punkt (2) auf die zuletzt entstandene Figur an. (nach [2] S. 87f)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12

Dadurch entsteht eine unendliche Wiederholung von oben stehender Zeichenvorschrift. Die Linie der Koch-Kurve erhält somit unendlich viele Verzweigungen und ist unendlich lang. Aus diesem Grund ist sie an keiner Stelle differenzierbar, es lässt sich also auf Grund der unendlich oft ausgeführten Iteration an keiner Stelle dieser stetigen Kurve eine Tangente anlegen.

Verschiedene Stufen der Iteration lassen sich in Abbildung 12 betrachten. Diese Kurve ist, wie dort bereits zu erkennen ist, selbstähnlich. Sie hat also eine Selbstähnlichkeitsdimension, die unter 4.1.2 berechnet wird.

Eigentlich wurden diese Abbildungen jedoch nicht mit dem oben beschriebenen iterativen Zeichenvorgang erstellt, sondern mit der unter 8.2 dargestellten rekursiven Funktion, deren Funktionsweise auch im Anhang erklärt wird.

Die so genannte Koch’sche Schneeflockenkurve (siehe Abbildung 13) entsteht, wenn man als Grundfigur nicht eine Linie sondern ein gleichseitiges Dreieck wählt. Gleichzeitig kann man sie auch mit Hilfe der unter 8.2 dargestellten rekursiven Funktion erzeugen, wobei diese dreimal hintereinander bei gleichzeitiger Drehung um 120° ausgeführt werden muss.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 13

4.1.2 Fraktale Dimension und Selbstähnlichkeitsdimension

Da wir wissen, dass die fraktale Dimension der Selbstähnlichkeitsdimension entspricht, genügt es zur Dimensionsbestimmung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenzu berechnen:

Streckt man den kleinen, blauen Teil der Kochkurve mit dem Faktor Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, so erhält man die gesamte Kochkurve. Da dieser Teil in der entsprechenden Größe vier Mal in der Kochkurve vorhanden ist, beträgt der Wert für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten (siehe Abbildung 14). Es ergibt sich also:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Kochkurve hat also ungefähr eine Selbstähnlichkeitsdimension von 1,26. Im Folgenden soll mit Hilfe der Berechnung aus 3.3.2 gezeigt werden, dass die Selbstähnlichkeitsdimension der fraktalen Dimension der Koch-Kurve entspricht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 14

Aufgrund der rekursiven Funktion, wie sie im Anhang 8.2 beschrieben ist, beträgt die Länge einer Teilstrecke der Koch-Kurve nach Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Iterationsschritten nur noch Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltender Anfangsstrecke mit der Länge Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, da die Strecke bei jedem Schritt erneut gedrittelt wird. Daraus folgt für die Länge einer Teilstre>Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für die Anzahl dieser Teilstrecken gilt Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, wobei Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, da bei jedem Iterationsschritt aus jeder Teilstrecke des vorherigen Iterationsschrittes vier neue Teilstrecken hervorgehen (siehe Abbildung 13). Zu Beginn liegt als Grundfigur nur eine Strecke vor. Nach der ersten Iteration besteht der Streckenzug aus vier Teilstrecken, nach der zweiten aus 16 usw. Um nun die Hausdorff-Dimension der Koch-Kurve mittels des unter 3.3.2 beschriebenen Verfahrens zu berechnen, setzen wir Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten in folgende Formel für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ein, da Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten der Länge einer Teilstrecke des Polygonenzuges entspricht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten folgt also:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei ist zu beachten, statt der Variablen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten nun die Variable Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten im Grenzwert zu betrachten, da Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten eine Funktion in Abhängigkeit von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten darstellt. Damit man nach dem Einsetzen von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten also den gleichen Grenzwert erhält, muss Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten aufgrund des Kehrwertes gegen unendlich gehen. Mit Hilfe der Logarithmengesetze erhält man im Folgenden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Betrachtet man nun den Grenzwert für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, so geht der Ausdruck Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gegen null. Man erhält:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Folglich entspricht die Hausdorff-Dimension der Koch-Kurve der Selbstähnlichkeitsdimension. Es wurde also für dieses spezielle Beispiel gezeigt, dass Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gilt (nach [3], S. 156).

4.2 Mandelbrot- und Julia-Mengen

An dieser Stelle wird nun die in 3.1 zur Fixpunktberechnung verwendete Iteration im Zusammenhang mit komplexen Zahlen zur Erzeugung von Fraktalen verwendet. Diese Iteration wurde von Gaston Julia benutzt und Benoit Mandelbrot fasste Jahre später alle so von Julia erzeugten Mengen zusammen. Die im Folgenden erklärten fraktalen Mengen sind nach diesen beiden französischen Mathematikern benannt worden. Zum Verständnis geben wir zunächst eine Einführung in die komplexen Zahlen.

4.2.1 Komplexe Zahlen

In der Mittelstufe lernt man bereits, dass die Gleichung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenkeine Lösung hat, da keine Zahl existiert, deren Quadrat Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ergibt. In der Vergangenheit überlegten sich verschiedene Mathematiker, wie sie trotzdem eine Lösung für diese Gleichung, bzw. eine Lösung für Wurzeln aus negativen Zahlen, finden können. Dazu erweiterten sie den Zahlenbereich um die imaginäre [4] Einheit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Sie wurde definiert als Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, also gilt Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. So hat die Gleichung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendie Lösung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Um jede Wurzel aus einer negativen Zahl berechnen zu können, definierte Leonhard Euler:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Man kann also Wurzeln aus negativen Zahlen durch reelle Vielfache von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ausdrücken, so z.B. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Im Bezug auf die Rechengesetze behandelt man die imaginäre Einheit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten wie eine normale Zahl.

Man ist also in der Lage Gleichungen der Art Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten zu berechnen, auch wenn Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltengrößer als Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ist. Als Beispiel führen wir folgende Gleichung an:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit Hilfe der pq-Formel ergibt sich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Daraus ergibt sich die Lösungsmenge Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Wie wir sehen, nehmen die Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenund Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenWerte von der Form Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenan. Diese werden nun als komplexe Zahlen definiert. Eine komplexe Zahl Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenbesteht aus dem so genannten Realteil Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und dem Imaginärteil Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, so dass gilt: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Der Zahlenbereich der komplexen Zahlen wird im Allgemeinen mit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten bezeichnet. Dabei stellt dieser eine Erweiterung der Menge der reellen Zahlen dar, weil Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten nur noch aus dem Realteil besteht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 15

Weiterhin lässt sich eine komplexe Zahl aufgrund ihrer beiden Komponenten auch als Vektor auffassen und somit in einem Koordinatensystem, bezeichnet als Gauß’sche Zahlenebene, mit einer reellen und einer imaginären Achse eintragen (siehe Abbildung 15). Dabei wird auf der x-Achse der reelle Teil angetragen, auf der y-Achse der imaginäre. Man findet für komplexe Zahlen also auch die Schreibweise Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Im Folgenden sollen die Grundrechenarten für komplexe Zahlen dargestellt werden:

1. Addition: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Die beiden Komponenten einer komplexen Zahl werden also getrennt voneinander addiert, so dass eine neue komplexe Zahl mit einem Realteil Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und einem Imaginärteil Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenentsteht.
2. Subtraktion: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Die Subtraktion verläuft analog zur Addition.
3. Multiplikation: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Bei der Multiplikation werden alle Komponenten wie gewöhnlich ausmultipliziert. Anschließend ordnet man nach Real- und Imaginärteil, so dass eine neue komplexe Zahl entsteht.
4. Division: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Bei der Division wird die dritte binomische Formel verwendet. Der Rest läuft analog zur Multiplikation. (nach [4] S. 46 – 53)

4.2.2 Die Julia-Menge

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 16

Bei Julia-Mengen wird die Iterationsvorschrift Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten im Zusammenhang mit dem Körper der komplexen Zahlen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten benutzt, also werden komplexe Funktionen iteriert. Dabei entscheidet man sich für einen festen Wert Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, der die spätere Gestalt der Abbildung der Julia-Menge festlegt, und variiert Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Genauer gesagt, wird also für alle Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten aus einem eingeschränkten Teilbereich der komplexen Zahlenebene überprüft, ob der nach einem eigens festgelegten Maximalwert von Iterationen (meist Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten) entstehende Punkt einen bestimmten Abstand zum Ursprung überschreitet oder nicht. Wenn der Punkt diesen Abstand (in der Regel Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten) nicht überschreitet, d.h. nicht gegen unendlich strebt, so gehört er zur Julia-Menge. Da das Aussehen der Julia-Menge nur von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenabhängt, bezeichnet man diese Konstante auch als seed-value (Samenwert) (siehe [1] S. 30, nach [8] und [1] S. 30ff)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung 17

Man unterscheidet zwischen zusammenhängenden und nicht zusammenhängenden Julia-Mengen. Ist eine Julia-Menge zusammenhängend, so ist auch der Ursprung teil dieser Menge, bei unzusammenhängenden gehört er nicht dazu. Dabei lässt sich zusammenhängend folgendermaßen definieren:

Kann man von einem beliebigen Punkt der Julia-Menge zu jedem anderen, ihr zugehörigen Punkt „wandern“, ohne den Bereich der Julia-Menge zu verlassen, so gilt sie als zusammenhängend. (vgl. [3] S.195)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 18

4.2.3 Das Apfelmännchen (Mandelbrotmengen)

Die Idee des französischen Mathematikers Benoit Mandelbrot war es, die Iterationsvorschrift Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten insofern abzuändern, dass er den Wert für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten festsetzte und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten variierte um somit andere fraktale Gebilde zu erzeugen. Es werden für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Werte aus der Gauß – Ebene, also komplexe Zahlen, gewählt.

Wir beschäftigen uns in der Folge mit der speziellen Mandelbrotmenge die entsteht, wenn man für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten wählt. Nun durchläuft man für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten die Punkte aus einem Ausschnitt der Zahlenebene und erhält eines der wohl bekanntesten iterierten Fraktale überhaupt: das Apfelmännchen. Die Mandelbrotmenge ist eine Zusammenfassung aller Julia-Mengen, da die graphische Darstellung des Apfelmännchens folgendermaßen entsteht:

Während der Iteration wird überprüft, ob die für das aktuell gewählte Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten zugehörige Julia-Menge zusammenhängend ist, oder nicht. Ist sie zusammenhängend, so wird dieses Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten in der komplexen Zahlenebene mit einer Farbe markiert. Anschließend wird das nächste Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gewählt. Somit symbolisiert jeder Punkt der Menge des Apfelmännchens eine zusammenhängende Julia-Menge. Die Entstehung eines solchen Gebildes durch Iteration einer komplexen Funktion ist für die Chaosforscher sehr interessant, was in der Folge noch etwas genauer erläutert wird. Doch auch der Laie kann nicht leugnen, dass dieses Gebilde eine gewisse Ästhetik besitzt und muss die Faszination, die der Mathematiker empfindet, nachvollziehen können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 19

Die Bestimmung der Fixpunkte dieses Fraktals, sowie die Bestimmung der Dimension übersteigen unsere Möglichkeiten. Es lässt sich jedoch annehmen, dass das Apfelmännchen eine Dimension zwischen dem Wert 1 und 2 hat, da sein Rand eine fraktale Linie von unendlicher Länge ist, die dennoch eine Fläche einschließt (Vergleiche mit der Küste unter 3.3.2). (nach [3] S. 176ff, [1] S. 54ff und [8])

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

5 Schlusswort

Natürlich kann in dieser Semesterarbeit durch den eingeschränkten Rahmen nicht jeder Aspekt der fraktalen Geometrie ausführlich bearbeitet werden. So ist bei der Dimensionsbestimmung die Methode Box counting genauso wenig erwähnt worden, wie die Möglichkeit durch Kreisscheiben fraktale Linien bzw. durch Kugeln dreidimensionale fraktale Gebilde anzunähern. Die Dimension wurde lediglich mit dem Polygonenzug und bei selbstähnlichen Gebilden durch Skalierung bestimmt. Nicht ganz verstanden haben wir die Einfärbung der Randbereiche von Julia- bzw. Mandelbrotmengen. Aus dem uns vorliegenden Material wurde nicht ersichtlich, nach welchen Kriterien der Farbverlauf der Randbereiche entsteht. Wir haben während dieser Arbeit festgestellt, dass Fraktale nicht nur nach mathematischen Vorschriften kreierte Objekte sind, sondern auch in großer Vielfalt in der Natur aufzufinden sind. Mathematisch erzeugte Fraktale können dennoch ähnliche Formen annehmen, wie sie in der Natur vorkommen.

„Es gibt eine unglaubliche Vielzahl von Julia-Mengen: Einige sehen aus wie dicke Wolken, andere wie ein dorniges Gestrüpp, wieder andere wie Funken, die nach der Explosion eines Feuerwerkskörpers in der Luft schweben.“ ([3] S. 198f )

Unsere anfängliche Motivation, den Ursprung dieser schönen Bilder zu verstehen, wurde außerdem durch die zugrunde liegende mathematische Themenvielfalt belohnt. Wir erhielten einen Einblick in den Bereich der komplexen Zahlen und lernten den Umgang mit ihnen. Verblüfft waren wir von der Tatsache, dass bei sehr kleiner Veränderung der Konstanten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltender Julia-Menge, eine sehr große Umgestaltung des entstehenden Fraktals zu beobachten war.

Obwohl wir anfänglich mit dem Begriff der gebrochenen Dimension nichts anfangen konnten, erscheint uns dieser jetzt sehr plausibel. Dadurch erhält man die Möglichkeit natürliche und mathematische fraktale Gebilde durch ihre Dimension zu charakterisieren.

Im Anschluss an diese Arbeit würde es uns interessieren, ob auch komplexe Funktionen mit höheren Potenzen, wie z.B. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, Regelmäßigkeiten aufweisen und ästhetische Darstellungen entstehen.

6 Quellenangabe

[1] Behr, R. – Ein Weg zu fraktalen Geometrie, Ernst Klett Schulbuchverlag, Stuttgart 1989

[2] Richter, K.; Rost, J. – Komplexe Systeme, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2002

[3] Zeitler H.; Neidhardt W. – Fraktale und Chaos – Eine Einführung, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1994

[4] Wolff, G.; Athen, H.; Müller, L. – Elemente der Mathematik Oberstufe Band 3, Hermann Schroedel Verlag 1964

[5] http://www.mathe.tu-freiberg.de/~sonntag/notebooks/Fraktal.nb

[6] http://www.fractal-dome.de/khow.html

[7] http://www.komplexe-zahlen.de/

[8] http://www.kairo.at/science/physics/fba_mandelbrot/kap6.php

[9] Abbildung 11: http://www-gap.dcs.st-and.ac.uk/~history/BigPictures/Koch.jpeg

[10] Abbildungen 16 – 19 erstellt mit Fractal eXtreme – Trial Version 1.902 - Ó 1997-2003 Cygnus Software

[11] Abbildung 6: Microsoft Encarta Professional 2004 - Weltatlas

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

7 Anhang

Die beiden folgenden Quelltexte stammen von selbst in Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten geschriebenen Programmen und dienen zur Verdeutlichung des jeweiligen Gebildes.

7.1 Entstehung des Baumes (Abbildung 2)

Aufruf im Hauptprogramm:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Rekursive Funktion:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beschreibung:

Dieser fraktale Baum wird mit Hilfe einer so genannten Turtle-Grafik erstellt. Eine Turtle-Grafik lässt sich, wie der Name schon sagt, mit Hilfe einer Schildkröte beschreiben, die man in verschiedene Richtungen drehen, vorwärts und rückwärts gehen lassen kann. Im Hauptprogramm geht die Turtle zu Beginn um die angegebene Länge vorwärts (Zeile 01). Dies stellt den Stamm des Baumes dar. Danach wird die rekursive[5] Funktion ZeichneBaum aufgerufen (Zeile 02). Die Länge Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten des ersten Astes wird mit Hilfe des angegebenen Teilungsverhältnisses berechnet (Zeile 06). Daraufhin wird die Turtle um den angegebenen Winkel nach links gedreht (Zeile 08) und läuft vorwärts (Zeile 09). Falls die Bedingung in Zeile 10 zutrifft, ruft sich die Funktion selbst wieder auf und zeichnet den nächsten Ast. Daraufhin wandert die Turtle zurück, dreht sich nach rechts und führt den gleichen Ablauf mit dem rechten Ast aus. Dieser Vorgang wird solange ausgeführt, bis die maximale Iterationstiefe erreicht wird. Betrachtet man den gesamten Ablauf, so zeichnet die Turtle zuerst alle linken Äste und wandert dann schrittweise rückwärts.

7.2 Entstehung der Koch-Kurve

Rekursive Funktion:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beschreibung:

Im Gegensatz zu der unter 4.1.1 beschriebenen Entstehung der Koch-Kurve muss bei dieser rekursiven Funktion nicht die „vorherige Zeichnung“ bekannt sein, das heißt, es wird nur die angegebene Iterationsstufe gezeichnet. Natürlich kann diese Koch-Kurve auch nicht unendlich lang werden, da man nur eine Abbildung betrachtet. Man kann lediglich mit vielen Iterationsschritten so viele Verschachtelungen erreichen, dass man zur nächsten Iteration keinen Unterschied mehr erkennen kann.

Im Prinzip ruft sich die Funktion so lange selbst auf, bis die entsprechende Tiefe erreicht ist. Erst dann wird wirklich gezeichnet, wobei der Zeichenvorgang beim kleinsten Strich beginnt. Es wird also, wie schon beim Baum unter 8.1 erst die linken Äste gezeichnet werden, erst der kleinste Teil der letzten Iteration, also der kleine waagrechte Strich ganz links gezeichnet.

[...]


[1] fraktal (lat. fractus): gebrochen

[2] approximieren: annähern

[3] Polygonenzug: Aneinanderreihung von Strecken

[4] Imaginär (lat. imaginarius) = scheinbar

[5] Rekursiv: sich wieder selbst aufrufende

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Fraktale. Grundlagen, Eigenschaften und Beispiele
Note
14 Punkte
Autoren
Jahr
2004
Seiten
32
Katalognummer
V108768
ISBN (eBook)
9783668381780
Dateigröße
1282 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fraktale, mandelbrotmenge, juliamenge, apfelmännchen
Arbeit zitieren
Sebastian Nickel (Autor:in)André Dragässer (Autor:in), 2004, Fraktale. Grundlagen, Eigenschaften und Beispiele, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108768

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