Zahlt sich Kooperation aus?


Hausarbeit, 2004

15 Seiten


Leseprobe


Inhalt:

0. Einleitung

1. Kooperative Koordinationsspiele
1.1. Spiele mit einem Nash-Gleichgewicht
1.1.1. Das Gefangenendilemma
1.1.2. Iterierte Gefangenendilemmata
1.2. Koordinationsspiele mit mehreren asymmetrischen Nash-Gleichgewichten (Spiele mit Verteilungswirkung)
1.2.1. Das Chicken-Game

2. Evolution der Kooperationsstrategien

3. Regime-Theorie (Lehre der Koordinationsinstitutionen)

4. Schlussbetrachtung

5. Literaturverzeichnis

0. Einleitung

Ohne das Zusammenarbeiten verschiedener Wirtschaftsobjekte könnte unsere heutige Wirtschaft nicht mehr funktionieren. (vgl. Mankiw, 2001, S.9). Ausgehend davon, dass diese ihren Nutzen bei gegebener Ressourcenausstattung maximieren wollen, kann dieses Umfeld durch spieltheoretische Situationen nachgezeichnet werden. Sie sind gekennzeichnet durch verschiedene Anreize für kooperatives oder nicht-kooperatives Verhalten. (vgl. Sprinz, 2003, S. 253). Die Spieltheorie untersucht verschiedene Formen dieser Verhalten. Denn wie man in der vorliegenden Arbeit feststellen wird, sind diese Zusammenarbeiten mitunter von erheblichen Problemen geprägt. Eine Form der Spieltheorie ist das kooperative Kooperationsspiel. Man begegnet diesen Koordinationsspielen in vielen Situationen des Alltags und in der Wirtschaft. Die großen gesellschaftlichen Probleme, wie Verschuldung, Krieg oder Umweltverschmutzung sind letztendlich auf Koordinationsspiele zurückzuführen, bzw. mit deren Hilfe zu lösen und zu erklären. Ich werde in dieser Arbeit den Begriff „Koordinationsspiele“ von „Nicht-Koordinationsspielen“ abgrenzen, eine Einordnung in das weite Feld der Spieltheorie vornehmen, sowie anhand von Praxisbeispielen die Anwendung dieses Bereichs der Spieltheorie in den verschiedensten Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft dokumentieren.

1. Kooperative Koordinationsspiele

“Homo Homini Lupus est” – “Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf”, wie der englische Philosoph und Staatstheoretiker Thomas Hobbes sagte. Genau deshalb stellt sich nun aber die Frage, aus welchen Gründen es überhaupt in der Realität zu Kooperationen kommt? “Kooperation ist ein Interaktionsphänomen, das dadurch definiert ist, dass zwei oder mehr Akteure einander wechselseitig bei der Erreichung ihres Ziels helfen” (Rittberger, 2003). Es handelt sich hierbei um “eine kollektive Wahl von Handlungsstrategien, die zwar allen Beteiligten Vorteile bringen, aber nicht selbstverständlich ist, da sie aktive wechselseitige Anpassungsleistungen von den Kooperationspartnern verlangt, die mit Kosten verbunden sind. Durch erfolgreiche Kooperation stellen sich die beteiligten Parteien jedoch im Endeffekt besser, als wenn sie an der maximalen Durchsetzung ihrer gegensätzlichen Eigeninteressen und an unkooperativem Verhalten festgehalten hätten.” (Rittberger, 2003). Der wesentliche Vorteil von kooperativen gegenüber nicht-kooperativen Spielen besteht darin, dass sich bei den kooperativen Spielen die Spieler an Absprachen binden können. Bei nicht-kooperativen Spielen ist dies nicht der Fall, denn hier gibt es keine Kommunikation und keine Sanktionsmöglichkeiten. “Kooperation erfolgt in Situationen, in denen beide Akteure sowohl gemeinsame als auch gegensätzliche Interessen haben. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit erfordert dann, dass sie durch wechselseitige Anpassung ihre gegensätzlichen Interessen überbrücken, um die gemeinsamen zu verwirklichen.“ (Rittberger, 2003).

Haben alle Spieler grundsätzlich gleichgerichtete Interessen, jedoch keine Möglichkeit der Koordination, spricht man von einem Koordinationsspiel. Es gibt Lösungsansätze der Koordination durch zentrale Anweisungen, dem Anwenden von Standards, Traditionen, Konventionen oder institutionalisierten Erwartungen (sog. Routinen).

Also – kann man in Umkehrung zu Hobbes sagen „Lupus Lupo Homo est“ – „Der Wolf ist dem Wolfe ein Mensch“? Die Antwort lautet eindeutig: Ja! Denn auch Wölfe wenden innerhalb von Rudeln Kooperationsstrategien an, wie Robert Axelrod in seinem berühmt gewordenen Axelrod-Experiment festgestellt hat.

1.1. Spiele mit einem Nash-Gleichgewicht

Das Nash Gleichgewicht ist ein Zustand, bei dem keiner der Akteure seinen Zustand bereut, nachdem er die Wahl des anderen kennen gelernt hat. Es fordert, dass jeder Spieler eine Strategie wählt, die bei gegebener Strategie des anderen die höchste Auszahlung sichert. Somit ist gewährleistet, dass es für keinen Spieler profitabel ist, seine Strategie zu ändern, wenn der andere seine Strategie ebenfalls unverändert lässt.

Eine Strategiekombination dagegen, bei der kein Spieler profitieren kann, ohne dem anderen zu schaden, nennt man Pareto-Optimum.

1.1.1. Das Gefangenendilemma

Zwei Gefangene sind verdächtigt, gemeinsam eine Straftat begangen zu haben.

Aufgrund der Kronzeugenregelung hat jeder der beiden getrennt verhörten Delinquenten die Möglichkeit, seine eigene Freiheit zu erkaufen, indem er den anderen mit einer Aussage belastet, im Falle des beidseitigen Schweigens würde die Polizei eine einjährige Haft wegen Waffenbesitzes für beide festlegen. Da das Risiko, durch den anderen belastet zu werden von beiden als zu hoch eingeschätzt wird, werden beide als dominante Strategie das Geständnis wählen, da sie sich damit von der Entscheidung des anderen unabhängig machen um die Höchststrafe 20 Jahre Haft zu vermeiden. Das Dilemma daran ist, dass sich beide damit freiwillig für die zweitschlechteste aus 4 Möglichkeiten (Freiheit, 1 Jahr Haft, 8 Jahre Haft, 20 Jahre Haft) entscheiden müssen, um das Risiko der schlechtesten Wahl auszuschließen, eine Situation, die John Nash als Nash-Gleichgewicht bezeichnet hat. Das Gleichgewicht muss dabei nicht zu dem für beide Spieler optimalen Wert führen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es lässt sich erkennen, dass das gefundene Gleichgewicht in optimalen Strategien ebenfalls ein Nash-Gleichgewicht ist. Denn ein Gleichgewicht in Situationen ist per Definition eine Situation, in der alle Spieler die Strategie gewählt haben, die Ihnen unabhängig von der Wahl des Gegners den besseren Ertrag von den zur Verfügung stehenden Strategiekombinationen bringt. Demzufolge ist es für keinen der Spieler profitabler seine Strategie zu ändern, wenn der andere seine Strategie beibehält.

Für das Gefangenendilemma gibt es in der wirtschaftlichen Praxis zahlreiche Beispiele, die besonders deutlich in Oligopolmärkten auftreten. Das Oligopol weist eine bestimmte Struktur auf, die sich nachteilig für alle Beteiligten auswirken kann. Das Gefangenendilemma enthält eine allgemeine Lehre für alle Gruppen, für die eine Zusammenarbeit grundsätzlich wichtig ist.

Auf allen Oligopolmärkten „bestehen unerbittliche Zwänge zu nicht-kooperativem Vorgehen, das für alle Beteiligten ungünstig ist“. (Mankiw, 2001, S. 382). Mankiw verweist dabei auf das jahrzentelange Wettrüsten zwischen den USA und der UdSSR, das sich spieltheoretisch wie folgt darstellen lässt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Pareto-Optimum befindet sich bei -1,-1. Das durch die beiden dominanten Strategien entstandene Nash-Gleichgewicht befindet sich jedoch bei -10, -10. Die unaufhaltsame Aufrüstung beider Staaten sei damit hinreichend belegt.

Ein Beispiel mit Pareto-Optiomierung findet sich in der Werbeindustrie. Mankiw untersuchte dafür den Oligopolmarkt der beiden US-Zigarettenhersteller Camel und Marlboro und deren Ausgaben für Werbung, die sich wie folgt in einer Matrix darstellen lassen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Wirbt keine der beiden Marken, so werden sich beide Unternehmen den Markt teilen“. (Mankiw, 2001. S. 382). Das Pareto-Optimum liegt hier bei 10, 10. Genau derselbe Markt wird im Falle des Nash-Gleichgewichts in gleichen Teilen aufgeteilt, nur reduzieren sich hier die Gewinne um die Werbe-Ausgaben, ausgehend von der Annahme, dass Tabakwerbung keine Nichtraucher neu akquiriert, sondern lediglich Raucher anderer Marken wechseln lässt. Die Auszahlung beträgt 1, 1. „Eine empirische Bestätigung der Theorie ergab sich 1971 in den USA, als im Kongress ein Gesetz behandelt wurde, das Zigarettenwerbung im Fernsehen verbieten sollte. Zur Überraschung vieler Beobachter boten die Zigarettenhersteller ihren beachtlichen politischen Einfluss nicht auf, um das Gesetz zu verhindern.“ (Mankiw, 2001, 382 f.). Der Gesetzgeber hatte somit das Pareto-Otimum hergestellt. „Er löste das Gefangenendilemma durch Zwang zum Kooperationsresultat mit geringer Werbung und hohen Gewinnen“ (Mankiw, 2001, 383).

1.1.2. Iterierte Gefangenendilemmata

Solcherart zwangsweise Kooperationen zählen allerdings zu den eher seltenen glücklichen Lösungen. Die Schlussfolgerung, überhaupt keine Kooperationen einzugehen, wäre jedoch die falsche, besonders dann, wenn sich das Spiel periodisch wiederholt, wie es z.B. im Falle der Preiskartelle zutrifft. Langfristig gesehen ist es vorteilhafter, die Spielregeln zu erlernen, um die tatsächliche Kooperation zum beiderseitigen Nutzen herbeizuführen. Das macht es erforderlich, vom kurzfristigen Denken zum langfristigen, vorausschauenden Denken überzugehen. Thomas Hobbes bestreitet sogar die Zwangsläufigkeit, dass sich wirtschaftliche Austauschverhältnisse ausschließlich auf ein Nullsummenspiel reduzieren lassen müssen. Vielmehr hält er es sehr wohl für möglich, Vereinbarungen zu wechselseitigem Vorteil zu treffen (vgl. Waibl, 1988, S. 63 f.). Die Lösung findet man durch Wiederholungen, im Modell durch das „iterierte Gefangenendilemmata“ bezeichnet.

1.2. Koordinationsspiele mit mehreren asymmetrischen Nash-Gleichgewichten (Spiele mit Verteilungswirkung)

„Im Kontrast zu Kollaborationsspielen wie dem Gefangenendilemma haben Koordinationsspiele mehrere pareto-optimale Gleichgewichte, die sich durch ihre Verteilungswirkungen unterscheiden, bei Erreichen eines von mehreren Gleichgewichten jedoch keinen Anreiz bieten, davon abzuweichen“.

(Sprinz, 2003, S. 254)

Für die Parteien ist es somit von großem Interesse bzw. größerer Nutzenauszahlung, sich auf eine gemeinsame Strategie zu einigen als gar nicht. Da sie allerdings unterschiedliche Präferenzen in Bezug auf die möglichen Gleichgewichte haben, gilt es, diese in Verhandlungen zu koordinieren. (vgl. Wilkesmann, Piorr, Taubert, 2000, S. 715 ff.)

1.2.1. Das Chicken-Game

Das Chicken-Game ist ein Koordinationsspiel mit Verteilungswirkung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Spiel hat seinen Ursprung in der zweifelhaften Freizeitgestaltung amerikanischer Jugendlicher in ländlichen Regionen. Es geht um zwei Jugendliche, die in Pkws auf einer Landstraße aufeinander zufahren. Weicht einer der beiden Jungen aus (hier als K, für Kooperation bezeichnet), so hat er die Auszahlung 1 (er gilt dann als „Chicken“), während der andere als Held gefeiert wird, da er nicht ausgewichen ist (in der Matrix als D für „Defektion“ bezeichnet) und die Auszahlung 3 erhält. Weichen beide aus, erhalten beide die Auszahlung 2 (niemand blamiert sich, aber es wird auch niemand als Held gefeiert). Defektieren beide, kommt es für beide zur geringstmöglichen Auszahlung, was unschwer vorstellbar ist. Im Feld 2, 2 liegt also das Pareto-Optimum, während mit 3, 1 und 1, 3 gleich zwei Nash-Gleichgewichte existieren. „Diese beiden Nash-Gleichgewichte sind allerdings nur wenig überzeugende Vorhersagen für das Verhalten der Spieler, da es sich um asymmetrische Gleichgewichte handelt“ (Riechmann, 2002, S. 74). Beide Spieler müssen zur Erreichung eines der Gleichgewichte verschiedene Strategien anwenden, weshalb Imitation als Strategie ausscheidet.

2. Evolution der Kooperationsstrategien

Eine Weiterentwicklung des Chicken-Games stellt das Taube/Falke-Spiel dar, wobei davon ausgegangen wird, dass im Gegensatz zum Chicken-Game die Strategie nicht gewechselt werden kann, dass heißt, eine Taube kann nicht zum Falken mutieren, und umgekehrt. Dennoch handelt es sich um ein und dieselbe Spezies, nämlich um Wellensittiche, die das Falken- oder Tauben-Verhalten annehmen, was für den Evolutionscharakter des Spiels wichtig ist. Treffen in einem Käfig zwei Falken-spielende Sittiche aufeinander, so ist die Auszahlung für beide –1, da die Begegnung kämpferisch verläuft. Asymmetrische Nash-Gleichgewichte bilden jeweils ein Zusammentreffen von Falke und Taube bzw. umgekehrt, während ein Treffen Taube/Taube die Auszahlung 1,1 ergibt. Die Auszahlung ist für beide niedriger, als die des Falken im Nash-Gleichgewicht, da der Falke wie schon im Chicken-Game als Held gefeiert wird. Die Auszahlungsmatrix stellt sich also wie folgt dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Riechmann, der ein Modell von Rasmussen verwendend, beweist, dass weder reinrassige Tauben- noch reinrassige Falkenpopulationen stabil sind, da sich darin invadierende Fremdpopulationen aufgrund höherer Auszahlungen schneller vermehren. Erreicht wird in beiden Fällen ein hälftiger evolutionärer stabiler Zustand (vgl Riechmann, 2002, S. 149 ff.).

Zu untersuchen ist die Frage, warum sich Kooperationen gerade in solchen Situationen durchsetzen, in denen keine zentrale Herrschaftsgewalt existiert, die Maximierung des Eigennutzen angenommen wird, und Defektion nicht per se von außen sanktioniert wird (vgl. Weck-Hannemann, 1988). Aufgrund dieses Widerspruchs wird Kooperation auch als „Phänomen“ bezeichnet (vgl. Grandner, 1996, S. 1). Erste Erklärungsansätze liefert ein Modell von Sigmund, das eine Weiterentwicklung des iterierten Gefangenendilemmas darstellt. Darin wurde nicht nur der Punktwert, der in einer Interaktion erspielt wird und der Fortpflanzungserfolg angezeigt, sondern darüber hinaus ein Imagewert eingeführt: „Jeder Akt der Hilfe steigert somit das soziale Ansehen und damit die Bereitschaft des nächsten Partners zur Kooperation“ (Sigmund, 1998). Als generelle Schlussfolgerung bleibt übrig, dass Kooperation sich selbstorganisatorisch entwickelt, wenn die Bedingungen des iterierten Gefangenendilemmas vorliegen und das Gewicht der Zukunft der Kooperation hinreichend groß ist. Kooperation braucht jedoch auch immer Partner. Irgendjemand muss zur Kooperation bereit sein, erst dann kann sich Kooperation rechnen (vgl Grandner, 1996, S. 10). Widerlegt ist hingegen die Aussage, dass Kooperation in einem Gefangenendilemma dominiert sei und daher als Gleichgewichtsstrategie ausfällt. Das Gefangenendilemma ist nur nicht in der Lage, als institutioneller Rahmen für diesen Beweis zu dienen, wohingegen die Komplexität des iterierten Gefangenendilemmas diese Möglichkeiten bietet. Die evolutionäre Spieltheorie kann als Versuch gesehen werden, dieses Problem zu lösen (vgl. Grandner, 1996, S. 15). Grandner verwendet dabei territoriale Strukturen, bei denen sich Strategien in iterierten Gefangenendilemmata in kaleidoskopartigen Mustern ausbreiten. Je nach Versuchsanordnung kommt es dabei zu völligen Strategie-Auslöschungen nach n Runden oder aber zu evolutionär stabilen Zuständen von verschiedenen Strategien.

3. Regime-Theorie (Lehre der Koordinationsinstitutionen)

Auf internationalem Niveau treten viele Konflikte als kooperative Spiele auf, z.B. zwischen Staaten, bei denen sich Absprachen sehr viel schwieriger darstellen. Um internationale Wirtschaftsbeziehungen kooperativ, und damit zum größtmöglichen Nutzen aller Spieler ausführen zu können, ist daher das Bilden von Regimen notwendig. Ein Regime ist eine internationale Institution, die eine Arena für internationale Kooperationen zur Verfügung stellt, „damit die Akteure (Staaten) durch den Prozess der Kooperation zur Kooperation als Ergebnis gelangen“ (Panke, 2004, S.2). Rittberger definiert Internationale Regime als „Normen- und Regelwerke, auf die sich Staaten verständigt haben und mit deren Hilfe sie ihr Vorgehen in bestimmten Handlungsbereichen oder Problemfeldern dauerhaft und verlässlich aufeinander abstimmen.“ (Rittberger, 2003). Krasner formulierte bereits 1983 über Regime: „set of implicit or explicit principles, norms, rules and decission-making procedures around which actors‘ expectations converge in a given area of international relations. Principles are beliefs of fact, causation and rectitude. Norms are standards of behavior defined in terms of rights and obligations. Rules are specific prescriptions or proscriptions for actions. Decision-making procedures are prevailing practices for making and implementing collective choice“ (Sprinz, 2003, S. 252).

Die Bildung eines Regimes dient in erster Linie der Senkung der Transaktionskosten, indem die Bereitstellung von Entscheidungsprozeduren vereinfacht wird. Zweitens ermöglichen Regime die Wiederholbarkeit von Spielen (siehe auch Punkt 2.1.3.) und somit auch die Steuerung durch Sanktionen. Wiederholbarkeit und Sanktionen tragen wiederum zur Reduktion von Entscheidungsunsicherheit bei. Weiterhin besteht der Vorteil von Regimen auch in der Verbesserung des Informationsniveaus (vgl. Panke, 2004, S. 4 ff.). Die Ursachen für die Regime-Entstehung können vielfältiger Natur sein. Eine Ursache liegt in Konflikten oder Krisen (z.B. Internationaler Gerichtshof), in der Tätigkeit von NGO’s (z.B. Greenpeace) oder wird durch wissenschaftliche Erkenntnisse begründet (z.B.: Klimaschutz) (vgl. Panke, 2004, S. 7). „Das klassische Gefangenendilemma diente als Ausgangspunkt, um das Auseinanderdriften von individuellem und kollektiv optimalem Verhalten aufzuzeigen“ (Sprinz, 2003, S. 253). Konkret lässt sich die Regimefunktion als Instrument kooperativer Koordination anhand eines Beispiels erläutern, das die Haushaltsverschuldung der EU-Staaten darstellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es bildet sich hier ein Nash-Gleichgewicht, wenn sich alle EU-Staaten hoch verschulden. Denn dann können Sie bequem ihren Staatshaushalt finanzieren, und wissen gleichzeitig die wirtschaftliche Stärke der EU als Unterstützung hinter sich, die jedoch genau hierdurch gefährdet wird. Um das gemeinschaftliche Interesse der EU zu wahren, ist auch hier zur Pareto-Optimierung der Einsatz von Regimen notwendig. In diesem Falle gibt es sogar konkret anzuwendende Sanktionen zur Durchsetzung des Pareto-Optimums: Artikel 104c des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft benennt die Schwelle, bei der der Strafmechanismus in Gang gesetzt wird. In einem diesen Artikel angehängten „Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit“ werden in Artikel 1 des Protokolls die Konvergenzkriterien auf maximal -3% Haushaltsdefizit und maximal 60% Verschuldungsanteil am BIP festgelegt. Der Strafmechanismus besteht im Zusammentreten der EU-Kommission, der mehrere Maßnahmen gegen den betreffenden Staat zur Verfügung stehen, an deren Ende eine Strafzahlung in Höhe von bis zu 0,5% des Bruttoinlandsproduktes stehen kann.

Weitaus schwieriger stellt sich die Situation beim Regime der internationalen Klimakonferenzen dar. Denn hier mangelt es an Sanktionen, und die sind ein wichtiger Kernbestandteil einer Regimefunktion. Hier zunächst das Gefangenendilemma in derselben Auszahlungsmatrix:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die dominante Strategie ist für beide Spieler ein hoher CO2-Ausstoß („Andere Länder“ seien der Einfachheit halber durch einen Spieler vertreten), womit sich ein Nash-Gleichgewicht bei 1,1 bildet. Der Versuch, dieses Gefangenendilemma durch Pareto-Optimierung auf Regime-Basis zu lösen, stellen die internationalen Klimakonferenzen dar. Auf der Vertragsstaatenkonferenz von 1997 in Kyoto konnte man sich jedoch nur auf ein Reduktionsziel von 5,2% als kleinsten gemeinsamen Nenner einigen, obwohl Wissenschaftler bis zu 80% gefordert hatten (vgl. Fust, 2000, S. 72 f.). Konkrete Reduktionsverpflichtungen wurden dennoch nicht festgeschrieben, wie auch schon bei der Umweltkonferenz in Rio de Janeiro 1992 kein solches Ergebnis zustandegekommen war. Umso überraschender war für alle Teilnehmer des Umweltgipfels, dass ausgerechnet der jahrelange Blockierer USA eine Lösung durch Handel mit Emissionszertifikaten vorgeschlagen hatte (vgl. Fust, 2000, S. 74). Tatsächlich könnte hier eine geeignete Lösung vorliegen, da es bislang weder möglich gewesen war, sich auf ein gemeinsames wirksames Reduktionsziel zu einigen, noch Sanktionen zu implementieren.

Anhand dieser beiden Beispiele lässt sich veranschaulichen, dass es effiziente und weniger effiziente Regime gibt. Zur Erhöhung der Effizienz wäre der Einsatz einer höheren Regeldichte möglich, andererseits ein Instrumentenkasten zur Überwachung der Regeleinhaltung. Weiterhin verfügen Regime über sogenannte „weiche“ Instrumente politischer Steuerung, wie Berichterstattung, Auditing, Zertifizierung und Benchmarking, die effizienter gestaltet werden können (vgl Panke, 2004, S.8).

4. Schlussbetrachtung

Die Spieltheorie hat seit ihrer Entwicklung aus dem Gebiet der angewandten Mathematik in die verschiedensten praktischen Anwendungsbereiche an Bedeutung gewonnen. Es wurde untersucht, warum „Kooperation“ als Phänomen betrachtet wird. Schließlich wurden Erkenntnisse und Modelle vorgestellt, die nachweisen, warum Kooperation durchaus rational sein kann. Weiterhin haben wir die Szenarien beschrieben, die gegeben sein müssen, damit Kooperation rational ist. Außerdem wurden verschiedene Modelle kooperativer Koordinationsspiele vorgestellt und in Praxisbeispielen erläutert. Insbesondere sei abschließend noch einmal auf die Wichtigkeit dieser Erkenntnisse für die Regimetheorie verwiesen. Denn die großen globalen Probleme der Gegenwart und Zukunft – als Beispiele wurden hier Staatsverschuldung von EU Staaten und der weltweite CO2-Ausstoß beschrieben – sollen die Bedeutung dieses Feldes der Spieltheorie unterstreichen.

5. Literaturverzeichnis

Bücher:

- Fust: „Klimabank und Umweltbörse“, Rotbuch, Hamburg, 2000
- Mankiw: „Grundzüge der Volkswirtschaftslehre", Schäffer-Poeschel, Stuttgart, 2001
- Riechmann: „Spieltheorie“, Vahlen, München, 2002
- Hellmann, Wolf, Zürn (Hrsg.): „Forschungsstand und Perspektiven der internationalen Beziehungen in Deutschland“, Nomos, Baden-Baden, 2003
- Waibl: "Ökonomie und Ethik I“, Problemata Frommann-Holzboog, Stuttgart, 1988
- Clermont, Schmeisser, Krimphove (Hrsg.): „Personalführung und Organisation“, Vahlen, München, 2000

Internet:

- Grandner: „Territoriale Evolution von Kooperation in einem Gefangenendilemma“, Vorlesungsskript, Universität Wien, 1996
- Eichberger „Spieltheorie“, Vorlesungsskript, Universität Heidelberg, 2001
- Panke: „Regimeentstehung und Regimefunktionen", Vorlesungsskript, Universität Heidelberg, 2004
- Rittberger: „Einführung in die internationalen Beziehungen“, Vorlesungsskript, Universität Tübingen 2003
- Sigmund: „Kooperation und Konfrontation mit der Natur“, Vorlesungsskript, Universität Wien, 1998
- Weck-Hannemann: „Tit for Tat“, Vorlesungsskript, Universität Zürich, 1988

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Zahlt sich Kooperation aus?
Hochschule
Hochschule Mainz
Veranstaltung
Spieltheorie
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V108735
ISBN (eBook)
9783640069293
ISBN (Buch)
9783640112418
Dateigröße
380 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kooperation, Spieltheorie
Arbeit zitieren
Matthias Wühle (Autor:in), 2004, Zahlt sich Kooperation aus?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108735

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