Finyé von Cissé


Hausarbeit, 2001

23 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Vorwort
1.2 Der Regisseur Souleymane Cissé
1.3 Der Film « Finyé »

2 Hauptteil
2.1 Vergleich zwischen der neuen Militärmacht und der alten traditionellen Macht
2.1.1 Ihre Repräsentanten
2.1.2 Ihre Toleranz gegenüber den Anderen
2.1.3 Das Verhältnis zur eigenen Familie
2.1.4 Umgang der Machthaber mit ihrer jeweiligen Macht
2.2 Das Zusammentreffen der beiden Machthaber
2.2.1 inhaltlich
2.2.2 unter filmischen Gesichtspunkten
2.3 Das Ende der Macht

3 Schluss

4 Sequenzprotokoll

5 Literaturliste

6 Filmographie

1 Einleitung

1.1 Vorwort

In der vorliegenden Hausarbeit möchte ich mich mit dem Thema

« Machtverhältnisse im Mali der 80er Jahre anhand des Films „Finyé“ von Souleymane Cissé“ beschäftigen. Zunächst werde ich den Regisseur vorstellen, danach näher auf die Umstände der Entstehung des Films eingehen und schließlich eine Betrachtung sowohl der alten traditionellen als auch der neuen militärischen Macht wie sie im Film dargestellt werden, vornehmen, wobei ich diese Analyse mit einer detaillierten Untersuchung der für mich wichtigsten Filmsequenz beenden werde.

1.2 Der Regisseur Souleymane Cissé

Souleymane Cissé wurde am 21.4.1940 in Bamako, der heutigen Hauptstadt Malis als Sohn einer in ärmlichen Verhältnissen lebenden Moslemfamilie geboren. Er lebte mit seinen Eltern, die der Kaste der Sarakholé angehörten zunächst in Dakar, wo er auch sein Studium absolvierte.

1906, kurz nach der Erlangung der Unabhängigkeit Malis vom Senegal, kehrte er wieder nach Bamako zurück, wo er damit begann, Filmvorführungen für Jugendliche zu organisieren. Da er sich schon sehr früh für die Kunst des Filmemachens interessierte, dies jedoch in Mali noch sehr schwierig war, bewarb er sich für ein Auslandsstipendium, das er 1961 auch erhielt, und das es ihm ermöglichte, 7 Jahre in Moskau zu

lernen – zunächst an der Foto- und Filmhochschule, danach an der VGIK1,

ebenfalls in Moskau. Bereits während dieser Zeit drehte er dort mit anderen Afrikanischen Filmstudenten drei Kurzfilme.

Als er 1968 wieder nach Mali zurückkehrte, trat er sogleich der 2 Jahre zuvor gegründeten SCINFOMA2 bei und wurde kurze Zeit später deren Filmdirektor. In dieser Funktion drehte er zunächst über 30 Kurz- und Dokumentarfilme auf französisch, bevor er 1972 „cinq jours d`une vie“ (35mm, n. et bl., 40 min) realisierte, der erste Film, der komplett auf Bambara, seiner Muttersprache, gedreht wurde. Sein erster längerer Spielfilm „ den muso“ (16mm, coul., 90 min, 1975), ebenfalls in Bambara wurde zunächst aufgrund von copyright Problemen verboten, erhielt aber

nach seiner Freigabe 1979 einen Preis auf dem Filmfestival in Cannes. 1976/77 ließ sich Cissé von seiner Tätigkeit als Filmdirektor beurlauben, um den Film „Baara“ (16 et 35 mm, coul. , 90 min, 1978), zu deutsch

„Arbeit“ zu drehen, der 1978 unter anderem den ersten Preis beim FESPACO erhielt. Dies sollte der erste afrikanische Film werden, der im französischen Fernsehen zur Hauptsendezeit gezeigt wurde, und auch einen beachtlichen Zuschaueranteil von 1,6 Millionen erreichen konnte. 1982 folgte dann sein Werk „Finyé“, der Wind, auf das ich in der vorliegenden Arbeit noch näher eingehen werde. „Finyé “ bildet zusammen mit „Yeelen“(das Licht, 1987) und „Waati“ ( das Wasser, 1995) eine Trilogie, die teilweise mit den gleichen Schauspielern realisiert worden ist. Eine Besonderheit Cissés ist es auch, dass er vorwiegend mit Laienschauspielern arbeitet, die in ihrem wahren Leben genau das sind, was sie später im Film darstellen sollen. Er ergreift diese Maßnahme einerseits aus Gründen der Authentizität, zum anderen aber auch, weil er immer wieder mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hat.

Heute ist Cissé Vorsitzender der „union des créateurs et entrepreneurs du cinéma et de l`audiovisuel de l´afrique de l´ouest“.

1.3 Der Film „ Finyé“

„Finyé“, zu deutsch „der Wind“, der erste Teil der Trilogie „Finyé, Yeelen, Waati“ wurde 1982 von Cissé realisiert. Er setzt sich in diesem Film mit dem Machtmissbrauch der Regierung in Mali während der 80er Jahre auseinander. 1968 übernimmt Moussa Traoré, ein junger in Frankreich ausgebildeter Offizier die Macht in Mali, und gründet die UDPM 3 , um die politische Stabilität zu sichern und die Wirtschaft zu stärken. Am 19. Juni 1979 wird er durch Plebiszit zum ersten Präsidenten der zweiten malischen Republik gewählt, muss seine Macht jedoch gegen die Bedrohung eines Staatsstreiches und gegen die Studentenrevolten vom März 1980 verteidigen. Basierend auf diesen geschichtlichen Tatsachen erzählt der Regisseur in seinem Film die Geschichte von Bâ und Batrou, zwei aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten stammenden Jugendlichen. Bâ ist der Enkel Kansayés, einem Vertreter der traditionellen Stammhalter und Machthaber Malis, Batrou die Tochter des Militärgouverneurs. Nachdem die beiden Jugendlichen erkannt haben, dass ihre Abiturergebnisse von der Regierung anscheinend gefälscht worden sind, beteiligen sie sich zusammen an den Studentenprotesten und stellen sich damit gemeinsam gegen die Regierung.

Obwohl Cissé somit ein sehr aktuelles und heikles Thema anschnitt, das auf den ersten Blick nicht unbedingt ein positives Bild der malischen Regierung vermittelte, bekam er von eben jener Regierung, neben der für den Film nötigen militärischen Ausrüstung, auch die Genehmigung, auf ihrem Gelände drehen zu dürfen.

Cissé erhielt für diesen Film 1983 in Carthago den „tanit d`Or“, ebenfalls 1983 beim Fepaco den „Grand Prix“ und im selben Jahr auch noch in Cannes „un certain regard“.

2 Hauptteil

2.1 Vergleich zwischen der neuen Militärmacht und der alten traditionellen Macht

2.1.1 Ihre Repräsentanten

Die militärische Macht wird in dem vorliegenden Film von Sangaré verkörpert. Er wird von seinen Untergeben meist mit „Colonel“ oder

„Gouverneur“ angeredet und man sieht ihn meist auch mit seiner Uniform bekleidet. Sangaré ist der Anführer der Armee vor Ort und dazu berechtigt, Entscheidungen zu fällen, ohne zunächst einen Übergeordneten um Rat zu fragen. Gleich zu Beginn des Films meint Batrou, seine Tochter, ihm gegenüber, dass die Leute sagen würden, Frankreich sei seine zweite Heimat (0:07:53), eine Aussage, aus der man schließen kann, dass er entweder mit den ehemaligen Kolonialherren zusammenarbeitet, oder zumindest ihre Regierungspolitik weiterverfolgt. Auf alle Fälle steht er aber symbolisch für die aus dem Kolonialismus entstandene neue Macht. Er lebt zusammen mit seinen drei Frauen und deren Kindern in einem weitläufigen und luxuriösen Haus mit großem Garten.

Die traditionelle Macht tritt in Gestalt Kansayés, dem Großvater Bâs auf. Er ist ein älterer, unscheinbarer Mann, der ohne sichtbares Zurschaustellen seiner Position zusammen mit seiner Frau und Bâ in einer ärmlichen Hütte haust. Zu Beginn des Films gibt es keine äußeren Anzeichen, die darauf hinweisen, dass Kansayé etwas besonderes sein könnte. Er trägt die gleiche Kleidung wie die anderen Dorfbewohner und wird auch nie dabei gezeigt, wie er mit den alten Mächten in Verbindung tritt, bzw. wie er sie benützt.

2.1.2 Ihre Toleranz gegenüber den Anderen

Beide Machthaber sind zunächst feindselig gegenüber allem, was nicht ihrer eigenen Welt entspricht. Batrous Vater verbietet seiner Tochter zum Beispiel jeglichen Umgang mit Bâ, der seiner Meinung nach ein Taugenichts ist, und auch dessen Freunde erkennen: „le père de Batrou ne veut pas de nous“(0:15:20). Batrou vermutet, dass die Ursache dieses Hasses in der Tatsache begründet liegt, dass Bâs Vater ein großer Vertreter der alten Naturmächte war, dessen letzter Nachkomme nun eben Bâ ist. Vielleicht empfindet Sangaré ein Unwohlsein gegenüber dieser nicht fassbaren Macht, und versucht sie, mit rationalen, das heißt militärischen, Mitteln in ihrer Macht zu beschränken und sie eventuell sogar zu vernichten.

Als Bâ eines Tages unter Drogeneinfluss mit seiner Großmutter in einen heftigen Streit gerät, und auch handgreiflich wird, versuchen Kansayé und die soeben dazugekommene Batrou die beiden voneinander zu trennen.

Als Kansayé sich der Anwesenheit Batrous bewusst wird und erfährt, dass sie „la fille du chef“ (0:34:22) ist, jagt auch er sie mit den Worten „pas d`enfant de chef chez moi“ (0:34:30) fort. Er betrachtet Batrou als eine

„von den anderen“, von denjenigen, die mit den korrupten Politikern bzw. militärischen Machthabern zusammenarbeiten und auf deren Seite stehen. Man sieht also, beide, sowohl Kansayé als auch Sangaré, sind nicht nur nicht bereit, miteinander zu verkehren, sie verbieten auch ihren Kindern den Umgang miteinander, wollen jeglichen Kontakt mit der anderen Schicht verhindern. Sangaré behält diese Einstellung bei, Kansayé ist jedoch bereit, sich zu ändern. Als Batrou nach der Verhaftung Bâs erneut zu ihm kommt, sich zu dem Vorgefallenen schuldig bekennt, und ihn um Verzeihung bittet, ist er bereit, sie ihr zu gewähren.

Hier erkennt man, dass Kansayé, obwohl sein Sohn in Gefahr ist, die Größe besitzt, seinen Zorn und seine Wut zu zügeln, und Batrou, die an dem Vorgefallenen zwar beteiligt und vielleicht sogar die letztendliche Ursache für Bâs Verhaftung war, nicht aber schuldig ist, zu vergeben. Das heißt, er hat erkannt, dass seine bisherige Ablehnung falsch war, dass

Batrou nicht wie ihr Vater ist, sondern auf der Seite der Gerechtigkeit steht, und notfalls auch bereit ist, sich gegen ihren eigenen Vater zu stellen.

2.1.3 Das Verhältnis zur eigenen Familie

Der Militärgouverneur hat mehrere Frauen, die er bewacht, deren Leben er kontrolliert und die er je nach Laune auch schlägt oder sogar mit dem Gewehr bedroht. Die Tatsache, dass er auch in seinem Haus meist nur in Uniform zu sehen ist, spricht dafür, dass er ist nicht in der Lage ist, zwischen seinem Amt beim Militär und seinem Familienleben zu unterscheiden. Auch hier will er seinen Willen und seine Entscheidungen notfalls mit Waffengewalt durchsetzen. Als er erfährt, dass seine Tochter ebenfalls an den Studentenprotesten beteiligt ist, gibt er den Auftrag, auch sie zu töten.( 1:09:06). Seiner Meinung nach hat sie nur das bekommen, was sie verdient hat. Für ihn spielt es keine Rolle, dass es sich hierbei nicht um eine beliebige Studentin, sondern um seine eigene Tochter handelt. Selbst als seine dritte Frau ihm rät, Batrou freizulassen, da er sonst ins Gerede der Leute kommen könnte, meint er nur: „ Was die Leute sagen ist mir egal“ (1:11:04).

Für ihn steht die (selbstbestimmte) Gerechtigkeit an oberster Stelle – das heißt nicht, dass er gerecht ist, sondern dass ein einmal gefasster Beschluss für alle gilt, ohne Rücksicht auf die eigene Familie. Als Batrou nach den Verhaftungen die den Studentenprotesten gefolgt sind, nicht bereit ist, wie von ihm gefordert, ein Schriftstück zu unterzeichnen , gibt er deutlich zu verstehen, dass er dieses Mädchen nicht mehr sehen will: „fille du diable, je ne veux plus la voir“ (1:15:51).

[...]


1 Staatliche Moskauer Filmschule

2 Service cinématographique du Ministère de l`information du Mali

3 union démocratique du peuple malerien

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Finyé von Cissé
Veranstaltung
Preisgekrönte Filme aus frankophonen Ländern
Note
2,5
Autor
Jahr
2001
Seiten
23
Katalognummer
V108719
ISBN (eBook)
9783640069132
Dateigröße
551 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Finyé, Cissé, Preisgekrönte, Filme, Ländern
Arbeit zitieren
Ines Harsch (Autor:in), 2001, Finyé von Cissé, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108719

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