Karl Marx' Dissertation


Hausarbeit, 2003

15 Seiten


Leseprobe


0. Einleitung

Innerhalb der Forschung über das philosophische System Epikurs und über die Atomistik im Allgemeinen, welche sich von Aristoteles über die nachepikureischen Kritiker der Antike und des Mittelalters bis hin in unsere Zeit erstreckt, hat die Promotionsschrift des jungen Karl Marx’ einen besonderen Stellenwert inne. Zum einen stößt diese Arbeit auf Interesse für die Interpretation der epikureischen Lehre, da Marx in seiner Schrift grundlegende Denkanstöße liefert und zum anderen spiegelt sie die philosophische Formung Marx’ wider, die darum für das Verständnis der Marxschen Lehre, vor allem für seinen Bruch mit der Hegelschen Philosophie, einen nicht zu unterschätzenden Wert hat.

Diese Arbeit nun beschränkt sich aber vielmehr darauf, Marx’ Ansichten über die Naturphilosophie Epikurs nachzuvollziehen und seine Urteile und Schlüsse kritisch zu hinterfragen. Folglich steht weniger die Lehre Epikurs im Mittelpunkt als eher die Schrift Marx’ über sie. Eine Auseinandersetzung mit Marx’ Positionswechsel vom Hegelschen Idealismus zum marxistischen Materialismus findet nicht statt, da dies den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde und zu sehr von der gesetzten Aufgabenstellung abweichen würde. Insofern aber das philosophische Bewusstsein Marx’ deutliche Auswirkungen auf seine Epikur-Interpretation hat, wird selbstverständlich dieses mitberücksichtigt, so dass der Junghegelianismus Marx’ doch am Rande dieser Arbeit erscheinen wird. Noch weniger befasst sich diese Arbeit mit der Promotionsschrift in einem quelleneditorischen Sinne. Die Hintergründe, die zur Niederschrift der Dissertation führten, werden gänzlich ausgeblendet. Ebenso wird auf eine Darstellung der Marxschen Vorarbeiten für diese Arbeit verzichtet. Diese Arbeit beschränkt sich, wie gesagt, allein auf die Promotionsschrift Karl Marx’ über die Differenzen zwischen den Naturphilosophien Epikurs und Demokrits.

Dafür wird im ersten Abschnitt kurz und überblicksartig der Einfluss Hegels auf das Denken Marx’ vorgestellt, um das Verständnis für Marx’ Vorgehen innerhalb seines Beweisganges zu erhöhen bzw. erst zu ermöglichen. Daran anschließend wird detaillierter die Dissertation vorgestellt. Diese Arbeit orientiert sich stark und überwiegend am Aufbau der Doktorarbeit selbst, da Marx bereits selbst eine übersichtliche Gliederung vorweist, was dem Durchleuchten seiner Gedanken sehr entgegenkommt. Zuerst werden demnach die sog. allgemeinen Differenzen behandelt, bevor in dem differenzierten Teil auf die zentrale These Marx’, die Atomdeklination und der Form-Materie-Gegensatz zu sprechen kommen wird. Beendet wird diese Arbeit durch ein kurzes Resümee der Thesen Marx’ und deren Kritik.

1. Ansatz und Voraussetzungen

Zu Beginn seiner Dissertation – „Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie“ – nimmt Karl Marx für sich in Anspruch, ein „ungelöstes Problem aus der Geschichte der griechischen Philosophie gelöst zu haben“.[1] In der Geschichte der Behandlung und Interpretation von Philosophie vor ihm sei es durchgängig so gewesen, Epikur als eine nicht originelle Kopie der Lehre Demokrits anzusehen, so dass es „ein altes eingebürgertes Vorurteil [ist], demokritische und epikureische Physik zu identifizieren“ (S. 268). Marx hingegen will erkannt haben, dass sich „eine wesentliche, bis ins kleinste durchgehende Differenz der demokritischen und epikureischen Physik trotz ihres Zusammenhanges (...) nachweisen läßt“ (ebd.).

Dieser Marxsche Nachweis, den er in seiner Dissertation geben will, soll das Thema der vorliegenden Arbeit sein. Bevor nun aber der Gedankengang und die Argumentation Marx’ nachvollzogen und überprüft werden soll, sogleich kritisch beurteilt, inwiefern die Marxsche Interpretation der beiden antiken Philosophen, Epikur und Demokrit, tatsächlich aus den Lehren beider folgen kann, muss zuerst das philosophische Bewusstsein Marx’ vorgestellt werden, aus welchen er seinen Ansatz und seine Methode für die Behandlung seines Themas wählte.

Unzweifelhaft ist zu konstatieren, dass Marx in dieser Schrift noch stark von der Philosophie Hegels beeinflusst worden war, diese aber nicht vollends übernahm, sondern bereits eigene Gedanken miteinflochte.[2] Das Neue, Eigene und das Alte, Hegelsche innerhalb seiner Dissertation wird näher in der Darstellung des Beweisganges ausgeführt.

Doch zuvörderst lässt sich das Hegelsche Fundament bereits in dem Rahmen erkennen, in welchen Marx selbst seine Dissertation sieht. In der Vorrede mahnt er „diese Abhandlung nur als Vorläufer einer größeren Schrift, in der [er] ausführlich den Zyklus der epikureischen, stoischen und skeptischen Philosophie in ihrem Zusammenhang mit der ganzen griechischen Spekulation darstellen werde“ (S. 261) zu betrachten. Jene Einteilung der Systeme, welche sie als notwendige Reaktionen auf die aristotelische Philosophie bezeichnet, findet sich bereits in den Werken Hegels.[3] Die Faszination für diese Lehren resultiert für Marx aus der Einsicht, dass in jenen zusammengenommen „alle Momente des Selbstbewußtseins vollständig (...) repräsentiert sind“ (S. 267) und sich aus ihnen das Selbstbewusstsein konstruieren ließe. Gleichwohl seien die drei Schulen für die subjektive Form, dem geistigen Träger der philosophischen Systeme, also für den Charakter der griechischen Philosophie, wichtiger und tiefsinniger als die bisherigen Systeme.

Marx’ Motivation, sich mit der Philosophie des Selbstbewusstseins und ihrem Verhältnis zu der aristotelischen Spekulation zu beschäftigen, resultiert aus einem weiteren Element der Hegelschen Philosophie. Die Lehre von der Einheit von System und Geschichte, das dialektische Prinzip von Logischem und Historischem, ließ Marx und andere sog. Junghegelianer zu dem Schluss kommen, zwischen der nacharistotelischen und der nachhegelschen Philosophie eine historische Parallele zu erkennen.[4] Sie versprachen sich mit der Auswertung der antiken Philosophie des Selbstbewusstseins Rückschlüsse auf ihre gegenwärtige Situation ziehen und Begründungen für den eigenen philosophischen Standort finden zu können. Marx erkennt in den Lehren des Epikureismus, Stoizismus und Skeptizismus ein „so charaktervolle[s], intensives und ewige[s] Wesen“ (ebd.), auf dass der Gedanke, den Philosophien nur eine partikulare Erscheinung zuzubilligen, grundlegend verworfen und statt dessen gefordert wird, diese Lehren in die moderne geistige Welt aufzunehmen.

Dies ist der gedankliche Rahmen, in welchem Marx sich mit den antiken Philosophen beschäftigt. Ihm geht es um das Selbstbewusstsein, der subjektiven Form der Philosophie. Das Vorhaben, das Verhältnis der drei Systeme zu den früheren Philosophien zu beschreiben, wird jedoch in der Doktorarbeit nicht weiter verfolgt und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. In seiner Arbeit soll es sich ausschließlich um die Enthüllung des epikureischen Beitrags zur Philosophie des Selbstbewusstseins – dem abstrakt-einzelnen Selbstbewusstsein[5] – drehen, deutlich gemacht an einem Vergleich mit der Lehre Demokrits. Dafür wird er die Ansichten von Philosophen vor ihm verwerfen, welche eine Identität zwischen Epikur und Demokrit bezüglich ihrer Naturphilosophie, d.h. Physik, behaupteten, und eine wesentliche Differenz zwischen den beiden herausarbeiten.

2. Differenzen im Allgemeinen

Den Beweis für seine These gliedert Marx in zwei Teile. Zuerst will er die Differenz der beiden Naturphilosophien „im Allgemeinen“ aufzeigen, um dann „im Einzelnen“ die „diametrale Position“ endgültig zu beweisen.

Im allgemeinen Teil werden die erkenntnistheoretischen Voraussetzungen, die praktischen Konsequenzen aus diesen und letztlich die Reflexionsform der Wirklichkeit, das Verhältnis von Welt und Gedanken als Eckpunkte des Beweises angeführt. Hinsichtlich der erkenntnistheoretischen Schlussfolgerungen der beiden antiken Philosophen zieht Marx das Fazit: Demokrit mache „die sinnliche Welt zum subjektiven Schein “, während Epikur sie „zur objektiven Erscheinung “ erkläre.[6] (S. 271) Das Urteil über Demokrit fällt Marx vor allem aus zwei Demokrit-Fragmenten. Aus dem Spruch: „In Wahrheit wissen wir nichts, denn im Abgrund des Brunnens liegt die Wahrheit.“[7] leitet er ab, Demokrit sei Skeptiker gewesen. (S. 270 f.) Dass die sinnliche Erscheinung für Demokrit nicht den Atomen selbst zukomme, also nicht objektive Erscheinung, sondern subjektiver Schein sei, folgert Marx aus der Aussage: „Die wahrhaften Prinzipien sind die Atome und das Leere; alles andere ist Meinung, Schein.“[8] (S. 271)

Epikur hingegen verhalte sich „ dogmatisch, nicht skeptisch “, für ihn seien die Sinne „Herolde des Wahren“ und „ nichts kann die sinnliche Wahrnehmung widerlegen[9]. (ebd.) Die Einschätzung Marx’ über Epikur ist richtig, hingegen Marx’ Demokrit-Urteil ist in der Forschung umstritten.[10] Die Frage, inwieweit Demokrit eine erkenntniskritische Position, einen subjektiven Idealismus oder nicht doch eine dogmatische Sicht einnimmt, ist nicht eindeutig beantwortet.

Aus der Differenz der Theorie sieht Marx auch Folgen für die Praxis. Demokrit müsse empirische Forschung betreiben, denn das Prinzip sei aus der Welt der sinnlichen Wahrnehmung entfernt, diese dadurch in die Selbständigkeit entlassen und somit einzig reales Objekt. (S. 272)[11] Epikur hingegen verachte die positiven Wissenschaften, er sei „ befriedigt und selig in der Philosophie “, der Philosophie dienen sei Freiheit. (S. 273) Das heißt, Epikur bevorzuge eine Betrachtungsweise, welche das Selbstbewusstsein in den Mittelpunkt stelle und die Kenntnis der äußeren Natur vernachlässige.[12]

Das letzte (vorhandene[13] ) von Marx angeführte Argument für eine Differenz im Allgemeinen ist die Reflexionsform der Wirklichkeit, d.h. das allgemeine Weltverständnis. Demokrit wende die Notwendigkeit an, Epikur dagegen den Zufall. (S. 274) Aus dem Zufall leitet Marx die Willensfreiheit als das zentrale Moment des Selbstbewusstseins ab. Marx gibt hierfür eine Epikur-Passage als Beweis an:

„Die Schicksalsnotwendigkeit aber, die von einigen als Herrin über alle Dinge eingeführt wird, erklärt er (= der Weise) für ein leeres Wort und behauptet vielmehr, daß einiges mit Notwendigkeit geschehe, anderes durch Zufall, wieder anderes (!) durch unsere Entscheidung. Denn er sieht, daß die Notwendigkeit unverantwortlich und der Zufall unbeständig, unsere eigene Entscheidung dagegen (!) frei ist, weshalb ihr sowohl Tadel als Lob folgen kann.“[14]

Dass Epikur die Freiheit des Willens vertritt und damit die Aufweichung eines strikten Determinismus ist unzweifelhaft, aber bei Epikur folgt die Freiheit nicht aus dem Zufall, wird sogar scharf von ihm getrennt und steht neben ihm und der Notwendigkeit auf der gleichen Ebene. Dass Marx also auf den Zufall zurückgreift, um die Freiheit des Selbstbewusstseins zu erklären, obwohl Epikur diese bereits postuliert, bleibt unverständlich. Eine Erklärungsweise dafür könnten die Ausführungen Marx’ über die Konsequenzen des Unterschieds von Notwendigkeit und Zufall sein, so dass Marx Epikur so gelesen hat, wie er ihn verstehen wollte.

Marx betrachtet nun die Erklärungsweise für physische Phänomene der beiden Philosophen. Demokrit, als Verfechter der Notwendigkeit, müsse die reale Möglichkeit, d.h. Ursache, Bedingungen, Gründe, suchen und finden, Epikur jedoch suche die abstrakte Möglichkeit, welche ihm der Zufall biete. (S. 275 f.) Die reale Möglichkeit kümmere sich um das zu erklärende Objekt, die abstrakte Möglichkeit um das erklärende Subjekt. Deshalb konstatiert Marx auch: „Epikur verfährt daher mit einer grenzenlosen Nonchalance in der Erklärung der einzelnen physischen Phänomene.“ (S. 276) Epikur wolle nicht die Gründe der Objekte untersuchen, sondern das erklärende Subjekt beruhigen, es gehe um „die Ataraxie des Selbstbewußtseins “, „ nicht [um] die Naturerkenntnis an und für sich “. (S. 277) Hier deutet sich schon der Unterschied zwischen Demokrit und Epikur an, dass jener noch die Physik in den Mittelpunkt seines philosophischen Systems stellte, dieser bereits aber die Physik der Ethik unterordnete.

Zusammenfassend sieht Marx Demokrit als „ Skeptiker und Empiriker “, welcher aufgrund der Gegebenheit der Notwendigkeit die „reale Existenz der Dinge“ suche, während Epikur als „ Philosoph und Dogmatiker “, nur Zufall sehe und deswegen „alle objektive Realität der Natur“ versuche aufzuheben. (ebd.)

3. Differenzen im Einzelnen

3.1. Deklination und Repulsion

Im Abschnitt der Differenzen im Einzelnen beginnt Marx mit dem für ihn entscheidenden und zentralen Aspekt der epikureischen Naturphilosophie: Der Deklination des Atoms von der geraden Linie. Sie sei die bedeutende Neuerung der Atombewegung, im Gegensatz zu Demokrit, der nur den Fall in gerader Linie und die Abstoßung, die Repulsion, der Atome angenommen habe. Das zusätzliche Moment der Deklination bei Epikur sei das Element der Willensfreiheit. Marx berichtet zunächst über den Spott, welchen sich Epikur mit der Deklination wegen ihrer nicht begründeten Gegebenheit einfing, verteidigt ihn aber durch den Hinweis auf die philosophische und nicht empirische Tätigkeit Epikurs und sieht in der Deklination, als tiefere Darstellung der Sache, ein Wirken des Form-Materie-Gegensatzes im einzelnen Atom.

Im Fallen in der geraden Linie sieht Marx nur ein „relatives Dasein“ des Atoms, also „rein materielle Existenz“, denn „wie der Punkt in der Linie aufgehoben ist: so ist jeder fallende Körper in der geraden Linie aufgehoben“. (S. 280) Aber hierbei ist „die Solidität des Atoms (...) noch gar nicht vorhanden, sofern es nur als in gerader Linie fallend aufgefasst wird“ (ebd.). Nun müsse aber, um diese Solidität des Atoms zu erreichen, etwas zusätzliches hinzutreten, welches die „Negation aller Relativität, aller Beziehung auf ein anderes Dasein“ vollziehe: die reine Form. (ebd.) Diesen Form-Materie-Gegensatz sieht Marx im „Begriff des Atoms (...) verobjektiviert“ (ebd.) – Hier zeigt sich zum einen mit der Kategorie des Begriffs noch die Hegelschen Wurzeln, aber auch schon das Über-ihn-hinaustreten Marx’, wenn er sich für die Materie des Atoms interessiert.

Die Verwirklichung der reinen Formbestimmung, also die Negation der materiellen Bestimmung, der Fall in gerader Linie, müsse nun die Deklination von der geraden Linie sein. „ Die Bewegung des Falls ist die Bewegung der Unselbständigkeit “, doch die Atome, als „ rein selbständige Körper“ bewegen sich „in schrägen Linien“. (S. 281) Die Deklination brauche keine weitere Ursache, denn das Atom selbst sei die Ursache. In der Deklination sei der Begriff der abstrakten Einzelheit dargestellt. (S. 282)

Marx sieht in der Deklination die zentrale Bestimmung der Lehre Epikurs. „Das Gesetz, das sie ausdrückt, geht vielmehr durch die ganze epikureische Philosophie hindurch.“ (ebd.) Die abstrakte Einzelheit müsse, um als reine Form existieren zu können, von sämtlicher Beziehung auf anderes abstrahieren, müsse also von der Umwelt ausbeugen. Dasselbe Wirken sieht Marx im Versuch die Ataraxie der Seele zu erreichen, dem Ausbeugen von Schmerz und Leid, ebenso in den epikureischen Göttern, welche von der Welt ausbeugen und sich nicht mehr um diese kümmern.

Die ummittelbare Konsequenz der Deklination sei die Repulsion der Atome, für Marx die „erste Form des Selbstbewusstseins“ (S. 284). Die Repulsion sei der Bezug der Atome auf sich als Atome. In der Deklination abstrahiere das Atom von seiner Umwelt, die Verwirklichung dieser Negation sei der Bezug auf sich selbst. Dadurch könnten sie aufeinander treffen. Die Repulsion sei demnach das Endstadium der Bewegung weg von der Unselbständigkeit, dem Fallen, hin zur Selbständigkeit durch die Deklination. In der Repulsion vereinige sich der Form-Materie-Gegensatz im Begriff des Atoms, denn dort ist das Atom „abstrakte Form“, wie auch „abstrakte Materie“, denn das Verhalten zu, der Bezug auf andere, ist ein materielles. (ebd.)

Demokrit hingegen fasse in der Repulsion nur die materielle Seite, nicht aber die ideelle, in welcher „Bewegung als Selbstbestimmung gesetzt ist“, weil sie, die Repulsion, durch die Notwendigkeit, durch einen Wirbel vollzogen werde. (ebd.) Da Demokrit folglich nicht das Wesen der Repulsion erfasst habe, kann er laut Marx im Gegensatz zu Epikur keinen Zusammenhang von Ethik und Naturphilosophie vorweisen. Epikur indes könne aus der abstrakten Repulsion der Atome auf „konkretere Formen der Repulsion“, dem Vertrag und die Freundschaft schließen. (S. 285)

Analog zu den Atomen herrsche auch im Menschen der Form-Materie-Gegensatz. In seiner unselbständigen Variante sei der Mensch nur „Naturprodukt“, geleitet von der „Macht der Begierde und der bloßen Natur“. (S. 284) Um sich als „unmittelbar seiende Einzelheit“ zu verwirklichen, müsse der Mensch erst mit der Naturhaftigkeit brechen, ausbeugen, deklinieren und sich auf andere Menschen, die ihm gleichen, als die wirklichen Objekte, beziehen. (ebd.)

Während Carl-Friedrich Geyer in der Parallele Gesellschaftsvertrag – Atomdeklination durch Marx eine neue Qualität der Epikurforschung, die den Zusammenhang von Physik und Ethik rekonstruiere, erkennt[15], scheint es vielmehr, dass auch hier Marx mehr in Epikurs Lehre hineindeutet als geschrieben steht. Für Epikur ist zwar die Freundschaft das größte Gut, welches gewonnen werden müsse, um glückselig zu werden. Außerdem biete sie die größte Sicherheit vor der großen Menge[16], aber er erwähnt nur dass und nicht wie Freundschaft, also die Beziehung der Gleichen, zustande kommen soll. Außerdem separiert er schon die freundschaftliche gebundene Gruppe von der Gesellschaft, negiert also in gewisser Hinsicht eine universelle Gleichheit. Hinsichtlich des Vertrages, welchen Epikur unter dem Aspekt der Nützlichkeit zwecks Sicherheit betrachtet, bestehe die Gleichheit nur in dem Verzicht auf die Absicht, den anderen schaden zu wollen.[17] Die Gesetze in einer Gesellschaft müssen sich nur als nutzbringend für die Bedürfnisse der Gesellschaft, egal welcher Art, erweisen, um als gerecht zu gelten.[18] Für Franz Mehring allerdings ist die Marxsche Interpretation nachvollziehbar, wenn die Hauptakzente auf die Freiwilligkeit und Individualität der Menschen gelegt werden.[19] Für Ernst Günther Schmidt hingegen bringe Marx „Verschiedenartiges (...) zu rasch auf einen Nenner“, wenn er Deklination und Repulsion auch auf andere Ebenen anwende.[20]

3.2. Atomeigenschaften

Das epikureische Prinzip des Form-Materie-Gegensatzes, der Widerspruch von Wesen und Existenz, wird auch bei den Qualitäten des Atoms vorgefunden. Der Widerspruch wird dadurch aufgemacht, dass der reine Begriffe des Atoms keine Eigenschaften, Qualitäten besitzen könne, aber die Atome der Repulsion voneinander unterschieden seien, daher Qualitäten besitzen müssten, um sich voneinander abzugrenzen. (S. 285) Durch die Eigenschaften erhalte das Atom ein „von seinem Wesen unterschiedenes Dasein “, die materielle Existenz, dennoch würden die Eigenschaften so bestimmt, auf dass sie sich in ihrer Sphäre, der materiellen Welt, selbst negieren, also sich selbst widersprächen, um so den Begriff des Atoms zu verwirklichen. (ebd.) Dieses Prinzip lasse sich an allen drei epikureischen Atomeigenschaften erkennen.

Atome hätten Größe, aber nicht jede Größe, wodurch die Kategorie der Größe wiederum negiert würde. Deshalb gäbe es nur einige Größen von Atomen, vor allem im Bereich des Kleinen als der Negation des Großen. (S. 288)

Ebenso sei die Gestalt der Atome zu behandeln. Im Begriff des Atoms sei „die abstrakte Einzelheit (...) das Abstrakt-sich-Gleiche und daher gestaltlos“, daher seien die Unterschiede der Atome unbestimmbar, aber auch nicht absolut unendlich, also es existiere eine „bestimmte und endliche Anzahl von Gestalten, durch die die Atome unterschieden werden“. (ebd.)

Schließlich bei der Schwere, welche ebenso dem Begriff des Atoms widerspräche, also nur dem entäußerten, materiellen, Eigenschaften besitzenden Atom zukomme, müsse der Bezugspunkt beachtet werden. Beziehen sich die Atome untereinander aufeinander, so könnten sie verschiedene Masse und unterschiedliches Gewicht haben, aber in Bezug auf das Leere müsse die Bestimmung des Gewichts fortfallen. „Die Atome (...) bewegen sich daher gleich schnell im leeren Raum.“ (S. 289)

Demokrit habe im Gegensatz zu Epikur, welcher die Eigenschaften betrachte, die „das Atom an sich selbst hat“ (S. 287), nur diejenigen Qualitäten angenommen, mit denen sich „die Bildung der Unterschiede der Erscheinungswelt“ (ebd.) erklären ließe. Die Annahme von Eigenschaften von Gestalt, Lage und Stellung als primäre Qualitäten und Größe und Gewicht nur als sekundäre seien für Demokrit nur „Hypothesen zur Erklärung der erscheinenden Mannigfaltigkeit“ (S. 286) und daher habe er nur an der „materiellen Seite festgehalten“ (S. 290).

Dieser Einschätzung Marx’, nach der Epikur „die Wissenschaft der Atomistik“ (S. 289) und Demokrit nur „Hypothesen“ (S. 290) aufstellten, widerspricht Mehring aufs Schärfste.[21] Für ihn sei mit dem heutigen wissenschaftlichen Kenntnisstand Demokrit der Bahnbrecher der modernen Naturwissenschaft und nicht Epikur. Die Physik von jenem sei exakter und logischer als Epikurs. Marx sei nur zu seinem Urteil gekommen, weil ihm damals die Begriffsphilosophie als die alleinige Wissenschaft erschien.

3.3. Prinzipien und Elemente – Wesen und Existenz

Bestätigung für seine Annahme des Form-Materie-Gegensatzes findet Marx auch in dem scheinbaren Unterschied der Atome, in Prinzipien (atomoi archai) und Elemente (atomoi stocheioi), welchen Kritiker des Epikurs als Inkonsequenz auslägen. (S. 290) Gäbe es zwei verschiedenen Arten von Atomen, so würde Epikurs System zusammenbrechen.[22] Marx verteidigt Epikur dadurch, dass er zwar den Unterschied anerkennt, es aber nicht als zwei fixe Arten von Atomen ansieht, sondern als „vielmehr unterschiedenen Bestimmungen einer und derselben Art“ (S. 292), also dem Unterschied von Wesen und Existenz. Den Beweis sieht er darin, dass die Kritiker Epikurs als den wesentlichen Unterschied die Schwere anführen. Die Schwere allerdings, so habe er nachgewiesen, sei nur relevant im Bezug der Atome aufeinander, nicht in Bezug auf das Leere.

Der Widerspruch im Begriff des Atoms zwischen Existenz und Wesen werde an das Atom herangetragen, wenn man es mit Qualitäten besetze. Dadurch entfremde sich das Atom von seinem Begriff, sei aber zugleich vollendet und bilde aufgrund der Repulsion die erscheinende Welt. (S. 293) Die absolute Form sei zur absoluten Materie degradiert. (ebd.) Durch das ewige Wechselspiel von Form und Materie, die stete Bildung und Auflösung der erscheinenden Welt, könne das Atom in „seinem reinem Begriff“ nur im leeren Raum existieren. (S. 294) „Die abstrakte Einzelheit ist die Freiheit vom Dasein, nicht die Freiheit im Dasein.“ (ebd.) Epikur unterscheide demnach in Elemente (stocheioi), wenn die Atome in Erscheinung treten, und Prinzipien (archai), wenn das Atom im Leeren existiere. Daher sieht Marx darin höchste Konsequenz und kein bisschen Inkonsequenz. Wiederum konsequent sei der auch hier wieder auffallende Unterschied zu Demokrit, welcher nur das materielle Moment festhalte, während Epikur über ihn hinausgehe. (ebd.)

3.4. Zeit als Wechsel als Wechsel

Einen weiteren Unterschied entdeckt Marx in der Bestimmung der Zeit. Beide würden noch übereinstimmen, dass die Zeit, als Begriff der Relativität, aus der Welt des Wesens auszuschließen sei, weil nur so könne das Atom ewig und selbständig sein. Aber Demokrit verlagere nun die Zeit „in das Selbstbewußtsein des philosophierenden Subjekts“, also reduziere sie zu etwas rein subjektiven, während Epikur „die Zeit zur absoluten Form der Erscheinung“ mache. (S. 295) Sie sei das „accidens des accidens“, „der Wechsel als Wechsel“, die in sich reflektierende Veränderung. (ebd.) Die Zeit sei in der Welt der Erscheinung „die Abstraktion, Vernichtung und Zurückführung alles bestimmten Daseins in das Fürsichsein.“ (ebd.) Dadurch könne die Erscheinung erst als solche erkannt werden, weil sie sich fundamental vom Wesen entfremde, da sie sich aktiv als eben diese Entfremdung bestätige. Die erscheinende Natur setze sich als objektiv vorhanden, sie sinnliche Wahrnehmung als verkörperte Zeit werde „zum realen Kriterium der konkreten Natur gemacht“, während das Atom „nur durch die Vernunft geschaut wird“. (S. 296)

Die Zeit, zwar aus der Welt des Wesens ausgeschlossen, verbinde und trenne die Welt des Wesens und die Welt der Erscheinung. „Die Zeit (...) ist das Feuer des Wesens, das die Erscheinung ewig verzehrt und ihr den Stempel der Abhängigkeit und Wesenlosigkeit aufdrückt.“ (ebd.) Der Form-Materie-Gegensatz würde nicht aufgehoben, der Widerspruch kulminiere und löse sich erst in den Meteoren.

Demokrit hingegen, der die Zeit aus der Welt der Erscheinung ausgeschlossen habe, könne nicht beweisen, dass die Erscheinung etwas anderes sei als das Wesen, da an ihm keine Veränderung vonstatten gehe. Die Existenz sei so sehr mit dem Wesen vermischt, dass sie zum subjektiven Schein reduziert würde. (ebd.) Die Differenz zwischen den beiden Philosophen bezüglich ihrer Erkenntnistheorie bestätigt sich hier für Marx im Kleinen, welche er bereits am Anfang seiner Dissertation herausgearbeitet hat. Die Kritikpunkte am Verhalten Marx’ Demokrit gegenüber bleiben allerdings ebenso bestehen.

3.5. Theorie der Meteore

Marx’ Gedanken führen ihn zum letzten großen Bestandteil der epikureischen Philosophie, der Theorie der Meteore. Epikurs Ziel, die Unerschütterlichkeit und das Wohlergehen der Seele, werde durch den Glauben, die Himmelskörper bzw. Meteore seien ewig und unzerstörbar, verhindert, denn dadurch gewinne der Mythos Platz und bringe die Seelen in große Verwirrung. Auch die Theorie der Meteore diene nur dazu die Ataraxie der Seele zu erreichen, denn „nicht der Ideologie und der leeren Hypothesen hat unser Leben not, sondern des, daß wir ohne Verwirrung leben“. (S. 300) Die Erforschung der Meteore diene weniger dazu die Glückseligkeit zu vergrößern, sondern um den Schrecken zu entfernen. Daher können mehrere Erklärungen für die Himmelserscheinungen angegeben werden, solange nur der Mythos entfernt werde, d.h. sich durch die Vielzahl der Gründe die Furcht wegerklären könne. Die Kategorie des Möglichen solle das Bewusstsein beruhigen. Daher können die Himmelskörper nichts Ewiges und Göttliches sein. Sofern Marx’ völlig zutreffende Paraphrase der epikureischen Meteorenlehre, wie er sie in dem Brief an Pythokles[23] darlegt.

Um diese Lehre zu erklären bringt Marx auch hier den Form-Materie-Gegensatz ins Spiel, wie schon im Abschnitt über die Zeit angedeutet wurde. „Das Atom ist die Materie in der Form der Selbständigkeit, der Einzelheit, gleichsam die vorgestellte Schwere. Die höchste Wirklichkeit aber der Schwere sind die Himmelskörper.“ (S. 302) Der Gegensatz von Form und Materie sei in ihnen verwirklicht, gelöst, sie seien die „wirklich gewordenen Atome“ (ebd.). Die Himmelskörper seien die höchste Konsequenz des epikureischen Prinzips, die Ewigkeit der Atome vollende sich in der Ewigkeit der Himmelskörper. In diesem Moment jedoch wende sich Epikur gegen diese vollendete Natur und möchte sie „in die irdische Vergänglichkeit (...) hinabziehen“ (S. 303).

Marx spürt in diesem Widerspruch tiefste Konsequenz. Die Versöhnung von Form und Materie bewirke die Aufnahme der Solidität in die Materie und dadurch des Erreichen der Selbständigkeit. Hier aber höre die „ Affirmation des abstrakten Selbstbewußtseins “ durch die Materie auf, denn der stete und ewige Kampf zwischen Materie und Form, in welchen „das abstrakt-einzelne Selbstbewußtsein seine Natur vergegenständlicht“ fand, ist zu Ende. (ebd.) Die abstrakte Einzelheit werde konkrete Einzelheit, also Allgemeinheit. Die Meteore seien demnach die existent gewordene Negierung des abstrakt-einzelnen Selbstbewusstseins. Das Selbstbewusstsein „erkennt daher in ihnen seinen tödlichen Feind“, aus ihnen resultiere alle Angst und Verwirrung. (ebd.) Die Reaktion des Selbstbewusstseins liege in der Suche nach der abstrakten Möglichkeit, um „die Wirklichkeit der selbständig gewordenen Natur zu vernichten“. (S. 304) Marx beschließt diesen Beweisgang mit der Erkenntnis: „In der Theorie der Meteore erscheint also die Seele der epikureischen Naturphilosophie. Nichts sei ewig, was die Ataraxie des einzelnen Selbstbewußtseins vernichtet.“ (ebd.)

Als notwendige Konsequenz dieser Philosophie, so Marx, sei die aufklärende Wirkung Epikurs zu sehen. Das abstrakt-einzelne Selbstbewusstsein als absolutes Prinzip gesetzt, hebe zum einen alle wirkliche Wissenschaft auf und zum anderen alles Transzendente und Metaphysische, das im Widerspruch zum menschlichen Bewusstsein stehe. Der Mythos soll zerschlagen werden und das menschliche Bewusstsein sich von dem Glauben an die Götter, sogar an die Natur, emanzipieren, so dass der Mensch durch die Philosophie des Möglichen seine Freiheit erlange und den Zustand absoluter Unabhängigkeit erreiche.[24] Daher rührt auch Marx’ Begeisterung für Epikurs Philosophie in seiner Vorrede:

„Die Philosophie verheimlicht es nicht. Das Bekenntnis des Prometheus: ‚Mit einem Wort, ganz hass’ ich all’ und jeden Gott’ ist ihr eigenes Bekenntnis, ihr eigener Spruch gegen alle himmlischen und irdischen Götter, die das menschliche Selbstbewußtsein nicht als die oberste Gottheit anerkennen. Es soll keiner neben ihm sein.“ (S. 262)

4. Resümee

Diese vermeintliche prometheische Haltung Epikurs war wohl auch die entscheidende Größe, warum sich Marx für ihn begeistern konnte und Demokrit nur im Schatten dessen gesehen wurde. Seine Arbeit beendet Marx daher auch mit dem pathetischen Schlusswort, das es verdient in seiner gesamten Länge wiederzugeben:

„Bei Epikur ist daher die Atomistik mit allen ihren Widersprüchen als die Naturwissenschaft des Selbstbewußtseins, das sich unter der Form der abstrakten Einzelheit absolutes Prinzip ist, bis zur höchsten Konsequenz, welches ihre Auflösung und bewußter Gegensatz gegen das Allgemeine ist, durchgeführt und vollendet. Dem Demokrit dagegen ist das Atom nur der allgemein objektive Ausdruck der empirischen Naturforschung überhaupt. Das Atom bleibt ihm daher eine und abstrakte Kategorie, eine Hypothese, die das Resultat der Erfahrung, nicht ihr energisches Prinzip ist, die daher ebenso wohl ohne Realisierung bleibt, wie die reale Naturforschung nicht weiter von ihr bestimmt wird.“ (S. 305)

Dass Marx’ Urteil stark kritisierbar ist, zeigte sich bereits im Verlauf dieser Arbeit. Die grundlegenste Kritik lässt sich am deutlichsten in Franz Mehrings Worten ausdrücken, der den Verdacht ausspricht, Marx habe unter dem Einfluss Hegels der epikureischen Philosophie „eine tiefere Spekulation unterlegt, als sie gehabt hat“.[25] Der „idealistische Boden“ der Arbeit sei ihre wirkliche Schwäche.[26] Die Abwertung der bahnbrechenden Erkenntnisse Demokrits für die Naturforschung und der Überbetonung der Begriffsphilosophie und des Selbstbewusstseins wurden bereits angesprochen. Diese Vernachlässigung der Wirklichkeitsrelevanz der epikureischen Naturphilosophie verführt Marx dazu, den abstrakten Begriff des Selbstbewusstseins in die zentrale Position zu stellen, so dass er viel zu schnell und viel zu zahlreich mit den modernen Hegelschen Kategorien an die Bearbeitung der Lehre Epikurs herangeht, wodurch eine Verfremdung nicht auszuschließen ist.[27] Auch die zu rasche Vereinheitlichung von Verschiedenen durch das Prinzip der Atomdeklination wurde schon erwähnt.[28]

Marx mag zwar mit seiner Kategorie des Form-Materie-Gegensatzes, speziell bei der Atomdeklination, mit ihrem widersprüchlichen Charakter, Epikur geholfen haben dessen Widersprüche zu erklären und ihnen zugleich Konsequenz für sein philosophisches System zuzusprechen, aber man darf auch nicht übersehen – wie es eigentlich auch Marx nicht übersah – dass die Physik, also die Naturphilosophie, für Epikur nur der Diener für seine Ethik war. Daher auch die große „Nonchalance“ des Epikurs bei physikalischen Erklärungen. Epikur ging es nicht um ein in sich geschlossenes naturphilosophisches System, sondern um die Ataraxie der Seele. Diesem Ziel musste alles untergeordnet werden. „Demokrit habe Natur wissenschaft um ihrer selbst willen getrieben, Epikur aber nur eine Natur ansicht aufgestellt, um ein philosophisches System zu begründen.“[29]

Am deutlichsten lässt sich die Diskrepanz zwischen dem durch Hegel beeinflussten Marx’ und dem Anliegen Epikurs in der Theorie der Meteore erkennen. Epikur wollte keine Begründungen, er wollte nur die Angst bannen: „Für diese Erscheinungen nur einen Grund anzugeben, paßt zu denen, die der großen Menge Wunder vorführen wollen.“[30] Da es Epikur nicht interessierte, so ist Marx’ Theorie über Epikurs Theorie der Meteore nichts mehr als seine eigene Theorie.

Nichtsdestoweniger bleibt Marx das Verdienst die epikureische Philosophie kritisch und tiefgreifend untersucht zu haben und so auf Schwierigkeiten, Brüche und Widersprüche innerhalb des Systems hingewiesen haben. Auch schaffte er es die Unterschiede zwischen Demokrit und Epikur übersichtlich offenzulegen, so dass er helfen konnte, die Eigenständigkeit Epikurs zu rehabilitieren. Dass eine Differenz zwischen den beiden Philosophen trotz ihrer Nähe besteht, hat Marx eindrucksvoll bewiesen. Nur dass es diese Differenz sei, welche Marx vorfand, kann angezweifelt werden.

5. Literatur

Marx, Karl: Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie, MEW Ergänzungsband 1, Berlin 1968.

Epikur: Briefe. Sprüche. Werkfragmente, Stuttgart 2000.

Geyer, Carl-Friedrich: Epikur. Zur Einführung, Hamburg 2000.

Jürss, Fritz (Hrsg.): Griechische Atomisten. Texte und Kommentare zum materialistischen Denken der Antike, Berlin 1984.

Lange, Erhard u.a. (Hrsg.): Die Promotion von Karl Marx – Jena 1841. Eine Quellenedition, Berlin 1983.

Lenz, Georg: Karl Marx über die epikureische Philosophie, in: Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung 13 (1928), S. 218-231.

Kimmich, Dorothee: Epikureische Aufklärungen. Philosophische und poetische Konzepte der Selbstsorge, Darmstadt 1993.

Krüger, Egon: Über die Doktor-Dissertation von Karl Marx, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe 3 (1953/54), S. 101-109.

Mehring, Franz: Karl Marx. Geschichte seine Leben (= Franz Mehring. Gesammelte Schriften 3), Berlin 1964.

Ders.: Philosophische Aufsätze (= Franz Mehring, Gesammelte Schriften 13), Berlin 1961.

Schmidt, Ernst Günther: Zu Karl Marx’ Epikurstudien, in: Philologus 113 (1969), S. 129-149.

Eidesstattliche Erklärung

Hiermit versichere ich, Philipp Mikschl, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und nur unter Verwendung der angegebenen Literatur verfasst habe und noch nirgendwo eingereicht habe.

Philipp Mikschl

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[1] Karl Marx: Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie, MEW Ergänzungsband 1, Berlin 1968, S. 261. Im Folgenden werden Zitate aus der Dissertation unter Angabe der Seitenzahl im Fließtext angegeben. Belege und Zitate aus anderen Werke werden weiterhin in Fußnoten wiedergegeben.

[2] Erhard Lange u.a. (Hrsg.): Die Promotion von Karl Marx – Jena 1841. Eine Quellenedition, Berlin 1983, S. 8 f.; Franz Mehring: Karl Marx. Geschichte seine Leben (= Franz Mehring. Gesammelte Schriften 3), Berlin 1964, S. 36; Ders.: Philosophische Aufsätze (= Franz Mehring, Gesammelte Schriften 13), Berlin 1961, S. 18 f.; Ernst Günther Schmidt: Zu Karl Marx’ Epikurstudien, in: Philologus 113 (1969), S. 129-149, hier S. 130 f. Abweichend davon: Georg Lenz: Karl Marx über die epikureische Philosophie, in: Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung 13 (1928), S. 218-231, der bereits zu diesem Zeitpunkt den vollständigen Bruch mit Hegel erkennen will und dazu gegensätzlich: Egon Krüger: Über die Doktor-Dissertation von Karl Marx, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe 3 (1953/54), S. 101-109, hier S. 106 f., welcher Hegel als gänzlich unumwunden sieht.

[3] Lange: Promotion, S. 8 f.

[4] Ebd.

[5] Mehring: Karl Marx, S. 34 f.

[6] Alle Hervorhebungen, wenn nicht anders angegeben, von Marx.

[7] Fritz Jürss (Hrsg.): Griechische Atomisten. Texte und Kommentare zum materialistischen Denken der Antike, Leipzig 1977, S. 162, Fr. 182 (= DK 68 B 117).

[8] Ebd., S. 109, Fr. 25 (= DK 68 A 1).

[9] Ebd., S. 206, Fr. 38, „Ferner muß man sich bei allem an die Wahrnehmungen halten“.

[10] Vgl. Lange, Promotion, S. 23 f.; Schmidt: Epikurstudien, S. 130; Krüger: Doktor-Dissertation, S. 104; Jürss: Griechische Atomisten, S. 34 ff. und S. 72 f.

[11] Krüger: Doktor-Dissertation, S. 104 sieht die Empirieforschungen ebenfalls als strikt notwendige Konsequenz, beurteilt sie aber wesentlicher positiver als Marx.

[12] Lange: Promotion, S. 24.

[13] Die Kapitel IV und V des ersten Teils der Dissertation sind verschollen, vgl. MEW, S 277, Anm. 2.

[14] Jürss, Griechische Atomisten, S. 239, Fr. 133.

[15] Carl-Friedrich Geyer: Epikur. Zur Einführung, Hamburg 2000, S. 120 ff.

[16] Jürss: Griechische Atomisten, S. 286 und 289, Hauptlehrsätze Nr. 14, 27 und 28.

[17] Ebd., S. 290, Nr. 31.

[18] Ebd., S. 291, Nr. 37.

[19] Mehring: Philosophische Aufsätze, S. 24.

[20] Schmidt: Epikurstudien, S. 131.

[21] Vgl. Mehring: Karl Marx, S. 36 f.

[22] Ders.: Philosophische Aufsätze, S. 23.

[23] Jürss: Griechische Atomisten, S. 223-234.

[24] Vgl. Dorothee Kimmich: Epikureische Aufklärungen. Philosophische und poetische Konzepte der Selbstsorge, Darmstadt 1993, S. 241-243.

[25] Mehring: Philosophische Aufsätze, S. 18.

[26] Ebd., S. 19.

[27] Lange: Promotion, S. 27.

[28] Vgl. ebd. und Schmidt: Epikurstudien, S. 131.

[29] Mehring: Philosophische Aufsätze, S. 17, Hervorhebungen im Original.

[30] Jürss: Griechische Atomisten, S. 233, Fr. 214.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Karl Marx' Dissertation
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Veranstaltung
Proseminar
Autor
Jahr
2003
Seiten
15
Katalognummer
V108696
ISBN (eBook)
9783640068913
Dateigröße
474 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Karl, Marx, Dissertation, Proseminar
Arbeit zitieren
Philipp Mikschl (Autor:in), 2003, Karl Marx' Dissertation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108696

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