Freizeit im Leben von Menschen mit geistiger Behinderung


Hausarbeit, 2003

21 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Personenkreis

3. Freizeit
3.1. Definition von Freizeit
3.2 Freizeitbedürfnisse
3.3. Freizeiterschwernisse

4. Chronologie zur Freizeit von Menschen mit geistiger Behinderung

5. Zur Situation der Freizeit von Menschen mit geistiger Behinderung
5.1 Empirische Studien zur Freizeitsituation
5.2. Zusammenfassung und Interpretation

6. Freizeiterziehung bei Menschen mit geistiger Behinderung
6.1 Bedeutung der Freizeiterziehung
6.2 Aufgaben und Ziele der Freizeiterziehung
- Aufgaben -
- Ziele -
6.3. Formen der Freizeitgestaltung

7. Resümee

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Freizeit und ihre Gestaltung ist ein ganz wesentlicher Teil der sozialen Rehabilitation von Menschen mit geistiger Behinderung. Sie bietet die Chance, Ausgrenzungen zu beheben und soziale Integration zu fördern. Das Angebot von Freizeit, Bildung und kultureller Partizipation ist für ein sinnerfülltes und selbstbestimmtes Leben ebenso wichtig wie die Arbeit. „Gerade (vor allem) dem Feld der Freizeit wird eine grundlegende (originäre) Bedeutung für Lebensverwirklichung, Lebenszufriedenheit und Lebensglück zugeschrieben, da Freizeit im Unterschied zur Arbeit keinen Zwang oder Leistungsdruck unterliegt, sondern auf Freiwilligkeit, Freiheit und Eigenentscheidung beruht“ (Theunissen 1995, S.70).

In der vorliegenden Arbeit möchte ich mich mit dem Thema „Freizeit im Leben von Menschen mit geistiger Behinderung“ befassen. Dabei möchte ich Antworten auf folgende Fragen finden: Welche Freizeitbedürfnisse haben geistig behinderte Menschen und wodurch werden sie möglicherweise beeinflusst? Wie sieht die Freizeitsituation von Menschen mit geistiger Behinderung aus? Welche Aufgaben ergeben sich dadurch für die Freizeiterziehung?

Zur Erarbeitung verwendete ich hauptsächlich Bücher von H. Ebert, R. Markowetz und H. Opaschowski. Zur Ergänzung meiner Aufzeichnung verwendete ich Literatur von Zielniok, Theunissen und anderen (siehe Literaturliste).

Zunächst gehe ich näher auf den positiven Freizeitbegriff von Opaschowski ein, da dieser sich auf alle Bevölkerungsgruppen übertragen lässt, und somit auch Gültigkeit für Menschen mit Behinderung hat. Danach werde ich auf Freizeitbedürfnisse und auf ihre Erschwernisse zu sprechen kommen. Im Weiteren komme ich auf die Frage nach der Freizeitsituation zu sprechen, um dann zum Abschluss die Aufgaben und Ziele der Freizeiterziehung besser erläutern zu können.

2. Personenkreis

„Als geistig behindert gilt, wer infolge einer organisch-genetischen oder anderweitigen Schädigung in seiner psychischen Gesamtentwicklung und seiner Lernfähigkeit so sehr beeinträchtigt ist, dass er voraussichtlich lebenslanger sozialer und pädagogischer Hilfen bedarf. Mit den kognitiven Beeinträchtigungen gehen solche der sprachlichen, sozialen, emotionalen und der motorischen Entwicklung einher“ (Bundesvereinigung Lebenshilfe 1990, S.5; zitiert nach: Deutscher Bildungsrat).

Vor allem Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung bedürfen der Förderung und Betreuung im Freizeitbereich. Menschen mit einer geistigen Behinderung sind nicht gleich Menschen mit einer geistigen Behinderung, sie unterscheiden sich in vielfältiger Hinsicht: nach ihrem Alter, ihrer körperlichen Entwicklung, ihrer seelisch-geistigen Entwicklung und nach ihrem psycho-sozialen Entwicklungsstandes und der behinderungs-spezifischen Symptome (vgl. Bundesvereinigung Lebenshilfe 1990, S.5). Demzufolge müssen sich freizeitpädagogische Maßnahmen an der individuellen Eigenart und den individuellen Bedürfnissen, Neigungen und Wünschen orientieren.

Infolge seiner behinderungsbedingten Hilfe- und Anregungsbedürftigkeit sowie einem Mangel an Spontaneität und Eigeninitiative ist der geistig behinderte Mensch zur sinnvollen Freizeitgestaltung auf angemessene Hilfe und vermehrter Anregung aus seiner Umwelt angewiesen. Hierzu gehören u.a. die intensive Kontaktaufnahme, eine aufgeschlossene Umwelt, das Einüben von Freizeittechniken und angemessenen sozialen Verhaltenweisen, die Anleitung zur Auswahl und selbständigen Nutzung von Freizeit-angeboten sowie die vermittelnde Hilfe zur Teilnahme am Gemeinschaftsleben in der Altersgruppe (vgl. Bundesvereinigung Lebenshilfe 1990, S.5).

3. Freizeit

3.1. Definition von Freizeit

„Vor dem Hintergrund einer zunehmend kürzer werdenden Lebensarbeitszeit bekommt der arbeitsfreie Teil des Lebens eine immer größere Bedeutung für Erziehung und Bildung“ (Opaschowski 2001, S.186). In der Literatur finden wir unterschiedliche Freizeitkonzepte, Freizeittheorien und begriffliche Umschreibungen, wie z.B. „Pädagogik der freien Lebenszeit“, Freizeiterziehung oder Freizeitpädagogik, die weitgehend synonym verwendet werden (Opaschowski 2001, S.186).

Opaschowski schlägt einen positiven Freizeitbegriff vor. Er ist der Meinung, dass Freizeit nicht mehr in Abhängigkeit zur Arbeit zu verstehen ist, sondern im umfassenden Sinne Freizeit als freie Zeit, welche durch freie Wahlmöglichkeiten, bewusste Eigenentscheidung und soziales Handeln charakterisiert wird. Diese positive Begriffsbestimmung zielt darauf ab, die Spaltung von Arbeit und Freizeit aufzuheben und an diese Stelle ein ganzheitliches Lebenskonzept zu setzen (vgl. Opaschowski 1976, S. 106). Opaschowski spricht hier nicht mehr von Arbeit und Freizeit, sondern von „Lebenszeit“.

Die Lebenszeit wird durch eine mehr oder weniger großen Dispositionsfreiheit und Entscheidungskompetenz charakterisiert. Sie lässt sich, „je nach vorhandenem Grad an freier Verfügbarkeit über Zeit und entsprechender Wahl-, Entscheidungs- und Handlungsfreiheit“ (Opaschowski 1976, S.107), in drei Zeitabschnitte unterteilen: Dispositionszeit, Obligationszeit und Determinationszeit. Die Dispositionszeit ist jene Zeit, die frei verfügbar, einteilbar und selbstbestimmbar ist. Obligationszeit ist gekennzeichnet durch Zweckbestimmung. Sie ist verpflichtend, bindend und verbindlich. Das Individuum fühlt sich hier zu einer bestimmten Tätigkeit verpflichtet bzw. ist aus beruflichen, sozialen oder gesellschaftlichen Gründen an die Zeit gebunden. Eine Zeit, die festgelegt und fremdbestimmt ist, wird als Determinationszeit bezeichnet. Hier wird das Individuum zu einer Tätigkeit gezwungen bzw. es wird in der Ausübung einer Tätigkeit räumlich, zeitlich und inhaltlich festgelegt.

Freizeit bedeutet ein relatives Freisein von Verpflichtungen und Zwängen. Die Positivbestimmung schließt folgende sechs unverzichtbare Elemente ein (vgl. Opaschowski 1976, S.107/ 108):

(1.) Freiwilligkeit

(spontane Eigentätigkeit und Teilnahme je nach Anlage, Neigung und Interesse)

(2.) Zeitvariabilität

(Verfügbarkeit über Zeit unter Berücksichtigung der eigenen Bedürfnislage)

(3.) Zwanglosigkeit

(Offene Handlungssituation ohne Zwang, Gängelung und Leistungsdruck)

(4.) Eigeninitiative

(Handeln aus eigenem Antrieb und relativ wenig soziale Kontrolle)

(5.) Entscheidungskompetenz

(Selbstbestimmung und Mitbeteiligung bei Planung und Gestaltung gemeinsamer

Freizeittätigkeiten)

(6.) Wahlmöglichkeit

(Gelegenheit für eigene Wahl aus einem vielfältigen Tätigkeitsangebot)

Die freie Zeit (Dispositionszeit) umfasst Zeitaufwendungen für spielerische Arbeit (geistig anspannende und gleichzeitig persönlich befriedigende Tätigkeiten), zielgerichtete Beschäftigungen, welche personen-, partnerschafts-, kleingruppen-, großgruppen- oder sachbezogen sein können, sowie für zwanglose Muße. Die zwanglose Muße steht hierbei im Zentrum der freien Zeit. Sie beinhaltet individuell verfügbare Zeit für Eigentätigkeiten (z.B. Hobby, Wandern oder Lesen) sowie zweckfreie Zeit für Nichtbeschäftigtsein und Nichtstun (z.B. Unterhalten, Zusammensitzen oder Nachdenken) (vgl. Opaschowski 1976, S.109/ 110). Nach Opaschowski ist der positive Freizeitbegriff auf alle Bevölkerungs-gruppen übertragbar und besitzt somit auch Gültigkeit für Menschen mit Behinderungen (vgl. dies 1976, S.107).

Für das Feld der Sonderpädagogik greift Theunissen den Oberbegriff der Lebenszeit auf und erweitert ihn, mit Blick auf Menschen mit einer geistigen Behinderung, auf fünf Zeitabschnitte: (berufliche) Arbeitszeit, Verpflichtungszeit, Bildungszeit, freie Dispositionszeit, Ruhe- und Schlafzeit. Unter dem Aspekt einer geistigen Schwer- und Mehrfachbehinderung lässt sich noch ein sechster Zeittyp, den der Versorgungszeit, hinzufügen (vgl. Markowetz 2001, S.263). Für Theunissen ist Freizeit die Zeit, über die das Individuum frei verfügen kann. In dieser freien Zeit hat es die Möglichkeit selbstge-staltend zu sein und eigene Initiativen zu verwirklichen. Subjektivität, Spontaneität, Zufall, Erholung, Unterhaltung, Spiel, Geselligkeit, Hobby, Lebensfreude und Freiheit bestimmen im wesentlichen die freie Zeit. Ob dies jedoch ausgelebt werden kann, ist abhängig von den gegebenen Verhältnissen und den individuellen Möglichkeiten eines Einzelnen. Weiterhin ist die Freizeit an subjektive Zielsetzungen, Bedürfniswahl und an den Geschmack gebunden (vgl. Theunissen 1995, S.77). In Abhängigkeit von individuellen Voraussetzungen, Bedürfnissen und äußeren Faktoren kommt es häufig zu einer Vermischung der verschiedenen Zeittypen oder zu einer Dominanz oder Ausbleiben einzelner Typen (vgl. Markowetz 2001, S. 263).

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Freizeit im Leben von Menschen mit geistiger Behinderung
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Institut für Pädagogik)
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
21
Katalognummer
V10860
ISBN (eBook)
9783638171748
Dateigröße
540 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Freizeit, Leben, Menschen, Behinderung
Arbeit zitieren
Yvonne Schuhmnann (Autor:in), 2003, Freizeit im Leben von Menschen mit geistiger Behinderung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10860

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