Zwischen Kult und Kritik- Daily Soaps am Beispiel "GZSZ"


Hausarbeit, 2003

12 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Definition Daily Soap

3 Geschichte der Daily Soap

4 Dramaturgie

5 Struktur einer GZSZ-Folge

6 Analyse Einstellungsprotokoll

7 Interpretation

8 Fazit

9 Literaturverzeichnis

1) Einführung

„Ich seh´ in dein Herz, sehe gute Zeiten, schlechte Zeiten ...“ Was anklingt wie ein semitalentierter Schlagertext ist in Wirklichkeit der Erkennungstenor (und vielleicht auch das Erfolgsrezept?) des erfolgreichsten Vertreters der Gattung Daily Soap Opera: Gute Zeiten, Schlechte Zeiten.

So konträr es der Titel schon preisgibt, sind auch die Meinungen über die täglich wiederkehrende Seifenoper: Von Kritikern, besonders zu Beginn 1992, z.B. als „geballter Dilettantismus“ (Stuttgarter Rundschau) bezeichnet und größtenteils abschätzig belächelt, erfreut sich das Format - und GZSZ im Besonderen - in der Bevölkerung, besonders bei der jüngeren weiblichen Zielgruppe, größter Beliebtheit und verweist mit Marktanteilen von 20-30% (vgl. Landbeck 2002) die zeitgleiche Konkurrenz auf den zweiten Teil des prägenden Slogans. Was steckt also hinter der Gattung Daily Soap und ihrem konstanten Erfolg und Zuspruch? Mit welchen Mitteln wird der Zuschauer tagtäglich wieder „eingeseift“ ? Anhand der Analyse einer Folge der RTL-Seifenoper „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ sollen die Spezifika der Gattung Daily Soap mit besonderer Rücksicht auf dramaturgische Aspekte herausgearbeitet und interpretiert werden.

2) Begriffsdefinition Daily Soap Opera

Die Soap Opera ist eine theoretisch unendlich weiterlaufende Serie mit mehreren verknüpften Handlungssträngen. Theoretisch unendlich bedeutet, dass jede einzelne Folge ein offenes Ende hat und ein endgültiges Ende nicht von vorne herein feststeht, sondern von Erfolg und Zuschauerzuspruch abhängt. So unterscheiden Jäckel und Wiegard bei den Serien zwischen „series“ (abgeschlossene Episoden) und „serials“ (fortlaufende Geschichte). Die Soap gehört also zu den serials. Mikos (in Jäckel 1999) weist außerdem darauf hin, dass die Figuren räumlich und sozial eine Gemeinschaft bilden. Die Daily Soap oder auch Daytime Serial zeichnet sich, wie dem anglofilen Leser bewusst sein dürfte, durch eine tägliche Ausstrahlung (und tägliche Produktion!) aus. Thematisch drehen sich die Soaps größtenteils um (Liebes-)Beziehungen, Intrigen und Schicksalsschlägen, die den Protagonisten widerfahren, oder wie Schwanebeck es ausdrückt „Geschichten, die das Leben schrieb“.

3) Geschichte der Soap Opera

3.1 allgemein

Die Geschichte der täglichen Seifenoper (vgl. Jäckel 1999, Wiegard ´99, Götz 2002) beginnt in den 20er Jahren mit dem Ansinnen der amerikanischen Haushaltsindustrie (Procter&Gamble, etc.) ihren Produkten bei der Hauptkäufer- und Hörergruppe, den Hausfrauen, mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Zu diesem Zweck wurden Fortsetzungsgeschichten entwickelt vor, während und nach denen Werbespots des jeweiligen Produkts im Radio liefen um die erhoffte, angenehme Wirkung der unterhaltenden Beziehungsdramen beim Rezipienten mit den Produkten der Industrie bzw. deren Image zu koppeln - teilweise war die Erzählerstimme aus der Geschichte dieselbe, die auch die Spots vortrug! Von der fruchtbaren Kooperation zwischen Industrie und Medien stammt die etymologische Verwurzelung des auch heute noch negativ belegten Begriffs Soap Opera: Die Sponsoren oder auch Produzenten dieser Werbekonstrukte waren meist Waschmittel- und Seifenhersteller. Die Wortwahl Oper bzw. opera ist eine „ironische Anspielung auf ihren Ursprung und betont ihre Minderwertigkeit gegenüber der Kunstform Oper“ (Wiegard ´99, S.9); zeigt darüber hinaus aber auch eine Analogie zur klassischen Oper durch die Überbetonung großer Gefühle. Mit der Entwicklung des Fernsehens fand das Format eine neue Wirkungsstätte und etablierte sich auch dort, in Deutschland allerdings erst vergleichsweise spät mit der Übernahme amerikanischer Serien wie Springfield Story (im Original „The Guiding Light“) und Dallas. Das Format der Daily Soap, also einer täglichen Ausstrahlung, existiert gar nur seit eine Dekade in Deutschland, begonnen mit dem Wagnis „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ im Jahr 1992.

3.2 Geschichte von „ Gute Zeiten, Schlechte Zeiten “ (GZSZ)

Am 11. Mai 1992 lief um 19:40 Uhr die erste Folge von GZSZ auf RTL (damals noch RTL plus) - zur damaligen Zeit noch ein riskantes Experiment, da in Deutschland weder Macher noch Zuschauer mit den Format Daily Soap vertraut waren. Das Konzept und die Drehbücher kamen mangels deutscher Erfahrung vom australischen Vorbild aus den späten 70ern „The restless years“, das schon erfolgreich in den Niederlanden adaptiert wurde und dort „Goede Tijden, Slechte Tijden“ heißt - beide co-produziert von Grundy International. Deutscher Partner wurde die UFA. Die Originaltexte wurden übersetzt, Storylines übernommen und sogar Figurennamen schonungslos abgekupfert - aus dem australischen Peter Beckett wurde zum Beispiel der deutsche Peter Becker (vgl. O´Donnell ´99, S.58). Erst nach etwa einem Jahr ab Folge 231 wurden erstmals eigene Drehbücher geschrieben, die auf den deutschen Markt zugeschnitten waren - die Adaption begann sich eigenständig zu entwickeln. Nach anfänglich eher bescheidenen Zuschauerzahlen von 1,9 Millionen erreichte man am 22. Juni 1998 mit der 1500.-Jubiläumsfolge (mit einem Gastauftritt des amtierenden Bundeskanzlers Gerhard Schröder) in Spielfilmlänge einen Spitzenwert von 6,73 Millionen Zuschauern - das entsprach in der werberelevanten Zielgruppe der 14-49 jährigen einem Marktanteil von 34% (Götz 2002). Heute liegen die Zuschauerzahlen zwischen 4 und 5 Millionen. GZSZ gehört somit nicht nur zu den meistgesehensten Sendungen von RTL und überhaupt, sondern - über Werbeverkaufszeiten und Merchandising - auch zu den wichtigsten Einnahmequellen des Senders.

4) Dramaturgie - allgemeine Bemerkungen

Um beim Rezipienten Spannung und emotionale Partizipation zu erzeugen, ist eine gestaltete Abfolge von Vorgängen nötig. Man benötigt also einen dramaturgischen Spannungsbogen, der sich seit der Zeit der griechischen Dramatik im wesentlichen eigentlich nicht geändert hat (vgl. Acker 1986, Hickethier 1996). Eine Figur wird mit ihrer Vorgeschichte in der Exposition eingeführt. Ein Konflikt oder Problem, durch einen Gegenspieler oder ein Ereignis evoziert, tritt auf. Der Protagonist versucht den Konflikt zu lösen und trifft dabei auf Widerstände, die dem Verlauf der Geschichte eine unerwartete Wendung verleihen (Peripetie) oder das Ende verzögern.

Am Höhepunkt schließlich kommt es zur Katastrophe oder zur Auflösung des Konflikts.

Wichtig für die Spannung ist eine konstante Abwechslung von steigenden und fallenden Spannungsbögen, die mit der Kombination von Haupt- und Nebenhandlung bzw. Haupt- und Nebenfiguren erreicht wird. Die Nebenfiguren bzw. -handlungen sind dabei mit der Haupthandlung verknüpft.

Wichtig ist auch die Konstellation und die Zahl der Haupt- und Nebenfiguren, die mit ihren Eigenschaften und Verhaltensweisen (oft nach Gut-Böse Schemata) neue Konflikte aufwerfen und die Konstellation stetig verändern („dynamische Konstellation“). Je nach Anzahl der Protagonisten ist die Geschichte eine Heldenstory mit einem Akteur oder mit steigender Personenzahl ein Duell oder Beziehungskonflikt oder eine Dreiecksgeschichte und so weiter ... Hickethier verweist außerdem noch auf den Unterschied zwischen offener und geschlossener Form der Dramaturgie, wobei die geschlossene traditionelle Form symmetrisch angelegt ist und am Ende des Geschehens wieder auf den Ausgangspunkt verweist, während die offene Form unabgeschlossen ist und zum Beispiel achronologisch erzählt.

Die Serien seien hierbei eine Mischform, da das jeweilige Ende einer Folge offen (bei den serials), die „Bauart“ jeder Folge jedoch geschlossen ist.

5) Struktur einer „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“-Folge

Die wesentliche Struktur einer GZSZ-Folge besteht immer aus drei Teilen, die durch Werbeblocks getrennt sind:

Am Anfang erscheint kurz das GZSZ-Logo, dann wird ein kurzer Rückblick (16-20 Einstellungen, ca. 45 Sekunden) auf die Handlungsstränge der letzten Folge (bzw. am Montag der letzten Woche) geliefert, um dem Zuschauer den Einstieg zu erleichtern. Nach erneuter Einblendung des Logos folgt der Titelclip (ca. 40 Sekunden) mit der bekannten Melodie und dem Erkennungssong „Mitten ins Herz“ („Du hast viele Träume, ...“), bei dem die Protagonisten (je nach Folge unterschiedlich!) vornehmlich in Nah- und Halbnaheinstellungen mit anscheinend charakteristischen Mimiken vorgestellt werden, bis sie sich am Ende in einem Gruppenbild versammeln. Dann folgt der erste Werbeblock. Danach erschließt sich über etwa 18 Minuten der Hauptteil, der zuerst den Cliffhanger (dazu später) der letzten Folge auflöst (allerdings nicht in direktem Anschluss), dann in den drei bis vier Handlungssträngen alte Konflikte weiterführt bzw. neue Konflikte etabliert. Zwischen den Sequenzen wird teilweise auch mit kleineren Cliffs gearbeitet.

Nach einem erneuten Werbeblock folgen nur noch vier Szenen über etwa vier Minuten Länge; die Folge endet wieder mit einem Cliffhanger. Dies ist ein wesentliches Gestaltungsmerkmal (vgl. Hickethier 1996, S.185) aller Soaps: In einem Handlungsstrang wird Spannung aufgebaut und auf dem suggerierten Höhepunkt endet die Folge, damit der Zuschauer wieder einschaltet um zu erfahren, wie es weiter geht. Das entspricht der offenen Form (s. Hickethier 1996), bei der der Zuschauer zu einer weitergehenden Beschäftigung mit dem Produkt bzw. dem Konflikt in der Folge angeregt werden soll. Nach dem Abspann (als Split-Screen mit Werbung) folgt noch mit wenigen kurzen Einstellungen ein Ausblick („Appetizer“) auf die nächste Folge, der erst von einer Darstellerin und dann noch von einem Off- Sprecher unterstützt wird

6) Analyse „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ Folge 2780 vom 5.8.2003

Da bei der ständig wechselnden Szenerie und der kurzen Gesamtlänge jeder Folge ein Sequenzprotokoll wenig Sinn macht, wird der Inhalt an Hand der Handlungsstränge im folgenden kurz erläutert und dann versucht mit Hilfe eines Einstellungsprotokolls spezifische dramaturgische Gestaltungsmittel aufzudecken.

Für die Darstellung der gesamten Dramaturgie ist dies jedoch nicht ausreichend und somit werden zusätzliche Aspekte aus der Literatur referiert.

Es gibt drei wesentliche Handlungsstränge:

1) John Bachmann, der vorgibt eine Firma zu haben, die Glückskekse herstellt und jetzt alleine einen Großauftrag erledigen soll, dabei dann von seinem Vater Hilfe bekommt; die Beiden aber von seiner Tante (der Partnerin seines Vaters) „entlarvt“ werden, deren Agentur dem Kunden die Glückskeks-„Firma“ vermittelt hat
2) Das (Ex-) Pärchen Leon und Cora, die eine Paartherapie bestreiten
3) Die neue Beziehung zwischen Clemens Richter und Susanne, die von Clemens Arbeit als Leiter einer Werbeagentur und einem anstehenden Sommerfest überschattet wird.

Einstellungsprotokoll 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

7) Interpretation

Allgemein kann gesagt werden, dass sich die klassische dramaturgische Struktur auch in der Daily Soap wieder findet. Die Rückschau, auch „Recap“ (vgl. Landbeck) genannt, dient als Exposition; in den jeweiligen Folgen werden über die verschiedenen Handlungsstränge Konflikte aufgebaut, die mit Wendepunkten versehen sind - nur das Ende bleibt offen und wird nicht aufgelöst. Dieser Cliffhanger (siehe oben), meist mit einer Nahaufnahme der emotionalen Reaktion eines Akteurs verbunden, dem so genannten „Aufzieher“, ist typisch für das Genre und soll den Zuschauer durch das offene Ende an das Format binden. Auch die Verknüpfung der verschiedenen Stränge über Haupt- und Nebenpersonen ist charakteristisch für die Soap.

Die typische Anordnung in einer Soap ist eine Gesprächssituation zwischen zwei und mehr Figuren (vgl. Wiegard 1999, S.12) oder wie Landbeck es formuliert „der Drang zum ununterbrochenen Reden“ - wie man auch am obigen Beispiel sehen kann: John´s Vater Hannes unterhält sich mit seiner Lebensgefährtin (der Schwester von seiner Ex-Frau und John´s Mutter) über John und die damit verbundenen Probleme. Dazwischen sieht man Zwischenschnitte auf John, wie er sich mit der Herstellung seiner Glückskekse abmüht. Der Dialog ist also, auch bedingt durch die Herkunft der Soap aus dem Radio, ein zentrales dramaturgisches Mittel. Die ständig auftretenden neuen Probleme beim Fertigen der Glückskekse stehen stellvertretend für das dramaturgische Gesamtkonzept einer Soap: Die Protagonisten treffen ständig auf neue Konflikte und Widerstände, deren (versuchte) Lösungen die Storylines tragen.

Bezeichnend ist dabei auch die von Mikos (in Jäckel 1999) erwähnte räumliche und soziale Gemeinschaft, nicht nur die familiäre in der Szene selber, sondern auch zwischen den einzelnen Handlungssträngen: Die Akteure kennen sich zumindest alle untereinander; Senta und Hannes arbeiten in der Werbeagentur von Clemens und gehen oft zum Speisen in einen der zentralen Orte in GZSZ, das Restaurant Fasan, in dem Leon als Koch arbeitet und unter anderem das Catering für das Sommerfest der Agentur vorbereitet. Die Verknüpfung der Figuren und ihrer jeweiligen Stränge, auch Zopfmuster (aus Landbeck) genannt, ist bedeutsam für die Überlagerung mehrerer Spannungsbögen, damit die Aufmerksamkeit des Zuschauers erhalten bleibt und die Soap als ganzheitliche zusammenhängende Handlung empfunden wird (vgl. Acker 1986). Landbeck nennt dies eine „multiplizierende Verzahnung“. Auffällig ist auch, dass immer wieder Geschehnisse aus der Vergangenheit, in diesem Fall die Erwähnung von John´s Bruder Ben, erzählt werden, um neuen oder Gelegenheitszuschauern die Möglichkeit zu geben wieder in die Story einzusteigen. Ein weiterer Punkt ist die teilweise vorhandene Vorhersehbarkeit bestimmter Konfliktauflösungen: John produziert die Glückskekse für einen Kunden, der über die Agentur, in der seine Tante Senta arbeitet, vermittelt wurde und die natürlich nicht weiß, dass er es ist, der die Glückskekse herstellt. Folgerichtig werden dann er und sein Vater, der ihm helfen wollte, auch von Senta im weiteren Verlauf der Folge erwischt - ein Cliffhanger dieses Handlungsstranges. Jäckel (in Cippitelli) nennt dies auch „Dramaturgie des geplanten Zufalls“, die den Zuschauer zur Antizipation einlädt und ebenfalls spannungssteigernd wirkt, da der Zuschauer ja auch wissen will, ob er mit seiner Vermutung Recht hat.

Zuletzt soll schließlich noch auf das Modell eingegangen werden, das in Götz 2002 erwähnt wird. Dabei zieht sich die Idealhandlung in ihrem Ablauf etwa über drei Folgen hinweg; am ersten Tag wird der Konflikt aufgebaut und endet in der vorletzten Szene mit dem so genannten „Pen“ (Penultima), einem kleinen Cliffhanger. Am nächsten Tag wird diese Storyline zum zentralen Strang der Folge und meist mit der zweiten Szene aufgenommen, dem so genannten „Pen-Pickup“. Der Konflikt wird dann weiter entwickelt und kurz vor der Werbepause kommt es zu einem Wendepunkt, dem „Twist“. In dem kurzen Teil nach dem zweiten Werbeblock endet die Folge schließlich mit dem Cliffhanger, der in der dritten Folge wieder aufgenommen („Cliff-Pickup“) und zum vorzeitigen Ende gebracht wird, dem „Washup“. Der Spannungsbogen ist nun vorerst beendet; in diesen so genannten „Parkszenen“ befindet sich jedoch wieder Potenzial für neue Handlungsstränge und Konflikte, auf die später zurück gegriffen werden kann. Größere Handlungsbögen, so genannte „Futures“ die sich über mehrere Monate ziehen können, folgen dem klassischen 3-Akt-Modell. Die Dramaturgie kann hierbei primär von der Handlung („plot-driven“) oder von den Personen („character-driven“) voran getrieben werden. Ein wesentlicher Bestandteil sind deshalb Figuren mit einem großen Konfliktpotenzial, die in ihrer Grundtendenz unveränderlich sind - allerdings gibt es auch Modifikationen, zum Beispiel ist der frühere Bösewicht Jo Gerner inzwischen befreundet mit ehemaligen „Gegnern“; einen von Grund auf „bösen“ Charakter gibt es derzeit in der Serie meines Erachtens nicht. Daher ist die „starke Typisierung“ von der zum Beispiel Wiegard spricht, auch nicht mehr aktuell - vielmehr werden beide Seiten einer Figur gezeigt: Hannes Bachmann arbeitet jetzt wieder in der Agentur aus der er vorher wegen Betrügereien gefeuert worden ist; er hat früher seine Familie im Stich gelassen, steht jetzt aber seinem Sohn überall (vgl. Beispiel) zur Seite, ein Indiz für eine dynamische Konstellation.

Die Vielzahl der verknüpften Charaktere bietet somit immer wieder neuen Stoff für neue Konflikte und Storylines, bei denen es sich im wesentlichen um Beziehungskonflikte (siehe Beispiel: Leon und Cora), oft Dreiecksgeschichten, handelt.

8) Fazit

Sicherlich kann man nicht in einer Folge die gesamten (dramaturgischen) Spezifika einer Seifenoper erfassen, da diese ja durch ihre offene narrative Struktur und seriellen Charakter quasi auf eine endlose Handlung ausgelegt ist und man zum tieferen Verständnis Wissen aus dem bisherigen Verlauf benötigt. Trotzdem habe ich versucht wesentliche Merkmale, wie sie nach Hickethier und Acker beschrieben werden, wie den klassischen dramaturgischen Aufbau (Exposition, Konflikt, Peripetie/Wendepunkt, Auflösung), die Verflechtung der Haupt- und Nebenpersonen (wobei hier eine Abgrenzung sicherlich schwerer fällt als bei anderen Genres) und ihre dynamische Konstellation, die Dialogdominanz (aufgrund der Ursprünge im Radio sowie der örtlichen Gebundenheit) sowie die „aktualisierten“ dramaturgischen Gestaltungsmittel wie Recap, Cliff (wobei hier nur der Begriff neu ist, das Prinzip beruht wohl auf der Legende um Prinzessin Sheherezade ;); vgl. Landbeck) und andere heraus zu arbeiten und zu erläutern. Als positiver Nebeneffekt wirkt die konstant weiterführende Rezeption von „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ nun als medialer Workshop in Sachen Dramaturgie und das über die intensiven Literaturstudien erlangte Halbwissen führt zu einem profunderen Verständnis medialer Prozesse und der Sensibilisierung der eigenen Wahrnehmung und Steigerung des Konsumerlebnisses; die von Hickethier und dem Seminar anvisierten Ziele sind somit erreicht und werden durch die stetig weiterlaufende Serie immer weiter optimiert - eine ideale Kombination aus Lernstrategie und eskapistischer Freizeitgestaltung ...

Literaturverzeichnis

1) Acker, Alexander und Nann, Otto-Michael: Film, Fernsehen, Video - Ein Leitfaden für die Praxis, 1986, TR-Verlagsunion München

2) Cippitelli, Claudia und Schwanebeck, Axel: Pickel, Küsse und Kulissen - Soap Operas im Fernsehen, 2001, Reinhard Fischer Verlag München

3) Evermann, Jovan: Das Lexikon der deutschen Soaps, 2000, Lexikon Impint Verlag Berlin

4) Götz, Maya: Alles Seifenblasen? Die Bedeutung von Daily Soaps im Alltag von Kindern und Jugendlichen, 2002, Kopäd Verlag München

5) Hickethier, Knut: Film- und Fernsehanalyse, 1996, J.B. Metzler Verlag Stuttgart/Weimar

6) Jäckel, Michael und Heinrichs, Elke: Die Dramatisierung des Alltäglichen - Nutzer, Nutzung und Wirkung der Daily Soaps im deutschen Fernsehen, 1999, Akademie für politische Bildung Tutzing

7) Landbeck, Hanne: Generation Soap - Mit deutschen Seifenopern auf dem Weg zum Glück, 2002, Aufbau Taschenbuch Verlag Berlin

8) O´Donnell, Hugh: Good Times, Bad Times - Soap Operas and Society in Western Europe, 1999, Leicester University Press London

9) Wiegard, Daniela: Die „Soap Opera“ im Spiegel wissenschaftlicher Auseinandersetzung, 1999, Tectum Verlag Marburg

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Details

Titel
Zwischen Kult und Kritik- Daily Soaps am Beispiel "GZSZ"
Hochschule
Universität Leipzig
Autor
Jahr
2003
Seiten
12
Katalognummer
V108227
ISBN (eBook)
9783640064267
Dateigröße
538 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kurz, aber gut ...
Schlagworte
Zwischen, Kult, Kritik-, Daily, Soaps, Beispiel, GZSZ
Arbeit zitieren
Markus Gärtner (Autor:in), 2003, Zwischen Kult und Kritik- Daily Soaps am Beispiel "GZSZ", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108227

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