Begrüssungsrituale kurdischer Männer im Café Klybeck in Basel


Hausarbeit, 2002

9 Seiten, Note: Ausgez.


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Definition von Begrüssung

2. Begründung der Auswahl der Definition

3. Relevanz des Themas und der Methode für die Soziale Arbeit

4. Kategorien und Ausprägungen der Methode und deren Begründung

5. Beobachten als Sozialwissenschaftliche Methode

6. Relevanz der Beobachtung für das eigene Berufsfeld

7. Kurden: Geschichtlicher und soziologischer Hintergrund

8. Kurdische Migranten

9. Entwicklungspsychologische Aspekte

10. Begrüssungsverhalten unter Kurden

11. Beobachtungsprotokoll
a) Zeitangaben und Anzahl der anwesenden Personen
b) Tabelle

12. Auswertung

13. Hypothese
a) Allgemein
b) Interpretieren des häufigsten Verhaltens

14. Gespräch mit der Zielgruppe

15. Fazit

16. Schlussfolgerung

Beobachtung von Begrüssungsritualen

Zielgruppe:

Kurdische Männer aus der Gegend von Konya, Cihanbeyci, und Gölyazi zwischen 40 und 55 Jahren im Café Klybeck in Basel.

1. Definition von Begrüssung

A) Definition aus dem NSB Universal Wörterbuch, 5. Auflage 1967:

„Begrüssen ZW (-sste, -sst) willkommen heissen (jmdn.); bejahen (etw.).“

B) Goffman 1974, S. 111/112) schreibt:

„Zwei Personen, die sich einander nähern, nehmen eine frontale gegenseitige Orientierung vor. Ihre Blicke treffen sich einen Augenblick, die Augen leuchten auf, durch ein Lächeln wird soziale Anerkennung zum Ausdruck gebracht, es werden Zeichen der Freude geäussert. (...) Eine verbale Begrüssung ist wahrscheinlich mit einer Form der Anrede verknüpft. Wo die Möglichkeit dazu besteht kommt es unter Umständen zu Umarmungen, Händeschütteln oder anderen Formen des körperlichen Kontaktes. (...)

In unserer Gesellschaft finden Begrüssungen zwischen Individuen dann statt, wenn für diese eine Periode des erhöhten Zugangs zueinander beginnt.“

C) Karlheinz A. Geissler definiert Begrüssung in seinem Buch ´Lernprozesse steuern` so:

„Der Gruss ist ein zentraler Symbolträger zur Entwicklung einer interpersonalen Vertrauensgrundlage. Er ist eine Verhaltensgrundlage.“

D) Eigene Definition:

Begrüssung ist der Moment einer Begegnung, in dem man den oder die Anderen bewusst wahrnimmt, dies auf irgendeine Weise, oder verknüpft mit Ritualen, kund tut und beim Gegenüber auf Resonanz stösst. Dabei können sowohl positive, wie auch negative Gefühle im Spiel sein, z.B. in der Sozialen Arbeit, wenn Klientel nicht freiwillig in den Beratungsprozess einsteigt.

2. Begründung der Auswahl der Definition

Der Duden ist ein anerkanntes und gebräuchliches Nachschlagewerk. Der Inhalt gilt als Allgemeinwissen. Allerdings ist für unser Verständnis von Begrüssung die Definition zu einseitig. Uns fehlt der Aspekt der Rituale und der negativen Gefühle, die auch bei einer Begrüssung vorhanden sein können.

Goffman beschreibt die verschiedenen Ausdrucksformen und Rituale, doch auch hier fehlt der Aspekt der eventuell negativen Gefühle.

Geissler nennt Begrüssung eine Verhaltensgrundlage. Wir finden diesen Aspekt gerade für die Berufsausübung der Sozialen Arbeit sehr wichtig, aber da auch der dritte Autor, den wir gewählt haben den Aspekt der negativen Gefühle ausser Acht lässt, haben wir dies in einer eigenen Definition noch hinzugefügt.

3. Relevanz des Themas und der Methode für die Soziale Arbeit

Die Begrüssung steht am Anfang eines jeden Klientengespräches. Sie kann den ganzen Gesprächsverlauf prägen und kann Formen von Nähe und Distanz, Vertrauen und Misstrauen festlegen. Die Begrüssung ist verknüpft mit dem ersten Eindruck und es kann der Moment für Übertragungen und Gegenübertragungen sein. Darum ist die Begrüssung ein sehr wichtiger Moment und es ist nötig, sich in der Ausbildung als Sozialarbeitende damit zu befassen.

Bei unserer Beobachtung kommt noch der Aspekt einer anderen Kultur ins Spiel. Gerade hier ist die Auseinandersetzung mit dem Thema der Begrüssung sehr wichtig. Je nach Stelle werden wir kurdische Klienten haben und die Begrüssung bekommt noch einen ganz anderen Stellenwert.

4. Kategorien und Ausprägungen der Methode und deren Begründung

Als Kategorie haben wir die nonverbalen Aspekte der Begrüssung mit und ohne Körperkontakt gewählt, da wir kein Kurdisch sprechen und annehmen müssen, dass unsere Zielgruppe sich auf kurdisch begrüsst. Wir nehmen an, dass es in dieser Kultur üblich ist, bei der Begrüssung Körperkontakt zu haben.

Als Ausprägungen haben wir uns auf folgende Punkte geeinigt:

Wir beobachten vor allem die Person, die neu ins Café herein kommt und nicht diejenigen, die den Ankömmling begrüssen. Wir haben uns die Bedeutungen der Begrüssungsformen überlegt, sie stehen jeweils in Klammer hinter dem Wort.

Nonverbales Begrüssen ohne Körperkontakt:

- Nicken mit dem Kopf ohne zu lachen (als Zeichen der Distanz)
- Anlachen (als Ausdruck von Freude)

Nonverbales Begrüssen mit Körperkontakt:

- Küssen (Ausdruck einer engen Beziehung)
- Umarmen (Ausdruck einer engeren Freundschaft)
- Schulterklopfen (Ausdruck von Freundschaft)
- Handschütteln (eine formelle Form, die Distanz beinhaltet und doch den guten Willen ausdrückt)

Wir lassen auch noch eine Option offen für Spezielles.

Begründung der Auswahl:

Wir haben uns zuerst überlegt, wie sich Schweizer Männer in dem Alter zwischen 40 und 55 Jahren begrüssen und haben dies übernommen, um später einen Vergleich machen zu können.

Nur den Punkt Küssen haben wir zusätzlich mit in die Beobachtung genommen, da wir meinten, dies gehöre zu Begrüssungsritualen der Kurden. Wir haben dies in unserem Bekanntenkreis, zu dem auch Kurden gehören, schon gesehen.

5 Beobachten als Sozialwissenschaftliche Methode

Die Beobachtung als Sozialwissenschaftliche Methode unterscheidet sich von der Alltagsbeobachtung darin, dass sie zielgerichtet und methodisch kontrolliert ist. Beobachtung ist eine Tätigkeit, die jeder empirischen Methode vorgelagert ist.

Allerdings tauchen mehrere Probleme auf. Zuerst ist die Beobachtung vom Beobachter selbst abhängig. Wie er etwas wahrnimmt ist sehr subjektiv und interpretiert, darum ist es nötig systematisch vorzugehen. Das bedeutet, das der Beobachter von vorneherein festlegt, was genau beobachtet werden soll. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten der Beobachtung. Man kann offen oder verdeckt beobachten, teilnehmend oder nichtteilnehmend und strukturiert oder unstrukturiert. Wir haben uns entschlossen, offen, strukturiert und nichtteilnehmend zu beobachten.

Die Beobachtung als Sozialwissenschaftliche Methode hilft uns, die Grenzen unseres Wahrnehmungsvermögens auszudehnen und uns nicht zu sehr von unserer subjektiven, interpretierten Wahrnehmung beeinflussen zu lassen.

Zusammengefasst aus dem Buch: Psychologie lernen von Hans – Peter Nolting und den Unterlagen von Matthias Drilling, FHS – BB, 2001 zum Thema Beobachtung.

6. Relevanz der Beobachtungsaufgabe für das eigene Berufsfeld

Wenn wir uns als Sozialtätige bewusst werden, dass jeder Mensch verschieden ist, so ist schon eine gute Grundvoraussetzung geschaffen um in einen gemeinsamen Prozess mit anderen Menschen zu gehen. Durch die Aufgabe der Beobachtung wurde uns dies wieder deutlich bewusst. Nicht nur, dass wir Vieles als selbstverständlich voraussetzen, was dann gar nicht so stattfindet, wie z.B. Kurden küssen sich bei der Begrüssung, sondern uns wurde deutlich, dass eine objektive Beobachtung sehr schwer ist. Doch gerade der Sozialarbeiter muss sich bewusst sein, dass Klientel anders denkt, anders lebt und anders handelt, als wir es gewohnt sind. So ist es ja auch nicht das Ziel unser Klientel in unsere Formen des Alltags zu pressen, sondern er soll sein Leben besser bewerkstelligen können, aber es bleibt sein Leben. Durch die systematische Methode der Beobachtung wurde uns erst die Vielfalt der Begrüssung bewusst, mussten wir uns doch auf sechs Ausprägungen beschränken. Was ist aber mit dem Rest? Sind wir überhaupt fähig alles zu beobachten? Gilt es da nicht auf so viele Dinge zu achten, die auch noch dazugehören? Was ist, wenn wir etwas sehr wichtiges übersehen?

Wir kommen zum Schluss. Beobachtung ist schwerer als bisher angenommen , doch durch das bewusste Erleben des Beobachtens hat sich unser Blickwinkel bereits erweitert. Das ist an sich schon ein Erfolg. Wir hoffen, dass wir das im Auge behalten, wenn wir einst dem Klientel gegenüberstehen.

7. Kurden: Geschichtlicher und soziologischer Hintergrund

Da kein rechtmässiger souveräner Staat Kurdistan existiert, ist es nicht einfach, seine Landkarte zu beschreiben . Geht man von dem Gebiet aus, in dem die Kurden zweifellos die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung seit frühester Zeit bilden, ergibt sich folgende Landkarte:

Dieses Gebiet ist 2 mal so gross wie die Bundesrepublik Deutschland, doch eben auch ein Territorium, das allein 30% der Türkei einnimmt und kleinere Anteile von Iran, Irak, Syrien und Armenien.

Kurdistan ist ein bergiges und immer noch weitgehend agrarisches, ökonomisch schwaches Land. Der überwiegende Teil der Bevölkerung ist mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigt.

Die kurdische Sprache wird als kirmancî bezeichnet. Diese teilt sich in zwei grosse Hauptdialekte, in kirmancî, welches in Iran, der Türkei und Armenien gesprochen wird, und soranî, die in Irak verbreitete Sprache ein. Daneben existieren noch einige lokal begrenzte Dialekte und eine Vielzahl von Mundarten. Auch sind verschiedene Religionsrichtungen vertreten.

Traditionell ist die Gesellschaft der Kurden in Stämmen strukturiert mit einer eigenen Rangordnung, wobei das Alter eine wichtige Rolle spielt. Die Geschlechterrollen sind klar verteilt. Unter den aktuellen kulturellen und politischen Bedingungen ist diese traditionelle Organisation der Gesellschaft vielen Einflüssen und starken Veränderungen ausgesetzt.

Die kurdische Identität ist nicht anerkannt, was in der Geschichte immer wieder zu Auf-ständen führte, die blutig unterdrückt wurden. In den 80er-Jahren hat der Wiederstand wieder begonnen. Aus diesem Zusammenspiel von Geschichte, Wirtschaft, Politik und der sozialen Situation sind viele Kurden ins Exil geflüchtet. Sie gelten auch hier als Türken, Iraner, Iraker, Armenier oder Syrer.

Zusammengefasst aus dem Buch: Die Kurden, Geschichte, Kultur und Überlebenskampf von Dr. phil Zuhdi Al-Dahoodi, Kurde mit entsprechender akademischer Ausbildung und ergänzt mit Informationen von Frau M. Yazar, Psychologin, ebenfalls Kurdin.

8. Kurdische Migranten

Migration: „die Ausführung einer räumlichen Bewegung, die einen vorübergehenden oder permanenten Wechsel des Wohnsitzes bedingt, eine Veränderung der Position also im physischen und im sozialen Raum“ (Albrecht, 1972).

Zu einer psychisch schwer verkraftbaren Situation kommt es beim Kulturwechsel, der eine weitgehende Anpassung an die Kultur des Aufnahmelandes und eine Ablösung von der Herkunftskultur beinhaltet, Er erfordert eine teilweise Umstrukturierung der Persönlichkeit und einen Identitätswandel und führt häufig zu sozialer Orientierungslosigkeit (Binder und Simon, 1980).

Die Entwurzelungsreaktionen werden als Folge teilweise unüberwindlicher Anpassungs- und Bewältigungsschwierigkeiten interpretiert.

Die im kurdischen Café beobachteten Männer bezeichneten diesen Ort als „ein Stück Heimat in der Fremde“. Wir wagen es aber, diese Aussage in Frage zu stellen, obwohl diese Cafés in Kurdistan zum Alltag gehören. Es ist trotzdem zu bedenken, dass bei diesen Spielen oft Geld über den Tisch geschoben wird und auch eine Spielsucht entstehen kann. Oder ist dieser Rückzug ins Café vielleicht doch ein Zeichen dafür, dass die sozialen Kompetenzen für eine Integration in die Gesellschaft nicht (mehr) ausreichen?

Immigranten befinden sich oftmals über Jahre in einer aufenthaltsrechtlichen Übergangs-situation. Flüchtlinge warten jahrelang auf einen Entscheid, Inhaber der B-Bewilligung befinden sich in einer schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt.

Gewöhnlich ziehen erst die Männer ins Ausland, sei es aus politischen Gründen oder um etwas Geld zu verdienen. Falls das Letztere zutrifft, meist mit der Absicht, in wenigen Jahren ein finanzielles Ziel zu erreichen und anschliessen in die Heimat zurückzukehren. Doch oftmals überzeugen sie mehrere Dinge zum Bleiben. Die wirtschaftliche Situation in der Heimat bleibt schwierig, für Ihre Kinder sehen sie bessere Bildungsmöglichkeiten in der Schweiz. So entschliessen sie sich oft nach mehreren Jahren, einen Familiennachzug zu beantragen. Nach der Pensionierung wollen viele wieder in die Heimat, doch es fällt ihnen schwer, das die Kinder dann so gut in der Schweiz integriert sind, dass sie hier bleiben wollen. Überhaupt sind die Kinder sehr wichtig. Dass sie eine gute Schule besuchen und einen Beruf erlernen können, damit sie es später gut haben, das ist, so scheint uns, das höchste Ziel.

Es ist leicht nachvollziehbar, dass Menschen in einer solchen Übergangssituationen nicht unbedingt zur Integration motiviert sind.

Zusammengefasst aus dem Buch: Belastungen und Bewältigungsstrategien bei Jugendlichen aus der Türkei – eine theoretische und empirische Studie, aus dem Kapitel über Migration, auch hier ergänzt mit Informationen von Frau Melahat Yazar, Psychologin, ebenfalls Kurdin.

9. Entwicklungsspsychologische Aspekte

Aus entwicklungspsychologischer Sicht ist die Sicherung und Verbesserung der beruflichen Position von grosser Wichtigkeit. Diese bringen Anerkennung, Selbstsicherheit und Zufriedenheit. Doch wie sieht die berufliche Realität der Kurden in der Schweiz aus? Oftmals haben sie sich in ihrer neuen Heimat eine berufliche Existenz aufgebaut, doch sind nicht gerade sie von Arbeitslosigkeit besonders bedroht? Auch eine Verbesserung ihrer Arbeit ist wohl oft eine Utopie, stammen sie doch meistens aus eher ländlichen Umgebungen und einer unteren sozialen Schicht, was oftmals nur eine geringe Schulbildung erlaubt. Sind sie im jungen Erwachsenenalter in die Schweiz eingewandert, galt es, bald einen Arbeitsplatz zu finden und die finanzielle Existenz zu sichern.

Ein weiterer Punkt ist die Anerkennung im öffentlichen Leben. Als Resultat der fehlenden Integration und dem alltäglichen Rassismus finden wir aber nur selten kurdische Migranten in Politik und Vereinen. Wir vermuten daher, dass sie sich diese Anerkennung innerhalb der Gruppe, d.h. bei Migranten mit dem selben kulturellen Hintergrund, suchen.

In Anlehnung auf: Psychologie von Hobmair et al.

10. Die Begrüssungsrituale unter Kurden

Wenn das Familienoberhaupt oder Besuch den Raum betritt, wird dieses von sämtlichen Anwesenden mit Respekt wahrgenommen, indem man z.B. Gespräche unterbricht, einen Platz anbietet etc.

Gleichaltrige Männer oder gleichaltrige Frauen untereinander geben sich die Hand und küssen sich zweimal auf die Wange.

Zur Begrüssung einer älteren Person küsst die jüngere Person die Hand der älteren und bringt seine Hand an die Stirn der älteren. Die ältere Person antwortet mit einem Glückwunsch.

Ehepartner wahren in der Öffentlichkeit körperliche Distanz.

Informationen von Frau Melahat Yazar, Psychologin, Kurdin.

11. Beobachtungsprotokoll

a) Zeitangaben und Anzahl der anwesenden Personen

Donnerstag, 6.6.02, 20 Uhr-20.30 Uhr

Wir können kein Begrüssungsverhalten beobachten, da schon einige Gäste anwesend sind, und keine neuen eintreten.

Dafür haben wir Gelegenheit, mit dem Besitzer des Lokals und dessen Sohnes ein Gespräch zu führen

Freitag, 7.6.02, 18.30 Uhr-19.45 Uhr

b) Tabelle

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

12. Auswertung

Beschreibung des häufigsten Verhaltens bei der Begrüssung

Der Gast betritt das Lokal durch die offen stehende Tür. Er stellt sich dann für einen Augenblick in die Mitte des Lokals, nahe des Eingangs. Seine Haltung ist gerade, die Arme hängend. Von da aus blickt der Neuankömmling ruhig und mit relativ ernstem Blick in die Runde der Tische, an denen jeweils schon 5-6 Männer im Spiel vertieft sind. Nun geht er zielstrebig auf einen der Tische zu und schüttelt da ca. zwei, der bereits spielenden Männern die Hand. Zum Händeschütteln kommt Augenkontakt und Zunicken. Jetzt sucht sich der neue Gast einen Stuhl, platziert diesen neben einem der Männer, die er gerade begrüsst hat und beginnt, das Spiel zu beobachten.

13. Hypothese

a) Allgemein

Anhand der konzentrierten Stimmung die im Raum vorherrscht, nehmen wir an, dass sich der soziale Kontakt der Männer vor allem über das Spiel abwickelt, und dass sich die wenigen Worte, die auf kurdisch gewechselt werden, vor allem auf das Spiel beziehen. Wir vermuten, dass sich die Männer unter sich gut kennen und auch die sozialen Regeln untereinander allen bekannt sind: „Das Gemeinschaftsleben des dörflichen Milieus setzt sich in der Stadt kaum verändert fort. Soziale Beziehungen im Ausland zeigen ähnliche Tendenzen.“(Zitat aus: die Kurden, M. Strohmeier, Verlag C.H. Beck, München 2000)

b) Interpretieren des häufigsten Verhaltens

Wir nehmen an, dass das Umherschauen im Raum einer ersten Orientierung dient, damit sich der Eintretende ein Bild machen kann, wer sich alles schon im Raum befindet und wo er sich dazusetzen möchte. Wir fragen uns, wovon die schlussendliche Wahl des Tisches abhängt: wählt der Neuankömmling einen Tisch, weil da noch ein Platz frei ist, weil er die Leute an diesem Tisch besonders gut kennt, weil da seine Verwandten sitzen, oder ist die Tischwahl reinem Zufall überlassen? Wir vermuten, dass es sich bei den Leuten, die der Eintretende mit Handschlag begrüsst, um seine Verwandten handeln könnte. Wir sind erstaunt, dass die neu eintretenden Männer sich ernsthaft und ruhig verhalten. Es hätte eher zu unserem Bild gepasst, das wir von Kurden haben, dass die Leute lachend und plaudernd eingetreten wären und einigen auf die Schultern geklopft hätten. Wir führen das ernsthafte Verhalten auf gegenseitigen Respekt zurück. Wir nehmen an, dass sich die Männer nicht küssen, da sie sich oft in diesem Lokal treffen.

14. Gespräch mit der Zielgruppe

Insgesamt haben wir drei Männer der Zielgruppe befragt.

Auf die Frage, warum sich die Männer bei der Begrüssung eher ernsthaft und ruhig verhalten antwortete einer der Befragten:“ Wir müssen uns sehr zurückhaltend verhalten, wenn wir eintreten, um das Spiel nicht zu stören. Würde ich lachend herein kommen, jeden Spieler begrüssen und dabei noch Witze machen, wären einige von diesen verärgert. Es sei schon ein paar Mal vorgekommen, dass ein solcher Ankömmling Prügel geerntet habe.“ Die andern zwei der Befragten meinten, wir Schweizer würden ja schliesslich auch nicht lachen. Auf die Frage warum sie sich bei der Begrüssung nicht küssen, meinten zwei, der Befragten: “Wir küssen uns erst, wenn wir uns länger, als einen Monat nicht gesehen haben. “Der dritte meinte dazu, er würde auch dann nur auf die Schulter klopfen. Die Frage betreffend der Platzwahl, beantwortete der eine: „er sitze neben seinen besten Freund“.

15. Fazit

Die Beobachtungsaufgabe gab uns die Möglichkeit, einen Einblick in eine uns völlig fremde Lebenswelt zu gewinnen. Durch die Strukturiertheit der Aufgabe konnten wir uns von Vorurteilen klar distanzieren. Die Befragung hat uns den Dialog mit verschiedenen Personen der Zielgruppe ermöglicht.

Wir gingen ohne Vorinformationen über Kurden an unsere Beobachtung heran. Dies haben wir als Vorteil erlebt, da wir dadurch nicht voreingenommen waren. Trotz unserer Offenheit wurde die Nachfrage unserer Hypothesen im ersten Moment als Angriff empfunden.

Als einzige Schweizer, dazu noch Frauen, in einem typischen Männercafé, empfanden wir die Situation als künstlich. Die Offenheit des Lokalbesitzers und dessen Sohnes haben uns die Situation sehr erleichtert.

16. Schlussfolgerung

Wir möchten klar festhalten, dass sich unsere Resultate auf diese Zielgruppe in diesem spezifischen Café beschränken. Die Verallgemeinerung unserer Aussagen wäre nicht angepasst, weil wir die dazu nötigen Vergleichsmöglichkeiten nicht haben. Auch bei anderen Arbeiten würden wir darauf achten, dass Resultate nicht generalisiert werden.

Ende der Leseprobe aus 9 Seiten

Details

Titel
Begrüssungsrituale kurdischer Männer im Café Klybeck in Basel
Veranstaltung
Modul Lebenswelten
Note
Ausgez.
Autoren
Jahr
2002
Seiten
9
Katalognummer
V108142
ISBN (eBook)
9783640063451
Dateigröße
516 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Beobachtung im Feld. Eine Abbildung fehlt (Karte von Kurdistan). Studie ohne Sekundärliteratur.
Schlagworte
Begrüssungsrituale, Männer, Café, Klybeck, Basel, Modul, Lebenswelten
Arbeit zitieren
Marion Fabry (Autor:in)Ursula Borer (Autor:in)Brigitte Laager (Autor:in), 2002, Begrüssungsrituale kurdischer Männer im Café Klybeck in Basel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108142

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