Der Revolutionär Thomas Müntzer - die wichtigsten Stationen seines Lebens und Grundzüge seiner Theologie


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

17 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Die jungen Jahre Müntzers und seine Ausbildung

3. Das Studium in Leipzig und in Frankfurt/Oder

4. Sein Kampf mit der etablierten Religion

5. Die Zeit in Jüterbog und Zwickau
5.1. Zwickau und die Kirche von unten.

6. Das Prager Manifest

7. Das Deutsche Kirchenamt in Allstedt
7.1. Der Allstedter Bund

8. Mühlhausen

9. Die Entscheidung im Kampf

10. Zusammenfassung

11. Literaturverzeichnis

1. Einführung

Thomas Müntzer war wohl einer der markantesten Personen der Reformation zu Beginn des 16. Jahrhunderts in Deutschland. Neben seiner Radikalität und seiner Theologie wurde er auch als späterer Gegenspieler von Martin Luther bekannt.

Zu dieser Zeit blühte in Deutschland der Ablasshandel der mächtigen katholischen Kirche und die Priester nahmen ihr Amt nicht mir der dafür vorgesehenen Sorgfalt war. Diese Zustände waren Müntzer ein Dorn im Auge, denn wenn schon die Vertreter der Kirche nicht das lebten, wofür ihr Glaube stand, wie sollte es dann ein einfacher Bürger können? Thomas Müntzer wollte diese Zustände ändern; er entwickelte seine Form des Gottesdienstes und vollzog diese an verschiedenen Wirkungsstätten. Selbstverständlich war durch seine radikale Theologie der Ärger mit den katholischen Priestern vorprogrammiert, jedoch ließ sich Müntzer niemals unterkriegen und predigte in seiner Art weiter.

In der folgenden Hausarbeit wird nun das Leben von Thomas Müntzer vorgestellt, seine wichtigsten Wirkungsstätten sollen beschrieben und seine Theologie in Grundzügen erklärt werden.

2. Die jungen Jahre Müntzers und seine Ausbildung

Über Müntzers Kindheit existieren keine genauen Angaben. Nur die letzten fünf Jahre seines Lebens bis zu seinem gewaltsamen Tod sind hinreichend dokumentiert.

Thomas Müntzer wurde nach eigenen Angaben im Jahre 1489 in Stolberg geboren[1]. Stolberg ist eine kleine Stadt am Südrande des Harzes. In Stollberg ist ein gewisser Matthias Montzer als Münzmeister nachgewiesen, der vermutlich der Vater von Thomas gewesen ist[2]. Über seine Mutter ist nichts bekannt, allerdings muss sie Thomas und seinem Vater ein großes Erbe hinterlassen haben, denn in seiner Jugend ist er immer frei von materiellen Sorgen gewesen.

Mit sechs oder sieben Jahren besucht Thomas Müntzer die Lateinschule der Stadt Stolberg. Die Sitten in der Lateinschule waren zu der damaligen Zeit hart. Als Zuchtmittel des Schulmeisters für Ungehorsam oder Dummheit diente die Rute. Sie wurde sehr oft und ausgiebig gegenüber den Schüler eingesetzt. Vor seiner Bestrafung musste jeder Schüler folgenden Vers aufsagen:

„Ach du liebe Rute, du tust mir viel zugute“[3].

Diese Art der Züchtigung in jungen Jahren prägte das Gottesbild von Müntzer. Durch immer wiederkehrende Schicksalsschläge, durch Kummer und durch seelische Not will Gott den Menschen brechen. Erst wenn der Mensch vollkommen leer und gebrochen ist, kann er sich nach Müntzers Auffassung Gott hingeben[4].

Thomas Müntzer spricht in seinen späteren Schriften immer wieder von einer „hohen Verwunderung“. Dieser Begriff läßt sich eher mit den Worten „Entsetzen“ oder „Betroffenheit“ beschreiben, die auf Erlebnisse in seiner Jugendzeit hindeuten. Er muss eine ganze Reihe von solchen Schockerlebnissen in seiner Kindheit und Jugend gehabt haben, denn sie haben seine „schwarze Pädagogik“[5], also die Erziehung eines Kindes mit gewaltsamen Mitteln, geprägt.

Die Familie Müntzer zieht einige Jahre später nach Quedlinburg, wo Thomas seine schulische Laufbahn beendet. Genaue Daten wann er mit seiner Familie dort hinzog, sind nicht bekannt. Die nächste Datierung aus dem Leben des Thomas Müntzer wird erst bei seiner Immatrikulation an der Universität Leipzig angegeben: im Jahre 1506 schreibt er sich dort als Student ein[6].

3. Das Studium in Leipzig und in Frankfurt/Oder

Thomas hat sich wohl für die Universität Leipzig entschieden, da man an dieser Hochschule strengstens auf diszipliniertes Lernen und auf die Einhaltung der Studienordnung achtete. Es ist anzunehmen, dass Müntzer an die Hochschule ging, um später Theologie zu studieren. Zuerst musste er aber genau wie die Mediziner und Juristen ein allgemeines Studium abschließen. In diesem sogenannten „scholatischen Studiengang“ lernten die Studenten die umfassende lateinische Grammatik, Argumentieren, methodisches Arbeiten mit Texten und Unterricht in Rhetorik.

Müntzer Studiengang in Leipzig ist nicht mehr genau zu rekonstruieren. Es scheint, er habe die Universität Leipzig nach zweieinhalbjährigem Studium vermutlich ohne Abschluß verlassen. Erst im Jahre 1512 taucht er wieder auf, als er sich an der Universität Frankfurt/Oder einschreiben lässt[7]. Was er in den Jahren zwischen 1508 und 1512 getan hat, ist unbekannt.

Auf der Folter bekennt er im Jahre 1525, dass er zwischen 1508 und 1512 Hilfslehrer in Aschersleben und Halle gewesen sei. Auch soll er dort schon seinen ersten Geheimbund gegründet haben. Diese Angaben stammen von ihm selbst und in keinem der beiden Stadtarchive sind Aussagen zu diesen Angaben Müntzers erhalten.

Auch wurde er 1510 im Halberstädter Bistum zum Priester geweiht; dies kann man aber nur seinen Briefen entnehmen, die er seinen Freunden geschrieben hat.

Müntzer nimmt 1512 sein Studium an der Universität in Frankfurt/Oder auf. Dort lernt er Hebräisch eignet sich umfassende Bibelkenntnisse an, und widmet sich voll und ganz des Studiums der Theologie.

1515/16 legt er sein Magisterexamen ab, und verläßt die Universität. Er tritt eine Stelle als Probst des Kanonissenstiftes in Frose zwischen Quedlinburg und Aschersleben an[8].

4. Sein Kampf mit der etablierten Religion

Thomas musste als Probst Messen zu Ehren des Stiftsheiligen lesen und andere Dinge verrichten. Noch hat er sich in die traditionelle Gottesdienstordnung einfügen können, doch muss es bei ihm schon zu dieser Zeit zu inneren Konflikten mit der Religion gekommen sein. Er prangerte immer wieder den Ablaßhandel der katholischen Kirche und das nach seinem Verständnis verwerfliche, scheinheilige Treiben der damaligen Priester an.

In seinen Augen konnte niemand zu Gott finden, der dafür bezahlen musste und eine Kirche, die dies alles unter dem Deckmantel der Bibel durchführte war für ihn von Grund auf falsch. Für Thomas musste der Glaube nicht den Umweg über das Medium Bibel nehmen. Denn Gott direkt ist es seiner Überzeugung nach, der den Menschen in die Glaubensschule nimmt und ihm dabei solange zusetzt, bis er wie Jesus am Kreuz schreit : „Mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“. Erst wenn der Mensch ins Leere fällt, der Mensch den Glauben an sich verliert, lernt er ernsthaft nach der Hand Gottes zu greifen.[9] Thomas hatte, wie alle Mystiker vor ihm, die sich der extremen Selbsterfahrung der inneren Entleerung aussetzten, das Geheimnis des mystischen Innewerdens Gottes für sich wiederentdeckt. Seiner Theologie zufolge kann nur jemand, der arm mit sich dran ist, Gottes Reichtum erfahren[10]. Somit musste nach Müntzer Gott der natürliche Verbündete aller Armseligen und Armen sein. Er fühlte sich mit seiner Theologie bei den einfachen Leuten zu Hause. Seine Theologie sollte auch für jedermann verständlich sein.

So ging es Müntzer selbst. Sein Glauben leitete sich aus seiner extremen Selbsterfahrung ab, und diesen Glauben sah er durch die etablierte Kirche nicht vertreten.

Er wollte reformieren, wollte seinen eigenen Glauben durchsetzen und für alle offenbaren. Nachdem er in Frose mit diesen Ansichten keinen Erfolg hatte, verließ er das Kloster. Müntzer zog es 1518 nach Braunschweig. Was er dort genau tat, ist nicht bekannt, allerdings wurde sein Aufenthalt durch den Rat der Stadt beendet. Müntzer wurde aus Braunschweig verwiesen[11].

Vermutlich ging er von Braunschweig aus nach Wittenberg. Er wollte mit führenden Leuten der Reformation zusammentreffen, allen voran Luther, der 1517 seine 95 Thesen gegen den Ablaß in Wittenberg veröffentlicht hat.

In Wittenberg wurde ihm eine Stelle als Kaplan angeboten, die er jedoch ausschlug, und stattdessen eine Kaplanstelle in Jüterbog annahm, das 40 Kilometer nordöstlich von Wittenberg gelegen war[12].

5. Die Zeit in Jüterbog und Zwickau

In Jüterbog begann Thomas sogleich mit dem Predigen seiner Ansichten und begab sich auf Konfrontationskurs. Dappen, ein Franziskanermönch nahm die Thesen von Müntzer unter Beschuss. Das ging soweit, dass sich die beiden gegenseitig der Ketzerei bezichtigten.

Die Ansichten Müntzers kamen bei den Bürgern und dem Rat Jüterbogs an, jedoch erstattete Dappen Anzeige beim Bischof von Brandenburg. Aus seinem Protokoll kann man entnehmen, wie Müntzer wohl in Jüterbog gepredigt hat: Thomas hat unter anderem angesehene Kirchenführer als „Huren- und Bordellwirte“ bezeichnet[13].

Es kam zu einer Auseinandersetzung, und Thomas verließ Jüterbog und nahm als Beichtvater eine Stelle im Kloster Beuditz an. Diese Tätigkeit hat ihn nicht ausgefüllt, und im Jahre 1520[14] bekam er vom Rat der Stadt Zwickau eine Stelle als Vertretungsprediger angeboten, die er auch annahm.

5.1. Zwickau und die Kirche von unten.

Im Zwickau predigt Müntzer zuerst in der Marienkirche, jedoch erstatteten wieder die Franziskanermönche beim Bischoffsamt Anzeige[15], und Thomas wechselt nach Verhandlungen mit dem Stadtrat als Prediger in die Schloßkirche St. Katharinen.

Waren in der Marienkirche noch Menschen aus der sozialen Oberschicht seine Zuhörer, trifft Müntzer in seiner neuen Umgebung auf ein ganz anderes soziales Umfeld.

Einfache Handwerker, Tagelöhner und Tuchmachergesellen hatten sich zu einer Bruderschaft zusammengeschlossen. Sie beteten an verschiedenen Orten um die Geistesmacht Gottes[16].

Die Erfahrungen, die diese Menschen machten, nannte Müntzer „die Kirche von unten“. Nicht durch die Latein sprechenden Priester von ihrer Kanzel herab konnte der Wille Gottes vermittelt werde, sondern durch kleine Gruppen, die sich zusammenschlossen und ihren Weg zu Gott selbst suchten. In den einfachen Leuten sah Müntzer Gottes Geist am Werk, der sich an der etablierten Kirche vorbei eine neue Gemeinde erwählte.

Es kam zu Aufständen der Tuchmacher, die für sich bessere Lebensumstände forderten, und Thomas wurde als einer der Rädelsführer abgestempelt. Ihm wurde vorgeworfen, durch seine Predigten den Aufstand mit heraufbeschworen zu haben.

Er wurde aus dem Dienst der Stadt entlassen, und machte sich auf den Weg nach Böhmen, da es dort der tschechischen Nationalkirche gelungen war, sich komplett von Rom loszulösen.

6. Das Prager Manifest

In Prag wird Thomas Müntzer 1521 zunächst als Vertreter der Lehren Luthers prächtig empfangen. Er beginnt mit dem Predigen seiner Thesen in den Prager Kirchen. Da aber nicht alle seine Zuhörer des Deutschen oder des Lateinischen mächtig sind, hat er immer Dolmetscher dabei. Er versucht, den Bewohnern Prags seine „Kirche von unten“, die er in Zwickau erfahren hat, nahe zu bringen. Doch Müntzer hat keinen Erfolg damit[17].

Er beginnt in Prag mit den Arbeiten seines „Prager Manifest“, in dem er seine Theologie nochmals begründen und seinen Gottesglauben untermauern möchte.

Er prangert wieder Gelehrten der etablierten Kirche an, sieht die Endzeit gekommen, in der Christus die Gottlosen, also die Anhänger der alten Kirche richten wird und er weissagt, dass Gott mit seinen Auserwählten wunderbaren Dinge machen werde.

In seinem Mainfest ist es nicht mehr Luthers Lehre, die er vorträgt, sondern seine ganz eigene:

„Gottes Wort, das Herz, Hirn, Haut, Haar, Gebein, Mark, Saft, Macht, Kraft durchdringet, darf wohl anders dahertraben als unsere närrischen, hodensäckischen Doktores erzählen“[18].

Nach Luther sprach Gott nur durch die Bibel zu den Menschen. Dieser Gott war aber für Müntzer ein stummer Gott. Seiner Auffassung nach brauchte es keiner Aufzeichnung, um Gott zu erfahren. Dies konnte nur auf direktem Wege geschehen.

Da zu dieser Zeit vielen Menschen nicht lesen und schreiben konnte, war eben dieser Weg Luthers Thomas Müntzer verhasst. Für ihn waren die Studierten im Vorteil, da sie die Bibel lesen konnten, und der „gemeine Mann“ nicht[19]. Dies konnte in den Augen Müntzers nicht der richtige Weg der Reformation sein. Er wollte eben eine Religion für alle. Auch war es Müntzer verhasst, dass Luther immer wieder auf die korrekte Anrede mit „Doktor Luther“ bestand. Das war ebenfalls wieder ein Affront gegen Gott und gegen die Gleichstellung von allen gegenüber dem Höchsten, die Müntzer forderte.

Müntzer ging in seinem Prager Manifest aber noch weiter: er geht soweit zu behaupten, dass der christliche Glaube universal sei, da er ja im Ansatz bei den Juden, den Heiden und den Türken auch zu finden sei. Müntzer Glaube ist eine Religion ohne Kirche, eine Religion ohne Bücher eine Religion ohne unterschiedliche Religionen: Sein Glaube ist universal und für jeden zugänglich.

Sein Manifest brachte ihm keinen Durchbruch, und er musste im Dezember 1521 Prag verlassen.

7. Das Deutsche Kirchenamt in Allstedt

Nach Aufenthalten in Nordhausen und Halle erreicht Müntzer Allstedt, wo er am 5. April 1523 seinen Dienst in der St. Johanniskirche als Prediger antritt.

Müntzer wollte in Allstedt seine Visionen von einer Reform der Gottesdienstordnung und seiner „Kirche von unten“ vorantreiben. Bereits das Osterfest fand nach seiner neuen Ordnung statt[20]:

- die Messe wurde nicht mehr auf Latein sondern auf Deutsch gelesen[21]
- er hat den Altar in der Kirche so hingestellt, dass er den Leuten ins Gesicht schauen konnte, was bis jetzt noch nicht der Fall gewesen ist.
- die kostbaren Priestergewänder verbannte er aus der Kirche und kleidete sich in ein gewöhnliches, schwarzes Priestergewand. Er wollte dadurch die Gleichheit mit seiner Gemeinde ausdrücken
- er ließ die Glocken nicht mehr läuten, denn die Menschen sollten von selbst zur Kirche kommen.

Sein Gottesdienst fand Anklang bei den Bürgern, und er wurde nicht wie in Prag oder in Zwickau belästigt und bedroht[22]. Ebenfalls erstaunlich ist, dass Thomas Müntzer in Allstedt geheiratet hat. Seine Frau, vermutlich Ottilie von Gersen, war eine entlaufene Nonne.

Mit der Zeit kamen immer mehr Menschen von außerhalb zu ihm in den Gottesdienst. Graf Ernst von Mansfeld verbot seinen Untertanen zu Müntzers Predigten zu gehen, da der Graf in Müntzers Ideen eine Bedrohung der gegebenen Ordnung sah, und um seinen Stand fürchtete.

Graf Mansfeld bezichtigte Müntzer der Ketzerei, und es kam zu einem offenen Konflikt, der damit endete, dass Müntzer vor den Kurfürsten Friedrich versprach, die Obrigkeit nicht mehr anzugreifen[23].

7.1. Der Allstedter Bund

Müntzer schloss in Allstedt mit 30 Männern einen Bund, die zusammen das Evangelium und die Lehren Müntzers gegen Andersdenkende im Falle der Gewalt von außen verteidigen sollten[24]. Die Mitglieder des Bundes kamen aus Allstedt und aus dem Umland, und bald war die Mitgliederzahl auf 300 angewachsen. All dies waren Menschen, die der Theologie Thomas Müntzers folgten.

Mitte Juli1524[25] kam es zu Übergriffen von Amtsmännern des Grafen Mansfeld gegenüber Anhängern Müntzers. Müntzer rief allerdings nicht zu Gegenaktionen auf, da er dem Heer des Grafen Ernst mit seinem Bund nicht viel hätte antun können.

Nach dieser Aktion wurde Thomas von dem Rat der Stadt verboten, seine Werke zu drucken und in Allstedt zu veröffentlichen. Auch wurde ihm auferlegt, alle seine Predigten vorher durch den Rat der Stadt genehmigen zu lassen. Es sollte dadurch zu keinen weiteren Aufständen mehr kommen. Thomas Müntzer verläßt Allstedt, und geht nach Mühlhausen.

8. Mühlhausen

In Mühlhausen erhält Thomas die Stelle eines Predigers. Er trifft dort auf Heinrich Pfeiffer, mit dem er den Thüringer Bauernaufstand anführen wird. Müntzer predigte auf seine bewährte Art und Weise weiter, und es kam zu Aufständen unter den Bürgern Mühlhausens gegen ihre Obrigkeit.

Nach diesen Ausschreitungen wurden Müntzer und Pfeiffer zusammen der Stadt verwiesen. Sie zog es nach Nürnberg und Thomas dann in die Bauernerhebungsgebiete am Oberrhein[26]. Dort wütete der Bauernkrieg seit Ende Juni 1524.

Das Thomas diese Gebiete besuchte, kann man heute wissenschaftlich kaum noch feststellen. Er blieb er jedoch nicht, sondern ihn zog es zurück nach Mühlhausen.

9. Die Entscheidung im Kampf

Im Februar wird 1525 wird Thomas Pfarrer der Marienkirche in Mühlhausen. Mühlhausen soll seiner Auffassung nach Zentrum seiner Reformation werden, und er ist bereit, seine Ziele mit Waffengewalt zu verteidigen. Auch seinen Gegner bleibt nicht verborgen, dass er wieder predigt[27].

In der Stadt Salza, die dem sächsischen Herzog Georg unterstellt ist, kommt es zum Aufstand, und Thomas kommt seinen dortigen Anhängern von Mühlhausen aus mit 400 Mann zur Hilfe. Sie zogen los, plünderten, brandschatzen, brachten aber von diesem Ausflug kein brauchbares Ergebnis mit.

Im Feldlager auf dem Eichsfeld, der Region zwischen Salza und Mühlhausen schrieb Müntzer seinen berühmten „Knappenbrief“[28]. Darin rief er die Allstedter Bürger und Mansfelder Bergwerksgesellen auf, ihm beim Sturm auf das Mansfelder Schloss zu helfen, da dort Müntzers alter Feind, Graf Ernst residierte.

Müntzer wollte mit seinem Gefolge nach Frankenhausen, da sich dort das Hauptquartier der Thüringer Bauern befand. Ihm folgten allerdings nur 300 Mann nach Frankenhausen, da Pfeiffer wollte, das Mühlhausen gegen einen Einfall des Leipziger Herzogs hätte verteidigt werden müssen.

Das Heer der in Frankenhausen versammelten Bauern wird heute auf 8.000 Mann[29] geschätzt, die gut bewaffnet gewesen waren. Noch verhandelten die Bauern mit den Fürsten, aber Thomas setzte sofort eine Aussetzung der Verhandlungen durch.

Inzwischen waren einige Fürstenheere auf dem Weg nach Frankenhausen. Am 25. Mai 1525 vereinigten sie sich vor Frankenhausen. Ihr Kontingent umfaßte 13.000 Mann Fußvolk und 800 Reiter[30].

Es kam noch zu Verhandlungen zwischen den Gruppen, aber das Fürstenheer eröffnete noch während die Verhandlungen liefen das Gefecht.

Eine Schlacht fand allerdings nicht statt! Unter den Bauern im Lager brach eine Panik aus, und sie versuchten Hals über Kopf zu fliehen. Die Fliehenden wurden von den Söldnern der Fürsten erschlagen.

Insgesamt wird die Zahl der getöteten Bauern auf vier- bis siebentausend geschätzt[31]. Warum es zu der Flucht der Bauern kam, die wohl gut gerüstet gewesen sind, ist nicht nachvollziehbar. Thomas Müntzer selbst flüchtete nach Frankenhausen zurück, wo er jedoch kurze Zeit später verhaftet wurde.

Er wurde verhört und gefoltert. Man forderte von ihm, dass er seine Aussagen widerrufen sollte, aber er tat es nicht. Er war bereit für seine Sache in den Tod zu gehen.

Am 27. Mai 1525 wurden Thomas Müntzer und Heinrich Pfeiffer enthauptet. Ihre Köpfe wurden zur Warnung vor den Toren Mühlhausens aufgespießt.

10. Zusammenfassung

Thomas Müntzer führte ein aufregendes und bewegtes Leben. Erstaunlich ist, dass er trotz seiner religiösen Einstellung geheiratet hat. Müntzer wollte doch nur selbst mit sich und seiner Nähe zu Gott sein, damit er diesen überhaupt erfahren konnte. Was blieb nach seinem Tod von seinem Erbe übrig? In der Bundesrepublik Deutschland wurde er nicht in einem Atemzug mit den großen Köpfen der Reformation, Martin Luther und Philipp Melanchthon, genannt. Allerdings war er in der ehemaligen DDR ein echter Star der Reformation. Den Inhalt seiner Lehre legten die sozialistischen Machthaber in ihrem Sinne aus: für sie war Thomas Müntzer ein Vorreiter des Klassenkampfes. Er kämpfte gegen die herrschende Obrigkeit an und versuchte seine Interessen im Sinne des „einfachen Volkes“ durchzusetzen. Für diesen Kampf war ihm am Ende sogar das Mittel der Gewalt gut genug. Das nutze die Regierung der ehemaligen DDR für ihre Propaganda aus.

Auf jeden Fall war Müntzer ein Mensch, der bereit war, für seine Einstellung und seinen Glauben in den Tod zu gehen. Diese Tatsache hat ihn geradezu als Revolutionär gebrandmarkt.

11. Literaturverzeichnis

- Ackermann, Irmgard : „Thomas Müntzer: Stätten seines Lebens und Wirkens“, Henschelverlag, Berlin 1989
- Bloch, Ernst : „Thomas Müntzer - Als Theologe der Revolution“ Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1972
- Elliger, Walter: „Außenseiter der Reformation: Thomas Müntzer“, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1975
- Günther, Gerhard; Korf, Winfried : „Mühlhausen“, Seemann Verlag, Leipzig 1986
- Laube, Adolf (Hrsg.) : „Thesen über Thomas Müntzer: zum 500. Geburtstag“, Dietz Verlag, Berlin 1988
- Meusel, Alfred : „Thomas Müntzer und seine Zeit“, Aufbau-Verlag, Berlin 1952
- Scholz, Günter (Hrsg.) : „Thomas Müntzer (vor 1491-1525)“, Verlag Wilhelm Schlecht, Böblingen 1991
- Vogler, Günther : „Thomas Müntzer“, Dietz Verlag, Berlin 1989
- Wolgast, Eike : „Thomas Müntzer - Ein Verstörer der Ungläubigen“, Muster-Schmidt Verlag, Göttingen u.a. 1981
- Zitelmann, Arnulf : „Ich will donnern über sie! - Die Lebensgeschichte des Thomas Müntzer“, Beltz Verlag, Weinheim und Basel 1989

[...]


[1] dazu: Ackermann, Irmgard: „Thomas Müntzer: Stätten seines Lebens und Wirkens“, Henschelverlag, Berlin 1989, S. 6

[2] Zitelmann, Arnulf: „ ‚Ich will donnern über sie’ - Die Lebensgeschichte des Thomas Müntzer“, Beltz Verlag, Weinheim und Basel 1989, S. 13 f.

[3] Zitelmann, S. 6

[4] „Der Abgrund der Seele ist besetzt von kreatürlichen Wünschen und Vorstellungen; er muß davon gereinigt werden, damit er fertig sein kann, Gottes Geist zu empfangen und aufzunehmen“ aus: Wolgast, Eike: „Thomas Müntzer - Ein Verstörer der Ungläubigen“, Muster-Schmidt Verlag, Göttingen u.a. 1981, S.64

[5] Zitelmann, S. 16

[6] Vogler, Günther: „Thomas Müntzer“, Dietz Verlag, Berlin 1989, S. 11

[7] Ackermann, S. 15

[8] Zitelmann, S. 31

[9] „Sein Denken kreiste stets um die Erkenntnis des Willens Gottes, um den Menschen den Weg zum rechten Glauben zu weisen. Dieses Denken erfuhr seine Vertiefung und soziale Konkretisierung durch die persönlichen Erfahrungen Müntzers im aktiven Kampf für die Durchsetzung der Reformation.“ aus: „Thesen über Thomas Müntzer: zum 500. Geburtstag“, hg. v. einem Autorenkollegium unter der Leitung von Adolf Laube, Dietz Verlag, Berlin 1988, S. 32

[10] „In dem Maße dieses Bewusstwerdens erfährt der zum Glauben Kommende einen Wandel seiner Wesenhaftigkeit, der sich freilich nur in einem leidvollen Prozeß vollzieht […], in der das sich selbst zugewandte, gottentfremdete Ich ausgelöscht wird.“ aus: Elliger, Walter: „Außenseiter der Reformation: Thomas Müntzer“, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1975, S. 11

[11] Wolgast, S. 12

[12] Vogler, S. 41

[13] Zitelmann, S. 38

[14] Bloch, Ernst: „Thomas Müntzer - Als Theologe der Revolution“, Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1972, S. 19

[15] „Seine Predigt war eine Kampfansage und brachte ihm, wie nichts anders zu erwarten, ihre Feindschaft ein“, Ackermann, S. 56

[16] „Am 1. Oktober 1520 ging Müntzer von der Kirche der Reichen an die der Armen, von der Marienkirche an die Katharinenkirche über. Dort hatten die Tuchknappen ihren Fronleichnamsaltar. Aber das religiöse Leben dieser […] Menschen beschränkte sich nicht auf die Kirche, viel eher ist es richtig zu sagen, daß die Kirche nur den sakrosankten Anknüpfungspunkt für ihre geistige Betätigung bildete.“ aus: Meusel, Alfred: „Thomas Müntzer und seine Zeit“, Aufbau-Verlag, Berlin 1952, S. 138

[17] Zitelmann, S. 64

[18] Zitelmann, S. 22

[19] dazu Vogler, S. 104

[20] vgl. Elliger, S. 16

[21] Wollgast, S. 38

[22] „Die Zeit in Allstedt […] ist für Thomas Müntzer vermutlich die glücklichste, sicher aber die fruchtbarste Periode seines Lebens gewesen.“, Wollgast, S. 35

[23] Zitelmann, S. 101

[24] vgl. Vogler, S. 173 f.

[25] Ackermann, S. 109

[26] vgl. Zitelmann, S. 144

[27] Elliger, S. 84

[28] Zitelmann, S. 150

[29] vgl. Wolgast, S. 30

[30] Zitelmann, S. 161

[31] vgl. Vogler, S. 260

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Der Revolutionär Thomas Müntzer - die wichtigsten Stationen seines Lebens und Grundzüge seiner Theologie
Hochschule
Universität Augsburg
Veranstaltung
Hauptseminar Rechtsextremismus, Linksextremismus und religiöser Fundamentalismus
Note
2,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
17
Katalognummer
V108113
ISBN (eBook)
9783640063178
Dateigröße
464 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Revolutionär, Thomas, Müntzer, Stationen, Lebens, Grundzüge, Theologie, Hauptseminar, Rechtsextremismus, Linksextremismus, Fundamentalismus
Arbeit zitieren
Matthias Hinkel (Autor:in), 2002, Der Revolutionär Thomas Müntzer - die wichtigsten Stationen seines Lebens und Grundzüge seiner Theologie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108113

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