Die Realschule


Seminararbeit, 2003

34 Seiten, Note: 2 +


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Geschichte der Realschule

2. Der Aufbau der Realschule (v.a. in Rheinland-Pfalz)

3. Das Differenzierungsangebot an der Realschule

4. Aufgaben/Ziele der Realschule und ihre Stellung im Bildungswesen

5. Soziale Struktur der Realschule

6. Probleme der Realschule

7. Perspektiven/Zukunft der Realschule

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die Grundlage dieser Hausarbeit bildet mein bereits im Seminar gehaltenes Referat. Die zentrale Fragestellung lautet, wie und wo die Realschule im Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland anzusiedeln ist: ihre Aufgaben, ihr Aufbau, ihre Funktionen, ihre Ziele.

Die Hausarbeit beginnt mit der Geschichte der Realschule. In diesem Kapitel wird der Schwerpunkt weniger bei der Historie selbst angesiedelt, sondern vielmehr an der geschichtlichen Entwicklung, der Stellung der Realschule in Bildung und Gesellschaft, sowie an ihren Aufgaben und ihre Entwicklung, die sie im Laufe der Zeit durchlaufen ist (Rudi Maskus wurde gerade bei der Geschichte der Realschule so oft zitiert, da er hierfür die Grundlagenliteratur bildet).

Das nächste Kapitel wendet sich der Struktur der Realschule und ihrem formalen Aufbau zu. Der Schwerpunkt richtet sich hierbei auf die Realschulen in Rheinland-Pfalz. Länderspezifische Unterschiede werden in diesem Kapitel allerdings auch behandelt. Im dritten Kapitel wird dann explizit das Differenzierungsangebot, der Wahlpflichtunterricht der Realschule, vorgestellt. Auch hier gilt Rheinland-Pfalz als Schwerpunkt.

Das vierte Kapitel handelt von den Aufgaben und Zielen der Realschule und ihre Stellung im Bildungswesen. Im fünften Kapitel wird dann der Versuch unternommen die soziale Struktur der Realschule etwas zu beleuchten.

Das sechste Kapitel zeigt die Probleme der Realschule auf, die aber auch z.T. an verschiedenen Stellen vorher dargestellt wurden. Das letzte Kapitel schließt mit den Perspektiven und der Zukunft dieser Schulform die Hausarbeit ab.

Leider stellten sich bei der Erarbeitung der Hausarbeit verschiedene Probleme heraus. Die zur Verfügung stehende Literatur in der Universitätsbibliothek Landau ist stark veraltet. Auch in der Universitätsbibliothek Mannheim wurde ich nicht fündig, da hier die in Frage kommenden Bücher schon vergriffen waren. Ich bitte dies also zu entschuldigen. Trotz allem konnte ich die prüfungsrelevante Literatur (Wollenweber: Die Realschule, AG Bildungsbericht) in das Referat mit einbauen.

1. Die Geschichte der Realschule

Das erste Konzept, von dem sich die Realschule ableiten lassen kann, hielt schon im 17. Jahrhundert Einzug in die Ritterakademien. In der Zeit des Humanismus und der Renaissance wendet sich die Bildung zur „Realität, zur Welt der Dinge und ihrer Brauchbarkeit im Leben“(MASKUS 1979, S. 11) hin. „So verlangte der Humanist J. L. Vives (1492-1540), dass der Lehrplan neben den sieben freien Künsten [Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Geometrie, Arithmetik, Astronomie, Musik] bestimmte Realien aufnehme“ (MASKUS 1977, S. 46). Der Zerfall der mittelalterlichen Stände, der Entwurf eines neuen Weltbildes und die nun beginnende Entwicklung vom Mittelalter zur Neuzeit zieht Veränderungen in politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereichen nach sich. „Der Wirklichkeit wird eine völlig neue Bedeutung beigemessen. Die Werte des diesseitigen Lebens werden bejaht“ (MASKUS 1979, S. 10). Die Menschen besinnen sich auf die „eigene Kraft der Vernunft“ (MASKUS 1979, S. 10). In den Ritterakademien, „die den künftigen Staatsmann, Weltmann, hohen Verwaltungsbeamten und Offizier ausbilden“ (MASKUS 1979, S. 11) sollen, werden nun, im Gegensatz zur Lateinschule die Realien, „die für die Bedürfnisse des Lebens nötig sind“ gelehrt und auf deren „Bezugnahme auf das berufliche Wirken im praktischen Leben“ (MASKUS 1979, S. 11) geachtet. Die Realien beinhalten als Lehrgegenstände: Neuere Sprachen, Naturwissenschaften und Geschichte („historicam, mathematicam, geographicam, physicam, veram, moralia et civilia studia“, LENSKE, S. 11).

Neben den Ritterakademien werden die Realien auch in Volksschulen gelehrt: Reyher verfasst 1657 das erste Realienbuch für die deutsche Volksschule und führt diese ein Jahr später als Lehrgegenstand in den Unterricht ein.

Johann Raue, konzipiert als Universitätslehrer und Lehrer an einer Ritterakademie „zum erstenmal in der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts die reale Bildung für eine mittlere Schicht“ (MASKUS 1979, S. 11f). Diese reale Bildung soll v.a. in den Trivialschulen vermittelt werden. Die Trivialschule umfasst einen Zeitraum von zehn Jahren: Sie beginnt mit dem sechsten oder siebenten Lebensjahr und endet mit dem siebzehnten Lebensjahr. Sie grenzt sich von den anderen Schulformen dadurch ab, dass die Schüler „eine wesentlich über die Bildung der niederen Schichten hinausgehende Bildung empfangen“ (MASKUS 1979, S. 12), sowie eine begrenztere Bildung, als dies in den Gymnasien und Ritterakademien vermittelt wird. „Bei denjenigen, welche die gesamte Trivialschule durchlaufen, ist an die wirtschaftlich tätigen Menschen gedacht“ (MASKUS 1979, S. 12).

Der Absolutismus liefert den Rahmen, in den die ersten Realschulen eingebettet werden. Nicht das Aufklärungsdenken sondern die menschliche Vernunft ist entscheidend für die Weltdeutung (vgl. MASKUS 1979, S. 12). Entscheidend für die pädagogische Auslegung dessen ist die Leibnizsche Philosophie, „dass der Mensch durch Erziehung oder Aufklärung aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit sowie aus den Tiefen der Unwissenheit, des Aberglaubens und der Irrlehren herausgeführt werden kann“ (MASKUS 1979, S. 12f).

Comenius sieht in der Muttersprachschule auch eine Möglichkeit zur Verwirklichung einer „realistischen Grundbildung“. Diese sollte neben dem Unterricht von Sprachen auch zum Wissen von „Nutzung und Sachverantwortung“ führen. Gott ist das höchste Gut. In ihm haben alle Dinge ihren Ursprung und ihr Recht auf Existenz. Sie sind „auf Gott hin geordnet“ (MASKUS 1979, S. 13). Genau dieses gilt es für den Menschen zu erfahren und zu erkennen. Dazu bedarf es der menschlichen Vernunft. Die Pflicht zur Bildung hat ihr Recht somit auch darin, den Menschen zu befähigen, seine Vernunft so zu gebrauchen, damit er dieses verstehen und erkennen kann. (vgl. MASKUS 1979, S. 13)

Im Jahr 1668 plant Johann Joachim Becher neben der Lese-, Schreib-, Rechen- und (dreijährigen) Lateinschule auch eine „mechanische und philosophische“ Schule, die einen Unterricht in den Realien geben soll. Die Realien sind laut ihm nicht nur in den „Zusammenhang der göttlichen Schöpfung“ (MASKUS 1979, S.13) eingebettet (wie dies Comenius sieht), sondern entsprechen auch den „Bedürfnissen des Staatswesens“ (MASKUS 1979, S. 13). Die reale Bildung „ist am materiellen Nutzen und an direkter Brauchbarkeit orientiert und trägt zur Glückseligkeit der Untertanen bei, worauf die wichtigste Sorge des Staates gerichtet sein soll.“(MASKUS 1979, S. 13).

Um 1685 schlägt von Seckendorff die Gründung einer deutschen Hauptschule vor. Sie ist im Gegensatz zur Lateinschule für eine „lateinlose Realbildung für die nicht studierende Jugend vorgesehen“ (MASKUS 1979, S. 14). Neben der christlichen Lehre soll sie somit auch „den wirtschaftlichen Bedürfnissen seiner Zeit gerecht [...] werden und die Erziehung mit den Interessen des Staates [...] verbinden“ (MASKUS 1979, S. 14).

August Hermann Francke greift diese Idee 1698 wieder auf (vgl. MASKUS 1966, S. 173) und plant neben der Lateinschule ein „Pädagogium“. Dieses soll „die Realien stärker berücksichtigen und nützliche Kenntnisse vermitteln. Auf diese Weise kann es auf bestimmte gehobene Berufe abheben, bereitet aber nicht auf ein Universitätsstudium vor. Francke wünscht ein besonderes Pädagogium für diejenigen Kinder, welche nur im Schreiben, Rechnen, Lateinischen, Französischen und in der Ökonomie angeführt werden und die Studia nicht kontinuieren, sondern zur Aufwartung vornehmer Herren, zur Schreiberei, zur Kaufmannschaft, Verwaltung der Landgüter und nützlichen Künsten gebraucht werden sollen“ (MASKUS 1979, S. 14).

Francke nimmt „in seinen Schulen des Waisenhauses zu Halle die Realien verstärkt in den Unterricht auf“ (MASKUS 1979, S. 14), auch wenn diese noch „mehr der Erholung dienen. Dennoch nehmen sie bereits einen festen Platz im dortigen Schulleben ein“ (MASKUS 1979, S. 14).

1705 schlägt Christoph Semler in Halle die Gründung einer realistischen Schule vor, welche er auch 1706 unter dem Namen „Mathematische und mechanische Realschule“ errichtet. Sie hält sich aber nur drei Jahre, wird dann 1738 erneut eröffnet und wiederum mit seinem Tode 1740 geschlossen. Diese Schule ist eine Art Handwerkerschule. Angehende Handwerker sollen dort den Umgang mit ihren täglichen Materialien und Werkzeugen (Zirkel, Lineal, Maße und Gewichte, Münzen, usw.) kennen lernen und erlernen. Diese Unterweisung dauert ein Jahr (vgl. MASKUS 1966, S. 173f).

Johann Julius Hecker gründet 1747 eine ökonomisch-mathematische Realschule in Berlin. Diese wird durch den König gefördert und in vielen anderen Städten nachgeahmt. „Aufnahme finden Jugendliche, die kein Studium absolvieren wollen, wohl aber „durch die Feder, durch die Handlung, durch Pachten, durch Wirtschaften auf dem Lande, durch schöne Künste, durch gute Manufakturen und Professionen sich wohl fortzubringen und als geschickte und geübte Mitglieder des gemeinen Wesens zu leben“(MASKUS 1979, S. 17) als Ziel haben. In ihr sind Zeichen-, Mathematik-, Briefschreibe-, anatomische, physikalische, ökonomische, Manufaktur-, Buchhaltungs-, Mechanik-, Zivil- und Militärbauklassen vorhanden (vgl. MASKUS 1979, S. 17). „Die Realien werden nur noch in pragmatisch-beruflicher Absicht gelehrt. Neben Elementen der Bürgerschule ist eine Vielzahl von handwerklichen Berufsrichtungen vertreten“ (MASKUS 1979, S. 17); (vgl. hierzu auch: MASKUS 1966, S. 7ff/S. 174f).

Johann Bernhard Basedow sowie Friedrich Gabriel Resewitz fordern eine Dreigliedrigkeit des Schulsystems. Basedow teilt diese Dreigliedrigkeit ein in eine Schule, die auf das Studium vorbereitet (Gelehrtenschule), eine Große Schule (Elementar- bzw. Landschule), die für angehende Bauern und Handwerker bestimmt ist und eine Kleine Schule „mit erweitertem Lehrplan, in dem den Realien breiter Raum gegeben ist“ (eine Art Bürgerschule) (MASKUS 1979, S. 18); (vgl. auch MASKUS 1966, S. 12ff/175). Basedow sieht diese Schulen allerdings für die Kinder gehobener Gesellschaftsschichten geschaffen. Das einfache, gemeine Volk hat hier keinen Zugang.

Friedrich Gabriel Resewitz unterscheidet die Schulgattungen nach ihrer Orientierung für den späteren Beruf: „Ackerschulen für den Bauernstand, Handwerksschulen für die Bewohner der Provinzialstädte und den niederen Stand in den Hauptstädten sowie die größere Erziehungsanstalt als Bürgerschule in der Hauptstadt. Dort wird die gesittete Jugend auf ihre künftigen Geschäfte vorbereitet. Es ist die Jugend des Mittelstandes, des „gesitteten Standes des geschäftigen Bürgers“. Sie braucht keine abstrakte, gelehrte Bildung, sondern eine konkrete, auf das Detail achtende. In dem Fächerkanon der Bürgerschule erhalten die Realien einen hohen Stellenwert“ (MASKUS 1979, S. 19).

Die Realien als Bestandteile des Unterrichts werden in dieser Zeit positiv und negativ gesehen. Die Kritiker sehen in ihnen ein „ausschließlich auf Nützlichkeit bezogenen Realismus“ gegeben. „Sie erklären, die Realschulen betreiben die Realia auf Kosten der Humaniora“ (MASKUS 1979, S. 20). Sie sollten nicht „bloß der fachlichen Berufsvorbereitung dienen dürfen“ (MASKUS 1979, S. 20), erkennen aber auch an, dass sie „einen Beitrag zur allgemeinen Bildung leisten können“ (MASKUS 1979, S. 20). So fordern und fördern Johann Matthias Gesner sowie Friedrich August Wolf den Einzug der Realien auch in die höheren Schulen (in die Gelehrtenschulen). Auch diese müssen nach Wolf „vorbereitend, im Allgemeinen bildend und elementarisch sein [...], weil der Zweck dieses Unterrichts darin besteht, Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln, die sowohl dem Gelehrten, als auch dem gebildeten und aufklärungsfähigen Manne gelten“ (MASKUS 1979, S. 20).

Friedrich Immanuel Niethammer nimmt zum Bildungsgedanken des Humanismus Stellung und „führt im Sinne des Neuhumanismus aus, dass der Mensch aus der zweckhaften Verstrickung in die empirische Wirklichkeit im Blick auf Überempirisches herausgehoben werden muss; denn das eigentlich Menschliche ist die Hinwendung zu den Idealen.“ Der Gebildete ist das „Ziel der Erziehung“ (MASKUS 1979, S. 20). „Der Zweck des Menschen liegt in ihm selbst und verwirklicht sich nicht in seiner Beziehung zu Staat und Gesellschaft.“ Trotz allem hält auch Niethammer an den Realien fest, „da auch sie zur Geistesbildung beitragen können. Er setzt die Realgegenstände als Objekte des Unterrichts den Idealgegenständen völlig gleich“ (MASKUS 1979, S. 21). Niethammer knüpft dabei an Rousseau an, wobei später dann auch Pestalozzi auf die beiden zurückgreift: Er hält „den gesellschaftlichen Zustand lediglich für eine Durchgangsstation des Menschen auf dem Wege zur Versittlichung [...], die nicht das Werk der Natur oder der Gesellschaft, sondern das Werk seiner selbst ist“ (MASKUS 1979, S. 21); (vgl. MASKUS 1966, S 17ff/175ff).

August Spilleke, „seit 1821 Direktor des mit der Heckerschen Realschule verbundenen Gymnasiums in Berlin“ (MASKUS 1979, S. 22), ist der Meinung, dass eine Bildung, sowohl ideal (Menschenbildung), als auch real (Bürger-, Berufsbildung) sein sollte: Die Bildung „besteht einerseits im Wissen und Erkennen, andererseits im Bilden und Schaffen. Das Reich der Natur wird in das Reich des Gedankens gleichsam übersetzt und auch umgekehrt. Allgemeine Menschenbildung und Berufsbildung unterstützen sich und bedingen einander. Sie sind die beiden verschiedenen Weisen der Bildung, die untrennbar sind, weil sonst bloß eine formale oder eine mechanische und somit einseitige Bildung zustande käme“(MASKUS 1979, S. 22); (vgl. auch MASKUS 1966, S. 29ff).

Johann Friedrich Herbart sieht in seinen pädagogischen Gutachten von 1818 und 1823 die Bürger-, Elementar- und Kleinen Schulen als Ergänzung zum Gymnasium. Die Bürgerschule soll allerdings „das vielseitige Interesse rascher und direkter wecken und damit das pädagogische Wirken am besten nach seinen eigentlichen Prinzipien gestalten können.“ (MASKUS 1979, S. 22). Sie gelten als die Schulen, die die Gymnasien entlasten, da sie nicht auf die Universität hin vorbereiten und auch „für Sprachstudien weniger geeignet sind. Während der Gymnasiast in der Vergangenheit lebt und sich bilden will, lebt der Hauptschüler [Schüler der Elementar-, Bürger- und Kleinen Schule] in der Gegenwart und will nach außen hin handeln“ (MASKUS 1979, S. 23). Herbart sieht die Schüler des Adels, die die Bürgerschule besuchen als spätere Militärangehörige. Daneben besuchen auch spätere Angehörige aus den Berufsklassen der gehobeneren „Berufe in der modernen Welt der Arbeit und Verwaltung“ die Bürgerschule, die eine „über die Volks- oder Elementarschule hinausreichende praxisbezogene Schulausbildung auf höherem Niveau, einer Ausbildung, die das Gymnasium nicht leisten konnte“ (MASKUS 1979, S. 23) anstreben. Trotz allem findet in den Schulen weiterhin ein elitäres Ständedenken statt. Dieses hat aber dennoch zur Folge, dass die Realien einen breiteren Raum in den verschiedenen Schularten einnehmen und sie somit auch Eingang in die höheren Schulen finden. „Umgekehrt nehmen manche Realschulen Latein auf und weiten sich zum Realgymnasium aus. Sechsklassige höhere Schulen ohne Latein werden Oberrealschulen“ (MASKUS 1979, S. 23).

Im Jahre 1788 führt Preußen die Reifeprüfung ein und legt somit „die obere Grenze der Schulbildung“ (MASKUS 1979, S. 23) fest. Dies zieht ein mittleres Schulwesen aufbauend auf der Elementarschule nach sich. Doch die Grenzen sind noch fließend. Johann Wilhelm Süvern lässt z.B. in seinem Schulgesetzentwurf von 1819 die Aufgaben der Stadtschule (mittleres Schulwesen zwischen Elementarschule und Gymnasium) „dort wo sie fehlt, einfach von einer vollausgebauten Elementarschule mit übernehmen“ (MASKUS 1979, S. 24). Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher fordert eine Bürgerschule, die ohne Standesdünkel Schüler heranbildet, „die später als Kaufleute und Gewerbetreibende auf eine größere Zahl von Mitbürgern Einfluss zu nehmen haben. Sie beschäftigen dann viele Arbeiter, die sie nur aufgrund ihrer höheren Bildung führen können, weil sonst Zwang und Willkür entstehen würden. Die Bürgerschule vermittelt das Fundament aller Bildung nicht nur für den Mittelstand, sondern greift auch in die höheren Stände hinein“ (MASKUS 1979, S. 24); (vgl. auch MASKUS 1966, S. 36ff/176).

Die französische Revolution, die eine Wende im wirtschaftlichen, geistigen, sozialen und politischen Denken mit sich bringt macht auch vor den Schulformen und ihren Erscheinungen nicht halt. Friedrich Thiersch kritisiert die reale Bildung: Sie zerstört die „eigenen Wurzeln“ da sie „die Gegenwart von der Vergangenheit löst. [...] Im Unterschied zur idealen Richtung ist die materielle bloß auf Erwerb, Vermehrung und Gebrauch der äußeren Güter aus“ (MASKUS 1979, S. 25); (vgl. auch MASKUS 1966, S. 41ff/176). Karl W. E. Mager sieht dagegen die Bürgerschule wieder als Ständeschule, die „das Bildungsbedürfnis derjenigen Gebildeten, die zwischen dem sogenannten Volk und dem gelehrten Stand stehen, befriedigen“ (MASKUS 1979, S. 25). Die reale Bildung (v.a. eine sechsklassige auf die Elementarschule aufbauende Bürgerschule), die sich an der Industrie orientiert ist laut Mager zu begrüßen, da sie „auf die spezielle Berufsbildung vorbereitet“ und sich weiterhin von der Gelehrtenschule unterscheidet (vgl. MASKUS 1979, S. 25f); (vgl. auch MASKUS 1966, S. 51ff/176f). Durch die revolutionäre Bewegung von 1848 mit ihren politischen Veränderungen wird auch das Bildungswesen beschränkt. Erst ab 1872 wird dieses wieder gefördert. Der wirtschaftliche Aufschwung, der sich auch auf die Bevölkerung auswirkt, fördert und fordert ebenfalls eine gehobene Bildung. Dieser Bildungsdrang kommt den Mittelschulen zugute. Die Schulen werden vereinheitlicht: Statt „Bürger-, Mittel-, Rektorats-, höhere Knaben- und Stadt-Schulen“ werden sie nun Mittelschulen genannt (der ursprüngliche Vorschlag war „Deutsche Bürgerschulen“). „Die Mittelschulen sind praktisch, nicht aber wissenschaftlich ausgerichtet. In der Regel sind sie sechsklassig. Besonders die Fremdsprachen – Französisch gilt als obligatorisch, Latein als fakultativ – lassen einen wesentlichen Unterschied zum Lehrplan der Volksschule erkennen“ (MASKUS 1979, S. 26). Lundgreen sieht diese Mittelschule nur „als gehobene Volksschule“ an, da „den gewerblichen Bedürfnissen [...] im Lehrplan bescheiden Rechnung getragen wird (Französisch als Fremdsprache, mehr Realien)“(LUNDGREEN, S. 105); (vgl. auch MASKUS 1966, S. 58ff/177). Nach diesen Bestimmungen aus Preußen haben sich dann auch viele andere deutsche Länder gerichtet.

Als Mittelschullehrer wird zugelassen, wer eine wissenschaftliche Hausarbeit aus dem Gebiet der Pädagogik (innerhalb von 6 Wochen) anfertigt, Klausurarbeiten und mündliche Prüfungen in zwei Unterrichtsfächern besteht und zwei Lehrproben mit eingereichter schriftlich ausgearbeiteter Disposition ablegt. Lehrerinnen werden v.a. in Allgemeinbildung sowie über den gesamten Fächerkanon geprüft. Spezielle Erweiterungsprüfungen sind möglich für Volksschullehrer, die dann in den unteren Klassen den Unterricht führen dürfen, bzw. zum Rektor von Mittelschulen ausgebildet werden (vgl. MASKUS 1979, S. 27; sowie MASKUS 1966, S. 67ff/177)

Auch Mädchen erhalten im 19. Jahrhundert die Möglichkeit zum Schulbesuch. Sie besuchen zweisprachige Mittelschulen (Französisch und Englisch). 1886 bürgerte sich für diese Schulform der Name „höhere Mädchenschule“ ein. Diese stellt eine Art Mädchenrealschule dar. Im gleichen Jahr wird auch der erste Normlehrplan erlassen. Die Mädchenschule umfasst 9 bzw. 10 Schuljahre („Lyzeum“)(vgl. LUNDGREEN, S. 104). „Der Abschluss des Lyzeums brachte eine erste Berechtigung [mit sich], nämlich zum Eintritt in zwei alternative berufsvorbereitende Schulen: - Das Oberlyzeum, das in vier Jahren für das Lehramt an Mittelschulen ausbildete. Das Abschlusszeugnis eröffnete überdies die Immatrikulation an den philosophischen Fakultäten. – Die Frauenschule, die in ein oder zwei Jahren Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen für die „technischen“ Fächer (Hauswirtschaft, Handarbeit, Turnen) ausbildete“(LUNDGREEN, S. 104). Auch hier ist der Zweck des Schulbesuchs also neben der Allgemeinbildung eine Hinführung zu den berufsvorbereitenden Schulen.

Dem Aufschwung der Mittelschule wird 1910 Rechnung getragen, indem man eine Differenzierung des Lehrplans vornimmt und vier weitere Pläne zugelassen werden. Diese beschäftigen sich v. a. mit der Berücksichtigung von Berufen in Handel, Verkehr und Gewerbe, mit der Berücksichtigung von Mädchenmittelschulen, von einem Übergang zu höheren Schulen (v.a. auch in ländlichen Gebieten: „die zweisprachigen Mittelschulen [...] haben in kleinen Orten die Funktion der Zubringerschule für die höheren Schulen der größeren Städte“ (LUNDGREEN, S. 106), sowie einem Übergang zu humanistischen Gymnasien. Eine Mittelschule kann sich nunmehr auch einer dreijährigen Volksschule („Volkschulunterstufe“) anschließen und innerhalb von 9 Jahren dann zur gleichwertigen Bildung führen (vgl. LUNDGREEN, S. 106).

Ziel dieser Reformen ist, „der Entwicklung auf den Gebieten des Handwerks, des Kunstgewerbes, des Handels und der Industrie Rechnung tragen und auf mittlere Stellungen im Verwaltungsdienst des Staates und der Gemeinden vorbereiten“(MASKUS 1979, S. 28; vgl. auch MASKUS 1966, S. 86ff/178ff).

Das Ende des ersten Weltkrieges, die Zeit der Weimarer Republik und die Weltwirtschaftskrise fordern auch Veränderungen im Mittelschulwesen. Die demokratische Gesellschaft fordert ein Einheitsschulsystem: „Die Zerklüftung des Volkes nach Ständen und Religionsbekenntnissen“ soll überwunden und so ein „einheitliches Volksbewusstsein“ erzeugt werden (vgl. MASKUS 1979, S. 28f). Auf der Reichsschulkonferenz 1920 und auf die Bestimmungen von 1920 und 1925 gründet sich nun ein Schulsystem, das mit der vierjährigen Grundschule beginnt. Die Mittelschule baut auf dieser auf. Die Schüler werden nunmehr mit 16 Jahren (und insgesamt 10 Schuljahren) entlassen. Das geforderte rigorose Einheitsschulsystem vom Kindergarten bis zur Hochschule konnte also nicht wie erwünscht durchgesetzt werden.

Die Bildung der Mittelschule richtet sich weiterhin grundsätzlich nach den Bestimmungen von 1910. Sie ist für alle Bevölkerungsschichten offen. Eine Differenzierung findet weiterhin in den Bereichen für Berufe in Handel und Verkehr (bei Jungen, sowie bei Mädchen), für Berufe im Gewerbe (bei den Jungen), für Berufe in einem hauswirtschaftlichen und sozialfürsorglichen Bereich (bei Mädchen) und für die Vorbereitung auf die höheren Schulen statt. Außerdem findet eine Differenzierung zwischen Jungen- und Mädchenklassen statt. Die Allgemeinbildung soll aber weiterhin Hauptaufgabe der Mittelschulen bleiben (vgl. MASKUS 1966, S. 100ff/180f)

Die Existenz der Mittelschule wird nun nicht mehr in Frage gestellt: Ihr „über 50-jähriges Bestehen“ hat „diese ihre Notwendigkeit bewiesen“ (MASKUS 1979, S. 30). „Die wirtschaftliche Struktur der Gesellschaft erfordert die Mittelschule zwischen Volks- und höherer Schule. Zwischen mechanisch-manuellen und den rein geistigen Berufen ist die breite Schicht der Berufe angesiedelt, bei deren Ausübung Kopf- und Handarbeit, geistige und mechanische, anordnende und ausführende Tätigkeiten vereint sind. Anstelle der gesellschaftlich-soziologischen ist eine politisch-ökonomische Begründung getreten“ (MASKUS 1979, S. 30). Trotz allem richten nicht alle deutschen Länder eine Mittelschule ein (Baden, Bremen, Hamburg, Hessen, Lippe, Lübeck und Sachsen nicht), da diese z.T. die Mittelschule immer noch als Standesschule sehen, Abzweigungen oder Aufbaustufen an den Volksschulen tragen den Bedürfnissen nach einer solchen Bildung in diesen Ländern z.T. Rechnung. 1927 führt Preußen die „mittlere Reife“ als „Abschlussberechtigung für Mittelschulen“ (LUNDGREEN, S. 106) ein.

Während des dritten Reiches fand (1939) „eine rigorose Vereinheitlichung und Nivellierung“ (MASKUS 1979, S. 31) statt. Die Schulen, Lehrpläne und Schulbücher wurden nach „parteipolitischen Gesichtspunkten korrigiert“. Das Schulwesen erhält den Auftrag „zu einer weltanschaulich-politischen Indoktrination im Sinne der damaligen Machthaber“ (MASKUS 1979, S. 31) zu werden. Schwerpunktfächer sind nun „Deutsch und Geschichte, biologische Lebenskunde einschließlich Rassenlehre und Leibeserziehung. Zunächst wird ein vierklassiger Aufbauzug an der Volksschule, anschließend an das 6. Schuljahr, als Einrichtung der Mittelschule anerkannt. 1942 wird schließlich die Mittelschule durch die Hauptschule, eine Pflichtausleseschule bis Klasse 8, ersetzt. Sie arbeitet nach dem um zwei Jahrgänge reduzierten Plan der Mittelschule.“ (MASKUS 1979, S. 31; vgl. auch MASKUS 1966, S. 120ff/181f)

Nach dem 2. Weltkrieg wird dann abermals die Mittelschule, „anknüpfend an die Tradition der Bestimmungen von 1925, neu eingerichtet“ (MASKUS 1979, S. 31). Wilhelm Flitner sieht die Mittelschule, neben der Volksschule und dem Gymnasium als erforderlich an, da diese für die industrielle Arbeitsorganisation eines mittleren Berufsfeldes wichtig ist. Heinrich Weinstock, der versucht den realen Humanismus in der modernen Arbeitswelt soziologisch und geisteswissenschaftlich zu begründen, sieht „den Menschen in der Abhängigkeit von der Maschine, die drei Menschen braucht: die Ausführenden, die Entwerfenden und die Vermittelnden. Diese Struktur der gegenwärtigen Arbeitswelt erfordert eine dreigegliederte Schule mit einer Mittelschule zwischen Volks- und höherer Schule“(MASKUS 1979, S. 32; vgl. auch MASKUS 1966, S. 144ff).

In den verschiedenen Bundesländern bilden sich nun unterschiedliche Formen der Mittelschule heraus. Zum Teil ist sie vierstufig angelegt, z.T. sechsstufig (je nachdem baut sie auf das sechste bzw. auf das vierte Volksschuljahr auf). Sie ist entweder eine eigenständige Schule oder als Mittelschulzug an einer Volkschule anzutreffen. Die KMK von 1953 legt dann die Stellung der Mittelschulen im Schulaufbau durch Beschluss fest. „Der einsprachige 6-jährige Typus wird normiert, in Anknüpfung an das preußische Vorbild von 1925 und mit explizitem Bezug sowohl auf die gehobenen praktischen Berufe wie auf die praktisch-theoretische Mischbegabung“ (LUNDGREEN, S. 106; vgl. auch MASKUS 1966, S. 141ff/182).

Der Rahmenplan des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen lässt 1959 nur noch „eine einzige Form des mittleren Schulwesens“ zu und nennt sie Realschule. „Sie soll auf der an die Grundschule anschließenden zweijährigen Förderstufe aufbauen, mit dem 7. Schuljahr beginnen und nach dem 10., später vielleicht nach dem 11. Schuljahr, zur Mittleren Reife führen“ (MASKUS 1979, S. 33; vgl. auch MASKUS 1966, S.157ff/182f). Josef Derbolav sieht als Aufgabe der Realschule das Erlangen der Fachschulreife, die „in wissenschaftsnahe Denkformen“ einführt und „auf das höhere Fachschulstudium“ vorbereitet. „Es gilt zu erwägen, eine Differenzierung der Realschule in einen technisch-naturwissenschaftlichen, einen geschichtlich-sozialkundlichen und einen lebenskundlich-sozialpflegerischen Zweig vorzunehmen“ (MASKUS 1979, S. 33). 1962 stellt die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Lehrerverbände einen Plan vor, der eine „eigenständige Form des mittleren Schulwesens“ vorsieht. „Man nennt sie Real-Oberschule. Ähnlich wie beim Rahmenplan soll sie an die zweijährige Mittelstufe, die auf die vierstufige Grundschule folgt, anknüpfen. Ihr Unterricht zielt auf eine Klärung praktischer und geistiger Sachverhalte und geht von der unmittelbaren Erfahrung im praktischen Umgang mit Dingen und Menschen aus. Sie erstrebt primär in den mathematischen und naturwissenschaftlichen Fächern ein vertieftes Eindringen in grundlegende Zusammenhänge und bietet eine obligatorische und eine fakultative Fremdsprache an“ (MASKUS 1979, S. 33f; vgl. MASKUS 1966, S. 163ff/183).

Schon in den 60er und 70er Jahren sah man Probleme auf die Realschule zukommen. Einen gleichwertigen Abschluss, der durch die Hauptschule (mit 10. Schuljahr) erreicht werden kann, könnte die Existenz der Realschulen erschüttern. Die Realschule müsste dann neue, erweiterte Möglichkeiten bieten z.B. „eine gymnasiale Schule mit eigenem Gepräge [...] Sie könnte in einen ingenieurwissenschaftlichen, musisch-gymnastischen, wirtschaftswissenschaftlichen und hauswirtschaftlichen Zweig differenziert werden und zu einem dem Gymnasium gleichwertigen, jedoch inhaltlich verschiedenen Abitur II führen“ (MASKUS 1979, S. 34). Andere Möglichkeiten wären eine Aufstockung auf elf Schuljahre mit der „Akademiereife als Schulabschluss“ oder eine „individualisierte offene Experimentalschule mit deutlicher Öffnung zu Technik, Wirtschaft und Politik.“

Das Hamburger Abkommen vom 28. 10. 1964 (ein Abkommen zur Vereinheitlichung des Schulwesens) sieht die Realschule „zwischen der auf der Grundschule aufbauenden Hauptschule und dem Gymnasium. Bei der Realschule ist die Normal- und Aufbauform zu unterscheiden. Die der Normalform ist sechs- oder vierklassig; die in Aufbauform schließt spätestens an die 7. Klasse der Hauptschule an. Generell endet die Realschule mit der 10. Klasse. Eine Fremdsprache ist obligatorisch, eine zweite kann als Wahlfach gelehrt werden.“(MASKUS 1979, S. 34f)

2. Der Aufbau der Realschule (v.a. in Rheinland-Pfalz)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Stundentafel der Realschule in Rheinland-Pfalz

(aus: VERBAND DEUTSCHER REALSCHULLEHRER 2003a)

Der Name „Realschule“ wird offiziell erst seit dem Hamburger Abkommen 1964 verwendet. Er geht wohl auf die „Realien“ des natürlichen und gesellschaftlichen Lebens zurück, d.h. auf die Fachgebiete Mathematik, Naturwissenschaften, Geschichte und Erdkunde (die gegenüber den kulturellen Traditionen Latein, Religion, Deutsch stehen).

Der historische Anspruch gründet sich auf die Ritterakademien, die die Realien in ihren Unterricht mit einbezogen, sowie auf die preußische

Bürger- und Mittelschule. Aber ein Bezug besteht auch zu Realgymnasien und Oberrealschulen (19. / Anfang 20. Jahrhundert). Dies waren Schulen, die sich anfangs von der fünften bis zur zehnten Klasse (dann auch von der 11. bis zur 13. Klasse) erstreckten und sich vorwiegend um die Realien und um die neuen Sprachen (Französisch, z.T. auch Englisch) kümmerten.

Das Fächerangebot der Realschule (vgl. Abb. 1) gliedert sich in einen sprachlichen Bereich mit den Fächern Deutsch, sowie einer obligatorischen und einer fakultativen Fremdsprache, einen gesellschaftswissenschaftlichen Bereich mit den Fächern Erdkunde, Geschichte, Sozialkunde, sowie dem Wahlpflichtfach Wirtschaft- und Sozialkunde (in anderen Ländern auch Wirtschaftslehre, Wirtschaft und Recht u.ä. benannt) bzw. Sozialpädagogik, einen mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich mit den Fächern Mathematik, Biologie, Physik, Chemie, sowie dem Wahlpflichtfach Mathematik-Naturwissenschaft, einen ästhetischen Bereich mit den Fächern Musik, Kunst/Werken/Textiles Gestalten und Sport, sowie dem Bereich der Fächer Kath./Evang. Religionslehre, Ethik oder Philosophie. Die Fachbereiche werden z.T. je nach Land, Schule und Profil noch ergänzt (v.a. durch den Wahlpflichtbereich z.B. mit Informatik/EDV, Technisches Zeichnen, Maschinenschreiben, usw.).

Die Realschule schließt an die Orientierungsstufe (teilweise Förderstufe genannt) an. Sie beginnt mit dem 7. Schuljahr und endet mit dem 10. Schuljahr. Es gibt sechsklassige (5. bis 10. Klasse) und vierklassige (7. bis 10. Klasse) Realschulen. Daneben ist eine „Aufbauform im Anschluss an die 7. Klasse der Hauptschule zulässig“ (MASKUS 1977, S. 48). Ab der 5. Klasse wird eine Pflichtfremdsprache gelernt (i.d.R. Englisch) daneben kann eine zweite Fremdsprache (i.d.R. Französisch) als Wahlfach bzw. als Wahlpflichtfach (ab der 7. Klasse) belegt werden. Weitere Wahlfächer (z.B. Textverarbeitung, Theater, Philosophie, u.ä.) können ebenfalls zusätzlich zum regulären Fächerangebot belegt werden (diese werden oftmals in Form von Arbeitsgemeinschaften nachmittags erteilt). Die Realschule in Rheinland-Pfalz ist „eine eigenständige sechsjährige Schulart“ (BÖHMER 1979a, S. 269). Die Orientierungsstufe ist oftmals in die Realschule eingegliedert: „Da die Orientierungsstufe keine eigene Schulart darstellt – sie ist in jedem Fall Hauptschule, Realschule oder Gymnasium zugeordnet -, bleibt in Rheinland-Pfalz der sechsstufige Bildungsgang der Realschule erhalten“ (BÖHMER 1979a, S. 272). Daneben sind Realschulen bei gemeinsamen Orientierungsstufen von Gesamtschulen, Integrierten Schulen, Mädchenschulen, u.ä. anzutreffen. Nach der Orientierungsstufe (also gegen Ende der 6. Klasse) ist „zu entscheiden, ob der Schüler gemäß seinen Leistungen und Fähigkeiten in der Realschule verbleiben bzw. von Hauptschule oder Gymnasium her in sie eintreten soll“ (BÖHMER 1979a, S. 272). Die Fluktuationen sind allerdings sehr gering. Nach den Zahlen von 1975 betragen diese wie folgt: 8 % der Realschüler verließen die Schule in Richtung Hauptschule, 5 % in Richtung Gymnasium. 2, 1 % der Hauptschüler und 9, 1% der Gymnasiasten wechselten dagegen auf die Realschule. Die heutigen Wechsel dürften allerdings weitaus geringer sein. Nach meinen eigenen Erfahrungen und im Gespräch mit Realschullehrern in den Praktika sind eine große Anzahl von Eltern und Schülern eher gewillt die Klassenstufe zu wiederholen (sowohl im Gymnasium, als auch im Realschulbereich) als die Schüler in die nächst „tiefere“ Schulart (also vom Gymnasium in die Realschule und von der Realschule in die Hauptschule) wechseln zu lassen. In der siebenten, sowie in der neunten Klasse nehmen die Schüler am Wahlpflichtangebot, also an der speziellen

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Abb. 2 Gegliedertes Schulwesen in Rheinland-Pfalz

(aus: VERBAND DEUTSCHER REALSCHULLEHRER 2003b)

Differenzierungsmöglichkeit der Realschule teil (siehe hierzu das eigenständige Kapitel).

Die Realschule schließt mit dem „Qualifizierten Sekundarabschluss I“ ab (Ehemals und im Volksmund immernoch gebräuchlich, „Mittlere Reife“, in NRW „Fachoberschulreife“). Nach dem erfolgreichen Besuch der Klasse 10 hat der Realschulabsolvent die Möglichkeiten in die Berufsausbildung (in das duale System von praktischer Lehre und Teilzeitberufsschulen) zu wechseln. Dies nehmen 66-75% der Schüler in Anspruch. Weitere Möglichkeiten (siehe hierzu: Abb. 2) sind der Wechsel in Berufliche Vollzeitschulen (ca. 20%) wie Höhere Berufsfachschulen (Wirtschaft, Technik, usw.), bzw. Fachoberschulen (Technik, Wirtschaft, Ernährung und Hauswirtschaft). Dieser Bildungsweg dauert zwei Jahre und wird mit der „Fachhochschulreife“ beendet. Die Möglichkeiten zur Erlangung der Allgemeinen Hochschulreife („Abitur“) sind: Der Wechsel in ein berufliches bzw. Fachgymnasium (Wirtschaftsgymnasium, Technisches Gymnasium). Hierzu ist in Rheinland-Pfalz ein Notendurchschnitt von 3,0 und besser notwendig. Auch ein Wechsel in ein allgemeinbildendes Gymnasium (ca. 6-10 %) ist möglich. Hierzu ist i.d.R. ein Notendurchschnitt von 2,5 und besser, sowie eine Empfehlung der Lehrerkonferenz notwendig). Außerdem ist der Wechsel in ein allgemeinbildendes Gymnasium meist nur möglich, wenn der Schüler eine zweite Fremdsprache (vier Jahre lang im Wahlpflichtbereich) erlernt hat. Das Angebot der Vollzeitschulen (Fachhochschulreife, Allgemeine Hochschulreife) kann auch an Abendschulen angenommen werden, was allerdings oft mit einer längeren Ausbildungsdauer verbunden ist (vgl. AG BILDUNGSBERICHT 1994, S. 462); (vgl.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3).

Abb. 3 Schüler/innen nach Schularten

(aus: STATISTISCHES BUNDESAMT DEUTSCHLAND 2002)

Länderspezifische Unterschiede beim Aufbau der Realschule sind u. a.:

- In Hamburg, Bayern und Berlin/Brandenburg zweigt die Realschule erst ab der 7. Klassenstufe von der Volks- bzw. Haupt- bzw. Grundschule ab.
- In sieben von 16 Bundesländern (Bayern, Baden-Württemberg, Saarland, usw. (siehe AG BILDUNGSBERICHT 1994, S. 464)) muss am Ende des 10. Schuljahres eine besondere Prüfung abgelegt werden. Diese erstreckt sich i.d.R. über die drei Hauptfächer Deutsch, Mathematik, erste Fremdsprache und das Wahlpflichtfach, sowie einem weiteren Fach.
- Einige Realschulen sind in einigen Ländern z. T. organisatorisch mit den „oberen Klassen der Hauptschule“ verbunden (vgl. AG BILDUNGSBERICHT 1994, S. 463). Dies führt oftmals zur „Abwertung“ der Realschule (dagegen aber auch zur Aufwertung der verbundenen Hauptschule).
- Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben „Mittel-, Sekundar-, bzw. Regelschulen“ errichtet. Dort kann „sowohl der Hauptschul- (nach der 9. Klasse) als auch der Realschulabschluss (nach der 10. Klasse) erworben werden. Die interne Differenzierung ist hierbei unterschiedlich geregelt (vom gemeinsamen Klassenverband bis hin zu Gruppen, die auf das jeweilige Abschlussziel bezogen sind) (vgl. AG BILDUNGSBERICHT 1994, S. 464).

3. Das Differenzierungsangebot an der Realschule

Während des 2. Halbjahres in der Klassenstufe 6 wählen die Schüler aus verschiedenen Wahlpflichtbereichen ihre Wahlpflichtfächer aus (vgl. hierzu: Abb. 4). Die Auswahl geschieht i.d.R. nach den Osterferien kann aber noch während des gesamten 6. Schuljahres abgeändert werden. Theoretisch hat der Schüler auch innerhalb der sieben ersten Wochen des neuen siebenten Schuljahres die Möglichkeit seine Wahlpflichtfächer zu wechseln. „Der Wahlpflichtbereich ist in die Phasen Vordifferenzierung (Klassen 7 und 8) und Profilbildung (Klassen 9 und 10) gegliedert. [...] Diese Vordifferenzierung besitzt für die Wahlpflichtfachentscheidung zu Ende der Klasse 8 insofern vorbereitende Funktion, als sie den Realschüler in eine solche Entscheidung einübt, d. h. ihm deren Konsequenzen bekannt macht und ihm das Einschätzen von Zielen, Inhalten und Arbeitsmethoden des Wahlpflichtfachunterrichts erleichtert“ (BÖHMER 1979a, S. 277f). Die Schüler (in Rheinland-Pfalz) können sich zwischen einer zweiten Fremdsprache (Französisch, selten auch Spanisch, Russisch oder eine andere moderne europäische Sprache) und zwei der folgenden Fächer entscheiden: Mathematik/Naturwissenschaft, Technisches Zeichnen, Familienhauswesen, Textverarbeitung, Bildende Kunst/Werken, sowie ein schuleigenes Wahlpflichtfach.

Während des 2. Halbjahres der 8. Klasse (gleiches Prozedere wie oben) entscheiden sich die Schüler dann abermals für einen Wahlpflichtbereich. Damit legt sich der Realschüler „auf einen bestimmten Lernschwerpunkt und damit auf ein bestimmtes Abschlussprofil der Sekundarstufe I fest“ (BÖHMER 1979a, S. 278). Wahlpflichtbereiche sind hierbei: die zweite Fremdsprache, Wirtschaft- und Sozialkunde, Mathematik-Naturwissenschaft und Sozialpädagogik. Zum Teil bieten verschiedene Realschulen bei entsprechender Nachfrage einen Intensivkurs Französisch (oder einer anderen zweiten Fremdsprache) an, wobei sich dieser unabhängig von der Wahlentscheidung der Vordifferenzierung bilden kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4 Wahlpflichtfächer in der Realschule Rheinland-Pfalz

(aus: VERBAND DEUTSCHER REALSCHULLEHRER 2003c)

Auch hier ist das Angebot von Schule zu Schule und von Land zu Land unterschiedlich. Wahlpflichtbereiche können neben der zweiten freiwilligen Fremdsprache und dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich im sozial- und wirtschaftskundlichen Bereich z.B. auch folgende sein: Wirtschaftsrechnen, Buchführung, Kurzschrift/Maschinenschreiben, Techniken für Wirtschaft und Verwaltung, aber auch Wirtschaft und Technik, Arbeit-Wirtschaft-Technik, Arbeitslehre, usw. Im sozialwissenschaftlichen/sozialpädagogischen Bereich können die Fächer Sozialarbeit, Hauswirtschaft, Textiles Gestalten, sowie eine stärkere Berücksichtigung der musischen und künstlerischen Fächer angeboten werden. Einige Schulen, bzw. Länder bieten einen neuen Wahlpflichtbereich oder ein anderes Wahlpflichtfach an (so bietet z. B. Sachsen „Angewandte Informatik“ als eigenen Bereich an). Bayern sieht i.d.R. keine zweite Fremdsprache im Wahlpflichtbereich als geboten an. Drei Wahlpflichtbereiche sind normalerweise vorgeschrieben. Das Angebot hängt aber vom Land, der Schule, den Fachlehrern und der Ausstattung der jeweiligen Schule ab. Je nach Wahl entscheiden sich die Schüler schon im voraus für ihren Berufs- oder Ausbildungsweg (die zweite Fremdsprache ist z. B. für einen Übertritt nach der 10. Klasse in ein allgemeinbildendes Gymnasium i.d.R. obligatorisch vorgesehen). Die Stellung des Wahlpflichtunterrichts im Bezug auf die anderen Fächer zeigt sich neben der (hohen) Stundenzahl auch in dem Ausgleichen von Noten zur Versetzung des Schülers: Die Note im Wahlpflichtbereich ist auf einer Stufe mit den Noten in den Hauptfächern (Deutsch, Englisch, Mathematik) anzusiedeln und kann diese „ausgleichen“.

Das Differenzierungsangebot leitet sich von den Aufgaben und Zielen der Realschule ab (vgl. auch weiter unten): Es bereitet auf den Beruf vor, ist „praktisch-technisch fundiert und insoweit durch eine starke Beziehung zum Beruf geprägt“ (RAHMENPLAN DES DEUTSCHEN AUSSCHUSSES, in: MASKUS 1966, S. 158).

Böhmer sieht zwei Kriterien für den Wahlpflichtunterricht gegeben: Die Neigung der Schüler sowie die „Berücksichtigung der späteren beruflichen Bedürfnisse der Realschüler“ (BÖHMER 1979b, S. 26). Außerdem sieht sie in der Wahlpflichtdifferenzierung eine „Individualisierung des Unterrichts“(BÖHMER 1979b, S. 27) gegeben. Daneben ermöglicht der Wahlpflichtunterricht „im Unterschied zum Pflichtunterricht ein anspruchsvolleres Lernen, da Wahlpflichtgruppen relativ homogen nach Neigung zusammengesetzt sind und die Leistungsbereitschaft der Schüler in einem selbstgewählten Fach höher liegt“ (BÖHMER 1979b, S. 27). Der Deutsche Bildungsrat stellt in seinem Bericht von 1975 fünf Funktionen der Wahlpflichtdifferenzierung vor: „Erhöhung des relativen Schulerfolgs, Erweiterung der Mobilität der Schüler durch teilweises Auflösen der Jahrgangsklassen, Hinführen der Schüler zu Wahlentscheidungen und zum Erproben von Eigenverantwortung, Vorbereitung auf die Arbeitsformen der Sekundarstufe II und die Ansprüche in der modernen Berufswelt, Bildung von Schwerpunkten bei gleichzeitiger Sicherung der Allgemeinbildung“ (BÖHMER 1979b, S. 28). Nach Wollenweber gelangt im Wahlpflichtbereich „insbesondere das realistische Bildungsanliegen und Selbstverständnis der Realschule zum Ausdruck. Die fachlichen Schwerpunktbereiche bestimmen das Profil, welches die Realschule innerhalb des gegliederten Schulwesens besitzt, ohne dass dabei die Offenheit gegenüber anderen Schulformen des Sekundarbereichs I gemindert wird. Die Wahlpflichtbereiche der Realschule orientieren sich zum einen an unterschiedlich ausgeprägten Eignungen und Neigungen der Schülerinnen und Schüler; zum anderen werden in den Inhalten der Neigungsschwerpunkte die Bezüge zu den von den Realschulabsolventen(innen) hauptsächlich angestrebten Berufsfeldern deutlich“ (WOLLENWEBER 1992, S. 15).

4. Aufgaben/Ziele der Realschule und ihre Stellung im Bildungswesen

Nach dem Beschluss der Kultusministerkonferenz von 1953 bereitet die Realschule „ihre Schüler auf Aufgaben des praktischen Lebens mit erhöhter fachlicher, wirtschaftlicher und sozialer Verantwortung vor und vermittelt die dafür notwendige allgemeine Billdung. [...] Sie soll hiernach eine geeignete Schulvorbildung für den Nachwuchs in den gehobenen praktischen Berufen von Landwirtschaft, Handel, Handwerk, Industrie und Verwaltung sowie in pflegerischen, sozialen, technisch-künstlerischen und hauswirtschaftlichen Frauenberufen geben. [...] Die Mittelschule ist bestimmt für gutbegabte Kinder, die mit praktischer Veranlagung eine größere Fähigkeit zum Erwerb theoretischer Erkenntnisse verbinden“ (KULTUSMINISTERKONFERENZ 1953).

Der Rahmenplan des deutschen Ausschusses sieht Aufgabe und Ziel der Realschule darin, dass „das Bildungsziel zwar dem praktischen Leben näher steht als das der Höheren Schule und in kürzerer Zeit erreicht wird, aber doch über das der ausgebauten Volkschule hinausgeht. Wirtschaft und Verwaltung verlangen auch heute nach einem solchen Typ der Bildung, die den praktischen Berufen mit erhöhter Verantwortung angemessen ist“ (RAHMENPLAN DES DEUTSCHEN AUSSCHUSSES, S. 158).

Die Methodik der (v.a. mathematik-naturwissenschaftlichen) Fächer geht „vom Interesse der Schüler an elementaren technischen Vorgängen“ aus, „ihr Umfang [wird] durch die praktische Verwendbarkeit bestimmt. [...] Die Realschule ist – wenn auch keineswegs ausschließlich – auf die verwertbaren Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten hingeordnet“(RAHMENPLAN DES DEUTSCHEN AUSSCHUSSES, in: MASKUS 1966, S. 158f).

Die Realschule vermittelt einen mittleren Bildungsabschluss (ehemals „Mittlere Reife“, mittlerweile „Qualifizierter Sekundarabschluss I“). Dieser „berechtigt zum Besuch der Ingenieurschulen, Höheren Fachschulen, Fachoberschulen [sowie Höheren Berufsfachschulen und den Beruflichen Gymnasien] und eröffnet den Zugang zum mittleren und gehobenen Beamtendienst. Der Übergang in die Aufbaustudien der Gymnasien erfolgt ohne Zeitverlust“ (MASKUS 1977, S. 48).

Durch die bessere finanzielle Situation gegenüber den Hauptschulen, genießt die Realschule „trotz Angleichungsmaßnahmen“ gegenüber der Hauptschule eine gewisse „Vormachtstellung“. Der Fachlehreranteil ist an den Realschulen höher als an den Hauptschulen (in NRW z.B. RS >80%, HS 67%); (vgl. AG BILDUNGSBERICHT 1994, S. 475, 444). Somit ist eine striktere Durchführung des Fachlehrerprinzips als an Hauptschulen gewährleistet, was auch eine zentrale Aufgabe der Realschule darstellt, da die entsprechenden Fachlehrer auch eine hohe Qualität des Unterrichts sichern sollen. Negativ wirkt sich dagegen der hohe Fachlehreranteil auf den Stundenausfall aus. In den Realschulen ist ein höherer Stundenausfall als in den Hauptschulen zu verzeichnen (vgl. AG BILDUNGSBERICHT 1994, S. 475, 444)

Klink sieht für die Realschule folgende Aufgaben vor:

- Das Verständnis der Realschule als einer Schule für Kinder, die dazu befähigt sind, über den Bildungsstand der Hauptschule hinausgeführt, ohne aber humanistisch gebildet zu werden,
- Die Vermittlung einer breiten, soliden Allgemeinbildung und der Kenntnisse und Fertigkeiten, die für gehobene Berufe erforderlich sind,
- Die Schaffung einer Bildungsstätte für aufstrebende, bildungswillige Schichten des Bürgertums und damit Verstärkung der Durchlässigkeit in einem ständisch geordneten Schulwesen,
- Die Orientierung am Anwendungsbezug, nicht an den Bedürfnissen eines wissenschaftsbestimmten Universitätsstudiums.“(KLINK 1983, S. 199).

Klink zählt zu den angestrebten Berufsgruppen der Realschule auch „erzieherische und soziale Berufe“ (KLINK 1983, S. 200). Er sieht die Bildungsziele der Realschule auch in den Stellungnahmen des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen und in der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Lehrerverbände wiedergegeben. Dort heißt es, dass das „Bildungsziel [der Realschule] zwar dem praktischen Leben näher steht als das der höheren Schule und in kürzerer Zeit erreicht wird, aber doch über das der ausgebauten Volksschule hinausgeht. Wirtschaft und Verwaltung verlangen auch heute noch einen solchen Typ der Bildung, der den praktischen Berufen mit erhöhter Verantwortung angemessen ist“ (DEUTSCHER AUSSCHUSS... 1966, in: KLINK 1983, S. 202). Außerdem wird hinzugefügt, dass „die Realschule ihrem Bildungsziel vornehmlich dem praktischen Leben zugewandt ist, ohne jedoch eine Schule des praktischen Nutzens zu sein“ (ARBEITSGEMEINSCHAFT... 1962, in: KLINK 1983, S. 203).

Die Schulbehörde der Freien Hansestadt Hamburg sieht in ihren „Richtlinien für die Erziehung und den Unterricht in den Klassen 7 bis 10 der Realschule“ die Realschüler als Schüler an, „die zu einer über die Ziele der Volksschule hinausgehenden erweiterten und vertieften Bildung befähigt sind“ (FREIE UND HANSESTADT HAMBURG 1965, S. 9). „Der Realschüler [...] zeigt aber ein größeres geistiges Leistungsvermögen und ein tiefer eindringendes Verständnis für praktisch-technische und für theoretische Zusammenhänge. Andererseits orientiert sich auch seine Betrachtungsweise weiterhin am Gegenständlichen und Konkreten. Die geistige Bildung führt von der Erfahrung, der Beobachtung und dem Tun zum Denken, das zunächst vorwiegend zweckgebunden und auf Anwendung gerichtet ist“ (FREIE UND HANSESTADT HAMBURG 1965, S. 9). Der Schüler soll weiterhin Leistungswille und eine Bereitschaft zum Lernen aufzeigen. Außerdem soll er die „Erfüllung von Pflichten“, Sachlichkeit, Selbständigkeit und eine „Bereitschaft, Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen“ erlernen. Der Realschüler soll mit der einsetzenden Pubertät dann „an Hand geeigneter Sachverhalte auch zur Abstraktion geführt werden: Analogien sehen, Gesetzmäßigkeiten begreifen, im Besonderen das Allgemeine erkennen“ (FREIE UND HANSESTADT HAMBURG 1965, S. 9).

Die Realschule soll „in bestimmtem Umfang die verschiedenen Interessen und Begabungen der Schüler“ berücksichtigen (FREIE UND HANSESTADT HAMBURG 1965, S. 10). Sie vermittelt drei Bildungsschwerpunkte:

- Die sittlich-soziale und die politische Bildung: Hier sammelt der Schüler Erfahrungen im Zusammenleben mit sich und seinen Mitmenschen im religiösen, sozialen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Bereich.
- Die Vorbereitung auf das praktische Leben („Der Schwerpunkt liegt im vielfältigen praktischen Tun“ (FREIE UND HANSESTADT HAMBURG 1965, S. 11) v. a. in den Fächern Sport, Werken, Textiles Gestalten, aber auch in Physik, Chemie, Biologie u. ä.).
- Die musisch-künstlerische Erziehung.

Der Unterricht soll sich auf konkrete Zusammenhänge beziehen und sich an der Lebenswirklichkeit der Schüler orientieren. Die genaue Beobachtung der Sachverhalte, Erscheinungen, Gegenstände, Verhältnisse usw. sind für den Schüler ein zentrales Anliegen und erfordern dessen Konzentration.

Für den Unterricht sind besonders folgende Unterrichtsformen geeignet: Praktisches Tun, Gruppenarbeit, selbständiges Erarbeiten, sowie das Unterrichtsgespräch. (vgl. FREIE UND HANSESTADT HAMBURG 1965, S. 12f). Der Realschüler soll auch während seiner schulischen und persönlichen Entwicklung in das Schulleben eingebunden werden und im schulischen, wie auch privaten Bereich Verantwortung übernehmen (z. B. in der Schülervertretung, Arbeitsgemeinschaften, Hilfsdiensten, usw.) (vgl. FREIE UND HANSESTADT HAMBURG 1965, S. 10ff).

Nach Wollenweber ist es der Realschule im Laufe ihrer Entwicklung gelungen, „realistisch-pragmatische und humanistisch-zweckfreie Bildung in ihrem Programm zu integrieren“ (WOLLENWEBER 2001, S. 118). Sie berücksichtigt sowohl die Naturwissenschaften, als auch das „Wissen, das in unserer Zeit den Sozialwissenschaften zugeordnet wird.“(WOLLENWEBER 2001, S. 118). „Die Realschule versteht sich seit ihrer Begründung gegenüber der Hauptschule und Gymnasium als eine didaktisch anders ausgerichtete Schulform. Ihr Konzept war und ist stark auf –von der Berufswelt bestimmte Horizonte abgestellt. Die Berufsbezogenheit durchzieht als ein Element das Bildungsverständnis der Realschule von den Anfängen bis zur Gegenwart“ (WOLLENWEBER 2001, S. 118). Der „ausgeprägte Bezug zur Wirklichkeit“ ist „ein entscheidendes didaktisches Prinzip“ im Unterricht der Realschule, „durch das zwischen Wissenschaften und Lebenswirklichkeit vermittelt wird, die Erarbeitung theoretischer Erkenntnisse in Anbindung an praktische Vollzüge und Anwendungsmöglichkeiten in privaten und beruflichen, in gesellschaftlichen und kulturellen Bereichen erfolgt und der Anwendungsbezug ein Kriterium für die Auswahl der Inhalte und Methoden ist“ (WOLLENWEBER 2001, S. 126). Ebenso soll im Unterricht „Theorie und Praxis miteinander verbunden werden und diese Verbindung im Wechsel von Sache und Wort, von Anschauung und Abstraktion, von Denken und Tun ihre unterrichtsmethodische Entsprechung“ finden (WOLLENWEBER 2001, S. 126). Das Lernen und der Unterricht soll u.a. mit der Arbeit an Modellen, exemplarischen Prinzipien, Betriebserkundigungen und Praktika durchgeführt werden.

Der „Bildungsplan für die Realschulen“ des Ministeriums für Kultus und Sport in Baden-Württemberg sieht neben der Vermittlung von Normen und Werten die Aufgaben und Ziele der Realschule darin begründet, „eine erweiterte allgemeine Bildung als Grundlage einer Berufsausbildung oder weiterführender schulischer Bildungsgänge in Form eines vertieften Grundwissens, praktischer Fertigkeiten sowie der Befähigung zur theoretischen Durchdringung lebensnaher Probleme“ zu vermitteln (AMTSBLATT... 1984, S. 11). „Die Realschule strebt an, ihre Schüler zu tieferen Einsichten und zur Zusammenschau von Sachverhalten zu führen. Dabei pflegt sie die Fähigkeit anschaulichen Denkens und leitet schrittweise zum abstrakten Denken hin. Neben dem Erwerb von Kenntnissen und Fertigkeiten steht gleichrangig die Bildung des Charakters, die Entfaltung gefühlsmäßiger und schöpferischer Kräfte und die Ausbildung sozialer, ethischer und religiöser Wertvorstellungen und Verhaltensweisen [im Vordergrund.] In einem eigenständigen Bildungsgang schafft die Realschule die Grundlage für praktische Berufe mit erhöhten theoretischen Anforderungen, in denen auch Aufgaben mit gehobenen Ansprüchen an Selbständigkeit, Verantwortung und Menschenführung gestellt werden, sowie für eine Vielfalt von schulischen Bildungsgängen, vorwiegend im beruflichen Schulwesen“ (AMTSBLATT... 1984, S. 11). „Gegenüber der Hauptschule bringt die Realschule in einzelnen Fächern zusätzliche Bildungsinhalte und führt stärker in ihre Systematik ein. Vom Gymnasium unterscheidet sich die Realschule durch einen kürzeren Bildungsgang, die Beschränkung auf eine Pflichtfremdsprache und durch eine Arbeitsweise, die sich nicht primär an der Systematik der Unterrichtsfächer, sondern an deren praktischem Lebensvollzug orientiert“ (AMTSBLATT... 1984, S. 12). „Der Unterricht geht in der Regel von der Lebens- und Erfahrungswelt der Schüler aus“ (AMTSBLATT... 1984, S. 12) Daneben soll er Arbeitstechniken und Lösungsverfahren einüben und zum Übertragen und Anwenden solcher Techniken und Verfahren befähigen. Hinzu soll Selbständigkeit, Kooperationsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein beim Schüler gefördert und gestärkt werden (vgl., AMTSBLATT... 1984, S. 12f).

Holstein sieht die „Wirklichkeitsnähe und integrierende, produktive Teilnahme an der Lebenswirklichkeit als leitende Prinzipien einer Bildungstheorie der Realschule“ (HOLSTEIN 1979, S. 17). Die Wirklichkeitsnähe orientiert sich am Schüler und findet ihren Niederschlag im Unterrichtsgeschehen und den Fächern selbst(auch hier v.a. die Wahlpflichtfächer, aber auch die anderen Unterrichtsfächer) (vgl. HOLSTEIN 1979, S. 15-22). Die Realschule hat ihre Legitimierung aus der Zuordnung zu ihr eigenen angeschlossenen Berufsfeldern. Daneben ist es die Schule, die die „Lebenswirklichkeit betont“ (HOLSTEIN 1979, S. 23) und eine breite allgemeine Bildung vermittelt (vgl. HOLSTEIN 1979, S. 23f).

Lenske sieht als zentrale Aufgabe der Realschule, die Hinführung zu den Berufen durch „berufsorientierten Unterricht [... und] Durchführung von Betriebspraktika/-erkundungen. [...] Die fachübergreifende Einbindung dieser Lernfelder [ist] für die Realschule charakteristisch. Hierdurch wird ein Höchstmaß an Realitäts- und Anwendungsbezug erreicht, ohne die allgemeine Grundbildung zu vernachlässigen“ (LENSKE 1989, S. 13). Der Auftrag der Realschule ist in den staatlichen Bildungsplänen definiert: „Die Realschule vermittelt eine erweiterte allgemeine Bildung als Grundlage einer Berufsausbildung oder weiterführender schulischer Bildungsgänge in Form eines vertieften Grundwissens, praktischer Fähigkeiten sowie der Befähigung zur theoretischen Durchdringung lebensnaher Probleme. Die Realschule strebt an, ihre Schüler zu tieferen Einsichten und zur Zusammenschau von Sachverhalten zu führen.[...] In einem eigenständigen Bildungsgang schafft die Realschule die Grundlage für praktische Berufe mit erhöhten theoretischen Anforderungen, in denen auch Aufgaben mit gehobenen Ansprüchen an Selbständigkeit, Verantwortung und Menschenführung gestellt werden, sowie für eine Vielfalt von schulischen Bildungsgängen, vorwiegend im beruflichen Schulwesen“ (LENSKE 1989, S. 12).

5. Soziale Struktur der Realschule

Die Soziale Struktur der Realschule kommt ihrer „Zusammensetzung der Gesamtbevölkerung und ihrer sozialen Gliederung vergleichsweise noch immer am nächsten“ (AG BILDUNGSBERICHT 1994, S. 471). Die Expansion der Realschule, ist aber auch dadurch zu erklären, dass „die Aufstiegsorientierung bestimmter Unterschichtgruppen und der Wunsch nach Erhaltung des sozialen Status bei Gruppen der unteren Mittelschicht“ (AG BILDUNGSBERICHT 1994, S. 471) die drängenden Kräfte hierfür bilden. Die Realschule bildet also in gewisser Weise für einen mittleren sozialen Status aus, der sich auch in den Berufsgruppen, in die die Abgänger überwechseln, zeigt. In der Realschule sind Jungen wie Mädchen nahezu gleich vertreten, auch dies spiegelt die Situation der gesamten Gesellschaft wieder. In einer Statistik von 1977 wird die soziale Herkunft der Realschüler im folgenden beziffert mit: 29,6 % Arbeiter, 33,3 % Angestellte, 12,3 % Beamte, 10,3 % Landwirte, 14,5 % Selbständige (vgl. EBEL 1979, S. 153).

6. Probleme der Realschule

Auch vor der Realschule macht die Tendenz zur Theoretisierung und Abwendung vom Praxisbezug nicht halt. Wenngleich auch durch die Wahlpflichtbereiche eine Differenzierung und somit auch eine größere Nähe zu Beruf und Praxis gegeben ist, treten im eigentlichen Unterrichtsgeschehen die Merkmale des Praxisbezugs z.T. zu vermindert auf. Da die Lehrer sich dem Lehrplan „unterordnen“ müssen, haben sie oft nicht die Zeit, Erkenntnisse an Exempeln, Modellen oder Betriebserkundigungen aufzuzeigen (Ausnahmen bilden hier allerdings oftmals wie schon beschrieben der Wahlpflichtunterricht und andere Wahlfächer bzw. Arbeitsgemeinschaften, sowie die Methode des Handlungsorientierten Unterrichts).

Weitere Probleme sind die länderspezifischen Unterschiede im Aufbau und der Funktion der Realschule: Dies tritt bei einer unterschiedlichen Gewichtung zwischen Theorie und Praxis zu Tage (Bayern hat z. B. eine deutliche praktische Orientierung. Die zweite Fremdsprache hat dagegen dort nur einen geringen Stellenwert).

Andere ausgewählte länderspezifische Unterschiede sind folgende: In Hamburg, Bayern und Berlin/Brandenburg zweigt die Realschule erst ab der siebenten Klassenstufe von der Volks- bzw. Haupt- bzw. Grundschule ab.

In einigen anderen Ländern sind die Realschulen z. T. organisatorisch mit den „oberen Klassen der Hauptschule“ verbunden (vgl. AG BILDUNGSBERICHT 1994, S. 463). Was hier zwar zu einer „Aufwertung“ der Hauptschule führt, führt dann oft im Gegenzug zu einer „Abwertung“ der Realschule. Die Länder der ehemaligen DDR Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben „Mittel-, Sekundar-, bzw. Regelschulen“ errichtet. Dort kann sowohl der Hauptschul- (nach der 9. Klasse) als auch der Realschulabschluss (nach der 10. Klasse) erworben werden. Die interne Differenzierung ist hierbei unterschiedlich geregelt (vgl. Der Aufbau der Realschule). Dies soll Realschule, wie auch Hauptschule etablieren und die Schüler, wie Eltern davor bewahren, in den Glauben zu verfallen, dass das dreigliedrige Schulsystem (drei) unterschiedliche soziale Schichten (Ober-, Mittel- und Unterschicht) hervorbringt, was zu einer Überflutung des Gymnasiums führen könnte und die beiden anderen Schularten in ihrer Existenz und Relevanz erheblich verringern würde. Ein Problem, das durch das Einheitsschulsystem in der ehemaligen DDR entstanden ist: „Der sehr unterschiedliche Besuch der Realschule in den neuen Bundesländern erklärt sich schließlich aus der völligen Beseitigung institutioneller Anknüpfungen im Einheitsschulsystem der DDR. Es scheint, als könne nur das Gymnasium durch die Mobilisierung von Aufstiegshoffnungen positiv an diese Vergangenheit anknüpfen und auf Anhieb einen relativ gleichmäßigen Schüleranteil gewinnen, während die übrigen Schulformen erhebliche Akzeptanzprobleme bei der Bevölkerung haben, soweit sie den Geruch der sozialen Deklassierung tragen“ (AG BILDUNGSBERICHT 1994, S. 467).

Daneben sind auch im Abschluss Unterschiede zu erkennen. Wie oben schon beschrieben müssen in sieben von 16 Bundesländern (Bayern, Baden-Württemberg, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen, siehe AG BILDUNGSBERICHT 1994, S. 464) am Ende des 10. Schuljahres besondere Prüfungen abgelegt werden.

Eines der zentralsten Probleme allerdings dürfte damit zusammenhängen, dass der Realschulabschluss den Hauptschulabschluss aus seiner Vorrangstellung der Entlassung in die betriebliche Ausbildung verdrängt hat und den „Volksschulabschluss als der sozial anerkannte Maßstab allgemeiner grundlegender Schulbildung“ ablöste (vgl. AG BILDUNGSBERICHT 1994, S. 480).

Der Drang der Schüler Schulen zu besuchen, die einen höheren Bildungsabschluss vermitteln und so die rasante Bewegung eines Schülers mit dem Leistungsniveau eines Hauptschülers in die Realschule und eines Realschülers ins Gymnasium zeigen das Problem der Bildungsvermittlung auf, die sich dann auf einer anderen Abstraktions- und Unterrichtsebene sich niederschlagen muss.

7. Perspektiven/Zukunft der Realschule

Die Perspektiven und die Zukunft der Realschule hängen eng mit ihren Problemen zusammen und bedingen sich gegenseitig.

Obwohl die Realschule sich erst in der Bundesrepublik etablieren musste, hat sie nunmehr einen festen Platz im deutschen Bildungssystem. Dieses verdankt sie u.a. auch der großen Attraktivität des Abschlusses. Durch den Eintritt der Realschulabsolventen in mittlere Bildungswege der öffentlichen und privaten Wirtschaft haben diese auch gute Möglichkeiten zum Eintritt in den heute wichtigen Dienstleistungssektor. Auch eine Weiterentwicklung der Realschule, die die neuen Medien und Kommunikationsformen (Internet, Computer, usw.) stärker nutzt und im Unterricht verstärkt mit einbezieht (Möglichkeiten z. B. im Wahlpflichtunterricht, allerdings wird es wohl auf lange Zeit auch unabdingbar sein ein Pflichtfach mit dem Schwerpunkt Umgang mit Computer, Internet, u.ä. anzubieten), könnte die Realschule an Profilbildung ihren Platz im Bildungssystem und in der Hinführung zu den verschiedenen Wirtschafts-, Industrie-, Kommunikations- und Dienstleistungssektoren weiter stärken.

Schon früh setzten sich Unternehmerverbände unabhängig von den politischen Stellungsnahmen für die Realschule ein, so fördern die erhöhten beruflichen Ausbildungsanforderungen im gewerblichen Bereich den Realschulabschluss. So stellt sich der Realschulabschluss „als wichtige Voraussetzung für spätere Weiterbildungsmöglichkeiten in der Berufspraxis“ (AG BILDUNGSBERICHT 1994, S. 473). Die Möglichkeit durch den Realschulabschluss die Fachhochschulreife bzw. allgemeine Hochschulreife zu erlangen bietet den Schülern zugleich den Vorteil, einerseits bei späteren Ausbildungstests und Vorstellungen (die die Hochschulreife verlangen), aber auch im Studium aufzuzeigen, dass sie bestrebt sind, Aufstiegsmöglichkeiten zu nutzen und gute Leistung im Hinblick auf ihr Ziel zu erbringen. Daneben genießen sie durch den Differenzierungsunterricht eine größere Nähe zur Praxis. Praktische Zusammenhänge sind durch diese Voraussetzungen so leichter erfahrbar und erlernbar.

Allerdings sprechen „im Zusammenhang mit der Expansion ihrer Schule [...] einige Realschullehrer bereits von einer allgemeinen Niveausenkung ihrer Schule“ (AG BILDUNGSBERICHT 1994, S. 479). „Die Realschule hat dabei zweifellos ihre alte Klientel verloren und muss gewissermaßen den Teil, den sie an das expansive Gymnasium „abgibt“ auf Kosten der schrumpfenden Hauptschule rekrutieren.“ (AG BILDUNGSBERICHT 1994, S. 480).

Da der Realschulabschluss mittlerweile zur schulischen Grundqualifikation geworden ist, wäre es unerlässlich eine verstärkte Entwicklung zu kooperativen Schulzentren bzw. integrierten Gesamtschulen herzustellen, bzw. mehrere Schularten (Haupt-, Realschule, Gymnasium) in einer Orientierungsstufe zusammenzufassen. Der Übergang zu einer anderen Schulart könnte somit eventuell erleichtert werden.

Fazit

Die Realschule ist im deutschen Bildungssystem (zumindest in Westdeutschland) nicht mehr wegzudenken. Sie hat sich in der Bundesrepublik fest etabliert und ist die zentrale Schule, die auf ein späteres Berufsleben (v.a. in mittleren Berufspositionen) vorbereitet. In den fünf neuen Bundesländern muss sich die dortige Realschule (wie die Hauptschule) erst noch profilieren. Durch das ehemalige Einheitsschulsystem der Ex-DDR und dem dortigen Bewusstsein der Bevölkerung, nur hohe Bildungsabschlüsse erreichen zu wollen, muss sich die Realschule gerade durch ihr Differenzierungsangebot und ihre Nähe zur beruflichen Praxis hervorheben.

Das Differenzierungsangebot der Realschule findet seine Befürworter sowohl auf Schülerseite als auch auf Seiten der Wirtschaft und führt so die Schüler frühzeitig zum Berufsleben hin, was eine zentrale Aufgabe der Realschule darstellt und in einer breiten Bevölkerungsschicht Anklang findet. Die Realschule ist nicht mehr eine Schule des mittleren Standes, vielmehr ist sie eine Schule die ihre Nähe zur Praxis und zum Beruf aufzeigt.

Der Aufbau der Realschule ist klar strukturiert, aber auch durchlässig zu anderen Schularten.

Trotz allem hat die Realschule immense Probleme zu bewältigen, die allerdings nicht so offenkundig auftreten und in der Öffentlichkeit angesprochen werden wie die Probleme der Hauptschulen und Gymnasien. Zentrales Problem ist, dass der Realschulabschluss den Hauptschulabschluss als Grundqualifikation abgelöst hat und somit viele Hauptschüler in die Realschule drängen. Inzwischen fordern deshalb viele typische Berufsfelder der Realschule das Abitur als Zugangsvoraussetzung zur betrieblichen Ausbildung (v.a. im Bankbereich, Versicherungsbereich). Ebenso fordern dort viele Betriebe den Realschulabschluss, wo in früherer Zeit der Hauptschulabschluss ausgereicht hätte. Die allgemeine Tendenz eine höhere Bildung zu erlangen, fordert ein Umdenken im gesamten Bildungssystem, damit die Realschule sich wieder auf die Aufgabe auf spätere Berufe vorzubereiten konzentrieren kann.

Die Aufgaben, die Ziele, das Unterrichtsgeschehen und die Struktur der Realschule sind unerlässlich und gerade dieses fordert und fördert auch die (eigenständige) Realschule mit ihrem eigenen Profil.

Literaturverzeichnis

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Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Die Realschule
Hochschule
Universität Koblenz-Landau
Veranstaltung
Schulische Institutionen seit 1945 (BRD)
Note
2 +
Autor
Jahr
2003
Seiten
34
Katalognummer
V108093
ISBN (eBook)
9783640062973
Dateigröße
687 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Realschule, Schulische, Institutionen
Arbeit zitieren
Patrick Christmann (Autor:in), 2003, Die Realschule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108093

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Titel: Die Realschule



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