Gryphius, Andreas - Ebenbild unseres Lebens Auf das gewöhnliche Königs-Spiel


Referat / Aufsatz (Schule), 2003

4 Seiten, Note: 13 Punkte


Leseprobe


Leistungskurs Deutsch 12.2 1.Klausur

Thema: Literaturgeschichtliche Epochen bis 1700

Analyse eines Gedichtes:

Andreas Gryphius – Ebenbild unseres Lebens Auf das gewöhnliche Königsspiel

Aufgabe: Analysieren Sie das Gedicht unter besonderer Berücksichtigung der literaturgeschichtlichen Epoche, in der es entstanden ist.

Andreas Gryphius beschreibt in dem Sonett mit dem Titel "Ebenbild unseres Lebens Auf das gewöhnliche Königs-Spiel", das 1637 veröffentlicht wurde, das ungerechte Leben in einer ständischen Welt und den Vanitas-Gedanken. Er verfasste das Gedicht während des 30jährigen Krieges, der begann, als Andreas Gryphius zwei Jahre alt war, und in der Literaturepoche des Barock. Durch ihre Erfahrungen im Krieg sehnten sich die Menschen in dieser Epoche nach einem besseren Leben nach dem Tod. In dieser Zeit verfasste Werke sind daher geprägt durch die Vorstellung, das Leben sei eine kurze und unwichtige Phase vor dem eigentlichen Leben, der Erlösung. Dieser Gedanke, der auch in diesem Sonett eingebracht ist, wird als Vanitas bezeichnet.

Die äußere Form des Gedichtes, sowie der Inhalt unterstreichen, dass es sich um ein Sonett handelt. Daher ist es aufgeteilt in zwei Quartette, die das Leben auf der Erde und den Krieg beschreiben, und zwei Terzette, die die Ansichten des Sprechers über Tod und Erlösung enthalten.

Bei dem Reim handelt es sich zunächst um einen umschließenden Reim nach dem Schema abba, der in beiden Quartetten gleich ist, und schließlich um das wiederum beide Strophen miteinander verbindende Reimschema ccd eed. Das Metrum ist ein durchgängiger sechshebiger Jambus.

Insgesamt bilden Rhythmus, äußere Form und Reim ein sehr gleichmäßiges und beständiges Muster, das mit der Monotonie des Wartens auf Erlösung harmoniert, jedoch in leichtem Kontrast zu der Unruhe im Land steht.

Im Titel wird mithilfe von Emblematik angedeutet, dass ein Vergleich des Lebens mit dem Schachspiel gezogen wird. Dazu wurde als Bezeichnung für Schach das Bild des "gewöhnliche(n) Königs-Spiel(s)" (Titel) benutzt. Da im Barock häufig diese Bilder genutzt wurden, war ihre Bedeutung weitläufig bekannt. Sie wurden zur Emblematik, die für das Barock als typisch gilt.

Zusätzlich verbirgt sich in diesem Ausdruck ein Scheinwiderspruch, beziehungsweise ein Oxymoron zwischen dem Wort "gewöhnliche" und dem "Königs-Spiel". Schließlich ist der König das mächtige und starke Staatsoberhaupt, das über das gemeine Volk bestimmte. Durch diesen Widerspruch wird die Unterteilung der Menschen in Stände, die ungerecht ist und sich schnell ändern kann, angesprochen.

Der erste Vers beinhaltet eine Inversion, da das Objekt, das "Spiel der Zeit", vorangestellt ist. Durch diese Umstellung das Satzes wird der Vanitas-Gedanke betont. Dieser wiederum wird ausgedrückt, durch das Bild "Spiel der Zeit" (Z. 1), das das Leben als Zeitvertreib darstellt. Solange sich der Mensch auf der Erde bewegt, spielt er mit, beziehungsweise ist er der Zeit und der Gesellschaft ausgeliefert. Dieses Bild eines Spiels wird durch eine weitere Metapher in Vers zwei verstärkt. Schließlich wird das Leben als "Schauplatz dieser Welt" bezeichnet, was sehr an eine Theatervorstellung erinnert. Ein Weiteres, das zu diesem Vers zu bemerken ist, ist ein "leichtes" Paradoxon, das durch die Formulierung "er sitzt, und doch nicht feste" entsteht.

Der Sprecher dieses Sonetts zeigt, dass nichts sicher und nichts von Dauer ist in dem Zustand, in dem sich die Menschen befinden. Sehr schnell kann der Schein trügen und können sich Dinge ändern, Menschen täuschen. Diese Erkenntnis wird nun in den Versen drei und vier bezogen auf Unterschiede zwischen den Ständen, zwischen Adel und Proletariat. Drei Parallelismen, die bezogen werden auf je einen reichen und einen armen Erdenbürger, verdeutlichen die Differenzen zwischen Lebensbedingungen und Zielen. Das stilistische Mittel des Parallelismus wird also vom Dichter verwendet, um drei konkrete Gegenüberstellungen und einen Kontrast zu erzeugen. Den Lesern wird direkt vor Augen geführt, wie unfair die unterschiedliche Entwicklung und eine ständische Ordnung sind. Während Adlige nur regieren, mächtig sind und in Schlössern leben, müssen ärmere Menschen arbeiten, um ein schlechtes und altes, beschädigtes Haus bewohnen zu können. Besonders die Worte "Der steigt und jener fällt" (Z. 3) zeigen an, dass Könige und Fürsten auf Kosten armer Menschen leben und diese zugrunde richten.

In der zweiten Strophe wird der Krieg, sowie wiederum Ungerechtigkeiten des Lebens, beschrieben. Die erste Zeile zeigt zunächst die Vergangenheit des Landes auf, sodass das Verb im Präteritum steht. Dennoch werden keine Opfer oder Objekte eingebaut. Die Zerstörung durch den 30jährigen Krieg wird ausschließlich durch die wechselnden Zeitformen aus der Vergangenheit durch die Gegenwart in die Zukunft und zwei Metaphern ausgedrückt. Auf diese Weise beschreibt Andreas Gryphius, dass alles, was einmal war und die Menschen erfreut hat, zerstört und vernichtet wurde. Und auch die Dinge, die "heute" noch existieren und dem Menschen Freude bringen, werden voraussichtlich in naher Zukunft untergehen. Wieder wird ein Parallelismus verwendet, um die drei Schritte des Untergangs zu verdeutlichen. Die Metapher "grüne Äste" stammt aus dem Naturbereich und unterstreicht dies. Durch eine Antithese, in der sich Adverbien der Zeit ("vorhin", Z. 6; "nunmehr", Z. 7), sowie die Adjektive gegenüberstehen, wird das Bild eines Kontrasts zwischen Leben und Tod aufgebaut. Das Adjektiv "grün" (Z. 6), das die Frische und Natürlichkeit betont, kontrastiert zu den Wörtern "dürr und tot" (Z. 7), die die Zerstörung verdeutlichen. Ebenso unterstreicht ein Einschnitt nach dem Motiv des Lebens, eine Zäsur, diese Gegenüberstellung.

Weiterhin ist zu sagen, dass in den letzten zwei Versen der Strophe die Problematik einer ständischen Ordnung wieder angesprochen wird. Zur Veranschaulichung benutzt der Dichter die Emblematik, er wählt ein Bild, das den Lesern offenbahrt, worauf der Dichter anspielt. So baut Andreas Gryphius auf der Synekdoche "ein scharfes Schwert an zarter Seide schwebt" auf, um die Geschichte des Damokles mit in das Sonett hineinzubeziehen. Anhand dieser Geschichte, die besagt, dass neidische Diener niemals ohne Weiteres am Festmahl des Königs teilnehmen dürfen, greift Gryphius das Motiv einer ungerechten Ordnung wieder auf. Zudem ist dieses "Emblem" sehr raffiniert gewählt, da es durch einen widersprüchlichen Parallelismus den Konflikt verdeutlicht.

Diese zwei Strophen, die durch Häufungen, Antithesen und insistierende Nennungen die Probleme des Lebens aufzeigen, stehen in inhaltlichem Kontrast zu den zwei folgenden Terzetten. Das erste greift diese beschriebene Problematik auf und gibt Hoffnung für eine veränderte, verbesserte Situation nach dem Tod. Daher wird direkt im ersten Vers der dritten Strophe bemerkt, dass eigentlich alle Menschen gleich sind, jedoch nicht gleichbedeutend.

Im zweiten Vers wird dies durch Metaphern und eine Antithese unterstrichen. Der Adel auf der einen Seite, der durch die Allegorie, oder das Symbol des "Purpurkleid(es)"

(Z. 10) angesprochen wird, steht in Kontrast zum "Armen", der "im Sande" (Z. 10), lebt und arbeitet.

Dennoch wird im letzten Vers dieser Strophe betont, dass nach dem Tod alle gleich sind. Mit diesem Hoffnungsschimmer, der die Sehnsucht nach Erlösung und somit den Vanitas-Gedanken ausdrückt, unterscheiden sich auch die Terzette von den Quartetten. Nachdem die schlechten Dinge des Lebens beschrieben wurden, wird nun die Aussage erweitert. Der Vers beginnt mit dem Ausdruck "Bis" (Z. 11), der zeigt, dass der Mensch im Leben nur auf den Tod wartet. Außerdem wird das Sterben mit einem "Wegnehmen des Schmuckes" gleichgesetzt, welches zeigt, dass die Menschen sich nur durch den Schmuck, durch die hohe Stellung, die willkürlich verteilt wurde, voneinander unterscheiden. Zuletzt die vierte Strophe schließt den Kreis zum Titel, indem das Schachspiel wieder angesprochen wird. So teilt der Sprecher durch einen Appell mit, dass jeder Mensch dieses Spiel, das Leben, überstehen muss, ehe er vom "Pankett des Lebens scheidet" (Z. 13), also stirbt. Durch diese Periphrase, die das Leben der Könige als Fest bezeichnet, und somit den Adel als Adressaten der letzten Strophe preisgibt, gibt den Versen 12-14 einen neuen Sinn. Denn der Appell des Sprechers, jeder Mensch solle mitspielen, bezieht sich vor allem auf den Adel, der erkennen muss, dass mit dem Tod das prächtige, höher stehende Leben vorbei ist. Die schönen Gewänder, der Schmuck, die Macht und all diese Dinge, die ein König auf Erden besitzt, verliert er mit dem Tod, wenn er mit allen anderen Menschen gleichgestellt wird. "Kron, Weisheit, Stärk und gut" (Z. 14) sind nur eine Leihgabe des Lebens, über die sie nach dem Tod nicht mehr verfügen können. Eine Akkumulation der Dinge, die einem König zustehen, sowie eine letzte Metapher ("geborgter Pracht", Z. 14) veranschaulichen diese Grundaussage. Somit ist die Aufforderung in Vers 12 nahezu ironisch zu verstehen, da der Sprecher sagt, die Könige sollten ihr Spiel ruhig spielen, da die Armen die Zeit bis zur Erlösung auch noch überstehen werden.

Neben dem für die Literaturepoche des Barock typischen Vanitas-Gedanken, der in diesem Gedicht ausgiebig dargestellt wird, und der besagt, dass das Leben ein bloßer Übergang bis zur Erlösung sei, drückt Andreas Gryphius in diesem Gedicht also auch etwas anderes aus. So beschreibt er, dass nicht nur die schlimmen Lebensumstände durch den langen Krieg , sondern auch durch die Unterdrückung seitens höherer Stände entstehen, und dass auch diese Unterdrückung nach dem Tod endlich überwunden sein wird. Auf diese Weise bringt er den Vanitas-Gedanken in sofern auf eine neue Ebene, da er sagt, dass die große Hoffnung auch durch Hoffnung auf Gleichberechtigung getragen wird und dass alle Menschen durch die Erlösung gleichgestellt sein werden.

Dennoch handelt es sich um ein Sonett, das sehr typisch für den Barock ist , da es den Vanitas-Gedanken und den Krieg durch stilistische Mittel wie Emblematik, Häufung, veränderte Satzordnung und Antithetik ausdrückt.

Kommentar: Sie gehen richtig an die Aufgabenstellung heran und kommen vor allem im interpretatorischen Bereich zu sehr guten Aussagen!

Es besteht allerdings die Gefahr, dass Ihre Interpretationen sehr breit und ausführlich geraten und die Analyse sogar vergessen wird.

Etwas störend wirkt an manchen Stellen Ihr nicht ganz richtiges, methodisches Vorgehen, wenn Sie zuerst sehr breit interpretieren und dann die Analyse nachschieben. Das müsste eigentlich umgekehrt erfolgen: Kurz den Inhalt – genaue Untersuchung des Wortmaterials – breite Interpretation.

Note: 13 Punkte

Ende der Leseprobe aus 4 Seiten

Details

Titel
Gryphius, Andreas - Ebenbild unseres Lebens Auf das gewöhnliche Königs-Spiel
Note
13 Punkte
Autor
Jahr
2003
Seiten
4
Katalognummer
V108013
ISBN (eBook)
9783640062171
Dateigröße
348 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Klausur ohne Sekundärliteratur.
Schlagworte
Gryphius, Andreas, Ebenbild, Lebens, Königs-Spiel
Arbeit zitieren
Dorothea Baston (Autor:in), 2003, Gryphius, Andreas - Ebenbild unseres Lebens Auf das gewöhnliche Königs-Spiel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108013

Kommentare

  • Gast am 15.3.2007

    Hilfreiche Beispielinterpretation.

    Ich finde diese Arbeit sehr hilfreich als Besispielinterpretation für ein barockes Gedicht. Den Kommentar finde ich berechtigt, aber ich finde es gut, wie ausführlich die sprachlichen Mittel dargestellt und mit den inhaltlichen Aussagen verknüpft werden, außerdem finde ich das meiste sehr nachvollziehbar.

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Titel: Gryphius, Andreas - Ebenbild unseres Lebens Auf das gewöhnliche Königs-Spiel



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