José Donoso als Boom-Autor: Avantgardistische Erzählverfahren in El obsceno pájaro de la noche


Hausarbeit (Hauptseminar), 2000

25 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. José Donoso, Romancier der Zersetzung
1.2. Generación del '50, nueva novela oder boom?

2. Avantgardistische Erzählverfahren in El obsceno pájaro de la noche
2.1. Polyphonie
2.3. Raum
2.4. Die mythische Dimension
2.4.1. Die Legende von der niña bruja
2.4.2. Das Imbunche-Motiv

3. Schlussbetrachtung

4. Bibliographie

El obsceno pájaro de la noche es una obra mayor. Lo fue desde el momento en que José Donoso, escritor dotado de una capacidad fabuladora notable, se propuso encerrar en una novela los monstruos que surgen cuando nos abandona la razón, que son parte de nosotros mismos; pero que casi nunca cruzan al galope, como a lo largo de esta novela, en desbandada. Es por ello que también debemos decir que El obsceno pájaro de la noche es uno de los libros más desagradables, más inquietantes que he leído.[1]

1. Einleitung

1.1. José Donoso, Romancier der Zersetzung

Die Fachliteratur ist sich einig, dass der 1970 erschienene Roman El obsceno pájaro de la noche[2] einen Höhepunkt und Abschluss in Donosos bis dahin erschienenem Romanwerk darstellt und der Autor mit diesem Werk seinen wichtigsten Beitrag zur lateinamerikanischen boom- Literatur geliefert hat.

Bereits in seinen beiden ersten Romanen, Coronación[3] (1957) und Este Domingo[4] (1966), spielt das Motiv des Niedergangs und der Zersetzung[5] von bestehenden sozialen Strukturen eine zentrale Rolle.

Diese beiden ersten Romane lassen sich noch ohne größere Schwierigkeiten dem Rahmen des traditionellen Romans zuordnen: es liegt eine in sich geschlossene, stringente Handlung vor; die Stimme des Erzählers hebt sich klar von den anderen Stimmen des Romans ab; die Figuren verfügen über eine Identität, deren Einheitlichkeit und Unteilbarkeit nicht angezweifelt wird; die Handlung erscheint dem Leser als nachvollziehbar, als sozial und psychologisch motiviert und deshalb als wahrscheinlich; Bedeutung und Bezeichnung stehen in einem Verhältnis von enger gegenseitiger Entsprechung.

Dieses Erzählverfahren wird in Donosos drittem Roman, El lugar sin límites[6] (1967), zwar weitgehend eingehalten, erlebt aber einen ersten Bruch. Neben die rein materielle Abbildung einer Handlung tritt hier die mythische Dimension von Menschen und Dingen; die Semantik des Textes sprengt die Grenzen des Wahrscheinlichen. Daneben wird auch das Motiv der Zersetzung auf neue Art und Weise verarbeitet. Ging es bei Coronación und Este domingo noch um die Darstellung des allmählichen Niedergangs einer ‚realen’ Welt, die von ‚realen’ Personen bevölkert war, so wird in El lugar sin límites die Identität selbst von Handlungen, Dingen und Personen in Frage gestellt.[7]

Somit wird in Donosos Romanwerk bis 1970 ein Entwicklungsbogen erkennbar, der, stark vereinfacht ausgedrückt, von weitgehend traditionellen, dem Realismus nahestehenden narrativen Techniken ausgeht, die sich allmählich auflösen, um schließlich, so die Ausgangshypothese dieser Arbeit, in EOPN vollständig zersetzt zu werden.[8]

1.2. Generación del '50, nueva novela oder boom?

Die Frage, welcher literarischen Strömung, Schule oder Generation ein Autor angehört, kennt in vielen Fällen mehrere Antworten; zudem wird sie meist nicht von dem oder der Betroffenen selbst, sondern von der um eine Periodisierung der Literaturgeschichte bemühten Nachwelt beantwortet, die aus biologischen Gründen immer das letzte Wort hat – man denke nur an Gustave Flaubert, der sich ja Zeit seines Lebens dagegen gewehrt hat, dem literarischen Realismus zugerechnet zu werden, während man ihn heute in allen Literaturgeschichten unter dieser Rubrik findet.

Beim Versuch einer literaturhistorischen Einordnung José Donosos wird in der Fachliteratur mit drei Begriffen operiert: Generación del '50, nueva novela[9] sowie boom. In der vorliegenden Arbeit soll nicht diskutiert werden, welche der drei Kategorien nun am besten auf den Autor und sein Werk zutrifft. Für eine literaturhistorische Einordnung von Donosos Gesamtwerk haben gewiss alle drei Termini ihre Berechtigung.

Hier sollen vielmehr die erzähltechnischen Besonderheiten des Romans herausgearbeitet werden, um herauszufinden, worin der besondere Beitrag besteht, den Donoso mit EOPN für die Literatur seiner Zeit geliefert hat.

Donoso selbst hat sich in seinem Essay Historia personal del boom[10] ausführlich und auf sehr persönliche Art und Weise mit dem Phänomen boom auseinandergesetzt. Er lehnt dort die Bezeichnung boom für den Erfolg lateinamerikanischer Autoren ab den 1960er-Jahren zu Anfang entschieden ab, um am Ende mit einer gewissen Milde festzustellen:

En todo caso, mi experiencia del boom – sea cual sea la categoría a la que dentro de él pertenezco – ha sido de un interés apasionado y comprometido (…). Y aunque muchas de estas páginas parezcan cosa de risa, me siento tan unido a la aventura de la internacionalización de la novela de los años sesenta, que al describir mi testimonio sobre ella me he encontrado escribiendo, a ratos, trozos de mi autobiografía.[11]

Als terminus technicus für diese Arbeit scheint es daher durchaus sinnvoll, die vom Autor selbst akzeptierte und in vielen Literaturgeschichten[12] übernommene Bezeichnung für das Phänomen, das Donoso vorsichtig mit internacionalización de la novela de los años sesenta umschreibt, gelten zu lassen.

Da sich der boom der lateinamerikanischen Literatur aus heutiger Sicht noch schwerer definieren lässt als Anfang der siebziger Jahre, soll hier die relativ eng gefasste Umschreibung, die Donoso selbst formuliert hat, einen Ansatzpunkt liefern:

En todo caso quizá valga la pena comenzar señalándo que al nivel más simple existe la circunstancia fortuita, previa a posibles y quizá certeras explicaciones histórico-culturales, que en veintiún repúblicas del mismo continente, donde se escribe variedades más o menos reconocibles del castellano, durante un período de muy pocos años aparecieron tanto las brillantes primeras novelas de autores que maduraron muy o relativamente temprano – Vargas Llosa y Carlos Fuentes, por ejemplo -, y casi al mismo tiempo las novelas cenitales de prestigiosos autores de más edad – Ernesto Sábato, Onetti, Cortázar -, produciendo así una conjunción espectacular.[13]

Die Gemeinsamkeiten der boom- Autoren beschränken sich also laut Donoso zunächst einmal auf ein scheinbar zufälliges gleichzeitiges Auftreten einiger lateinamerikanischer Autoren, die innerhalb weniger Jahre herausragende Romane veröffentlicht haben. Mangels einer gemeinsamen ästhetischen oder politischen Grundeinstellung[14] sind die boom- Autoren weniger als Schule oder Generation denn als lose verbundene Autorengruppe[15] zu sehen, deren einschneidende und ein Zusammengehörigkeitsgefühl begründende Erfahrung die schlagartige Internationalisierung der lateinamerikanischen Literatur in den 1960er-Jahren gewesen ist.

Donoso gehörte ohne Zweifel bereits von Anfang an zum Kreis der boom -Autoren: er nahm 1962 am Intellektuellenkongress in Concepción de Chile teil, der später oft als Gründungsveranstaltung des boom genannt wurde; er reiste 1965 zu dem oben zitierten Autorensymposium nach Mexiko; er stand mit den seinerzeit prominentesten Vertretern der boom- Literatur[16] in Kontakt und erhielt gar von Carlos Fuentes[17] entscheidende finanzielle und logistische Unterstützung für seine schriftstellerische Arbeit. Die Veröffentlichung seiner novela cenital stand allerdings noch aus – dies sollte erst mit EOPN eintreten.

Auch in der Darstellung des Autors markiert EOPN einen Wendepunkt. Wie Donoso 1987 in einem Interview[18] bestätigt, hat er sich nach der Veröffentlichung von EOPN neuen Erzähltechniken zugewandt:

P.S.: Esta reacción contra la experimental novel se manifiesta en tus obras después de El obsceno pájaro , ¿no?, en que hay unas técnicas narrativas nuevas. (...)

J.D.: Sí, hay una subversión, desde luego, a una especie de, qué sé yo, de satisfacción del lector. El lector, digamos, cree estar leyendo una cosa muy... que se va a poder hablar con su vecina y se va a poder reír y no hace por darse cuenta de lo que hay tal vez adentro.[19]

Inwiefern es sich bei EOPN um einen Text handelt, dessen narrative Strukturen radikal von denen des traditionellen Romans abweichen und über den man aus diesem Grund eben nicht ohne weiteres mit seiner Nachbarin plaudern kann, soll im Laufe dieser Arbeit untersucht werden.

Wie die zuvor veröffentlichten Werke ist auch EOPN ein Roman, als dessen zentrales Thema die Zersetzung angesehen werden kann: Es geht um[20] den Niedergang einer chilenischen Adelsfamilie, der Azcoitía, und die Auslöschung eines Individuums, Humberto Peñalozas. Diese schon aus früheren Romanen bekannte Thematik findet aber in EOPN vermutlich wie nie zuvor in Donosos Werk ihre Entsprechung auf der narrativen Ebene.

Im Hauptteil dieser Arbeit soll nun herausgearbeitet werden, worin dieser "salto muy notable en cuanto a lo que podría llamarse la estructura de la narración"[21] besteht.

2. Avantgardistische Erzählverfahren in El obsceno pájaro de la noche

2.1. Polyphonie

In der traditionellen Prosa stand dem Leser ein Erzähler gegenüber, der in Bezug auf die erzählte Handlung eine bestimmte Erzählsituation einnahm, die, einmal eingenommen, in der Regel von der ersten bis zur letzten Seite durchgehalten wurde. Der Erzähler verfügte für gewöhnlich über eine einheitliche Identität; seine Stellung in Bezug auf den narrativen Diskurs war entweder heterodiegetisch (der Erzähler befindet sich außerhalb der Erzählung) , homodiegetisch (der Erzähler befindet sich innerhalb der Erzählung) oder, ein Sonderfall des homodiegetischen Erzählers, autodiegetisch (der Erzähler ist selbst Protagonist der Erzählung).[22]

Die Erzählhaltung in EOPN ist nun wesentlich komplizierter, denn sie befindet sich in ständigem Wechsel zwischen den oben genannten Erzählhaltungen und wird gleichzeitig mit den verschiedensten Stimmen kombiniert[23]. Diese polifonía de voces stellt meines Erachtens das auffallendste Charakteristikum der Erzähltechnik des Romans dar[24]. Im Folgenden soll sie anhand von einigen ausgewählten Beispielen untersucht werden.

Donoso eröffnet seinen Roman mit einem heterodiegetischen zweiseitigen Prolog, in dem nach klassischem Erzählmuster eine Begebenheit geschildert wird; in der Passage findet sich außerdem ein Dialog, bei dem eindeutig feststeht, wer mit wem spricht, der durch ein verbum dicendi eingeleitet ist und bei dem sowohl Interpunktion als auch Druckbild den Konventionen für wörtliche Rede entsprechen.

MISIÀ RAQUEL RUIZ[25] lloró muchísimo cuando la Madre Benita la llamó por teléfono para contarle que la Brígida había amanecido muerta. Después se consoló un poco y pidió más detalles:

- La Amalia, esa mujercita tuerta que medio la servía, no sé si se acuerda de ella…
- Cómo no, la Amalia…

(…)

Misiá Raquel se hizo cargo del funeral: velorio en la capilla de la Casa de Ejercicios Espirituales de la Encarnación de la Chimba, (…)[26]

Diese Erzählhaltung wird aber bereits auf der nächsten Seite von einem Ich abgelöst, das den narrativen Diskurs als autodiegetischer Erzähler übernimmt:

Todo resultó tal como misiá Raquel lo dispuso. (narrador heterodiegético) Las asiladas se entretuvieron durante toda la tarde en ayudar me a decorar la capilla con colgaduras negras. (narrador autodiegético)[27]

Damit nimmt der Leser rückwirkend den Erzähler der einleitenden Passage nicht mehr als heterodiegetischen, sondern als homodiegetischen Erzähler wahr.

Der homodiegetische Diskurs, also die Darstellung einer Handlung aus der Sicht eines Ich, das Zeuge dieser Handlung ist, wird aber sogleich gebrochen durch das Eindringen verschiedener Stimmen. Irritierend für den Leser ist bei der ersten Lektüre, dass diese Stimmen weder in die oben genannten, für die Wiedergabe wörtlicher Rede üblichen typographischen Zeichen eingebettet sind, noch durch irgendeine Art von verba dicendi bestimmten Sprechern zugeordnet werden.

In dieser ersten Passage handelt es sich offensichtlich um ein Stimmengewirr, um das plappernde Durcheinander der Alten, von denen der Leser soeben erfahren hat, dass sie dem Ich, das mit dem Erzähler der Einleitung identisch ist, bei der Vorbereitung einer Kapelle für eine Bestattung zur Hand gehen. Die Schilderung der verschiedenen Tätigkeiten wird hierbei abgelöst von der unkommentierten Wiedergabe der Stimmen. Die akustische Wahrnehmung des homodiegetischen Erzählers, dessen Identität dem Leser bis zu diesem Zeitpunkt noch unbekannt ist, funktioniert hier quasi als Tonband, das reproduziert, was es wahrgenommen hat – oder zu haben vorgibt:

Arreglamos alrededor del féretro las coronas enviadas por la familia Ruiz. Encendimos los cirios. ¡Así, con una patrona como misiá Raquel, sí que vale la pena ser sirviente! ¡Qué señora tan buena! ¿Pero cuántas tenemos la suerte de la Brígida? Ninguna. La semana pasada no más, miren lo de la pobre Mercedes Barroso: un furgón de la Beneficencia Pública, ni siquiera respetuosamente negro, vino a llevarse a la pobre Menche, y nosotras mismas, sí, parece mentira que nosotras mismas hayamos tenido que cortar unos cuantos cardenales colorados en el patio de la portería para adornarle el cajón, y sus patrones, que por teléfono se lo llevaban prometiéndole el oro y el moro a la pobre Menche, espera mujer, espera, ten paciencia, para el verano será mejor, no, mejor cuando volvamos del veraneo porque a ti no te gusta la playa, acuérdate cómo te azorochas con el aire de mar, cuando volvamos, vas a ver, te va a encantar el chalet nuevo con jardín, tiene una pieza ideal para ti encima del garage… y ya ven, los patrones de la Menche ni se aportaron por la Casa cuando falleció. (...) Pero el cortejo no puede partir todavía. [28]

Wie gelingt es dem Autor nun, dass trotz des radikalen Bruchs, den er hier mit allen Konventionen zur Wiedergabe wörtlicher Rede vollzieht, die Stimmen als solche erkennbar bleiben? Die zitierte Passage zeigt sehr deutlich, dass es neben typographischen Markierungen wie Einrückung und Anführungszeichen genügend andere Möglichkeiten gibt, um dem Leser zu signalisieren, dass jemand 'spricht': die Exklamationen, die rhetorische Frage, die Imperative, die parataktische Syntax sowie der diatopisch und v.a. diaphasisch deutlich markierte Stil ordnen den oben zitierten Textabschnitt eindeutig dem Bereich der Mündlichkeit zu. Wer spricht, kann leicht aus dem Kontext erschlossen werden: die Anwesenheit der alten Heimbewohnerinnen bei der beschriebenen Szene wurde kurz zuvor vom Erzähler erwähnt, nur sie kommen als Sprecherinnen in Frage; außerdem sind in ihr Sprechen unmissverständliche Hinweise eingestreut: ¿Pero cuántas tenemos la suerte de la Brígida? Ninguna. Die verstorbene Heimbewohnerin Brígida gehörte offensichtlich zu dem ‚Wir’ der Sprecherinnen; diese geben sich damit ebenso zu erkennen.

Der Roman wird hiermit in hohem Maße theatralisch: im Text tut sich ein doppelter Boden auf, Stimmen werden hörbar, die dem Leser über das Bewusstsein des Erzählers vermittelt werden.

Das Eindringen von Stimmen in den narrativen Diskurs wird in der oben zitierten Passage sogar noch weiter auf die Spitze getrieben: in dem Stimmengewirr der Alten wird noch eine andere Stimme, die einem ganz anderen zeitlichen und räumlichen Kontext entstammt, vernehmbar (oben durch Unterstreichung markiert). Es handelt sich um eine Stimme, die einer kurz zuvor verstorbenen Heimbewohnerin - offensichtlich leere - Versprechungen macht.

Hier kristallisiert sich ein Erzählverfahren heraus, das etwa folgendermaßen funktioniert: Zunächst wird eine bestimmte Situation beschrieben – sei es durch den Erzähler selbst, sei es durch eine Stimme. Innerhalb dieses situativen Rahmens erklingen dann Stimmen, die das Vergangene aktualisieren:[29]

Las asiladas se entretuvieron durante toda la tarde en ayudarme a decorar la capilla con colgaduras negras. (Mudito) (...) ¡Así, con una patrona como misiá Raquel, sí que vale la pena ser sirviente! ¡Qué señora tan buena! ¿Pero cuántas tenemos la suerte de la Brígida? Ninguna. (...) y sus patrones, que por teléfono se lo llevaban prometiéndole el oro y el moro a la pobre Menche, (las Viejas) espera mujer, espera, ten paciencia, (...) te va a encantar el chalet nuevo con jardín, tiene una pieza ideal para ti encima del garage... (los patrones) y ya ven, los patrones de la Menche ni se aportaron por la Casa cuando falleció. (...) (las Viejas) Pero el cortejo no puede partir todavía. (Mudito)[30]

Diese polyphone Struktur hat nun große Auswirkungen auf die Erzählsituation. Sie lässt sich nicht mehr auf eine der eingangs skizzierten Erzählhaltungen festlegen, sondern gehorcht neuen, eigenen Gesetzen. Der narrative Diskurs ist im Genette'schen Sinne zwar weitgehend homo- bzw. autodiegetisch, kann aber nicht einem einzigen Erzähler zugeordnet werden, sondern dieser stellt sich vielmehr als die Summe vieler einzelner Stimmen dar.

Welchen Platz nimmt nun die Stimme des Mudito in diesem polyphonen Stimmengewirr ein? An zahllosen Textpassagen lässt sich belegen, dass die Trennung zwischen seinem Ich und den Anderen, die seine Welt bevölkern, aufgehoben ist. Die Stimmen dringen ohne Vorwarnungen und frei von jeder rational begründbaren Logik in den Diskurs ein. Im Folgenden einige Beispiele:

Voy y saciarme sin que la Peta se interponga, sin que Jerónimo me impulse o me prohíba porque ahora ni Jerónimo ni la Peta existen, sus exigencias se borraron, soy libre frente a esta mujer libre: el infierno. (Mudito) No te alejes, Inés, aunque se haya desvanecido la luz y te hayas cubierto de ropajes otra vez, te tengo atracada contra mi cuerpo. (Mudito a Inés)[31]

He notado que se van desvaneciendo esas finísimas líneas coloradas como cicatrices que dibujan los contornos de tus ojos y tu frente, (...) Arrugas... sí, por qué no, podrían pasar por arrugas y no dudo que dentro de unos meses eso es lo que llegarán a ser (Mudito a Inés): tan arrugada que se está poniendo misiá Inesita murmuran las viejas cortas de vista, no tiene edad para estar así de concluida (...) (las Viejas) Sí, las viejas tienen razón. (Mudito)[32]

Aquí sigue viva la Brígida. Esta unidad es ella todavía, mantiene viva a otra Brígida mientras su cuerpo comienza a agusanarse: este orden peculiar, estos objetos que fue gastando con sus aficiones o sus manías, esta intención de elegancia (Mudito), mire, Madre Benita, cómo colocó las palmas del Domingo de Ramos en un ángulo de la estampa de la Anunciación, (Mudito a Madre Benita) (...)[33]

Yo, tú / usted, el / ella, nosotros /nosotras, vosotros / vosotras / ustedes, ellos / ellas werden zu beweglichen Variablen, die auf ihrem Weg zum Leser die Wahrnehmung durch die kranke Psyche des Mudito durchlaufen, ausschließlich durch diese vermittelt werden und nur in Abhängigkeit von ihr zu verstehen sind.

Es gibt in EOPN demnach keinen einheitlichen Erzähler[34], keine einheitliche Erzählhaltung und keine einheitliche Stimme. Diese verändert sich vielmehr ohne Unterlass, wandert durch alle im Text auftauchenden Figuren[35] und durch alle grammatischen Personen, wobei keine rationalen Regeln zu erkennen sind: ein freies Spiel textimmanenter Kräfte.

Dennoch findet sich im Text ein Ich, das als zentrale Achse des gesamten Textes funktioniert: der Mudito. Er ist das Ich, auf das sich alle Anderen zurückführen lassen. Allein aus seiner Wahrnehmung und aus seiner Phantasie entspringt die erzählte Welt des Romans. Dem virtuosen Wechsel der Stimmen steht eine einzige Fokalisierung[36] oder Sicht gegenüber, wie in der folgenden Passage ersichtlich wird:

Me adelanto a la Madre Benita. Me detengo junto a un grupo de casuchas de lata, de tablas, de cartón, de ramas, frágiles y plomizas, como construidas con los naipes manoseados con que las viejas juegan a juegos antiquísimos (Mudito). Usted ha intentado tantas veces convencer a las viejas que duerman en las habitaciones (Mudito a la Madre Benita). Hay cientos de piezas, buenas, grandes, todas vacías, elijan las que quieran, en el patio que quieran, yo y el Mudito se las acondicionaremos para que queden cómodas (Madre Benita), no Madre, tenemos miedo, son demasiado grandes y los techos demasiado altos y las murallas demasiado gruesas (las viejas) (...)[37]

Dies wird umso klarer, wenn man in Betracht zieht, dass das Ich des 'Erzählers' Mudito ein stummes Ich ist. Die direkte Anrede eines Du, das In-Beziehung-Setzen eines Senders mit einem Empfänger, der kommunikative Akt können also nicht die Abbildung einer (fiktionalen) Realität sein. Sehen, Sprechen und vermutlich auch Hören finden einzig und allein in der hypertrophen, paranoiden Psyche des Mudito statt[38] - die damit alleine als focalizador des Diskurses in Frage kommt.

Der 'Erzähler'/Mudito spricht aber nicht nur in seiner Phantasie mit den Personen, die seine Umgebung bevölkern bzw. lässt sie sprechen (las viejas, las huérfanas, la Madre Benita, Jerónimo, Inés, los monstruos, etc.), sondern zeitweise verschmilzt er sogar mit ihnen. Die Grenzen seines Ich dehnen sich aus, es entsteht eine Symbiose zwischen ihm und den Anderen.

(...) ven que soy normal, cómo no van a verlo si me están tendiendo en la chaise-longue de moaré color rosa de Emperatriz… (Mudito) ustedes, monstruos, tienen miedo de salir (Mudito a los monstruos), tenemos miedo de salir, tenemos miedo que nos vean y por eso nos refugiamos aquí (Mudito y los monstruos), cómo no va a tener miedo el doctor Azula que lo vean con todo su cuerpo cubierto de escamas y sus manos de ave de rapiña que me tocan (Mudito) (…)[39]

Im Gegensatz zu dem schon besprochenen Eindringen von Stimmen in den narrativen Diskurs, wie es in der zuvor zitierten Passagen auftritt, geht Donoso hier noch einen Schritt weiter: das yo des Mudito spricht zuerst ein ustedes an, das unmittelbar danach als nosotros spricht, welches den Mudito mit einschließt. Abschließend meldet sich wieder der Mudito zu Wort.

Noch deutlicher wird diese Technik, wenn sich der Mudito in das nosotras der Alten mit einbezieht und somit gleichzeitig Teil des kollektiven Subjekts und Objekt des Satzes sein kann:

Habrá que arreglar eso de alguna manera porque, aunque usted no lo sabe, su estirpe se prolongará, y su hijo debe seguir propietario de esta Casa: las viejas (Mudito a don Jerónimo), nosotras siete ahora que me han despojado de mi sexo y me han aceptado dentro de su número, estamos cuidando a su hijo en el útero de la Iris (Mudito y las viejas), yo se lo restituiré a don Jerónimo para que herede esta Casa a pesar de los papeles firmados, (Mudito) (…)[40]

Die verschwommene, multiple Identität des Mudito lässt sich nicht nur aus den zahllosen Sprüngen in den Stimmen festmachen, die letztendlich alle auf sein yo rückprojeziert werden können, sondern seine multiple Persönlichkeit wird bisweilen auch ausdrücklich thematisiert:

Me tienes que reconocer, Inés, acéptame siquiera ahora, tal como soy, sea quien sea, Humberto, Mudito, vieja, guagua, idiota, fluctuante mancha de humedad en la pared, despierto porque me estás tocando.[41]

Elementar zum Verständnis des Romans ist also, dass zwar ein ständiger Wechsel der Stimmen vorliegt, welche der Leser 'hören' kann, dass aber die Fokalisierung bzw. Sicht immer die selbe bleibt. Diese Tatsache wurde von Enrique Luengo in seiner Arbeit über José Donoso sehr zutreffend auf den Punkt gebracht:

En esta novela los cambios de voces no implican cambios de focalización. El Mudito es el prisma, centro y eje único desde el cual emerge el mundo de los "otros" revertidos en su "yo".

Su experiencia vital es todas las experiencias discursivas que posibilitan su existencia. Es un individuo hecho de palabras virtualmente ciertas o potencialmente truncadas. Su discurso está invadido por los fantasmas del miedo, las envidias, los odios, las pasiones, los deseos, las ilusiones; el foco de su existencia se mueve, se define alrededor de estos fantasmas verbales entre los cuales se desplaza constantemente y con los cuales se identifica.[42]

Und die meines Erachtens treffendste Zusammenfassung der Erzählsituation in EOPN findet sich bei Francisco Rico:

El obsceno pájaro de la noche (...) [c]rea una situación narrativa básica en que un narrador mudo destina su narración, que no llega a emitir, a un destinatario que no llega a constituirse como tal por la inexistencia del contacto. Traza una representación en la cual el protagonista aspira a una identidad al tiempo que se dispersa en múltiples encarnaciones contradictorias que la desmienten.[43]

2.2. Zeit

Die Auflösung der Identität von Personen durch avantgardistische Erzähltechniken findet in EOPN eine Entsprechung in der Verwendung der Zeiten im narrativen Diskurs. Dieser ist nicht chronologisch-linear und widerspricht den Grundprinzipien rationaler Logik (Kausalitätsprinzip etc.); er gehorcht auch hier alleine den Gesetzen der kranken Psyche, die ihn hervorbringt. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verschmelzen in der Wahrnehmung des Mudito zu beliebigen Größen, zwischen denen er sich frei hin und her bewegen kann. Die Vergangenheit wird dabei sehr oft aktualisiert durch die in Kapitel 2.1. besprochenen Stimmen; diese brechen in den Fluss der Erzählung ein und transponieren eine dargestellte Handlung in die Unmittelbarkeit des Präsens.

Um von dieser Erzähltechnik einen Eindruck zu geben, sollen im Folgenden zwei beispielhafte längere Passagen ungekürzt wiedergegeben werden:

No pudieron hablar con Humberto Peñaloza porque al oír ese nombre huyó por los pasadizos hasta el fondo de la Casa, no existe Humberto Peñaloza, es una invención, no es una persona sino un personaje, nadie puede querer hablar con él porque tienen que saber que es mudo. En una habitación remota abarrotada de fardos de diarios y revistas reblandecidas por la humedad se refugió su sombra vulnerable. Mudo, Mudito, no te vayas, no desaparezcas, te vas a morir de hambre, no, dónde estás, Mudo, Mudito, dónde estás, vamos a cansarnos de buscarte porque somos viejas y enclenques y les tenemos terror a las ventoleras, no te nos vayas a morir de hambre, Mudito, mira, aunque no sabemos dónde te escondiste te dejamos platos de comida en los pasillos y corredores para que comas cuando quieras, como un perro, pero las sombras no comen hasta que se atreven a ser alguien y esa sombra carente de nombre quiere fundirse con las otras sombras de la habitación, reducirse a la dimensión de un papel de diario. La sombra sin nombre ni hambre va empequeñeciendo al ocultar su terror, que le impide incorporarse a las otras sombras y adquirir la dimensión plana de una noticia, apretujada en su hoyo en los diarios revenidos, el terror se concentra en su pequeñez, me repleta, me hace intolerable a mí mismo, sin movimiento, sin hambre, sin voz, sin oído, sin vista casi…[44]

Eso contestó el Padre Azócar porque no sabía qué contestar. Mejor no plantearse el problema de la Iris Mateluna ahora. Era necesario irse inmediatamente de la Casa. Después se arreglaría el asunto de la Iris. Ya aparecería. Ya se iba a ver qué iban a hacer con su desaparición, o fuga, o… lo que fuera, irse, ahora mismo, si se demoraban un minuto más en irse de este recinto las viejas echarían raíces aquí, se apoderarían otra vez de la Casa sin permitir que se demoliera. Después lo de la Iris Mateluna. Era esa más gordita, una con el incisivo quebrado recordó de repente con el miedo, no, no, ahora había que irse inmediatamente y no pensar en lo de la Iris, que podía traer cola. Si traía cola que la trajera afuera, con la Casa vacía.

- Están tocando el timbre, Padre.

¡La Iris! Es la Iris Mateluna que regresa justo ahora para solucionarlo todo, imploró

el Padre Azócar.

- Abra, Padre Silva, por favor.

No es la Iris. Es un peoneta joven, patipelado, con los pantalones arremangados más

arriba de las pantorrillas, cargando un zapallo descomunal, de corteza dura, grisácea, irregular como la de un animal prehistórico. El peoneta pregunta:

- ¿Casa de Ejercicios Espirituales de la Encarnación de la Chimba?
- Aquí es

Sin decir más cruzó a toda carrera por el callejón que abrieron las viejas para que pasara el hombre con ese zapallo estupendo.[45]

Die Tatsache, dass die Erzählzeit in EOPN eine freie Variable ist, wird besonders deutlich in der folgenden Passage: das alogische Erzählverfahren ermöglicht nicht nur, dass ein Stummer 'sprechen' und 'erzählen' kann, sondern auch, dass ein noch gar nicht als Individuum existierendes yo sich im Präsens einer Sache bewusst werden und eine Aussage über ein zukünftiges Ereignis – seine eigene Geburt! – machen kann.

(...) y me doy cuenta que ha llegado el momento inaplazable. Tengo que nacer.

Una mañana amanecí en la cama de la Iris, casi sofocado por el calor de su cuerpo y el abrigo de sus sábanas, miren, miren, viejas, anoche nació la guagua por fin, miren, ya no estoy gorda, miren cómo lloriquea y está meada, yo no sabía que era tan fácil tener guaguita, si no es fácil, Iris, en tu caso fue fácil porque es una guagua milagrosa, por eso no te diste ni cuenta, miren qué bien quedó, parece que ni siquiwera hubiera perdido mucho peso, claro, si la guagua tenía que nacer, ya estaba bueno, tanto pasado los nueve meses y por muy milagro que sea una se pone medio saltona y no sabe qué hacer ni qué pensar cuando el embarazo se pasa tanto de los nueve meses, (…). Y me visten con las sedas y los tules del ajuar que Inés tenía guardado para mí en su mundo.[46]

Damit handelt es sich bei EOPN nicht um eine Erzählung, die eine abgeschlossene Handlung in einer wann auch immer angesiedelten Vergangenheit wiedergibt; das yo des Mudito lebt vielmehr in einem kontinuierlichen Jetzt, das in zwanghafter Wiederholung und Bewegungslosigkeit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in sich enthält.

In diesem Zusammenhang stellt sich nun die Frage, ob sich aus dieser diskontinuierlichen, freien Verwendung der Zeiten im narrativen Diskurs, also auf der Seite der Signifikanten, dennoch eine 'Handlung', also eine chronologische, auf dem Kausalitätsprinzip beruhende (fiktive) Realität auf der Seite des Signifikats rekonstruieren lässt. Enrique Luengo hat darauf hingewiesen[47], dass Donoso sehr wohl einen Ansatzpunkt geliefert hat, an dem sich ein zeitlicher Rahmen festmachen ließe:

Am Anfang des Romans verspricht Raquel Ruiz, den Alten im Heim im Gedenken an die verstorbene Brígida ein Almosen zukommen zu lassen:

Yo les voy a mandar una limosnita cuando vaya al fundo. No sé qué habrá quedado de las cosechas de este año pero algo les mandaré para que se acuerden de la pobre Brígida.[48]

Auf dieses Versprechen wird ganz am Ende des Romans Bezug genommen, als einige Arbeiter erscheinen und im Auftrag von Raquel Ruiz ein Wagenladung Kürbisse anliefern:

- ¿Qué es esto?

El peoneta que pasó junto a él susurró:

- Zapallos.

- Sí, pero…

El chofer, que estaba descargando los zapallos sobre los hombros de los peonetas, le contestó:

- Son del fundo Trehuenque, de parte de misiá Raquel Ruiz. Hace más de un año que dejó la orden de que trajéramos aquí a la Casa lo que quedara de las cosechas y al administrador se le había olvidado, así es que ahora manda esta camionada de quinientos zapallos.

Trotz dieses chronologischen Rahmens bleibt die Zeit aber eine variable Größe, die in der Psyche des Mudito eine hypertrophe Ausdehnung erfährt. In seiner Wahrnehmung werden Jahre zu Jahrhunderten, womit einmal mehr deutlich wird, dass er in einer Art ewigem Jetzt lebt, das Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft beinhaltet und damit austauschbar macht:

(...) pero las manos verrugosas vuelven a cocer con la prolijidad de que sólo son capaces esas manos, puntadas menudas, muchas puntadas en cruz zurcen o bordan una cicatriz sobre la trama del saco, no puedo salir, no puedo respirar ni siquiera el aire simulado detrás de la ventana. Esperar. Y durante siglos espero que se forme otra capa geológica con el detritus de los millones de vidas que dicen que existen, para que sepulte de nuevo mi nostalgia.

(…)

Sale de la capilla, deambulando por el desierto de los infinitos pasillos simulados, por los patios cotidianos, deslizándose lentamente junto a muros de oscuridad o de barro condenado, y a su paso tan leve y tan blando se escabullen arañas, ratones, murciélagos, cuyes que no hacen ruido, polillas torpes y blandas, palomas viejísimas que nadie echó a la olla… lenta, al cabo de años o siglos logra llegar al patio de la portería y se abre paso por la selva de guías y hojas de zapallo que devoran el claustro, (…)[49]

Diese Auflösung jeder verlässlichen chronologischen Strukturierung der Umwelt schreibt der Mudito der Macht der alten Frauen zu: Sie haben die Fähigkeit, so glaubt er, den Verlauf der Zeit zu beeinflussen:

Las viejas como la Peta Ponce tienen el poder de plegar y confundir el tiempo, lo multiplican y lo dividen, los acontecimientos se refractan en sus manos verrugosas como en el prisma más brillante, cortan el suceder consecutivo en trozos que disponen en forma paralela, curvan esos trozos y los enroscan organizando estructuras que les sirven para que se cumplan sus designios.[50]

2.3. Raum

Da die Identitäten sowohl des ‘Erzählers’ als auch der anderen Romanfiguren, wie in Kapitel 2.1. gezeigt werden konnte, aufgelöst sind und miteinander verschwimmen, kommen sie als Strukturelemente des Textes nicht in Frage bzw. ihre Widersprüchlichkeit ist Struktur. Wie wir in Kapitel 2.2. gesehen haben, gilt das gleiche auch für die zeitlich Anordnung der ‚Handlung’: die Chronologie des Textes ist alogisch, nicht greifbar, labyrinthisch, verwirrend.

Umso mehr sucht der Leser nach Fixpunkten, anhand derer er eine – wenn auch mehrdeutige, widersprüchliche – Handlung rekonstruieren kann. Sehen wir uns hierzu die räumliche Aufteilung der Textes an.

Die ‚Handlung’ ist im Wesentlichen an zwei Schauplätzen angesiedelt: zum einen innerhalb der Casa de la Encarnación de la Chimba, die von altersschwach und nutzlos gewordenen sirvientas der Oberschicht, einigen Waisenmädchen, einer Hand voll Nonnen sowie dem Mudito bewohnt wird. Zweiter Schauplatz ist die Rinconada, ein Anwesen, das Don Jerónimo de Azcoitía von seinem Privatsekretär Humberto Peñaloza (alter ego des Mudito) bauen ließ, um seinem monstruösen Sohn Boy dort in einer von Monstern bevölkerten, hermetisch abgeriegelten Parallelwelt zu ermöglichen, sich als Maß aller Dinge und damit schön zu fühlen.

Ergänzend kommen als Nebenschauplätze das Elternhaus von Humberto Peñaloza sowie das Haus von Jerónimo de Azcoitía vor.

Unterteilt man Donosos Werk nun nach den Handlungsschauplätzen, so ergeben sich 8 Abschnitte. Überträgt man diese auf eine Matrix, erhält man folgendes Bild:[51]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Aufteilung des Raums in klar voneinander abgegrenzte Sphären verleihen dem Roman eine Struktur, eine klare Topographie, die dem Leser einige Anhaltspunkte in einer Textwelt liefert, die aus zersetzten Identitäts- und Zeitstrukturen besteht. Nur die räumliche Aufteilung der Erzählung ermöglicht dem Leser überhaupt die vorsichtige Rekonstruktion einer ‚Handlung’ in einem polysemen, von einer kranken Psyche diktierten Textuniversum.

Zwischen der Casa de la Encarnación de la Chimba und der Rinconada gibt es nun einige interessante Parallelen: Die Bewohner beider Häuser versuchen, sich in einen hermetisch von der Außenwelt abgeriegelten Raum zurückzuziehen und gehen so weit, deren Existenz vollständig zu verneinen. Beide Häuser sind in ihrem Inneren labyrinthisch angelegt – die Rinconada wurde von ihrem Konstrukteur Humberto Peñaloza von Anfang an als Labyrinth angelegt, die Casa de la Encarnación wucherte im Laufe der Jahrhunderte durch zahllose An- und Umbauten vor sich hin und wurde so zum Labyrinth. Der Mudito versucht, auch dieses Haus vollständig zu verschließen, sich einen eigenen Machtbereich zu schaffen, den nur er vollständig überblickt und kontrolliert – letztendlich mit dem Ziel, sich einen Raum zu schaffen, auf den Don Jerónimo keinen Einfluss nehmen kann und um sich somit an diesem zu rächen. Dies scheint Humberto / Mudito im Falle der Rinconada gelungen zu sein, denn als Don Jerónimo es wagt, in diese nur von monstruösen Wesen bevölkerte Welt einzudringen, findet er sich als Gefangener in seinem eigenen Labyrinth wieder, muss seine eigene Monstruosität erkennen und dies mit dem Leben bezahlen:

Busco la puerta por los pasillos repentinamente desiertos, quiero encontrar la portería pero no hay puertas, las han tapiado para el baile de Emperatriz, han colgado telarañas y descascarado los muros y prolongado las galerías con perspectivas falsas que me hacen golpearme la cabeza al tratar de huir por ellas (...) (Jerónimo)

Mucho más tarde, cuando las parejas salieron al jardín para tomar el fresco, lo vieron flotar en el estanque de la Diana. ¡Salvarlo! ¡Llamar a los otros para salvarlo si está vivo! Tiran al suelo sus abanicos y escarcelas para ayudar al salvataje con garfios y cordeles: sacaron del agua a un ser retorcido, horripilante, monstruoso. Boy, erguido, en toda su altura, bajó hacia él el arco voltaico de sus ojos azules y lo reconoció: (narrador extradiegético)

- Es mi padre.

Emperatriz asintió:

- Si, es Jerónimo.[52]

Und auch die Casa de la Encarnación soll nach dem Willen des Mudito zum vollständig isolierten Raum werden. Hierzu mauert er nach und nach alle Fenster und Türen zu, bringt Attrappen an, die Ausgänge und Gangfluchten vortäuschen, tut alles, um das Haus vollständig zu einem Labyrinth zu machen, das nur er vollständig kennt und zu dem er allein den Schlüssel besitzt.

Por eso, mañana clausuraré todas las ventanas que me quedan por tapiar aquí en la Casa. Ahora es imposible abrir ninguna. Las he ido tapiando con tanto cuidado que ni siquiera se nota que alguna vez existieron, porque de noche, encaramado en mi andamio, me dedico a crear llagas en el enlucido, poros llenos de baba blanca donde se crían las arañas, descascaramientos de antiguas pinturas sucesivas, para crear una simulación de deterioro. He ido eliminando las ventanas. Como ahora tendré que eliminarlo a él. (...) Ahora me eliminaré yo para que te desplomes y te partas en mil fragmentos al caer y pondrán los fragmentos en el carro del Mudito y el Mudito los arrastrará hasta su patio para que la lluvia y el tiempo y el viento y las malezas te corrompan y te eliminen. (Mudito)[53]

Gehorcht auch die Aufteilung des Raums in EOPN weitgehend den Gesetzen der Logik, so bleibt doch seine Semantik grundsätzlich ambivalent: die ursprüngliche Funktion der Casa de la Encarnación bleibt in der Schwebe zwischen Kloster für die niña santa der Legende und Gefängnis für die niña bruja, die sie auch gewesen sein könnte...

2.4. Die mythische Dimension

2.4.1. Die Legende von der niña bruja

Gleich zu Anfang des Romans erzählt eine der Alten nachts im Schein des Herdfeuers die Legende von der niña bruja.[54]

Diese handelt von einem frühen Vorfahren von Jerónimo de Azcoitía, der im 18. Jahrhundert in der Region des Maule gelebt haben soll. Das jüngste seiner zehn Kinder war eine Tochter, die von ihrer Kinderfrau heimlich in die schwarze Magie eingeweiht wurde. Die beiden, das Kind in Gestalt eines chonchón (kleiner Papierdrachen), ihre Kinderfrau in Gestalt einer gelben Hündin, sollen nachts ihr Unwesen getrieben und dem ganzen Landstrich viel Unheil gebracht haben. Um den Dürren und Missernten ein Ende zu setzen, verfolgten eines nachts die Brüder und einige Bauern mit dem Vater die gelbe Hündin, die sie zum Zimmer ihrer Schwester führte. Hündin und Hexe wurden grausam erschlagen, die Leiche der Hexe wurde an einen Baumstamm gebunden und von den Bauern flussabwärts bis zur Mündung getrieben; das Mädchen wurde noch in der selben Nacht in ein Kloster in der Hauptstadt gebracht, wo es den Rest seines Lebens isoliert von seiner Familie verbringen musste.

Aber niemand erfuhr jemals die Wahrheit über die niña bruja. Im entscheidenden Moment verdeckte der Vater den Blick auf das Kind.

El cacique, seguido por sus hijos, forzó la puerta del cuarto de la niña. Al entrar dio un alarido y abrió los brazos de modo que su amplio poncho ocultó inmediatamente para los ojos de los demás lo que sólo sus ojos vieron. Encerró a su hija en la alcoba contigua. Sólo entonces permitió que los demás entraran: (…)[55]

Gleich nachdem sie die Legende erzählt hat, betont die Alte, dass im Volk die verschiedensten Versionen der Legende überliefert sind. Die Geste des Vaters beim Betreten des Zimmers seiner Tochter, mit der er den Blick auf die Wahrheit verdeckt, schafft Raum für zahllose Spekulationen über die wahre Natur des Mädchens. Nur in einem Punkt stimmen alle Versionen überein:

Sólo lo esencial siempre permanece fijo: el amplio poncho paternal cubre una puerta y bajo su discreción escamotea al personaje noble, retirándolo del centro del relato para desviar la atención y la venganza de la peonada hacia la vieja.[56]

Die Legende zieht sich als 'Thema mit Variationen' durch den ganzen Roman, erwartungsgemäß werden Versionen kolportiert, die sich gegenseitig ausschließen: die 'Wahrheit' über die niña bruja / niña santa wird für alle Zeiten vom Poncho des Kaziken verdeckt bleiben.

Somit wird auch hier dem Leser ein archimedischer Punkt vorenthalten: der Roman ist und bleibt ambivalentes Spiel.

2.4.2. Das Imbunche-Motiv

In der Legende von der niña bruja öffnet sich an einer Stelle eine zweite – beziehungsweise, wenn man von der Erzählebene des Romans ausgeht, dritte – Erzählebene: die Bauern, die die Leiche der Kinderfrau auf ihrer Reise zum Meer am Ufer begleiten, vertreiben sich nachts am Lagerfeuer die Zeit mit Schauermärchen über Hexen. Diese, so erzählen sie, raubten sich manchmal Kinder, um sie sich als imbunches zu halten:

(...) por suerte, esta vez, las brujas no lograron robarse a la linda hija del cacique, que eso era lo que querían, robársela para coserle los nueve orificios del cuerpo y transformarla en imbunche, porque para eso, para transformarlos en imbunches, se roban las brujas a los pobres inocentes y los guardan en sus salamancas debajo de la tierra, con los ojos cosidos, el sexo cosido, el culo cosido, la boca, las narices, los oídos, todo cosido, dejándoles crecer el pelo y las uñas de las manos y de los pies, idiotizándolos, peor que animales los pobres, sucios, piojosos, capaces sólo de dar saltitos cuando el chivato y las brujas borrachas les ordenan que bailen...[57]

Dieser Schauermythos von den Hexen, die ihren Opfern alle Körperöffnungen zunähen und sie damit in imbunches verwandeln, zieht sich ebenfalls leitmotivisch durch den ganzen Roman. Interessant ist hierbei, dass die ‘Imbunchisierung’ den Mudito nicht nur als Schreckensphantasie verfolgt, sondern sich ihm gleichzeitig als ultimativer Rückzug aus einer als feindlich und bedrohlich empfundenen Welt anbietet.

Insofern kann sein Bemühen um eine völlige Isolierung der Casa de la Encarnación[58] als Ausdruck dieses Bedürfnisses nach Rückzug in einen reduzierten, sicheren Raum gesehen werden: Um sich vor dem Einflussbereich Don Jerónimos in Sicherheit zu bringen und sich auf diesem Weg an ihm zu ‘rächen’, baut der Mudito die Casa de la Encarnación zur casa-imbunche um.

Despertarán mañana con la mente en blanco para crear de nuevo el universo, las haré bailar detrás de mis ventanas tapiadas, toda la Casa anulada, sin orificios para entrar ni salir, la Casa imbunche, todas nosotras imbunches, nosotras ya no tememos nada, (...)[59]

Im selben Kontext stehen die Uterusphantasien, die der Mudito in Zusammenhang mit der (angeblichen?) Schwangerschaft des Waisenmädchens Iris hat. In seiner verzerrten, krankhaften Wahrnehmung ist er Erzeuger der guagua milagrosa (a) – was ihn aber nicht daran hindert, auch die siebte der Hexen zu sein (b) sowie selbst als Kind der Iris geboren zu werden (c):

(a) Yo soy el padre del hijo de la Iris.

No hay milagro. Tengo algo que don Jerónimo, con todo su poder, jamás ha logrado tener: esta capacidad simple, animal, de engendrar un hijo.[60]

(b) Sólo cuando les dije que había encontrado el lugar justo, un sótano, quedé aceptado y me permitieron ser la séptima bruja.[61]

(c) Una mañana amanecí en la cama de la Iris, casi sofocado por el calor de su cuerpo y el abrigo de sus sábanas, miren, miren, viejas, anoche nació la guagua por fin, (...)[62]

Doch die Eliminierung der eigenen Person, ihre Reduzierung auf das absolute Nichts und damit die Rache, wie er glaubt, an seinem Herrn Don Jerónimo, ist mit der allmählichen Verwandlung des Hauses in eine casa-imbunche und dem Rückzug des Mudito in einen utero-imbunche noch nicht zu Ende gespielt. Sie wird erst erreicht, als er selbst zum Imbunche wird:

Me meten adentro del saco. Las cuatro se arrodillan alrededor mío y cosen el saco. No veo. Soy ciego. Y otras se acercan con otro saco y me vuelven a meter y me vuelven a coser mientras murmuran jaculatorias que casi no oigo, (...) cosen, amarran más sacos sobre mi cabeza y otras se acercan y siento levantarse alrededor mío otro envoltorio de oscuridad, otra capa de silencio que atenúa las voces que apenas distingo, sordo, ciego, mudo, paquetito sin sexo, todo cosido y atado con tiras y cordeles, sacos y más sacos, respiro apenas a través de la trama de las capas sucesivas del yute, aquí dentro se está caliente, no hay necesidad de moverse, no necesito nada, este paquete soy yo entero, reducido, sin depender de nada ni de nadie, oyéndolas dirigirme sus rogativas, posternadas, implorándome porque saben que ahora soy poderoso voy a hacer el milagro.[63]

Dies ist nichts anderes als die totale Reduzierung der Dimensionen Identität, Zeit und Raum, deren Funktionen für die narrative Struktur des Romans ich in den Kapiteln 2.1.-2.3. darzustellen versucht habe, auf einen Punkt und schließlich auf das Nichts.

Damit endet der Roman: der Mudito wird zum Imbunche der Volksmythologie, zum mit Lumpen und Papierschnitzeln gefüllten Jutesäckchen, das eine alte Bettlerin unter einer Brücke ins Feuer wirft und dessen Asche der Wind fortträgt: was bleibt, ist ein schwarzer Brandfleck.

La vieja se pone de pie, agarra el saco, y abriéndolo lo sacude sobre el fuego, lo vacía en las llamas: astillas, cartones, medias, trapos, diarios, papeles, mugre, qué importa lo que sea con tal que la llama se avive un poco para no sentir frío, qué importa el olor a chmusquina, a trapos quemándose dificultosamente, a papeles. El viento dispersa el humo y los olores y la vieja se acurruca sobre las piedras para dormir. El fuego arde un rato junto a la figura abandonada como otro paquete más de harapos, luego comienza a apagarse, el rescoldo a atenuarse y se agota cubriéndose de ceniza muy liviana, que el viento dispersa. En unos cuantos minutos no queda nada debajo del puente. Sólo la mancha negra que el fuego dejó en las pedras y un tarro negruzco con asa de alambres. El viento lo vuelca, rueda por las piedras y cae al río.[64]

3. Schlussbetrachtung

Wie ich eingangs zu skizzieren versucht habe, handelt es sich bei dem boom der lateinamerikanischen Literatur der 1960er und frühen 1970er Jahre um ein Phänomen, das nur schwer definiert werden kann. Weder liegt der boom- Literatur ein gemeinsames ästhetisches Konzept zugrunde, noch ist eine klare politische Linie der beteiligten Autoren zu erkennen. Die boom- Autoren fühlten sich, glaubt man der Darstellung von José Donoso in seiner Historia personal del boom, eher als Club, als Clique von durch Freundschaften und Allianzen verbundene Autoren, die alle in spanischer Sprache schrieben, aber aus unterschiedlichen lateinamerikanischen Ländern stammten. Sie entdeckten die Möglichkeit, dank der gemeinsamen Sprache aus ihren nationalen Schranken auszubrechen, um die Möglichkeiten einer internationalen Rezeption ihrer Literatur voll auszuschöpfen.

Als führende Köpfe dieser ‚Bewegung’ sind die damals noch relativ jungen Autoren Carlos Fuentes, Mario Vargas Llosa sowie Gabriel García Márquez[65] zu nennen. Gleichzeitig publizierten Autoren wie Ernesto Sábato, Juan Carlos Onetti und Julio Cortázar hervorragende Romane, was zu dem führte, was Donoso später eine conjunción espectacular genannt hat.

Donoso selbst schrieb und publizierte zwischen 1957 und 1970 vier Romane: Coronación (1957), Este Domingo (1966), El lugar sin límites (1967) und El obsceno pájaro de la noche (1970). Er gehörte von Anfang an zur „ boom- Clique“, deren Existenz man nach seiner Darstellung von etwa 1962 (Intellektuellenkongress in Concepción de Chile) bis 1971 (Caso Padilla) annehmen kann. Fast während dieser ganzen Zeit, nämlich von 1962 – 1969, arbeitete Donoso an dem Roman, der sowohl vom Autor selbst als auch von allen Kritikern als sein komplexestes und bedeutendstes Werk angesehen wird: El obsceno pájaro de la noche.

Ich habe im Laufe dieser Arbeit versucht, mich der avantgardistischen Erzähltechniken dieses Romans von mehreren Seiten aus zu nähern. Als Ausgangspunkt wählte ich hierzu eine der auffälligsten Besonderheiten, nämlich die polyphone Erzähltechnik. Anschließend bot es sich an, auch den Themen Zeit und Raum einige Aufmerksamkeit zu widmen, um abschließend die im Roman leitmotivisch verarbeiteten Volksmythen[66] zu untersuchen.

Alle untersuchten narrativen Techniken fügen sich in das Bild der für Donoso so zentralen, eingangs beschriebenen Zersetzungsthematik: Zersetzung der Identität des Erzählers durch Aufspaltung seiner Person in eine Vielzahl von Stimmen; Zerschlagung von rekonstruierbaren zeitlichen Handlungsabläufen.

Die Aufteilung des Raums gehorcht zwar einer ‚vernünftigen’ Logik, doch versucht der Protagonist Humberto Peñaloza / Mudito, seinen Lebensraum abzuriegeln, in ein Labyrinth zu verwandeln, zu reduzieren, zu zerstören. Die Legende von der niña bruja / niña santa schließlich führt ein Motiv ein, das entscheidend zum Niedergang der Familie Azcoitía beiträgt (Inés de Azcoitía: Kinderlosigkeit, Scheitern der Seligsprechung der niña santa, Einlieferung in eine Irrenanstalt; Don Jerónimo: Kinderlosigkeit bzw. monstruöser Sohn ‚Boy’, Tod) und am Ende zur vollständigen Zerstörung des schizophrenen Individuums Mudito durch seine Verwandlung in einen Imbunche führt.

Die Zersetzung von sozialen Strukturen, die bereits in Donosos früheren Romanen eine große Rolle spielt, wird in EOPN auf besonders beeindruckende Weise verarbeitet, denn hier zeigt sich seine ganz persönliche conjunción espectacular: in der Entsprechung einer narrativen Technik, die sich durch Chaos, Widerspruch und Zerschlagung traditioneller Erzählverfahren auszeichnet, mit einer ‚Handlung’, die den Niedergang einer Familie – der Azcoitía – und die Auslöschung eines Individuums – Humberto Peñalozas / Muditos – beschreibt.

4. Bibliographie

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Donoso, José (1957): Coronación.

Donoso, José (1966): Este domingo.

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Todorov, Tzvetan (1975): "La lecture comme construction", in: Poétique 24, 417-425.

[...]


[1] Marco 1987:241

[2] Donoso 1970; im Folgenden EOPN; Donoso hat seinem Roman als Epigraph ein Zitat aus einem Brief von Henry James Sr. vorangestellt, aus er den Titel für seinen Roman entnommen hat: „(...) The natural inheritance of everyone who is capable of spiritual life is an unsubdued forest where the wolf howls and the obscene bird of night chatters.” (Donoso 1970:9) Er hätte sein Werk in Anlehnung an Francisco de Goya auch El sueño de la razón produce monstruos nennen können.

[3] Donoso 1957; Der Roman erzählt die Geschichte der beiden letzten Vertreter einer bürgerlichen Familie in Santiago, der 90jährigen Elisa Abalos und ihrem unverheirateten Sohn André, deren Leben durch das Auftreten der Pflegerin Elisa endgültig aus seinem labilen Gleichgewicht gerät. Die alte Frau stirbt während einer makabren "Krönungszeremonie" anlässlich ihres Namenstags, ihr Sohn endet im Wahnsinn.

[4] Donoso 1966; "El deterioro, en suma, es ley que rige el universo representado por Este Domingo." (Raúl Bueno Chávez, in: Cornejo Polar 1975:63)

[5] cf. Cornejo Polar 1975

[6] Donoso 1967

[7] cf. Cornejo Polar 1975:7-9.

[8] "De aquí que afirmemos que con esta novela se cierra y se cumple un ciclo, más allá del cual no existe otra posibilidad expresiva." (José Promis Ojeda, in: Cornejo Polar 1975:31)

[9] Dieser Terminus wurde erstmals 1964 von Fuentes und Ramas verwendet. Cf. Dill 1999:322.

[10] Donoso 1972

[11] Donoso 1972:125

[12] z.B. Dill 1999:321-322

[13] Donoso 1972:12-13

[14] Abgesehen von der Sympathie für die kubanische Revolution; der Caso Padilla markierte 1971 aus diesem Grund einen deutlichen Einschnitt, aus damaliger Sicht sogar das Ende des boom.

[15] "Die Boom-Autoren bildeten untereinander und mit Kritikern und Verlegern ein Syndikat mit Cliquencharakter und persönllich-familiären Freundschaften ('Goldene Linke' Barcelonas: Barral, García Márquez, Vargas Llosa, Donoso; 'Fuentes-Mafia' in Mexiko mit Buñuel und Monterroso), gemeinsamen Happenings und Feten." (Dill 1999:322) Cf. Hierzu auch Donosos Schilderung eines 1965 in Chichén-Itza (Méxiko) abgehaltenen Autorensymposiums (Donoso 1972:101-102) oder seine Eindrücke von einer Party, die 1970 bei Luis Goytisolo in Barcelona stattfand. (Donoso 1972:114-115)

[16] Als die vier Hauptvertreter des boom werden meist Julio Cortázar, Carlos Fuentes, Gabriel García Márquez und Mario Vargas Llosa genannt.

[17] Fuentes spielte sowohl für Donoso persönlich als auch für den boom insgesamt eine Schlüsselrolle. Cf. Donoso 1972:52-53.

[18] Swanson 1987

[19] Swanson 1987:996

[20] Ich verwende diese Formulierung hier widerwillig und im Bewusstsein, dass eigentlich keine resümierbare Handlung vorliegt.

[21] Rodriguez Monegal 1971:527

[22] Ich folge hier der von Gérard Genette entwickelten und von Mieke Bal erweiterten Terminologie; cf. Bal 1977:25

[23] "(...) el narrador de EOPN de José Donoso, constituye un caso insólito y por muchas razones notable. Ofrece de distinto y bien diferenciado, en relación a los casos anteriores, el obedecer el narrador a una de las posibilidades más complejas que la novela puede presentar : la del narrador-testigo-personaje." Cedomil Goic, in: Cornejo Polar 1975:115

[24] Zur Definition von narrateur, focalisateur und voix cf. Bal 1977: 23-25, 31-34 u. 36-37

[25] Hervorhebungen von mir

[26] Donoso 1970:11-12

[27] Donoso 1970:12

[28] Donoso 1970:12-13

[29] zum Gebrauch der Zeiten in EOPN cf. Kap. 2.2.

[30] Donoso 1970:13

[31] Donoso 1970:511

[32] Donoso 1970:427

[33] Donoso 1970:26

[34] Cedomil Goic spricht in diesem Zusammenhang von einem "narrador-testigo-personaje". (in: Cornejo Polar 1975:115)

[35] Konzepte wie Erzähler oder Figur sind in EOPN nur bedingt verwendbar, da man mit ihnen in der klassischen Prosa einheitliche Identitäten verband. Auch wenn hiervon in diesem Roman keine Rede sein kann, scheinen sie mir dennoch als operative Begriffe schwer verzichtbar. Zum Problem der Konstruierbarkeit einer Figur (personnage) im modernen Roman cf. Todorov 1975:425. – Nebenbei sei bemerkt, dass man sogar so weit gehen könnte zu behaupten, dass Donoso in EOPN gar nicht erzählt, wenn man unter erzählen einen Vorgang versteht, der eine dargestellte Welt strukturiert. Im hier besprochenen Werk ist das Gegenteil der Fall: Donoso betreibt die absolute Auflösung der Identität der Figuren und verwendet den Widerspruch als Strukturelement – das Paradox sei mir hier gestattet. EOPN ist nicht dargestellte (fiktive) Wirklichkeit, sondern "la obsesión deja de ser planteamiento y se transforma en mundo" (José Promis Ojeda, in: Cornejo Polar 1975:31).

[36] cf. Luengo 1991:54-55. Luengo stützt sich in seiner Trennung der Kategorien voz und focalización / visión auf die von Mieke Bal vorgeschlagenen Präzisierungen der Genette'schen Begrifflichkeit.

[37] Donoso 1970:23-24

[38] cf. Luengo1991:65

[39] Donoso 1970:270

[40] Donoso 1970:66

[41] Donoso 1970:465

[42] Luengo 1991:69

[43] Rico 1988:446-447

[44] Donoso 1970:447-448

[45] Donoso 1970:533

[46] Donoso 1970:448

[47] cf. Luengo 1991:90-92

[48] Donoso 1970:15-16

[49] Donoso 1970:540-541

[50] Donoso 1970:222-223

[51] cf. Luengo 1990:45-47

[52] Donoso 1970:505-506

[53] Donoso 1970:471

[54] Diese Passage des Romans ist eine Art Text im Text; sie fällt aus dem Rahmen, weil sie von einem extradiegetischen Erzähler – der Alten - dargestellt wird und über eine lineare Zeitstruktur sowie eine kausale Verknüpfung der Ereignisse verfügt.

[55] Donoso 1970:39-40

[56] Donoso 1970:43

[57] Donoso 1970:41

[58] cf. Kap. 2.3.

[59] Donoso 1970:472

[60] Donoso 1970:94

[61] Donoso 1970:47

[62] Donoso 1970:448

[63] Donoso 1970:525

[64] Donoso 1970:543

[65] Dessen Roman Cien años de soledad (1967) für lange Zeit der einzige weltweit in hohen Auflagen verkaufte Best-Seller der boom- Literatur bleiben sollte.

[66] die von Donoso, nebenbei bemerkt, frei erfunden sind

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
José Donoso als Boom-Autor: Avantgardistische Erzählverfahren in El obsceno pájaro de la noche
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Veranstaltung
Hauptseminar Literatura chilena de hoy
Note
1,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
25
Katalognummer
V107672
ISBN (eBook)
9783640059188
Dateigröße
795 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
José, Donoso, Boom-Autor, Avantgardistische, Erzählverfahren, Hauptseminar, Literatura
Arbeit zitieren
Jochen Plikat (Autor:in), 2000, José Donoso als Boom-Autor: Avantgardistische Erzählverfahren in El obsceno pájaro de la noche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107672

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