Transformationsprozess in Rußland


Seminararbeit, 2003

25 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung.

2. Der politische Wandel

3. Die russische Wirtschaft: Veränderungen und Probleme

5. Der Außenhandel der Russischen Föderation

6. Hilfen durch das Ausland

7. Schlußbemerkung

8. Verzeichnis der verwendeten Literatur

1. Einleitung.

Die vorliegende Hausarbeit thematisiert den Transformationsprozeß in Rußland.

Ausgehend von einer knappen Beschreibung der naturräumlichen Bedingungen, soll darüber hinaus als Hinführung zum eigentlichem Thema auch ein schmaler historischer Weg beschritten werden ,um von diesem aus die heutigen Prozesse und Veränderungen einschätzen und vielleicht auch beurteilen zu können.

Der Schwerpunkt wird im weiteren Verlauf in der Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft liegen, zudem gilt es den Begriff der „Transformation“ auch politisch zu erfassen. Was wird reformiert oder „transformiert“ und kann eine Bevölkerung transformiert werden, deren historisches Erbe durch und durch ideologisch geprägt ist und deren System völlig andere Vorstellungen und Anforderungen an den Menschen stellte.

Deutlich sollen also auch, neben volkswirtschaftlichen Betrachtungen , die Ebene der „kleinen“ Betrachtung gesucht werden . Arbeitslosigkeit, Armut und Vertrauensverlust gegenüber Regierung und Staat, steigende Kriminalität usw. dürfen in diesem Zusammenhang auch als Indikatoren solcher menschlichen Zerrüttungen gelten, die als solches sehr schnell durch Begriffe wie „Transformation“ ausgeblendet werden, jedoch in ihren Auswirkungen auf eine sich verändernde Gesellschaftsstruktur, diesem Prozeß Kraft und Substanz kosten können. Eine Gesellschaftsform gegründet auf Verarmung und Resignation und Frustration breiter Schichten-Klassen, kann trotz ihrer ideologischen Güte (Wahlrecht, Menschenrechte...)auch ins Gegenteil umkehren und Konflikte entfachen. Diese und andere Punkte sollen im weiteren Verlauf der Arbeit nun deutlicher als jetzt angedeutet behandelt werden.

Die Russische Föderation verfügt über eine Fläche von 17075400 qkm und ist somit 40x so groß wie die BRD; sie besitzt damit 2/3 der Fläche der ehemaligen UdSSR. Die Hauptstadt der Russischen Föderation (RF) ist Moskau.

Die Verwaltungsgliederung der RF stammt zu großen Teilen noch aus der Sowjetzeit. Die RF besteht aus 89 Terretorialeinheiten, darunter 21 Teilrepubliken mit großer legislativer Autonomie. Des weiteren ist sie noch in zehn autonome Kreise(Okrug) ,einem autonomen Gebiet, sechs Regionen(Kraj) und 49 Gebiete (Olast) gegliedert.

Wirtschaftlich läßt sich die RF, in der 147 Mio. Menschen leben, in 12 Wirtschaftsgebiete unterteilen .

Naturräumlich wird das Land durch weiträumige Tiefländer, Hügel, Bergländer und Hochgebirgen gegliedert, wobei der Ural den europäischen Teil vom asiatischen Teil Rußlands trennt.

Klimatisch betrachtet finden sich in der RF sechs Klimazonen wieder, was entscheidenen Einfluß auf die wirtschaftliche Nutzung von Boden und Bodenschätzen, der Betreibung von Landwirtschaft und dem Betreiben von Industrie nimmt.

Nimmt man nun diese aufgereihten Fakten zur Hand erkennt man sehr schnell , die ,positiv ausgedrückt, Vielseitigkeit und Heterogenität der Russischen Föderation. Wir erkennen im Verwaltungsaufbau der RF eine Vielzahl unterschiedlicher Gebiete mit unterschiedlichsten politischem Status, durch welche Konflikte, wenn man einen solchen Status nicht als statisch erfaßt, bereits angelegt zu sein scheinen.

Naturäumlich und klimatisch verschieden entwickelten sich die Gebiete der RF auch unterschiedlich aufgrund ihrer Ausstattung, ihrer politischen Stellung im System der früheren UdSSR usw., was sich letztlich in der heutigen wirtschaftlichen Situation widergespiegelt .

2. Der politische Wandel

Rußlands heutige Probleme und Defizite können nur durch einen Blick in die Geschichte in ihrer Tragweite begriffen werden. Im Dezember 1922 entstand die damalige UdSSR, bestehend aus 14 Republiken, kontrolliert und strukturiert nach den Maßstäben und Wertvorstellungen einer neuen politischen Elite. Sozialismus und die dazugehörige Planwirtschaft prägten von nun an den Wirtschaftsablauf und prägten natürlich auch die Menschen, welche in diesem System lebten.

Nach außen verankert in Organisationen , wie der des Warschauer Paktes und des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe(RGW), existierte die UdSSR mehr oder weniger als politische Supermacht contra dem Westen und als eher verhinderter Wirtschaftsriese, der den östlichen Teil Europas militärisch(Warschauer Pakt) und wirtschaftlich an sich band.

Dieser Zustand änderte sich nicht schlagartig, sondern vielmehr zerfiel die Position in außenpolitischer, wie auch wirtschaftlicher Art in eher kontinuierlichen Rahmen, deren Ursachen nicht zuletzt im ideologischem Konzept und seiner immer deutlicher werdenden mangelhaften Umsetzung lagen. Reformen unter dem letzten Generalsekretär der KPdSU zeigten die eigentlichen Defizite des Systems der UdSSR erst richtig auf.

Neben Mißwirtschaft und Parteiklüngel und unter der Sense einer sozialistischen Diktatur kriselte es in allen Bereichen des politischen und gesellschaftlichen Lebens; die UdSSR zerfiel in der Krise, welche selbst durch eine Persönlichkeit wie Gorbatschow und seiner mutigen Reformen nicht mehr aufzuhalten war.

Die Russische Föderation proklamierte im Dezember 1991 ihre Unabhängigkeit, womit sie der dahinsiechenden UdSSR zwar den Todesstoß gab, gleichzeitig aber auch ihre Probleme erbte(neben den anderen neu entstandenen Staaten).

Wirtschaftsstruktur und Gesellschaftsstruktur waren zwar in der Endphase der UdSSR reformiert und hin zu einer demokratischen und liberaleren Art gelockert worden , grundsätzlich jedoch in Aufbau und Ablauf noch sehr geprägt vom alten Denken.

Die Aufgaben der neuen Machthaber in Rußland waren nun eine Reformierung des Politischen und damit gekoppelt der Aufbau einer funktionierenden Wirtschaft nach den Maßstäben des Systems der Marktwirtschaft.

Am 31.3.1992 schloß die russische Regierung unter Boris Jelzin einen neuen Föderationsvertrag zwischen der RF und ihren Teilrepubliken, Regionen und Autonomen Gebieten ab. In diesem Vertrag kam es zu einer Aufwertung ,d.h. zu einer Statusverbesserung, durch welche diese zu Subjekten der Föderation, anders ausgedrückt, zu Gliedstaaten der RF wurden.

Als entscheidener Einschnitt muß hier auch noch die Verabschiedung der neuen Verfassung genannt werden(12.12.1993), durch welche die Regierung Boris Jelzins eine Demokratie mit einer außerordentlichen starken Stellung des Präsidenten schuf.

Neben der formal starken Stellung des Präsidenten sind es von jetzt an zwei Kammern, die Staatsduma, deren Mitglieder durch Wahl bestimmt werden und der Föderationsrat zusammengesetzt aus Vertretern der Föderation, welche das politische Geschehen mitbestimmen.

Neben Aktivitäten zur Reformierung des politischen Systems, lag der eindeutige Schwerpunkt in der Überwindung der dramatischen Wirtschaftskrise.

Tabelle 1: Die Veränderung des Bruttoinlandsprodukts(real) in Prozent gegenüber dem Vorjahr

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Brücker,H.; Schrettl,W. 1997: Entsteht eine neue wirtschaftliche Kluft in Europa. S.20.

Wie aus der Tabelle ersichtlich wird, stürzte das russische Bruttoinlandsprodukt innerhalb weniger Jahre deutlich herab, wobei 1995 und 1996 der Abwärtstrend verlangsamt scheint. Die Frage, die sich nach der Lektüre solcher Daten stellt, ist diejenige nach den Mitteln und Methoden, d.h. welcher Instrumente bediente sich die russische Regierung und mit welchem Konzept wurden diese dann eingesetzt. Neben der erwähnten Reformierung des politischen Systems ist das erklärte Ziel der russischen Regierung die Einführung der Marktwirtschaft, was nicht zuletzt auch auf Druck ausländischer Gläubigerstaaten und der EU in dieser Weise geschieht.

Es lassen sich danach grob zwei Konzepte der russischen Regierung unterscheiden. Mit dem Zerfall der UdSSR 1991 wendete man das Konzept der „Schocktherapie“ (Stadelbauer 1994, S.192) an, d.h. das System der Marktwirtschaft sollte in nur kürzester Zeit durch Preisfreigabe und Privatisierung umgesetzt werden.

Mißachtet wurde hierbei die Tatsache, daß eine bloße Freigabe der Preise kein funktionierendes Mittel ist, solange die Rahmenbedingungen unbestimmt sind.

Die Folge dieser Maßnahme waren Inflation und als Reaktion die Einführung von Weltmarktpreisen. Das Gesetz zur Liberalisierung der Preise und Löhne(Reform des Wirtschaftssystem zu diesem Zeitpunkt unter Leitung des Radikalreformers und Ministerpräsidenten Jegor Gaidar), welches im Januar 1992 in Kraft trat, galt zunächst für das gesamte Gebiet der RF. Später gab die russische Regierung die Vollmachten zur Auslegung dieses Gesetzes den Regionen. Die Folgen waren ein Wirrwarr neuer Eingriffe, damit letzten Endes eine unterschiedliche Entwicklung von Preisen und Löhnen und Chaos zwischen Zentrale und Regionen in bezug auf die jeweiligen Kompetenzen .

Transparenz und gesicherte Rahmenbedingungen, die unabdingbar für jede Marktordnung sind, wurden durch diese Maßnahmen nicht geschaffen.

Als ein weiteres Mittel dieser Phase darf die Privatisierung gelten.

Mit dieser versuchte man zum einen den maroden Staatshaushalt zu entlasten, zum anderen sollte privates Eigentum als stimulierendes Element dienen, welches die Entwicklung zur Marktwirtschaft und dem damit verbundenen Wohlstand beschleunigen sollte. Ähnlich der Preisfreigabe wurden hierbei wiederum nicht die Rahmenbedingungen beachtet.Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen waren und sind weit entfernt von den Bedingungen einer westlichen Marktwirtschaft, d.h. die erhofften Effekte konnten nicht eintreten ,da kaum oder kein Wettbewerb vorhanden war. Als problematisch darf auch der Personenkreis gelten, der sich anschickte die Betriebe z.T. durch Schleuderpreise anzueignen und weniger darauf bedacht war, Betriebe wieder flott zu machen.Spekulanten und Mafia sind hier als Beispiele anzuführen, deren Motive wohl eher mit Geldwäsche und schnellem Gewinn zu bezeichnen sind .Ein weiteres Mißgeschick wird durch den Begriff der „Insider-Privatisierung“(Götz,R.;Halbach, U. 1996.S.292) sehr trefflich bezeichnet. „Die Privatisierung in Rußland hatte überwiegend den Charakter einer Insder-Privatisierung, bei der die Beschäftigten und vor allem deren Management bevorzugt wurden, wobei unlautere Praktiken nicht selten waren.“(Götz,R.;Halbach,U. 1996.S.292)Hierbei wird sehr schnell deutlich, daß die angestrebte Privatisierung größtenteils rein formal vonstatten ging und weiterhin alte Kader in ihren Verflechtungen die Geschicke der Unternehmen lenken.Die sich so erhofften Impulse und Antriebe für die neu zu entstehende Marktwirtschaft und Demokratie dürften sich damit wohl nicht einstellen.Die wenigen wirklich privatisierten und neu entstandenen Betriebe dürften demnach weiter mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben, da alte Monopolstrukturen und Beziehungen eher zur Erhaltung von Besitzstand und Einflußnahme genutzt werden, als zukünftigen Konkurrenten den Weg zu (beispielsweise) Rohstoffquellen und Vertriebssystemen zu ermöglichen.

Hinzu dürfte sich auch die Verquickung von Industrie, Politik und Verwaltung als negativ für das neue private Unternehmertum herausstellen. Kirk Mildner betont diese Defizite recht deutlich. „Da die Verwaltungsinstitutionen in keiner Weise „Präzision, Stetigkeit, Straffheit und Verläßlichkeit also Berechenbarkeit“ garntieren (Max Weber), sind Bestechung...,persönliche Freundschaften und Nepotismus mitunter die einzigen Mittel, sich das Wohlwollen oder auch nur die „Tätigkeit“ der Verwaltung zu sichern. Auch hier scheinen Unternehmen, die aus der Nomenklatura-Privatisierung hervorgegangen sind,...erheblich im Vorteil.“(Mildner, K. 1995. S.1118). Schon schnell erkannte die russische Regierung die Fehlentwicklungen ihrer „Schocktherapie“.

Das Konzept des „Gradualismus“(Stadelbauer 1994.S.192) löste die Schocktherapie ab und verlangsamte nun das Tempo der Reformen. Es wurde und wird nun ein allmählicher Übergang von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft angestrebt, der auch sozialen Aspekten Rechnung trägt. Im nächsten Kapitel sollen nun die Veränderungen im einzelnen betrachtet werden.

3. Die russische Wirtschaft: Veränderungen und Probleme

3.1 Industrie

Die russische Industrie ist weitestgehend geprägt worden durch die UdSSR und ihr System der Planwirtschaft. Verfügungsrechte und Kompetenzen, insbesondere der großen Konzerne, lagen bei den dafür aufgebauten Ministerien. Diese verwalteten die staatseigenen Betriebe-Konzerne und trafen die Entscheidung über Art und Umfang der Produktionsziele nach politischen Grundsätzen, weniger unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten.

Fast die gesamte Rohstoffwirtschaft(sie ist heute immer noch in staatlicher Hand-Beisp.der Energieträger Gas),die Rüstungsindustrie, der Maschinenbau und der Außenhandel mit diesen Gütern lag in der Hand von Ministerien.

Mit dem Zerfall der UdSSR veränderte sich dieser Status in einigen Branchen, zudem tauchten Probleme auf, die unter der Planwirtschaft politisch akzeptiert wurden, sich nun aber als Verschuldungskreislauf-Falle entpuppten und mit den Zielen von Effizienz und Rentabilität einer zur Aufgabe forcierten Marktwirtschaft nicht zu verbinden waren und sind.

Tabelle 2: Die Veränderung der Industrieproduktion (Dez. 1991=100)[1]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Pleines, Heiko 1996: Entwicklung der russischen Wirtschaft 1992-1995.In: Osteuropa. S.255.

Aus der Tabelle wird der dramatische Abfall der Produktion sichtbar, welcher innerhalb von nur wenigen Jahren die Produktion halbierte. Besonders betroffen vom Rückgang der Produktion sind die Leichtindustrie und der Maschinenbau, der im Zeitraum von 1989 bis 1994 ein Minus von 45% verzeichnete; weniger betroffen war der Energiesektor mit einem Minus von 25% (Länderbericht Russische Föderation 1995). Der Rückgang der Produktion ist in Zusammenhang zu sehen mit den drastischen Reformen zur Sanierung des Staatshaushaltes und zur Bildung einer funktionierenden Wirtschaft. Mit diesen radikalen Wirtschaftsreformen unter Gaidar und seiner Nachfolger(z.T später in abgeschwächter Form) versuchten durch die Regierung, auch die Geldstabilität in den Griff zu kriegen.

Dies hieß gleichzeitig auch eine Einschränkung von staatlichen Subventionen und Investitionen als Mittel einer gezielten Geldmengenpolitik.

Als Nebeneffekt waren und sind Veralterung der Produktionsanlagen durch fehlende Investitionen als ein noch weiterer push-Effekt zur Unrentabilität zu bezeichnen. Götz und Halbach betonen in diesem Zusammenhang, daß Rußland z.B. im militärischen Maschinenbau „hohes technologisches Niveau“ besitzt, andererseits aber Betriebe in der „...Konsumgüterherstellung und Nahrungsmittelindustrie stark veraltet“ sind.(Götz, R.; Halbach, U. 1996. S39) Daneben treffen fehlende Investitionen besonders Produzenten, die Investitionsgüter herstellen, d.h. verstärkt sind hiervon der Anlagebau-die Maschinenproduzenten betroffen.

Deren Absatz deutlich sank. Investitionshemmend wirken ebenfalls die „Überanspruchung“ des russischen Kapitalmarktes durch den Staat, der durch Kredite seine Staatsausgaben zu decken pflegt(nicht zuletzt aufgrund ausbleibender Steuereinnahmen).

Der Niedergang von Forschung und Entwicklung beschleunigt ebenso den Niedergang der Industrie, da ohne diese beiden Bereiche jegliche Industrie sehr schnell den Anschluß an den Weltmarkt und damit alle Absatzchancen verliert.

Als wichtiger Beschleuniger dieser negativen Entwicklung muß auch der Zerfall der Rüstungsindustrie genannt werden, deren Umstellung auf zivile Produktionsgüter sich als sehr kompliziert herausstellt. Auch das Militär als Käufer militärischer wie auch ziviler Güter scheint aufgrund leerer Kassen, die RüstungsIndustrie zu belasten. Einzig der geringe Verlust des Energiesektors und Energiewirtschaft hellt dieses Bild etwas auf. Es ist deutlich zu erkennen, daß die russische Wirtschaft sich zu einer Rohstoff und Energiewirtschaft entwickelt. Aber auch hier nagt der Zahn des Kapitalmangels.Schlechte Zahlungsmoral der Abnehmer, fehlendes Kapital zur Modernisierung der Produktions-Förderanlagen und zwecks Neuerschließung von Fördergebieten machen dem Musterknaben Energiesektor ebenfalls Probleme, führten deshalb schon zu Produktionseinbußen. Eine zusätzliche Belastung stellt zudem der Wegbruch traditioneller Märkte in Osteuropa dar, deren Öffnung Richtung Westen natürlich westliche Anbieter anlockt und nicht konkurrenzfähige russische Güter schnell vom Markt verdrängen.

Die erwähnte Privatisierung, bzw. „Insiderprivatisierung“[2]führten nur in begrenztem Umfang zu einer Verbesserung.

Alte Denk- und Verhaltensmuster erschweren die Entwicklung auch innerhalb der Industrie- des produzierenden Gewerbes und die noch immer, zwar spärlicher fließenden Subventionen verhindern eher eine Modernisierung und Effizienzsteigeung. Vielversprechender als die Großbetriebe dürften daher die Entwicklung von privaten Klein- und Mittelbetrieben (zu einem großen Teil auch Dienstleistung) sein, die heute schon 12-14 Mio. Beschäftigte haben und deren Anteil am BIP man mittlerweile auf 10% beziffern darf.[3]

3.2 Landwirtschaft

Die russische Landwirtschaft ist traditionell sehr bedeutsam hinsichtlich der Arbeitsplätze die sie bietet und ihrem Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt(1992 11% Anteil am BIP). Nicht betont werden muß hier die Bedeutung für die Versorgung der russischen Bevölkerung.

Der Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche an der Gesamtfläche betrug 1994 12,3%, davon sind 62% Ackerland ,28% Weiden und 9% Wiesen (Statistisches Bundesamt-Länderbericht Rußland 1995).

Karte 1: Wirtschaftsräume der Rußländischen Föderation- Landwirtschaftliche Nutzfläche

Quelle: Stadelbauer, J. 1996: Die Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Großraum zwischen Dauer und Wandel. Wissenschaftliche Länderkunden. Bd. 41.Darmstadt.

In Anbetracht der Tatsache, daß weite Gebiete aufgrund klimatischer Bedingungen nur sehr schwer oder gar nicht nutzbar sind, ist diese Zahl überraschend. Die abgebildete Karte zeigt noch einmal sehr anschaulich die Verteilung der landwirtschaftlichen Flächen in Abgrenzung zu den klimatisch ungünstigen Räumen für diese Art der Nutzung.

Karte 2: Wirtschaftsräume der Rußländischen Föderation -Getreidewirtschaft

Quelle: Stadelbauer, Jörg 1996: Die Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Großraum zwischen Dauer und Wandel. Wissenschaftliche Länderkunden Bd.41. Darmstadt.

Wie auf Karte eins und zwei sehr schön erkennbar, liegen die Hauptanbaugebiete für Getreide in Westsibirien und im Süden Rußlands, während Viehzucht aufgrund der genannten Gründe größtenteils im Norden betrieben wird.

Ähnlich wie in der Industrie wurden auch Reformen in der Landwirtschaft durchgeführt und brachten positive und negative Effekte mit sich.

Bis 1990 waren die beherrschenden Betriebsformen die Kolchosen und die Sowchosen, jedoch zeigten auch zu diesem Zeitpunkt private Hauswirtschaften schon enorme Erträge im Gemüse und Kartoffelanbau.

So produzierte diese Betriebsform schon 1990 58% der Kartoffelernte und 34% des in Rußland hergestellten Gemüses,1992 nochmals anteilmäßig gesteigert auf80%, bzw. 55%(Länderbericht Rußland 1995).

Mit den 1991 eingeleiteten Reformen wurden nun, ähnlich der Reformen in der Industrie, Privatisierungen vorgenommen und Eigentum an Land auch in private Hände gelegt.Gleichzeitig versuchte man „neue“ Betriebsformen zu forcieren .

Ziel war es, der Landwirtschaft neue Impulse zu geben und damit einhergehend die Produktivität und Leistungsfähigkeit dieses Sektors zu erhöhen. Das Ergebnis blieb zweischneidig, wie uns die folgende Tabelle sehr schnell aufdeckt. Die abgebildete Tabelle zeigt uns ein Anwachsen der Anzahl der einzelbäuerlichen Betriebsform auf 279200 in dem Zeitraum zwischen 1991 und 1995 an.

Tabelle 3: Landwirtschaftliche Betriebe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Bundesamt(Hrsg.) 1995: Länderbericht Rußland. Wiesbaden.

Diese Zahl ist im Vergleich mit denen früherer Jahre enorm hoch, jedoch relativiert sich diese Zahl, wenn auch die dazugehörige Nutzfläche hinzugezogen wird.

Nur 7% der landwirtschaftlich genutzten Fläche fallen auf private Betriebsformen. So liegt die Vermutung nahe, daß die Reformierung der Landwirtschaft und ihrer Betriebsformen fast ausschließlich formaler Natur ist. Betrachtet man die oben in der Tabelle angeführten Zahlen über die landwirtschaftlichen Betriebe und bezieht diese auf die dazugehörige Fläche, so bestätigt sich die erwähnte Vermutung, da diese z.T. nur formal in genossenschaftliche Betriebe umgewandelt wurden und den größten Teil des Landes weiter für sich beanspruchen dürfen.

Der Erfolg der privaten Bauernbetriebe darf ebenfalls nicht so hoch eingeschätzt werden. Geringer Mechanisierungsgrad und eine hohe Arbeitsintensität prägen diese kleinen Höfe, so daß die Überlebensfähigkeit sehr gering ist.

In den Jahren 1990-95 mußten aufgrund dieser widrigen Bedingungen mehr als 40000 Bauern aufgeben(Länderbericht Rußland 1995).

Die Situation der russischen Landwirtschaft ist generell nicht gut. Götz und Halbach nennen explizit drei wesentliche Gründe für diese schlechte Lage. Zum einen sehen sie die derzeitige Situation als „Folge der Vernichtung des selbstständigen Bauertums vor nunmehr 70 Jahren“. Des weiteren sehen sie die „unzureichenden Investitionen“ und letztlich auch die Unfähigkeit der Behörden, Mittel... anders als strukturkonservierend einzusetzen“als Ursache für die Krisensituation(Götz, R.; Halbach, U. 1995.S.38.).

Alle Produktionsformen verzeichnen Produktionsrückgänge von bis zu 25%.

Nach Wädekin (1995) führen insbesondere die Verteuerung der Produktionsmittel, aber auch die Stagnation der Aufkaufpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse zu starken Gewinneinbußen.

Das erwähnte ungleiche Verhältnis zwischen Produktionskosten und Erlös offenbart auch ein Fehlen von Wettbewerb und monopolistische Strukturen beim Ankauf von landwirtschaftlichen Gütern. Erst 1992 wurden die staatlichen Organisationen für den Ankauf von landwirtschaftlichen Produkten zu „privaten“ Großhandelsorganisationen privatisiert, bieten aber den Landwirten weiterhin kaum Möglichkeiten des Ausweichens auf andere Unternehmer.

Die schlechte „Zahlungsmoral“ dieser staatlich-nichtstaalichen Organisationen und die Entwertung der Erträge durch die Inflation bis zur Bezahlung verschlechtern und vermindern das Einkommen.[4]Daneben reduziert sich durch „befreite“ und damit erhöhte Preise die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Gütern. Ebenfalls negativ wirken sich nach Wädekin die gestoppten und gekürzten Hilfen für die Landwirtschaft aus. Kapitalmangel und gleichzeitige Verteuerung der Betriebsmittel führen gleichfalls zu einer Senkung der Erträge, da Investitionen nicht mehr getätigt werden, z.B. landwirtschaftliche Maschinen nicht mehr gekauft werden und alte Maschinen häufig defekt und damit nicht einsatzfähig sind.[5]Die Folgen für die Hersteller von Landmaschinen sind herbe Absatzeinbußen, die zu Stillegungen von Werken führten

Tab.4: Lieferung zweier wichtiger Landmaschinen an Agrarbetriebe(Auswahl)- Zahlen in 1000

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Wädekin, Karl-Eugen 1995: Der Niedergang von Rußlands Agrarproduktion.In: Osteuropa. S. 1111.

Kapitalmangel wirkt sich besonders in bezug auf den Boden aus.

Fehlende und nicht ausreichende Düngung stark beanspruchter Böden lassen diese schnell in der Bodenqualität sinken, zudem sind hohe Erträge auf solchen Böden kaum noch möglich, über lange Zeiträume unmöglich.

Tab. 5: Lieferung mineralischer Dünger an die Landwirtschaft (Düngemittel in 1000 t Nährstoff)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle:Statistisches Bundesamt (Hrsg.) 1995: Länderbericht Russische Föderation. S.75. Wiesbaden.

Die Zahlen belegen noch einmal den dargestellten Rückgang des Verbrauchs von Dünger.

Insgesamt darf die angestrebte Reformierung der Landwirtschaft mit kritischen Augen betrachtet werden, da sie aufgrund ihrer Konzeptlosigkeit und leider auch Inkonsequenz der Landwirtschaft mehr geschadet als geholfen hat.

Die Mischung von monopolistischen Strukturen und marktwirtschaftlichen Elementen in der Landwirtschaft scheinen völlig ungeeignet.

Feste Ankaufpreise, von Monopolisten vorgegeben, treiben die von einer Kostenexplosion der Produktionsmittel betroffenen Landwirte in den Ruin, schmälern die Erträge und können längerfristig zu Engpässen führen.

Die Situation der Landwirtschaft ist aus diesen Gründen, nicht getrennt von der gesamtwirtschaftlichen Lage zu betrachten.

4. Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit

Die Russische Föderation wandelt sich mit dem Beginn der Reformen von einer Planwirtschaft zu einer noch in den Kinderschuhen steckende Marktwirtschaft, mit allen Problemen die eine strukturelle Veränderung eines Systems mit sich bringt.

Abb.1: Erwerbstätige und Arbeitslose in der Russischen Föderation

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Bundesamt (Hrsg.) 1995: Länderbericht Russische Föderation. S.68.Wiesbaden.

Die Abbildung zeigt uns, daß die Zahl der Erwerbspersonen ungefähr konstant blieb, hingegen die Zahl der Arbeitsuchenden sprunghaft angestiegen ist.

Die Wirtschaft Rußlands hat sich gewandelt und wandelt sich.

In den Kapiteln über die Veränderungen in Landwirtschaft und Industrie wurde deutlich, daß zunehmend auch private Unternehmer ihr Glück in der „freien“ Marktwirtschaft suchen, gleichzeitig auch vielerorts dieses private Engagement nur rein formaler Natur ist und nur den Deckmantel des neuen Unternehmertums trägt. Ungeachtet dessen hat sich auch der Arbeitnehmer mehr als nur formal verändert.

Tabelle 6: Erwerbstätige nach Wirtschaftssektoren und Unternehmensformen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Bundesamt(Hrsg.) 1995: Länderbericht Russische Föderation.S.69.Wiesbaden.

Deutlich erkennbar ist das Ansteigen der Beschäftigten in privaten und gemischten Unternehmen, was sicherlich auf die Reformen rückführbar ist.

Der Anteil der Beschäftigten, die beim Staat beschäftigt waren halbierte sich (fast) in nur vier Jahren. Auch in Hinblick auf die Beschäftigung nach Wirtschaftsbereichen kam es zu Veränderungen, welche sich in den offiziellen Zahlen aber nicht so dramatisch widerspiegeln. Ersichtlich wird jedoch ein Anwachsen des Dienstleistungssektors gegenüber dem Produzierendem Gewerbe.

Tabelle 7: Erwerbstätigkeit nach Wirtschaftsbereichen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Bundesamt(Hrsg.) 1995: Länderbericht Russische Föderation. S.70. Wiesbaden.

Dies ist eigentlich widersprüchlich, da der Produktionsumfang vor allem in der arbeitsintensiven verarbeitenden Industrie und hier besonders in der

Karte 3: Arbeitslosigkeit in der Russischen Föderation

Quelle: Stadelbauer, J. 1994: Die Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Gr 46. H 4.

Karte 4: Wirtschaftsräume der Rußländischen Föderation-Energiewirtschaft und Industrie

Quelle: Stadelbauer, J. 1996: Die Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Großraum zwischen Dauer und Wandel. Wissenschafliche Länderkunden.Band 41. Darmstadt.

Schwerindustrie enorm gesunken ist(z.T. bis zu 50%). Dies allein mit rückläufiger Produktivität und damit gesteigerter Arbeitsintensität erklären zu wollen, scheint widersinnig.

Bei der Betrachtung der Arbeitslosenzahl, zumindest der offiziellen, klärt sich dies nur wenig auf. In der UdSSR war die Arbeitslosigkeit ein „unbekanntes“ Problem(Garantie auf lebenslange Beschäftigung), tauchte erst mit dem Beginn der Transformation auf. Das Problem der offiziellen Statistik sind nach Pleines[6]die „potentiell Arbeitslosen“, welche durch Scheinbeschäftigung einem Betrieb angehören. Pleines vermerkt in diesem Zusammenhang, daß unbezahlter Urlaub auf längere Sicht eine Beschäftigung sei, die dem Arbeitgeber eine hohe Beschäftigtenzahl und damit staatliche Unterstützung bringt, dem Arbeitnehmer auf der anderen Seite die Sozialleistungen erhält.

Im Mai 1995 waren in Rußland ca. 6 Mio. Menschen(Länderbericht Russische Föderation S.68ff) arbeitslos gemeldet, was einer Quote von 8% entspricht. Rechnet man nun die verdeckte Arbeitslosigkeit dazu( was auf Schätzungen beruhen dürfte), so ergibt sich eine Quote von schon 14%.

Hinzu kommt die Rückläufigkeit an offenen Stellen, die in den Jahren 1991 bis 1994 rund 60% betrug. Als weiteres Problem gilt auch die Altersstruktur der Arbeitslosigkeit ; 30% der Arbeitslosen sind unter 25 Jahre alt, was nicht zuletzt auch die Hoffnungen der jungen Menschen am Erfolg Jelzins und seiner Reformen untergräbt. Die Arbeitslosigkeit variiert in den Republiken, was man sehr deutlich im Vergleich der beiden abgebildeten Karten erkennt. Deutlich erkennt man den Zusammenhang zwischen industriellen Produktionsrückgang und Arbeitslosigkeit(besonders im europäischen Teil). Daneben veranschaulicht Karte vier noch einmal den dramatischen Verfall der russischen Industrie-Wirtschaft.

5. Der Außenhandel der Russischen Föderation

Der Außenhandel der Russischen Föderation veränderte sich grundlegend mit dem Beginn des Transformationsprozesses. Unterschieden werden muß beim russischen Außenhandel zwischen dem „nahem“ und „fernem“ Ausland . Unter dem erstgenannten versteht die russische Statistik die Staaten der GUS, also die ehemaligen Sowjetrepubliken mit Ausnahme der Baltischen Staaten. Beginnend mit dem Handel Rußlands innerhalb der GUS ist zu sagen, daß dieser rückläufig ist. Als Grund kann in diesem Zusammenhang die Einführung von Weltmarktpreisen für Rohstoffe und Energieträger gelten,durch welche die Staaten der GUS häufig in Zahlungsschwierigkeiten gegenüber dem großen Nachbarn Rußland kamen und kommen.

Der Westhandel, insbesondere der Handel mit der EU wurde bis Mitte der neunziger Jahre wichtiger als der Intra-GUS Handel. Aufällig ist ebenfalls die Warenstruktur des Handels zwischen Rußland und der EU. Rußland importiert überwiegend Konsumartikel, pharmazeutische(chemische) Produkte, während gleichzeitig der Import an Investitionsgüter abnimmt. Auf der anderen Seite exportiert Rußland verstärkt Rohstoffe und Halbfertigwaren in das „ferne“ Ausland.

Die unten abgebildete Tabelle zeigt noch einmal in Auszügen einzelne Exportgüter der Russischen Föderation.

Tabelle 8: Ausgewählte Ausfuhrwaren der Russischen Föderation

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Bundesamt(Hrsg.) 1995: Länderbericht Russische Föderation. S.111.Wiesbaden.

Deutlich erkennbar sind die Exportsteigerungen dieser Güter.

In bezug auf die wirtschaftliche Situation Rußlands wird hieran noch einmal der Niedergang der russischen Industrie deutlich, welche auf dem Weltmarkt nur noch begrenzt höherwertige Produkte abzusetzen vermag[7].

Insgesamt hat sich der Außenhandelsumfang Rußlands mit dem Beginn des Transformationsprozesses verringert(mit einem Aufwärtstrend 1995), obwohl die russische Regierung den Außenhandel mittlerweile weitesgehend liberalisiert hat(jedoch führte sie auch Zölle, bzw.Importsteuern ein).

Bezogen auf das Handelsvolumen(1995) ist Deutschland vor Italien und Frankreich der größte Handelspartner (wie auch Kreditgeber) der Russischen Föderation.

6. Hilfen durch das Ausland

Der Umbruch im Osten Europas und die damit verbundenen Risiken und Chancen betreffen auch den westlichen Teil dieses Kontinents.

Die NATO- Osterweiterung hat gezeigt, wie stark das Interesse der osteuropäischen Länder an ihrer Integration in die Strukturen der Sicherheit ist.

Auch wirtschaftlich sehen die osteuropäischen Länder ihren Halt und ihre Zukunft engstens mit einem gesamteuropäischem Konzept verbunden, welches ihnen Zugang zu den Märkten sichert, aber auch politisch Unterstützung bieten würde.

Diesen Bestrebungen wird sich die EU , neben der NATO, über längere Zeit hinweg nicht mehr mit Aufschüben und Verweisen auf die noch nicht etablierten „westlichen“ Standards erwehren können.

Ziel der EU ist es vielmehr, den osteuropäischen Ländern finanzielle Hilfen und Erfahrung-Wissensaustausch anzubieten, ihnen somit beim Aufbau zu helfen.

Als Beipiel wäre das PHARE-Programm für die OST-und Mitteleuropäischen Staaten zu nennen, welches bis heute bedeutende Hilfen bietet.

Rußland als ehemalige Großmacht darf aus solchen Entwicklungen nicht herausgetrennt werden. Die NATO-Osterweiterung zeigte schon, wie weit Rußland in der Lage ist, nicht zuletzt aufgrund seiner innenpolitischen Situation, Druck auf seine europäischen Nachbarn und den USA auszuüben. Die Angst vor einem isolierten und damit unberechenbaren Rußland ist Motivation genug, um Zugeständnisse zu erleichtern. Die Gelder und Hilfen für Rußland sind somit unverzichtbare Unterstützung für das Gelingen der Transformation .

Daneben müssen allle Bedingungen geprüft werden, durch die Rußland an den Prozessen der Europäischen Integration teilnehmen kann.

Wichtig ist gleichfalls auch die Öffnung des europäischen Marktes für russische Güter.

Ein Programm, das bemüht ist den Transformationsprozeß zu unterstützen, ist das TACIS-Programm (Programm der technischen Hilfe für die Nachfolgestaaten der früheren UdSSR). Das TACIS-Programm besteht seit 1991 und wird finanziert durch die EU. Von 1989 bis 1995 flossen 100 Mrd. US $ an finanzieller Hilfen in diese Staaten[8].

Die Schwerpunkte des Programms sind vielseitig und umfassen alle Sparten.

Die Umstrukturierung der öffentlichen Unternehmen und die damit verbundene Förderung der Privatwirtschaft und Landwirtschaft(durch Kredite) sind entscheiden Punkte . Darüber hinaus soll das Programm helfen, die teilweise sehr veraltete und verbrauchte Infrastruktur zu verbessern; Energie, Umweltschutz-nukleare Sicherheit, Reformierung der Verwaltung und das Bildungswesen werden in ihren Reformen unterstützt.

In neuerer Zeit kam die Unterstützung zur Festigung von Marktwirtschaft und Demokratie noch als ein Aufgabenfeld hinzu, welches sicherlich in Verknüpfung zu den zuvor genannten Aufgaben steht.

Daneben unterstützen noch viele andere Organisationen(IWF,,EBRD-Eurpäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung,IFC-International Finance Corporation, die mit 25% an der Finanzierung privatwirtschaftlicher Investitionen beteiligt ist) den Transformationsprozeß.

7. Schlußbemerkung

Die konkreten Auswirkung des Systemwechsels auf die russische Bevökkerung ließ sich schon in Ansätzen in den Szenarien des Verfalls der russischen Industrie erkennen.

Überall hinterläßt dieser Umwandlungsprozeß seine Spuren aufgrund der finanziellen Misere, die alle Bereiche des öffentlichen Lebens in ähnlicherWeise betrifft. Die Leistungsfähigkeit aller öffentlichen Einrichtungen und Systeme ist eingeschränkt. Das soziale Netz zerbricht unter der Last einer starken Inflation und entläßt ältere Menschen in Armut; das finanziell aufwendige Gesundheitswesen verfügt nichr mehr über die Qualitäten, um die Versorgung der Bevölkerung, besonders ihrer schwächsten Mitglieder, sicherzustellen. Anzeichen dafür sind z.B. ein starker Anstieg der Säuglingssterblichkeit und das Sinken der Lebenserwartung, besonders der männlichen Bevölkerung auf 57,3 Jahre für das Jahr 1994. In den Jahren 1985/86 lag dieser Wert noch bei 65 Jahren[9].

Die Verschlechterung der Lebensbedingungen ist weiter auch auf die verminderte Qualität der Nahrung zurückzuführen, ebenfalls negativ wirken sich Umweltverschmutzung auf die Gesundheit der Bevölkerung aus.

Neben diesen konkreten Verlusten, führt auch der Zerfall des Bildungswesens und der Forschung zu Defiziten, die sich in ihren Ausmaßen erst in den Folgejahren als Substanzverlust für Wirtschaft und Gesellschaft erweisen dürften.

Zum Erfolg des Transformationsprozeß gehört nun auch die Verminderung und Beseitigung solcher gravierender Mängel.

Den in den vorhergegangenen Kapiteln beschriebenen ökonomischen Reformen müssen gesellschaftspolitische Reformen folgen.

Die durch Jelzins Reformen entstandene Demokratie und ihrer durch sie verbrieften Menschenrechte müssen auch materiell untermauert werden. Die Aufgaben öffentlicher Güter und Instituionen müssen in diesem Reformprozeß auch unter diesem Aspekt definiert werden; die Verwirklichung von Marktwirtschaft und Demokratie kann in diesem Sinne nur gelingen, wenn auch der Staat und die ihn ausübenden Instituionen die Wohlfahrt der Bevölkerung (als unverzichtbaren Teil) sichern.

8. Verzeichnis der verwendeten Literatur

Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft(Hrsg) 1995:Beihilfen und Darlehen der EU. Luxenburg.

Europäische Kommision(Hrsg.) 1996:Bulletin der EU-Kommission.Luxenburg.

Brücker, Herbert; Schrettl, Wolfram 1997:Entsteht eine neue wirtschaftliche Kluft in Europa ?.In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament. H 44-45.S.17-26.

Europäische Kommission(Hrsg.)1994:Die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit mit Osteuropa.Luxenburg.

.

Götz, Roland; Halbach, Uwe 1995:Gemeinschaft unabhängiger Staaten. Entwicklung und aktuelle Lage der Mitgliedsstaaten.Russländische Föderation. In: Informationen zur politischen Bildung. H 249. S. 34-41.

Götz, R.; Halbach,U. 1996:Politisches Lexikon der GUS. München.

Höhnmann, Hans-Hermann 1997:Wirtschaftslage und Stand der ökonomischen Systemtransformation in Rußland.In: Aus Politik und Zeitgeschichte.Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament.H.30-31.S.13-22.

Höhmann, Hans-Hermann 1997:Wirtschaftentwicklung und ökonomischer Systemwechsel in Rußland-eine Bilanz nach fünf Jahren. In: Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie. H. 2-3. S.79-86.

Klüter, Helmut 1993:Von der Sowjetunion zur GUS.In: Geographie Heute 112.S.4-10.

Meyer, Gerd 1997:„Zwischen Haben und Sein“.Psychische Aspekte des Transformationsprozesse in postkommunistischen Gesellschaften.In: Aus Politik und Zeitgeschichte.Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament.H5.S.17-28.

Mildner, Kirk 1995:Klein- und Mittelunternehmen in Rußland.In: Osteuropa.S1113-1126.

Pleines, Heiko 1996:Die Entwicklung der russischen Wirtschaft 1992-1995.In: Osteuropa.S.252-267.

„Rußlands Industrieproduktion steigt.Bestes Halbjahresergebnis seit sieben Jahren/Aber weniger Investitionen.“ FAZ Nr.165 (19.7.1997) : S.11.

Sabathil, G.; Jungemann, Horst 1995:Förderprogramme der EU.5 Aufl..Bonn.

Sondhof, Harald 1997:Die Krise der russischen Industrie. In: Osteuropa-Wirtschaft. 1/1997. S 33-58.

Stadelbauer, Jörg 1994:Die Nachfolgestaaten der Sowjetunion.In: GR 46,H.4. S.190-199.

Stadelbauer, J. 1996:Die Nachfolgestaaten der Sowjetunion.Großraum zwischen Dauer und Wandel.Wissenschaftliche Länderkunden. Band 41.Darmstadt.

Stadelbauer, J. 1997:Gemeinschaft Unabhängiger Staaten(GUS). Sozioökonomische Aspekte der Transfermation-Eine Einführung. In: Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie. H 2-3. S.73-78.

Statistisches Bundesamt(Hrsg.) 1995:Länderbericht Rußland.Wiesbaden.

Steffen, Olaf 1995:Konzepte und Perspektiven der Privatisierung in Rußland.In: Osteuropa.S.134-149.

Tabata, Shinichiro 1996:Changes in the structure and distribution of Russian GDP in the 1990s.In: Post-Soviet Geography and Economics Nr.3.

Thränert, Oliver 1997:Perspektiven russischer Außenpolitik.In: Aus Politik und Zeitgeschichte.Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament.H.30-31.S.3-12.

Wädekin, Karl-Eugen 1995:Der Niedergang von Rußlands Agrarproduktion.In: Osteuropa.S. 1107-1112.

Wollmann, Hellmut 1997:Der Systemwechsel in Ostdeutschland, Ungarn, Polen und Rußland.Phasen und Varianten der politisch-administrativen Dezentralisierung.In: Aus Politik und Zeitgeschichte.Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament.H.5.S.3-15.

[...]


[1] anzumerken FAZ vom 19.7.97: Die Industrieproduktion stieg in den ersten 6 Monaten 1997 im Vergleich zum gleichen Zeitabschnitt 1996(6% zum Vorjahr) um o,8%.

[2]Vgl. Harald Sondhof: Die Krise der russischen Industrie, in Osteuropa-Wirtschaft,42Jg.,1/1997, S.41ff.

[3] Vgl. H.-H. Höhnemann,Wirtschaftslage und Stand der ökonomischen Systemtransformation in Rußland.Aus Politik und Zeitgeschichte, Juli 1997,S17..

[4]Inflation: -mit der Preisfreigabe sehr stark angestiegen und erst mit Vorgaben des IWF Ende 1995 unter 5% gedrückt, die Mittel der Zentralnotenbank war hierbei Zinspolitik und der Regierung die Reduzierung des Haushaltsdefizits

[5]Vgl.: Karl Eugen Wädekin, Der Niedergang von Rußlands Agrarproduktion, Zeitschrift Osteuropa

[6]Vgl.: Heiko Pleines 1996, Die Entwicklung der russischen Wirtschft 1992-1995. In :Osteuropa, S. 260ff.

[7]Diese Entwicklung ist ebenfalls erkennbar an den Investitionen ausländischer Firmen in Rußland. 2/3 dieser Investitionen gehen in den „Brennstoff-Energie-Komplex“, wodurch schon die Entwicklung der russischen Wirtschaft hin zu einer rohstoffdominierten Wirtschaft erkennbar wird.Vgl. hierzu: Götz r.; Halbach,U. 1995, Entwicklung und aktuelle Lage der Mitgliedstaaten-Russländische Föderation, In: Information zur politischen Bildung.H.248, S.41.

[8]Vgl.: Europäische Kommission (Hrsg.) 1994, Die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit mit Osteuropa, S.21-24.

[9]siehe dazu: Länderbericht Russische Föderation 1995,S. 30ff

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Transformationsprozess in Rußland
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Autor
Jahr
2003
Seiten
25
Katalognummer
V107646
ISBN (eBook)
9783640058983
Dateigröße
582 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Achtung!Alle Abbildungen fehlen!
Schlagworte
Transformationsprozess, Rußland
Arbeit zitieren
Ansgar Deekeling (Autor:in), 2003, Transformationsprozess in Rußland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107646

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