Apparative Beobachtung: Messung einzelner physiologischer Parameter


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

18 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einführung

2. Was geforscht wird und was man bisher weiß
2. 1. Ziele der Messung körperlicher Reaktionen
2. 2. Messgegenstände
2. 3. Einsatzgebiete physiologischer Messverfahren
2. 4. Messtechniken und idealer Messverlauf
2. 5. Datenauswertung
2. 6. Vor- und Nachteile physiologischer Messverfahren

3. Die Verfahren
3. 1. Hautleitfähigkeit / Hautwiderstand
3. 2. Blutdruck / Puls
3. 3. Hirnaktivität

4. Studie zur Messung physiologischer Parameter
4. 1. Die Studie
4. 2. Fragebögen
4. 3. Versuchsplan und Ablauf
4. 4. Ergebnisse
4. 5. Zusammenfassung und Diskussion

5. Fazit

6. Literatur und Quellen

1. Einführung

„Unter Beobachtung verstehen wir das systematische Erfassen, Festhalten und Deuten sinnlich (und apparativ; eigene Anm.) wahrnehmbaren Verhaltens zum Zeitpunkt seines Geschehens (...) Während alltägliches Beobachten der Orientierung der Akteure in der Welt dient, ist das Ziel der wissenschaftlichen Beobachtung die Beschreibung bzw. Rekonstruktion sozialer Wirklichkeit vor dem Hintergrund einer leitenden Forschungsfrage.“ (Atteslander 1995, S. 87)

Dieses Zitat möchte ich als Einstieg in das große Thema der apparativen Beobachtung in der Kommunikationsforschung nehmen, weil es meiner Ansicht nach treffend beschreibt um was es hier geht - im Unterschied zur Alltagsbeobachtung, die ein jeder stets betreibt und die so alt ist wie die Menschheit selbst.

In der Wissenschaft gibt es die Methode der Beobachtung seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Ihr Ursprung liegt in den USA, wo mit der „Gatekeeper“-Forschung (Lewin) erstmals systematisch beobachtet wurde, wie und warum welches Nachrichtenmaterial in Redaktionen ausgesucht und weiterverarbeitet wird. Die forschenden Soziologen der „ChicagoSchule“ betrieben Sozialstudien, indem sie das Leben auf den Straßen beobachteten. Zur selben Zeit veröffentlichten in Österreich Jahoda, Lazarsfeld und Zeisel von der Wiener „Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle“ ihre Beobachtungsstudie „Die Arbeitslosen von Marienthal“. In dieser Arbeit ging es darum, die Auswirkungen der in diesem Ort massenhaften Arbeitslosigkeit zu erfassen, indem neben Befragungen auch das Leben zuhause in den Familien beobachtet wurde (Haushaltsführung, Aktivitäten, Stimmungen wie Resignation oder Verzweiflung etc.) und das Gehverhalten (Geschwindigkeit, Häufigkeit des Stehenbleibens etc.) der Marienthaler Bürger auf ihren alltäglichen Wegen.

Beobachtet wird neben dem im oben beschriebenen soziologisch-ethnografischen Bereich auch zu erziehungswissenschaftlich-pädagogischen Gegenständen (z.B. Einzelne in Gruppen) sowie in der Psychologie (z.B. experimentelle und klinische Beobachtung, Selbstbeobachtung, Wahrnehmung ).

Der Durchbruch erfolgte in Deutschland jedoch erst Mitte der 60er Jahre mit den ersten Beobachtungsstudien in Zeitungsredaktionen (Rühl). Die standardisierte Beobachtung gibt es gar erst seit den 90ern. Einen Einschnitt brachte das verstärkte Aufkommen der Werbung in den 80er Jahren. Das Fernsehen wurde mehr und mehr von Werbequellen abhängig, d.h. durch diese finanziert, und die Werbewirkungsforschung kam auf.

Inzwischen ist das Beobachten ein fester Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit geworden, ist aber immer noch das Stiefkind unter den Methoden und wird nicht annähernd so häufig angewandt wie die Befragung oder die (Inhalts)Analyse.

Im gesamten Bereich der kommunikationswissenschaftlichen Beobachtung nimmt die apparative Beobachtung mit rund 90 % den höchsten Rang ein, die restlichen 10% verteilen sich auf die klassischen Beobachtungsverfahren und die der Kommunikationsmodalitäten.

Nach einer kurzen allgemeinen Einführung (2. ff.) stelle ich die drei am häufigsten eingesetzen physiologischen Messverfahren vor (Hautleitfähigkeit / Hautwiderstand, Blutdruck / Puls und Hirnaktivität; 3. ff.), konkretisiere diese anschließend in ihrer Anwendung, indem ich eine Studie dazu vorstelle (4. ff) und werde am Ende meiner Arbeit ein Fazit der apparativen Beobachtung körperlicher Reaktionen ziehen (5. f.) - mit Hilfe der Beispielstudie und einige anderer Arbeiten.

2. Was geforscht wird und was man bisher weiß

2. 1. Ziele der Messung körperlicher Reaktionen

Aufgrund der Komplexität des psychologischen Konstrukts „Emotion“ sollte sich die Diagnostik emotionaler Zusatände an einer Emotionstheorie orientieren. Es wurden Konzeptionen entwickelt, in denen das emotionale Geschehen auf zwei bis sieben Ebenen betrachtet wird.

Gängig in der Forschung ist das „Drei-Ebenen-Modell“ von Izard u.a. (1994). Danach finden emotionale Vorgänge sowohl im subjektiven Erleben als auch in der körperlichen Erregung sowie im insbesondere mimischen Verhalten ihren Ausdruck. Vor dem Hintergrund dieser Unterscheidung sollte eine umfassende medienpsychologische Wirkungsforschung für alle drei Ebenen geeignete Indikatorvariablen finden und deren Ausprägungsverlauf mit Hilfe von Messinstrumenten zugänglich machen.

Treffender in unserem Kontext kann gesagt werden, dass die Messung körperlicher Reaktionen und Funktionen des Organismus, die durch zentralnervöse Aktivierung hervorgerufen werden, verschiedene Ziele verfolgen sollte: Einerseits soll das Auftreten eines emotionalen Geschehens festgestellt werden. Andererseits soll auch ein Schluss auf die Intensität des emotionalen Prozesses möglich sein. Und drittens wäre wünschenswert, auch den Typ der ausgelösten Emotion bestimmen zu können.1 Letzteres ist derzeit jedoch noch nicht nicht eindeutig möglich, während für erstere beiden Ziele zahlreiche empirische Belege sprechen.

2. 2. Messgegenstände

Gemessen werden können physiologische Reaktionen auf sowohl statisches Stimulusmaterial wie Anzeigen, Fotos und Werbetexte als auch auf dynamisches wie Werbespots und Filme.

2. 3. Einsatzgebiete physiologischer Messverfahren

Körperliche Messuntersuchungen finden hauptsächlich Anwendung in der Kommunikationswissenschaft und dort v.a. in der Grundlagenforschung, der Medienpsychologie und in der Werbeforschung. Außerdem werden sie in der Neurologie angewandt und in der Medizin, dort hauptsächlich in der Gefäßdiagnostik.

2. 4. Messtechniken und idealer Messverlauf

Die verwendeten Messverfahren basieren auf der Erkenntnis, dass bestimmte physiologische Merkmale des Körpers systematisch mit Veränderungen ihrer physiologischen Dispositionen (Verfassung, Anlagen, Empfänglichkeit) variieren. Es ist zwar keine 1:1-Rückführung von körperlichen Reaktionen auf psychische Phänomene möglich, nach jahrelanger Forschung weißman bei einigen Zuständen und Gefühlen jedoch recht gut, mit welchen Körperreaktionen sie meist einhergehen. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der Polygraph bzw. der so genannte Lügendetektor, mit dessen Hilfe man mittels Veränderungen der Hautleitfähigkeit und/oder der Herzfrequenz einen Anstieg der individuellen Erregung feststellen kann. In Befragungssituationen kann dies ein Anzeichen für lügen sein.

Die (Weiter)Entwicklung systematischer Beobachtung von Körperreaktionen als angewandtes Messverfahren fand und findet auch aufgrund verbesserter Messtechniken statt. Diese können grob eingeteilt werden in a) Messgeräte, die während der Messung mit einem Computer über Kabel verbunden sind und b) fortschrittlichere Instrumente, die nicht mehr mit dem Aufzeichnungscomputer gekoppelt sind. Letztere Geräte sind entweder telemetrisch - also durch Funk - mit der Zentraleinheit verbunden oder sie speichern die Messwerte auf einem externen Speichermedium (z.B. beim so genannten Data-Logger).2

Idealerweise sollte die Wirkung von Filmszenen und/oder Werbung erstens mit Hilfe einer möglichst großen Zahl von Reaktionsvariablen beschrieben werden (Breitbandigkeit). Zweitens sollten diese Daten während des gesamten Verlaufs der Filmdarbietung gemessen werden (Verlaufsorientierung). Und drittens sollte die Interpretation der in den Werten der Meßvariablen beobachteten Veränderungen stets in Anbetracht der bestehenden situativen und personalen Kontextbedingungen vorgenommen werden3 (siehe 2. 5.: Probanden-Instruierung und 2. 6.: Störquellen).

2. 5. Datenauswertung

Im Sinne einer korrekten Datenauswertung sollten die vom Computer aufgezeichneten Rohdaten während und nach einem Test hinsichtlich Fehlerquellen untersucht und - wenn nötig - korrigiert werden. Dies betrifft beispielsweise die Berichtigung des Stimulusgrundniveaus, das theoretisch vor der Präsentation des Materials Null sein sollte (dann also, wenn der Proband vollkommen ruhig ist). Idealerweise wird der Proband vorher instruiert, um z.B. (Bewegungs- und/oder Atmungs-)Artefakte zu vermeiden bzw. um diese - wenn sie dann doch aufgetreten sind -, bei der Datenauswertung identifizieren zu können. Nach Korrektur der Rohdaten können diese in ein für statistische Datenverarbeitungsprogramme (z.B. SPSS) lesbares Datenformat konvertiert werden und anschließend für eine ausführliche statistische Analyse weiterverwertet werden.

2. 6. Vor- und Nachteile physiologischer Messverfahren

Vorteilhaft an physiologischen Messverfahren gegenüber anderen apparativen Beobachtungsverfahren ist, dass sie eben Körperreaktionen erfassen und dass diese von den zu untersuchenden Personen praktisch nicht bewusst gesteuert werden können, da eine relative „Universalität“ körperlicher Reaktionen auf äußere Reize besteht (Kroeber-Riel, 1992, S. 61). Das heißt, sie treten immer auf, wenn der Organismus aktiviert wird. Demnach ist es also kaum möglich, dass die Probanden ein „falsches Bild“ vortäuschen können (diese so genannten „T- Daten“ sind also weniger verfälschbar und manipulierbar als die so genannten „Q- Daten“=Fragebogendaten, bei denen stets die Gefahr besteht, dass nur „sozial erwünschtes“ geäußert wird). Weiterhin positiv ist, dass eine kontinuierliche Erfassung von Messgrößen möglich ist und sie sich somit auch zu einer verlaufsanalytischen Beurteilung emotionaler Medienwirkungen eignen.

Nachteilig ist die Aufwendigkeit - und bei einigen zusätzlich die hohen Kosten - der Verfahren und die Notwendigkeit von Erfahrung und Vorwissen zur Interpretation der Daten. Es besteht eine eher geringe Datenreliabilität, da die Funktion des elektrodermalen und insbesondere des cardiovaskulären Systems, also das des Herz-Kreislaufs, nicht von dem emotionalen Erregungszustand allein, sondern von einer Reihe weiterer (intrinsischer) Faktoren beeinflusst wird. Eine Identifikation der Art (Qualität) der durch den Film, Werbespot etc. hervorgerufenen Emotionen ist mit Hilfe physiologischer Messungen kaum möglich, da nur festgestellt werden kann, dass eine Aktivierung ausgelöst wurde und wie stark diese ist, aber nicht, in welche Richtung (positiv oder negativ) die Reaktion geht.

Auch bei der Aktivierungsmessung selbst können Probleme entstehen, bedingt durch die große Empfindlichkeit des Systems. So können elektrodermale Reaktionen auch ohne äußere Reizeinwirkung auftreten, indem die Versuchsperson lediglich an für sie stimulierende Reize denkt oder sich bewegt (Bewegungsartefakte). Auch die Bedingungen (z.B. Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit, Kaffeegenuss vor der Untersuchung, Aufregung etc.), unter denen ein Versuch durchgeführt wird, können auf das Ergebnis einen nicht unbeträchtlichen Einfluss haben und es verfälschen. Eine weitere Störquelle kann die Technik sein. So kommt es gar nicht selten vor, dass Elektroden nicht richtig haften oder defekt sind.

3. Die Verfahren

3. 1. Hautleitfähigkeit / Hautwiderstand

Eine variable Aktivität der Schweißdrüsen bedingt eine unterschiedliche Leitfähigkeit der Haut. Das bedeutet: Je erregter und aktivierter ein Mensch ist, um so größer ist seine Hautleitfähigkeit bzw. um so geringer sein Hautwiderstand.

Zur Messung der Hautreaktion werden zwei Elektroden angebracht - meist an unterschiedlichen Fingern, da die Haut der Hand besonders viele Schweißdrüsen enthält. Dann setzt man eine unter Spannung und misst kontinuierlich die Differenz zwischen den Elektroden in Ohm als Widerstand oder in Siemens als Leitfähigkeit. Schweißfeuchte Haut, wie sie durch einen aktivierenden Reiz hervorgerufen werden kann, leitet einen schwachen elektrischen Gleichstrom besser als trockene Haut; diese Tatsache kann registriert und ausgewertet werden.

In den Zeitreihendaten unterscheidet man phasische und tonische Veränderungen. Phasische Schwankungen sind kurzfristige Veränderungen von einem mittleren Leitfähigkeitsniveau; z.B. bei Orientierungs- bzw. Aufmerksamkeitsreaktionen. Die phasische Aktivierung reguliert auf Basis der tonischen Aktivierung die laufende Anpassung des Organismus an die jeweilige Reizsituation und die die Fähigkeit, Reize aufzunehmen und zu verarbeiten. Sie kann sich kurzfristig verändern. Tonische Schwankungen ergeben sich durch Veränderungen des mittleren Erregungsniveaus; z.B. Aktivierungsreaktionen bei längerfristiger Erregung. Die tonische Aktivierung bestimmt die länger anhaltende Bewusstseinslage (z.B. Wachheit) und die allgemeine Leistungsfähigkeit. Sie verändert sich nur langsam. Im allgemeinen werden 30 Sekunden als Grenze zwischen phasischen und tonischen Veränderungen angesehen.

In der Kommunikationswissenschaft ist die Messung der elektrodermalen Reaktion (EDR) der am häufigsten genutzte Indikator für die Messung von Körperreaktionen - wobei sie meist zusammen mit anderen Parametern erhoben wird. Man nennt sie auch psychogalvanische (PGR) oder hautgalvanische (HGR) Reaktionsmessung. Ihr Einsatz ist hauptsächlich in der grundlagenorientierten Forschung zur Rezeption und Wirkung emotionalisierender Medieninhalte und in der eher praxisorientierten Werbeforschung. In beiden interessiert, welche Reize kurzfristig Orientierungsreaktionen, also Aufmerksamkeit, verursachen und längerfristig Erregung und Aktivierung erzeugen.

Eine Beispielstudie stammt von von Dultzig (1997), der die Hautleitfähigkeitsmessung zur Erfolgskontrolle von Fernsehwerbespots heranzog. Bis dahin war das Messverfahren ausschließlich in Laborsituationen angewendet worden. Dultzig untersuchte die Wirkung von Fernsehwerbespots im natürlichen Umfeld bei der alltäglichen Fernsehsituation zuhause, indem er zwei Annahmen prüfte: 1) Zuschauer erinnern Informationen aus Werbespots besonders gut, wenn es dem Spot gelingt, den Rezipienten zu aktivieren und 2) die durch den Spot ausgelöste Aktivierung nimmt bei Mehrfachrezeption durch Gewöhnungseffekte ab.

Untersucht wurden 180 Probanden zwischen 10 und 80 Jahren. Sie sahen jeweils einzeln und von der Familie abgeschirmt auf Video vorbereitetes Stimulusmaterial, in dem vier Werbespots als Werbeblock in verschiedene Fernsehinhalte eingebettet waren. Die Probanden waren an das Messgerät, das die Hautleitfähigkeit kontinuierlich registrierte, angeschlossen und saßen ruhig auf dem Sofa. Die jeweiligen Versuchsleiter saßen daneben und protokollierten sekundengenau die Zeitpunkte, in denen sich die Probanden stark bewegten. Beide Zeitreihen wurden mit dem Stimulusmaterial parallelisiert und die jeweiligen Reaktionen während der vier Spots analysiert.

Nach dem Fernsehen befragten die Versuchsleiter die Zuschauer noch über deren Erinnerung der Werbespots.

Fazit: Bei Spots, die den Zuschauern nicht bekannt waren, zeigte sich eine leichte Korrelation zwischen dem individuellen Aktivierungsniveau während des Werbespots und der individuellen Güte der Erinnerung an den Spot. Bereits bekannte Werbefilme wurden in ihrem Aktivierungsniveau verglichen und es zeigte sich ein Aktivierungspotenzial, das jeweils geringer ausfiel, je öfter die Zuschauer angegeben hatten, den Spot vorher schon gesehen zu haben. Es können also die Grundannahmen bestätigt werden.

3. 2. Blutdruck / Puls

Das Herz schlägt regelmäßig, die Frequenz des Herzschlags variiert allerdings in unterschiedlichen Situationen. Diese individuelle Variation des Herzschlags ist ein Indikator für Aussagen über Aufmerksamkeit, Erregung und Gefühle. Die Medienforschung macht sich dies zunutze, um emotionale und kognitive Prozesse während der Mediennutzung zu untersuchen, ohne die Rezeption selbst zu unterbrechen und damit zu stören. Dabei wird den Probanden ein Messgerät angelegt, welches kontinuierlich die Frequenz des Herzschlags misst, z.B. durch einen kleiner Sensor an einem Finger.

Der Herzschlag besteht aus zwei aufeinander folgenden Schlägen, einem schwächeren, der das Blut in die Lunge pumpt und einem stärkeren, der das Blut in den Körper pumpt. Es wird jeweils die Zeit zwischen zwei identischen Schlägen gemessen. Im Normalfall ist dieser zwischen 600 und 1200 Millisekunden lang, was einem Puls von 50 bzw. 100 Schlägen pro Minute entspricht. Aussagekräftig sind jeweils die Veränderungen des Pulsschlags.

Unterschieden werden kurzfristige (phasische) Variationen, was Abweichungen vom mittleren Pulsschlag eines Zeitraums (Baseline) sind, und längerfristige (tonische) Variationen des mittleren Pulsschlags, also Veränderungen der Baseline.

Problematisch ist allerdings die genaue Interpretation der Veränderungen. Zwei typische Variationen gelten als wissenschaftlich relativ gut abgsichert und interpretierbar: 1) Folgt auf einen Reiz kurzfristig (phasisch) eine stetige Verlängerung der Intervalle zwischen dem ersten und dem sechsten auf den Reiz folgenden Herzschlag und dann eine allmähliche Rückkehr zum Ausgangsniveau bis zum zehnten Herzschlag, dann findet eine Orientierungsreaktion statt; sie gilt u.a. als Fokussierung der Aufmerksamkeit. 2) Demgegenüber ist der längerfristige (tonische) Anstieg des mittleren Pulsschlags typischerweise mit einem Anstieg der Erregung und Aktivierung verbunden.

Zuverlässig interpretierbar sind die Veränderungen jedoch nur in Verbindung mit den enstsprechenden Medienstimuli und unter Berücksichtigung evtl. Störungen durch individuelle Schwankungen der Herzfrequenz.

In der Kommunikationswissenschaft findet die Blutdruck-Puls-Messung selten als alleiniges Messverfahren Einsatz. Wenn es eingesetzt wird, dann häufig, um zu untersuchen, welche Medienstimuli Aufmerksamkeit und Erregung erlangen sowie emotionale oder kognitive Aktivierung erzeugen. Ziel ist es, die Aufbereitung von Medienstimuli zweckgebunden zu optimieren, woran insbesondere Werbung und Grundlagenforschung interessiert sind.

Zunehmende Bedeutung findet die Methode allerdings - in Kombination mit anderen Verfahren - zur Untersuchung der Rezeption von emotionalisierenden Medieninhalten im Fernsehen wie z.B. fiktionale Inhalte mit Gewalt, angsterregende Informationsangebote und Talkshows.

Eine Beispielstudie haben Linz u.a. (1989)4 vorgelegt, in der sie systematisch die Pulsfrequenz erfasst haben, um die Desensibilisierungshypothese zu untersuchen. Diese besagt, dass Personen, die viel gewalthaltige Medieninhalte nutzen, weniger sensibel auf Gewalt in den Medien reagieren als Personen, die kaum gewalthaltige Medieinhalte nutzen. Dementsprechend sollte das Erregungsniveau der Rezeption gewalthaltiger Fernsehprogramme bei Personen niedriger sein, die öfter solche Programme gucken.

An der Studie nahmen 60 männliche Studenten teil, die per Zufallsverfahren auf zwei Gruppen verteilt wurden. Die Kontrollgruppe sah eine 90-minütige Zusammenstellung von Szenen aus Erotik- und Actionfilmen, die keine Gewalt enthielten, die Experimentalgruppe bekam eine Zusammenstellung mit gewalttätigen Szenen in sexuellem Kontext. Nach der Vorführung zeigte man beiden Gruppen ein Video mit Instruktionen zur Herzfrequenzmessung am Finger und anschließend zwei Filmszenen á fünf Minuten. Die erste zeigte einen verbalen und körperlichen Angriff eines Mannes gegen eine Frau, die zweite den Mord an einer Prostituierten. Während dieser fand die Messung der Herzfrequenz statt. Um kurzfristige individuelle Schwankungen und Unterschiede zwischen den Probanden auszuschalten, wurde der durchschnittliche Pulsschlag über 30 Sekunden Filmrezeption berechnet und über die jeweilige Gruppe gemittelt.

Fazit: In beiden Filmsequenzen zeigten sich deutliche Pulsunterschiede während der drei gewalthaltigsten 30-Sekundenabschnitte: Die Gruppe, die vorher keine Gewalt gesehen hatte, war mit Pulsfrequenzen von 77,5 im ersten und 81,3 im zweiten Beispiel deutlich erregter als die Experimentalgruppe mit 71,1 und 75. In den 30-Sekunden-Intervallen, in denen keine Gewalt auftrat, fanden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen.

Offenbar hat also eine Desensibilisierung bezüglich der Erregbarkeit bei der Gewaltrezeption durch vorhergehende Nutzung von gewalthaltigen Medieninhalten stattgefunden.

3. 3. Hirnaktivität

Die Beobachtung der Aktivität des Gehirns profitiert von zwei Tatsachen: Erstens hat das Gehirn einen erheblichen Energieverbrauch - täglich. ca. 400 Kilokalorien - und es strahlt während seiner Aktivität Mikrowellen aus, die sich außerhalb des Kopfes mittels EEG (Elektroencephalogramm) messen lassen. Zweitens ist das Gehirn ist nicht gleichmäßig aktiv. Bei bestimmten Funktionen sind hauptsächlich auch nur bestimmte Regionen des Gehirns aktiv, die zu dieser Zeit besonders stark durchblutet werden. Zudem unterscheiden sich die Frequenzen der Mikrowellen, die bei diesen bestimmten Funktionen entstehen. Besonders gut messbar sind Alpha- (8-13 Hertz; entspannter (Ruhe-)Zustand) und Betawellen (14-30 Hz; normaler aktiver (Wach-)Zustand), ansonsten gibt es die Theta- (4-7 Hz) und die Delta- bzw. Subdeltawellen von 4 Hz und darunter; letztere beiden treten im Übergang vom entspannten Ruhezustand (Alphawellen) in den Schlaf auf. 1 Hz = eine Schwingung pro Sekunde (Maßeinheit der Frequenz).

In einer Reihe physiologischer und psychologischer Studien hat man das Gehirn in Areale eingeteilt, denen bestimmte Aufgaben und Aktivitätsmuster zugeordnet sind. Auch zeigte sich, welche Areale bei bestimmten Denk- oder Gefühlsprozessen aktiv sind und welche Art von Wellen in welcher Intensität sie dabei ausstrahlen. Positive Gefühle z.B. sind mit mehr Aktivität der rechten Hirnhälfte verbunden, negative eher mit der linken. Kognitive Prozesse, z.B. während des Lesens, scheinen mit höheren Mikrowellenfrequenzen einherzugehen, wo hingegen passive Verarbeitung, beispielsweise beim Fernsehen, eher mit niedrigen Frequenzen verbunden sind.

Dieses Wissen kann auch der Erforschung von Medienwirkungen dienen, indem anhand gemessener Hirnaktivität von Rezipienten bei der Medienrezeption auf kognitive und emotionale Vorgänge während der Medienrezeption geschlossen werden kann.

Es gibt unterschiedliche Verfahren zur Messung der Gehirnaktivität, die ich nun nacheinander vorstelle: das Elektroencephalogramm (EEG), die nuklearmedizinischen (SPECT, PET) und kernspintomografischen (rCBF) Methoden und die transcranielle bzw. cerebrale Dopplersonografie (TCD).

EEG (Elektroencephalogramm):

Das EEG misst rhythmische Schwankungen der im Gehirn enthaltenen elektrischen Potenziale.

Diese Methode basiert auf dem Fakt, dass Nevenzellen in Arbeit elektrische Signale erzeugen und dass sich die Entladungen der einzelnen Neuronen zu Feldpotenzialen aufsummieren. Diese Spannungsunterschiede können auf der Schädeloberfläche abgeleitet werden. Auf der Kopfhaut werden an definierten Stellen Elektroden angebracht und es werden entweder zwischen diesen Elektroden (bipolare Ableitung) oder zwischen den Elektroden und einer Null- bzw.

Referenzelektrode (unipolare Ableitung) elektrische Spannungen in einer Größenordnung von bis zu 100 Mikrovolt aufgezeichnet. Die Spannungsverläufe lassen charakteristische Wellenzüge erkennen, die sich in ihrer Amplitude (größter Schwingungsausschlag) und ihrer Frequenz unterscheiden. In der Regel bestehen die Wellenzüge nicht aus reinen Frequenzen, sondern aus Frequenzgemischen, die mit Hilfe mathematischer Verfahren (z.B. der Fourieranalyse) in Frequenzbänder zerlegt werden können. Das Ergebnis sind Frequenzanteile mit den jeweiligen Gewichten. Für die Untersuchung psychischer Prozesse wird als Indikator der Anteil von Alphawellen (entspannter Ruhezustand) an den Wellenzügen herangezogen. Eine Verschiebung zu geringeren Anteilen hin bzw. eine Alphablockade (siehe unten) zeigt eine verstärkte neuronale Aktivität der Hirnregion unter der jeweiligen Oberflächenelektrode an. Damit lassen sich Aussagen über die Lokalisation von psychischen Funktionen machen. Der Genauigkeit der Zuordnung von Hirnarealen zu Ableitungsstellen auf der Schädeloberfläche sind bei dieser Methode allerdings Grenzen gesetzt. Das so genannte Brainmapping liefert da genauere Daten, denn bei dieser Methode wird eine sehr viel größere Anzahl von Elektroden - zwischen 16 und 128 - auf der Kopfhaut angebracht.

Mit dem EEG lassen sich Lateralisationen (Seitenunterschiede der Hirnhälften) in den Reaktionen feststellen. So finden sich Unterschiede in der Abnahme der Alphaanteile zwischen linker und rechter Hemisphäre von 10-15 %. Es muss jedoch immer von einer bihemisphärischen anstatt von einer monohemisphärischen Reaktion ausgegangen werden, denn beide Hirnhälften verarbeiten die Reize, auch bei Dominanz einer Hemisphäre, parallel.

Häufig wird der Verlauf der Alphagewichte in Zeitintervalle aufgeteilt, deren Länge sich aus den Notwendigkeiten der Fragestellungen ergibt. Bei der Analyse lassen sich dann die mittleren Alphaanteile in den einzelnen Intervallen den jeweiligen Reizabschnitten mit ihren spezifischen Besonderheiten zuordnen.

Rothschild, Hyun, Reeves, Thorson & Goldstein (1988) interpretieren eine beginnende Erregung dann, wenn innerhalb von weniger als 300 Millisekunden der Anteil der Alphawellen rasch absinkt (Alphablockade). Die Autoren fanden heraus, dass negative Fernsehinhalte rechtshemisphärisch eine stärkere Aktivität hervorbringen, allerdings nur im frontalen Bereich. Das Ergebnis der Studie bestätigte diese Annahme, da es eine signifikante Wechselwirkung des Faktors Lateralisation mit dem emotionalen Gehalt der dargebotenen Szenen nur für frontale, jedoch nicht für okziptale (den Hinterkopf betreffende) Alphaanteile gibt. Diese Befunde decken sich mit Ergebnissen einer früheren Studie von Davidson, Schwartz, Saron, Bennett & Goleman (1979), die ebenfalls vertreten, dass positive und negative Affekte in unterschiedlichen Hemisphären lokalisiert sind. Die Analyse dieser Studie zeigt eine Wechselwirkung zwischen der Lateralisation (links vs. rechts), der Hirnregion (frontal vs. parietal; parietal = am Scheitel) und dem Affekt (pos. vs. neg.). Links-frontal zeigte sich begleitend zu positiven Affekten eine stärkere Erregung als bei negativen und rechts-parietal begleitend zu positiven und negativen Affekten eine stärkere Erregung als bei neutralen Reizen.

Nuklearmedizinische und kernspintomografische Methoden:

Dies sind bildgebende Verfahren, da sie beim Menschen in Ruhe oder während der Bearbeitung spezifischer Aufgaben Karten der Aktivität umschriebener Hirnareale liefern (Schwarz, Kischka & Rihs, 1997). Vom Grad der Durchblutung bzw. von der Intensität des Stoffwechsels wird indirekt auf die Aktivität der versorgten Neuronenareale geschlossen. Allerdings sind die daraus gewonnenen Beobachtungswerte nicht absolut, da auch in Ruhe eine gewisse Grundaktivität der Nervenzellen besteht. Es wird daher vielmehr durch den Vergleich der Aktivität in Ruhe - oder bei einer neutralen Aufgabe mit der Aktivität bei der Bearbeitung der kritischen Aufgabe - auf den Aktivitätsanteil geschlossen, der durch die an der Bearbeitung der kritischen Aufgabe beteiligten Prozesse hervorgerufen wurde (Subtraktionsverfahren).

Nuklearmedizinische Verfahren:

Bei der Single-Photon-Emission-Computertomografie (SPECT) und bei der Positronenemissionstomografie (PET) werden den Probanden radioaktiv markierte „Tracer“ (Radionucleide) intravenös gespritzt, die die Blut-Hirn-Schranke passieren und sich entsprechend dem rCBF (regional cerebral bloodflow = regionaler Blutfluss) verteilen. Die Stoffe senden beim Zerfall Teilchen aus, die mit Hilfe geeigneter Detektoren gemessen werden können.

Kernspintomografische Verfahren:

Die Messung des rCBF mit der Kernspintomografie beruht auf dem Umstand, dass es wegen des bei einer erhöhten neuronalen Aktivität heraufgesetzten Sauerstoffbedarfs im kapillaren Bereich zu Veränderungen des Verhältnisses von oxygenisiertem (sauerstoffreichem) und desoxygenisiertem (sauerstoffarmen) Hämoglobin (roter Blutfarbstoff) kommt und dass sauerstoffreiches Blut magnetisch, sauerstoffarmes dagegen nicht magnetisch ist. Werden diamagnetische Stoffe in ein starkes elektromagnetisches Feld gebracht, richten sich die magnetischen Dipole in der aufgezwungenen Richtung aus. Bei der Rückkehr in die Ausgangslage wird eine Hochfrequenzstrahlung (Echo) ausgesendet, die von den Magnetspulen aufgenommen und registriert werden kann.

Für medienpsychologische Untersuchungen zu emotionalen Film- und Fernseheffekten sind solche PET-Studien interessant, bei denen die Aktivierung von Hirnhemisphären bzw. von spezifischen Hirnarealen mit Gefühlen und Stimmungen in Verbindung gebracht wird.

Vor allem die funktionelle Kernspintomographie, die zeigt, wo besonders viel sauerstoffhaltiges Blut fließt, in welchen Bereichen das Hirn also aktiv ist, hat in den letzten Jahren rasante Fortschritte gemacht. Bis auf weniger als einen Millimeter genau kann man die Aktivitätsmuster des Gehirns studieren.5 Auch ist seit kurzem bewiesen, dass die Änderungen im Fluss des Sauerstoff-beladenen Blutes ein direktes Abbild der Nervenaktivität sind. Bis dahin war gar nicht klar, was der Kernspin-Apparat überhaupt misst, denn er registriert Änderungen im Blutfluss, nicht aber Nervensignale (Nature, Bd. 412, S. 150, 2001). Ein Problem des Verfahrens bleibt allerdings die Vergleichbarkeit der Versuchspersonen. Wo die einen drei Furchen einer bestimmten Hirnwindung haben, besitzen andere vier.

Transcranielle bzw. cerebrale Dopplersonografie (TCD / Messung der Blutströmungsgeschwindigkeit):

Wenn der regionale Blutfluss (rCBF) aufgrund verstärkter Neuronenaktivität in einem Hirnbereich erhöht ist, kommt es zu einem verstärkten Blutfluss in den das betroffene Areal versorgenden Blutgefäßen. Die Geschwindigkeit des durch diese Gefäße fließenden Blutes kann als Indikator für die in der Zeiteinheit zugeführten Blutmenge und damit indirekt auch für die Aktivität innerhalb der versorgten Hirnareale herangezogen werden. Mit Hilfe der transcraniellen Dopplersonografie (TCD) wird die Blutströmungsgeschwindigkeit extracerebral nichtinvasiv (außerhalb des Gehirns und außerhalb der Blutbahn) in ausgewählten Hirnarterien gemessen. Es besteht ein erheblicher Versorgungsbedarf des Gehirns an Nährstoffen: Jede Minute wird es von ca. 0,8 Litern Blut durchflossen. Diese Versorgung übernehmen beiderseitig die zwei großen Arterien Arteria carotis media (die sich dann aufteilt in die Arteria cerebri media - auf der unser Augenmerk liegt - und in die Arteria cerebri anterior) und Arteria vertebralis.

Die Arteria cerebri media ist verantwortlich für die Versorgung derjenigen Hirnregionen mit Sauerstoff und Nährstoffen, die an der Verarbeitung audiovisuell dargebotener Informationen beteiligt sind. Auch erfolgt im Versorgungsgebiet dieser Arterie ein großer Teil der weiteren bzw. folgenden Aufarbeitung und Wertung von Sinneseindrücken. Und schließlich kann eine Blutflussänderung in der Arterie als (indirekter) Indikator für die Aktivität der durch sie versorgten Hirnareale und damit für die Intensität der in diesen Hirnbereichen ablaufenden Informationsverarbeitungsvorgänge dienen.

Bei der Dopplersonografie werden Ultraschallwellenpakete (gepulste Sonografie) mit einer relativ niedrigen Sendefrequenz (um 2 MHz) und mit einer hohen Sendeleistung von einem piezoelektrischen Element mit einer festen Wiederholungsfrequenz (Pulsrepetition) in den Bereich der untersuchten Arterie eingestrahlt. Da außer der Blutströmungsgeschwindigkeit die anderen Parameter konstant sind, kann vom Betrag der Frequenzverschiebung auf das Blutflussvolumen geschlossen werden.

Die TCD ist im Vergleich zur EEG-Messung und insbesondere im Vergleich zu den nuklearmedizinischen und kernspintomografischen Methoden ein einfaches und kostengünstiges Verfahren und beeinträchtigt die Testperson bei der Rezeption weniger stark, da bei der Film- bzw. Fernsehrezeption lediglich ein Brillengestell mit seitlich angelegten Sensoren getragen werden muss. Auch ist die zeitliche Auflösung dieser Technik sehr gut und liegt im Bereich von Millisekunden. Bewährt hat sich diese Methode inzwischen im Bereich der medizinischen Gefäßdiagnostik.

TDC-Validitätsmessungen im Vergleich mit einem nuklearmedizinischen Verfahren und mit PET gemessenen rCBF-Werten brachten befriedigende Übereinstimmungen. Auch die TDC wurde und wird - wie das EEG - sowohl zur Untersuchung von Hemisphärenunterschieden bei verbalen und visuell-imaginalen Prozessen als auch zur Untersuchung der Lokalisation positiver und negativer Affekte eingesetzt. Die Messungen deuten darauf hin, dass sprachliche Verarbeitungsvorgänge dominant linksseitig lokalisiert sind und dass an der Bearbeitung imaginal-räumlicher Aufgaben die rechte Hemisphäre zwar beteiligt ist, dass der Grad der Beteiligung jedoch von der Art der Aufgabe (z.B. von der Notwendigkeit mentaler Beweglichkeit) abhängt.

Für den Einsatz in der Kommunikationswissenschaft stehen die Verfahren zur Beobachtung der Gehirnaktivität noch am Anfang. Sie werden nur selten benutzt, da sie einerseits sehr aufwendig sind und andererseits noch nicht genau geklärt ist, wie die Veränderungen der Intensität ausgesandter Alpha- bzw. Betawellen oder die Veränderungen der Durchblutung zu interpretieren sind. Deshalb finden sich die wenigen Studien meist im Bereich der akademischen Forschung zur emotionalen Medienrezeption. Es gab allerdings schon Versuche, mittels EEG-Messung das Gefallen von und das Involvement bei Werbespots zu untersuchen.

Insgesamt wurden hirndiagnostische Verfahren bereits häufig für kognitions- und emotionspsychologische Forschungsfragen eingesetzt. Ziel dabei ist die Identifikation umschriebener Hirnregionen, deren neuronale Aktivität spezifischen psychischen Funktionen zugeschrieben werden kann. Aufgrund von Daten über die Lokalisation und über das Zusammenspiel der Hirnregionen wird versucht, ein zutreffenderes Bild von den bei der Informationsaufnahme und -verarbeitung ablaufenden kortikalen Vorgängen zu erhalten. Die Lokalisation bezieht sich entweder auf einzelne umgrenzte Hirnareale, die häufig auch anatomisch als Neuronenverbände identifizierbar sind, oder auf die Unterscheidung der beiden Hirnhemisphären. Die Lateralisation von Verarbeitungsvorgängen in der linken oder rechten Hirnhälfte betrifft dabei entweder die Zuordnung der Modalität (Art und Weise) kognitiver Prozesse - verbale Verarbeitung vs. nonverbale räumlich-vorstellungsmäßige Verarbeitung - oder die Art von Emotionen - positive vs. negative - zur linken bzw. zur rechten Hemisphäre. Bei feineren räumlichen Auflösungen können etwa Hirnbereiche wie der Hippokampus, Areale im Okzipitallappen und das Limbische System dem Gedächtnis, der visuellen Wahrnehmung oder den Emotionen zugeordnet werden.

Aus der Angstforschung weißman relativ genau, wie die Funktionen im Gehirn ablaufen: Der Thalamus leitet bedrohliche Seh- und Hörreize direkt an den Mandelkern (Amygdala) und etwas langsamer an die Stirnlappen. Er ist Teil des für Gefühle zuständigen Limbischen Systems. Die Stirnlappen der Großhirnrinde beurteilen die vom Thalamus gemeldete Gefahr, während der Mandelkern als zentrale Instanz die Angstreaktionen in Hirn und Körper koordiniert. Er arbeitet bei Bedarf mit dem Ammonshorn (Hippokampus) zusammen und aktiviert den Hypothalamus. Das Ammonshorn organisiert das Gedächtnis und meldet als bedrohlich empfundene Erinnerungen an den Mandelkern, während der Hypothalamus mit dem Botenstoff CRH die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) aktiviert. Diese alarmiert daraufhin mit dem Hormon Corticotropin (ACTH) die Nebennieren, welche für die Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol zuständig sind.6

Mit nuklearmedizinischen und kernspintomografischen Verfahren, aber auch mit EEG-basierten Methoden (insbesondere mit dem Brainmapping) können Karten mit lokalisierten spezifischen Hirnfunktion angefertigt werden. Die cerebrale Dopplersonografie gestattet vorläufig nur Aussagen über die Spezialisation von Hemisphären; inwieweit mit diesem Verfahren eine weitere Aufschlüsselung von Hirnarealen möglich ist und welche psychischen Funktionen den gemessenen Veränderungen in der Blutströmungsgeschwindigkeit zugeordnet sind, werden weitere Studien zeigen müssen.

Für den Einsatz in der medienpsychologischen Forschung ist die mit der Aufteilung in eine sprachliche und eine imaginal-räumliche Verarbeitung verbundene Trennung von Hirnhemisphären durch hirndiagnostische Verfahren weniger bedeutungsvoll, da es sich bei den audiovisuellen Medien um Kombinationen bzw. um ein Gemisch von verbalen und nonverbalen Reizmodalitäten handelt. Von Bedeutung ist jedoch eine Unterteilung in kognitive Prozesse und emotionale Abläufe sowie eine Trennung in positive und negative Emotionen.

Einerseits können also durch hirndiagnostische Verfahren Fortschritte in einigen Bereichen erzielt werden und detailliertere Informationen über die an der Reizaufnahme und -verarbeitung beteiligten kortikalen Strukturen gewonnen werden. Andererseits sind diese Verfahren oftmals noch sehr teuer und es ist entweder die zeitliche oder die räumliche Auflösung für die untersuchten Fragestellungen zu gering.

Eine Beispielstudie für hirndiagnostische Verfahren - von Mangold u.a. (1999), die als Breitbandstudie angelegt ist - wird im folgenden besprochen.

4. Studie zur Messung physiologischer Parameter

4. 1. Die Studie

Die Studie „Veränderungen des zerebralen Blutflusses bei der Rezeption emotionalisierender Filmausschnitte“ ist von Roland Mangold, Peter Winterhoff-Spurk, Martin Stoll und Gerhard F.

Hamann und wurde 1998 vorgelegt. Es wurden Ausschnitte aus jeweils einem Horror- und einem Erotikfilm gezeigt und dabei maßman Herzschlag und Blutdruck sowie die cerebrale Blutflussgeschwindigkeit (Bfg) mittels der TCD in der linken und rechten Arteria cerebri media (MCA). Zur Validierung erfasste die Forschergruppe zudem vor und nach der Filmdarbietung das subjektive Empfinden (DAS).

4. 2. Fragebögen

Drei Fragebögen wurden eingesetzt. Diese dienten in erster Linie der Erfassung des subjektiven Empfindens.

Im ersten Fragebogen wurde Demografisches abgefragt sowie allgemeine Fernsehnutzungsgewohnheiten und die Häufigkeit der Rezeption ausgewählter Programmsparten. Im zweiten Fragebogen sollten die Probanden Angaben darüber machen, wie sehr sie sich auf die gezeigten Filmszenen konzentriert hatten, wie sie die Szenen beurteilten und wie sie die Versuchssituation empfanden Fragebogen eins und zwei wurden jeweils nach dem Horror- und Erotikausschnitt (kritische Filmszene = kFsz) gereicht.

Die Differentielle-Affekt-Skala (DAS) stellte den dritten Fragebogen dar und diente der Erfassung der Intensität basaler emotionaler Empfindungen. Dieser Fragebogen besteht aus 30 Skalen, mit denen die Intensität spezifischer Gefühle angegeben werden kann (1 = kein Empfinden bis 5 = sehr starkes Empfinden). Jeweils drei Skalen decken eine Emotionsdimension ab, so dass zehn Dimensionen übrig bleiben: Interesse, Freude, Überraschung, Trauer, Wut, Ekel, Verachtung, Angst, Scham und Schuld.

Die DAS wurde einmal vor und einmal unmittelbar nach der Videovorführung zur Beurteilung vorgelegt.

4. 3. Versuchsplan und Ablauf

In Einzelsitzungen wurde den Versuchspersonen ein Videoband gezeigt mit entweder einer Szene aus einem Horrorfilm („Masters of Horror“, sechs Minuten) oder aus einem Erotikfilm („Voyeur“, sechs Minuten). Vor und nach der Filmdarbietung sollten die Probanden mit Hilfe von Ratingskalen die Intensität ihrer jeweiligen emotionalen Empfindungen einschätzen.

Während der Filmdarbietung wurden die Indikatoren Herzschlag und Blutdruck erfasst und die Bfg im Gehirn registriert. Um eine Baseline für die physiologischen Variablen bestimmen zu können, wurde vor der Filmszene auf dem Video eine Ruheszene eingefügt: ein sechseinhalb Minuten andauernder Sonnenuntergang über dem Meer. Für eine zweite Baseline nach der Filmvorführung wurde dieselbe Szene in Fünf-Minuten-Länge gezeigt.

An der Studie nahmen 24 Personen teil. Zwölf Personen sahen in der ersten Sitzung das Videoband mit dem Horrorausschnitt und in einer zweiten - im Abstand von acht bis 14 Tagen - den Erotikausschnitt. Bei den anderen zwölf Probanden war die Vorgehensweise umgekehrt. Die Versuchsleitercrew rekrutierte sich aus Medienpsychologen und Neurologen und die Untersuchung fand in Einzelsitzungen in der neurologischen Abteilung der Universitäts-Klinik Homburg statt. Nach ihrem Eintreffen beurteilten die Probanden mittels der DAS die Intensität ihrer emotionalen Empfindungen und nahmen dann vor dem Bildschirm Platz. Die Messwertaufnehmer zur Erfassung der Herzfrequenz und des Blutdrucks sowie für die TCD- Messung wurden angebracht und die Messung gestartet. Dann wurde das Videoband gezeigt. Mit Markern wurden der Beginn der Darbietung, Beginn und Ende der kritischen Filmszene (kFsz) sowie das Ende der Vorführung festgehalten. Nach Ende der Darbietung beurteilten die Versuchspersonen wiederum ihr emotionales Empfinden (DAS) und füllten dann den Fragebogen zur Filmvorführung (eins) aus. Abschließend wurde der Fragebogen zu den demografischen Angaben und den Fernsehnutzungsgewohnheiten (zwei) ausgefüllt. Die zweite Sitzung verlief genauso.

4. 4. Ergebnisse

Veränderung der emotionalen Befindlichkeit (DAS) / Selbsteinschätzung:

Bei der Horrorsequenz zeigten sich signifikante Unterschiede der Urteile vor und nach der kFsz: Die Freude nahm ab, Überraschung, Ekel und Angst nahmen in ihrer Intensität bedeutsam zu.

Während des erotischen Filmausschnittes zeigten sich keine signifikanten Veränderungen in der Einschätzung der subjektiven Empfindungen vom ersten zum zweiten Messzeitpunkt.

In der Kategorie Freude ließsich in der Horrorszene ein Unterschied zwischen den Geschlechtern feststellen: Bei Männern nahm sie mit 0,17 Skalenpunkten kaum ab, bei Frauen um einen Wert von 0,95 deutlich.

Die weiteren Ergebnisse wurden in zwei Auswertungsgängen unterschieden präsentiert.

Abschnittsvergleich (erster Auswertungsgang):

Hier wurden die Unterschiede zwischen den drei Ausschnitten des Videobandes (erste Ruheszene (1. Rsz), kritische Filmszene (kFsz) und zweite Ruheszene (2. Rsz)) untersucht.

Herzfrequenz und Blutdruck während der Rezeption:

Bei der Horrorszene ließen sich keine interpretierbaren Unterschiede zwischen den drei Abschnitten finden. Beim Erotikfilm sank die Herzfrequenz im Vergleich zu den Ruheszenen davor und danach ab.

Zerebrale Blutflussgeschwindigkeit (Bfg) während der Rezeption:

Im Vergleich zur ersten Ruhephase stieg bei der Horrorsequenz die Bfg an und fiel bei der 2. Rsz auf einen geringeren Wert als bei der 1. Rsz ab. Auch wurde ein signifikanter Effekt zwischen den Abschnitten festgestellt: Links ist der Abfall von der Film- zur 2. Rsz signifikant, der Anstieg von der 1. Rsz zur kFsz dagegen nur wenig bedeutend. Rechts sind sowohl der Abfall von Filmzu 2. Rsz signifikant als auch der Abfall zwischen 1. und 2. Rsz. Der Anstieg von 1. Rsz zur kFsz ist auch hier nur wenig bedeutsam.

Da die Bfg durch die MCA als Indiz für Erregungsvorgänge in den versorgten Hirnregionen gedeutet werden kann, weist der Befund darauf hin, dass während der Rezeption der Horrorszene eine bedeutsam höhere Erregung bestand, die nach Ausschnittsende auf einen geringeren Wert als während der 1. Rsz zurückgeht. Festgestellt wurden zudem signifikante Hirn-Reaktions- Unterschiede zwischen den beiden Abschnitten

In ähnlicher Weise wie beim Horror nimmt bei der Erotikszene die Bfg zu und fällt während der nachfolgenden 2. Rsz auf einen geringeren Wert als bei der 1. Rsz ab. Dieser Verlaufseffekt ist für beide Hirnhälften signifikant.

Links sind der Anstieg von der 1. Rsz zur kFsz und der Abfall von kFsz zur 2. Rsz bedeutsam. Auf der rechten Seite sind sowohl der Anstieg und der nachfolgende Abfall als auch der geringere Durchflusswert bei der 2. im Vergleich zur 1. Rsz signifikant.

Auch beim Erotikausschnitt steigt die Erregung an (siehe Horor), so dass sich letztlich für beide Ausschnitte vergleichbare Verläufe ergeben.

Zusammenhänge zwischen rezeptionsbedingten Veränderungen der Bfg und dem emotionalen Empfinden:

Es wurden durch die Betrachtung der kFsz sowohl emotionale Wirkungen hervorgerufen als auch Veränderungen der Bfg im Vergleich mit den Ruheszenen davor und danach registriert.

Bei der Horrorszene fanden sich signifikante Korrelationen zwischen der Differenz der Bfg während der Rezeption der kFsz und der 2. Rsz und den Emotionsdimensionen Interesse, Scham und Verachtung; d.h. dass mit stärkeren Veränderungen der Bfg zwischen der Darbietung der kFsz und der 2. Rsz eine Abnahme des Interesses, der Scham und der Verachtung einherging. Im Erotikausschnitt ließen sich diese Korrelationen nicht nachweisen.

Reizbezogene Verlaufsanalyse der cerebralen Blutflussgeschwindigkeit (zweiter Auswertungsgang):

Durch die Analyse der kontinuierlich gemessenen physiologischen Parameter Herzschlag, Blutdruck und cerebrale Bfg sollte hier eine Identifikation der im Verlauf der Filmrezeption aufgetretenen Erregungszustände ermöglicht werden. Beobachtete Erregungszustände wurden auf die Besonderheiten der jeweils vorliegenden Reizbedingungen in den Filmszenen (Spannung, Höhepunkte etc.) zurückgeführt. Für die Analyse wurde ein Raster von Intervallen im Abstand von jeweils zehn Sekunden gewählt. Dementsprechend wurden die physiologischen Messwertverläufe der Versuchspersonen ebenfalls in Zehn-Sekunden-Abschnitte unterteilt und die jeweiligen Intervallmittelwerte berechnet. Der Verlauf der Stichprobe wurde aus den gemittelten Verlaufskurven aller Versuchspersonen bestimmt.

Bei der Verlaufsanalyse, also der kontinuierlichen Messung von Wirkungsvariablen, muss vorab festgelegt werden, auf welche Weise die Veränderungen in den Messwertverläufen bestimmt werden sollen. Zur Interpretation bieten sich solche Intervallmittelwerte an, die entweder deutlich über oder unter dem mittleren Niveau der Werte liegen (peaks-and-spikes-Analyse, Watt, 1994). Als Spitzen wurden Ausschläge gewertet, die zwei Standardabweichungen über oder unter dem Mittelwert liegen - ein in der Kommunikationswissenschaft übliches Verfahren.

Die Durchsicht der Kurven von Herzfrequenz und Blutdruck zeigten keine nennenswerten Veränderungen, so dass die Analyse im folgenden auf die Spitzenwerte der cerebralen Bfg beschränkt bleibt.

Bei der Rezension des Horrorausschnitts war zu Beginn der kFsz ein deutlich erkennbares Erregungsniveau oberhalb der Schwelle von zwei Standardabweichungen zu erkennen. Danach wurden während der kFsz keine weiteren Über- bzw. Unterschreitungen der Schwelle beobachtet; jedoch ließen sich im weiteren Verlauf lokale Maxima erkennen. In der 2. Rsz kam es zu einem deutlichen Abfall der Bfg.

Im Messwertverlauf spiegelt sich die Handlungsdynamik der dargebotenen Filmszenen erkennbar wieder und insgesamt sind die Werte der Bfg im anfänglichen Teil der Horrorszene auf einem höheren Niveau als in der zweiten Hälfte.

Auch während der Rezension der Erotikszene trat eine erhöhte Bfg deutlich hervor. Es gab jedoch weniger eindeutige Spitzen, die spezifischen Handlungsdetails zuzuordnen wären. Allerdings verlief die Filmhandlung hier auch zeitlich ausgedehnter und ruhiger ab als in der Horrorszene.

4. 5. Zusammenfassung und Diskussion

Die Intensitätseinschätzungen der mit Hilfe des DAS-Fragebogens erfassten Emotionen zeigen, dass die Rezeption des Horrorausschnitts bei den Emotionsdimensionen Freude, Überraschung, Ekel und Angst zu Veränderungen geführt hat, die ihrer Qualität und Richtung nach mit den im Filmausschnitt gezeigten brutalen Gewalthandlungen in Verbindung zu bringen sind. Es kann angenommen werden, dass die Probanden während der Darbietung Erregungszuständen ausgesetzt waren, in deren Folge die beobachtbaren emotionalen Nachwirkungen zustande kamen. Die Analyse von Herzschlagrate und Blutdruck erbrachte jedoch keinen Beleg für diese Annahme, da beide Werte im Vergleich zur Ruheszene nicht erhöht waren und lediglich während der Erotikszene eine signifikante Absenkung der Herzschlagrate stattfand. Das sich sonst keine merklichen Veränderungen nachweisen ließen, könnte dadurch erklärt werden, dass die Herztätigkeit durch ein kompliziertes Wechselspiel der Aktivität von Parasympathikus und Sympathikus geregelt wird - welches sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen lässt - und insofern nur ein wenig enger Zusammenhang zwischen rezeptionsbedingten Erregungsvorgängen und Veränderungen von Herzfrequenz und Blutdruck besteht.

Um einen direkteren Zugang zur neuronalen Aktivität von bei der Filmrezeption beteiligten Hirnzentren zu gewinnen, wurde die Bfg in der rechten und linken Arteria cerebri media (MCA) mittels der transcraniellen Dopplersonografie (TCD) gemessen. Für die Auswertung wurden die mittleren Werte jeder Person während der Filmszenen sowie in den Ruheszenen davor und danach berechnet. Beim abschnittsweisen Vergleich konnte für beide Filmausschnitte ein stärkerer Blutfluss während der Rezeption festgestellt werden, wobei in der 2. Rsz der Blutfluss sogar auf Werte unter dem anfänglichen Niveau zurückging. Dieser Befund deutet an, dass während der kFsz die vermuteten Erregungsvorgänge zu Veränderungen der Bfg in den basalen Hirnarterien geführt haben.

Bei der Interpretation der Befunde ist allerdings zu beachten, dass noch keine Klarheit darüber besteht, ob mit der Bfg primär kognitive oder eher emotionale Vorgänge erfasst werden.

So könnte schon die Vorgabe der kFsz im Unterschied zu der statischen Sonnenuntergangsszene aufgrund der größeren Dynamik (Bewegungen, Handlungen, Schnitte, Musik) neuronale Aktivierungsvorgänge (z.B. Orientierungsreaktionen) ausgelöst haben, die für die gemessene Erhöhung der Bfg ursächlich sind. Für diese Annahme spricht, dass sich signifikante Erregungszunahmen sowohl während des kritischen (handlungs- und aktivitätsreichen) Horrorausschnitts als auch während des (weniger handlungsreichen) Erotikausschnitts feststellen lassen.

Zwei Ergebnisse deuten hingegen an, dass das TCD-Verfahren für die insbesondere vom Horrorausschnitt bewirkten starken emotionalen Erregungszustände sensitiv ist: 1) Es bestehen signifikante Korrelationen zwischen den Unterschieden der mittleren Blutflusswerte während der kFsz und den beiden Rsz einerseits und den durch die Rezeption der Horrorszene bewirkten Veränderungen der Intensität spezifischer Emotionsdimensionen. 2) Der Verlauf der cerebralen Bfg entspricht besonders während des Horrorausschnitts auffällig dem Handlungsverlauf, da eine Tendenz zu hohen Blutflusswerten speziell dann besteht, wenn Handlungsabschnitte spannungsgeladen oder besonders gewalttätig sind. Dies gilt auch für die Erotikszene.

Mit der Studie kann gezeigt werden, dass die Messung der Bfg mit Hilfe des TCD-Verfahrens vertiefte Aufschlüsse über die dabei ablaufenden Vorgänge im Gehirn liefern kann. Hinsichtlich der Sensitivität für Erregungsvorgänge und des unmittelbaren Zugangs zu den ablaufenden zentralen Prozessen scheint dieser Indikator anderen physiologischen Parametern überlegen zu sein. Es konnte allerdings noch nicht geklärt werden, welcher Art die Vorgänge sind, die durch die Filmdarbietung initiiert werden. Es gibt verschiedene Erklärungsansätze: 1) Erhöhte cerebrale Erregungswerte treten schon dann auf, wenn der Zuschauer eine dynamisch ablaufende Handlung wahrnimmt. 2) Die erhöhten Werte zeigen kognitive Vorgänge an. 3) Die erhöhten Erregungswerte zeigen emotionale Vorgänge an.

5. Fazit

Ein eindeutiges Resümee zu ziehen fällt schwer. Es gibt Fakten, die die apparative Messung physiologischer Parameter für bestimmte Forschungsfragen und -gegenstände als sehr geeignet erscheinen lassen (Universalität von Körperreaktionen, Breitbandigkeit etc.), aber auch Aspekte, die schwierig zu beurteilen sind (Aufwand und Preis, meist kleine Stichprobengrößen, Ausschlussnotwendigkeit von Störquellen etc.).

In Verbindung mit der Methode der Befragung ist der Erkenntnisgewinn meines Erachtens größer. Durch die apparative Messung lassen sich Körperreaktionen erfassen und zu einem bestimmten Teil auch zuordnen, aber erst die Befragung gibt weiteren Aufschluss über die Richtung der Medinwirkung und über deren eventuelle Folgen.

Ein Beispiel: Während der Rezeption von Gewalt sinkt der Hautwiderstand und der Pulsschlag steigt an. Was aber hat das tatsächlich zu bedeuten, was passiert weiter? Kommt es zu nachfolgenden, mit der Rezeption im Zusammenhang stehenden Verhaltensänderungen (gegenüber anderen Menschen), handelt der Beobachtete nach dem Film anders als sonst, kommt es zu „Entladungen“, wird über den Film gesprochen? Oder in der Werbeforschung: Verändert der Proband seinen Konsum, kauft er nun das Produkt, auf dessen Werbung er körperlich stärker reagiert als auf ein anderes? All das lässt sich mit Hilfe von Apparaten nicht messen, das muss entweder ebenfalls beobachtet werden oder aber erfragt, wobei das Fragen hier unklomplizierter sein dürfte.

Auch hat jeder Körperparameter seine eigenen Vorzüge und Unzulänglichkeiten und sollte deshalb gesondert betrachtet werden.

Sowohl bei der Haut- als auch bei der Pulsmessung handelt es sich in den Ergebnissen um eine reine Reaktionsaufzeichnung (entweder Aufmerksamkeits- und Orientierungsraktionen oder Erregungs- und Aktivierungsreaktionen; also entweder phasische oder tonische Reaktionen), nicht aber um eine Bestimmung der Art und Weise der Reaktion. Ob die Erregung einen positiven oder negativen Ursprung hat (von Mischformen und Uneindeutigkeiten mal ganz zu schweigen) kann nicht registriert werden, obwohl es sich in den meisten Fällen natürlich vom eingesetzten Stimulusmaterial ableiten lässt; logisch-empirisch, aber eben nicht wissenschaftlich-beweisbar. Ansonsten ist die Messung der Hautleitfähigkeit bzw. des Hautwiderstands eine einfache und relativ gesicherte Methode, die in zahlreichen Studien in ihrer Wirksamkeit und Effizienz Bestätigung findet. So bestätigt von Dultzig (1997; s.o.) den Zusammenhang zwischen Erregungssteigerung durch ansprechende Fernsehwerbung und der daraus folgenden erhöhten Hautleitfähigkeit und dem anschließenden Wiedererinnern an den gesehenen Werbespot; d.h. an Gesehenes erinnert man sich in dem Maße mehr, je stärker man (körperlich) angesprochen wird. Für die Anwendbarkeit der Blutdruck-Puls-Messung liegen sowohl bestätigende Ergebnisse vor (s. Linz u.a., 1989: Nicht gewalt-gewöhnte Menschen regieren mit einem höheren Pulsschlag auf gewalthaltige Erotik- und Actionfilme als gewalt-gewöhnte = Bestätigung der Desensibilisierungstheorie) als auch widersprechende oder besser Nullergebnisse (s. Mangold u.a., 1998: Kein messbar erhöhter Pulsschlag bei Erotik- und Horrorfilmauschnitten = kein Erregungsbeleg). Die Schwierigkeit hier liegt in der Tatsache begründet, dass es zwar biologisch klar ist, wie Blutdruck und Puls funktionieren, nämlich eigentlich „universell“ gleich, dass es aber durchaus individuelle Unterschiede gibt - Schwankungen, Störungen der Herzfrequenz etc. -, die zu berücksichtigen sind, es aber nicht immer werden (können), da diese physiologischen Verschiedenheiten evtl. gar nicht bekannt sind.

Die zuletzt beschriebene Verfahren zur Messung der Hirnaktivität werden in der Kommunikationswissenschaft bis heute nur zögerlich eingesetzt, da diese relativ aufwendig und kostenintensiv sind und es noch eine Fülle von Interpretationsschwierigkeiten bei der Datenauswertung gibt. Auf der anderen Seite, und das spricht für diese Methode, sind die Grundfunktionen des Gehirns relativ gut erforscht, so dass sich die messbaren Reaktionen - im Gegensatz zu den beiden zuerst beschriebenen Verfahren - bis zu einem gewissen Grad auch vom Typ her bestimmen lassen bzw. gesagt werden kann, in welchem Bereich des Hirns gerade welche Art von Aufgaben gelöst werden und welche Aktivitätsmuster dahinter stecken. Bisher möglich ist die Zuordnung der Gehirnaktivität auf die betreffenden Gehirnregionen mittels der Messung von Mikrowellen, der Messung des Durchblutungsgrades und der Konsistenz des Blutes. Und schließlich ist ist auch die Beobachtung der Blutströmungsgeschwindigkeit möglich, da die maßgeblichen Hauptadern im Kopf soweit lokalisiert und erforscht sind, um gehirnreaktionsspezifische Aussagen zuzulassen.

6. Literatur und Quellen

Bente, Gary / Stephan, Egon / Jain, Anita / Mutz, Gerhard: Fernsehen und Emotion - Neue Perspektiven der psychophysiologischen Wirkungsforschung, 1992, Medienpsychologie, S. 186- 204

Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung - Grundlagen, Methoden, Anwendungen, 1998, Hamburg, Rowohlt

Dultzig, Kai von: Erfolgskontrolle von Werbespots, 1997; Lohmar, Köln; Joseph Eul

Gehrau, Volker

Gesundheit, 2002

Kaiser, Christoph: Apparative Werbeforschung, in: Schweiger, Günther (Hrsg.): Empirische Marketingforschung, Bd. 17, 1999, Wien, Service Fachverlag

Lang, Annie (Hrsg.): Measuring psychological responses to media, 1994; Hillsdale, New Jersey; Lawrence Erlbaum Associates

Mangold, Roland / Winterhoff-Spurk, Peter / Stoll, Martin / Hamann, Gerhard F.: Veränderungen des zerebralen Blutflusses bei der Rezeption emotionalisierender Filmausschnitte, 1998, Medienpsychologie 10, Nr. 1, S 51-72

Mangold, Roland: Zum Einsatz hirndiagnostischer Verfahren bei der Untersuchung kognitiver und insbesondere emotionaler Medienwirkungen, 1999, Medienpsychologie 11, Nr. 2, S. 121-142

Suckfüll, Monica: Aktivierungswirkungen narrativer Strukturen von Filmen, 1989, Medienpsychologie 10, Nr. 2, S. 87-109

Süddeutsche Zeitung, Wissenschaft, 30.10.2001

[...]


1 Kaiser, Christoph: Apparative Werbeforschung, S. 119

2 Kaiser, Christoph: Apparative Werbeforschung, S. 121

3 Mangold, Roland u.a.: Veränderungen des zerebralen Blutflusses bei der Rezeption emotionalisierender Filmausschnitte, S. 53

4 Linz, Daniel / Donnerstein, Edward / Adams, Steven M.: Physiological desensitization and judgement about female victims of violence, 1989, Human Communication Research 15, Nr. 4, S. 509-522

5 Süddeutsche Zeitung, Wissenschaft, 30.10.2001

6 Gesundheit, 2002

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Apparative Beobachtung: Messung einzelner physiologischer Parameter
Hochschule
Freie Universität Berlin
Veranstaltung
Die Beobachtung in der Kommunikationswissenschaft
Note
2,7
Autor
Jahr
2001
Seiten
18
Katalognummer
V107304
ISBN (eBook)
9783640055777
Dateigröße
434 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Apparative, Beobachtung, Messung, Parameter, Beobachtung, Kommunikationswissenschaft
Arbeit zitieren
Susanne Wastl (Autor:in), 2001, Apparative Beobachtung: Messung einzelner physiologischer Parameter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107304

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