Künstliche Kunst - programmierte Ästhetik und Phantasie?


Examensarbeit, 1997

22 Seiten, Note: 2


Leseprobe


INHALTVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Pioniere der Computerkunst / Historischer Rückblick

3. Computerkid Generation

4. Aktuelle Erscheinungsformen der Computerkunst
4.1 Computergrafik
4.1.1. Verfremdung
4.1.2. Montage
4.1.3. Körperlichkeit & Perspektive
4.1.4. Texturen
4.1.5. Raytracing
4.2 Computeranimation
4.3. Interaktive Aspekte der Computerkunst

5. Fazit
5.1 Der Computer, das Instrument
5.2 Technik & Kunst
5.3 Computertechnik & Kunst

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Computer kann Künstlern als unterstützendes Instrument dienen, um ihre künstlerischen Fiktionen in reale Erscheinungen zu überführen.

Oft wird der Computer dabei zum Element des Kunstwerkes und im besonderen Fall ist er das Thema der künstlerischen Arbeit. Wie in vielen anderen Bereichen zeigt der Computereinsatz auch in der Kunst modifizierende und innovative Wirkungen.

"Der Computer ist ein Tor in ein besonderes Universum der Möglichkeiten." (Csuri, Charles in CLAUS, S. 12)

Der Begriff Computerkunst verweist auf die zwei traditionellen Wissenschaftsbereiche Technik & Technologie und Kunst & Design. In der Literatur findet man das Thema "Kunst und Computer" unter dem Begriff elektronisches Gestalten eingebettet und diskutiert.

Wer sich mit elektronischem Gestalten auseinandersetzt, sollte also vertraut sein mit der Technik/Technologie und mit den ästhetischen Konsequenzen der künstlerischen Prozesse und Produkte.

Die aktuelle Situation der elektronischen Gestaltung zu beschreiben ist schwierig. Es gibt vielfältige Tendenzen, die zudem aufgrund der rasenden Entwicklung der Technologie, kaum niedergeschrieben schon wieder den Schein alter Kamelen haben. Um nicht in einen „Loop“ zu verfallen, werde ich mich vornehmlich auf den Bereich der visuellen elektronischen Gestaltung beschränken, versuchen die von Computertechnik beeinflußte Kunst in zwei Generationen von Künstlern zu strukturieren und auf aktuelle Gestaltungsmöglichkeiten eingehen.

Die sprachlich methodische Betrachtung des elektronischen Gestaltens als Schnittstelle zwischen Technik/Technologie und Kunst/Design ist problematisch, da sie kaum eine Tradition besitzt.

Das bedeutet, wer über elektronisches Gestalten allgemein oder über den konkreteren Bereich Computerkunst schreibt, befindet sich in wissenschaftlicher Hinsicht auf relativ ungesicherten Terrain.

Mischa Schaub drückt dieses Problem über den Titel seines Buches "code_X" aus: "code_X heißt code_X, weil hier versucht wird, in einem weitgehend undurchdachten Aufgabenbereich (X = die Unbekannte) einen Verhaltenscodex des Rechnereinsatzes (code = programming code) für den Gestaltungsbereich zu entwickeln." (SCHAUB, S. 13)

2. Pioniere der Computerkunst / Historischer Rückblick

Die von mir als 1. Generation definierten Künstler wurden vornehmlich in den Kriegs- oder Nachkriegsjahren geboren. Von Herbert W. Franke über Georg Nees bis Wolfgang Zach, studierten fast alle ausschließlich technisch/mathematische Wissenschaftszweige. Erweckt wurde das Interesse an computergenerierter Grafik als Programmierer und Mathematiker begannen mit geometrischen Figuren frei zu experimentieren. Mit der Überschreitung der Grenze von den technischen und naturwissenschaftlichen Aufgaben betrat man nun Neuland

Obwohl Computerkunst in den fünfziger Jahren entstanden ist, steckt diese Disziplin noch in den Kinderschuhen. Den Startpunkt markiert die Entwicklung und Nutzung des Computers "Whirlwind" im Jahre 1950 am Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.) in Cambridge/USA.

Im Dezember 1951 blinkte der Gruß "Hello, Mr. Murrow" auf der Kathodenstrahlröhre des Whirlwind, um seine Fähigkeiten zu demonstrieren. Programmiert wurde der Computer zur Berechnung des Treibstoffverbrauchs, der Flugbahn und der Geschwindigkeit der Viking-Rakete, die eine Höhe von etwa 200 Kilometern erreichen sollte. Als ein Ergebnis leuchtete die Flugbahn auf dem Bildschirm vom "Whirlwind" auf.

Hier greift schon einer der Kritikpunkte an den Werken der Computerkunst: die Ergebnisse stammen oft aus wissenschaftlichen Anwendungen und werden später als Kunst benannt (vgl. COMPUTERGRAFIK, S. 9ff).

Es wird allzuoft "lediglich Technologie zur Schau gestellt"; ebenso sind in vielen Fällen die Werke "eher kommentierend und lassen einen genuinen Ausdruck vermissen".Die entstandenen Kreationen im Grafikbereich waren anfangs "ästhetische Gebilde, die zunächst einmal Nebenprodukte der Arbeit von Technikern und Programmierern waren" (vgl. IBM, S. 3) . Hierbei ist aber auch zu bedenken, daß der Begriff "ästhetisch" ursprünglich von dem griechischen "aisthetikós" stammt und soviel wie "sinnlich" bedeutet. Somit können Begriffe wie "schön", "häßlich", "angenehm" oder "ekelhaft" ästhetische Wirkungen bezeichnen (vgl. BAUER, S. 13) .

In der heutigen Zeit wird für die Ästhetik jedoch die philosophische Definition von Alexander Gottlieb Baumgarten (1714 - 1762) verwendet. Die Ästhetik ist die Wissenschaft von der Kunst und dem Schönen (vgl. BERTELSMANN, S. 13).

Der Auslöser für die Ausgabe von graphischen Bildelementen war der, daß viele in Form von Zahlenlisten vorliegenden Ergebnissen aus den digitalen Anlagen unübersichtlich und aus diesem Grund schwer auswertbar sind (vgl. FRANKE, S. 4).

Stellt man Ergebnisse in Form einer graphischen Ausgabe z. B. als Diagramm, Kurve, etc. dar, so kann man schnell einen Eindruck über die Ergebnisse gewinnen. Es wurden graphische Ausgabegeräte in Form von programmgesteuerten Zeichentischen und entwickelt. Bei diesen sog. Plottern liegt das Papier auf einer Schreibplatte, darüber hinweg, über Schienen, wird ein Stift geführt, der sich auf Befehl hebt und senkt. Somit waren die ersten Computergraphiken nichts weiter als Zeichnungen im üblichen Sinn: sie waren mit Farbstiften entstanden.

Im Jahre 1963 erfolgte durch die Zeitschrift "Computers and Automation" eine Förderung dieser grenzüberschreitenden Experimente. Die Redakteure riefen zu einem Wettbewerb auf, in dem die, nach ästhetischen Gesichtspunkten, schönste Computergrafik gesucht werden sollte. Dieser Wettbewerb wurde mit immer größerer Beteiligung wiederholt.

1965 wagten sich dann die drei Programmierer Frieder Nake und Georg Nees aus Deutschland und A. Michael Noll aus den USA völlig unabhängig voneinander mit ihren Werken in die Öffentlichkeit und stellten sich den Kunstkritikern. Das Jahr 1965 kann somit als Geburtsjahr der Computerkunst angesehen werden. (vgl. Landsdown, John in CLAUS, S. 45). Bereits drei Jahre später folgte die erste offizielle Computerkunst Ausstellung die „Cybernetic Serendipity“ in London.

1971 stellte Jasia Reichardt, Initiatorin der oben genannten Ausstellung, fest:

„Auch nicht entfernt habe die Computerkunst bisher etwas hervorgebracht, was ein großes Kunstwerk genannt werden könnte. Wenn man ihn benutze, um Kunst zu schaffen, müsse man wohl davon überzeugt sein, daß der Computer eines Tages so etwas wie ein Haushaltsgerät sein werde.“ (vgl. Reichardt, S.14)

Eine im Jahre 1971 bemerkenswerte Feststellung. Abraham Moles propagierte damals die „Demokratisierung von Kunst“ darüber, daß sie überall in Kopie vorhanden sei und das der Computer dabei eine entscheidende Rolle spielen werde.(Moles, Abraham, S. 16-20).

Doch zunächst blieb Computerkunst eine Domäne der Programmierer: die "Speisung" der Rechner erfolgt über Lochkarten, die von Fachleuten programmiert werden mußten; die Ergebnisse konnte man ausschließlich über die Ausdrucke sehen. Hier offenbarte sich dann der Nachteil der damaligen Zeit, daß der Computer selbst zur Berechnung der Logarithmen und anderen Formeln nur wenige Sekunden brauchte, während das nachgeschaltete, schwerfällige Ausgabegerät eine halbe Stunde oder auch mehr als eine Stunde in Betrieb ist, um das Konzept auszuführen (vgl. CLAUS, S. 45).

Einen guten Einblick zu dieser Situation beschreibt John Landsdown über die Herstellung eines Computerfilms Ende der 60er Jahre:

"Das Equipment konnte nur Strichzeichnungen bewältigen, und das zumeist auf dem Plotter. Und weil jeder Frame solange Rechenzeit hatte - und pro Sekunde des fertigen Filmes brauchte man 25 Frames-, konnten wir uns oft die Zeit nicht leisten, kleinere Fehler durch Neuberechnungen zu korrigieren, weshalb wir auch manchmal fehlerhafte Linien von Hand nachzeichneten. Die Zeichnungen wurden unter einer Kamera dann einzeln positiv oder negativ abgefilmt, vielleicht noch mit mehreren verschiedenen Filtern, um etwas Farbe in die einfachsten Formen zu bringen. Wenn wir mit einer Filmkamera direkt vom Bildschirm abfilmten, so hieß dies, Tag und Nacht in einem dunklen Raum zu sitzen und jedesmal die Kamera auszulösen wenn endlich wieder ein fertiger Frame erschien."

(Zitat von Landsdown, John in CLAUS , S. 45).

Eine wesentliche Verbesserung brachte die Entwicklung des elektronischen Displays. Die Bilder konnten von nun an schnell sichtbar gemacht werden, was für eine Nachbesserung von erheblichem zeitlichen Vorteil ist. Erste Formen der Interaktion zwischen dem Künstler und dem Computer wurden möglich.

3. Computerkid Generation

Die Computerkid Generation (welche heute die Front der Computerkünstler darstellt) differenziert sich von den Pionieren der Computerkunst vor allem dadurch, daß sie schon früh mit gegebenen technischen und optischen Fundamenten der Technologie konfrontiert wurden. Wie Roy Lichtenstein und Andy Warhol die Kinder von Micky Maus und Supermann sind, sehe ich die aktuelle Medienkunstgeneration als Kinder von Pac Man und Super Mario, die begannen mit bereits gegebenem Stoff zuarbeiten.

Inzwischen sind Reichardt’s Visionen fundamentaler Bestandteil unserer technikdurchtränkten Umwelt. Die in den 1980’er Jahren, als Supercomputer bezeichneten Schränke, sind fest im Heimcomputerbereich etabliert und passen in jede Hosentasche. Computer sind nicht nur in der Lage mehr Farben darzustellen als vom menschlichen Auge überhaupt unterscheidbar (das menschliche Auge ist in der Lage etwa 1 Millionen Farbnuancen zu unterscheiden, vgl. LexiROM 2), sondern auch den Benutzer in virtuelle Realitäten, mittels Cyberbrillen und Datenanzügen, eintauchen und interagieren zu lassen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Künstliche Kunst - programmierte Ästhetik und Phantasie?
Hochschule
Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig  (FB Medienkunst)
Note
2
Autor
Jahr
1997
Seiten
22
Katalognummer
V10725
ISBN (eBook)
9783638170734
ISBN (Buch)
9783638641579
Dateigröße
537 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
HERBERT W. FRANKE, GEORG NESS, WOLFGANG ZACH, Cybernetic Serendipity, MICHAEL NOLL, COMPUTERKUNST VOR 1990, PLOTTER
Arbeit zitieren
Master of Arts Stephan Schröder (Autor:in), 1997, Künstliche Kunst - programmierte Ästhetik und Phantasie?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10725

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