Sambia - ein kurzer Lauf durch die Geschichte


Hausarbeit, 2001

15 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

EINLEITUNG

1. DAS VORKOLONIALE SAMBIA
A) DIE ERSTEN MENSCHEN
B) DIE ANKUNFT NEUER VÖLKER
C) DIE ANKUNFT DER EUROPÄER

2. SAMBIA UNTER KOLONIALER HERRSCHAFT
A) UNTER DER VERWALTUNG DER BSAC
B) NORDRHODESIEN WIRD KRONKOLONIE
C) DIE ZENTRALAFRIKANISCHE FÖDERATION

3. DIE UNABHÄNGIGE REPUBLIK SAMBIA
A) DIE AFRIKANISCHE WIDERSTANDSBEWEGUNG
B) DIE UNABHÄNGIGKEIT DER REPUBLIK SAMBIA
C) DIE ÄRA KAUNDA
D) SAMBIA IN DER 3. REPUBLIK

LITERATURVERZEICHNIS

Einleitung

Mit einer Erzählung der Geschichte Sambias im engeren Sinne kann eigentlich erst ab 1964, der Gründung und Entstehung des Staates Sambia, begonnen werden. Gleichwohl reichen Wurzeln des heutigen Sambia viel weiter zurück als lediglich die vergangenen vierzig Jahre. Ganz wesentlichen Einfluss hatte die Kolonialzeit der Engländer (1898 - 1963), die auch die Grenzen des heutigen Staates festlegten. Die afrikanische Geschichte aber beginnt schon lange davor: bei den ersten Stämmen, die den Sambesi River besiedelten.

Ein Verständnis für das heutige Sambia - seine Menschen und Kultur, Wirtschaft und Politik - lässt sich wohl nur bei einer Betrachtung aller drei Epochen gewinnen. Denn Geschichte ist immer ganzheitlich und umfassend, und es ist die die gesamte Vergangenheit, die auf die eine oder andere Weise das Bewusstsein der Gesellschaft prägt.

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Landkarte des heutigen Staates Sambia

1. Das vorkoloniale Sambia

a) Die ersten Menschen

Schon vor ca. 300.000 Jahren lebten im heutigen Sambia Menschen, die die sogenannte „Handaxt-Kultur“ repräsentierten. Der wohl bekannteste Beleg hierfür ist der Fund eines ca. 50.000 Jahre alten fossilen direkten Vorfahren des heutigen Menschen, des Homo rhodesiensis, auch „Broken Hill Man“ genannt, der sehr nah mit dem Neandertaler verwandt ist. Diese Völker lebten in Fluss- oder Seenähe und benutzten die steinernen Äxte zum Enthäuten von Tieren und um pflanzliche Nahrung aus dem Boden zu graben.

Vor etwa 50.000 Jahren wagten sich die Bewohner von den Flusstälern in die höher gelegenen Regionen und besiedelten dort vorwiegend Höhlen. Die Bevölkerung nahm zu und es entwickelte sich die sogenannte Sangun-Kultur.

Etwa vor 15.000 Jahren setzte die späte Steinzeit ein. Nun wurde Jagd mit Pfeil und Bogen betrieben und die Menschen fertigten Werkzeuge aus Knochen.

b) Die Ankunft neuer Völker

Ab dem 3. Jh. v. Chr. wanderten neue Bantu-sprechende Volkstämme - direkte Vorfahren der heute in Sambia lebenden ethnischen Gruppen - in die Region Sambias ein. Diese Völker betrieben Landwirtschaft und Viehzucht, lebten in Holzhütten und stellten Metallwerkzeuge und Tongefäße her. Damit hatte sich der Übergang von der Steinzeit zur Eisenzeit vollzogen.

Zu den eingewanderten Völkern zählten die Tonga, die einen intensiven Handel mit der Ostküste Afrikas betrieben. Die bekannteste damalige Siedlung, Ingombe Ilede („Wo die Kuh schläft“), betrieb Handel mit der Außenwelt bis hin nach Indien und Fernost.

Nach dem Niedergang des Lunda- Luba-Reiches fanden zwei weitere große Volksstämme in Sambia einen neuen Siedlungsraum: Im 17. Jh. die Barotse, die in Südwestsambia das Reich der Lozi - und damit erstmals ein Königreich mit zentraler politischer Verwaltung - gründeten, und zu Beginn des 19. Jh. die Bemba, welche die zentrale Hochebene vom heutigen Lusaka bis an den Tanganjikasee besiedelten.

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Einwanderungen verschiedener Volksgruppen

c) Die Ankunft der Europäer

Die ersten Europäer gelangten als Teilnehmer einer portugiesischen Expedition 1514 ins Sambesital. Danach blieb die Region lange Zeit von Forschungsreisenden verschont. Dafür erreichten Anfang des 19. Jh. die Araber - und mit Ihnen der Sklavenhandel - den zentralafrikanischen Landstrich. Aber auch Portugiesen beteiligten sich an diesem lukrativen Handel, der insbesondere Elfenbeinjäger, Minen- und Plantagenbesitzer mit billigen Arbeitskräften versorgte. Dabei mussten die Europäer meist nicht selbst auf Sklavenjagd gehen, sondern konnten dies mächtigen afrikanischen Stämmen - wie den Lozi oder Bemba - überlassen, die dafür Kleidung, Rum und Waffen von den Europäern eintauschten.

Als erster Brite betrat 1851 der schottische Arzt, Forschungsreisende und Missionar David Livingstone sambischen Boden, wo er zehn Jahre bei dem Volk der Kololo lebte und missionierte. Sein persönliches Missionsziel war es, die Kololo - und später auch andere afrikanische Völker - durch eine Mischung aus christlichem Glauben und moderner Ökonomie - insbesondere Landwirtschaft - in die Zivilisation zu führen. Der Sklavenhandel sollte durch einen legitimen Getreide- oder Baumwollhandel ersetzt werden.

Um einen dazu notwendigen Handelsweg zu finden, erforschte Livingstone den Sambesi River sowohl Richtung Ost- als auch Westküste, musste jedoch erkennen, dass sich der Sambesi nicht als schiffbarer Fluss erwies (dafür sah er am 16. November 1855 als erster Weißer die Viktoriafälle). Mit seinem Buch „Missinonary Travels and Researches in South Africa“ brachte er jedoch die Region des Zentralafrika erstmals in das breite öffentliche Interesse der Europäer und initiierte damit eine Welle von Missionsprojekten in dieser Region.

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Viktoriaf ä lle

2. Sambia unter kolonialer Herrschaft

a) Unter der Verwaltung der BSAC

Die Geschichte der europäischen Fremdherrschaft der Region Sambia beginnt mit Cecil Rhodes und der von ihm gegründeten British South African Company (BSAC). Cecil John Rhodes wurde 1853 bei London geboren und kam aus gesundheitlichen Gründen als Sechzehnjähriger ins südafrikanische Natal. Nur wenige Jahre später war er durch Börsen- und Minenspekulationen zum reichsten Mann Südafrikas geworden.

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Cecil Rhodes (links) in einem Camp

Rhodes Vision war eine Bahnverbindung vom Kap bis nach Kairo. Zumindest aber wollte er das britische Einflussgebiet - und damit die britische Zivilisation - möglichst weit nach Norden ausdehnen - und dabei gleichzeitig seiner Unternehmung möglichst viele Schürfrechte sichern. 1889 überredete Rhodes daher die Britische Regierung, der BSAC die Royal Charter für die Gebiete nördlich des Burenstaates Transvaal und östlich von Angola zu. Eine solche Royal Charter, die zuvor schon z.B. der East India Company zugesprochen worden war, gab einer privatwirtschaftlichen Unternehmung wie der BSAC das Recht, im Namen der britischen Regierung Land zu annektieren und unter eigene Verwaltung zu stellen.

Die im Gebiet ansässigen afrikanischen Stämme wurden durch Verträge gebunden, die den Stämmen jährliche Geldbeträge und britische Protektion gegenüber verfeindeten Völkern oder anderen Kolonialmächten versprachen. Im Gegenzug verpflichteten sich die Stammeshäuptlinge, der Gesellschaft alle Schürfrechte überlassen sowie keine Absprachen mit anderen europäischen Kolonialmächten zu treffen.

Auch mit dem Lozikönig Lewanika wurde 1890 ein solcher Vertrag ausgehandelt. Dabei war Lewanika den trickreichen britischen Vertragskünsten jedoch ebenbürtig und vergab Schürfrechte in Gebieten, über die er auch bei freundlichster Auslegung keine Kontrolle besaß. Zu diesen Gebieten zählte auch der Copperbelt, dessen Kupferabbau der BSAC später (rechtlich fragwürdige) Millionenerträge brachte.

In den 90er Jahren weitete die BSAC ihre Macht über das Barotseland kontinuierlich aus. 1911 wurden die Territorien Nordost-Rhodesien und Nordwest-Rhodesien zum Protektorat Nordrhodesien, dessen Grenzen denen des heutigen Staates Sambia entsprachen, vereinigt.

Die erste Hauptstadt Nordrhodesiens wurde Livingstone an den Victoriafällen. Da man in Nordrhodesien enttäuschender Weise zunächst keine nennenswerten Mineralvorkommen fand, führten die Kolonialherren als eine der ersten Aktionen eine Hüttensteuer ein, zu deren Zahlung jeder männliche Afrikaner verpflichtet wurde. Auf diese Weise zwang man die arbeitsunwilligen Einheimischen zu (schlecht bezahlter) Lohnarbeit in den Minen Südrhodesiens bzw. auf den europäischen Farmen und konnte gleichzeitig mit den Steuereinnahmen den Bau einer Eisenbahnlinie durch Nordrhodesien zu den Katanga- Kupferminen finanzieren, was der BSAC weitere Einkünfte versprach. Wer die Steuer nicht zahlen konnte, dem drohte Enteignung, Haft und Zwangsarbeit.

Für die Afrikaner in Nordrhodesien bedeutete die oktroyierte Lohnarbeit häufig lange Wanderschaften bis zu den Minen Südafrikas, um die Steuer und den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Frauen und Kinder blieben meist alleine zurück und konnten die Landwirtschaft in den Stammesgebieten nur schwer aufrechterhalten. Immerhin wurde unter der Ägide der BSAC der Sklavenhandel und die Sklaverei abgeschafft. Zudem waren kriegerische afrikanische Stämme wie die Ngoni durch den neuen ökonomischen Zwang der Lohnarbeit nicht mehr in der Lage, unter Nachbarvölkern auf Beutezug nach Nahrungsmitteln und Sklaven zu gehen, was die Lebensbedingungen der betroffenen Stämme natürlich erheblich verbesserte.

Die Polizeigewalt in Nordrhodesien besaß eine kleine Gruppe weißer Beamter, die häufig zu extremer Gewalt griffen, um ihre Autorität durchzusetzen. Hüttenverbrennungen und Prügelstrafen waren übliche Mittel, um Steuern oder Arbeitskräfte einzutreiben.

b) Nordrhodesien wird Kronkolonie

Der größte Widerstand gegen die Macht der BSAC kam jedoch nicht von den Afrikanern, sondern von den europäischen Siedlern in Nordrhodesien, deren Zahl bis 1920 auf ca. 3500 gestiegen war. Die meisten wollten nicht länger von einer Privatfirma verwaltet werden, deren Land- und Arbeitskräftepolitik zudem nicht den Interessen der Siedler entsprach. Die Pläne der BSAC, Nord- und Südrhodesien (heute Simbabwe) zwecks effizienterer Verwaltung zu verschmelzen, gab dem Streben nach Selbstverwaltung der weißen Farmer - die den Abfluss von Arbeit und Kapital in den reicheren Süden befürchteten - weiteren Aufschwung. 1923 setzte die weiße Minderheit in Südrhodesien eine eigene unabhängige Regierung durch. Um die Position gegenüber Südrhodesien zu stärken, bevorzugten die nordrhodesischen Siedler daraufhin, zur britischen Kronkolonie zu werden (1924). Nordrhodesien stand somit nun - unter Partizipation der weißen Siedler, aber unter Ausschluss der afrikanischen Bevölkerung - unter direkter britischer Verwaltung. Die Verwaltungszeit der BSAC war beendet.

Die politische Machtaufgabe wurde der BSAC durch die Entdeckung reicher Kupfervorkommen im Nordwesten des Landes, dem sogenannten Copperbelt, leicht gemacht. Bei gleichzeitig weltweit steigender Nachfrage nach Kupfer erwiesen sich die Kupferminen schnell als höchst profitabel. Viele Afrikaner wanderten nun nicht mehr nach Südrhodesien oder Südafrika, sondern arbeiteten in den Kupferminen des Copperbelt, wo sie etwas bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen vorfanden als anderswo. So konnten die afrikanischen Arbeiter - was sonst Kinder mitbringen (weil sich gezeigt hatte, dass dies ganz wesentlich ihre Arbeitseffizienz erhöhte).

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„ Familienunterkunft “ eines Minenarbeiters, 1927 nicht üblich war - auch Frau und

Andererseits blieben den Afrikanern alle qualifizierten Jobs versperrt. Diese wurden von Europäern besetzt, die - vertreten durch eine eigene Gewerkschaft - jegliche weitergehende Ausbildung der Afrikaner zu verhindern wussten. Zudem erhielten die Afrikaner nur zeitlich begrenzte Arbeitsverträge. Damit sollten die afrikanischen Arbeiter ermuntert werden, in regelmäßigen Abständen zu ihren Stämmen zurückzukehren, um sich dort zu erholen. Durch dieses System ersparte man sich den Bau angemessenerer Unterbringungsmöglichkeiten und den Aufbau eines Sozial- und Gesundheitssystems - die Pflege von kranken oder alten Arbeitern überließ man den Stämmen. Auch Bildungsinstitutionen blieben den Afrikanern als Folge der Rassendiskriminierung weiterhin verwehrt. Denn: je schlechter ausgebildet die Afrikaner waren und je stärker in ihr traditionelles Stammessystem eingebunden, desto weniger konnten sie die Vormachtstellung der Weißen gefährden.

Gleichzeitig wurde ihnen jedoch auch ihre Rückzugsmöglichkeiten immer weiter eingeschränkt. Um weitere europäische Farmer ins Land zu holen - und so die finanzielle Situation des Landes zu verbessern - begann die Kolonialregierung 1928 damit, fruchtbares, für europäische Farmer reserviertes Land abzustecken. Die Afrikaner dagegen wurden in Reservate getrieben, deren Böden zumeist wenig geeignet für Ackerbau waren. Die Folge dieser Politik waren einerseits überfüllte Reservate, deren Böden durch die traditionell brandrodende Landwirtschaft („citemene“) schnell ausgelaugt waren, und andererseits brachliegendes, fruchtbares Farmland, das vergeblich auf europäische Siedler wartete. Hinzu kam die Abwesenheit der meisten jungen Männer, die in den Kupferminen oder bei weißen Farmern arbeiteten, um die Steuer zu verdienen. Die Frauen und wenigen verbleibenden Männer konnten die landwirtschaftliche Versorgung nicht sichern, und so litten weite Teile der Bevölkerung in den ländlichen Regionen unter Mangelernährung.

c) Die zentralafrikanische Föderation

Die zentralafrikanische Föderation, die zwischen 1953 und 1963 die drei Länder Nordrhodesien, Südrhodesien und Nyasaland (heute Malawi) verband, sollte die letzte Etappe kolonialer Vorherrschaft in Nordrhodesien sein. Hinter der Gründung eines solchen Staatenbundes stand der Gedanke der weißen Siedler, die moderne Industrie und Wirtschaft Südrhodesiens mit den Bodenschätzen Nordrhodesiens und den Arbeitskräften Nyasalands zu vereinen. Nordrhodesien selbst hatte einer Vereinigungs- oder Föderationsidee immer skeptisch gegenübergestanden, da es (berechtigter Weise) den Abfluss von Gewinnen aus den Minen Nordrhodesiens in das politisch stärkere Südrhodesien befürchtete. Nachdem seit 1935 der afrikanische Widerstand in Nordrhodesien jedoch allmählich wuchs, erhofften sich die Siedler durch die Föderation insbesondere eine Absicherung ihrer politischen Macht. Südrhodesien dagegen wollte einen Anschluss ihres Landes an ein burisches Südafrika verhindern.

Im Oktober 1953 trat die neue Verfassung der Föderation in kraft. Sitz des Föderationsparlamentes wurde Salisbury, die Hauptstadt Südrhodesiens.

Die nordrhodesischen Siedler mussten jedoch bald feststellen, dass ihnen die Föderation wenig Glück brachte. Wie befürchtet wurde die nordrhodesische Wirtschaft vom Süden dominiert. Große Mengen an Kapital - insbesondere Einnahmen aus den Kupferminen - flossen in die Kassen Südrhodesiens. Auch das Kraftwerk des größten Gemeinschaftsbaus, des Kariba-Staudammes am Sambesi, wurde auf der Seite Südrhodesiens errichtet, so dass Sambia später von dort Strom importieren musste.

Andererseits wurde der afrikanische Widerstand durch die Föderation nicht gebremst, sondern erstarkte eher. Grund war die Befürchtung der afrikanischen Stämme, dass die Politik der extensiven Landenteignung Südrhodesiens auch in Nordrhodesien Platz greife. Von der versprochenen Partnerschaft zwischen Afrikanern und Weißen war nach der Gründung der Föderation nicht mehr die Rede. Afrikaner wurden weiterhin diskriminiert: Sie hatten beinahe kein politisches Mitspracherecht, mussten sich mit weitaus geringeren Löhnen als ihre weißen Kollegen zufrieden geben und besaßen kaum Zugang zu Bildungseinrichtungen. Auch im täglichen Leben - in Geschäften oder Postämtern - regierte die Rassendiskriminierung.

Unter diesen Vorzeichen wuchs der afrikanische Widerstand nicht nur gegen die Föderation, sondern auch gegen die weiße Minderheitsregierung in Nordrhodesien. Mit dem Wahlsieg von Kenneth Kaunda und seiner afrikanischen UNIP-Partei 1963 und der Unabhängigkeitserklärung Sambias 1964 war das Ende der Föderation - und mit ihr die Kolonialzeit Sambias - besiegelt.

3. Die unabhängige Republik Sambia

a) Die afrikanische Widerstandsbewegung

Die Ursprünge der afrikanischen Widerstands- und Unabhängigkeitsbewegung in Nordrhodesien liegen im Copperbelt. Nur durch die Konzentration vieler tausender Afrikaner an einem Ort konnte auch zwischen den Angehörigen verschiedener Stämme das Gefühl einer gemeinsamen Identität entstehen. Getragen wurde dieses Gefühl von dem vereinten Protest gegen die Minengesellschaften und die europäischen Arbeitskollegen. Diesen blieben nicht nur alle qualifizierteren Tätigkeiten vorbehalten, sondern sie verdienten durchschnittlich auch das 11fache eines afrikanischen Arbeiters (zur Zeit der BSAC sogar das 30fache)!

1935 kam es zum ersten Streik afrikanische Minenarbeiter, der sich gegen steigende und unfaire Steuern richtete. Fünf Jahre später brach erneut Streik aus - diesmal für höhere Löhne - und nahm ein blutiges Ende. Um sich besser organisieren zu können (beim ersten Streik 1935 benutzte man in der Not eine Tanz-Vereinigung der Bemba als Koordinationsplattform), gründeten die afrikanischen Arbeiter schließlich mit Billigung der britischen Labour Regierung eigene Gewerkschaften, die sich 1949 zur Northern Rhodesia African Mineworkers’ Union (AMU) zusammenschlossen. Der entscheidende Schritt zu einer effizient organisierten afrikanischen Opposition war gemacht!

Noch ein anderer Umstand führte - wie schon erwähnt - zur Bildung einer organisierten afrikanischen Opposition: die Einbindung Nordrhodesiens in die zentralafrikanische Föderation. Die Reaktion war die Gründung einer national-afrikanischen politischen Vereinigung, des Northern Rhodesia African National Congress (ANC) mit Harry Nkumbula als Präsidenten. Doch aufgrund von Divergenzen mit den Gewerkschaften gelang es dem ANC nicht, eine nationale Protestbewegung afrikanischer Massen gegen die Föderation zu initiieren. 1953 markierte damit das vorläufige Ende der Bewegung.

1958 hatte sich der ANC jedoch wieder etabliert und war bereit, an allgemeinen Wahlen teilzunehmen - basierend auf einer neuen nordrhodesischen Verfassung, die 25.000 Afrikanern das Wahlrecht gab. Inzwischen hatte sich jedoch innerhalb des ANC eine Gruppe junger Politiker gebildet, deren Ziele wesentlich radikaler als die Nkumbulas waren: die Bildung einer unabhängigen Republik Sambia unter einer schwarzen Mehrheitsregierung. Jede Kooperation mit der weißen Regierung wurde von dieser Gruppe um den charismatischen Generalsekretär des ANC, Kenneth Kaunda, abgelehnt. Sie beschloss daher, sich vom ANC abzuspalten, eine neue Partei (ZANC) zu gründen und die Wahlen zu boykottieren.

ZANC erhielt großen Zulauf von der afrikanischen Bevölkerung, wurde jedoch schon nach kurzer Zeit verboten. Kaunda kam ins Gefängnis. Doch die afrikanische Unabhängigkeitsbewegung war nicht mehr aufzuhalten. Eine neue Partei, die United National Independence Party (UNIP), wurde gegründet und Kaunda - inzwischen wieder freigelassen - ihr Vorsitzender. Überwiegend gewaltfrei startete Kaunda eine Unabhängigkeitskampagne, die 1963/64 schließlich zum Erfolg führen sollte.

b) Die Unabhängigkeit der Republik Sambia

„There is a wind of change blowing through Africa“ - mit diesem Ausspruch hatte der britische Premierminister Macmillan 1960 den Rückzug Großbritanniens aus seinen Kolonien angekündigt und den Weg für unabhängige, demokratische Staaten in Afrika geebnet. Auch in Nordrhodesien war man angesichts des massiven afrikanischen Druckes bereit, das Land aus der Föderation zu entlassen und die Regierung in die Hände der afrikanischen Mehrheit zu legen. 1961 schlug das Colonial Office eine entsprechende Verfassungsänderung vor, nahm sie jedoch aufgrund des scharfen Protestes des Föderationsministers Welensky wieder zurück.

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Sambia wird unabh ä ngig, Oktober 1964

Daraufhin rief UNIP die afrikanische Bevölkerung zum zivilen Ungehorsam auf, konnte aber auch gewaltsame Aufstände nicht verhindern. Eine neue Verfassung wurde ausgearbeitet und 1962 übernahmen UNIP und ANC die Mehrheit im Parlament. 1963 verließ Nordrhodesien die Föderation und 1964 wurden die ersten allgemeinen, freien und unabhängigen Wahlen abgehalten, bei denen alle Afrikaner ein Stimmrecht besaßen. Glänzender Sieger dieser Wahl war Kenneth Kaunda und die UNIP. Mit Kaunda als Premierminister war der Weg nun frei für die vollständige Unabhängigkeit Sambias.

Unter dem Motto „One Sambia, one Nation“ feierte Sambia am 24. Oktober 1964 den Eintritt in die Unabhängigkeit und die Gründung der Republik Sambia. Ihr erster Präsident, Kenneth Kaunda, sollte für die kommenden 27 Jahre die Geschicke des Landes bestimmen.

c) Die Ära Kaunda

Die Regierungszeit unter Kaunda lässt sich in eine Erste Republik (1964 - 1972) mit einem demokratischen Mehrparteiensystem nach dem Vorbild der englischen Verfassung und eine Zweite Republik (1973 - 1991), der Einparteienherrschaft der UNIP, aufspalten.

Ähnlich wie Nyerere in Tansania entwarf Kaunda zunächst eine gesellschaftlich-philosophisches Plattform, den „sambischen Humanismus“, der dem kolonialen Kapitalismus eine alternative - afrikanischen Traditionen verbundene - Gesellschaftsform gegenüberstellte und dem jungen Staat Sambia zu einer gemeinsamen Identität verhelfen sollte. Der „sambische Humanismus“ stellt eine Form des afrikanischen Sozialismus dar, in dessen Zentrum der Mensch und die Würde des Menschen steht. Ziel ist eine „Gesellschaft der gegenseitigen Hilfe“, bei der nicht das Individuum, sondern die Gemeinschaft - d.h. die Großfamilie, der Stamm oder die Nation - im Mittelpunkt des menschlichen Denkens und Handelns steht. Rückblickend ist Kaunda leider in vielen Bereichen an seiner eigenen Philosophie gescheitert.

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Kenneth D. Kaunda

Die Anfänge der Ersten Republik lassen sich jedoch trotzdem als „fette Jahre“ bezeichnen. Die nachteilige Steuerzuteilung der Föderation war aufgelöst, und Sambia konnte voll über die Steuereinkünfte aus dem Kupferbergbau verfügen. Wichtige Ziele des Ersten Nationalen Entwicklungsplanes waren die Diversifizierung der Wirtschaft, die Förderung der Landwirtschaft, der Ausbau der Infrastruktur und die Verbesserung des Bildungssystems. Während sich das Binnenland Sambia durch den Bau von asphaltierten Fernstraßen und einer Eisenbahnlinie nach Tansania wichtige Exportwege schuf, diente die Gründung von Secondary Schools und der Universität von Sambia der Heranbildung einer schwarzen Bildungsschicht, um die öffentlichen und privaten Sektoren des Landes zu „sambanisieren“. Weniger erfolgreich verlief die Entwicklung des landwirtschaftlichen Sektors. Hier konnte das Ziel, die überwiegend traditionelle Subsistenzwirtschaft durch eine effizientere, marktorientierte Landwirtschaft abzulösen, aufgrund eines mangelhaften Kreditsystems und ungenügenden landwirtschaftlichen Ausbildungsmöglichkeiten nicht erreicht werden. Auch eine Diversifizierung der Wirtschaft gelang nicht, so dass Sambia auch heute noch überwiegend vom Kupferexport abhängig ist.

Der Übergang zum Einparteiensystem zeichnete sich ab, als es 1971 zur Abspaltung der United Progress Party (UPP) von der Mutterpartei UNIP kam, und zwar ausgerechnet in der für die wirtschaftliche Entwicklung so wichtigen Region des Kupfergürtels. Diese Abspaltung und der Zusammenschluss der UPP mit dem ANC veranlasste Kaunda zur Schaffung eines Einparteienstaates, der im Jahre 1972 unter dem Namen „Zweite Republik“ ausgerufen wurde. Damit wurde die sambische Demokratie durch eine Diktatur Kaundas abgelöst. Oppositionsparteien wurden verboten, die Presse gleichgeschaltet und die Macht des Staatspräsidenten gestärkt. Diese und weitere diktatorische Handlungen wirkten sich auch auf die Wirtschaft aus: Internationale Investoren und Geldgeber zogen sich verschreckt zurück, Sambias Wirtschaft erlebte einen dramatischen Niedergang.

Als die Wirtschaft schließlich 1990 kurz vorm Zusammenbruch stand und es landesweit zu Streiks und Aufständen kam, leitete Kaunda 1991 die ersten freien Wahlen seit fast 30 Jahren ein.

d) Sambia in der 3. Republik

Der Demokratisierungsprozess Sambias wurde durch ein von Kaunda zugelassenes Referendum in Gang gesetzt, welches wohl unter dem Druck der „Geberländer“ zustande kam. In diesem Referendum sollte das sambische Volk entscheiden können, ob es ein Mehrparteiensystem wünscht oder bei der bisherigen Staatsform bleiben will. Doch als sich eine deutliche Mehrheit für ein Mehrparteiensystem abzeichnete, leitete Kaunda selbst eine entsprechende Verfassungsreform ein.

Bei den demokratischen Wahlen am 31. Oktober 1991 entschied sich eine überwältigende Mehrheit der Sambier für die Bewegung für Mehrparteien-Demokratie (Movement for Multiparty Democracy - MMD) unter der Führung von Frederick Chiluba, des bisherigen Generalsekretärs des Gewerkschaftsverbandes.

Gemäß ihrer Ankündigung ersetzte die MMD die staatsinterventionistische Wirtschaftspolitik der UNIP durch eine freie Markt- und Privatwirtschaft. Dies führte dem Land wieder reichlich Unterstützung durch IWF und Weltbank zu. Doch die damit einhergehenden Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln bereiteten weiten Teilen der Bevölkerung massive Probleme. Korruptionsskandale verschärften das innenpolitische Klima weiter, so dass es im Wahlkampf 1996 zu schweren Demonstrationen und Tumulten kam. Als daraufhin Kaunda seine erneute Kandidatur ankündigte, setzte Chiluba eine umstrittene Verfassungsänderung durch, nach der künftig die Eltern der Präsidentschaftskandidaten sambische Staatsbürger sein mussten - wodurch Kaunda als Sohn eines Malawiers die Kandidatur verwehrt wurde.

Bis zu seiner Abwahl Ende 2001 versuchte Chiluba die Wirtschaft durch ausländische Investitionen wieder in Gang zu bringen.

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Proteste gegen Wahlbetrug in Lusaka, Dezember 2001

Durch langfristige Pachtverträge, günstige Steuersätze und die zollfreie Einfuhr von landwirtschaftlichen Geräten werden vor allem Südafrikaner ins Land gelockt. Zu einem großen Skandal wurde dagegen der Verkauf der Kupferminen - weit unter Wert und überschattet von Korruptionsvorwürfen. Trotzdem wollte sich Chiluba nicht von der Macht verabschieden und plante eine Änderung der von ihm selbst ins Leben gerufenen Verfassung, um ihm das Weiterregieren über die verfassungsmäßigen zwei Amtszeiten hinaus zu erlauben. Erst als es zu erheblichen Protesten und schließlich Abspaltungen innerhalb der eigenen Partei kam, so dass Chiluba die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit im Parlament verlor, und auch das Volk gegen die Verletzung der Verfassung auf die Straße ging, zog Chiluba sein Ansinnen zurück. Gleichzeitig ernannte er mit Mwanawasa einen ihm - nach Meinung vieler Beobachter - willfährigen Präsidentschaftskandidaten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ergebnisse der Pr ä sidentenwahl 2001 legte Klage beim Verfassungsgericht ein,

Dementsprechend verwundert es wenig, dass Mwanawasas knapper Wahlsieg am 27. Dezember 2001 über seinen größten Herausforderer Mazoka von massiven Betrugsvorwürfen begleitet wurde. Ausländische Wahlbeobachter sprachen von verschwundenen Wahlurnen, Einschüchterungsversuchen der Geheimpolizei in Abstimmungslokalen und überzähligen Stimmzetteln. Die Opposition denn offenbar kann sich auch Chiluba wie sein Vorgänger Kaunda nicht von der politischen Herrschaft trennen. Wie in vielen anderen afrikanischen Ländern tut sich die Demokratie schwer in Sambia. Dabei wäre bei einer Armutsquote von knapp 70% ein effektives und stabiles politisches System - neben der Hilfe von außen - notwendiger denn je, um die humanistischen Ideale, mit denen der Staat begann, wenigstens annähernd zu erreichen.

Literaturverzeichnis

Monographien

Drescher, Axel: Sambia - Fakten, Zahlen, Übersichten, Gotha/Suttgart, 1998

Hupe, Ilona; Vachal, Manfred: Reisen in Zambia und Malawi, München, 2002

Kaunda, Kenneth D.: Humanismus in Sambia. Programm und Entwicklung einer neuen Ordnung, Lusaka, 1968

Könitzer, Ute: Der große Traum - Sambia. Porträt eines Entwicklungslandes, Frankfurt, 1992

Meyns, Peter: Zambia in der 3. Republik - Demokratische Transition und politische Kontinuität, Hamburg, 1995

Roberts, Andrew: A History of Zambia, London/Nairobi/Lusaka, 1976

Wilson, Derek: A History of South and Central Afrika, London/New York, 1975

Zeitungsartikel

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Dezember 2001: „ Früher sorgten die Call Boys für Ordnung, jetzt sollen sie den Sambiern das Wählen beibringen“

Neue Züricher Zeitung, 2. Mai 2001: „Chiluba will eine dritte Amtszeit in Sambia“

Süddeutsche Zeitung, 2. Januar 2002: „Opposition will Wahl anfechten“

Süddeutsche Zeitung, 3. Januar 2002: „ Präsident Puppenspieler“

die tageszeitung, 3. Januar 2002: „Mit Wahlbetrug zum Sieg in Sambia“

Internetseiten

www.afrika-insites.com: The History of Zambia (genau: www. afrika- insites.com/zambia/info/hisgeopeop/history.htm)

www.sas.upenn.edu: The Philosophy Behind Zambia’s Flag (genau: www. sas.upenn.edu/Afrikan_Studies/Country_Specific/Zamphil.html)

www.dse.de: Landesüberblick Sambia (genau: www. dse.de/za/lis/sambia/homepage.htm)

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Sambia - ein kurzer Lauf durch die Geschichte
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Autor
Jahr
2001
Seiten
15
Katalognummer
V107048
ISBN (eBook)
9783640053230
Dateigröße
619 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit ist im Rahmen eines Entwicklungsprojektes entstanden und liefert einen leicht lesbaren, verständlichen und bebilderten Überblick der Geschichte des südafrikanischen Landes Sambia - von den ersten Menschen der Erde überhaupt, die hier lebten, bis zur heutigen Republik und den letzten Wahlen im Dezember 2001.
Schlagworte
Sambia, Lauf, Geschichte
Arbeit zitieren
Christian Gahrmann (Autor:in), 2001, Sambia - ein kurzer Lauf durch die Geschichte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107048

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