Interkulturelle Lernunterschiede PISA


Hausarbeit, 2002

26 Seiten, Note: 3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG

2 DIE PISA 2000 STUDIE
2.1 Lesekompetenz
2.2 Mathematische Grundbildung
2.3 Naturwissenschaftliche Grundbildung
2.4 Erfassung der Voraussetzungen selbstregulierten Lernens
2.5 Interpretation der Resultate und Auswirkungen auf die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit

3 DARSTELLUNG DER BILDUNGSSYSTEME AUSGEWÄHLTER LÄNDER UND AUSWIRKUNGEN AUF DIE LEISTUNGEN DER SCHÜLER
3.1 Deutschland
3.2 Finnland
3.3 Frankreich
3.4 Italien

4 FAZIT

ANHANG

LITERATUR

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

II Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Prozentualer Anteil von Schülern unter Kompetenzstufe I und auf Kompetenzstufe V 66

Abbildung 2: Mittelwerte und Streuung der Testwerte in den Teilnehmerstaaten - Lesekompetenz 77

Abbildung 3: Mittelwerte und Streuung der Testwerte in den Teilnehmerstaaten -Mathematik 99

Abbildung 4: Mittelwerte und Streuung der Testwerte in den Teilnehmerstaaten - Naturwissenschaften 1010

Abbildung 5: Liste der Länder, in denen entweder Elaborations- oder Wiederholungsstrategien bevorzugt eingesetzt werden 1212

III Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

In dieser Semesterarbeit sollen die kulturellen und politischen Einflüsse der Länder auf die Bildungssysteme und das Lernverhalten der Schüler sowie die Auswirkungen auf deren Leistungen dargestellt werden.

Basis für diese Arbeit bildet die derzeit heiß diskutierte PISA 2000 Studie, beider Deutschland im Verhältnis zum OECD Durchschnitt schlecht abgeschnitten hat.

Zuerst werde ich die Ergebnisse der Studie in den drei untersuchten Grundbildungen und im Lernverhalten skizzieren, um anschließend die Resultate zu interpretieren und daraus entstehende Probleme für die Zukunft unserer Wettbewerbsfähigkeit abzuleiten.

Ziel dieser Arbeit soll es sein, die unterschiedlichen Voraussetzungen der Länder darzustellen, um von ihnen Rückschlüsse auf die unterschiedlichen Leistungsniveaus ziehen zu können. Sind kausale Zusammenhänge erkennbar, werde ich diese aufzeigen und versuchen, Möglichkeiten zu finden, wie die entsprechenden Systeme anderer Länder auf das deutsche Bildungssystem übertragen werden könnten bzw. Gründe zu nennen, warum das aus kulturellen wie politischen Gründen nicht umsetzbar ist.

Hierbei möchte ich hauptsächlich auf die europäischen Länder eingehen, da unsere direkten Nachbarn im Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit in Europa für uns einen höheren Stellenwert haben. Bei einigen Ergebnissen der PISA Studie werden jedoch auch Länder wie Korea, Japan oder Neuseeland Beachtung finden.

2 Die PISA 2000 Studie

PISA steht für ,,Programme for International Student Assessment". Das Programm will die Basiskompetenzen der nachwachsenden Generation erfassen und wird von allen OECD Mitgliedsstaaten gemeinsam getragen und verantwortet.

Ziel ist es, ,,den OECD-Mitgliedsstaaten vergleichende Daten über die Ressourcenausstattung, individuelle Nutzung sowie Funktions- und Leistungsfähigkeit ihrer Bildungssysteme zur Verfügung zu stellen (OECD, 1999)".1

Die bei der Studie überprüfte Zielgruppe sind 15-jährige Schülerinnen und Schüler (im nachfolgenden wir d nur von Schülern gesprochen, selbstverständlich sind Schülerinnen mit einbezogen), die in fast allen OECD-Ländern noch der allgemeinen Schulpflicht unterliegen.2

Die untersuchten Merkmale beziehen sich auf die Bereiche Lesekompetenz, mathematische Grundbildung, naturwissenschaftliche Grundbildung sowie fächerübergreifende Kompetenzen wie selbstreguliertes lernen und Vertrautheit mit Computern.3

Die bei der Erhebung im Jahr 2000 angewendeten Tests bestehen aus einer Mischung von Multiple -Choice-Aufgaben und Fragen, die von den Schülern frei zu beantworten waren.4

Teilgenommen haben 180.000 Schüler aus 32 Mitgliedsstaaten (siehe Anhang).5

Bei allen Tests werden verschiedene Kompetenzstufen gebildet, die das erreichte Leistungsniveau der einzelnen Schüler widerspiegeln. Dabei bildet Stufe I den untersten Skalenrand und Stufe V den höchsten.6

2.1 Lesekompetenz

Bei der Lesekompetenz sollen im Zuge von PISA Basiskompetenzen erfasst werden, die in modernen Gesellschaften für eine zufrieden stellende persönliche sowie wirtschaftliche Lebensführung notwendig sind, und die die aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.7

Bei den betrachteten Aspekten geht es darum, Informationen zu ermitteln, textbezogen zu interpretieren und das Gelesene zu reflektieren und zu bewerten.8

Aufgabenbeispiele sind im Anhang dargestellt.

Im internationalen Vergleich der Ergebnisse ist besonders die Betrachtung der Extremgruppen interessant, also die Schülergruppen in den Teilnehmerstaaten mit jeweils sehr schwachen Leistungen bzw. sehr guten Le istungen (Kompetenzstufen I und V).

Deutschland hat einen über OECD-Durchschnitt liegenden Anteil an Schülern unter Kompetenz-stufe I sowie einen unter OECD-Durchschnitt liegenden Anteil an Kompetenzstufe V.

Finnland hat in beiden Bereichen sehr gute Werte, Neuseeland steht bei Kompetenzstufe an erster Stelle, Korea hat die wenigsten Schüler unter Kompetenzstufe I. Zu den Top Ten der Extremgruppen gehören auch Australien, Kanada, Irland und das Vereinigte Königreich, während Brasilien, Mexiko und Luxemburg am unteren Ende dieses Vergleichs stehen.9

Abbildung 1:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

10

Bei Betrachtung der Mittelwerte steht Finnland mit 546 Punkten (OECD-Durchschnitt 500) klar vorne. Daher werde ich in Kapitel 3.2 auch noch verstärkt auf das finnische Schulsystem eingehen.

Deutschland schneidet mit 484 Punkten auch bei Betrachtung des Mittelwerts schlecht ab. Zu den Top Ten in der durchschnittlichen Lesekompetenz gehören auch hier Kanada, Australien, Neuseeland und Irland.

Abbildung 2:

Mittelwerte und Streuung der Testwerte in den Teilnehmerstaaten - Lesekompetenz 11

Lesekompetenz

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Ergebnisse im Lesen sind von besonderer Bedeutung. Denn fast alle anderen Fachgebiete und Methoden sind nur erlernbar, wenn Bücher darüber oder Aufgabenstellungen auch verstanden werden können.

Um so erschreckender muss das deutsche Ergebnis gesehen werden. Als Industrienation, die eigene Standortvorteile immer durch den hohen Wissenstand der Bevölkerung zu belegen suchte, ist es eher peinlich, im unteren Drittel des Vergleichs zu stehen. Vor allem, weil die erweiterten Fähigkeiten auch in den mathematischen und ingenieurswissenschaftlichen Gebieten nicht ohne eine gewisse Lesefähigkeit erlernt werden können.

Lesefähigkeit stellt auch einen bedeutenden Faktor für den beruflichen Erfolg dar.12 Somit ist der große Anteil der leistungsschwächsten Jugendlichen als Risikofaktor einzustufen, den es durch entsprechende Anpassung schulischer Maßnahmen einzudämmen gilt.

2.2 Mathematische Grundbildung

Mathematische Kompetenz besteht für die PISA Studie nicht nur aus der Kenntnis mathematischer Sätze und Regeln und der Beherrschung mathematischer Verfahren.

Mathematische Kompetenz soll vielmehr im verständnisvollen Umgang und in der Fähigkeit, mathematische Formeln als Werkzeuge einzusetzen, aufgezeigt werden.13

Es geht also in den Tests um begriffliches Verstehen und den Einsatz des Modellierens zur Lösung mathematischer Aufgaben.14 Aufgabenbeispiele sind im Anhang dargestellt.Auch in diesen Tests wurden die Ergebnisse in Kompetenzstufen eingeteilt.

Auffallend ist hierbei, dass Deutschland einen sehr geringen Anteil von Schülern in der Spitzengruppe, dafür aber einen erheblichen Anteil von Schülern in der Risikogruppe hat. Das Ergebnis der Lesekompetenz scheint sich also in den mathematischen Grundlagen fort- zusetzen. Der Anteil der Risikogruppe ist nur in den Vereinigten Staaten annähernd hoch. Beim Anteil der Spitzengruppe liegt Deutschland international eher im Mittelfeld. Spitzenreiter hier ist Japan, gefolgt von der Schweiz und dem Vereinigten Königreich.

Japan liegt auch bei Betrachtung der Mittelwerte an erster Stelle, dicht gefolgt von Korea. Die beiden asiatischen Länder liegen mit diesen Leistungen etwa eine halbe Standardabweichung über dem OECD-Durchschnitt. Zum Vergleich: Dieser Wert wird in Deutschland nur von 29 Prozent der Schüler erreicht.15 Finnland, bestes Land bei der Lesekompetenz, erreicht hier Rang 4.

Die durchschnittliche mathematische Kompetenz deutscher Schüler liegt hier wie bei der Leseleistung etwa im unteren Mittelfeld der teilnehmenden Staaten. Die beiden latein- amerikanischen Länder Mexiko und Brasilien erreichen im Durchschnitt nur Leistungen, die über eine halbe Standardabweichung unter dem OECD-Mittelwert liegen.16 Sie bilden somit wie bei der Lesekompetenz das Schlusslicht der Teilnehmerstaaten.

Auffallend bei diesem Testergebnis ist, dass sich die Staaten relativ klar nach Regionen (bzw. im Fall der angloamerikanischen Spitzengruppe) nach kulturellen Traditionen gruppieren. Umso bemerkenswerter ist, dass Deutschland mit Ausnahme von Luxemburg deutlich unter den Werten aller übrigen west- und nordeuropäischen Länder bleibt.17 Bei tieferem Einstieg in die Studie zeigt sich, dass die deutschen Schüler zumindest bei den technischen Aufgaben im internationalen Vergleich relativ gut abschneiden. Ihre Schwäche liegt in der Modellierung anspruchsvollerer in nermathematischer Zusammenhänge.

Dieses Ergebnis zeigt die Defizite des deutschen Mathematikunterrichts. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit soll geklärt werden, inwieweit Möglichkeiten zur internationalen Leistungsangleichung bestehen.

Abbildung 3: Mittelwerte und Streuung der Testwerte in den Teilnehmerstaaten - Mathematik 18

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.3 Naturwissenschaftliche Grundbildung

Für die Testkonzeption der naturwissenschaftlichen Grundbildung lautete die Leitfrage von PISA, inwieweit die Jugendlichen auf die Herausforderungen der heutigen Wissensgesellschaften vorbereitet werden.19 Naturwissenschaftliche Kompetenz stellt laut PISA eine Grundlage für die Teilhabe an der Wissensgesellschaft und für eine lebenslange Auseinandersetzung mit einer sich verändernden Welt dar.20

Abbildung 4:

Mittelwerte und Streuung der Testwerte in den Teilnehmerstaaten - Naturwissenschaften 21

Naturwissenschaftliche Grundlagen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei den Tests wird die Kompetenz in vier Bereichen abgeprüft: naturwissenschaftliche Begriffe und Prinzipien, naturwissenschaftliche Untersuchungsmethoden und Denkweisen, Vorstellungen über die Besonderheit der Naturwissenschaft und Vorstellungen über die Beziehungen zwischen Naturwissenschaft, Technik und Gesellschaft.22 Aufgabenbeispiele sind im Anhang dargestellt. Die Ergebnisse der Tests zur naturwissenschaftlichen Grundbildung weisen eine sehr hohe Leistungsbandbreite auf, die von 375 (Brasilien) bis 552 (Korea) reicht.23

Die deutschen Schüler liegen in ihrem durchschnittlichen Ergebnis 13 Punkte unter dem OECD-Mittelwert. Angeführt wird die Tabelle wiederum von Korea, Japan und Finnland, Schlusslichter bleiben Mexiko und Brasilien.

2.4 Erfassung der Voraussetzungen selbstregulierten Lernens

2.4.1 Lernstrategien im internationalen Vergleich

Wichtige Voraussetzungen für selbstreguliertes Lernen sind die Kenntnis und Verfügbarkeit von Lern- und Problemlösungsstrategien.24 In der PISA Studie wurde die Nutzungshäufigkeit folgender Lernstrategien erhoben: Elaborations-, Wiederholungs- und Kontrollstrategien. Elaborations- und Wiederholungsstrategien sind kognitive Strategien. Die Elaborationsstrategie dient dazu, das Gelernte zu verstehen und die Bedeutung herauszuarbeiten. Durch die aktive Verarbeitung des Gelesenen wird das neue Wissen in bereits vorhandenes Vorwissen integriert.25

Ziel von Wiederholungsstrategien hingegen ist es, einen Stoff möglichst wortgetreu auswendig zu lernen, wobei es nicht darauf ankommt, das Gelesene zu verstehen.26

Bei der Kontrollstrategie handelt es sich um eine regulierende Strategie im eigentlichen Sinne, bei der betrachtet wird, wie intensiv die Person ihren Lernfortschritt bei der Bearbeitung von Aufgaben oder beim Lernen generell überwacht.27

Ein weiteres Merkmal des selbstregulierten Lernens ist die Regulation der Motivation.

Im Rahmen von PISA wurde hierfür nur das gegenstandsspezifische Wissen berücksichtigt.28

Die Ergebnisse zeigen, dass Deutschland bei Nutzung von Elaborationsstrategien über dem internationalen Durchschnitt liegt.29

Interessant ist weiterhin, dass sich in den meisten Ländern Geschlechterunterschiede beim Einsatz von Elaborations- und Wiederholungsstrategien finden und Mädchen mehr Wiederholungsstrategien verwenden als Jungen.30

Der länderbezogene Vergleich zeigt, wie sich der Einsatz der Lernstrategien international verteilt. Betrachtet wurden die Länder, in denen eine signifikant häufigere Anwendung der einen oder anderen Strategie besteht.

In Deutschland ist solch eine starke Ausprägung nicht vorhanden

Abbildung 5:

Liste der Länder, in denen entweder Elaborations-

oder Wiederholungsstrategien bevorzugt eingesetzt werden 31

Land Lernstrategie

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein Vergleich zeigt, dass sich die vermehrte Anwendung der Elaborationsstrategie in einer höheren Lesekompetenz niederschlägt. Ein hoher Zusammenhang lässt sich in Korea und Portugal finden. Gleiches ist bei Beobachtung des Einsatzes von Kontrollstrategien festzustellen. Besonders stark ist dieser Zusammenhang bei Portugal, Australien, Neuseeland, der Tschechischen Republik und Deutschland.

Bei diesen Zusammenhängen ist jedoch darauf zu achten, dass die Leistungen jeweils auf dem landesspezifischen Niveau betrachtet wurden.32 Das bedeutet, auch bei hoher Korrelation innerhalb eines Landes muss der Einsatz von Strategien allein nicht zu besseren Leistungen führen. Innerhalb eines Bildungssystems kann der Einsatz von Elaborations- und Kontrollstrategien Schülern jedoch helfen, ihre Lernziele zu erreichen.33

2.4.2 Interesse und Selbstkonzept im internationalen Vergleich

Interessengeleitete Handlungen zeichnen sich durch drei Merkmale aus: Sie sind für die Person bedeutsam, emotional befriedigend und haben ihren Zweck in sich. Interessen stellen relativ stabile Personenmerkmale dar.34

Wie die letzte IEA-Lesestudie35 gezeigt hat, zeigen Schüler in Ländern, in denen die Lehrer verstärkt versuchen, ihnen das Interesse am Lesen näher zu bringen, durchgängig höhere Lesekompetenz als in Ländern, in denen das nicht der Fall ist.36

Betrachtet man die Mittelwerte der Länder (wobei Mädchen in allen Ländern bis auf Korea weit höheres Interesse am Lesen aufweisen als Jungen), ist das durchschnittliche Leseinteresse in Brasilien, Finnland, Lettland und Portugal im Verhältnis zum internationalen Mittelwert am ausgeprägtesten.37

Das Mathematik Interesse ist besonders in den Ländern Brasilien, Dänemark, Lettland, Mexiko und Portugal auffallend hoch. Beim Interesse an Mathematik gilt das Gegenteil zum Leseinteresse: hie r weisen die Jungen überall bis auf Portugal höheres Interesse auf.38

Deutschland liegt sowohl beim Leseinteresse als auch beim Interesse an Mathematik unter dem internationalen Mittelwert. Das ist bedauerlich, denn das Interesse am Lesen geht mit einer verbesserten Lesekompetenz einher. Beim Mathematikinteresse ist der Zusammenhang zwischen Interesse und Leistung wesentlich geringer.39 Ein Grund dafür könnte sein, dass man eher außerhalb des Unterrichts liest als dass man, auch bei ausgeprägtem Interesse, Umgang mit Mathematik hat.40

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Zusammenhänge zwischen den Selbstkonzepten und den entsprechenden Leistungsmaßen in allen Ländern relativ straff sind. Bei Interesse und Leistung ist der Zusammenhang nur bei der Lesekompetenz ähnlich stark, bei der Mathematik tritt er weniger zutage.41

Daraus kann gefolgert werden, dass bei der Ausbildung nicht nur Inhalte vermittelt werden sollten, sondern auch Strategien aufgezeigt werden müssten, die den Schülern die Erreichung ihrer Ziele erleichtern und zur Entwicklung eines positiven Selbstkonzepts beitragen.42

2.5 Interpretation der Resultate und Auswirkungen auf die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit

Beim Anblick der in allen drei überprüften Aufgabengebieten schlechten Leistungen deutscher Schüler im internationalen Vergleich, muss man sich die Frage stellen, wie Deutschland in Zukunft ökonomisch da stehen wird. Sind die Ergebnisse der PISA Studie valide und können sie sich auf die Leistung unserer Wissensgesellschaft auswirken?

Hierbei gilt es, folgende Überlegung zu berücksichtigen: unabhängig von den Leistungsergebnissen der einzelnen Länder könnte auch die Berichterstattung in Folge der PISA Studie Einflüsse auf zukünftiges Handeln und Investitionsgebaren internationaler Staaten haben. Dieser Punkt ist meines Erachtens ähnlich zu werten wie die Einwirkungen der Presse bei politischen Wahlen.

Das bedeutet, dass in Zukunft, besonders aber in der direkt vor uns liegenden Zeit, in der die Studie allen noch gegenwärtig ist, vehement gegen das entstandene Image angegangen werden muss. Länder, die Tochterunternehmen in Deutschland haben oder daran dachten, solche zu gründen, ebenso wie Handelspartner deutscher Unternehmen müssen sehen, dass die Ergebnisse nicht in direktem Zusammenhang mit der Qualität der Arbeit hier stehen und dass etwas im Bildungsbereich getan wird, damit sich ein derart katastrophales Ergebnis nicht wiederholt.

Deutschland muss versuchen, in Bezug auf das Bildungssystem von den Ländern zu lernen, die bessere Resultate in den genannten Tests erreichen und in denen diese Resultate mit dem angewendeten Bildungssystem in Zusammenhang stehen. Denn rein kulturelle Unterschiede können nur weitaus mühsamer ausgeglichen werden.

3 Darstellung der Bildungssysteme ausgewählter Länder und Auswirkungen auf die Leistungen der Schüler

3.1 Deutschland

In Deutschland gibt es keine umfassende gesetzliche Regelung für das gesamte Bildungswesen. Die einzelnen Bereiche unterliegen weitestgehend den Bundesländern.43 Das wichtigste Gremium für die Koordinierung der Schul-, Hochschul-, und Kulturpolitik ist die Kultusministerkonferenz der Länder. Diese besitzt zwar keine legislativen Kompetenzen, aber ihre Beschlüsse und Empfehlungen zum Bildungswesen gewährleisten ein Mindestmaß an Einheitlichkeit.44

Die Vorschulerziehung läuft in Deutschland über den Weg des Kindergartens. Der Besuch ist jedoch freiwillig, wird aber fast von allen Eltern genutzt, und umfasst zum größten Teil nur die Betreuung am Vormittag.45 Einen geringeren Anteil an der vorschulischen Erziehung machen die Kinderkrippen aus, bei denen die Kinder ganztags betreut werden.

Der Einstieg in die allgemeine Schulpflicht beginnt mit Vollendung des sechsten Lebensjahres. Die Dauer der Vollzeitschulpflicht beträgt (abhängig vom Bundesland) neun bis zehn Jahre.

Die Grundschule stellt die gemeinsame Schule für alle Kinder dar und dauert vier Jahre. Danach können die Eltern die weiterführende Schule für ihr Kind wählen, wobei Empfehlungen der Grundschullehrer abgegeben werden.46

Vier Schulzweige stehen zur Disposition: das Gymnasium (neun Jahre), die Realschule (sechs Jahre), die Hauptschule (fünf Jahre) und die Gesamtschule (abhängig vom Zweig). Gymnasium und Gymnasialteil der Gesamtschule verleihen als einzige bei erfolgreichem Abschluss die Berechtigung zum Hochschulstudium.47

Die Anteile der Schüler je nach Schulform betrugen 1999 beim Gymnasium 29,3 %, bei der Realschule 26,4 % und bei der Hauptschule 22,6 %.48

Ein Orientierungsrahmen für den Sekundarbereich I (Klassen 5-10) von 1993 legt einen obligatorischen Kernbereich fest, bei dem die Fächer Deutsch, Mathematik und eine erste Fremdsprache das höchste Gewicht haben.49 Der naturwissenschaftliche Zweig fristet hier eher das Dasein von Nebenfächern, was auch Folge der Aufsplittung dieses Bereichs in viele kleine Fächer ist. Die Chance als Hauptfach eingerichtet und wahrgenommen zu werden ist auf diese Weise wesentlich geringer als z.B. in den meisten englischsprachigen Ländern, in denen die Naturwissenschaften in einem Fach ,,Science" mit Hauptfachcharakter zusammengefasst sind.50

Was die Unterrichtszeit der Schüler betrifft, liegt Deutschland umgerechnet zwei Wochen unter dem OECD Durchschnitt. Das hängt u.a. mit der deutschen Konzeption der Halbtagsschule zusammen. Das dies aber nicht ausschlaggebend sein muss, zeigen die Werte von Finnland. Hier liegt die Stundenzahl umgerechnet bei vier Wochen unter OECD- Durchschnitt.51

Interessant ist die Betrachtung der Verteilung der Stunden. Mit 110 Zeitstunden Deutsch und 112 Stunden Mathematik liegt Deutschland weit unter den internationalen Mittelwerten, mit 144 Stunden in den Naturwissenschaften deutlich darüber. Leider spiegelt sich letzteres in keiner Weise in den Leistungen deutscher Schüler wider.

Der Stellenwert der Mathematik zeigt sich auch in der Tatsache, dass dieses Fach in vielen Bundesländern in der Oberstufe abgewählt werden kann. So etwas wäre z.B. in Frankreich niemals möglich.

Das Problem deutscher Schulbildung scheint aber noch mehr an der veralteten Ausbildung der Lehrer und deren mangelnden Motivation zu liegen. Das Fachwissen ist zwar vorhanden, es fehlt jedoch die Fähigkeit, es adäquat zu vermitteln. Dieses Problem müsste in der Lehrerausbildung an den Hochschulen angepackt, der Bereich lernpsychologischer Grundlagen in das Pflichtprogramm integriert werden.52

Auch die Fort- und Weiterbildung zeigen Reformbedarf. Der Anteil der Pädagogen, die an Weiterbildungslehrgängen teilnehmen, ist in Deutschland gering. Vielfach wird gefordert, Weiterbildung zur Pflichtveranstaltung zu machen, um das Niveau deutscher Lehrer zu heben.53 Ursachen dieser Mängel liegen im politischen System begründet.

Statt den Lehrern mehr Freiraum zu gewähren, herrscht in Deutschland ein hohes Maß an Kontrolle. Was im Klassenzimmer geschieht, bestimmt das Kultusministerium.

Auf diese Weise werden viele engagierte Lehrer demotiviert, wenn ihre Vorschläge auf dem Dienstweg versickern.54 Leidtragende sind die Schüler, die mangelnde Motivation der Lehrer als erste spüren und häufig entsprechend in eigene Demotivation umsetzen.

In Ländern wie Kanada und Neuseeland sind die Politiker experimentierfreudiger und versuchen das System möglichst transparent, flexibel und wettbewerbsfähig zu gestalten.55 Das Abschneiden in der PISA Studie gibt ihnen Recht.

Deutschland muss versuchen, das System umzukrempeln und Lücken zu schließen. Zaghafte Versuche werden da nicht ausreichen.

3.2 Finnland

Finnland, eines der "Sieger" Länder bei PISA 2000 hat ein Bildungssystem, das stark vom deutschen abweicht.

Gesetzlicher Rahmen und lediglich allgemeine Grundlagen werden vom Parlament festgelegt. Das Unterrichtsministerium bereitet die Gesetze vor und trifft Entscheidungen, die dann der Regierung vorgelegt werden.56

Ziele der Bildungs- und Wissenschaftspolitik sind die Aufrechterhaltung eines hohen und weitreichenden Bildungsstandes, die Förderung der geistigen Entwicklung der Nation, die Förderung der Bereitschaft zu Eigeninitiative und Unternehmergeist sowie der Abstimmung zwischen Arbeit, Bildung und veränderter Lebenssituationen aufeinander.57 Beim Lesen dieser Zielsetzungen wird einem schon klar, wo die Unterschiede zum deutschen System liegen. Auch wenn diese formulierten Sätze nur halbwegs in das reale System übertragen werden, ist der Vorteil zu Deutschland erheblich.

Die Vorschulerziehung schließt sich in Finnland an die Teil- bzw. Vollzeitkindertagesstätte an, die dem deutschen Kindergarten entspricht. Sie beginnt im sechsten Lebensjahr und dauert ein Jahr. Danach, mit sechs oder sieben Jahren, wechseln die Kinder in die Allgemeine Schule, die neun Jahre dauert.58 Bemerkenswert ist hierbei, dass viel später als in Deutschland selektiert wird. Da die weiterführenden Gymnasien ihre Schüler selbst auswählen können, ist der Anreiz der Allgemeinen Schulen hoch, ihre Schüler entsprechend auszubilden.

Obwohl zentrale Vorgaben abgeschafft wurden, ist das Niveau sehr einheitlich. Die große Freiheit beim Unterrichten wirkt motivierend, was auch den Schülern nicht entgeht.59 Unter diesen Umständen bewährt sich die späte Auslese, der Anteil der ganz schwachen Schüler ist wesentlich geringer als in Deutschland.60 Trotz der Breitenförderung ist keine Senkung des Niveaus erkennbar.61 Wie PISA 2000 gezeigt hat, ist eher das Gegenteil der Fall.62

Nach der Allgemeinen Schule kann man in Finnland, bei ausreichenden Leistungen, zwischen dem Gymnasium, das drei Jahre dauert und mit dem Abitur abschließt, und der Berufsschule, die zwei bis drei Jahre dauert, und mit der entsprechenden Berufsbezeichnung endet, wählen.63

Durch die Selektion nach der Allgemeinen Schule durch die Gymnasien ist für die Schüler ein wesentlich höherer Anreiz gegeben, den Unterrichtsstoff zu lernen und gute Ergebnisse zu erzielen.

Auch sind sie mit etwa 14 Jahren reifer, die Bedeutung ihrer Entscheidung für Gymnasium oder Ausbildung zu realisieren. Der Satz ,,Wir lernen nicht für die Schule, sondern für das Leben" gewinnt dadurch an Bedeutung.

In Deutschland ist der Weg auf die höhere Schule in den häufigsten Fällen durch die Eltern vorgegeben. Mit etwa neun Jahren überblickt ein Kind die Auswirkungen dieser Entscheidung noch nicht.

3.3 Frankreich

Schon Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Frankreich Prinzipien festgelegt, die bis heute ihre Gültigkeit haben. Schule soll seitdem für alle verpflichtend, unentgeltlich und weltanschaulich neutral sein.64

Die wichtigste rechtliche Grundlage für das französische Bildungswesen ist das Orientierungsgesetz über die Bildung vom 10. Juli 1989. Es definiert das Bildungswesen als erste, nationale Priorität. Hier ist auch die zentrale Lehrplanstruktur gesetzlich verankert.65

Es ist auffallend, dass im Gegensatz zu Deutschland und Norwegen, klare zentrale Vorgaben für das Schulsystem gegeben werden.

Die Einrichtungen der Vorschulen sind in Frankreich gut ausgebaut und formal Teil der Grundschule, der Besuch der Vorschule ist zwar nicht verpflichtend, dennoch machen heute fast alle Eltern von Kindern zwischen drei und sechs Jahren von dieser Möglichkeit Gebrauch.66

Während diese Form der vorschulischen Erziehung früher im wesentlichen in der sozialen Erziehung bestand, wird heute für die älteren Vorschulkinder versucht, die spielerischen Aktivitäten mit einem funktions- und disziplinorientierten Lernen zu verknüpfen.67

Hiermit ist eine bessere Vorbereitung auf die Grundschule gegeben, als dies in einem klassischen Kindergarten der Fall ist.

Die Schulpflicht in Frankreich geht vom vollendeten sechsten bis zum 16. Lebensjahr und sieht Unterricht in Ganztagesform an fünf bis sechs Tagen der Woche vor.

Die ersten fünf Jahre wird eine gemeinsame Grundschule besucht, der ebenfalls in gemeinsamer Form die vierjährige Sekundarstufe I folgt.68 Es ist somit ein ähnliches System gegeben wie in Finnland, auch wenn es sich formal auf zwei Schulformen verteilt.

Nach Abschluss der Sekundarstufe I stehen den leistungsstärkeren Schülern mehrere Bildungs- bzw. Ausbildungsgänge offen; das Gymnasium, ein zweijähriger Ausbildungsgang an einer Berufsfachschule oder ein dem deutschen dualen System entsprechender Lehrvertrag.69

Innerhalb der allgemein bildenden Folgeschulen lässt sich ein Schwerpunkt des Faches Mathematik erkennen, der zum Hauptselektionskiterium wird.70

Das dürfte auch die guten Leistungen der französischen Schüler in der mathematischen Grundbildung der PISA Studie erklären.

Aber auch schon in der Orientierungsstufe (Klassen 9 und 10) sind die Fächer klar ausgerichtet und zu jeweils einem guten Drittel sind Sprachen und der mathematischnaturwissenschaftliche Part Teil des Stundenplans.71

Der Vorteil dieser in ganz Frankreich einheitlichen Regelung für die PISA Studie liegt in der Verstärkung der überprüfte n Fachgebiete innerhalb des Stundenplans. In Deutschland differieren die Stundenpläne von Bundesland zu Bundesland, je nach Regierung. Auch werden Mathematik und Deutsch bei uns zwar als Hauptfächer verstanden, aber in Bezug auf die Unterrichtsstunden nicht in gleicher Weise behandelt.

Das französische Abitur stellt im Gegensatz zu Deutschland quasi den ersten Universitätsgrad dar, so dass die Durchfallquoten je nach Kursen 25-40 Prozent betragen. Aber auch in der Grundschule ist eine generell hohe Sitzenbleiberrate festzustellen.72

Diese beiden Faktoren dürften sich auch auf das Lernverhalten der Schüler auswirken. Nicht nur das an sich straffere System der Fächeraufteilung und der hohe Mathematikbezug stellen somit Kriterien dar, die zur Bessererfüllung der PISA Studie beitrugen, auch scheint auf französischen Schulen ein ganz anderes Leistungsstreben zu herrschen, welches seine Ursache in dem stärker selektierenden System haben dürfte.

Die späte Entscheidung (Klasse 9) für fortführende Schulen scheint hier wie in Finnland ein höherer Anreiz für Leistung zu sein, als dies in Deutschland der Fall ist.

3.4 Italien

In Italien ist das Unterrichtsministerium der zentralistischen Staatsverwaltung Entscheidungsinstanz für alle Fragen des italienischen Bildungswesens. Die 20 italienischen Regionen haben im Gegensatz zu den deutschen Bundesländern nur begrenzte Kompetenzen.73 Das System gleicht in diesem Punkt eher dem Frankreichs.

Vorschulische Einrichtungen gibt es in Form des Kindergartens in privater (30%) oder öffentlicher (70%) Trägerschaft. Der Besuch erfolgt freiwillig, allerdings schickten Mitte der 90er Jahre 90% der Eltern ihre dre- bis sechsjährigen Kinder dorthin. Ziel dort sind Erziehung, Persönlichkeitsentwicklung, Betreuung und Vorbereitung auf die Pflichtschule.74

Mit dem vollendeten sechsten Lebensjahr beginnt die Schulpflicht, die mit dem Besuch der fünf Jahre dauernden Grundschule beginnt. Besonders hervorgehoben wird hier neben der ersten Alphabetisierung die Erziehung zum demokratischen Zusammenleben, für die eigens ein neues Fach eingeführt wurde.75

Im Grundschulbereich gibt es zwar einen klar umrissenen Fächerkanon, aber keinen Stundenplan, der die Gewichtung vorschreibt. Auch wurde seit den 90er Jahren auf das Klassenlehrerprinzip verzichtet, so dass sich nun drei bis vier Lehrer zwei bis drei Klassen teilen, was zu einer Spezialisierung der Lehrer auf bestimmte Fachgebiete führte.76

Die Unterrichtszeit (z.B. auch Vormittagsunterricht oder Ganztagsschule) hängt von der Entscheidung der Schulbezirksräte und der Eltern ab. Die früher bestehende Einheitlichkeit des Grundschulbereichs wurde zugunsten organisatorischer Flexibilität aufgegeben.77 Ein Sitzenbleiben in der Grundschule ist nur in den seltensten Fällen möglich.78

An die Grundschule schließt sich die dreijährige Gesamtschule an. Sie bildet die zweite Stufe des Pflichtschulbereichs. Im Unterschied zur Grundschule gibt es hier einen für alle Schulen verbindlichen Stundenplan, der für alle drei Jahrgänge (Klassen 6 bis 8) dieselben neun Pflichtfächer vorsieht.79

Bei Betrachtung des Stundenplans fällt auf, dass Italienisch mit sieben Wochenstunden klar favorisiert wird, während sich Mathematik und die Naturwissenschaften sechs Stunden teilen. Hierin könnte die Ursache für das schlechte Abschneiden Italiens im Bereich Mathematik und Naturwissenschaften und das vergleichsweise bessere Ergebnis in der Lesekompetenz liegen.

Nach der achtjährigen Pflichtschulzeit können die Schüler freiwillig zu einer der Schulformen der Sekundarstufe II übergehen. Diese Möglichkeit nehmen 80% der Schüler wahr. Einzige Voraussetzung ist das bestehen der Abschlussprüfung Ende der achten Klasse, die bei einer landesweiten Erfolgsquote von 98 Prozent jedoch keine Selektionsfunktion hat.80

Dieser rein formale Übergang zwischen den Sekundarstufen stellt keinen besonderen Leistungsanreiz wie in Finnland und Frankreich dar, was ein weiterer Grund sein könnte, dass Italien in Mathematik und den Naturwissenschaften noch schlechtere Ergebnisse erzielt hat als Deutschland.

Die Sekundarstufe II besteht aus allgemeinbildenden und Berufschulen. Vier Hauptwege werden unterschieden: Gymnasien, technische Fachoberschulen, berufliche Fachschulen und die künstlerische Ausbildung. An all diesen Schulen kann die Hochschulreife erworben werde, was allerdings hoffnungslos überfüllte Universitäten zur Folge hat.81

Diese Art des Schulsystems und die eher lockere Handhabung von Abschlussprüfungen scheinen die Motivation der Schüler nicht unbedingt zu fördern.

4 Fazit

Die Frage, die sich im Anschluss stellt, ist, inwieweit Aspekte von Bildungssystemen anderer Länder auf Deutschland übertragen werden könnten.

Das finnische System weist einige Vorzüge im Vergleich zum deutschen auf, die man allerdings nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragen kann. Schon die Bevölkerungszahl stellt ein Hindernis dar, denn sie beträgt in Deutschland ein 16-faches von Finnland und ist mit einem entsprechend trägeren Regierungs- und Verwaltungsapparate verbunden. Eine Reduzierung der Kontrollaktivitäten und eine höhere Kompetenz der Schulen bezüglich der Lehrereinstellung stellen erste Ansätze dar, die in Deutschland umgesetzt werden könnten.

Um einen wirklichen Strukturwandel zu ermöglichen, müsste schon bei der Lehrerausbildung angefangen und einige bisher angewendete Grundsätze völlig neu überdacht werden. Aber gerade deshalb, muss die Regierung schnell aktiv werden, natürlich ohne unüberlegt zu handeln, um das System den Anforderungen dieser Zeit anzupassen.

Auch wenn die Ausbildung der Lehrer und bestimmte Eigenschaften unseres Systems nicht von heute auf Morgen umgestellt werden können, gibt es langfristige Möglichkeiten, das System zu verbessern.

So ist etwa eine Verlängerung der Grundschulzeit wie in Finnland oder eine Zwischenstufe wie in Frankreich durchaus umsetzbar. Das hat die kurzfristige Umsetzung der so genannten Förderstufe als Verlängerung der Grundschule 1986 z.B. in Hessen gezeigt. Das System wurde nur leider vorher nicht konsequent genug bedacht und beworben, so dass schon nach einem Jahr wieder zum alten System zurückgekehrt wurde.

Durch eine intensive Vorbereitungsphase und kompetente Umsetzung in Zusammenarbeit mit Schulen und Lehrern könnte ein solcher Fehler jedoch meiner Meinung nach vermieden werden. Ich halte eine Verschiebung der Selektion weiterführender Schulen von nur zwei Jahren für ausreichend, die durchschnittlichen Leistungen der Schüler dieser Alterstufe zu verbessern. Denn es hat sich gezeigt, dass die Anforderungen und Leistungen von Hauptschule und Gymnasium so stark differieren, dass es fast keine gemeinsame Schnittmenge gibt.82

Eine deutschlandweite Verlängerung der Grundschulzeit mit Anforderungen, die eher dem Gymnasialzweig entsprechen, könnte hier Abhilfe schaffen und Grundlage für eine qualitativ hochwertigere Entscheidung für eine angemessene weiterführende Schule sein.

Weiterhin halte ich eine deutschlandweite Regelung der Fächerverteilung, wie das in Frankreich und Italien der Fall ist, für sinnvoll. Oft genug haben Kinder, die in ein anderes Bundesland ziehen, Probleme, den Anschluss zu finden. Oder Studierende, die z.B. aus Hamburg kommen, haben in Bayern aufgrund anderer Lerninhalte schlechtere Startchancen im Studium. Teilweise ist nicht nur die Stundenzahl oder der Inhalt eines Faches unterschiedlich, sondern es gibt sogar Fächer, die es überhaupt nur in einem Teil der Bundesländer gibt.

Hierbei müsste berücksichtigt werden, dass Art der Fächer und Stundenzahl möglichst auch an den Ergebnissen der Studie ausgerichtet werden.

Problem bei beiden Vorschlägen ist die Einrichtung eines Gremiums auf Bundesebene, der Verbesserungen durchsetzen kann, was wiederum mit einer teilweisen Entmachtung der Länder verbunden ist. Und kein Politiker lässt sich gerne seiner Macht, sei sie noch so klein, berauben. Hier ist folglich ein Gesetz der obersten Ebene notwendig, dessen Umsetzung bei großen Diskrepanzen zwischen Regierung und Opposition durchaus mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann, bei schneller Einigung aber vielleicht auch nur wenige Monate.

Eventuell einfacher umsetzbar sind die Verbesserung der Lehrerausbildung und die Vermittlung zeitgerechterer Lehrinhalte.

Allerdings sind auch diese Aufgaben nicht kurzfristig lösbar. Die einzige Lösung, die schneller umsetzbar wäre, ist eine signifikante Erhöhung des Bildungsetats, um neue, junge Lehrer einzustellen und somit zumindest die hohe Ausfallquote des Unterrichts zu reduzieren. Leider wird das die derzeitige Wirtschaftslage in Deutschland nicht zulassen, so dass auf den jetzigen Zeitpunkt bezogen nur zu hoffen bleibt, dass die Lehrer durch PISA aufgerüttelt wurden und ihr Verhalten danach ausrichten.

IV Anhang

Teilnehmerstaaten der PISA Studie

Australien

Belgien

Brasilien

Dänemark

Deutschland

Finnland

Frankreich

Griechenland

Irland

Island

Italien

Japan

Kanada

Korea

Lettland

Liechtenstein

Luxemburg

Mexiko

Neuseeland

Norwegen

Österreich

Polen

Portugal

Russische Föderation

Schweden

Schweiz

Spanien

Tschechische Republik

Ungarn

Vereinigte Staaten

Vereinigtes Königreich

V Literatur

Deutsches PISA-Konsortium (2001)

PISA 2000, Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich Opladen 2001

Anweiler, A., Boos.Nünning, U., Brinkmann, G., Glowka, D., Goetze, D., Hörner, W., Kuebart, F., Schäfer, H.-P. (1996) Bildungssysteme in Europa Weinheim und Basel 1996

Zeitschriften

Wirtschaftswoche Nr. 6, 31.01.2002

Wirtschaftswoche Nr. 11, 7.03.2002

Internetquellen

http://www.pisa.oecd.org/Docs/Download/PISA2001(deutsch).pdf

http://www.iea.org.uk/record.php?type=publication&ID=66

www-user.tu-chemnitz.de/-oho/sem-bildsys/texte/txt_le13_blg-hergert.htm

http://dienstleistungen.freepage.de/cgi...30A/rewrite/shilgers/Bildungssystem.htm

http://europa.eu.int/scadplus/citizens/de/it/10783.htm

http://www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/

VI Eidesstattliche Erklärung

Hiermit erkläre ich an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit ohne Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht.

Hamburg, 9. April 2002

Natalie Osann

[...]


1 PISA 2000 (2001), S. 15

2 PISA 2000 (2001), S. 16

3 PISA 2000 (2001), S. 15f.

4 PISA 2000 (2001), S. 17

5 PISA 2000 (2001), S. 18

6 PISA 2000 (2001), S. 88

7 PISA 2000 (2001), S. 78

8 PISA 2000 (2001), S. 83

9 PISA 2000 (2001), S. 102

10 http://www.pisa.oecd.org/Docs/Download/PISA2001(deutsch).pdf

11 vgl. PISA 2000 (2001), S. 107

12 PISA 2000 (2001), S. 116

13 PISA 2000 (2001), S. 141

14 PISA 2000 (2001), S. 143

15 PISA 2000 (2001), S. 175

16 PISA 2000 (2001), S. 175

17 PISA 2000 (2001), S. 175

18 Vgl. PISA 2000 (2001), S. 173

19 PISA 2000 (2001), S. 191

20 PISA 2000 (2001), S. 192

21 Vgl. PISA 2000 (2001), S. 229

22 PISA 2000 (2001), S. 195

23 PISA 2000 (2001), S. 229

24 PISA 2000 (2001), S. 273

25 PISA 2000 (2001), S. 273

26 PISA 2000 (2001), S. 273

27 PISA 2000 (2001), S. 274

28 PISA 2000 (2001), S. 274

29 PISA 2000 (2001), S. 277

30 PISA 2000 (2001), S. 277

31 Vgl. PISA 2000 (2001), S. 277

32 PISA 2000 (2001), S. 279

33 PISA 2000 (2001), S. 280

34 PISA 2000 (2001), S.281

35 Institute of Economic Affairs, http://www.iea.org.uk/record.php?type=publication&ID=66

36 PISA 2000 (2001), S.281

37 PISA 2000 (2001), S.282

38 PISA 2000 (2001), S.283

39 PISA 2000 (2001), S.284

40 PISA 2000 (2001), S.284

41 PISA 2000 (2001), S.287

42 PISA 2000 (2001), S.297

43 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 34

44 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 35

45 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 37

46 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 39

47 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 40

48 PISA 2000 (2001), S 431

49 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 40

50 PISA 2000 (2001), S. 233

51 PISA 2000 (2001), S. 416

52 Wirtschaftswoche Nr. 11/2002, S. 32

53 Wirtschaftswoche Nr. 11/2002, S. 32

54 Wirtschaftswoche Nr. 11/2002, S. 33

55 Wirtschaftswoche Nr. 11/2002, S. 33

56 www-user.tu-che mnitz.de/-oho/sem-bildsys/texte/txt_le13_blg-hergert.htm

57 www-user.tu-chemnitz.de/-oho/sem-bildsys/texte/txt_le13_blg-hergert.htm

58 http://dienstleistungen.freepage.de/cgi...30A/rewrite/shilgers/Bildungssystem.htm

59 Wirtschaftswoche Nr. 6/2002, S. 38

60 Wirtschaftswoche Nr. 6/2002, S. 39

61 Wirtschaftswoche Nr. 6/2002, S. 39

62 vgl. Kapitel 2

63 http://dienstleistungen.freepage.de/cgi...30A/rewrite/shilgers/Bildungssystem.htm

64 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 83

65 Bildungssysteme in Europa (1996) , S. 86

66 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 88f.

67 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 89

68 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 89

69 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 90f

70 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 91

71 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 92

72 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 94

73 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 111

74 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 113

75 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 114

76 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 114

77 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 115

78 http://europa.eu.int/scadplus/citizens/de/it/10783.htm

79 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 115

80 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 116

81 Bildungssysteme in Europa (1996), S. 117

82 PISA 2000 (2001) , S. 238

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Interkulturelle Lernunterschiede PISA
Note
3
Autor
Jahr
2002
Seiten
26
Katalognummer
V106804
ISBN (eBook)
9783640050796
Dateigröße
598 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Interkulturelle, Lernunterschiede, PISA
Arbeit zitieren
Natalie Osann (Autor:in), 2002, Interkulturelle Lernunterschiede PISA, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106804

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