Nutzen-Kosten-Analysen bei kommunalen Investitionsprojekten


Hausarbeit, 2002

19 Seiten


Leseprobe


Gliederung

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Fragestellung
1.2. Gang der Untersuchung

2. Bedeutung der Gemeinden
2.1. Stellung und Aufgaben der Gemeinden
2.2. Grundzüge des kommunalen Haushaltswesens

3. Nutzen-Kosten-Analysen
3.1. Grundlagen
3.2. Methoden der Kosten-Nutzen-Analyse
3.3. Methoden der Kosten-Wirksamkeits-Analyse

4. Einbindung von NKA in die Praxis

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Oft wird die Lage der Gemeinden oder Gemeindeverbände in Deutschland als sehr kritisch dargestellt. Unterfinanzierte Haushalte, Schuldenberge und Zinslasten sind Schlagwörter, welche diese Situation beschreiben. Errungenschaften der kommunalen Selbstverwaltung sind davon insoweit betroffen, als dass die Gemeinden ihren wesentlichen Aufgaben entweder gar nicht oder zumindest nur unzureichend nachkommen können. Insbesondere kommunale Investitionsprojekte von weitreichender regionaler aber auch nationaler Bedeutung erfahren, was ihren Umfang betrifft, sehr starke Einschränkungen.

1.1. Fragestellung

Kommunale Investitionsprojekte benötigen umsichtige und weitreichende Analyseinstrumente, gerade wenn die Knappheit der öffentlichen Kassen als einschränkende Nebenbedingung hinzukommt. Die Fragestellung dieser Arbeit lautet, inwieweit Methoden der Nutzen-Kosten-Analyse (NKA) als solche Analyseinstrumente gelten können.

1.2. Gang der Untersuchung

Einführend soll die Bedeutung der Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland erläutert werden. Dabei wird zuerst auf die Stellung der Gemeinden im föderalen System und den daraus für sie resultierenden Aufgaben eingegangen. Da insbesondere die finanzielle Situation der Kommunen für diese Arbeit von Bedeutung ist, werden danach wesentliche Aspekte des kommunalen Haushaltswesens betrachtet, wobei auch der Frage nachgegangen wird, wie es zu der oben schon kurz erwähnten kritischen Situation der Haushalte gekommen ist.

Im zweiten Teil wird dann erörtert, welche Methoden der NKA es gibt und wie diese sich näher differenzieren. Dabei wird einerseits der Rahmen, in welchem NKA allgemein sinnvoll sein können, dargestellt und andererseits eine verlaufsorientierten Betrachtung von KostenNutzen-Analysen (KNA) und Kosten-Wirksamkeits-Analysen (KWA) vorgenommen. Welche technischen Schwierigkeiten es bei NKA gibt und wie sie sich in der Praxis von kommunalen Investitionstätigkeiten anwenden lassen wird im dritten und abschließenden Teil der Arbeit betrachtet. Dies geschieht in einer kritischen Form, die sowohl Möglichkeiten als auch Grenzen aufzeigt und insbesondere versucht, eine Einbindung in laufende Reformprozesse der Kommunalverwaltung zu erreichen.

In einem Fazit wird das Ergebnis der o.g. Fragestellung nochmals präzise dargestellt.

2. Bedeutung der Gemeinden

2.1. Stellung und Aufgaben der Gemeinden

Die Bundesrepublik Deutschland stellt ein föderalistisches System mit den Ebenen Bund, Länder und Gemeinden bzw. Gemeindeverbände dar. Jedoch kann man nicht uneingeschränkt von einem dreistufigen Föderalismus sprechen.1 Als wichtigste Funktion eines Staates bzw. einer föderalen Untergruppe kann die Gesetzgebungskompetenz gelten; diese haben die Gemeinden nicht. Sie sind vielmehr ein echtes Erzeugnis der Länder mit im wesentlichen ausführender, dispositiver Funktion.2 Dennoch besitzen die Gemeinden einen erheblichen Stellenwert, der weit über die bloße Verwaltung von Aufgaben hinausgeht und sich aus der Möglichkeit, politische Entscheidungen so weit als möglich direkt und bürgernah umzusetzen, ableitet.3 Diese Möglichkeit wird den Gemeinden in Artikel 28 Abs. 2 GG garantiert. An exponierter Stellung wird somit sowohl positiv als auch normativ die kommunale Selbstverwaltung bestätigt und gewünscht, d.h. die Kommunen sollen eine Art Mikrokosmos darstellen, in dem die Bürger leben, arbeiten und eben auch zwangsläufig mit der Exekutive des Staates in Verbindung treten.4 In den einzelnen Landesverfassungen wird diese als Mindestgarantie zu verstehende Funktion der Gemeinden generell bestätigt und teilweise noch erweitert (vgl. etwa Art.71 LVBW, Art.78 LVNW, Art.72 LVMV).5 Die Gemeinden erhalten also neben der administrativen Funktion eine gewichtige politisch-demokratische Funktion, gerade auch unter dem Gesichtspunkt, dass sie dem Aufbau der Demokratie von unten nach oben dienen (vgl. insb. Art.3 Abs.2 LVMV). Die Gemeinden sind somit, und das insbesondere für den einzelnen Bürger, also dem eigentlichen Staatssouverän, erste Anlaufstelle und Entscheidungsebene zugleich. Sie haben aber dennoch aus sich heraus gerade keine Autonomie in ihren Entscheidungen, sondern sind fest in die jeweilige Bundes- und vor allem Landesgesetzgebung eingebunden.

Die Aufgaben der Gemeinden sind vielfältig und erstrecken sich auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens, sei es auf den Gebieten von Kultur-, Sozial-, Wirtschafts- oder letztlich auch immer Gesellschaftspolitik.6 Unabhängig davon, ob es sich um Pflicht-, weisungsgebundene oder freiwillige Aufgaben handelt, sind die Kommunen die entscheidende Instanz in Sachen real spürbarer Politik. In Zahlen ausgedrückt sind sie zu 80 % Träger aller öffentlichen Aufgaben7 und somit auch Hauptinvestitionsträger. 1998 hatten die Gemeinden bei einem gesamtstaatlichen Investitionsvolumen von 81 Milliarden DM einen Anteil von nahezu 48 Milliarden DM, das entspricht 59 %. An den Gesamtausgaben aller Gemeinden gemessen, stellten somit die Investitionen mit 26,5 % einen wesentlichen Faktor im Haushalt dar.8 Diese Bedeutung insbesondere für die staatlichen Investitionen deutet bereits an, dass in den Gemeinden ein gewaltiges Know-how an ökonomischen und politischen Wissen gefordert ist, wobei die Frage, ob dieses Wissen jederzeit gegeben ist, noch näher zu thematisieren sein wird.

2.2. Grundzüge des kommunalen Haushaltswesens

Mit der Wahrnehmung eines solch umfangreichen Aufgabengebietes ist jedoch, resultierend aus dem sog. Konnexitätsprinzip,9 auch immer die Frage der Finanzierung verbunden, so dass insbesondere das kommunale Haushaltswesen eine entscheidende Rolle spielt. Dabei ist anzumerken, dass grundlegende Haushaltsvorschriften, z. B. das HGrG, die BHO oder die jeweiligen Landeshaushaltsordnungen, nicht unmittelbar für die Gemeinden gelten.10 Da jedoch die Gemeinden, wie gesagt, Erzeugnisse der Länder sind, gelten die einschlägigen Vorschriften zumindest mittelbar. Dies gilt umso mehr, als dass die Länder den Auftrag haben, das Haushaltswesen der Gemeinden nach allgemein gültigen Haushaltsgrundsätzen zu organisieren. Gerade im Haushaltsrecht ist der Wunsch nach Einheitlichkeit stark ausgeprägt, so dass es gelungen ist, einen Musterentwurf für das Haushalts- und Kassenwesen länderübergreifend umzusetzen.11

Deswegen kann man in den Gemeinden generell die folgenden fünf zentralen Grundsätze, welche sich auch und gerade auf Investitionsprojekte beziehen, erkennen: Die Gemeinden sollen mit ihren verfügbaren Mitteln wirtschaftlich und sparsam umgehen (§ 77 Abs.2 GOBW, §75 Abs.2 GONW, §43 Abs.1 KVMV) und sind insbesondere durch das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft zur Wahrung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts aufgefordert (§16 i.V.m. §1 StWG ; §77 Abs.1 GOBW, §75 Abs.1 GONW, §43 Abs.1 KVMV). Des Weiteren dürfen Kredite nur für Investitionen aufgenommen werden (§87 Abs.1 i.V.m. §78 Abs.3 GOBW, §85 Abs.1 i.V.m. §76 Abs.3 GONW, §54 Abs.1 i.V.m. §44 Abs.3 KVMV), es hat eine vorausschauende fünfjährige Finanzplanung zu erfolgen (§85 GOBW, §83 GONW, §45 KVMV) und der Folgekostenabschätzung bei Investitionen soll eine besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht werden (vgl. allgemein §9 GemHVO12 ). Diese Grundsätze erlegen den Gemeinden eine gewichtige Verantwortung auf, welche von ihnen umsichtiges und vorausschauend-analysierendes Denken verlangt. Abstrahiert man jedoch von diesen zweifellos sehr hehren Grundsätzen, so gilt bei den Kommunen das Primat der stetigen Aufgabenerfüllung, d.h. das jederzeit die Erfüllung zumindest der Pflicht- und weisungsgebundenen Aufgaben gewährleistet wird (jeweils zentral in § 77 Abs.1 GOBW, §75 Abs.1 GONW, §43 Abs.1 KVMV). Darüber hinaus erscheint es zumindest fraglich, warum sich in den Gemeindeordnungen keine expliziten Forderungen nach Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, so z. B. NKA, finden lassen, obwohl sie in generellen bundes- bzw. landesrechtlichen Regelungen eine zentrale Bedeutung erfahren (vgl. §6 Abs.2 HGrG, §7 Abs.2 BHO) und die Gemeinden, wie bereits geschildert, einen großen Anteil an den Staatsinvestitionen haben.

Ausgehend von den genannten Grundsätzen soll nun die tatsächliche Situation der kommunalen Kassen näher betrachtet werden. Resultierend aus der kommunalen Selbstverwaltung wird den Gemeinden auch die Finanzhoheit im Sinne einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft zugestanden (vgl. insb. Art 74 LVMV), sie besitzen jedoch kein Steuerfindungsrecht, sondern sind abhängig von den jeweils zutreffenden Bundes- und Landesgesetzen.13 Die Einnahmeseite der Gemeindefinanzen setzt sich insofern hauptsächlich aus Steuern, Gebühren und Beiträgen sowie Zuweisungen von Bund und Ländern zusammen.14 An Steuern steht den Ländern ein Anteil der Gemeinschaftssteuern zu, sowie die so genannten Realsteuern (Grund- und Gewerbesteuern), welche mit Hebesätzen zumindest in Grenzen variabel gesteuert werden können (gem. Art 106 Abs. 3, 5, 6 GG). Dabei ist natürlich auch immer auf die zumeist negative Anreizwirkung von zu hohen Hebesätzen Rücksicht zu nehmen, so dass die Steuereinnahmen eher zu gering als zu üppig ausfallen werden.15 Auch die Gebühren und Beiträge stellen keine unendliche Einnahmequelle dar, da bei ihnen das Prinzip der Kostendeckung als Obergrenze für die zu erzielenden Einnahmen gilt.16 Ähnliches gilt für die Finanzzuweisungen, welche entweder direkt oder im Rahmen von Finanzausgleichen an die Gemeinden gezahlt werden, da sie natürlich auch von der allgemeinen Situation knapper öffentlicher Kassen betroffen sind. Als Essenz kann man insofern feststellen, dass die Einnahmeseite der Gemeinden stets sehr begrenzt ist, so dass wirtschaftliches Verhalten höchste Tugend sein sollte, gerade wenn Gemeinden ihre relative Unabhängigkeit bewahren wollen.

Zu einem wirtschaftlichen Verhalten gehört selbstverständlich auch immer, dass man nicht mehr ausgeben kann als man einnimmt. Über die Jahre hinweg war jedoch festzustellen, dass oft Schulden die einzige Möglichkeit waren, den Haushalt überhaupt kurzfristig auszugleichen, ohne dabei vielleicht immer auf die langfristigen Folgen Rücksicht zu nehmen. So beliefen sich die Gemeindeschulden 1998 auf eine Summe von 186 Milliarden DM, im Jahre 2000 waren es immerhin noch 178 Milliarden DM.17 Dabei ist der leichte Rückgang jedoch wesentlich dadurch zu erklären, dass gerade viele freiwillige Aufgaben, welche die Gemeinden wahrgenommen haben, gestrichen oder gekürzt wurden.18 Da diese Aufgaben zu einem nicht unerheblichen Teil zur Eigenständigkeit der Gemeinden beigetragen haben, ist natürlich sofort festzustellen, dass durch die Verschuldung eine immer stärkere Abhängigkeit der Gemeinden von jeweiligen Landes- bzw. Bundeszuweisungen erfolgt.19 Erschwerend kamen die Probleme steigender Sozialhilfefälle, Zusatzausgaben beim Aufbau Ost und generelle Mittelkürzungen im Zuge der Erfüllung der Maastricht-Kriterien hinzu.20 Auch wurden den Gemeinden zusätzliche Aufgaben sozusagen „von oben“ per Gesetz auferlegt, ohne dass die Länder resp. der Bund immer für eine adäquate Finanzausstattung sorgten.21 Nicht zuletzt trugen aber sicherlich auch eigene Fehler, wie etwa mangelnder wirtschaftlicher Sachverstand oder wenig vorausschauendes Handeln, also direkte Verletzungen der haushaltsrechtlichen Grundsätze, dazu bei, dass sich die Situation der Gemeindefinanzen in einem schlechten Zustand präsentiert.22

Die Gemeinden bewegen sich also in einem Spannungsfeld von begrenzten bzw. sinkenden Einnahmen einerseits und oft fremdbestimmten oder stark restriktiv wirkenden Ausgabeverpflichtungen andererseits. Dies geht natürlich zu Lasten der Eigenständigkeit und daher auch der Investitionstätigkeit von Gemeinden. Inwieweit NKA dazu beitragen können, dieses Spannungsfeld abzubauen bzw. welche Methoden von NKA es überhaupt gibt, soll nun im weiteren Verlauf der Arbeit betrachtet werden.

3. Nutzen-Kosten-Analysen

3.1. Grundlagen

Obwohl es eine Selbstverständlichkeit sein sollte, erlangt wirtschaftliches Handeln im öffentlich-kommunalen Bereich, wie man im vorherigen Teil gesehen hat, mehr und mehr Bedeutung. Dies liegt einerseits im Eigeninteresse der Kommunen, welche durch eine zumindest relative wirtschaftliche Freiheit ein Höchstmaß an Unabhängigkeit erzielen wollen, ist andererseits aber auch Ausdruck eines gesamtstaatlichen Wandels. Wo früher die Sicht vorherrschte, dass der Staat Hoheitsaufgaben wahrzunehmen hatte, welche insofern auch zwingend erfüllt und dafür ausreichend finanzielle Mittel über Steuern und sonstige Einnahmen beschafft werden mussten, ist heutzutage die Tendenz zu einem staatlichen „Dienstleister“, welcher spezifische Aufgaben wahrnimmt und dafür die optimale Mittelallokation sucht, stark im Vormarsch.23

Da Staatsinvestitionen, und darunter insbesondere kommunale Investitionen, eine zentrale Stellung innerhalb öffentlicher Tätigkeit einnehmen, sind diese natürlich ganz besonders von dem skizzierten Wandel betroffen. Investitionsentscheidungen stellen nämlich immer zweifache Wahlakte dar. Zuerst muss geklärt werden, ob überhaupt investiert wird und damit durch eine zumeist steuerliche Finanzierung den privaten Haushalten und Unternehmen Mittel entzogen werden, die dann nicht mehr zur freien Verfügung stehen (Opportunitätskosten), und danach, wenn diese Frage positiv beantwortet wird, welche Investition aus mehreren Alternativen durchgeführt wird.24 Deswegen wird neuerdings in zentralen bundesrechtlichen Vorschriften die Forderung nach angemessenen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für alle finanzwirksamen Maßnahmen erhoben (vgl. §6 Abs.2 HGrG, §7 Abs.2 BHO). Vor nicht allzu langer Zeit waren lediglich NKA bei Projekten von erheblicher finanzieller Bedeutung vorgeschrieben.25 Diese Änderung stellt insofern eine Verbesserung dar und sollte auch für den kommunalen Raum ihre notwendige Wichtigkeit erlangen. Wie gezeigt, werden solche Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen im Kommunalrecht nicht explizit gefordert, sie sind aber selbstverständlich auch nicht verboten.

Bei Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen denkt man vor allem an betriebswirtschaftliche Investitionsrechenverfahren, z. B. die Kapitalwertmethode oder die Berechnung von internen Renditen.26 Diese greifen in Bezug auf öffentliche Projekte jedoch oft zu kurz, da erstens eine höhere Dimensionalität und Komplexität vorliegt, und zweitens das Kriterium des Gewinnstrebens in den Hintergrund tritt bzw. durch das Kostendeckungsprinzip völlig entfällt. Es soll ja gerade keine ausschließlich einzelwirtschaftliche sondern eine gesamtwirtschaftliche und gesellschaftliche Analyse stattfinden. NKA erscheinen deshalb prädestiniert für den öffentlichen Bereich, weil sie durch eine Verbindung von wohlfahrtsökonomischen Betrachtungen und privatwirtschaftlichen Investitionsrechnungen genau diese Kriterien erfüllen.27 Ziel ist es, den gesamtwirtschaftlichen Nettoertrag einer Investitionsmaßnahme zu maximieren und dabei möglichst alle Effekte mit einzubeziehen.28 Dies ist genau dann immer besonders einfach, wenn man alle relevanten Nutzen und Kosten kennt, sie jeweils monetär bewerten und Veränderungen durch öffentliche Investitionen direkt und eindeutig zurechnen kann. In der Praxis sind diese Voraussetzungen jedoch in den seltensten Fällen erfüllt. Zum einen treten häufig externe Effekte auf, d. h. nicht zurechenbare Wirkungen an unbeteiligten Dritten. Man denke z.B. an die entstehende Lärmbelästigung beim Bau eines Regionalflughafens, von denen alle Anwohner betroffen sind, unabhängig davon, ob sie den Flughafen tatsächlich nutzen. Zum anderen ist gerade bei öffentlichen Gütern, also solchen, die den Kriterien der Nicht-Rivalität und Nicht-Ausschließbarkeit genügen (z.B. nationale Sicherheit oder, mit Einschränkungen, öffentliche Verkehrswege), oft keine direkte monetäre Bewertung möglich, da zumeist kein Markt mit bewertenden Preisen existiert.29 Darüber hinaus ist die Komplexität aller Nutzen/Wirkungen und Kosten einer Investitionsmaßnahme, trotz verbesserter wissenschaftlicher und technischer Methoden, keineswegs vollständig zu analysieren. Das Problem der Intangibilität, welches mit der fehlenden Möglichkeit zur monetären Bewertung von Gütern oder Effekten gleichgesetzt werden kann, ist für NKA jedoch kein Hindernis, sondern deren Bewertungsversuch gerade Ziel ihrer selbst.30

Allen NKA ist gemein, dass eine grobe Zielvorstellung vorliegen muss, mit der die Investitionsentscheidung anhand möglicher Alternativen näher definiert werden kann. Des Weiteren müssen Nebenbedingungen, also budgetäre-, gesetzliche-, politische oder technische Restriktionen, geklärt werden, da sie die Analyse verständlicherweise klar beeinflussen.31 Dann aber unterteilen sich die Methoden der NKA näher in Kosten-Nutzen-Analysen (KNA), Nutzwertanalysen und Kosten-Wirksamkeits-Analysen (KWA), wobei letztere in der Literatur oft zusammengefasst werden32 und insofern hier auch einheitlich betrachtet werden sollen.

3.2. Methoden der Kosten-Nutzen-Analysen

Grundsatz und eigener Anspruch der KNA ist es, jeweils eine monetäre Bewertung möglichst aller Kosten- und Nutzenänderungen, welche durch eine Investitionsmaßnahme erzeugt werden, zu erreichen.33 Durch die Gegenüberstellung von Nutzen und Kosten erhält man dann folgende intuitiv erfassbare Entscheidungskriterien: Zuerst muss gelten, dass die Summe aus Nutzen minus Kosten größer Null sein muss, danach ist die Alternative am besten, welche den höchsten Nettoertrag aufweist. Dass die erste Bedingung gelten muss ist insofern unmittelbar einsichtig, als dass keine Maßnahme durchgeführt werden sollte, die höhere Kosten aufweist als sie jemals an Nutzen stiften wird.34

Bei der Bewertung der Kosten kann man einerseits von Opportunitätskosten, andererseits vom realen Ressourcenverzehr ausgehen.35 Beim Opportunitätskostenprinzip wird überlegt, welche Maßnahmen durch die Umsetzung eines Investitionsprojektes nicht mehr realisiert werden können, d.h. also inwieweit die konkurrierende Mittelverwendung eine tatsächliche Restriktion darstellt. Hat man nämlich lediglich eine Maßnahme zur Auswahl, können deren Kosten sicherlich wesentlich geringer angesetzt werden, als wenn mit der Realisation dieser Maßnahme gleichzeitig ein Ausschluss von anderen Alternativen einhergeht. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht immer eindeutig und oft auch recht schwierig zu bewerten. Möchte man nämlich die Opportunitätskosten genau bestimmen, müsste man die Kosten aller anderer konkurrierenden Alternativen kennen, so dass wenig gewonnen wäre. Der reale Ressourcenverzehr stellt insofern die geeignetere Variante einer Kostenbewertung dar. Sämtliche Personal- und Sachaufwendungen, welche mit einer Investitionsmaßnahme zusammenhängen, müssen berücksichtigt werden. Die Bewertung der Kosten ist insofern relativ einfach, da die meisten Kosten eben direkt tangibel sind. Um intangible Kosten, etwa auftretende externe Schadenseffekte, zu bewerten, werden verschiedene Methoden angewandt. Da diese jedoch der nachfolgenden Bewertung intangibler Nutzen sehr ähnlich sind, soll hier auf eine umfassendere Darstellung verzichtet werden.

Die Monetarisierung der Nutzen ist ungleich schwerer, da überwiegend intangible Effekte vorliegen. Lediglich wenige Punkte, wie beispielsweise direkt zurechenbare Kosteneinsparungen (verminderte Betriebskostenaufwendungen etc.), welche durch eine Investition verursacht werden, sind sofort bewertbar. Eine Bewertung der intangiblen Effekte versucht man über indirekte (Marktpreis-, Aufwandsmethode) und direkte Methoden (Optionswerte, Befragungen) zu erreichen.36 Indirekte Methoden knüpfen dabei an die Nachfragesituation nach Gütern, welche auf einem Markt gehandelt werden, an und versuchen daraus Zahlungsbereitschaften für nicht marktlich gehandelte Güter abzuleiten.37 Mit der Marktpreismethode wird ein bekannter Marktpreis, z. B. die Wohnungsmiete, durch ökonometrische Schätzverfahren in verschiedenen Teilkomponenten zerlegt und eine mit der Investition verbundenen Wertänderung diesen Teilkomponenten zugerechnet. Wird also z. B. durch die Anlage eines Stadtparks die Umwelt einer Wohngegend positiv beeinflusst, so wird versucht, durch die Wertänderung, welche sich hier in einer Erhöhung der Mieten widerspiegeln sollte, den Nutzen des Parks anteilig zu bewerten.38

Bei der Aufwandsmethode wird nochmals in substitutiven und komplementären Aufwand unterschieden. Einerseits soll mit Hilfe von marktfähigen Substituten ermittelt werden, was die Bürger zum Ersatz einer öffentlichen Leistung oder bei Nichtzustandekommen einer Investition aufwenden müssten, dies ist dann gleich dem Nutzen der Maßnahme. Andererseits kann man jedoch auch versuchen, die komplementären Aufwendungen, die von den Bürgern getätigt werden, um in den Genuss einer öffentlichen Maßnahme zu kommen, zu bewerten, da sich darin offenbar die Wertschätzung einer öffentlichen Leistung erkennen lässt. Als Beispiel ist hier die Fahrtkostenmethode zu nennen, also die Zahlungsbereitschaft der Bürger, um z.B. einen weit entfernten Freizeitpark zu erreichen.39

Der Optionswert einer öffentlichen Leistung kann aus empirischen Studien abgeleitet werden und entspricht dem Nutzungswert abzüglich der tatsächlichen Zahlungsbereitschaft für eine Inanspruchnahme. So ist also z. B. die Existenz eines Theaters mit einem höheren Nutzen zu bewerten, als nur mit der Zahlungsbereitschaft für eine tatsächliche Inanspruchnahme, da die Existenz ebenso die Option mit einschließt, das Theater zukünftig zu nutzen.40 Nicht zuletzt kann man über Befragungen versuchen, die Zahlungsbereitschaft der Bürger für eine in ihren Augen positive öffentliche Investition zu ermitteln, bzw. den Kompensationsbetrag, gegen welchen sie eine ihnen negativ erscheinende Maßnahme akzeptieren würden.41

Sind alle Nutzen und Kosten bewertet, kann dann eine Entscheidung anhand der o.g. Kriterien getroffen werden. Um jedoch der Gefahr einer Verzerrung insbesondere bei langfristig wirkenden Investitionsmaßnahmen zu entgehen, sollten die Nutzen und Kosten noch zeitlich diskontiert und mit Risikoabschlägen versehen werden.

3.3. Methoden der Kosten-Wirksamkeits-Analyse

KWA entgehen der oft schwierigen monetären Bewertung dadurch, in dem sie sich auf die Wirksamkeit oder Effektivität einer projektspezifischen Investition konzentrieren. Dies hat natürlich den Vorteil, dass KWA relativ leichter als KNA durchzuführen sind, geht aber mit dem Nachteil einher, dass man nicht klar sagen kann, ob die Gesamtnutzen einer Maßnahme tatsächlich größer als deren Kosten sind.42 Wie schon angedeutet hängt die KWA sehr eng mit der Nutzwertanalyse zusammen. Bei der Nutzwertanalyse gilt es, allein die absolut effektivste Lösung zu finden, ohne auf die Kosten und dadurch entstehende relative Vorteile zu achten. Aufgrund der knappen Budgetrestriktion und ganz allgemein wegen des Grundsatzes der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung sollten aber, meiner Meinung nach, immer auch die Kosten berücksichtigt werden.

Die Wirksamkeit einer Investition wird nun folgendermaßen ermittelt: Die oben bereits angesprochene grobe Zielvorstellung wird wesentlich näher und feiner in einzelne Teilziele aufgegliedert und es werden Kriterien, anhand derer man die jeweilige Zielerfüllung messen kann, aufgestellt. Die einzelnen Teilziele werden dann entsprechend ihrer Bedeutsamkeit gewichtet und dieses Gewicht dann mit dem Grad der Zielerfüllung multipliziert. Alle gewichteten Teilnutzen werden sodann summiert, die Endsumme der einzelnen Investitionsalternativen entspricht deren Wirksamkeit.43 Dabei ist zu unterscheiden, ob die einzelnen Erfüllungskriterien nominal, ordinal oder kardinal bewertet werden können, da davon entscheidend die Gesamtbewertung abhängt. Auch ist zu beachten, dass die einzelnen Nutzenziele relativ unabhängig voneinander bestehen, da es sonst zu Verzerrungen des Ergebnisses kommen würde.44

Die Kosten einer Maßnahme können wie schon bei den KNA erläutert berechnet werden.

Als Entscheidungskriterium kann dann zum Beispiel der Quotient aus Wirksamkeit durch Kosten gebildet werden, sodass die höchste Maßzahl dann die effektivste und effizienteste Alternative charakterisiert. Zur weiteren Eingrenzung können auch noch Mindestwirkungs(auch bei den Teilzielen) oder Kostenrestriktionen aufgestellt werden, um so ungenügende Maßnahmen zu selektieren.45 Ebenso sollten auch wieder Diskontierungs- oder Risikoabschläge berücksichtigt werden.

Mit den NKA verfügt die politische Exekutive und Legislative also über ein Instrument, welches die oft umfangreichen Wirkungen von Investitionen bewerten, vor allem aber auch strukturieren kann. Welche Möglichkeiten sich daraus für die kommunale Ebene bieten, aber auch wo die Grenzen der NKA liegen, soll nun im nächsten Teil kritisch diskutiert werden.

4. Einbindung von NKA in die Praxis

Wie schon teilweise in einer leichten Form angedeutet, haben NKA in ihrer praktischen Anwendung Grenzen, denen man sich unbedingt bewusst sein sollte.

Bei den KNA ist insbesondere die monetäre Bewertung der intangiblen Nutzen und Kosten mit Problemen verbunden. Einerseits werden oft fragwürdige Bewertungsversuche unternommen, deren Aussagen dann zumindest sehr skeptisch betrachtet werden müssen, andererseits werden gar die intangiblen Effekte außerhalb der Analyse lediglich als Merkposten ausgewiesen.46 Im einzelnen treten diese Probleme immer bei der Definition von Nachfragekurven zu Zahlungsbereitschaften bzw. bei der Abschätzung von Schadenskostenkurven zur Bewertung negativer externer Effekte auf.47 Diese Probleme sollen nun näher erläutert werden:

Bei der Marktpreismethode müssen die Märkte vorher im Gleichgewicht gewesen sein, denn nur so wird eine ökonometrische Schätzung der durch eine Investitionsmaßnahme hervorgerufenen Wertänderung überhaupt sinnvoll. Gerade diese Gleichgewichtsbedingung ist aber in der Regel nicht nachweisbar, da lediglich eine makroökonomische Tendenz zum Marktgleichgewicht besteht, es aber innerhalb des realen Wirtschaftsprozesses zu starken Schwankungen kommt.48

Zu der Aufwandsmethode mit Hilfe von substitutiven Gütern ist zu sagen, dass die geforderten Substitute in der Realität oft nicht vorhanden oder zumindest nicht eindeutig sind. Als Beispiel sei hier die Nachfrage nach Swimmingpools als Substitut zu einem öffentlichen Schwimmbad genannt. Zwar dient sowohl das öffentliche Schwimmbad als auch der private Swimmingpool dem Zweck des Schwimmens, jedoch kann man dies im privaten Swimmingpool allein und ohne Rücksicht auf andere Mitbenutzer tun. Diese dadurch gewonnene Privatsphäre wird also auch in der Regel zu einer höheren Wertschätzung des Swimmingpools führen, so dass aus diesem Substitut keine eindeutige Nachfragekurve abgeleitet werden kann.49 Auch bei der komplementären Aufwandsmethode erliegt man oft Fehleinschätzungen. So kann nicht hundertprozentig bestimmt werden, was tatsächlich ausschließlich im Zusammenhang mit dem Genuss einer öffentlichen Einrichtung steht oder was an sich schon einen gewissen Eigennutzen hat. So kann etwa die Autofahrt zum Besuch eines Freizeitparks durchaus einen gewissen Eigenwert haben (Genuss der Landschaft o.ä.). Des Weiteren geht die Zahlungsbereitschaft von Nichtbesuchen, die zwar eine Wertschätzung haben, diese aber z. B. aus Zeitgründen nicht zur Geltung bringen können, ebenso nicht in die Analyse mit ein. Es kommt also auch hier zu Verzerrungen zwischen der tatsächlichen und der geschätzten Nachfragekurve.50 Jedoch haben die indirekten Methoden immer noch den Vorteil, dass sie mikroökonomisch fundiert sind und sich insofern auch mit einem zunehmenden wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnisstand weiterentwickeln können.51 Bei den direkten Methoden, insbesondere den Befragungen, treten andere Probleme auf. So können sich die befragten Bürger strategisch verhalten, d.h. also eine für sie positive Maßnahme systematisch, z.B. in Erwartung von dann niedrigeren Gebühren, in ihrem Wert unterschätzen und eine für sie negative Maßnahme in Erwartung dann höherer Kompensationsleistungen überschätzen. Dies hängt sehr eng mit dem sogenannten Trittbrettfahrerproblem bei öffentlichen Gütern zusammen, da es auf Grund der Nicht-Konkurrenz und der Nicht-Ausschließbarkeit besser ist, seine wahren Präferenzen zu verschleiern.52 Des Weiteren ist die Wertschätzung eines bestimmten Gutes abhängig von dem Kenntnisstand des jeweils Befragten, so dass auch hier zu Fehlerquellen kommen kann. Weitere Verzerrungen können durch die Art der Fragestellung, die isolierte Betrachtungsweise eines Gutes oder dadurch, dass sozusagen nur hypothetisches Geld ausgegeben wird, auftreten.53 Ähnliches gilt für die Ermittlung von Optionswerten zwar nur in abgeschwächter Form, dafür muss aber deren genereller Aussagegehalt als eher gering angesehen werden.

Zusammenfassend muss man daher von teilweise sehr schwerwiegenden Kompatibilitätsproblemen von der theoretischen Konzeption der KNA in bezug auf deren praktische Anwendung sprechen. Soll sie zu einem brauchbaren Ergebnis führen, so ist dafür viel Wissen und Zeit gefragt, zwei Dinge also, die oft so nicht vorhanden sind. Des Weiteren müssen auch die Kosten der KNA selbst betrachtet werden, welche durchaus, beispielsweise bei groß angelegten Befragungen, ins Gewicht fallen können.54 Als Vorschlag kann hier eine abgespeckte Version der KNA gelten, die lediglich eine ungefähre Bewertung der Nutzen und Kosten enthält.55

Bei den KWA entfallen diese Nachteile, da auf eine monetäre Bewertung intangibler Effekte weitestgehend verzichtet wird. Dafür kommt es aber zu der bereits erwähnten Ungewissheit, ob eine Maßnahme auch tatsächliche absolut von Vorteil ist, d. h. ob sich von der Frage der Gesamtwohlfahrt her lohnt, dafür private Mitteln zu entziehen. Weiterhin muss es negativ gewertet werden, dass insbesondere bei der Gewichtung und der einzelnen Teilzielbewertung subjektive Einflüsse eine große Rolle spielen. Mit dem Vorwurf der Willkür, dass man dadurch jedes Projekt zu einem positiven Bewertungsergebnis führen könne, muss sich gerade die KWA oft auseinandersetzen.56

Ein weiteres allgemeines Problem bei allen NKA ist die Ermittlung der sozialen Diskontrate, insbesondere bei langfristig wirkenden Projekten. Vorschläge, diese an der Verzinsung langfristiger Staatsanleihen, der durchschnittlichen Rendite von privaten Investitionen oder an der langfristig realen Wachstumsrate einer Volkswirtschaft auszurichten, können alle nicht im Detail zufriedenstellend begründet werden, sondern bleiben wiederum einer oft subjektiven politischen Einschätzung unterworfen.57 Insbesondere bei Umweltwirkungen, welche eventuell erst langfristig auftreten, besteht die Frage, ob man überhaupt diskontieren sollte. Darin wird bei einer zunehmend sensibilisierten Öffentlichkeit nämlich eine Verschleppung unserer Probleme auf die nächsten Generationen gesehen.58

Trotz all dieser skizzierten Probleme sind NKA aber keineswegs wertlos, auch wenn natürlich eine gewisse Skepsis immer angebracht erscheint. Vielmehr ist aber gerade mit der Offenlegung der politischen Werturteile und dem Zwang zur umfassenden Beschäftigung mit den Investitionsprojekten, im Sinne einer provokativen Herausforderung an die Verfahrensanwender, ein sehr positiver Aspekt sämtlicher Analysen zu sehen.59 Nur so werden nämlich Entscheidungen für den einzelnen Bürger transparent und nachvollziehbar, so dass sie sich auch einer kritischen Betrachtung nicht entziehen. Des Weiteren ist auch in der Aufspaltung der Komplexität einer Investitionsmaßnahme, insbesondere bei den KWA, ein sehr großer Vorteil zu sehen.60

Als Alleinlösung zur Behebung des im ersten Teil zur Bedeutung der Gemeinden skizzierten Spannungsfeldes können NKA dennoch nicht gelten. Vielmehr müssen sie in ein strategisches Gesamtkonzept eingebunden werden, welches es den Gemeinden generell erlaubt, ihre Aufgaben so gut wie möglich wahrzunehmen. Als Stichwort kann hier das in den kommunalen Verwaltungen sehr stark diskutierte „Neue Steuerungsmodell“61 gelten. Folgende Grundsätze, welche auch für die Investitionstätigkeit der Kommunen eine bedeutende Rolle spielen, lassen sich dabei herausstellen:62

Es soll zuerst eine Umstellung von der zentralen Haushaltsteuerung mit detaillierten Plänen hin zu einem budgetorientierten Ansatz erfolgen. In diesem Budget soll lediglich eine grobe Gliederung der wahrzunehmenden Aufgaben und der dafür zu Verfügung stehenden finanziellen Mittel erfolgen. So kann zum Beispiel auch das Investitionsvolumen global angesetzt und dann auf die Verwendung in sinnvollen Alternativen überprüft werden. Wichtig ist dabei, dass gewisse Rücklagen für plötzlich notwendige Ersatzinvestitionen jederzeit bestehen und das möglichst viele zur Überprüfung stehende Alternativen bereits im vorhinein bekannt sind.

Dieser Grobgliederung soll sich dann eine produktorientierte Feingliederung anschließen. Man möchte damit den bisherigen Ansatz des Inputdenkens vermeiden und vielmehr ein Denken in Outputeinheiten, also eine Ergebnisorientierung, ermöglichen.63 Die Gefahr liegt hier in dem Fehlen eines strategischen „top-down“-Denkansatzes, und zwar im Sinne der Frage, welche Produkte eine Gemeinde überhaupt anbieten sollte, insbesondere bei den freiwilligen Aufgaben. Diese Form eines strategischen Managements wäre auch für die NKA wichtig, da einerseits eine bessere Findungsmöglichkeit bei Investitionsalternativen ermöglicht würde, andererseits aber auch klare Maßstäbe für politische Werturteile, also zum Beispiel die der sozialen Diskontrate oder der Gewichtung bei KWA, gesetzt würden. Dies muss auch und gerade eine Forderung an den Rat, also das politische Gremium der Gemeinde, darstellen. Dieser hat zwar die sogenannte Allzuständigkeit für alle mit der Gemeinde im Zusammenhang stehenden Aufgaben (vgl. §24 GOBW, §41 GONW, §22KVMV), sollte sich aber gerade nicht mit Einzelproblemen sondern vielmehr mit Zielvorgaben und Grundsatzentscheidungen befassen.64 Die einzelnen operativen Tätigkeiten sollten durchaus den Verwaltungsinstanzen überlassen bleiben, da nur dort ein Aufbau an Wissen über NKA erfolgen kann, beispielsweise durch einen alltäglichen Umgang mit den relativ einfach durchzuführenden KWA.

Unterstützend bei diesem Wissensaufbau können noch zwei andere Änderungsvorschläge des „Neuen Steuerungsmodells“ mitwirken, nämlich einerseits der Übergang vom Geldverbrauchs- zum Ressourcenverbrauchskonzept und andererseits die Einführung der doppelten Buchführung. Dies ermöglicht und erleichtert insbesondere die Aussagen über Kosten, welche mit einer Investitionsmaßnahme zusammenhängen, da benötigte Werte leichter ermittelt werden könnten.

Unterstützt wird die Einführung von Änderungsvorschlägen, die im Zusammenhang mit dem „Neuen Steuerungsmodell“ stehen, durch die teilweise in den Kommunalverfassungen zu findenden Experimentierklauseln, welche die Abweichung von bisherigen Regeln zu Versuchszwecken gestatten (vgl. insb. §42a KVMV).

Gelingt es also, die NKA in ein solches Gesamtkonzept einzubinden, so erscheint damit eine Rückgewinnung von Handelsspielräumen und damit eine Auflösung des Spannungsfeldes möglich. Dies muss natürlich durch Selbstdisziplin der Gemeinden so weit wie möglich unterstützt werden, gerade in bezug auf Investitionsprojekte wird diese Selbstdisziplin aber durch NKA sehr gut gefördert. Insbesondere das bisherige prozyklische Verhalten der Gemeinden, welches dann in Zeiten allgemeiner Rezession entscheidend zum Schuldenaufbau und der damit verbundenen Einengung der kommunalen Eigenständigkeit führte,65 könnte durch NKA vermieden werden, da sie zu einer langfristigen orientierten Betrachtungsweise eines Investitionsvorhabens zwingen. Die Einführung von transparenten und nachvollziehbaren Steuerungsinstrumenten kann also sowohl den Weg zu einem ehrlichen Haushaltswesen wie auch zu einer ehrlichen kommunalen Investitionstätigkeit aufzeigen.66 Ohne Frage ist aber für die Umsetzung eines solches Gesamtkonzeptes eine Verbesserung der Gemeindefinanzen, etwa durch einen Startzuschuss von Bund und Ländern, unbedingt erforderlich.67 Wird nämlich nur unter einer extremen budgetären Restriktion agiert, kann, wie schon oft erlebt, selbst aus der besten Idee kein Erfolg erwachsen. Inwieweit der Substanzverlust durch den rigorosen Sparkurs, in dem sich nicht nur die Gemeinden zur Zeit befinden, am Ende mehr kostet als er momentan an Nutzen stiftet, wäre daher gleich eine sinnvoll erscheinende Aufgabe für eine KNA.

5. Fazit

In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, dass die Situation der Gemeinden überwiegend als negativ bewertet werden muss. Auch wenn die Substanz der meisten Kommunen noch relativ gut ist, tritt die Erkenntnis immer stärker vor Augen, dass zur Zeit über die Kräfte vieler Gemeinden gelebt wird. Dabei ist diese Erkenntnis keineswegs zeitlich auf eine vielleicht nur kurze Schwächephase, welche bei Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland von alleine vorübergeht, beschränkt. Vielmehr werden vor allem dramatisch anmutende Sparversuche unternommen, um die Situation halbwegs erträglich zu gestalten - oft ohne auf die langfristigen Wirkungen, d.h. den damit einhergehenden Substanzverlust, zu achten.

Gleichwohl hat eine solch zugespitzte Lage auch immer gewisse Vorteile, die hier darin zu sehen sind, dass eine breite und ernst gemeinte Diskussion über Reformen in der kommunalen Verwaltung stattfindet. Diese Diskussion bezieht sich im wesentlichen auf den zentralen Punkt der Haushaltssteuerung und kommt überwiegend zu der Aussage, dass eine Anlehnung an privatwirtschaftliche Methoden nicht nur sinnvoll sondern auch absolut notwendig ist, ohne dabei natürlich spezifische Eigenheiten der Verwaltung zu vergessen. Insofern können auch NKA, welche hauptsächlich im verwaltungstechnischen Bereich ihre optimale Wirkung entfalten, in diesen Reformprozess mit einbezogen werden, obwohl sie eigentlich schon länger bekannt sind und auch bereits etliche Anwendungen erfahren haben. Gerade durch die Einbindung in laufende Veränderungen können sie jedoch eine ganz neue Qualität erreichen, da sie erstens allgemein ein sehr praktisches Instrument der Investitionssteuerung darstellen und zweitens vor allem durch die Aussicht auf verbesserte Rahmenbedingungen innerhalb der kommunalen Verwaltung in einem großen Maßstab anwendbar werden. Hierbei sei insbesondere nochmals auf die sehr einfach zu praktizierende Möglichkeit der KWA hingewiesen, welche, wenn sie unter klaren strategischen Zielvorgaben durchgeführt werden, zu sehr brauchbaren Ergebnissen führen und somit eine gewichtige Entscheidungshilfe für den Anwender bedeuten können.

Eine weitere mutige, innovative und vor allem auch zügige Umsetzung der angedachten Reformprozesse erscheint mir aus diesen Gründen sehr wünschenswert. Unter solchen Voraussetzungen können NKA umso mehr als notwendiges Analyseinstrument für kommunale Investitionsprojekte dienen und so ihren Teil zur Auflösung des beschriebenen Spannungsfeldes beitragen. Mit ihrer Hilfe können zwar keine neuen Finanzmittel gefunden werden, sie tragen aber zur Abschwächung der Budgetrestriktion insoweit bei, als dass eine relativ optimale und durchdachte Allokation der vorhandenen Mittel gewährleistet wird.

Tobias Laske 18 Nutzen-Kosten-Analysen

Literatur

I. Bahls, H.: Der ehrliche Haushalt [in: VII ]
II. Berkenhoff, H.A.: Das Haushaltswesen der Gemeinden ; 8.Auflage, Herford 1986
III. Erichsen, H.U.: Kommunalrecht (Nordrhein-Westfalen) ; 2.Auflage, Siegburg 1997
IV. Fiebig, H.: Kommunale Kostenrechnung ; Berlin 1995
V. Gesetze und Verordnungen: s. Abkürzungsverzeichnis
VI. Hanusch, H.: Nutzen-Kosten-Analyse ; München 1987
VII. Henneke, H.G. (Hrsg.): Steuerung der kommunalen Aufgabenerfüllung durch Finanz- und Haushaltsrecht ; Stuttgart 1996
VIII. Klümper, B. et al.: Kommunale Kosten- und Wirtschaftlichkeitsrechnung ; 2.Auflage, Witten 1986
IX. Meyer, H.: Kommunalrecht (Mecklenburg-Vorpommern) ; Baden-Baden 1998
X. Morath, K. (Hrsg.): Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Verwaltung ; Bad Homburg 1994
XI. Mühlenkamp, H.: Kosten-Nutzen-Analyse ; München 1994
XII. Ossadnik, W.: Investitionsrechenverfahren für öffentliche Betriebe ; Berlin 1992 XIII. Pfizer, T. et al. (Hrsg.): Kommunalpolitik (Baden-Württemberg) ; 3.Auflage, Stuttgart 2000
XIV. Scheel, W. ; Steup, J.: Gemeindehaushaltsrecht (Nordrhein-Westfalen) ; 6.Auflage, Köln 1991
XV. Schoch, F.: Autonomie und Abhängigkeit im kommunalen Finanzsystem [in: VII ]
XVI. Schröder, H.: Haushaltswirtschaft und Haushaltsrecht [in: X ]
XVII. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Datenreport 1999 ; Bonn 2000
XVIII. Weiblen, W.: Kommunale Finanzpolitik [in: XIII ]
XIX. Zimmermann, H. et al.: Finanzwissenschaft ; 8.Auflage, München 2001

[...]


1 Meyer 1998, S.47

2 Vorwort in: Pfizer et al. 2000, S.5

3 Meyer 1998, S.50 ; ähnlich auch Pfizer et al. 2000, S.17

4 Pfizer et al. 2000, S.10

5 Anmerkung: im weiteren Verlauf der Arbeit konzentriere ich mich exemplarisch auf diese drei Länder, eine gute Abdeckung der unterschiedlichen Rechtsquellen erscheint daher gewährleistet

6 Scheel / Steup 1991, S.119ff ; sowie Pfizer et al. 2000, S.18

7 Weiblen [in Pfizer et al. 2000], S.77

8 Statistisches Bundesamt 1999, S.233f , eigene Berechnungen

9 resultierend aus Art.104a GG ; vgl. Erichsen 1997, S.172

10 Scheel / Steup 1991, S.6

11 Erichsen 1997, S.29 ; sowie Scheel / Steup 1991, S.3f

12 bei den GemHVO ist die Paragraphenfolge im wesentlichen identisch ; vgl.: Berkenhoff 1986, S.100

13 Meyer 1998, S.247

14 vgl. Weiblen [in: Pfizer et al. 2000], S.84ff ; sowie Meyer 1998, S.253 (demnach betrug der Anteil der o.g. Einnahmearten in Mecklenburg-Vorpommern ca.78 % im Jahre 1995)

15 Weiblen [in: Pfizer et al. 2000], S.85 ; sowie Erichsen 1997 ; S.177ff

16 Meyer 1998, S.258

17 statistisches Bundesamt 1999, S.240 ;

sowie Statistisches Bundesamt 2002 (Internetquelle unter www.destatis.de)

18 der Grundsatz der Sparsamkeit („koste es, was es wolle“) wurde offenbar zur Maxime erhoben ; vgl. Meyer 1998, S.293

19 Henneke 1996, S.12

20 Weiblen [in: Pfizer et al. 2000], S.97 ; sowie Erichsen, S.206

21 Schoch [in: Henneke 1996], S.88

22 Fiebig 1995, S.19f

23 Erichsen 1997, S.28

24 Hanusch 1987, S.1

25 Schröder [in: Morath 1994], S.43

26 Übersicht in: Ossadnik 1992, S.29ff

27 Klümper 1986, S.444

28 Hanusch 1987, S.2f ; sowie Ossadnik 1992, S.132

29 Hanusch 1987, S.68f

30 Zimmermann et al. 2001, S.94 ; sowie Hanusch 1987, S.10

31 Hanusch 1987, S.11f

32 Klümper 1986, S.459f ; sowie Hanusch 1987, S.167

33 Mühlenkamp 1994, S.8

34 Klümper 1986, S.445 ; sowie Mühlenkamp 1994, S.3

35 Ossadnik 1992, S.155

36 Einteilung nach: Mühlenkamp 1994, S.191f

37 Mühlenkamp 1994, S.192

38 Mühlenkamp 1994, S.194ff

39 Hanusch 1987, S.77ff ; sowie Mühlenkamp 1994, S.208ff

40 Mühlenkamp 1994, S.232f

41 Hanusch 1987, S. 74f ; sowie Mühlenkamp 1994, S.243f

42 Vorteile sieht: Klümper 1986, S.452 ; Nachteile sieht: Mühlenkamp 1994, S.8

43 Ossadnik 1992, S.143ff (mit Beispielen) ; sowie Klümper 1986, S.453ff (ebenfalls als Beispiel)

44 Ossadnik 1992, S.149 ; sowie Klümper 1986, S.458

45 Hanusch 1987, S.163 ; sowie Klümper 1986, S.458

46 Klümper 1986, S.451

47 Ossadnik 1992, S.135

48 Mühlenkamp 1994, S.228

49 Hanusch 1987, S.78 ; sowie Mühlenkamp 1994, S.211f

50 Mühlenkamp 1994, S.216, 226 ; sowie Hanusch 1987, S.81

51 Mühlenkamp 1994, S.228

52 Hanusch 1987, S.75f

53 Mühlenkamp 1994, S.243ff

54 Hanusch 1987, S.75

55 Fiebig 1995, S.139

56 Hanusch 1987, S.164

57 Ossadnik 1992, S.136f

58 Mühlenkamp 1994, S.184f

59 Zimmermann et al. 2001, S.94 ; sowie Ossadnik 1992, S.163

60 Klümper 1986, S.459

61 vgl. grundlegende Berichte der KGSt (Kommunale Gemeinschaftsstelle)

62 Übersicht in: Bahls [in: Henneke 1996], S.100 ; sowie Weiblen [in: Pfizer et al. 2000], S.106

63 Zimmermann et al. 2001, S.90

64 Meyer 1998, S.303

65 Fiebig 1995, S.20

66 Bahls [in: Henneke 1996], S.114

67 Meyer 1998, S.247f

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Nutzen-Kosten-Analysen bei kommunalen Investitionsprojekten
Autor
Jahr
2002
Seiten
19
Katalognummer
V106789
ISBN (eBook)
9783640050642
Dateigröße
441 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nutzen-Kosten-Analysen, Investitionsprojekten
Arbeit zitieren
Tobias Laske (Autor:in), 2002, Nutzen-Kosten-Analysen bei kommunalen Investitionsprojekten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106789

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