A Clockwork Orange. Gewalt, Sexualität und Moral

Versuch einer ethischen Analyse


Essay, 2002

16 Seiten, Note: 5,5 (CH) entspr. 1,5 (D)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Zusammenfassung des Filminhalts

3. Gewalt und Sexualität
3.1. Filmimmanente Interpretation
3.2. Erzählhaltung und Rezeption

4. Der Gefängnispfarrer als moralische Instanz

5. Schlussbemerkung

6. Literaturliste

1. Einführung

Der Film "Clockwork Orange" von Stanley Kubrick wurde 1971 uraufgeführt. Das auf dem gleichnamigen Buch von Samuel Beckett basierende Werk wurde gleichermassen gelobt wie auch verteufelt und gilt heute als Klassiker der Filmgeschichte. Der Film gewann Kritikerpreise und wurde zur gleichen Zeit als gewaltverherrlichender oder -anstiftender Brutalo-Streifen kritisiert. In dieser Arbeit will ich versuchen, den Film auf seine kontroverse Darstellung von Gewalt und Sexualität hin zu untersuchen. Dabei will ich als Schwerpunkt ethische Aspekte behandeln, wobei ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann.

Nach einer kurzen Zusammenfassung, die ich nicht ganz wertfrei halten konnte, werde ich verschiedene Aspekte von Gewalt und Sexualität analysieren, möglichst aus einer ethischen Perspektive. In einem weiteren Kapitel gehe ich näher auf die Figur des Gefängnispfarrers ein. Einige abschliessende Bemerkungen am Schluss sollen die Arbeit vervollständigen.

2. Zusammenfassung des Filminhalts

Alex Delarge (Malcom McDowell) ist ein 15-jähriger Junge, der in der nahen Zukunft in Grossbritannien lebt. Mit seiner bizarren Gang ("Droogs") streunt er durch die Gegend, verprügelt harmlose Passanten, stiehlt und vergewaltigt. Zum aufheizen trinkt die Gang jeweils "Milch-Plus" (Milch mit synthetischen Drogen) in der "Korova Milchbar", ein kaltes, bedienungsloses Designerlokal. Sie verständigen sich in einer wild durchmischten Kunstsprache. Alex besitzt neben der Gewalt noch eine andere Passion: Beethoven. Er vergöttert den Komponisten und lässt sich durch seine Musik zu weiteren Gewalttaten anstiften.

Auf einem ihrer Streifzüge kommen sie zu einer abgelegenen Designervilla. Durch eine Lüge werden sie hereingelassen. Mit phallischen Nasen maskiert fesseln sie den dort anwesenden Schriftsteller Mr. Alexander und vergewaltigen vor seinen Augen seine Frau.

Am nächsten Tag erkennen die Gangmitglieder Alex' Autorität nicht mehr an. Er bestraft sie wenig später gewaltsam. Die Hierarchie scheint wieder klar zu sein. Alex ist einverstanden, mit ihnen der Kunstsammlerin Mrs. Weathers einen Besuch abzustatten. Sie fällt aber nicht auf Alex' Lüge herein und öffnet die Türe nicht. Während dieser durch das Obergeschoss ins Haus eindringt, alarmiert sie die Polizei. Alex erschlägt Mrs. Weathers nach einem Kampf mit einer riesigen Penisplastik. Als er fliehen will, schlagen ihn seine "Droogs" nieder; er fällt der Polizei in die Hände.

Auf dem Polizeirevier wird er geschlagen und von seinem Sozialarbeiter bespuckt. Er erhält 14 Haft wegen Mordes und gelangt in ein brutal geführtes Gefängnis. Dort hat er bald nur noch einen Gedanken: er will raus. Dazu schmeichelt er sich beim Gefängnispfarrer ein und verhält sich vorbildlich und unterwürfig. Nach zwei Jahren erhält er eine Möglichkeit: die Regierung sucht Kriminelle, um sie durch die sogenannte "Ludovico-Technik" zu heilen. Alex scheint geeignet dafür und ist trotz Warnung des Pfarrers damit einverstanden. Er wird gezwungen, sich unter Medikamenten brutale Filmsequenzen anzusehen. Der Spass daran vergeht ihm schnell, da das Medikament starke Angstzustände und Übelkeit hervorruft. Durch das ständige Wiederholen dieser zermürbenden Methode wird Alex gegen Gewalt, Sex und - ungewollt - Beethoven allergisiert. Für die Regierung ist er somit geheilt. Das Täter-Opfer-Verhältnis dreht sich nun um: wieder in Freiheit, wird Alex von seinen früheren Opfern verprügelt. Seine Bandenmitglieder wurden zu Polizisten und ertränken ihn fast. Am Schluss landet er im Haus von Mr. Alexander. Dieser erinnert sich zuerst nicht an ihn und gewährt ihm Gastrecht. Doch Alex verrät sich durch ein Lied, dass er beim letzten Besuch gesungen hat. Mr. Alexander rächt sich, indem er Alex in ein Zimmer einschliesst und Beethoven abspielt. Dieser sieht nur noch einen Weg, diesen Qualen zu entkommen und springt aus dem Fenster. Durch Glück überlebt er. Die Ludovico-Therapie wird wieder rückgängig gemacht, da der amtierende Minister durch Mr. Alexander politisch unter Druck geriet. Alex ist "geheilt" und schwelgt wieder in Gewalt- und Sexphantasien, diesmal aber unterstützt und kontrolliert durch die Regierung.

3. Gewalt und Sexualität

Die zwei im Film zentralen Aspekte der Gewalt und der Sexualität werde ich in zwei Abschnitten untersuchen. Das erste Unterkapitel (3.1.) folgt einer eher deskriptiven Methode und versucht eine filmimmanente Behandlung der Themen, während das zweite (3.2.) eher interpretativ ist und die Erzählhaltung sowie die Rezeption fokussiert.

3.1. Filmimmanente Interpretation

Gewalt, in welcher Form auch immer, ist eines der zentralen Themen im Film "A Clockwork Orange". Als ständig wiederkehrendes Element erscheint Gewalt aber nicht in einer klar definierten Form, sondern in gänzlich verschiedenen. Auch die Sexualität erlebt man in verschiedenen Ausprägungen. Ich werde versuchen, diese verschiedenen Formen zuerst voneinander zu trennen und sie dann miteinander in Verbindung zu setzten.

Die erste Szene mit gewalttätigem Inhalt erfolgt schon kurz nach dem Anfang: Alex verschlägt mit seinen Gangmitgliedern einen Alkoholiker, der wehrlos und desillusioniert in einem Tunnel liegt. An diesem Beispiel erkennen wir die erste Form der Gewalt. Es ist eine individuelle, anarchistische Gewalt, die von Alex und seiner Gang ausgeht. Wichtig ist, dass diese Gewalt für Alex nicht abscheulich ist. Aus seinem Blickpunkt hat er eine wundervolle Zeit, solange er also als Täter Gewalt ausüben kann. Er agiert hedonistisch, frei von ethisch-moralischen Massstäben. Fröhlich und kindlich-naiv kommentiert er die Gewaltausbrüche, sozusagen als ganz normale Freizeitbeschäftigung. Doch die Gewalt ist auch Ausdruck seiner Revolution gegen die apathische, kalte Gesellschaft. Paradoxerweise richtet sie sich aber nur gegen deren schwache Mitglieder.

Sobald Alex von der Polizei festgenommen wird (und vorher angedeutet durch einen perversen, diffusen Bewährungshelfer), verfällt er in die Opferrolle. Opfer einer Gewalt, die von der Gesellschaft produziert und auch akzeptiert wird. Beim Verhör wird er geschlagen und bespuckt, später landet er in einem strikt geführten Gefängnis; als Wärter fungiert eine karikierte Hitlerfigur. Es existiert also auch eine gesellschaftliche bzw. staatliche Gewalt. Hier möchte ich nochmals zwischen zwei Arten unterscheiden. Auf der einen Seite die "althergebrachte" Gewalt, auf der anderen Seite eine "moderne", instrumentelle und sich sehr subtil veräussernde Gewalt.

Die "althergebrachte" ist offen ersichtlich und eher physischer Natur. Sie verkörpert sich im oben genannten Gefängniswärter und in Alex' Opfern, die sich später an ihm rächen. Dazu gehören auch die zwei Gangmitglieder, die Polizisten geworden sind. Geprägt ist diese Gewalt von einer Vergeltungsmentalität, die in der christlichen Geschichte eine starke Wurzel hat: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Auch der Gefängnispfarrer steht für mich in dieser Tradition, wenn er seine Predigt hält über Sünde, Strafe und Hölle. Eben dieser wehrt sich später auch gegen die andere Gewalt, von mir die "moderne" genannt. Diese ist am offensichtlichsten in der Ludovico-Behandlung. Sie erfolgt in einer Klinik, dessen Helligkeit und sterile Sauberkeit einem fast blendet. Die Ärzte und Schwestern dort machen einen sehr seriösen, abgeklärten Eindruck, wirken nicht pervers oder brutal. Trotzdem handeln sie gewalttätig. Es ist eine kalte, wissenschaftliche Methode, die sie anwenden. Statt Menschen gibt es nur Objekte, die gewisse Reaktionen zeigen. Wenn die althergebrachte Gewalt noch in dem Sinne menschlich ist, dass sie mit Gefühlen - wenn auch zutiefst negativen - verbunden ist, so ist die moderne in einer beängstigenden Art nicht-menschlich, praktisch abgekoppelt von der menschlichen Welt. Ersichtlich wird dies in einer der einzigen menschlichen Regungen des Gefängniswärters: zwei verschüchterte, sorgenvolle und fast traurige Blicke, die er Alex zuwirft, während dieser durch seine Unterschrift der Behandlung zustimmt und während der Übergabe in die Klinik - Ausdruck einer tiefgreifenden Verunsicherung des Menschen vor dieser neuen Macht?

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
A Clockwork Orange. Gewalt, Sexualität und Moral
Untertitel
Versuch einer ethischen Analyse
Hochschule
Université de Fribourg - Universität Freiburg (Schweiz)  (Medienwissenschaften)
Note
5,5 (CH) entspr. 1,5 (D)
Autor
Jahr
2002
Seiten
16
Katalognummer
V10669
ISBN (eBook)
9783638170338
ISBN (Buch)
9783638817844
Dateigröße
489 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Film, Ethik, Kubrick, Clockwork Orange
Arbeit zitieren
Jonas Morgenthaler (Autor:in), 2002, A Clockwork Orange. Gewalt, Sexualität und Moral, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10669

Kommentare

  • Gast am 18.6.2004

    anthony burgess!!.

    Hallo und kompliment für deine hausarbei. der autor dieses buches heisst allerdings anthony burgess.

    lg

  • Gast am 11.5.2004

    Samuel Beckett???.

    "Der Film "Clockwork Orange" von Stanley Kubrick wurde 1971 uraufgeführt. Das auf dem gleichnamigen Buch von SAMUEL BECKETT (???)basierende Werk wurde gleichermassen gelobt wie auch verteufelt und gilt heute als Klassiker der Filmgeschichte".

    Entschuldigung, ich habe vielleicht es irgendwie falsch verstanden, aber ich habe immer gedacht dass, das Buch "A Clockwork Orange" von Anthony Burgess geschrieben wurde. Oder meint der Autor von der Hausarbeit etwas ganz anderes mit dem Namen Samuel Beckett?

Blick ins Buch
Titel: A Clockwork Orange. Gewalt, Sexualität und Moral



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden