Filmanalyse der Simpsons - Folge Ein Sommer für Lisa


Seminararbeit, 2001

13 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Situativer Kontext

Intention des Autors : welche Botschaft will er vermitteln?

Wie ist die Botschaft filmisch umgesetzt?
Sequenzprotokoll
Typisierungen
Einstellungsliste der Sequenz 29

Didaktik
Vertiefungsmöglichkeit 1
Vertiefungsmöglichkeit 2

Situativer Kontext

Angefangen hat es mit den Simpsons in einem Wartezimmer. Innerhalb von 15 Minuten hat der Autor, Matt Groening, die Charaktere der Zeichentrick- Familie entworfen. 1987 waren sie zunächst als Kurzfilmreihe in der Tracey Ullman Show auf dem amerikanischen TV Sender FOX zu sehen. Die Serie wurden so beliebt, dass der Sender ihr 1989 eine eigene, halbstündige Sendung gab. Die Simpsons wurden die am längsten laufende Sitcom in den USA. Die Merchandising-Einnahmen gehen in die Millionen. Die Serie gewann bis jetzt 10 Emmys und wird mittlerweile in über 70 Ländern ausgestrahlt.

Auch in Deutschland erfreuen sich Die Simpsons großer Beliebtheit. Hier wurden sie erstmals 1991 im ZDF ausgestrahlt, bis 1994 PRO SIEBEN die Rechte übernahm. Die ersten zehn Folgen wurden um Mitternacht ausgestrahlt, der Rest der Staffel wurde Sonntags im Vormittagsprogramm gezeigt, das hauptsächlich von Kindern gesehen wird. Einige Folgen wurden daher ausgelassen und in Simpsons -Nächten gezeigt.

Matt Groenings Erfolgsrezept scheint in der Mischung aus Unterhaltung und Gesellschaftskritik zu liegen: "Ich nutze die Form der leichten Unterhaltung, um zu zeigen, auf welche Weise wir manipuliert und ausgebeutet werden. Da es Zeichentrick ist, komme ich damit durch." Der Humor in den Simpsons spricht Menschen mit sehr unterschiedlichen (Bildungs-) Horizonten an1. Es gibt sehr viel Witz, der im nur versteckt im Hintergrund erscheint, aber wenn man ihn nicht erfasst, sei dies nicht weiter tragisch, so Matt Groening2.

Von besonderer Bedeutung für die folgende Analyse der Folge Ein Sommer für Lisa ist die Festlegung des Autors, dass die Charaktere sich nie ändern. Sie werden z.B. auch nicht älter. Deshalb muss am Ende einer Folge die Simpsons - Normalität wieder hergestellt sein. D.h. Lisa kann auf keinen Fall Alltags- Freunde finden, die auch in späteren Folgen auftauchen. Lisa hatte nie Freunde und wird auch nie welche haben. Nach den Ferien wird Lisa wieder ihr Mauerblümchen-Dasein fortführen wie bisher.

Intention des Autors : welche Botschaft will er vermitteln?

Als unerfahrener Simpsons - Zuschauer gewinnt man leicht den Eindruck, die Botschaft des Films könne auf diese Formel gebracht werden: „Bleib so wie du bist“. Schließlich wird dies auch zweimal gesagt, einmal von Marge und dann von Bart. Aber diese Betrachtung wäre sehr oberflächlich.

Das Thema der Folge ist der Wunsch, jemand anderes zu sein. Lisa, die ewige Außenseiterin, möchte auch einmal beliebt sein, wie ihr Bruder Bart. Sie ist bereit, ihre wahre Identität zu opfern und hat zunächst auch Erfolg damit. Die Kontraste zwischen Beliebten und Außenseitern werden deutlich gemacht und karikiert.

Meines Erachtens wird in dieser Folge vor allem das vorschnelle Urteilen nach Äußerlichkeiten kritisiert. Dem Zuschauer wird vor Augen geführt, wie die Attribute „modern, sportlich, schön und oberflächlich“ mit Beliebtheit und „intelligent, hässlich, engagiert“ mit Unbeliebtheit gleichgesetzt werden. Man könnte sagen, Ein Sommer für Lisa ist eine zeitgemäße Umsetzung des Sprichworts: „Kleider machen Leute“. In der Jugendsprache würde man heute vielleicht sagen: „Nur wer hip und cool ist, findet Freunde und hat Erfolg.“

Wie ist die Botschaft filmisch umgesetzt?

Sequenzprotokoll

1. Barts Klassenraum: Bart und Milhouse reden über den Sommer und die bevorstehenden Ferien / Milhouse macht Rasensprenger nach / Als die Glocke den letzten Schultag einläutet, springt er auf, beschimpft die Lehrerin und rennt raus / er wird von einem Polizisten wiedergebracht
2. Jahrbuchabteilung: Lisa und andere Außenseitermädchen öffnen den Karton der Jahrbücher, um die sich Lisa gekümmert hat / sie glaubt, dass sie dadurch zum beliebtesten Mädchen der Schule wird
3. Barts Klassenraum: Lehrerin liest eine Geschichte bis kurz vor dem Höhepunkt vor, es läutet, die Kinder stürmen hinaus / zwei Kinder bleiben sitzen und fragen noch nach / Lehrerin schickt sie weg ohne zu antworten.
4. am Jahrbuchstand: Lisa erklärt den Umstehenden, dass sie eine rote Karte benötigen, um sich ihr Jahrbuch abzuholen / ein großer Junge erwidert, sie solle sich nicht so aufspielen, springt auf den Tisch und wirft den Kindern die Jahrbücher zu
5. Lisa kommt zu einer Gruppe von Schülern, die Unterschriften für ihr Jahrbuch sammeln / Lisa bittet ebenfalls um Unterschriften, ihr Buch wird von einem zum anderen gegeben, sie bekommt es ohne eine Unterschrift zurück, ist traurig / sieht eine Ansammlung / Bart sitzt an einem Signiertisch und signiert Jahrbücher, während Milhouse ihm assistiert / SchülerInnen stehen Schlange / ein Mädchen hat eine Widmung von ihm bekommen und ist ganz begeistert, rempelt Lisa an / sogar der Schuldirektor schiebt seine Tochter vor, um ein Autogramm zu bekommen / Lisa wundert sich, geht traurig weg und fragt sich, warum sie nicht das beliebteste Mädchen der Schule ist, obwohl sie immer so brav und engagiert ist
6. Ned Flanders drängt Homer auf, sein Ferienhaus zu nutzen / er erklärt sich dafür auch bereit, nach der übergelaufenen Kläranlage der Simpsons zu sehen / Homer stimmt zu
7. beim Essen: Marge erlaubt Bart und Lisa, einen Freund bzw. eine Freundin einzuladen / Lisa kichert sarkastisch-traurig
8. Lisa packt / Marge kommt herein und fragt, ob sie schon eine Freundin angerufen habe / wieder kichert Lisa / Marge und Lisa unterhalten sich über ihr Problem / Marge ist sich sicher, dass Lisa schon Freunde findet, wenn sie nur so bleibt wie sie ist / Lisa stellt fest, dass sie so, wie sie ist, keinen Erfolg hat / zählt all die seltsamen Dinge auf, an denen sie hängt, wirft sie aus dem Koffer, kippt ihn dann ganz aus
9. Homer bepackt das Auto / Familie sitzt schon im Auto / Homer hupt und ruft nach Lisa / sie kommt aus dem Haus, gibt ihrem Vater den Koffer, er wundert sich über die Leichtigkeit
10. sie fahren los/ Marge verabschiedet sich an Maggies Stelle vom Baum, Homer verabschiedet sich von der Arbeit, Bart von der Zahnbürste, Lisa von Lisa Simpson
11. Bart und Marge unterhalten sich über den Urlaubsort
12. sie fahren am Ortsschild vorbei / am Ferienhaus finden sie einen Brief von Ned / die Möbel und Gegenstände im Haus sind übersäht von gelben Zettelchen mit Neds Anweisungen / Bart plündert Sparschwein
13. Im Schlafzimmer: Marge bezieht die Betten / Lisa macht sich über sie lustig / Marge fordert sie auf, ihren Badeanzug anzuziehen / Lisa gesteht, dass sie nichts eingepackt hat / Marge: „Aber Lisa! So bist du doch sonst nicht!“ Lisa gibt ihr recht / Homer kommt herein, hat seine Badehose ebenfalls vergessen und sich statt dessen die Tretmatte umgebunden, rennt raus / Sirenenlichter fallen durch die offene Tür, Sirenengeräusche
14. Im Supermarkt: Marge hält einen rosa Badeanzug hoch. Lisa: „Ich möchte mal ein anderes Outfit ausprobieren.“ / Marge sucht einen etwas jungenhafteren heraus / Lisa ist weg / ruft (aus dem off): ...
15. Lisa im neuen Outfit / geht, um andere Kinder kennen zu lernen / Marge ist enttäuscht und drückt Maggie an sich
16. am Strand: Bart und Milhouse nehmen Anlauf, springen ins Wasser und landen unsanft / Homer ruft ihnen zu, es sei Ebbe, fährt mit seinem Auto durchs Wasser
17. Lisa geht durch die Straßen / entdeckt eine Bibliothek, wehrt sich dagegen / im Schaufenster erscheinen verschiedene Figuren aus der Literatur, die sie in Versuchung führen / Lisa ergreift die Flucht
18. am Strand: Lisa findet unter dem Steg Kinder / läuft hin, versteckt sich aber hinter einer Säule, schaut sich in einem spiegelnden Stück Müll und übt: „Na ja, ihr wisst schon, wie auch immer.“ / Der erste Versuch, sich der Gruppe zu nähern, missglückt wegen einer Möwe / sie redet sich gut zu / geht vorbei und grüßt, ein Junge grüßt zurück, das Mädchen macht ihr Kompliment / Lisa zögert einen Moment und geht dann zur Gruppe / sie erzählt von einem Platz, wo man ungestört Skateboard fahren kann / die Gruppe zögert / Lisa: „Na ja, ihr wisst schon, wie auch immer.“
19. Platz vor der Bibliothek: Lisa und das Mädchen stellen sich vor / Erin fragt, ob Lisa gerne liest/ Lisa leugnet es / ein Junge bietet ihr sein Skateboard an / sie bedankt sich: „Das finde ich voll ... äh, lässig von dir!“ / stellt sich aufs Board und stößt sich unsicher ab.
20. Milhouse schaut aus einer Hecke heraus und erzählt Bart, was Lisa macht / Bart will die Kinder beeindrucken und führt mit seinem Skateboard Kunststücke vor, ruft der Gruppe zu: „Meine Freundschaft. Darauf seid ihr doch versessen.“ / Lisa stellt ihn als ihren Bruder „Bartholomew“ vor / die anderen lästern und lachen über ihn / Bart zieht von dannen, schiebt die Schuld auf Milhouse
21. abends auf der Veranda: Bart spielt mit seinen Eltern und Milhouse ein Brettspiel / ärgert sich darüber / er zieht eine Karte, auf der eine Figur abgebildet ist, die Milhouse sehr ähnlich sieht, und eine Niete darstellt / Marge lacht ihn aus, Homer: / Bart findet es ungerecht, dass Lisa nicht mitspielen muss, und sich mit ihren Freunden treffen darf / Homer lästert über Barts Freund Milhouse
22. Am Strand: Lisa erklärt ihren Freunden die Tierwelt, z.B. den Einsiedlerkrebs / ein Junge fragt, ob sie dass Wort „Krustentier“ von einem Lehrer kennt / sie behauptet, sie kenne es aus „Baywatch“ / die anderen sind beeindruckt
23. Homer geht in den Supermarkt / an der Kasse verlangt er u.a. nach Feuerwerkskörpern / Ladenbesitzer weist ihn darauf hin, dass der Verkauf von Feuerwerkskörpern bei Strafe verboten ist und sieht dabei den letzten Kunden aus dem Laden gehen, er bittet Homer mitzukommen / in der Hinterkammer zeigt er Homer einen ganz besonders beliebten Feuerwerkskörper
24. Lisa und Freunde sitzen im Ferienhaus / sie loben Lisas Mutter, weil sie nicht mit Limo und Ricecrispies hereinkommt / in dem Moment kommt Marge mit ebendiesem rein, kehrt aber sofort um und verschwindet ungesehen / Lisa und ihre Freunde unterhalten sich über den Unabhängigkeitstag, Lisa schlägt vor, eine Strandparty zu machen
25. Marge packt die Einkaufstüte aus und wundert sich, dass Homer noch nicht einmal Fleisch mitgebracht hat / Homer ist mit dem Feuerwerkskörper beschäftigt / bittet Bart um Streichhölzer / er hat keine / Homer zündet den Feuerwerkskörper drinnen am Gasherd an / Zündschnur brennt in der Mitte an und ein die Hälfte fällt ab / Homer zappelt, weißnicht, wohin mit dem brennenden Feuerwerkskörper / steckt ihn schließlich in die Spülmaschine / Feuerwerkskörper detoniert / schwarzer Schlamm tritt aus der Spüle / Homer geht unschuldig pfeifend davon
26. Bart beobachtet Lisa und ihre Freunde beim Lagerfeuer am Strand / will auch hingehen / Marge verbietet es ihm / Er hört, wie Lisa coole Sprüche benutzt, die sonst ihm eigen sind
27. Erin schenkt Lisa ein Freundschaftsband / Lisa ist gerührt / schenkt Erin ihr Muschelhals- band / Lisa: „ Ich weißnur, dass wir für immer Freunde sind.“
28. Bart beobachtet die beiden durch Milhouse´ Brille: „So! Lisa hat jetzt also einen Freund. Mal sehen, was sonst noch so passiert...“
29. am Himmel: Feuerwerk. Lisa wird von ihren Freunden in die Luft geworfen / sie lacht: „Mir ist schlecht! Und schwindelig! Aber ich bin beliebt!“ / aus dem Dunkel taucht Bart auf / Lisa hat Angst / Bart hat Lisas Jahrbuch dabei und zeigt es den Freunden, zeigt ihnen die „wirkliche Lisa“ / Erin liest selbst: „Liebling der Lehrer!!!“ / Lisa weint und läuft davon
30. Küche: Lisa sitzt beim Frühstück (hat wieder ihr altes Outfit) / Bart kommt herein und gibt zu, dass seine Aktion am Vortag nicht so toll war. „... aber wenigstens hast du etwas gelernt. man soll immer so bleiben, wie man ist.“ Lisa packt ihn am Kragen: ... / sie will ihm mit Schokosauce die Augen spritzen / Marge kommt herein, die Kinder setzen sich sofort / Marge sagt, es gäbe ein Jahrmarktsfest
31. Wasserschießstand: Bart schießt, dreht sich selbstsicher zu Lisa / sie schießt auf ihn, so dass sich seine Wangen füllen / Marge befiehlt ihnen aufzuhören
32. Karussell: Bart: „Hey Lisa, vielleicht kannst du dich ja damit anfreunden!“ Er spuckt nach ihr, sie spuckt zurück, beides Mal bekommt es Milhouse ab / der schreit um Hilfe / der Aufseher lässt sich dadurch nicht stören
33. Autoskooter: Bart und Lisa bereiten sich auf ihren Angriff vor / Lisas Gaspedal versagt / Bart versetzt ihr einen Ruck, so dass sie aus der Fahrfläche herausgeschleudert wird / vor einem Baum kommt sie zum Stehen / ein Nest fällt auf ihren Kopf /geht traurig davon / Bart sieht ihr reumütig nach und ruft nach ihr
34. Lisa geht nach Hause: „Ich sein hat nicht funktioniert, Jemand anders sein hat nicht funktioniert. Vielleicht bin ich nicht dafür geschaffen, Freunde zu haben.“ / Vor der Haustür überrascht sie ihre Freunde / sie geht davon aus, dass sie etwas gemeines vorhaben / sie zeigen ihr das Auto, das sie mit Muscheln u.ä. geschmückt haben. Auf der Seite steht: „Lisa rules“ / Lisa kann es nicht glauben / Freunde versichern, dass es nicht wichtig ist, wie Lisa vorher war und dass sie immer noch ihre Freunde sein wollen / Homer kommt und ist entsetzt
35. Simpsons fahren zurück nach Hause, Möwen picken nach den Seetieren auf dem Auto / Marge ist etwas verärgert / Bart zieht Lisas Jahrbuch hervor und erzählt, dass er es vor der Abfahrt noch einmal ihren Freunden gezeigt habe / Lisa ist entsetzt / als sie es öffnet, sieht sie die Inschrift: „We´ll miss you“ und die Unterschriften / Milhouse hat auch `reingeschrieben, was Lisa eher nervig findet
36. Lisa schaut sich den Sonnenuntergang an / Homer wirft seine Cola-Dose an den Strand / ein Einsiedlerkrebs benutzt sie als neues Zuhause

Im ersten Teil der Folge geht es hauptsächlich um das Jahrbuch. Das Jahrbuch versinnbildlicht den Zusammenhang zwischen Außenseitertum und Lisas Charakter. Allein bei der Anschaffung der Jahrbücher hat sie großes Engage- ment gezeigt und erhofft sich dadurch beliebt zu machen, doch sie erntet nur Undank. Zum anderen sind in ihm Lisas Spießigkeit und ihr großes Strebsam- keit die Schule und gleichzeitig ihre Unbeliebtheit festgehalten: niemand hat ihr ein Autogramm gegeben. Lisa wird dieser Zusammenhang erst später klar und bringt es auf die Formel: „Seit acht Jahren bin ich wie ich bin ...ohne Erfolg.“

Als Lisa beschließt, jemand anderes zu sein, wird das Jahrbuch zu einem Rudiment ihres frühren Außenseiterdaseins. Es symbolisiert die „alte“ Lisa. Dieses Symbol wird später in der Sequenz 29 (s.u.) gezielt eingesetzt, wenn Lisa, auf dem Höhepunkt ihrer Beliebtheit, im siebten Himmel schwebt, und Bart mit ihrem Jahrbuch auf sie zukommt. Blitzschnell kann sich der Zuschauer / die Zuschauerin in Lisas Lage hineinversetzen.

Typisierungen

Der Film arbeitet sehr stark mit Stereotypen. Das Aussehen und Auftreten der Figuren sagt schon alles über deren Stellung im sozialen Gefüge.

Bart ist beliebt, weil er skatet und rebellisch ist. Er hat immer einen flotten Spruch auf den Lippen. Seine Kleidung ist nicht besonders auffällig. Lisa steht völlig in seinem Schatten. Sie ist gut in der Schule, doch wird ihr dies typischerweise nicht gerade hoch angerechnet. Sie handelt immer sehr ver- nünftig, auch wenn dies ihrem äußeren Erscheinungsbild abträglich ist. So trägt sie zum Schwimmen z.B. eine Badekappe. Zudem hat sie die unmoderne Angewohnheit, gerne zu lesen.

Die neue Lisa tritt dann schrill und „cool“ auf: statt des unscheinbaren Kleids trägt sie nun Shorts und Pulli, bunt und etwas zu groß, dazu eine Mütze, die natürlich verkehrt herum aufgesetzt ist.

Sie trägt auch eine Brille, die sie nicht braucht. Die Brille als typisches Kenn- zeichen muss differenziert werden, denn bei Milhouse kennzeichnet sie seinen Stand als Außenseiter, Lisa macht sie jedoch interessanter. Möglicherweise liegt es daran, dass sie die Brille nicht wirklich braucht und zudem auch auf ihrer Nasenspitze trägt.

Außerdem ist auch ihr Auftreten ein anderes geworden. Mit selbstsicherer Miene und coolen Sprüchen versucht sie, die anderen Kinder zu beeindrucken. Wenn die neue Lisa eingeführt wird (Sequenz 15), unterstreicht auch die Musik ihre Selbstsicherheit.

Sehr starke Typisierungen finden sich auch bei Lisas neuen Freunden. Die drei Jungs tragen Frisuren, wie sie in der Skater-Szene sehr beliebt sind: kahlge- schorener Hinterkopf mit langem Deckhaar, und dazu die passende Skater- bekleidung. Offensichtlich tragen alle ausschließlich Markenprodukte.

Im Gegensatz dazu ist Barts Freund Milhouse der Prototyp eines Außenseiters: er trägt, wie bereits erwähnt eine Hornbrille, hat eine schmächtige Figur und gibt nur Blödsinn von sich.

Die Gegensätze zwischen den beliebten und den unbeliebten Figuren - zum einen zwischen Bart und der „alten“ Lisa, zum anderen zwischen Lisas Freunden und Milhouse - werden durch die kontrastreiche Gegenüberstellung schnell sichtbar.

Die starke Typisierung ist für das Verständnis des Films von großer Bedeutung. Wenn die Realität auf die einfache Formel: „Bist du cool und modern, bist du auch beliebt“ bzw. umgekehrt „Wenn du vernünftig und engagiert bist, bleibst du ein Außenseiter“ gebracht werden kann, erübrigt sich die Frage, warum Lisa beschließt, ihre Identität zu opfern. Typisierungen knüpfen an der Realität der Zuschauer/innen an, involvieren sie emotional in das Thema und bauen in ihnen eine Erwartungshaltung auf. Der Entschluss, jemand anderes sein zu wollen, der sonst vom Zuschauer vielleicht verurteilt würde, wird nun von ihm geteilt.

Einstellungsliste der Sequenz 29

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Sequenz zeigt, wie ich bereits erwähnte, Lisas Höhepunkt der Beliebt- heit. Die vier Freunde werfen sie Mithilfe eines Tuches in die Luft und fangen sie wieder auf. Es ist keineswegs Zufall, dass allein Lisa hochgeworfen wird. Die Freunde stehen um sie herum und schwingen das Tuch. Jeder von ihnen hat einen festen Standpunkt, alle arbeiten zusammen, während Lisa in der Mitte ist. Versteht man dieses Zusammenarbeiten als Symbol für die Freundschaft, die die vier Kinder schon vorher verband, so wird deutlich dass nun Lisa nicht nur in diesem festen Kreis aufgenommen worden ist, sondern dass sie sogar den Mittelpunkt darstellt.

Um die Intensität der Freundschaft noch zu verdeutlichen, bedient sich der Film eines weiteren Symbols: Lisas lässt sich fallen. Dies ist ein Indiz für ihr großes Vertrauen, denn sie ist so ihren Freunden in gewisser Form auch ausgeliefert.

Aber auch Bart ist sie hilflos ausgeliefert, der sich mit ihrem Jahrbuch bedrohlich nähert (vgl. auch oben). Das Springen, das ihr vorher so viel Freude gemacht hat, wird ihr jetzt zum Verhängnis, weil sie wird immer weiter hochgeworfen. Die Situation erscheint absurd und lächerlich. Auch Lisas Perspektive auf Bart von oben kann nicht wie sonst als Indikator für Überlegenheit gesehen. Die ganze Situation „kippt“. Der Zuschauer / die Zuschauerin aber nimmt automatisch Lisas Sichtweise ein und kann sich so besser in sie hineinfühlen.

Nachdem Bart den Freunden das Jahrbuch, die „alte“ Lisa also, gezeigt hat, wird die symbolische Redewendung „einen Freund fallen lassen“ wörtlich genommen und in Bilder umgesetzt. Dazu kommt eine plötzlich auftretende räumliche Distanz zwischen Lisa und ihren Freunden, die jetzt um Bart herum stehen (kurz zuvor war es noch umgekehrt).

Auch an dieser Stelle wird der Zusammenhang zwischen Lisas wirklichem Ich und ihrer Unbeliebtheit überdeutlich gemacht.

Didaktik

Ich würde diese Simpsons - Folge in der siebten oder achten Klasse zeigen, weil die Schüler und Schülerinnen dann in einem Alter sein dürften, in dem das Thema „Anders sein wollen“ für sie besonders relevant ist. In der Pubertät gilt es, neue Rollen auszuprobieren, neue „Outfits“ und - neue Freunde zu finden.

Vertiefungsmöglichkeit 1

Die Schülerinnen und Schüler sollen nach dem Schauen des Films diskutieren, wie Lisa es geschafft hat, Freunde zu finden und woran es liegt, dass sie zu Hause immer nur eine Außenseiterin ist. Die Ergebnisse sollen dabei festgehalten werden. In einem nächsten Schritt soll dann geklärt werden, wie der Film diese Fragen beantwortet. Gibt es im Film Bestätigungen bzw. Widerlegungen der Behauptungen der Schülerinnen und Schüler? Welche Intention verfolgt der Autor wohl?

Wichtig dabei ist, dass sie erkennen, mit welchen Mitteln der Film diese Botschaft vermittelt. Hier könnte man das Mittel der Typisierung vertieft bearbeiten. Man könnte zum Beispiel zwei Gruppen bilden die den Film noch einmal unter verschiedenen Aspekten ansehen. Eine Gruppe soll die Fragen untersuchen: „Wie sehen die Beliebten im Film aus? Wie treten sie auf?“ und die andere Gruppe das entsprechende für die Außenseiter im Film. Die Ergebnisse werden am besten gegenübergestellt und mit den Schülerinnen und Schülern ausdiskutiert.

Anschließend könnte man auch andere filmische Mittel kurz vorstellen, etwa anhand einer Liste, und untersuchen, ob in diesem Film welche zu finden sind, die die Botschaft noch unterstützen.

Vertiefungsmöglichkeit 2

In einem Film über Freundschaft und über den Konflikt zwischen Real-Ich und Ideal-Ich werden immer auch Emotionen eine große Rolle spielen. Im Vergleich mit einem Buch oder Buchausschnitt mit demselben Thema können die Schüler und Schülerinnen herausfinden, durch welches Medium sie sich mehr angesprochen fühlen.

Im folgenden wäre dann herauszuarbeiten, mit welchen Mitteln Buch und Film Emotionen zum Ausdruck bringen. Ein Vorteil des Buches ist beispielsweise, dass es Emotionen direkt benennen kann. Im Buch kann ich schreiben: „Ich bin traurig.“, im Film muss ich jemanden darstellen, der weint. Der Nachteil liegt wohl darin, das Worte sehr abstrakt sind. Sie sprechen den Medienkonsumenten emotional weniger an, als es Bilder tun. Ein weinender Mensch z.B. hat auf uns sehr starke Signalwirkung. Eine Einführung in Körpersignale und Symbole als Filmsprache wäre an dieser Stelle sinnvoll.

Weiterhin könnten auch die Perspektiven des Films genauer untersucht werden. Oft zwingt der Film den Zuschauer / die Zuschauerin, sich in den Hauptprotagonisten hineinzufühlen, weil die subjektive Kamera dessen Blickwinkel einnimmt. Der Zuschauer / die Zuschauerin sieht also genau das, was der Protagonist in dem Moment sieht (vgl. Einstellung 6). Dadurch wird die Identifizierung mit ihm erleichtert, und der Film erspart sich, Gefühle darzustellen, weil er sie im Zuschauenden direkt weckt. Im Unterricht sollen die Schülerinnen und Schüler lernen, wie ihre Emotionen gelenkt werden und dass ihre Emotionen für die Interpretation des Films von großer Bedeutung sein kann.

[...]


1 “Our solution on The Simpsons is to do jokes that people who have an education and some frame of reference can get. And the ones who don't, it doesn't matter, because we have Homer banging his head and saying, ‘D'oh!’ I love the idea that we put in jokes the kids don't get. And that later, when they grow up and read a few books and go to college and watch the show again, they can get it on a completely different level.”

2 “Most TV shows don't reward you for paying attention. But on The Simpsons, if you really do that, there's stuff hidden in the backgrounds. We have what we call freeze-frame gags, which you can't get unless you videotape the show, go back and freeze frame it.”

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Filmanalyse der Simpsons - Folge Ein Sommer für Lisa
Hochschule
Universität zu Köln
Veranstaltung
Medienerziehung im Unterricht
Autor
Jahr
2001
Seiten
13
Katalognummer
V106596
ISBN (eBook)
9783640048755
Dateigröße
542 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Filmanalyse, Simpsons, Folge, Sommer, Lisa, Medienerziehung, Unterricht
Arbeit zitieren
Micaela Dück (Autor:in), 2001, Filmanalyse der Simpsons - Folge Ein Sommer für Lisa, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106596

Kommentare

  • Gast am 26.6.2002

    Echt interessant !!.

    Als Simpsons-FAN musste ich deine Arbeit natürlich lesen, obwohl ich mit Pädagogig (studiere BWL)nichts am Hut habe. Und ich fands echt interessant, wie du die Folge analysiert und den Schülern nahebringen möchtest! So was hat es in meiner Schulzeit nicht gegeben... ;-) !

    Viele liebe Grüße,

    JADE

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Titel: Filmanalyse der Simpsons - Folge Ein Sommer für Lisa



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