Hans J. Morgenthau - Macht und Frieden


Hausarbeit, 1997

16 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


1 . Einleitung

In der Disziplin Internationale Beziehungen hat es vor , während und nach dem jahrzehnte - langen , bipolaren Systemkonflikt seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zur Erklärung und Analyse des gleichnamigen Gegenstands verschiedene Ansätze und Theorien gegeben .Eine davon ist der Realismus1. Ein berühmter Vertreter dieser Denkschule ist Hans J. Morgenthau, der sein Werk „Macht und Frieden“ verfaßte , das hier rezensiert werden soll .

2 . Der Autor : Hans J. Morgenthau

Der Begründer des Realismus , der 1908 in Coburg geborene gebürtige Deutsche und Wahlamerikaner , Jurist und Politikwissenschaftler Hans J . Morgenthau war bis 1932 geschäftsführender Präsident des Arbeitsgerichtshofs in Frankfurt und lehrte anschließend an den Universitäten Genf , Madrid und zuletzt Chicago , wo er als Direktor des Center for the Study of American Foreign Policy wirkte , nachdem er zwischen 1949 und 1951 als Berater des amerikanischen Außenministeriums tätig war ( vgl. Morgenthau 1963 : 45 ff.) .

3 . Morgenthaus Realismus

Der Realismus ist eine Denkweise zur Erklärung der Internationalen Beziehungen als Gegenstand , die vom Überlebensstreben der Staaten als einzige und rationale Akteure im Rahmen eines Selbsthilfesystems in einer anarchischen Welt durch Machterwerb und -erhalt ausgeht . Der Zweck des Buches ist laut Morgenthau neben der Suche nach der internationalen Friedenswahrung ( vgl. Morgenthau 1963 : 66 ff.) die Darstellung der Theorien der internationalen Politik , die ein Unterbereich der Theorie der Politik ist und der „zweifachen Prüfung durch die Vernunft und durch die Erfahrung unterworfen werden“( Morgenthau 1963: 50 ) , d.h. logisch konsistent und empirisch verifizierbar sein muß . Das Ziel seines Werks ist es also die „Kräfte , die die politischen Beziehungen zwischen den Staaten2 bestimmen , zu erkunden und zu verstehen , und zu begreifen , in welcher Weise diese Kräfte aufeinander und auf internationale politische Beziehungen und Einrichtungen wirken“ ( Morgenthau 1963 : 61 , meine Hervorhebung und Definition) . Die treibende Kraft internationaler Politik ist „das Streben der souveränen Staaten nach Macht3 “ ( Morgenthau 1963 : 68 ,meine Hervorhebung und Definition in der Fußnote ) . Da es in der internationalen Ebene keinen Weltstaat gibt , der für Frieden , Recht und Ordnung sorgt (vgl. Morgenthau 1963 : 416 ) , helfen sich die Staaten wegen der daraus resultierenden Anarchie wegen ihres Selbsterhaltungstriebs selbst und streben nach der Macht ( vgl. Morgenthau 1963 : 148 , Fußnote 5) , wobei anthropologische Grundannahmen auf Staaten in der (internationalen) Politik als „Kampf um die Macht“ ( Morgenthau 1963 : 69) übertragen werden . Der Realismus Morgenthaus geht vom Konzept des rationalen Akteurs4 aus , der aus einer Reihe möglicher Ziele das auswählt , was ihm am attraktivsten erscheint . Danach wird das dafür notwendige Mittel zum Zweck auch nach Kosten-/Nutzen- Kriterien ausgesucht , wobei der Realismus auch durch Induktion Erkenntnisse gewinnt , was auch weiter unten noch ausgeführt wird :

„Für den Realismus besteht Theorie darin , Tatsachen festzustellen und ihnen durch Vernunft Sinn zu verleihen. Er geht davon aus , daß etwa das Wesen einer Außenpolitik nur durch die Prüfung bereits erfahrener politischer Handlungen und deren vorhersehbaren Konsequenzen erkannt werden kann“(Morgenthau 1963 : 50 , meine Hervorhebung ) .

Zur Darstellung der Theorie der internationalen Politik bedient sich der Realismus folgender Vorgehensweise :

„Wir versetzen uns , mit anderen Worten , in die Lage eines Staatsmannes , der ein bestimmtes Problem der Außenpolitik unter bestimmten Voraussetzungen lösen muß , und fragen uns , zwischen welchen denkbaren Alternativen ein Staatsmann , der unter diesen Voraussetzungen mit diesem Problem konfrontiert ist ( immer angenommen , daß er rational handelt ) , zu entscheiden hätte und welche dieser Alternativen dieser Staatsmann unter dem Einfluß dieser Umstände vermutlich wählen würde“ (Morgenthau 1963 : 50) .

Dabei ist der Maßstab zur Bewertung der internationalen Politik „der im Sinne von Macht verstandene Begriff des Interesses“ , ( Morgenthau 1963 : 50 ) , woran die Staatsmänner denken und wonach sie handeln würden , wobei nach Morgenthau die Geschichte diese Annahmen bestätigt hat , so daß politische Entscheidungen mit Leichtigkeit zu erraten, zurückzuverfolgen und vorherzusehen sind (vgl. Morgenthau 1963 : 50 f.) . Dabei spielen weder Moral noch andere Beweggründe eine Rolle , sondern einzig und allein der Kampf um die Macht (=Politik) an sich , die alles umfassen kann , „was die Beherrschung von Menschen durch Menschen bewirkt und erhält“ ( Morgenthau 1963: 54/55).

4 . Macht und Frieden in der internationalen Politik

Die politische Macht besteht aus den „wechselseitigen Machtbeziehungen zwischen den Inhabern öffentlicher Gewalt5 und zwischen diesen einerseits und dem Volk andererseits“ ( Morgenthau 1963 : 71). Laut Morgenthau sind Indikatoren für die Macht eines Staates in der Außenpolitik militärische , wirtschaftliche und industrielle Kapazität , die nationale6 Moral , der Nationalcharakter , die geographische Lage , die Bevölkerung und die Diplomatie(vgl. Morgenthau 1963 : 132f.) . Die Politik eines Staates versucht , Macht zu erhalten , Macht zu vermehren oder Macht zu demonstrieren . Die Politik der Machtvermehrung , die dazu führen kann , den Status quo , die bisherige Situation der Machtverhältnisse bis zur Gründung eines Welt- und Kontinentalreiches oder zum Erlangen der Position als Regionalmacht(vgl. Morgenthau 1963 : 97f.) zu ändern , ist der Imperialismus (vgl. Morgenthau 1963 : 86 ff.), welcher Sieg7, Niederlage8 bei Kriegen oder Schwäche9 als Ursache hat (vgl. Morgenthau 1963: 95ff.) . Der Imperialismus von Staaten bedient sich militärischen (Gewalt), wirtschaftlichen ( ökonomische Beherrschung ) und kulturellen ( Beherrschung des menschlichen Geistes ) Methoden zur Änderung der Machtverhältnisse . Wenn mehrere Staaten nach Machterhalt oder -ausweitung streben , entsteht durch Taktieren und Bündnisse der sich gegenseitig in Schacht haltenden Staaten ein Zustand des Gleichgewichts der Mächte , die durch die Schwächung der zu starken und der Verstärkung der zu schwachen Staaten u.a. durch die Vorgehensweisen des Teilens und des Herrschens , Ausgleichs und der Rüstung für Frieden und Sicherheit sorgen soll und eine prekäre Stabilität der Manifestierung bestimmter Machtverhältnisse , des Status quo ist . Die durch den Status quo Begünstigen versuchen , ihn zu konservieren (vgl. Morgenthau 1963 : 145 ff.), während die Benachteiligten ihn verändern möchten , was die Gefahr eines Krieges erhöht .

Das Gleichgewicht der Mächte hat aber auch seine Schwächen10, da es wegen seiner Labilität wegen dem Streit um Erhaltung oder Änderung des Status quo zum Krieg führen kann , wobei sich einige seiner Eigenschaften im 20. Jahrhundert bis zum Zeitalter der Gefahr eines Nuklearkriegs zwischen Ost und West seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gewandelt haben. Das Gleichgewicht der Mächte ist laut Morgenthau durch die numerische Reduzierung der Großmächte inflexibel geworden, wobei es seit 1945 zu einer Bipolarität11 der Mächte (vgl. Morgenthau 1963 : 291ff.) zwischen der USA und der UdSSR , zu einem sehr großen relativen Übergewicht dieser Großmächte (im Verhältnis zu anderen Staaten) , die sich gegenüber-stehen , gekommen ist . Diese Bipolarität hat sich zu einem geschlossenem , von den beiden Großmächten zentralisierten Zwei - Blöcke - System mit den von ihnen abhängigen Bündnispartnern bzw. Satelliten gewandelt (vgl. Morgenthau 1963: 294f.). Bei einem Krieg zwischen diesen Blöcken kann es laut Morgenthau dazu gekommen , daß die ganze Welt in darin (wenn man die ungebundenen Staaten vernachlässigt ) , wobei durch den beiderseitigen Besitz und durch den potentiellen Einsatz von Atomwaffen keiner den Krieg zu gewinnen imstande ist . Beide Seiten rüsten wegen ihres Mißtrauens auf (vgl. Morgenthau 1963 : 307) , so daß Morgenthau feststellt , daß es wegen der Atomkriegsgefahr „die Erhaltung des Friedens zum ersten Ziel aller Nationen“ ( Morgenthau 1963 : 68) geworden ist . Morgenthau fragt sich, wie die Erhaltung des Friedens möglich ist.

Morgenthau untersucht dann verschiedene Konzepte der Friedenswahrung und -erhaltung , die seiner Meinung nach einige Schwächen aufweisen und deshalb den Frieden letztendlich nicht sichern können : die Abrüstung12, das System der kollektiven Sicherheit13, die internationale gerichtliche Schlichtung14 und das Konzept einer internationalen Regierung15. Morgenthau geht davon aus , daß der Frieden nur durch einen Weltstaat mit Gewaltmonopol gesichert werden kann (vgl. Morgenthau 1963 : 429ff.). Damit die Entstehung eines Staates möglich ist, muß es laut Morgenthau eine Gesellschaft geben , die den Staat stiftet . Es muß , so Morgenthau , zuerst eine internationale Gesellschaft mit gemeinsamen Interessen geben , die den Weltstaat erschafft (vgl. Morgenthau 1963 : 429), welche also nur durch die „Befriedigung gemeinsamer Bedürfnisse von Mitgliedern verschiedener Staaten entstehen“(Morgenthau 1963: 441) kann , so daß zunächst eine „Interessen- , Wert- und Handlungsgemeinschaft“ (Morgenthau 1963 : 441) durch die funktionale Annäherung im Rahmen internationaler Organisationen(vgl. Morgenthau 1963:442) erzeugt werden sollte , die m.E. einen Gemeinsamkeitsglauben entstehen läßt , der der Propagierung eines Weltstaats förderlich entgegen kommt . Zur Förderung dieser Annäherung bedarf es allerdings „der ausgleichenden Technik der Diplomatie16 “(Morgenthau 1963 : 478, meine Hervorhebung und Definition in der Fußnote) , welche laut Morgenthau dringend reformiert (z.B. Entideologisierung) werden sollte (vgl. Morgenthau 1963: 471ff.) , damit sie den Frieden zwischen den Staaten erhalten kann ,die sich zuerst vorsichtig aneinander herantasten und Beziehungen knüpfen sollen , damit der Grundstein für die funktionale Annäherung , internationale Gemeinschaft und damit für den Weltstaat gelegt wird , der den dauerhaften Frieden zu sichern fähig ist .

5 . Die Einordnung des Textes nach den Denkschulen

Morgenthaus Werk läßt sich in die Denkschule des Realismus einordnen . Morgenthau ist ja Begründer dieser Tradition , wobei oben im dritten und vierten Abschnitt dargelegt wurde , wie er zur Erklärung der internationalen Politik und deren Probleme von einer anarchischen Staatenwelt ausgeht und argumentiert ,daß in dieser Welt die einzigen und vernünftigen Akteure die Staaten17 sind , die , um zu überleben , nach der Macht streben . Neben der positiven Definition , gibt es auch eine negative zur Abgrenzung und Hervorhebung des Realismus von den anderen Denkschulen . Es soll erläutert werden , was der Realismus nicht ist. Der Realismus steht im Gegensatz zum Idealismus , welcher vom von der Natur aus gutem Wesen des Menschen ausgeht , der durch sittliche und vernunftgemäße Handlungen eine von allgemeinen Grundsätzen abgeleitete politische Ordnung ermöglichen könne , wobei Mißstände u.a. durch Erziehung und Norminternalisierung von Menschen und Reformen beseitigt werden können .Der Realismus glaubt aber , das wahre , wirkliche und reale Wesen des Menschen als machtbesessenen und vernünftigen Akteur zu erkennen ( was die Benutzung des Begriffs ‘Realismus’ legitimieren soll ) und geht davon aus , daß Konflikte nicht durch Verinnerlichung von Normen und friedlichen Konfliktlösungsmechanismen , sondern nur durch Interessenausgleich und Sanktionierung unerwünschtem Verhaltens durch ein System von Kontrollen (vgl. Morgenthau 1963 : 48ff.)gelöst werden können . Wenn dieses Menschenbild auf Staaten übertragen wird , kann es zwischenstaatliche Zusammenarbeit bzw. Kooperation im Rahmen internationaler Organisationen und Verträge nur dann geben , wenn es eine Reziprozität und symmetrische Verteilung der Vorteile gibt , wenn die beteiligten Staaten ihre Macht nicht nur sichern , sondern auch ausweiten können (vgl. Morgenthau 1963 : 159). Falls die jeweiligen Nachteile überwiegen , wird die Kooperation , z. B. der Bündnisvertrag aufgekündigt , wenn m.E. die Sanktion des Vertragsbruchs keine höheren Kosten verspricht , wobei zum Teil aus der idealistischen Sicht der Vertragsbruch wegen der Internalisierung bestimmter Werte , Normen und Prozeduren nicht durch die Staaten bzw. durch ihre Vertreter passieren kann . Für den Idealismus ist der Wohlstand der Bürger genauso wichtig wie deren Sicherheit , der Realismus nur hebt letzteres hervor . Der Realismus geht von Staaten als einzige dominierende Akteure in der internationalen Politik aus und blendet dabei im Gegensatz zu den anderen Sichtweisen die Wichtigkeit der Transnationalen Konzerne (TNC), der Internationalen Nichtregierungsorganisationen (INGO) oder aber auch der Internationalen Organisationen aus. Er nimmt damit auch im Gegensatz zu liberalen Annahmen eine Trennung von Innen- und Außenpolitik vor , so daß die internationale Relevanz gesellschaftlicher Akteure und deren Kontakte zur gesellschaftlichen Umwelt m.E. unzulässig vernachlässigt wird . Der Realismus steht aber auch im Gegensatz zu den marxistischen Ansätzen , die von der kapitalistischen Klasse als Akteur ausgehen , die den Staat auch in der internationalen Politik als Mittel bzw. Agent zur Durchsetzung eigener Interessen im Sinne von Profitmaximierung benutze , um neue Absatzmärkte für überschüssige Produkte zu erobern , so daß aus dieser Sicht „alle politische Erscheinung ein Widerspiel wirtschaftlicher Kräfte“ (Morgenthau 1963 : 89) ist . Morgenthau widerspricht dieser Annahme mit der Begründung , daß bei internationalen Kriegen wirtschaftliche Gründe eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. Morgenthau 1963 : 91ff.) , wobei seiner Meinung nach , wenn überhaupt , dann wenige kriegstreibende Kapitalisten in der Geschichte existiert haben , die nicht profit - , sondern eher machtorientiert gehandelt haben sollen .In der internationalen Ebene gibt es laut Morgenthau somit nur das Primat der Politik im Sinne von Machtkampf .

6 . Kritik an Morgenthau

a)

Morgenthau versucht seine theoretischen Annahmen durch empirische historische Beispiele zu verifizieren18, was nicht ganz unproblematisch ist .Auch wenn seine Annahmen bisher und überall gestimmt haben , muß es nicht heißen , daß sie in der Zukunft und überall auch gelten werden ( wovon er jedoch ausgeht ) ,so daß endgültige Prognosen daher nicht gemacht werden können.

b)

Prognosen an sich führen aber zu den sich selbst erfüllenden oder sich selbst zerstörenden Prophezeiungen , denn Vorhersagen veranlassen die Akteure , ihre Dispositionen zu ändern . Die Folge ist , daß sich die Grundlagen der Prognose maßgeblich wandeln , so daß diese Situationen entweder , wie vorhergesagt, gerade herbeigeführt werden oder aber , daß der vorhersagte Ablauf eben nicht eintreten kann .

c)

Morgenthau versucht , allgemeingültige Erkenntnisse durch Vergleich bestimmter historischer Erfahrungen zu gewinnen , aber die Vorgehensweise der induktiven Erkenntnis -gewinnung19 ist auch nicht ganz unproblematisch . Falls die Erkenntnisse durch Induktion gewonnen werden , müssen für die Rechtfertigung dieser Erkenntnisse weitere Erkenntnisse höherer Ordnung vorausgesetzt werden , die dann selber auf einer höheren Ebene gerechtfertigt werden müssen usw. ; dies führt aber zum infiniten Regreß , so daß die nächsthöheren Ereignisse stets gerechtfertigt werden müssen . Es kommt wegen dem Abbruch der Kette nicht dazu, so daß wegen dem Abbruch die wissenschaftliche Rechtfertigung des zuletzt gewonnenen Erkenntnisses nicht erfolgt .

d)

Morgenthaus Übertragung anthropologischer Annahmen auf Staaten20 ist auch problematisch . Die anthropologischen Annahmen vom herrschsüchtigem Menschen (vgl. Morgenthau 1963 : 76) können als Immunisierungsstrategie für seine Theorie angesehen werden , da diese behaupteten menschlichen Wesenseigenschaften dann ahistorisch wären , so daß seine Theorie unfehlbar gemacht worden wäre . Diese Annahmen können auch als naturalistischer Fehlschluß gewertet werden : Jeder Mensch strebt nach Macht , also ist es „selbstmörderisch , dem einen oder anderem ... auf Erden das Verlangen nach Macht zu nehmen“ (Morgenthau 1963 : 75) .Außerdem wird der Leser darüber im Unklaren gelassen, welche denn die Wirkungsmechanismen sind , die die Übertragung rechtfertigen , so daß hier ein Analogieproblem besteht .

e)

Die Reduzierung von staatlichen Entscheidungsträgerinstanzen auf jeweilige Staatsmänner , die mit dem sozialem System , mit der Körperschaft Staat gleichgesetzt werden , bedarf auch einer Erklärung und Rechtfertigung , da das Zeitalter des Absolutismus , bei dem dies der Fall gewesen sein mag , überwunden ist .Heutzutage läuft m.E. der Prozeß der politischen Entscheidungsfindung und -durchsetzung nicht nur von einem einzigem Staatsmann in einem Staat ab , so daß dieser Vorgang durch das komplexe Zusammenwirken von eigens dafür gebildeten Institutionen , in der sich viele verschiedene dazu legitimierte Menschen befinden, zustandekommt .Die Reduzierung der Entscheidung auf ein Staatsmann scheint deshalb unzulässig zu sein .

f)

Es mangelt wegen der verifizierenden Vorgehensweise auch an einer Konstruktion einer Untersuchungsanordnung mit Ausschluß von alternativen Erklärungsmöglichkeiten zur zumindest vorläufigen Bestätigung der Annahmen, so daß dies wissenschaftliche Kriterien eher erfüllen würde als einzelne empirische Beispiele , die entweder zur Plausibilität dienen sollen oder im vorhinein als Normalfall deklariert werden .

g)

Morgenthau geht davon aus , daß Konflikte durch Interessenausgleich und durch Sanktionen durch ein System von Kontrollen beseitigt werden können (vgl. Morgenthau 1963: 49). Aber ist es nicht so , daß Kontroll- , Sanktions- und Überwachungskosten durch Militär oder Polizei höher sein können als Kosten der Norminternalisierung in Sozialisationsinstanzen wie z.B. Schulen , Betriebe oder Familien , wobei das individuelle Selbst , dessen Nutzen vermehrt werden soll , so umgeformt wird , daß künftige Überwachungskosten eingespart werden können , weil immer wenige Akteure dann überwacht werden müssen ? Meiner Meinung nach besteht eine interne Instanz von Individuen zur Entscheidungsfindung , wobei der Nutzen subjektiv , also vom Individuum selbst definiert wird , ohne objektiv vorgegeben zu sein , nachdem ein Prozeß der Identitätsbildung abgeschlossen ist , der das Selbst festlegt , dessen Interessen vermehrt werden sollen . Bezogen auf Staaten ( mit Vernachlässigung des Analogieproblems) kann das heißen , daß Staaten , die sich zum Beispiel in der EU befinden , eher für gesamt- EU - europäische als für eigene nationale Interessen21 eintreten , weil der für sie der subjektiv erwartete Nutzen , z. B. die Verwirklichung des Paneuropakonzepts nützlicher zu sein scheint und somit zum eigenem nationalem Interesse wird .Um aber auf diese Entwicklungsstufe erst einmal zu kommen, müssen zunächst zwei Bedingungen erfüllt werden: Es muß ein Bedürfnis nach Normen (z.B. die Kooperation), und damit auch Normnutznießer, geben , z.B. Staaten , die von der Norm ‘Kooperation in einer Organisation’ profitieren und nicht teilnehmende Staaten anwerben möchten . Sie sind auch bereit, nicht teilnehmende, aber angeworbene Staaten negativ zu sanktionieren . Es sollte zur Realisierung und Durchsetzung der Norm kommen , die von Nutzen - und Kostenkalkülen von den anzuwerbenden Staaten abhängt, die laut den Normnutznießer - Staaten mitmachen sollten. Dafür müssen zunächst die Gewinne der Kooperation für die anzuwerbenden Saaten höher sein als die Kosten der Kooperation. Einzelne angeworbene Staaten würden dann nur kooperieren bzw. die Unilateralität aufgeben , wenn die subjektiv gedeutete Erfolgswahrscheinlichkeit der Kooperation , der subjektiv geschätzte nationale Nutzen für den jeweiligen Staat , die subjektive Einschätzung der Sanktionswahrscheinlichkeit der negativen Sanktionen und die Kosten der negativen Sanktionen bei Nichtteilnahme und auch der subjektiv - geschätzte internationale Nutzen ( für alle Teilnehmer) höher sind als die jeweiligen nationalen Kosten , internationalen Kosten , Nutzen der Nichtteilnahme und die Wahrscheinlichkeit des Mißerfolgs der Kooperation , die alle subjektiv gedeutet sind . Ab dem Zeitpunkt , in dem es zur Zusammenarbeit kommt (Nutzen > Kosten ), sind die Normen durchgesetzt , wobei sie m .E. dann internalisiert werden , da während der Zusammenarbeit durch die Umdeutung bestimmter Gemeinsamkeiten wie Kultur ( z.B. abendländisch - westliche Werte in der EU) ein Gemeinsamkeitsglaube entsteht , so daß der Kooperationsbruch trotz Zunahme der nationalen Kosten für die Staaten vermieden werden könnte . Ob die Organisationen zur Sozialisation oder Propagierung einer gemeinsamen Kultur zur Erzeugung eines Gemeinsamkeitsglaubens zur Identitätsumformung ausreichen , müßte allerdings untersucht werden .

h)

Morgenthau geht vom rationalem Akteur aus , nun ist aber m.E. die menschliche Vernunft irrtumsanfällig und fehlbar und deshalb unfähig , zu absolut sicheren Ergebnissen zu gelangen ( Fallibilismus ) , so daß Morgenthaus Erkenntnisse von der internationalen Politik und den rationalen Akteuren auch nicht unfehlbar sind .

i)

Der Realismus führt , wie oben schon erläutert , zur selbstgeschaffenen Realität22. Ein weiterer Grund ist die fehlende, aber vom Realismus vorausgesetzte objektive Vernunft . Ein Akteur (z.B. der Staatsmann im Staat) besitzt m. E. keine unbeschränkte Rationalität , da seine Informationsverarbeitung und seine Entscheidungszeit eingeschränkt ist , so daß die Entscheidungen , die unter diesen Umständen getroffen werden , bestenfalls optimal - rational sind . Dabei beurteilen die Akteure die Situation , in der sie sich befinden und schätzen die Lage und mögliche Folgen ihrer Handlungsweise ein , wobei Symbole und Konstellationen ( Aufrüstung eines potentiellen Gegners) in einem bestimmten Kontext individuell - subjektiv gedeutet werden , was als Voraussetzung für die eigene Handlungsauswahl nach subjektiv - eingeschätzten Kosten - und Nutzenkalkülen gilt .Dabei werden die subjektiv - attraktivsten Ziele und die dafür notwendigen Mittel mit der subjektiven Definition (vgl. Esser 1996 : 1ff) der Erfolgswahrscheinlichkeit einer Handlung ausgewählt , so z.B. die Auswahl des Mittels Aufrüstung zum Ziele der erfolgreichen Bekämpfung der Bedrohung durch den Gegner .Dieser deutet diese Handlung aber auch als Bedrohung, was zum Wettrüsten führt . Rationales Handeln ist deshalb subjektiv - rationales Handeln aus der Sicht des Akteurs , welche nicht unbedingt mit der objektiven Rationalität des über den Dingen stehenden externen Beobachters übereinstimmen kann .Das oben angesprochene Sicherheitsdilemma ist als Beispiel für eine selbstgeschaffene Realität Resultat der Unterschiede beider Rationalitäten . Die Akteure sind nicht fähig , die objektiv - gültige Realität zu erfassen , ihr Handeln erzeugt jedoch eine Folge von Realitäten .Der Pessimismus und die Bedrohungsangst eines Staates führen zur Auf -rüstung, die dieselben Ängste beim anderen Staat auslöst , so daß ein reales Wettrüsten entsteht:

„If men define situations as real , they are real in their consequences“ (Thomas und Thomas 1928 : 578 , zitiert nach Esser 1996 : 3) . Wenn ein Akteur ein Handeln des anderen als Aufrüstung deutet , diese subjektiv - vernünftigerweise als Bedrohung wahrnimmt , wobei der wahre Grund ein ganz anderer sein kann , und selber aus Sicherheitsgründen aufrüstet , entsteht ein Wettrüsten , das eine nichtintendierte Folge absichtsvollen Handelns ist , die nur subjektiv - rational , aber objektiv irrational ist , da die eigene Aufrüstung durch die Reaktion des anderen Akteurs die subjektiv wahrgenommene Bedrohungsangst noch steigert , obwohl sein eigentliches Ziel das Gegenteil gewesen ist . Das Handeln des jeweiligen Akteurs ist daher subjektiv - rational, aber objektiv - irrational . Der Realismus kann deshalb nicht , wovon Morgenthau überzeugt ist : „in der Politik zwischen Wahrheit und subjektiver Meinung ... unterscheiden“ (Morgenthau 1963 : 49)23.

j)

Morgenthau definiert den Begriff „Macht“ und gibt einige Kriterien wie militärische , industrielle und wirtschaftliche Kapazität , Geographie , Bevölkerung , Nationalmoral und - charakter an24 (vgl. Morgenthau 1963 : 132 ff.) . Es wird aber nicht angegeben , im welchem Verhältnis diese Meßinstrumente bzw. Indikatoren zur Messung der Macht stehen , auch wird nicht vorläufig bestätigt , ob und inwieweit diese Instrumente zur Messung der Macht taugen : Messen sie wirklich das , was sie anzeigen sollen ( Validität ), einerlei ob sie bei wiederholten Messungen überhaupt die Existenz desselben Phänomens anzeigen ( Reliabilität ) ?

k)

Morgenthau stellt zwar fest , daß bei Verhandlungen die jeweiligen Maximalforderungen auf einen Konsens reduziert werden (vgl. Morgenthau 1963 : 464) , aber er stellt nicht dar , wie dieser Vorgang abläuft , der laut Morgenthau bei der Diplomatie eine wichtige Rolle zur Sicherung des Friedens (Morgenthau 1963 : 450) spielt .

l)

Morgenthau argumentiert , daß kleine Nationen bzw. Staaten ihre Unabhängigkeit dem Gleichgewicht der Mächte verdanken . Dies ist meiner Meinung nach ein Widerspruch , da sie durch das Gleichgewicht der Mächte von einem polarem Akteur und von dessen Wohlwollen abhängen , der sie wegen seiner Überlegenheit „gegen ihren Willen festhalten kann“ (Morgenthau 1963 :294) .

m)

Morgenthaus Trennung der Innen- und Außenpolitik , Vernachlässigung nicht- staatlicher, gesellschaftlicher Akteure , der Transnationalen Konzerne (TNC),der Internationalen Nichtregierungsorganisationen (INGO) , der Internationalen Organisationen (IO) und deren Verschränkung ist blind für bestimmte strategisch bedeutsame Situationen , die für den Fortbestand des Staates als solchen enorm wichtig sind , da z. B. interne Konflikte internationalisiert oder internationale Konflikte importiert werden , so daß z.B. interne nichtstaatliche und externe staatliche und nichtstaatliche Gegner zusammenarbeiten können , was für den betroffenen Staat bzw. dessen Regierung und damit dessen Staatsmann verhängnisvoll sein kann , wenn der jeweilige Politiker die Innen - und Außenpolitik als zwei voneinander unabhängige Bereiche betrachtet , was durch deren Trennung impliziert wird :

⊇Nicaragua - USA- NGO : die Unterstützung der bewaffneten NGO der

Contras im irregulären Krieg gegen den durch die amtierende Regierung repräsentierten

Staat Nicaragua durch die USA ist ein weiteres Beispiel der Verschränkung der Innenpolitik

Nicaraguas , z.B. der Probleme mit Contras , mit ihrer Außenpolitik ,z.B. die Beziehungen zur USA ( vgl. Meyers Lexikonredaktion 1992 b : 257).

- Iran- TNC : ein weiteres Beispiel ist der Sturz der iranischen Regierung Mossadegh durch die von den USA ausgebildeten iranischen Militärs wegen der Verstaatlichung der vom Ausland ( z.B. von US-Firmen) kontrollierten Erdölindustrie im Iran (vgl. Meyers Lexikonredaktion 1992a : 244) .

n)

Morgenthau schlägt „Kompromißbereitschaft in nicht lebenswichtigen Fragen“ ( Morgenthau 1963 : 474, meine Hervorhebung ) vor , aber was sind die Kriterien für Lebenswichtigkeit ? Es werden keine zeit - resistenten Prioritäts- und Meßskalen angegeben . Der Wert eines Gutes kann sich über Zeit wandeln , so daß der Verzicht auf etwas später im nachhinein als ein wichtiger strategischer Nachteil erweisen kann . Kleinere Zugeständnisse können sich in einem Stückwerk über die Zeit zu machtwirksamen und den Status quo herausfordernden Werten addieren , die dann gegen die nachgebende Vertragspartei eingesetzt werden können .

o)

Morgenthau scheint die Entstehung des Ersten Weltkriegs monokausal auf die sogenannte orientalische Frage zurückzuführen und meint , deren Nichtbeachtung hätte ihn vermeiden können ( vgl. Morgenthau 1963 : 301) ; er vernachlässigt jedoch andere strukturelle Ursachen zu erwähnen , die meiner Meinung nach die Wahrscheinlichkeit der Kriegsentstehung trotzdem so hochgehalten haben könnten , die den Weltkrieg unvermeidbar gemacht haben : z.B. machtpolitische Gegensätze zwischen Deutschland und den Entente - Mächten Frankreich und Großbritannien , die Flottenbau - Rivalität zwischen Deutschland und Großbritannien (vgl. Kinder und Hilgemann 1991 : 400) .

p)

Morgenthau wirft dem Osmanischen Reich vor , Großbritannien in den Krimkrieg verwickelt und ihm seine Haltung diktiert zu haben ( vgl. Morgenthau 1963 : 476) . Meiner Meinung nach scheint es Tatsache zu sein , daß Großbritannien deshalb in den Krieg eingetreten ist , weil es seine Interessen auf dem Balkan , in den Dardanellen und dem östlichem Mittelmeerraum bzw. den Hinweg zu Indien durch die russische Expansion (vgl. Treue 1954 : 7ff.) gefährdet sah , was besonders nach der Seeschlacht bei Sinop deutlich wurde , bei dem die osmanische Flotte teilweise durch das Verschulden Großbritanniens eine verheerende Niederlage erlitten hatte (vgl. Warner 1972: 11) , so daß das Vereinigte Königreich aus Eigeninteresse auf Seiten des Osmanischen Reiches intervenierte , um es als kleineres Übel und als Puffer gegen Rußland zu benutzen (vgl. Saab 1977 : 117ff.).Großbritannien war also aus Eigeninteresse auf osmanischer Seite . Und wenn es durch einen fehlendem Konsens zunächst zum Krieg zwischen Rußland und dem Osmanischem Reich kam , intervenierte Großbritannien also nicht wegen dem osmanischem Zwang , sondern wegen der Sorge um die eigene Interessen- und Machtsphäre .

q)

Morgenthau geht davon aus , daß der Berliner Kongreß den „Generationen den Frieden gebracht“ (Morgenthau 1963 : 479 ) hat , auf dem Rußland und Großbritannien einander näher gekommen sein sollen .Jedoch vernachlässigt er m.E. die nicht unwichtigen Folgen dieses Friedensvertrags , die die Balkankriege und auch den Ersten Weltkrieg zumindest mitverursacht haben : die deutsch - russische Entfremdung , die Verschärfung der russisch- österreichischen Gegensätze , die deutsch - österreichische Annäherung und die Nichtlösung ethnisierter Konflikte(vgl. Kinder und Hilgemann 1991 : 359) im multiethnischem Osmanischen Reich, die, wie bis zum Berliner Kongreß 1878, auch später nur durch ethnische Säuberungen vor allem auf Kosten der osmanischen Muslime (vgl. McCarthy 1995 : 63ff.) gelöst wurden .Die Anzahl der Toten der durch diesen Friedensvertrag mitverursachten Kriege scheint nach Morgenthau wegen der Nichterwähnung im Verhältnis zur russisch - britischen Freundschaft wahrscheinlich als unwichtig . Hierbei kann gefragt werden , ob die alleinige Hervorhebung des Friedens zwischen Großbritannien und Rußland durch „subjektiver Meinung“ oder nach „von vernünftiger Einsicht erhellten“(Morgenthau 1963 : 49) objektiven Kriterien erfolgt ist .

7.Schluß

Meiner Meinung nach ist die Errichtung eines Weltstaates auf der Grundlage der Interessengemeinschaft zumindest gegenwärtig wegen der Interessenvielfalt und -divergenz unwahrscheinlich , so daß zunächst auf der Grundlage der Interessengemeinschaft nur supranationale Blöcke wie die Europäische Union entstehen können. Außerdem sei angemerkt, daß wegen der Zunahme der transnational Akteure , der Interdependenz , der Aufhebung der Trennung von Innen- und Außenpolitik einige realistische Grundannahmen wie die der Staatszentriertheit revidiert werden sollten .

8 . Literaturangaben

Esser , Hartmut , Die Definition der Situation . in : Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 48 (1996) 1-34.

Kinder , Hermann ; Hilgemann , Werner , dtv - Atlas zur Weltgeschichte .Karten und chronologischer Abriß (Band 2).25.Auflage , München : dtv - Verlag 1991 1966.

McCarthy , Justin , Death and exile : the ethnic cleansing of Ottoman Muslims .1821-1922. Princeton : 1995 .

Meyers Lexikonredaktion (Hg.), Meyers großes Taschenlexikon in 24 Bänden ( Band 15).4.Auflage , Mannheim u.a. : BI - Taschenbuchverlag 1992 b [o. J.] .

Meyers Lexikonredaktion (Hg.), Meyers großes Taschenlexikon in 24 Bänden ( Band 10).4.Auflage , Mannheim u.a. : BI - Taschenbuchverlag 1992 a [o. J.] .

Morgenthau , Hans J. , Macht und Frieden .Grundlegung einer Theorie der internationalen Politik (übers. aus dem Engl. v. Dr. Odette Jankowitsch und Dieter G. Wilke ). Gütersloh : C. Bertelsmann Verlag 1963 .

Saab , Anne Pottinger , The origins of the Crimean alliance . Charlotteville : 1977.

Thomas , William I. ; Thomas , Dorothy S. , The child in America . Behavior Programs. New York : Knopf 1928.

Treue , Wilhelm , Der Krimkrieg und die Entstehung der modernen Flotten (Göttinger Bausteine zur Geschichtswissenschaft , hg. v. Prof. Heimpel et al ,Band 18 ).Göttingen : „Musterschmidt“ : Wissenschaftlicher Verlag 1954 .

Warner , Philip , The Crimean War . A reappraisal . New York : 1972 .

[...]


1 Zur Definition siehe unten

2 Der Begriff „Staat“ soll heißen : eine Körperschaft mit Gewaltmonopol zur Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung und Rechtsdurchsetzung, auf einem klar abgegrenztem Territorium mit dem Ziel der Gewährleistung der Sicherheit seiner Bürger .

3 Der Begriff „Macht“ soll heißen : Einflußnahme oder Ressource zur Beeinflussung von Denken und Handeln von Akteuren durch andere Akteure. Zur weiteren Definition siehe Seite 2.

4 Akteure sind hierbei die von Staatsmänner n als einzige Entscheidungsinstanz repräsentierte Staaten .

5 Hierbei ist sowohl die Anwendung als auch die Androhung der Gewalt zur Sanktionierung und Lenkung von Handeln von Bürgern gemeint.

6 Die Nation soll heißen : ein vorgestellter, politischer, kameradschaftlicher Gemeinschaftsverbund von scheinbar Gleichen ; politisch , weil sie vom Staat repräsentiert wird ; vorgestellt , weil sich die Angehörigen der Nation nicht face-to-face kennen und scheinbar , weil es tatsächliche Ungleichheit und Ausbeutung gibt , die von den Angehörigen oft nicht wahrgenommen wird .

7 Die Sieger eines Krieges ersetzen den Vorkriegskriegs - Status quo durch eine neue Ordnung zur Legalisierung der neuen Machtverhältnisse

durch einen Friedensvertrag .

8 Die Verlierer eines Krieges können den Wunsch haben , die bisherige Nachkriegsordnung nicht nur zu revidieren , sondern darüber hinaus zu gehen , wobei sie mehr kriegen wollen , als sie durch den letzten Krieg verloren haben .

9 Die Ohnmacht von Staaten bzw. deren Schwäche zieht starke Staaten an und begünstigt durch diese die Änderung des bestehenden Status quo .

10 1.Ungewißheit : Es ist ungewiß , welche Mächte bei einer Konfrontation die jeweils stärkeren sind , da sie jeweils unterschiedliche Ausprägungen von militärischer , industrieller , wirtschaftlicher Kapazität , nationaler Moral , Nationalcharakter , Bevölkerungsgröße , Geographie und diplomatischer Qualität haben , wobei die Zuverlässigkeit von Bündnispartnern auch ungewiß sein kann (vgl. Morgenthau 1963 : 179 ff.). 2.Unwirklichkeit : Da angenommen wird , daß es bei der Berechnung der Machtverteilung zu einem bestimmtem Zeitpunkt Fehlkalkulationen existieren , wird versucht , durch Machtstreben oder auch Präventionskriege mögliche Verluste auszugleichen , wobei der Krieg als Korrektor der Störung des Gleichgewichts der Mächte bei Begünstigten und Benachteiligten angesehen wird , so daß sich das Gleichgewicht der Mächte in permanenter Störung und damit prekärer Stabilität befindet , wobei die Kriegs- gefahr anwächst (vgl. Morgenthau 1963 : 184 ff.). 3.Unzulänglichkeit:Da die jeweilige Staatsräson höchste Priorität besitzt und wichtigste Verhaltensregel ist , führt dies wegen dem nationalem Egoismus zur fehlenden internationalen sittlichen Einheit und fehlendem Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den Staaten , was die Revision der internationalen Ordnung und damit den Krieg erleichtert ( vgl. Morgenthau 1963 : 190 ff.).

11 Dies ist eine Situation in der internationalen Ebene mit der Wichtigkeit von wesentlichen , erstrangigen und konstitutiven Akteuren bei den beiden Polen , die das Übergewicht haben , an denen kleinere und schwächere Akteure gebunden sind , wobei zwangsgebundene und ungebundene (z.B. asiatische) Staaten dazu neigen , ihrer Anziehungskraft zu entgehen, so daß laut Morgenthau die Gefahr besteht , daß letztere bald durch technologischen Fortschritt in den Besitz von Atomwaffen gelangen könnten , was eine Gefährdung der Bipolarität und damit für die Macht der beiden Pole bedeuten würde ( vgl.. Morgenthau 1963 : 305 ) , so daß die Supermächte dieser Gefahr nur so begegnen und dabei ihre Macht vermehren können , „wenn sie die ungebundenen Staaten an sich ziehen“(Morgenthau 1963 : 304).

12 Die Abrüstung kann nach Morgenthau u.a. deshalb nicht den Frieden erhalten , weil Menschen nicht kämpfen , weil sie Waffen haben , sondern , sie kämpfen , weil sie kämpfen wollen . Eine Abrüstung würde nur ihre Strategie bzw. Kriegführung , aber nicht die Möglichkeit der Kriegsentstehung ändern (vgl. Morgenthau 1963 : 349 ff.).

13 Das System der kollektiven Sicherheit ist ein Konzept , nach der ein den Status quo bedrohender Staat durch alle anderen Staaten negativ sanktioniert und zum Abschreckungsbeispiel für andere potentielle ‘Aggressoren’ wird , unabhängig davon , ob die sanktionierenden Staaten zu den Begünstigten oder Benachteiligten dieser Ordnungänderung gehören . Da diese Bedingung nach Morgenthau nicht eingehalten werden kann , kann es nicht nur dazu kommen , daß das Konzept nicht funktioniert , so daß es zum Krieg kommt , sondern auch dazu , daß der entstandene Krieg delokalisiert wird und regional nicht eingedämmt werden kann , weil es zum Streit zwischen den Vertretern der bisherigen Ordnung und Unterstützern ihrer Herausforderern kommt ( vgl. Morgenthau 1963 : 354ff.).

14 Auch diese Methode muß nach Morgenthau scheitern , da das Gesetz die Verrechtlichung der bisherigen Machtverhältnisse ist , so daß bei Konflikten , also bei Streit um die Erhaltung oder Abschaffung des Status quo , das Gericht zugunsten der Partei , die für ihn eintritt , entscheidet , so daß die andere Partei , also der Herausforderer der bisherigen Ordnung , das Urteil antizipieren kann und deswegen keine gerichtliche Schlichtung , sondern andere , vielleicht militärische Konfliktlösungswege erwünscht (vgl. Morgenthau 1963 : 366 ff.).

15 Die Weltregierung , also die UNO , kann laut Morgenthau letztendlich nicht den Frieden sichern , da sie letztendlich einen Krieg zwischen der USA und der UdSSR nicht verhindern kann (vgl. Morgenthau 1963 : 413ff.).

16 Die besteht aus geheimen Verhandlungen zur Interessensdurchsetzung und Friedenswahrung mit den Mitteln der Überzeugung , der Konsensbildung und der Androhung von Sanktionen zwischen Vertretern von Staaten im auswärtigem Dienst , welche Beziehungen miteinander haben .

17 Morgenthau geht davon aus , daß die Nationalstaaten unter bestimmten Umständen abgeschafft werden (vgl. Morgenthau 1963 : 55) können.

18 Siehe Seite 1-2 dieser Arbeit .

19 Siehe Seite 1-2 dieser Arbeit .

20 Siehe Seite 1-2 dieser Arbeit.

21 Es soll hierbei vernachlässigt werden , ob unter diesem Begriff das Interesse einer Elite oder des Volkes gemeint ist , falls es so etwas gibt.

22 Siehe Seite 7 Nr.6 b) dieser Arbeit .

23 Morgenthau gesteht durch die Schilderung des Sicherheitsdilemmas implizit diese Schwäche (vgl. Morgenthau 1963 : 108f.).

24 Siehe Seite 2 und 3 dieser Arbeit.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Hans J. Morgenthau - Macht und Frieden
Hochschule
Universität Konstanz
Veranstaltung
Einführung in die IB
Note
1,5
Autor
Jahr
1997
Seiten
16
Katalognummer
V106553
ISBN (eBook)
9783640048328
ISBN (Buch)
9783640118199
Dateigröße
464 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hans, Morgenthau, Macht, Frieden, Einführung
Arbeit zitieren
Assist. Prof. Dr. Burak Gümüs (Autor:in), 1997, Hans J. Morgenthau - Macht und Frieden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106553

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