Räumliche Muster sozialer Ungleichheit


Hausarbeit, 2002

14 Seiten, Note: 12,5 Punkt


Leseprobe


Inhaltsverzeichni

1. Einleitung

2. Historische Betrachtung der sozialen Ungleichheit

3. Räumliche Ungleichheit

4. Elemente der sozialen Ungleichheit
4.1. Die sozio-ökonomische Polarisierung
4.2. Die sozio-demographische Ungleichheit
4.3. Die sozio-kulturellen Heterogenisierungen
4.4. Die sozial-räumliche Polarisierung

5. Beispielarbeit
5.1. Wanderung über die ,,Grenze"
5.2. Entdichtung und Randwanderung bzw. Suburbanisierung
5.3. Verteilung von Ausländern im Stadtgebiet

6. Lösungsansätze

7. Literaturangaben

1. Einleitung

Diese Arbeit soll die Ursachen der sozialen Ungleichheit darstellen. Dabei soll auf da Erscheinungsbild der sozialen Ungleichheit eingegangen werden, wobei das räumliche Muster immanent behandelt wird. Bei der Darstellung der Elemente der sozialen Ungleichheit soll auf die verschiedenen Ausprägungsformen dieser eingegangen werden. Um das so erreichte theoretische Fundament weiter zu festigen, zeigen wir einige Beispiele anhand Berlins auf. Schlussendlich stellen wir Lösungsansätze vor.

2. Historische Betrachtung der sozialen Ungleichheit

Hartmut Häußerman geht von einer sozialen Ungleichheit aus, die die Änderungen ihrer Eigenschaften und Ausdrucksformen parallel zu den Veränderungen der Gesellschaft vollzieht. So ist sie von Gesellschaft zu Gesellschaft unterschiedlich und unterliegt den Veränderungen der Zeit.

In Deutschland entsprachen die mit dem Wohnen verbundenen sozialen Probleme bis zum Ende des ersten Weltkrieges mehr der physikalischen Beschaffenheit der Häuser und die Lebensweisen der Bewohner. Daraus wurden nur noch Fragen nach der Verteilungsgerechtigkeit nachdem in den 50er und 60er Jahren die Integration des Industrieproletariats gelang.

Seit dem steigt die Wohnungsversorgung stetig an und es kommt zu dem sogenannten Fahrstuhleffekt, den Häußermann beschreibt. Die Normen für Wohnraum werden ständig erhöht, so dass es auch zu einer inhaltlichen Ausweitung der Normen kommt. Diese Ausweitung betrifft die Qualität des Wohnumfeldes, die früher nicht im Vordergrund für die Bewertung von Wohnverhältnissen stand. Dazu zählen Eigenschaften der natürlich- physischen Umwelt (Luft, Lärm, Grünflächen, Nähe zu Erholungsräumen), die Ausstattung mit technischen und sozialen, öffentlichen und privaten Infrastruktureinrichtungen (Bildung, Gesundheit, Kinder- und Altenbetreuung) und soziale Merkmale des Wohnumfelds (Zugänglichkeit des öffentlichen Raums, Sicherheit, Image und Adresse sowie die soziale Zusammensetzung der Nachbarschaft). (Vgl. Häußermann/Siebel (2000):127)

Heute drückt sich die soziale Ungleichheit übergreifender aus, sie wird beschrieben durch Klasse, Schicht, Ethnie, Rasse, Geschlecht, soziale Millieus und den Lebensstil. Ausgangspunkt der Forschung über die soziale Ungleichheit ist die Position eines Menschen in der Sozialstruktur. Diese ergibt sich nach Häußerman durch die Verfügung über ökonomisches, soziales und kulturelles Kapital. Jens Dangschat nimmt zu diesen Ressourcen noch gesellschaftsspezifische Zwänge dazu. Die Summe aller Teile ist wichtig um sich in der Konkurrenz aller Stadtbewohner um den idealen Wohnstandort durchzusetzen.

Nach Dangschat ist also gleichzeitig am Wohnstandort jedes Menschen seine spezifische soziale Position ablesbar. (Vgl. Dangschat (2000): 141) Es gibt also eine Ablesbarkeit am Raum, die man z.B. im oberflächlichen Unterschied zwischen Charlottenburg und Kreuzberg erkennen kann. Häußerman warnt aber, da diese Ablesbarkeit verfälscht werden kann durch die historische Entwicklung oder besondere bauliche Merkmale eines Viertels. Die Ablesbarkeit ergibt sich nach der Forschung der Chicago School durch die Segregation, so dass es zu fast homogenen Clustern in der Stadtstruktur kommt.

Häußerman sagt allerdings dass in Deutschland dieses Merkmal noch nicht soweit fortgeschritten ist, wie in Amerika, aber dass die Deutsche Bevölkerung auf dem Weg dorthin ist. In Berlin wurde durch Hobrecht eine kleinteilige Mischung von unterschiedlichen sozialen Gruppen versucht, die alle in einer Wohnblockbebauung untergebracht werden sollten. Im Vorderhaus sollten die sozial besser gestellten wohnen und nach hinten hin sollte der soziale Status abnehmen. Diese Mischung ist teilweise z.B. in Prenzlauer Berg noch vorhanden, weiterhin sind andere Fakten, wie die Eigentümerstruktur, die historische Kontinuität, die hohen Investitionen in die Städte nach dem zweiten Weltkrieg, der soziale Wohnungsbau, die geringe ethnische Diversität und die lange wirtschaftliche Prosporitätsphase in Deutschland dafür ausschlaggebend, dass ein ausgebildetes Clustermuster in Deutschland nach dem Bild der Chicago School noch nicht besteht. (Vgl. Häußermann/Siebel (2000):124, 135)

3. Räumliche Ungleichheit

Zum Ende des 19. Jahrhunderts beschäftigten sich Soziologen wie Simmel, Durkheim und Elias mit dem Raum und der räumlichen Strukturiertheit der Gesellschaft innerhab der Soziologie. Dieses Interesse schwand jedoch in den folgenden Jahren und der Raum trat in den Hintergrund der Sozialforschung. Viele sozialwissenschaftliche Theorien ignorieren den Raum als relevante Kategorie vollständig, oder haben, ohne kritische Reflexion, das Raumverständnis der Physik übernommen. Danach ist der Raum ein dreidimensionaler physischer Behälter, der die neutrale Basis für eine Gesellschaft abgibt und dem deshalb selbst keine soziale Relevanz zukommt. (Vgl. Dangschat (1999):266)

Man nannte dies das Behälter-Raum-Konzept. Der Raum schien durch die technische Entwicklung im Transport- und Kommunikationssektor bedeutungsloser zu werden, weil er sich zunehmend als überbrückbar erwies. Mehr Interesse zeigte die Soziologie für funktionale Differenzierung, Kommunikation und die Auswirkungen kapitalistischer Vergesellschaftung.

In den letzten Jahren rückte der Raum aber in den Blickwinkel kritischer Sozialwissenschaftler zurück. So wirkt der Raum aus heutiger Sicht auch soziologisch. Es gibt zwei Ausprägungen die einen Ort beschreiben, zum einen die objektive Struktur (Architektur, Boden) und die durch soziale Prozesse gebildete Struktur (Belebung, Benutzung, Wohnen).

Diese Struktur wiederum setzt sich zusammen aus der räumlichen Ausprägung der Gesellschaft und der Kommunikation, die die Abgrenzungen von den einzelnen Raumsegmenten bewirkt. Diese zwei Ausprägungen ergeben im Endeffekt einen konkreten Raumbezug der Gesellschaft, den Ort. (Vgl. Atteslander/Hamm (1974) in Dangschat (1999): 145) Von diesem Ort sind alle Menschen, die in ihm leben abhängig, denn er beeinflusst ihre Handlungsspielräume. Diese Beeinflussung nimmt zu, um so sozial benachteiligter eine Person ist.

Die Wirkung des Raums schlägt sich für Häußerman und Dangschat auch hauptsächlich darin nieder, dass Wohnverhältnisse die Ungleichheiten der Sozialstruktur widerspiegeln und sie gleichzeitig verursachen und verstärken. Häußermann nennt hierfür Merkmale für sozial benachteiligte Gebiete, wie die Verschlechterung der öffentlichen Infrastruktur, fehlende Vorbilder, die Verwahrlosung des öffentlichen Raums, den Wegzug der Qualifizierten, einen Stigmatisierungs- und Labelingprozess durch die Umwelt, das Ausbilden homogener sozialer Netze und eine verringerte soziale Stabilität. (Vgl. Häußermann/Siebel (2000): 132) Läppleergänzte und formulierte zu Beginn der 90er Jahre die Elemente des Raum ergänzend: materiell-physisches Substrat gesellschaftlicher Verhältnisse (Menschen, Architektur, Grenzen, Grünflächen), gesellschaftliche Interaktions- und Handlungsstrukturen, Institutionell und normatives Regulationssystem (kodifiziert und regelt im wesentlichen den Umgang mit den raumstrukturierenden Artefakten wie Eigentumsform, Planungsrichtlinien, Gesetzte und auch ungeschriebene Normen) und das mit dem materiellen Substrat verbundenen räumlichen Zeichen-, Symbol- und Repräsentationssystem. (Vgl. Läpple (1974) in Dangschat (2000): 146) Dieser Raum wird durch die Gesellschaft in Konkurrenz gestaltet, denn es liegen viele ungleiche Interessen vor. Die Gestaltungsformen sind ökonomischer, sozialer, kultureller und symbolischer Art. Diese werden unterschiedlichst umgesetzt, so dass eine Hierarchisierung einsetzt und den Raum als Lebensort für soziale Gruppen unterschiedlich attraktiv erscheinen lässt. So kommt es nachDangschatzu einer spezifischen Preis-Nachfrage-Regulation und eine spezifische Segregation setzt ein.

4. Elemente der sozialen Ungleichheit

Durch den dauerhaft existenten wirtschaftlichen Wandel und die staatliche Reglementierungen befindet sich die soziale Ungleichheit im Wandel. Wie schon eingangs betont wurden vor ca. 50 Jahren andere Probleme mit der sozialen Ungleichheit verbunden. Die heutigen Zuwächse in den sozialen Ungleichheiten drücken nach Dangschat sich in den folgenden 4 unterschiedlichen Elementen aus. Erstens in der sozio-ökonomischen Polarisierung, zweitens in der sozio-demographischen Ungleichheit, drittens in der kulturellen Heterogenisierung und viertens in der sozia-räumliche Polarisierung. (Vgl. Dangschat (2000):148)

4.1. Die sozio-ökonomische Polarisierung

Die sozio-ökonomische Polarisierung beschreibt das Auseinanderentwickeln der Einkommen, aber auch der Einkommens- und Arbeitsplatzsicherheit. Malte Friedrich ordnet dieses Problem als Folge neoliberaler Ökonomie ein. Die derzeitige Wirtschaft, von der auch als Postfordismus gesprochen wird, bringt neue Formen der Produktions- und Akkumulationsprinzipien hervor, die weitreichende Folgen für die Sozia- und Raumstruktur postindustrieller Gesellschaft haben. (Vgl. Friedrich (1999): 263) Die Industriestandorte verlagern sich aufgrund des schärfer werdenden Wettbewerbs in neue periphere Gebiete, in denen das Lohnniveau, die Umweltkosten und die Regulationsdichte niedriger sind.

Das Ergebnis sind erhöhte Arbeitslosigkeiten an den Standorten altindustrieller Produktion. Die Produktion wird flexibilisiert, da keine Massenproduktion sondern flexibel einsetzbare Arbeitsplätze benötigt werden. So wird auch eine hohe Mobilität der Arbeitskräfte vorausgesetzt und neue Formen zum Beispiel des Arbeitens über das Internet werden gefördert. Dies wird möglich durch die wachsende Kommunikations- und Informationstechnologie, die immer stärker in der Wirtschaft zum Einsatz kommen. Zum einen ermöglichen sie erst die flexiblen Formen der Produktion durch die Steuerung von Menschen und Arbeitsabläufen. Zum anderen erhöhen die globale Vernetzung durch ,,Datenautobahnen" und der rasante Anstieg an marktrelevanten Informationen den Bedarf an Verfügbarkeit und Verarbeitung dieser Information. Hinzu kommt das Wachstum des tertiären Sektors der Ökonomie, der sich weiter funktional und sozio-ökonomisch ausdifferenziert und an Bedeutung gewinnt.

Häußermann und Siebel verweisen auf die sich weitende Schere zwischen gut bezahlten Arbeitsplätzen mit hohen Qualifikationsanforderungen und schlecht bezahlten Arbeitsplätzen mit niedrigen Qualifikationsanforderungen, schlechter sozialer Absicherung und geringem Arbeitsplatzschutz, den ,,marginalisierten Jobs". Durch Arbeitsplatzabbau kommt es dazu noch zu einer Zunahme an Arbeitslosen und Beschäftigten, die trotz Erwerbstätigkeit zusehends in Armutsgefahr geraten (,,working poor"). Weil sich Wohlstand für die sozia- strukturell Privilegierten nur über diese neuen Formen der Kapitalakkumulation als Folge verschärfter Wettbewerbslogik erzielen lässt, spricht man nicht mehr nur von ,,Armut im Wohlstand" wie es Döring 1990 tat, sondern Dangschat geht sogar weiter und spricht von der ,,Armut durch Wohlstand". (Vgl. Friedrich (1999):264)

4.2. Die sozio-demographische Ungleichheit

Die sozio-demographische Ungleichheit drückt aus, dass gleichzeitig und als Folge einer generellen Wohlstandsentwicklung sich Lebens- und Wohnformen ausdifferenzieren, was sich in starken Veränderungen der Haushaltsstrukturen zeigt. Die durchschnittliche Zahl kleiner Haushalte nimmt durch späte Heirat, sowie hohe Trennungs- und Scheidungsziffern zu.

Die Gründe hierfür liegen nach Dangschat in einer erheblichen Veränderung der Wertemuster. Die Menschen führen zunehmend eine Instrumentalisierung ihrer sozialen Beziehungen durch, die man mit einer ,,betriebswirtschaftlichen Optimierung" des sozialen Umfeldes vergleichen kann und die aus dem Beruf mit in die sozialen Beziehungen eingetragen wird.

Zudem wird die Phase der Postadoleszenz ausgedehnt, das heißt die Phase, in der man sich nicht festlegen will und nicht festlegen lassen will. Man kann dadurch länger individuell experimentieren mit Ausbildungen, Jobs, Partnerschaften und Wohnformen. Diese Wertsetzung begünstigt ökonomisches Verhalten wie ,,flexibel sein" und ,,just-in-time- Befriedigung" und unterbindet als einschränkend empfundene Bindungen länger. Der beste Standort für diese soziale Gruppe ist die Innenstadt, da dort eine Organisation von Beruf und sozialen Kontakten am besten gelingt.

Dadurch erhöht sich die Attraktivität der Innenstädte und die ,,Gentrification" der Innenstadt setzt ein, mit den bekannten Folgen der Verdrängung einkommens- und artikulationsschwacher Wohnbevölkerung und der Aufwertung von Infrastruktur und Wohnungsbestand. Als zweiten Aspekt der veränderten demographischen Struktur nennt Dangschat Zuwanderungen, die eine deutliche Zunahme an Ausländerfeindlichkeit nach sich ziehen. (Vgl. Dangschat (2000):149)

4.3. Die sozio-kulturellen Heterogenisierungen

Hinter dieser strukturellen Ausdifferenzierung in der sozio-demographischer Ungleichheit stehen erhebliche sozio -kulturelle Heterogenisierungen, wie Lebensstile, soziale Milieus und ihre multikulturelle Ausdifferenzierung. Die Ursache sieht Dangschat in dem aufkommenden Hedonismus, der das Streben nach Sinneslust und Genuss ausdrückt und in neuen Lebensstilen. Die neue soziale Gruppe, die nach kleineren Haushalten strebt, hat einen größeren Selbstverwirklichungsdrang, steht aber gleichzeitig egal ob Freizeit oder Beruf unter einem hohen Effizienzdruck.

Das Führt zu Haltungen, die mit demonstrativem Konsum, Hedonismus, Flexibilität und Entsolidarisierung beschrieben werden. Immer mehr kommt es auch zu einer Verschränkung von Privat- und Berufsleben, so dass die Ökonomisierung des Denkens und Handelns in der Privatsphäre weiter gefördert wird. Diese Übertragung der ,,Verbetriebswirtschaftllichung" des Denkens und Handelns aus der Berufswelt in die übrige Alltagswelt der Menschen formt kulturelle Verarbeitungsmuster, die bestehende soziale Ungleichheiten eher festigen als abbauen. Ein gestiegenes Arbeitsplatzrisiko führt zur Stärkung materieller Ziele und verringert solidarisches Handeln über sichtbare Grenzen der Vergesellschaftung hinaus.

Die Ellenbogengesellschaft wird gefördert. Simmel stellte schon 1903 fest, dass die mangelnde soziale Einbindung, vor allem auch die mangelnde Bereitschaft hierzu, dazu führen, dass die Selbstbestätigung in der Spiegelung an einem beliebig austauschbaren Anderen erzielt wird und dass man sich der eigenen Identität durch Distinktion und neuen Schließungspraktiken versichern muss. (Vgl. Dangschat (2000):150)

Nach Dangschat/Blasius werden Lebensstile daher zunehmend distinktiv, d. h. im Sinne des ,,Sich-sozial-Abgrenzens" und ,,Andere-sozial-Ausgrenzens" eingesetzt. Lebensstilisierung ist zugleich Symbol und eine Dimension sozialer Ungleichheit. Die sozia-kulturelle Ausdifferenzierung erhält durch national unterschiedliche Hintergründe eine weitere Brisanz. Gerade das räumliche Aufeinandertreffen erzeugt eine soziale Diskriminierung der zuletzt Zugewanderten durch die Meinungsbilder der bestehenden Gesellschaft.

Das ,,soziale Alter" erzeugt die Überlegenheitsgefühle, die einfache Sichtbarkeit der Migranten erleichtert es, die ,,Gruppenschande" auf die ,,Fremden" zu richten. Die Zugewanderten und ihre Familien reagieren auf solche pauschalen Zuschreibungen mit dem zunehmenden Rückzug in eigenethnische Gruppen. (Vgl. Dangschat (2000):151)

4.4. Die sozial-räumliche Polarisierung

Die beschriebenen sozio-kulturellen Heterogenisierungen wirken sich auf die Nachfrage nach Wohnraum aus. Da diese Nachfrage sozial selektiv ist, entstehen und vertiefen sich soziaräumliche Polarisierungen. (Vgl. Dangschat (2000):148) Ein wichtiger Faktor ist in diesem Zusammenhang die Rolle der Stadt. Im jetzigen Wirtschaftssystem existiert ein internationaler Wettbewerb der Städte untereinander. Nach Sassen sind Städte Ansiedlungspunkte für Firmen, in denen Kontrollzentren gebildet werden. Die Ansiedlung soll Firmen schmackhaft gemacht werden durch Investitionserleichterungen, steuerliche Vorteile und der Stärkung weicher Standortfaktoren. (Vgl. Berger/Schmalfeld (1999):322) Gleichzeitig kommt es laut Dangschat zu einer Aufwertung der Stadt mittels einer Stadtentwicklungspolitik, Stadtplanung, Sanierungs-, Modernisierungs- und Kulturpolitik durch den ,,lokalen Staat". (Vgl. Dangschat (2000):151)

Häußermann und Siebel gehen weiter auf die Kulturalisierung ein und beschreiben sie mit Investitionen in Kunst und Theater, Unterstützungen von kulturellen Großereignissen, internationalen Kongressen, Ausstellungen und Festivals. Die Ansiedlung der Firmen bringen jedoch nicht unbedingt einen Aufschwung in die Stadt, vielmehr sinken die Steuereinnahmen wegen der vorhanden Steuerschlupflöcher, die Sozialhilfeausgaben in der Stadt steigen auch produziert durch die Landflucht und die Investitionsausgaben steigen. So kommt es zu mehr Schulden und weniger aktive Steuerung sozialer Prozesse.

Die durch die Stadt geförderten Maßnahmen sind Ausdruck des ökonomischen Systems des Postfordismus der sich allgemein hegemonial auswirkt und auch auf die Raumgestaltung Einfluss nimmt. Nach Feldkeller ist der Raum nur noch begrenzt für alle offen, es kommt z.B. durch Shopping-Mals zur Privatisierung des öffentlichen Raums, was einer Zweckendfremdung und auch Zerstörung des öffentlichen Raums entspricht. (Vgl. Feldkeller (1994) in Dangschat (2000):152)

Auch als Folge davon nimmt die residenzielle Segregation deutlich zu. Aus weiten Teilen der Stadtregionen beginnen die mittleren Lagen bereits zu verschwinden: erstens aus den Innenstädten durch die Gentrifizierung, in deren Rahmen sich dort gehobenere Lagen ansiedeln, welche ihr Einkommen und ihren Lebensstil sichtbar als Distinktionselement nutzen; zweitens aus den Großsiedlungen, weil die Belegungsengpässe die Toleranz der durch den Wohnungsmarkt ,,gefangenen" Kleinbürger gegenüber Nichtdeutschen, Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern überstrapazieren. (Vgl. Dangschat (2000):152)

Diese Gegenüberstellung der 4 Elemente der sozialen Ungleichheit lässt erkennen, dass sich die Lage zuspitzen wird. Häußermann sieht für die Zukunft eine fluide Stadt voraus, deren Gerippe ein Netz aus Knoten ist.

Die Segregation wird weiter zunehmen, sozial benachteiligte Menschen werden in der nicht modernisierten Teilen der Innenstadt, in heruntergekommenen Werkssiedlungen, zwischen stark frequentierten Verkehrsstraßen und in Großsiedlungen am Stadtrand leben.

Die Mittel- und Oberschicht wird ihre Ortsgebundenheit verlieren, so dass sich nur noch Knoten bilden, die Konzentrationspunkte dieser beiden Schichten sind. Diese Knoten stehen miteinander durch die hoch frequentierten Straßen in Verbindung und bilden so ein Netz. Sie bilden Zentren gehobenen Wohlstandes und sind Standorte von Arbeitsstätten, Kultur-, Freizeit- und Konsumeinrichtungen. Park hat dies erkannt und dargestellt als zweiten Typus der Segregation. (Vgl. Häußermann/Siebel (2000):136)

Nun beschäftigt man sich mit der Frage, ob es zu solch einer starken Abtrennung kommen wird oder ob es auch andere mögliche Wege gibt. Zunächst folgt nun eine Darstellung vorhandener Beispiele und darauf eine Beschäftigung mit der hier aufgeworfenen Frage.

5. Beispielarbeit

Zur näheren Veranschaulichung der sozialen Ungleichheit folgen nun Beispiele, wobei ich mich auf Hartmut Häußermann und Andreas Kapphan ,,Berlin: Von der geteilten zur gespaltenen Stadt?" beziehe.

5.1. Wanderungen über die ,,Grenze"

Nach der Wende boten sich neue Möglichkeiten der Mobilität innerhalb Berlins wobei der entscheidende Punkt wohl ist, dass man nun auch zwischen Ost und West hin und her ziehen kann. Als Folge des Mauerfalls haben sich sehr stark die Wahrnehmungen der Stadträume und der Stadtviertel verändert. Auch finden seit 1990 neue sozialstrukturelle Veränderungen in den Quartieren statt. Inwieweit diese Veränderungen in einer historischen Kontinuität stehen oder ob sich völlig neue Zuschreibungen und Kulturen ergeben, möchte ich im Folgenden versuchen ansatzweise zu erörtern.

In der Wahrnehmung der meisten Berliner existieren zwar immer noch deutliche Unterschiede zwischen Ost und West Berlin, doch gibt es auch gemeinsame neue Orte. Statistiken zu Folge steigt die Umzugshäufigkeit über die ehemalige ,,Staatsgrenze" jährlich an und nimmt mittlerweile einen beträchtlichen Anteil aller Umzüge innerhalb Berlins ein. Während 1989 und 1990 noch die Umzüge von Ost nach West Berlin dominierten, wurde der Wanderungssaldo für den Ostteil der Stadt bereits 1991 positiv.

Die ersten West - Berliner, die in den Ostteil der Stadt zogen, waren die Hausbesetzer, die in leere, verfallene, zum Abriss vorgesehene Häuser zogen. In der Wendezeit wurden insgesamt 130 Häuser besetzt, wovon ungefähr je 20 in Mitte und Prenzlauer Berg, eine Handvoll in Lichtenberg und ca. 90 in Friedrichshain lagen.

Im Nachhinein kann man jetzt sagen, dass die Hausbesetzer jene Pioniere bildeten, die neuen kulturelle Zeichen im Ostteil der Stadt setzten und eine bis heute andauernde Wanderungsbewegung bestimmter Lebensstilgruppen vom Westteil (und auch aus dem übrigen Land) in den Ostteil der Stadt vorbereiteten. Sie machten die Bezirke durch Kneipen, Cafés und sonstige kulturelle Einrichtungen attraktiv, was zur Folge hatte, dass zu Beginn meist junge Leute, vor allem Studenten, in die östlichen Innenstadtbezirke zogen und damit den Hausbesetzern folgten.

Von allen Ostbezirken weist der Bezirk Prenzlauer Berg in den Jahren 1991 bis 1998 die meiste Zuzüge aus dem Westteil auf. Über 26.000 Personen sind allein aus dem Westteil zugezogen. Diese Zahlen haben einige, wie beispielsweise Knecht, dazu veranlasst, von einem ,,50%igen Austausch der Bevölkerung" zu sprechen. Allerdings zeigen die Statistiken auch, dass in der gleichen Zeit 24 000 Personen aus dem Bezirk weggezogen sind. Daher sind die stärksten Wanderungsgewinne in den Randbezirken Treptow und Pankow, in die per Saldo jeweils knapp 4300 Personen aus dem Westteil zugezogen sind, zu verzeichnen. Der Grund hierfür ist, dass hier neue Wohnquartiere entstanden sind, die viele West-Berliner anzogen. Auch die Bezirke Mitte und Friedrichshain verzeichnen leichte Gewinne, sowie Weißensee. Alle anderen Ost-Bezirke verlieren hingegen durch Umzüge in den Westteil - allen voran Marzahn mit einem Verlust von 6800 Abwanderern.

Im Allgemeinen kann man die Geographie der ,grenzüberschreitenden` Wanderungsbewegungen auf die Gleichung bringen: Jene Ost-Bezirke, die an den Westteil angrenzen, gewinnen Einwohner aus dem Westen, jene, die keine Grenze mit ihm haben, verlieren Einwohner an den Westen. Auc h im Westteil machen sich Fortzüge in und Zuzüge aus dem Ostteil bemerkbar. Hier verloren vor allem die Innenstadtbezirke und jene die an den Osten grenzen Einwohner an den Ostteil, vor allen Kreuzberg und Neukölln. Per Saldo gewonnen haben lediglich Spandau, Zehlendorf und Steglitz.

Doch vergleicht man die Anzahl der Umzüge über die ehemalige Grenze mit der Gesamtzahl der Wanderungen in Berlin, so nehmen diese nur einen minimalen Teil ein (seit 1993 verlaufen nur rund 10% der Umzüge innerhalb Berlins über die ehemalige Grenze) wovon relativ mehr Ostberliner in den Westen ziehen.

Ganz allgemein kann man zusammenfassend sagen, dass die meisten Personen die aus dem Westteil in den Ostteil ziehen Studenten und junge Leute sind, welche sich in den Innenstadtbezirken niederlassen, wohingegen junge Familien in die Randbezirke ziehen. Diese Familien bleiben dann eher für längere Zeit dort wohnen ganz im Gegensatz zu den Studenten und Singles welche eher ,,sprunghaft" sind.

5.2. Entdichtung und Randwanderung bzw. Suburbanisierung

Die Zunahme der Umzugsmobilität während der letzten Jahre hat nicht nur zu einer neuen Beziehung zwischen den Stadthälften Ost und West geführt, sondern auch zwischen Berlin und seinem Umland. Nach dem Mauerfall sind die an Berlin grenzenden Gebiete als Wohnstandorte für solche Haushalte interessant geworden, denen es in der Stadt nicht gefällt oder die die Wohnqualitäten der ländlichen Gegenden höher schätzen.

Die Randwanderung ist in Berlin ein historisch bereits lang anhaltender Prozess. Er ging einher mit einer stetig sinkenden Bevölkerungszahl und damit auch sinkender Einwohnerdichte in den Innenstadtbezirken. Die Bewohnerzahlen der Innenstadtbezirke hängen eng mit dem Umfang der Zuwanderung in die Stadt ab. Ist diese hoch, lassen sich auch mehr Bewohner in der Innenstadt nieder, lässt sie nach, gewinnt der permanent anhaltende Prozess der Randwanderung die Oberhand.

Die Randwanderung ist Voraussetzung und Folge der anhaltenden Verkleinerung der durchschnittlichen Haushaltsgrößen in den Großstädten, die zu einem Wachstum der Wohnfläche pro Kopf führt. Die Einwohnerzahl kann sinken, ohne dass die Zahl der bewohnten Wohnungen abnimmt. Am Stadtrand und im Umland entstehen neue Wohn- und Siedlungsflächen sowie Erweiterungsflächen für Gewerbe, die in den räumlich beengten Innenstädten nicht mehr verfügbar sind. Dieser Prozess der Verlagerung von Wohn- und Gewerbenutzung von der Innenstadt an den Stadtrand und ins Umland wird, solange er innerhalb der administrativen Grenzen der Stadt verläuft, als Randwanderung bezeichnet, als Suburbanisierung jedoch, wenn die Stadtgrenzen überschritten werden und die Ansiedlung im Umland erfolgt.

In der DDR hat es den Prozess der Suburbanisierung nicht gegeben, obwohl auch im Sozialismus die Bevölkerungsdichte in den Altbaugebieten stark gesenkt wurde. Die Wegziehenden wurden innerhalb der Stadtgrenzen in Großwohnanlagen untergebracht, welche technisch modern waren, aber weniger Wohnfläche aufwiesen als Altbauten Ganz anders sah es im Westen aus. Dort wurde in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg die Suburbanisierung überwiegend von einer Eigentumsbildung der Haushalte mit überdurchschnittlichen Einkommen getragen, meist von Familien, so dass die Wohnungen im Umland sehr viel größer als Mietwohnungen in der Innenstadt sind. Die ,,westliche" Suburbanisierung ist daher sozial selektiv, während die ,,östliche" explizit der ,,Annäherung der Klassen und Schichten" dienen sollte.

Suburbanisierung ist eine Folge von steigendem Reichtum und eine Voraussetzung für die Verbesserung der Wohnverhältnisse insgesamt, weil sich die Bevölkerung auf einer größeren Fläche ausbreiten kann. Problematisch ist sie nur, da sie sozial selektiv verläuft, da typischer weise, wie schon erwähnt, jüngere Familien und höhere Einkommensgruppen aus den Innenstädten wegziehen.

Die Motive der Wanderung an den Stadtrand sind vielfältig. Eigentumsbildung spielt hierbei eine große Rolle. Denn die Realisierung von großem Wohnraum mit umliegenden Freiflächen ist typischerweise im Umland möglich. Aber auch Faktoren wie Garten am Haus, Freiflächen, die nicht durch andere Nutzung unattraktiv geworden sind ( zum Beispiel durch Hundedreck) sowie ein sicherer Parkplatz für die eigenen Autos am Haus spielen eine Rolle. Weitere Gründe für die Abwanderung aus den Innenstädten sind vor allem Lärm- und Verkehrsbelastung sowie Probleme des Wohnumfeldes.

Hierzu zählt zum Beispiel das Gefühl der mangelnden Sicherheit durch soziale Probleme in der Nachbarschaft (Alkoholismus) sowie soziale Konflikte in der Schule und Verwahrlosung von öffentlichen Räumen. Vor allem diese Gründe führen dazu, dass sich die Spirale der Abwanderung immer weiter fortsetzt, da dann beispielsweise der Anteil von Kindern aus sozial schwachen Familien in der Schule immer mehr zu nimmt und dies wiederum immer mehr Familien dazu veranlasst, in andere Gebiete zu ziehen. Oft ist soziale Homogenität der Nachbarschaft auch bewusst gewollt. Da es sich meist nur Besserverdienende leisten können in Vierteln am Stadtrand zu wohnen, sind sie sich sicher, dass dort keine sozial Schwachen anzutreffen sind.

Deutlich ist aber auch, dass nicht die wirklich Reichen die Stadt verlassen. Sie finden in den Wohngegenden Grunewald, Frohnau und Zehlendorf auch suburbane Qualitäten - aber innerhalb der Stadt und daher zu erheblich höheren Preisen. Der Zuzug in den engeren Verflechtungsraum kommt in überproportionalem Maße aus den Ost-Berliner Quartieren. Ursachen hierfür können sein, dass die Wohnungsversorgung im Westen auf einem sehr viel höheren Niveau als im Ostteil liegt und das ein Umzug ins Umland ja bedeuten würde, dass man in den Osten zieht, was von vielen noch abgelehnt wird.

Allgemein ist über das Muster der Rand- und Umlandwanderung zu sagen: Ost zieht nach Ost und West nach West, das heißt die Haushalte bewegen sich von der Stadtmitte an den Rand und darüber hinaus ins Umland.

Natürlich gibt es auch Wanderung in die Gegenrichtung. Dies sind meist Ausbildungswanderer, wobei die Frage offen bleibt, ob sie als dauerhafte Bewohner gehalten werden können oder ob sie nach der Ausbildung wieder zurück kehren.

Dann gibt es noch die Gruppe, die bewusst in die Innenstadt ziehen, obwohl sie die finanziellen Mittel hätten, auch im Umland zu wohnen. Diese unterscheiden sich durch ihren Lebensstil. Sie sind meist sehr stark berufsbezogen und auf kulturelle Angebot in der Stadt aus. Für sie spielen beispielsweise soziale Konflikte in Schulen keine Rolle. Diese Gruppe kann mit ihren Wohnwünschen in den innerstädtischen Quartieren in Konflikt mit der anwesenden Bevölkerung geraten, wenn die Wohnungen speziell für höhere Einkommensgruppen aufbereitet und - auch zur Eigentumsbildung - verfügbar gemacht werden. Dieser Prozess der Aufwertung eines Stadtteils, der mit einer Veränderung des sozialen Status der Bewohner verbunden ist, wird als Gentrification bezeichnet ( Beispiel für Berlin: Bezirk Mitte und Prenzlauer Berg).

Wo sich diese neue Schicht in Quartieren ausbreiten kann, in denen aufgrund des Wegzugs älterer Mittelschichten Wohnungen verfügbar sind, gibt es nur wenig soziale Probleme/Konflikte. Wo aber einkommensschwache und einkommensstarke Gruppen bei der Konkurrenz um Wohnraum aufeinander treffen, kann es zum Kampf um den Stadtteil kommen.

Allgemein ist die Fluktuation in Berlin in den 90er Jahren stark angestiegen. Vor allem in den Ost-Berliner Innenstadtbereichen ist das Wanderungsvolumen am stärksten gestiegen. Aber auch in den anderen Teilen der Stadt hat die Häufigkeit von Wohnungswechseln zugenommen. Dies ist ein deutliches Indiz dafür, dass eine Neusortierung der Bevölkerung im Stadtgebiet im vollen Gange ist.

Die Folgen des Wegzuges der Erwerbstätigen mit mittleren und höheren Einkommen sind unter anderem sinkende Einnahmen aus der Einkommenssteuer für die Stadt und gleichzeitig steigende Kosten für notwendige Sozialausgaben bei steigenden Anteilen von Arbeitslosen, aber auch das Problem, dass viele der Randwanderer weiterhin die Infrastruktureinrichtungen in der Stadt nutzen und der städtische Haushalt dies bezahlen muss.

Auch der Pendelverkehr (viele der Randwanderer arbeiten weiterhin in der Stadt) verschlechtert die Lebensqualität in der Stadt, wodurch sich noch mehr Menschen veranlasst fühlen, an den Rand zu ziehen, was wiederum zu noch weniger Einnahmen für die Stadt und noch mehr Arbeitslose prozentual etc. führt.

Beispielsweise müssen in der Innenstadt vor allem weite Teile von Wedding, Kreuzberg, die Altbaubereiche von Friedrichshain, die Oranienburger Vorstadt sowie die nördliche Schönhauser Allee große Verluste an Erwerbstätige verbuchen. Hingegen weisen alle Außenbezirke Gewinne an Erwerbstätigen auf, außer Marzahn, Hellersdorf, Hohenschönhausen und Buch.

5.3. Verteilung von Ausländern im Stadtgebiet

Ein anderes ganz deutliches Beispiel für die verschiedenen Muster sozialer Ungleichheit ist die Verteilung von Ausländern und deren prozentualer Anteil an der dortigen Bevölkerung.

Bei der Verteilung von Ausländern im Stadtgebiet von Berlin haben sich in der Vergangenheit Konzentrationen gebildet, die auch in den 1990er-Jahren stabil geblieben sind. Die Schwerpunkte in Kreuzberg, Wedding und Tiergarten bestehen bereits seit den 70er-Jahren, sie haben sich in den 80er-Jahren ausgedehnt und sind in den 90er-Jahren noch immer die Stadtteile mit den höchsten Ausländeranteilen.

Schaut man genauer hin, so erkennt man, dass sich die Gebiete mit den höchsten Ausländeranteilen in den gründerzeitlichen Altbauquartieren der West-Berliner Innenstadt um den Bezirk Mitte ( im Süden Kreuzbergs und der nördliche Teil von Neukölln, im Norden Weddings und im Westlichen Tiergarten und das nördliche Schöneberg) befinden.

Diese Gebiete, in denen der Ausländeranteil über 30% beträgt, grenzen an weitere Gebiete, in denen der Ausländeranteil zwischen 20 und 30 Prozent liegt und die bis nach Charlottenburg reichen. In den Außenbezirken West-Berlins überschreitet der Ausländeranteil nur in wenigen Gebieten 10%.

Auffällig ist die nach wie vor unterschiedliche Struktur der beiden Stadthälften. In Ost-Berlin haben bisher nur wenige Gebiete einen Anteil von 10% erreicht. Diese liegen nur im Bezirk Mitte an der Friedrichstraße und im nördlichen an den Wedding grenzenden Bereich. Die Konzentrationen von Ausländern im äußeren Siedlungsbereich gehen auf Wohnheime für Arbeitsmigranten und Flüchtlinge zurück.

Der Hauptgrund warum nicht viele Ausländer in den Osten ziehen ist wohl, dass sie Angst vor Fremdenfeindlichkeit, vor offenem oder verdeckten Rassismus, vor Skins oder schlicht wegen der fehlenden Unterstützung im Falle von rassistischer Gewalt haben.

Die Geschichte der Zuwanderung zeigt, dass Zuwanderer in jene Quartiere ziehen, die von Deutschen nicht mehr nachgefragt werden. In den 90er-Jahren zogen Zuwanderer nach wie vor in Altbaubestände, es kamen nun jedoch auch Sozialwohnungen und Großsiedlungen hinzu.

Von vielen Autoren ist die Segregation von Ausländern mit kulturellen Gründen und niedrigen Mieten erklärt worden, doch scheint es eher so zu sein (vgl. Ipsen (1981) in Häußermann/Kapphan), dass Ausländer auf Grund der relativ geschlossenen Strukturen de Wohnungsmarktes in der Regel gar keine andere Wohnung bekommen würden, auch wenn sie bereit wären eine höhere Miete zu zahlen. Sie können nur dort Wohnraum mieten wo sie auch akzeptiert werden.

Da das Finden einer Wohnung so schwierig für sie ist, geben sie die Informationen über frei werdende Wohnungen in diesen Quartieren an Bekannte weiter und dadurch tragen sie mit dazu bei, dass immer mehr Ausländer in diese Quartiere ziehen. Daraus folgt, dass die Konzentrationen von Ausländern nicht freiwillig entstanden sind.

Ein Problem in solchen Quartieren ist, dass hier eine hohe Arbeitslosigkeit und niedrige Einkommen anzutreffen ist, und zwar nicht nur bei den ausländischen Bewohnern, sondern auch bei den hier lebenden Deutschen. Wut und hilflose Desorientierung führen oft dazu, dass die Deutschen die Ausländer für ihre schlechte Lage und Armut verantwortlich machen. Dazu trägt einerseits der altbekannte Mechanismus von Transformation der eigenen Schwäche in eine Aggression gegen einen vermeintlich Schuldigen bei, aber auch die Angst, dass es einem selbst schlechter gehen könnte als den Ausländern und man ebenfalls Opfer von Stigmatisierung und Diskriminierung werden könnte. Diese Reaktion lässt sich am Besten mit ,,Statuspanik" bezeichnen.

Wenn Ausländerzuzug als soziale Abwertung des Quartiers wahrgenommen wird und die ansässigen Bewohner ihres eigenen Status nicht mehr sicher sein können, dann stellt Ausländerfeindlichkeit den Versuch dar, sich selbst von Entwicklung des Quartiers zu distanzieren und den eigenen sozialen Abstieg zu leugnen. Dies erklärt auch zu einem guten Teil den hohen Anteil rechter Wähler in Wedding und dem nördlichen Neukölln.

Bei den Ausländern kann die hohe Arbeitslosigkeit und die blockierte soziale Mobilität hingegen zu Resignation und Rückzug in die eigene ethnische Gruppe führen. Dabei kann es zu einer Radikalisierung ethnisch-kultureller Momente kommen, wie sie zum Beispiel die Hinwendung zu fundamentalistischen Gruppierungen darstellt.

6. Lösungsansätze

Viele Stadtpolitiker fordern, es solle eine ,bessere` soziale Mischung ,hergestellt` werden doch Häußermann und Kapphan glauben nicht, dass es probate Mittel gibt, soziale Mischung in einem Wohnquartier herzustellen.

Die durch die Randwanderung motivierten Entmischungsprozesse können von der Stadtpolitik kaum gesteuert werden - höchstens mit repressiven Mitteln. Eine Möglichkeit wäre, Wohnquartiere innerhalb der Stadt den Bedürfnissen der an den Rand Wanderden anzupassen. Doch dies ist auch kein gangbarer Weg, da einerseits die niedrigen Preise für relativ große Häuser, wie sie im Umland zu finden sind, innerhalb der Stadt nicht realisierbar sind und zum anderen würde eine Durchsetzung der Wohnvorstellungen der Umlandwanderer in der Stadt bedeuten, dass man die Einwohnerdichte entscheidend senkt und damit die Vorteile, die sich aus dem dichten Zusammenleben in der Großstadt ergeben, beschädigt oder vernichtet.

Nach Häußermann und Kapphan ist eine wirkliche Mischung in einem Quartier nur dann herzustellen, wenn verschiedene Eigentumsformen, verschiedene Nutzungen, verschiedene ethnisch-kulturelle Gruppen, wenn Arm und Reich, wenn Jung und Alt zusammen wohnen. Einen solche Mischung ist aber nicht administrativ herzustellen, sondern nur in einem historischen Prozess, in dem für die verschiedensten Wohnwünsche günstigste Bedingungen innerhalb eines Quartiers geschaffen werden. Dies ist aber nur möglich, wenn man die Steuerung der Wohnungsversorgung nicht, wie es gegenwärtig gang und gebe ist, dem Markt überlässt.

Dangschat geht noch weiter. Er fordert, dass sich insbesondere die Stadterneuerungspolitik in Zukunft eindeutiger für die Priorität der sozialen Zielsetzung entscheiden muss. Das bedeutet, die behutsame Stadterneuerung als Chance zur Erneuerung zu begreifen und nicht durch einzelne Standortentscheidungen zu gefährden, die bestehende Bewohnerzusammensetzung zu erhalten und die Bewohnerinteressen vor Investoreninteressen zu stellen.

Auch sollte man sich nicht auf einzelne Schichten konzentrieren (beispielsweise nur Rentner oder Jugendliche) sondern alle Bewohner eines Wohnviertels als ein Ganzes betrachten. Aber auch die Chancen zur informellen Arbeit sind für ihn wichtig.

Damit ist alles außerhalb beruflicher formeller Arbeit gemeint, beispielsweise Selbsthilfegruppen, Versorgung von Kindern und Alten etc.. Er sieht die informelle Arbeit als einen Bestandteil einer sozialpolitischen Strategie sozialer Integration auf Quartiersebene an.

7. Literaturangaben

Dangschat, Jens (2000): Sozialräumliche Differenzierung in Städten: Pro und Contra. In: Harth, Anette/Scheller, Gitta/Tessin, Wulf (2000): Stadt und Soziae Ungleichheit. Opladen: Leske+Budrich.

Dangschat, Jens (1999): Modernisierte Stadt - gespaltene Stadt. Ursachen von Armut und sozialer Ausgrenzung.

Opladen: Leske+Budrich

Häußermann, Hartmut/Kapphan, Andreas (2000): Berlin: Von der geteilten zur gespaltenen Stadt?

Opladen: Leske+Budrich

Häußermann, Hartmut/Siebel, Walter (2000): Sozialräumliche Differenzierung in Städten: Pro und Contra. In: Harth, Anette/Scheller, Gitta/Tessin, Wulf (2000): Stadt und Soziale Ungleichheit.

Opladen: Leske+Budrich.

Friedrich, Malte (1999): Die räumliche Dimension städtischer Armut

In: Dangschat, Jens (1999): Modernisierte Stadt - gespaltene Stadt. Ursachen von Armut und sozialer Ausgrenzung.

Opladen: Leske+Budrich

Schmalfeld, Andreas/Berger, Olaf (1999): Stadtentwicklung in Hamburg zwischen ,,Unternehmen Hamburg" und ,,Sozialer Großstadtstrategie"

In: Dangschat, Jens (1999): Modernisierte Stadt - gespaltene Stadt. Ursachen von Armut und sozialer Ausgrenzung.

Opladen: Leske+Budrich

Abbildung aus:

Häußermann, Hartmut/Kapphan, Andreas (2000): Berlin: Von der geteilten zur gespaltenen Stadt?

Opladen: Leske+Budrich

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Räumliche Muster sozialer Ungleichheit
Hochschule
Technische Universität Berlin
Veranstaltung
Einführung in die Stadtsoziologie
Note
12,5 Punkt
Autor
Jahr
2002
Seiten
14
Katalognummer
V106477
ISBN (eBook)
9783640047567
Dateigröße
549 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Räumliche, Muster, Ungleichheit, Einführung, Stadtsoziologie
Arbeit zitieren
Michael Färber (Autor:in), 2002, Räumliche Muster sozialer Ungleichheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106477

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