Lebensbedingungen und Lebensstile


Hausarbeit, 2001

21 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffsdefinition Lebensbedingungen
2.1 Lebensbedingungen und Bedürfnisbefriedigung
2.2 Lebensbedingungen und habitualisierte Handlung
2.3 Lebensbedingungen in verschiedenen Epochen
2.3.1 Lebensbedingungen der 50ger Jahre
2.3.2 Lebensbedingungen der 60ger Jahre
2.3.3 Lebensbedingungen Anno 1994

3 Begriffsdefinition Lebensstil
3.1 Beeinflussung des Lebensstils durch exogene Variablen
3.2 Der Lebensstil als Ausdruck der Persönlichkeit
3.3 Pluralisierung der Lebensstile
3.4 Lebensstile in verschiedenen Epochen
3.4.1 Lebensstile der 60ger Jahre
3.4.2 Lebensstile der 70ger Jahre
3.4.3 Lebensstile Anfang der 80ger Jahre
3.4.4 Lebensstile Ende der 80ger Jahre
3.4.5 Lebensstile der 90ger Jahre

4 Schlussbemerkung

5 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die Kluft zwischen Gesellschaft und Privatheit wird in der heutigen pluralistischen Bürgergesellschaft dank der guten Lebensbedingungen in Deutschland immer mehr vergrößert.

Die Möglichkeiten der Differenzierung werden ausgiebig genutzt, was aber auch auf unterschiedliche Lebensziele, monetäre Ressourcen und dem persönlichen Lebensstil zurückzuführen ist.

Im Bereich Lebensbedingungen gehe ich der Frage nach wie sie sich unter monetäre Einflussnahme als äußere Voraussetzungen entwickeln.

Im Bereich Lebensstile gehe ich der Frage nach wie sich positive Lebensbe- dingungen auf das Verhalten und dem so geprägten Lebensstil auswirken.

Ich stütze mich dabei auf die ausgewählten Bücher, die ich mir aus der Bibliothek ausgeliehen habe.

Den genauen Titel der von mir für diese Hausarbeit verwendeten Bücher gebe ich vollständig im Literaturverzeichnis an.

2 Begriffsdefinition Lebensbedingungen

Die Lebensbedingungen symbolisieren die äußeren Voraussetzungen. Ein Beispiel wären die finanziellen Gegebenheiten.

Wird durch Erwerbstätigkeit nur ein kaum ausreichender Lohn gewährt, sind folglich die Lebensbedingungen äußerst negativ, indem diese Person niemals alle seine Wünsche im Leben erfüllen kann.

(vgl. Hradil, S. (Hrsg.) (1992): Zwischen Bewusstsein und Sein, Verlag Leske & Budrich Opladen, S. 10 und 11)

Bestimmte berufliche Positionen im Arbeitsprozess ergeben bessere oder schlechtere Lebensbedingungen, was gleichzeitig bewusstseinsprägend ist und das Konsumverhalten beeinflussen kann.

(vgl. Hradil, S. (1987): Sozialstrukturanalyse in einer fortgeschrittenen Gesellschaft - Von Klassen und Schichten zu Lagen und Milieus, Verlag Leske und Budrich, Opladen, S. 71)

Lebensbedingungen sind alle alltäglichen Lebensprozesse, die unsere Existenz prägen. Wechselnde Lebensbedingungen haben entscheidenden Einfluss auf unser Wohlbefinden, was am Anfang des 20. Jahrhunderts durch körperliche Arbeitsentlastungen gesteigert wurde.

(vgl. Schäfers/Zapf (Hrsg.) 1998, S. 419)

Lebensbedingungen sind Einflussfaktoren, die sich auf die Gesundheit, der Mentalität und auf die politische Aktivität positiv oder negativ auswirken kön- nen.

(vgl. Eder, K. (Hrsg.) (1989): Klassenlage, Lebensstil und kulturelle Praxis, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main; S. 119)

Unser Wohlbefinden wurde durch immer bessere Lebensbedingungen ge- steigert, was wir den verbesserten Arbeitsbedingungen zu verdanken haben.

Die Verbreitung der Wohlfahrt hat zur Abkehr des materialistischen Erfolgs- strebens zu Gunsten des postmateriellen Selbstentfaltungs- und Erlebniswer- ten geführt.

(vgl. Eder, K. (Hrsg.) (1989): Klassenlage, Lebensstil und kulturelle Praxis, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main, S. 113)

Lebensbedingungen bestehen aus:

Arbeits- und Freizeitbedingungen

soziale Sicherungssysteme

Infrastruktur

Diese Arbeitsbedingungen waren dann nicht mehr so körperlich anstrengend und so konnten sich die Menschen mehr auf ihr Privatleben und dessen Gestaltung konzentrieren.

Freizeit ist Wiederherstellung der Arbeitsbereitschaft, aber viele erledigen zu Hause Arbeiten, die sie während ihrer außerhäuslichen Arbeit nicht erledigen können.

Auch die sozialen Verhältnisse besserten sich, weil der Staat durch Zahlung von Transfergeldern mit Hilfe von Umverteilungsmechanismen die Lebensbedingungen auszugleichen sucht.

Die Sorge um die Bewältigung unserer persönlichen Grundbedürfnisse waren nicht mehr präsent, weil das Solidaritätsprinzip vom Staat gelenkt und nach Bedarf verteilt wurde.

Der Staat gleicht die Lebensverhältnisse nicht nur regional, sondern auch personenbezogen aus.

(vgl. Schäfers/Zapf (Hrsg.) 1998, S. 419)

Wird durch Erwerbstätigkeit nur ein kaum ausreichender Lohn gewährt, sind folglich die Lebensbedingungen äußerst negativ.

Abnehmende Ressourcen bedeutet eine im gleichem Maße abnehmende Handlungsvoraussetzung bzw. Handlungsbereitschaft.

(vgl. Hradil, S. (Hrsg.) (1992): Zwischen Bewusstsein und Sein, Verlag Leske & Budrich Opladen, S. 10 und 11)

Vorteilhafte oder nachteilige Lebensbedingungen hängen mit dem Erwerbsleben und von der jeweiligen Lohnabhängigkeit zusammen.

(vgl. Hradil, S. (1987): Sozialstrukturanalyse in einer fortgeschrittenen Gesellschaft

- Von Klassen und Schichten zu Lagen und Milieus, Verlag Leske und Budrich, Opladen, S. 70)

Damit der heute erreichte personenbezogene Lebensstandart der Bürger zu halten ist, zahlt der Staat Transferleistungen an die Bevölkerungsgruppe, die über keinerlei Arbeitsbedingungen verfügen.

Staatliche Transferleistungen sollen aber nur übergangsweise als Ersatz der nicht vorhandenen Arbeitsbedingungen gezahlt werden. Darunter fallen Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und Studenten, die Bafög erhalten.

Die schlechten Lebensbedingungen sind Ausdruck der vorhandenen (schlechten) Arbeitsbedingungen, die auch negative Wirkungen auf die Freizeitbedingungen beinhaltet.

Lebensbedingungen orientieren sich auch an vorherrschende äußere Umweltgegebenheiten, wie die Beeinflussung durch den 2. Weltkrieg.

Die erste Nachkriegszeit bestimmte durch Befriedigung von physischen Be- dürfnissen der Nahrung, des Wohnens, der Geselligkeit ('Fresswelle'); gefolgt in den 70er Jahren vom Streben nach mehr Freizeit, mehr Beweglichkeit, mehr Mediengenuss ('Freizeitwelle'); so sind die 80er Jahre und unsere Jah- re geprägt durch 'integrative Lebenskonzepte' - sehr individuell und stark he- donistisch, möglichst 'natürlich' und empfindlich umweltbesorgt ('Öko-Welle').

(vgl. Schäfers/Zapf (Hrsg.) 1998, S. 419)

2.1 Lebensbedingungen und Bedürfnisbefriedigung

Die Lebensbedingungen und dessen Erfüllung folgen der Bedürfnispyramide vom Maslow.

Erlauben die Lebensbedingungen höherwertige Ziele zu erreichen, werden alle Versuche unternommen sie zu erreichen.

Aber vorher möchte das Individuum seine Existenzbedürfnisse gewahrt wissen, um sich dann den höheren Zielen widmen zu können. Sie werden deshalb auch Grundbedürfnisse genannt, weil sie vorhanden sein müssen, um die nächste Stufe erreichen zu können.

Statusniedrige Gruppen leben eher heimzentriert, weil sie vielleicht nur ihre Grundbedürfnisse befriedigen können, denn ihre Einkommen sind sehr gering und ihre beruflichen Einsatzfähigkeiten sind meist unterhalb des von Markt erwünschten Potenzials. Sie verfügen noch nicht über ausreichende finanzielle und substantielle Sicherheit.

Wenn die individuellen Arbeitsbedingungen durch Zahlung einer Vergütung oberhalb der Erfüllung des täglich Möglichen und Nötigen liegt, wird das noch übrige Geld nicht angelegt, sondern wir für die zweite Stufe verwandt.

Hierbei handelt es sich um die Sicherheitsbedürfnisse, indem meist der Erwerb eines eigenen Hauses mit Beteiligung eines großen Involvement stattfinden wird.

Das ist ein Beleg dafür, das sie sich auf einer niedrigeren, aber dafür sicheren Ebene verharren und sie sind aus den geschilderten Grund nicht in der Lage ein außerhäusliches Engagement zu zeigen, weil bei ihnen das Sicherheitsbedürfnis im Vordergrund ihres Handelns steht.

So haben Sie durch ihre gleichbleibend hohen Einkommen ihre lebensnot- wendigen Grundbedürfnisse und die Sehnsucht nach Sicherheit schon erreicht.

Sind die Sicherheitsbedürfnisse befriedigt, werden die sozialen Bedürfnisse fokussiert.

In dieser Stufe stehen die zwischenmenschlich/sozialen Bedürfnisse an, weil die räumliche Umgebung nicht nur Sicherheit, sondern auch Privatheit und Geborgenheit vermittelt, in dieser das Leben und eine Partnerin bzw. ein Partner einziehen kann.

Personen mit einem gehobenen Lebensstil haben sehr wahrscheinlich die sozialen, zwischenmenschlichen Bedürfnisse schon gestillt. So kommen neue Bedürfnisse auf, die mit einem stärkeren politischen Interesse und einem stärkeren außerhäuslichen Engagement in Verbindung mit freiwilligen Mitgliedschaften in Vereinigungen einhergehen.

Danach tritt die kosmopolitische Dimension an, die das vorherige Heimzentrierte ablöst, wo die Geltungsbedürfnisse auf ihre Entfaltung warten.

Sie werden durch öffentliche Beteiligungen an Vereinen oder politischen Institutionen gestillt.

Nun folgt die Selbstentfaltung, indem das Individuum durch alle vorherigen Stufen in die günstige Lage versetzt wird, den privaten Neigungen nachzu- gehen.

Diese Phase ist sehr individuell, weil jede Person über eine eigenständige Präferenzstruktur verfügt.

Je positiver die Lebensbedingungen, also die finanziellen Voraussetzungen sind, desto bunter und vielschichtiger werden auch die Lebensstile.

(vgl. Glatzer, W. (Hrsg.) (1992): Entwicklungstendenzen der Sozialstruktur - Soziale Indikatoren XV, Campus Verlag, Frankfurt/Main, S. 7)

2.2 Lebensbedingungen und habitualisierte Handlung

Lebensbedingungen begründen nicht nur die Handlungsvoraussetzung, sondern sind habitusprägend.

Die individuellen Ressourcenausstattungen geben die Rahmenbedingungen des Handeln vor, die erst durch den Habitus zum Ausdruck gebracht werden.

(vgl. Eder, K. (Hrsg.) (1989): Klassenlage, Lebensstil und kulturelle Praxis, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main, S. 120)

Die habitualisierte Handlung stellt im Gegenteil zur Handlungsvoraussetzung eine Generationenbindung auf, weil hier auch die früheren Denkmuster mit einbezogen werden können.

Sie werden als kollektive Generationserfahrungen als Orientierungsmuster innerhalb der Überflussgesellschaft genutzt.

Kollektive Erfahrungen einer spezifischen Generation:

Kriegsgeneration

Konsumgeneration

Krisengeneration

Es existieren nicht nur kollektive Generationserfahrungen, sondern auch eine klassenspezifische Ausrichtung der Handlungsweisen.

(vgl. Eder, K. (Hrsg.) (1989): Klassenlage, Lebensstil und kulturelle Praxis, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main, S. 126)

Die Gesellschaft kann auch nach Maßgabe des Gesamtkapitals eingeteilt werden, weil hier ökonomisches, soziales und Bildungskapital mit einbezogen werden kann.

Hier unterscheidet sich:

Arbeiterklasse

Kleinbürgertum

Bourgeoisie

Habitus Arbeiterklasse

Aus der Not der begrenzten Lebensbedingungen wird eine Tugend gemacht, indem sie in einen typischen Lebensstil übersetzt wird, wo das Handeln auf das notwendig Praktische begrenzt bleibt.

Die Kultur der Notwendigkeit ist nur dadurch gegeben, weil sich die Arbeiterklasse aus finanzieller Sicht nicht mehr als die Befriedigung der Elementarbedürfnisse erlauben können.

Die Arbeiterklasse wird nicht unterteilt, weil ein Defizit auf allen drei Kapitalebenen vorhanden ist.

Habitus Kleinbürgertum

Normerfüllung und verbissener Aufstiegskampf (absteigendes Kleinbürger- tum)

Abgrenzung zum Konformismus durch grelle Penetranz (aufsteigendes Bür- gertum)

Habitus Bourgeoisie

Durchsetzung der eigenen Maßstäbe und Ablehnung einer Anpassung an fremde Gedankenwelten

Der sogenannte Klassenkampf lebt innerhalb der Klassenfraktion Bourgeoi- sie weiter, weil der Kampf der Klassifikation erst innerhalb der Bourgeoisie auftritt, bevor es gegen die anderen unteren Klassen angewendet wird.

Diese Handlungsweise ist dadurch verständlich, weil ein höheres finanzielles Kapital seine eigene persönliche Autonomiebestrebung erhöht.

Bourgeoisie:

Überwiegend Finanzkapital = Besitzbürgertum

Überwiegend Bildungskapital = Bildungsbürgertum

Diese Dreiteilung der Gesellschaft in die drei Habitusstadien werden als primäre Faktoren des sozialen Raumes angesehen. Doch da existieren noch weitere, aber nur sekundär berücksichtigte Faktoren, die auch eine Dreiteilung des sozialen Raumes vornehmen und so indirekt zu einer Untermauerung der primären Faktoren beitragen.

Sekundäre Faktoren des sozialen Raumes:

Alter

Geschlecht

Möglichkeit der Habitusänderung

Berufsstatus und Bildungsgrad verblassen und treten in den Hintergrund von Aspekten, wie Arbeitsplatzsicherheit, der Umgang mit neuen Technologien, Alter, Familienstand, weil die individuelle Werthaltungen die Entscheidungen prägt.

(vgl. Eder, K. (Hrsg.) (1989): Klassenlage, Lebensstil und kulturelle Praxis, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main, S. 114,115, 116, 117, 121, 122, 127)

2.3 Lebensbedingungen in verschiedenen Epochen

2.3.1 Lebensbedingungen der 50ger Jahre

Die erste Nachkriegszeit bestimmte durch Befriedigung von physischen Be- dürfnissen der Nahrung, des Wohnens, der Geselligkeit ('Fresswelle'); gefolgt in den 70er Jahren vom Streben nach mehr Freizeit, mehr Beweglichkeit, mehr Mediengenuss ('Freizeitwelle'); so sind die 80er Jahre und unsere Jah- re geprägt durch 'integrative Lebenskonzepte' - sehr individuell und stark he- donistisch, möglichst 'natürlich' und empfindlich umweltbesorgt ('Öko-Welle').

(vgl. Schäfers/Zapf (Hrsg.) 1998, S. 419)

Doch am Ende der 50ger Jahre sollte es dann um mehr gehen:

2.3.2 Lebensbedingungen der 60ger Jahre

Wohlstand für alle

lautete das Motto. Der Nachkriegsboom hatte keine historischen Vorbilder.

Wohlstand für alle.

heißt jedoch nicht: für alle gleich viel.

Der Anteil der Haushalte mit einem monatlichem Nettoeinkommen von über 10.000 DM hat sich zwischen 1972 und 1992 fast verfünffacht. Die Wohlhabenden werden zahlreicher.

Die Unterschiede zwischen arm und reich sind über die Zeit verblüffend konstant geblieben.

(Fahrstuhleffekt)

Schlagworte waren:

Soziale Marktwirtschaft

demokratischer Rechts- und Sozialstaat

Schlagworte der 68er waren:

eine liberalere Politik

Kulturpluralismus

= unterschiedliche Lebensstile

2.3.3 Lebensbedingungen Anno 1994

Laut Einkommens- und Vermögensstichprobe (EVS):

fast alle Familien haben ein Sparbuch

zwei Drittel eine Lebensversicherung

fast die Hälfte Wertpapiere

Laut Einkommens- und Vermögensstichprobe (EVS):

Jeder zweite westdeutsche Haushalt

war Eigentümer von Haus- und Grundbesitz

(vgl. Schäfers/Zapf (Hrsg.) 1998, S. 419)

3 Begriffsdefinition Lebensstil

Beim ersten Kontakt mit dem Wort drängt sich uns der Verdacht auf, das es sich hier um ein zusammengesetztes Wortgebilde handelt.

Einen Stil erkennen wir in unserem täglichen Leben als Führungsstil oder durch unsere eigene Eigenart prägenden persönlichen Arbeitsstil.

Diese Stilarten erfassen nicht die gesamte Lebensweise eines Menschen, sondern sind im Vergleich zu diesem nur ein Partikel.

Nun würde das selbständige Wort Leben definiert werden müssen, doch so ergibt sich in diesem separaten Zustand keine sinnvolle Bedeutung.

Der Lebensstil zerlegt das Handeln nicht in partikulare oder thematische Einzelstile, sondern er umfasst das gesamte Handeln einer Person innerhalb der persönlich gegebenen Ressourcen, die als Rahmenbedingungen für alle Lebensstile Gültigkeit behalten.

Der Lebensstilbegriff wurde aus dem Habitus entwickelt und offenbart unseren individuellen Lebensvollzug. Er prägt die moderne Lebensführung von heute und dient als neue Integrationsform.

Soziale Differenzierungsschemata werden sensibilisiert, weil allen Lebensäußerungen kulturelle Bedeutung beigemessen wird. Dies führt zu einer Aufwertung des kulturellen Feldes, also zur ,,Kulturalisierung der Gesellschaftsauffassung". Das Individuum wird zum Lebensstilträger.

(vgl. Fröhlich, G. (Hrsg.), Mörth, I. (1994): Das symbolische Kapital der Lebensstile, Campus Verlag Frankfurt/New York, S. 7, 12 ,13, 15, 18)

Früher war das gesellschaftliche Ordnungselement unter dem Klassenbegriff zu finden. Heute jedoch verkörpern Lebensstile die Gesamtheit von Einstellungen, Verhaltensweisen und Organisationsformen.

Die Gesellschaft ist kein statisches Gebilde mehr.

Durch wechselnde Lebenslagen (Lebenssituationen) verändern sich Lebens- einstellungen und Lebensstile sehr viel schneller. Die Pluralisierung der Le- bensstile steht im direktem Zusammenhang mit dem ständigen Wechsel der äußeren Lebensbedingungen. Sie fördern den Pluralismus der Lebensstile.

Lebensstile werden durch das Muster der Alltagsorganisation erkennbar und beschreiben eine neue soziologische Sichtweise, die sich mit anderen sozialen Aspekten zu einer sinnvollen Einheit komplettiert.

Lebensstile bezeichnen:

die tägliche Lebensführung von Personen und Gruppen. Sie verfügen über deckungsgleiche Konsumpräferenz oder / und Verhaltensweisen, die Gemeinsamkeiten aufweisen.

Lebensstile bedeuten:

die individuellen Gestaltungsmuster zu erkennen.

Lebensstile können mit dem Begriff Lebensführung gleichgesetzt werden.

Lebensstile bezeichnen nicht nur das Alltägliche, sondern offenbaren auch kulturelle Interessen und Wünsche. Zunehmend sind Lebensstile durch heute abnehmende Belastungen und steigender Differenzierungsmöglichkeiten gekennzeichnet, die durch positive Lebensbedingungen unterstützt werden.

(vgl. Zapf, W. (1987): Individualisierung und Sicherheit, Verlag C. H. Beck, München, S. 10 und 12, 15)

Lebensstile geben auch Hinweise auf die individuelle Lebensbewältigungs- strategie.

(vgl. Hörning, K. H. (1991): Zeitpioniere Flexible Arbeitszeiten - neuer Lebensstil, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main, S. 21)

Lebensstile sind mikroskopische Handlungsmuster:

zeitlich strukturierte Muster der individuellen Lebensführung in Abhängigkeit von materiellen und kulturellen Ressourcen

(vgl. Hradil, S. (Hrsg.) (1992): Zwischen Bewusstsein und Sein, Verlag Leske & Budrich Opladen, S. 62)

3.1 Beeinflussung des Lebensstils durch exogene Variablen

Der Lebensstil ist nicht ganz auf die eigene Persönlichkeit fixiert, sondern er ist auch von der Umwelt beeinflussbar.

Je nach unserer Situation können wir unseren Lebensstil anpassen, und zwar nicht nur durch die Veränderung unserer Ressourcenlage, sondern auch wenn wir unsere soziale Umgebung wechseln.

Ein Wechsel der Umgebung kann durch viele unterschiedliche Gegebenhei- ten erfolgen, wie durch eine beruflich notwenige, räumliche Veränderung.

Durch diese räumliche Veränderung wechseln wir auch unsere eigene per- sönliche Zugehörigkeit und haben nun mehr Beziehungen zu dem neuen Ort und zu den neuen Menschen, die nun im Zusammenhang unsere neue Um- welt konstituiert.

So wird uns vor Augen geführt, das der Lebensstil nicht isoliert, sondern eher im Kontext mit der gegebenen Umwelt koordiniert wird, indem wir unseren eigenen Lebensstil durch Wechsel der Gruppenzugehörigkeit wählen und auch gleichzeitig wieder abwählen können.

Der Lebensstil verfügt also nicht über eine feste Konsistenz, sondern ist eher ein leicht formbares Material und deswegen wird der Lebensstil auch als intentionaler Lebensstilbegriff bezeichnet.

3.2 Der Lebensstil als Ausdruck der Persönlichkeit

Der Lebensstil wird immer von der eigenen Persönlichkeit geprägt und ist ein individuelles Zeichen der Selbstverwirklichung.

Das Gefühl der Selbstverwirklichung erreichen wir nur, wenn wir selbst als Stilist unseres eigenen Lebens auftreten können.

Als Stilist treten wir auf, wenn wir unsere Präferenzen verwirklichen können.

Nur dann ist die höchste Stufe des persönlichen Lebensstils erreicht, wenn die Selbstverwirklichung nicht mehr erweiterungsfähig ist.

Dieser Punkt markiert den höchsten Grad der Zufriedenheit.

(vgl. Fröhlich, G. (Hrsg.), Mörth, I. (1994): Das symbolische Kapital der Lebensstile, Campus Verlag Frankfurt/New York, S. 16)

Der Lebensstil dient uns als Spielraum zur Gestaltung der Lebensführung, weil er in Kombination mit anderen Größen gebracht werden muss.

Unser Lebensstil prägt das individuelle Konsum- und Wahlverhalten und durch unser Konsumverhalten geben wir automatisch unseren Lebensstil bekannt. Der Lebensstil an sich verrät unsere privaten Lebensbedingungen.

(vgl. Hörning, K. H. (1991): Zeitpioniere Flexible Arbeitszeiten - neuer Lebensstil, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main, S. 21)

3.3 Pluralisierung der Lebensstile

Ehemalige verbindliche Wert- und Orientierungsmuster werden relativiert und geben dadurch einen Anstoß zur Pluralisierung der Lebensstile, weil eine gesellschaftliche Ächtung oder Stigmatisierung nicht mehr vorgenommen wird.

Über generalisierte Werte hervorgerufene Einlinigkeit und Eintönigkeit wer- den zu Gunsten der relativen Eigenverantwortung abgebaut, indem jedes Individuum über seine eigenen Präferenzstrukturen sein Lebens gestaltet.

Durch eine Übergewichtung der Persönlichkeit tritt immer stärker das Indivi- duum als alleiniges Zentrum seiner eigenen Lebensplanung in den Vorder- grund.

Pluralisierungen führen zu Individualisierungseffekten, aber nicht automa- tisch in die Vereinzelung, sondern es zeichnet sich eine Gesellschaftsverän- derung ab, die zu einem Strukturumbruch führt, in dieser die Lebensstile die Aufgabe der ehemaligen verbindlichen Wert- und Orientierungsmuster über- nehmen.

(vgl. Hörning, K. H. (1991): Zeitpioniere Flexible Arbeitszeiten - neuer Lebensstil, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main, S. 19, 20)

Die Pluralisierung der Lebensstile wird von folgenden Gegebenheiten unter- stützt:

Streben nach Autonomie

Abnahme der traditionellen Werte

Bessere Lebensbedingungen

Gestiegene Wahlfreiheit

Differenzierung der Lebensformen

Gestiegene Mobilität und Lebenserwartung

Wer aber eine Partnerschaft eingehen möchte, versucht seine Lebenspla- nung durch eine wilde Ehe zu vervollständigen und befindet sich in einer glücklichen Lage, weil die traditionellen Werte an Akzeptanz verloren haben.

Ein Verfall der traditionellen Werte fördert die Ungebundenheit und eine steigende Heiratsabstinenz.

Beide Größen beeinflussen sich gegenseitig:

Wilde Ehen fördern den Werteverfall,

weil diese Lebenspartnerschaften alltäglich geworden sind.

Der Werteverfall begünstigt die Gründung der unstaatlichen Lebenspartner- schaften,

weil sie von der Gesellschaft toleriert werden.

Je mehr sich das Streben nach Autonomie durchsetzt, desto mehr werden die traditionellen Werte verfallen, weil sie mehr auf das Kollektiv ausgerichtet sind und die private Lebensgestaltung bzw. die individuellen Lebenswünsche vernachlässigt.

3.4 Lebensstile in verschiedenen Epochen

3.4.1 Lebensstile der 60ger Jahre

Der Kulturpluralismus wurde durch Studentenproteste ausgelöst.

Die Jugend hatte das Bedürfnis in andere und in unterschiedliche Lebensstile sich zu verwirklichen.

3.4.2 Lebensstile der 70ger Jahre

Der Lebensstil veränderte sich in den 70er Jahren in eine andere Richtung.

Hier setzte eine andere Pluralisierung ein.

Geld, Bildung, Selbstverwirklichung und Freizeit wurden wichtig.

Sowie das Streben nach : mehr Beweglichkeit mehr Mediengenuss ('Freizeitwelle')

3.4.3 Lebensstile Anfang der 80ger Jahre

Anfang der 80er Jahre waren die Menschen durch 'integrative Lebenskon- zepte' - sehr individuell, möglichst 'natürlich' und empfindlich umweltbesorgt geprägt.

('Öko-Welle')

3.4.4 Lebensstile Ende der 80ger Jahre

Nach dem Motto: Erlebe dein Leben statt werde was im Leben. (noch heute aktuell !!!)

Dieses Motto veränderte die Arbeitsmoral nachhaltig. (noch heute aktuell !!!)

Aber am Ende der 80ger Jahre kam es zu Ausgrenzungen, denn mit dem immer mehr an Arbeitsplätzen war es vorbei und der Begriff der Zwei-Drittel- Gesellschaft kam auf.

3.4.5 Lebensstile der 90ger Jahre

Die Jugendlichen ringen im Wettlauf um den zeitgemäßen, originellen Le- bensstil.

Lebensstile wie:

Vorlieben, Ansichten und Geschmacksfragen sind wichtiger geworden als der berufliche Status oder die Höhe des Einkommens.

(vgl. Schäfers/Zapf (Hrsg.) 1998, S. 419)

4 Schlussbemerkung

Aus den veränderten Lebensbedingungen entwickeln sich gesellschaftliche Konflikte, die zuerst in den Kommunen sichtbar werden.

Auf sie muss reagiert werden, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und um alle im Gesamtraum der Gesellschaftsstruktur vorhandenen Gruppen fest miteinander zu verankern.

Um alle Mitglieder der Gesellschaft zu verankern, müssen alte Strukturen aufgebrochen und neue geschaffen werden, damit dem weiteren Akzeptanz- verlust gegenüber Staat und öffentlicher Verwaltung entgegengesteuert wer- den kann.

Der erste gesellschaftspolitische Handlungsbedarf bzw. Handlungsdruck kam mit der Einführung von flexiblen Arbeitszeiten in die Rathäuser, die das starre Korsett der im Gleichschritt arbeitenden Bevölkerung aufbrach.

Über die (meist zwanghafte) Nutzung der Kommunalverwaltung sind Staat und Bevölkerung untrennbar miteinander verbunden.

5 Literaturverzeichnis

Eder, K. (Hrsg.) (1989): Klassenlage, Lebensstil und kulturelle Praxis, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main

Hradil, S. (Hrsg.) (1992): Zwischen Bewusstsein und Sein, Verlag Leske & Budrich Opladen

Hradil, S. (1987): Sozialstrukturanalyse in einer fortgeschrittenen Gesellschaft - Von Klassen und Schichten zu Lagen und Milieus, Verlag Leske und Budrich, Opladen

Glatzer, W. (Hrsg.) (1992): Entwicklungstendenzen der Sozialstruktur - Soziale Indikatoren XV, Campus Verlag, Frank- furt/Main

Fröhlich, G. (Hrsg.), Mörth, I. (1994): Das symbolische Kapital der Lebensstile, Campus Verlag Frankfurt/New York

Zapf, W. (1987): Individualisierung und Sicherheit, Verlag C. H. Beck, München

Hörning, K. H. (1991): Zeitpioniere Flexible Arbeitszeiten - neuer Le- bensstil, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main

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Details

Titel
Lebensbedingungen und Lebensstile
Autor
Jahr
2001
Seiten
21
Katalognummer
V106348
ISBN (eBook)
9783640046270
Dateigröße
494 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lebensbedingungen, Lebensstile
Arbeit zitieren
Sven Baudin (Autor:in), 2001, Lebensbedingungen und Lebensstile, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106348

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