Nicolo Machiavelli - Il Principe


Referat / Aufsatz (Schule), 2000

7 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Gliederung

1. Zitat

2. Einleitung in das Thema

3. italienische Geschichte
3.1. Florenz und die Medici
3.2. Hauptzüge der italienische Geschichte

4. Biographie von Niccolò Machiavelli

5. „Der Fürst“
5.1. Historie
5.2. Struktur des Werkes
5.3. Intention des Autors
5.4. Machiavellis „neue“ Gedanken

6. Eine Schrift im Wandel

Hauptteil

1. Zitat

„ Ichübernehme die Vertheidigung der Menschlichkeit wider diesen Unmenschen, der dieselbe vernichten will; ich setze die Vernunft und die Gerechtigkeit dem Betrug und dem Laster entgegen, und ich habe es gewagt, meine Betrachtungüber Machiavels Buch von Capitel zu Capitel anzustellen, damit der Gegengift unmittelbar auf die Vergiftung folge. “

Friedrich II. von Preußen, „Vorbericht des Verfassers“ aus dem Anti-Machiavel, oder Versuch einer Critik über Nic. Machievels Regierungskunst eines Fürsten. Nach des Herrn Voltaire Ausgabe ins Deutsche über- setzt.

2. Einleitung in das Thema

- Niccolo Machiavellis 1513 verfasste und 1532, fünf Jahre nach seinem Tod, gedruckte Schrift Il Principe machte ihren Autor so berühmt wie berüchtigt
- aus seinem Familienname bildete man den Begriff des „Machiavellismus“, um den Zynismus in der Poli- tik zu bezeichnen, und sein Vorname entsprach in England gar dem Synonym für den Teufel: Old Nick
- seit seinem Erscheinen hat der Fürst unter seinen Lesern eine durch vier Jahrhunderte anhaltende heftige Diskussion ausgelöst, bei der das Lager der Verteidiger ebenso prominente Namen aufweisen kann wie das der Kritiker

3. italienische Geschichte

- im 14.-15. Jhd entstand in Italien eine Art von Einigungsbestrebung, und dieser Zeitabschnitt ist als Ü- bergang der Epoche der Stadtrepubliken zu jenen der Signorie (oberste Behörde, Rat der Stadt in italien. Stadtstaaten) bekannt
- die verschiedenen Signorie fanden schnell öffentliche Anerkennung bei Kaiser und Papst
- mit diesen Anerkennungen jedoch und der damit verbundenen Aufhebung des Abkommen mit dem Volk entwickelte sich die Signorie zu einem Fürstentum

⇒ aus einem Volk von Wählern wurde ein Volk von Untertanen, der früher gewählte Signore wurde zum Herrn

- gleichzeitig machte sich ein gewisses Streben nach Konzentration und Integration in den Fürstentümern bemerkbar, welches sich aber nirgendwo zu einem Streben nach Einheit verdichtete

⇒ Brennpunkte dieser Entwicklung waren Rom, Florenz, Mailand und Venedig

3.1. Florenz und die Medici

- ab 1382 bildete sich eine Machtkonzentration in den Händen der wohlhabendsten Bürger, deren Gegner sich um die Medici, welche eine Familie niederer Herkunft war und großen Reichtum erwarb, sammelten
- 1406 Eroberung Pisas und damit der handelswichtige Zugang zum Mittelmeer
- 1432 riefen die Florentiner Cosimo de’ Medici an ihre Spitze, doch trotz seiner niederer Herkunft und obwohl er seinen Aufstieg dem Volke zu verdanken hatte, unterschied er sich nicht wesentlich von seinen Vorgängern
- unterbrochen von kurzen Perioden im Exil, beherrschten die Medici Florenz während der nächsten 3 Jahrhunderten
- Nachfolger Cosimos waren sein Sohn Piero und sein Enkel Lorenzo de’ Medici, der den Einfluss der re- publikanischen Regierung auf ein unbedeutendes Maßreduzierte und durch eine gute Außenpolitik erreichte, dass sich Florenz durch das Gleichgewicht der Kräfte von anderen italien. Staaten abhob
- als Lorenzos ehrgeiziger Sohn und Nachfolger Piero den in dynastische Rivalität verwickelten Fürsten von Mailand bedrohte statt ihn zu unterstützen, wandte sich dieser in seiner Bedrängnis an Karl VIII. von Frankreich und bot ihm feien Durchzug an, den dieser benötigte, um sein Heer gegen Neapel zu führen
- Karl VIII. fiel daraufhin 1494 in Italien ein, und dessen Vorgehen gegen Widerstand leistende Städte zeigte eine Totalisierung des Krieges, die in der Blüte der italien. Renaissance schockartige Ängste vor den hereinbrechenden „Barbaren“ verbreitete
- Florenz musste daraufhin kapitulieren, und da Piero de’ Medici sich übermäßige Zugeständnisse abnöti- gen ließ, ohne vorher die Gremien der Republik befragt zu haben, wurde er von dem empörten Volk unter der Führung des revolutionären Bußpredigers Girolamo Savonarola aus dem Land vertrieben
- dieser rief eine theokratische Republik, einen demokratischen Gottesstaat, aus und gab Florenz eine neue Verfassung
- diese gewährte dem mittleren Bürgertum beträchtliche Mitspracherechte und schränkte den politischen Einfluss des städtischen Adels empfindlich ein
- da Savonarola in seinem Reformeifer auch den mächtigen Borgia-Papst Alexander VI. herausforderte, wurde er bereits nach vier Jahren, als seine Popularität im Schwinden war, das wehrlose Opfer seiner Gegner, die ihm 1498 als Ketzer öffentlich hängen und auf dem Scheiterhaufen verbrennen ließ
- Machiavelli hat ihn später als einen Propheten ohne Waffen, der letztendlich deswegen gescheitert ist, bezeichnet
- die Medici, welche mit Hilfe eines spanischen Heeres 1512 ihre Macht zurückeroberten, wurden 1527 erneut vertrieben, kamen aber 1531 wieder an die Macht
- 1569 verlieh der Papst dem Familienoberhaupt (Cosimo I.)den Titel Großherzog der Toskana
- das Geschlecht der Medici regierte bis zum Aussterben der Linie 1737 in der Toskana

3.2. Hauptzüge der italienischen Geschichte

- es kam zu einer Vereinfachung der politisch-geographischen Verhältnisse im Norden und im mittleren Teil der Halbinsel
- und zudem zu einer endgültig gebietsmäßigen Befestigung schon bestehender Staatengebilde (vom Zent- rum aus: Kirchenstaat, Königreich von Neapel und das Königreich von Sizilien)
- Italien wurde zum Streitobjekt internationaler Auseinandersetzungen; Franzosen und Spanier, der deut- sche Kaiser und der französische König, ausländische und italien. Fürsten sollten sich auf den italien. Boden bekriegen; das ganze Land sollte mehr als 50 Jahre lang von Wirren erfüllt sein
- in den Schlachten von Marignano (1515) und Pavia (1525) ging es um die Herrschaft über Italien
- sein Geschick war 1530 am Ausgang des „Florentinischen Krieges“ besiegelt; mit Ausnahme Venedigs war Italien für lange Jahre endgültig der Fremdherrschaft preisgegeben

4. Biographie von Niccolò Machiavelli

- wurde am 3. Mai 1469 in Florenz geboren und starb dort am 22. Juni 1527
- dem mittleren Florentiner Beamtentum entstammend, eignete sich der junge Niccolò solide Kenntnisse des Lateinischen sowie der Literatur der römischen Antike an, die ihn ein Leben lang prägen sollten
- welche Ausbildung Machiavelli genossen hat, ist ungewiss, doch die Theorie, dass er eine Banklehre ab- solviert hat, scheint nach neusten Überlegungen als zweifelhaft zu gelten
- 1498 wurde er, mit 29 Jahren, Sekretär der „Zweiten Kanzlei“, einer Art Kriegs- und Außenministerium unter der Leitung des „Rats der Zehn“, zu dessen Sekretär er ebenfalls ernannt wurde
- nach dem Sturz Savonarols (1498) wurde Machiavelli der Sekretär ihres wichtigsten Gremiums und der Vertrauter des Staatsoberhaupts, des auf Lebenszeit gewählten aufrechten Republikaners Piero Soderini
- als Staatssekretär wurde Machiavelli mit einer Reihe diplomatischer Missionen, die zum Ziel hatten, das mit Frankreich verbündete Florenz aus drohenden Kampfhandlungen herauszuhalten und die Geschlos- senheit seines Staatsgebietes zu wahren oder wiederherzustellen, betraut
- deshalb war er unter anderem 4mal in Frankreich bei König Ludwig XII., 2mal in der Romagna bei Ce- sare Borgia, 2mal in Rom bei Papst Julius II. und 2mal am kaiserlichen Hof bei Maximilian I.
- den Höhepunkt seiner politischen Laufbahn erreichte Machiavelli 1509, als unter seiner Oberleitung und mit Hilfe der von ihm aufgestellten Miliz die Rückeroberung Pisas gelang
- als die Medici 1512 nach Florenz zurückkehrten wurde Machiavelli von ihnen seiner Ämter enthoben; er durfte das Rathaus, den Palazzo Vecchio, nicht mehr betreten, sich aber auch nicht aus Florentiner Gebiet entfernen
- er zog daher mit seiner Familie auf ein kleines Landgut und lebte dort in vergleichsweise ärmlichen Ver- hältnissen
- später wurde er der Teilnahme an einer Verschwörung gegen die Medici verdächtigt, vorübergehend festgenommen und gefoltert
- auf 14 Jahre Beteiligung an der Macht folgten nun 14 Jahre erzwungener Muße, in denen er sein politi- sches, historisches und literarisches Werk schrieb
- 1513 begann er zunächst seine Betrachtung über die ersten 10 Bücher des römischen Geschichtsschrei- bers Titus Livius, die theoretisch wichtigen Discorsi; von ihnen hat er noch im selben Jahr eine eigenständige Abhandlung über die Fürstenherrschaft abgezweigt
- bis 1521 arbeitete er an den Discorsi; anschließend entstand sein Traktat über die Kriegskunst, die Arte della Guerra; 1525 übergab er dem Medici-Papst Clemens VII. die in dessen Auftrag angefertigte Ge- schichte von Florenz (Istorie fiorentine)
- daneben schrieb er Zeit- und Lehrgedichte, historische und politische Skizzen sowie 2 Lustspiele, von denen Mandragola (Alraunwurzel) sich bis heute anhaltender Beliebtheit erfreut
- dazu kommt noch ein umfangreicher Briefwechsel mit ausführlichen Erörterungen der politischen Lage
- Machiavelli wurde schließlich von den Medici rehabilitiert und erhielt kleinere Gesandtschaftsaufträge
- zum Schutze vor Kaiser Karl V. befahl man den Ausbau der Befestigungsanlagen, mit deren Leitung Machiavelli beauftragte wurde
- daraufhin galt er als Anhänger der Medici und musste nach ihrer erneuten Vertreibung 1527, zum zwei- ten Mal erleben, dass man ihn absetzte
- in der wiederhergestellten Republik hatte er keine Möglichkeit mehr, ein Amt zu erhalten
- von Gram verzehrt und von Krankheit geschwächt, ist Machiavelli 58jährig am 22. Juni 1527 in großer Armut gestorben

5. „Der Fürst“

5.1. Historie

- „Der Fürst“ wurde 1513 verfasst, 1532 veröffentlicht und war an dem damaligen florentinischen Herr- scher Lorenzo de’ Medici gerichtet
- Papst Clemens VII. hatte die notwendigen Privilegien für den Erstdruck in der vatikanischen Druckerei erteilt und damit die Publikation überhaupt ermöglicht, doch schon 25 Jahre später ließPapst Paul IV. auf Drängen der Jesuiten die Genehmigung widerrufen und das Werk Machiavellis auf den Index der verbotenen Bücher setzen
- nur eine von den beanstandeten Abschnitten „gereinigte“ Ausgabe wurde geduldet, doch die Zensur ver- mochte das wachsende europäische Interesse an dem politischen Traktat nicht mehr zu zügeln, sie hat es eher noch verstärkt
- es entstanden außerhalb Italiens Übersetzungen, die anonym verlegt wurden, und auch mit zurückdatier- ten Ausgaben wusste man das 1557 verhängte Druckverbot zu umgehen

5.2. Struktur des Werkes

- das Thema des Principe sind die Techniken des Machterwerbs und Machterhalts, die dem Neugestalter eines Gemeinwesens vertraut sein müssen, um erfolgreich zu sein.
- in diesem Sinne gilt die Bezeichnung „Fürst“ hier dem Typus des neu an die Macht gekommenen Allein- herrscher, ohne dass dessen Zugehörigkeit zum Hochadel vorausgesetzt wird
- im Gegensatz zu den eher lose komponierten Discorsi ist der Aufbau des Principe vom Willen der Sys- tematik bestimmt. Dabei lassen sich vier Hauptteile unterscheiden:

0. Widmung an den erlauchten Lorenzo de’ Medici
1. die Klassifikation der verschieden Arten der Fürstenherrschaften, bezogen auf die Möglichkeiten, sie zu erwerben (Kap. 1-11)
2. eine kritische Analyse der im damaligen Heerwesen angewandten Organisations- und Rekrutie- rungsformen (Kap. 12-14)
3. die Erörterung amoralischer Methoden im Dienst politischer Krisenbewältigung (Kap. 15-18)
4. Ratschläge, um Ansehen bei den Untertanen zu gewinnen und die Gunst der Umstände zu nutzen (Kap. 19-25)
5. das abschließende 26. Kapitel schlägt mit der an den regierenden Medici gerichteten Aufforderung, „sich Italiens zu bemächtigen und es von den Barbaren zu befreien“, den Bogen zurück zum Wid- mungsschreiben, das dem Traktat vorangestellt ist

- die im 1. Teil des „ Il Principe “ vorgenommene Klassifikation der einzelnen Varianten der Fürstenherr- schaften dient der Aussonderung aller Herrschaftsformen, die für den Fortgang der Untersuchung nicht mehr von Bedeutung sind ⇒ so gelangt der Autor von den ererbten über die gemischte zur neuerrichteten Herrschaft, die entweder mit eigenen Waffen und durch Tüchtigkeit oder mit fremden Waffen und durch Glück erworben sind
- in der folgenden Abhandlung werden die Maßnahmen erörtert, die zur Aufrechterhaltung der Herrschaft erforderlich sind, wie z.B. fremde Waffen durch eigene zu ersetzen und an die Stelle von Glück (fortuna) die eigene Tüchtigkeit treten zu lassen ⇒ beides gilt dem Ziel, sich von einer günstigen Ausgangslage baldmöglichst unabhängig zu machen, um auch in widrigen Zeiten bestehen zu können
- um dieses Ziel durchzusetzen ist selbst Gewalt ein „sinnvolles“ Mittel, so verurteilt Machiavelli Aga- thokles Vorgehen, der „auf ein verabredetes Zeichen ließer alle Senatoren ermorden“, begrüßt aber Cesare Borgias gewalttätiges Vorgehen bei der Eroberung der Romagna gegen die Feudalherren; „Tadel verdient nicht, wer Gewalt braucht, um aufzubauen, sondern um zu zerstören“
- Machiavelli toleriert zwar diese Grausamkeiten bei der Erschaffung und Sicherung eidhnt sie jedoch bei erfolgter Stabilisierung ab

,,Die Mühen, die sie bei der Eroberung der Herrschaft haben, kommen zum Teil von der neuen Ordnung und den neuen Formen, die sie zur Begründung ihres Staates und zu ihrer Sicherheit einführen müssen.``, Kap.6

„..., dass bei der Aneignung eines Staates der Eroberer alle Gewalttaten in Betracht ziehen muss, die zu begehen nötig ist, und dass er alle auf einen Schlag auszuführen hat, damit er nicht jeden Tag von neuem auf sie zurückzugreifen bracht, sondern, ohne sie zu wiederholen, die Menschen beruhigen und durch Wohltaten für sich gewinnen kann.“, Kap.8

,,Cesare Borgia galt als grausam; trotzdem hatte diese Grausamkeit die Romagna wiederhergestellt, geeint und wieder zu Frieden und treuer Ergebenheit gebracht.``, Kap.17

- im 2. Teil des Werkes werden die am Beispiel Cesare Borgias entwickelten militärtheoretischen Überle- gungen zu einer allgemeinen Analyse des zeitgenössischen Heerwesens erweitert
- militärische Macht lässt sich nicht- so Machiavellis These- auf angemietete Söldnerheere gründen, wie sie damals, nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage, zwischen den italienischen Kleinstaaten hinund herwechselten

⇒ aus 2 Gründen sind sie in seinen Augen unbrauchbar: zum einen militärisch unzuverlässig, da nur durch den Sold und nicht aufgrund von Loyalität motiviert; zum andern politisch gefährlich, insofern sie von ihren Kommandeuren auch gegen die Interessen ihrer jeweiligen Dienstherren eingesetzt werden können

- nicht in der Finanzierung fremder Hilfe, sondern in der eigenen Wehrbereitschaft der Bürger, in ihrer mi- litärischen Tugend, sieht er das Fundament für die Erhaltung des Gemeinwesens
- die im 3. Teil des Principe gegebene Empfehlung von Herrschaftstechniken, die den geltenden morali- schen Normen widerspricht, haben dem Werk und seinem Autor bis heute den Vorwurf des Machiavellismus eingetragen
- Täuschung, Wortbruch und Grausamkeit werden hier als geradezu notwendig legimitiert, wenn es darum geht, eine politische Krise abzuwenden oder zu überwinden
- jedoch nicht um der Tyrannei willen, sondern zur Herbeiführung besserer Zustände hält er die zeitlich begrenzte Anwendung von amoralischen Maßnahmen für unvermeidbar
- M. beschönigt nicht das Böse, er nennt es vielmehr beim Namen und lehrt seinen zweckmäßigen Gebrauch

⇒ der Tugendsame hätte unter den Menschen keine Chance: „...denn ein Mensch, der sich in jeder Hinsicht zum Guten bekennen will, muss zugrunde gehen, inmitten von so viel anderen, die nicht gut sind. Daher muss ein Fürst, wenn er sich behaupten will, die Fähigkeit erlernen, nicht gut zu sein, und diese anwenden oder nicht anwenden, je nach dem Gebot der Notwendigkeit.“, Kap.15

„Einen Fürsten darf es nicht kümmern, der Grausamkeit bezichtigt zu werden, wenn er dadurch bei seinen Untertanen Einigkeit und Ergebenheit aufrechterhält,...“, Kap.17

„Ein kluger Herrscher kann und darf daher sein Wort nicht halten, wenn ihm dies zum Nachteil gereicht und wenn die Gründe fortgefallen sind, die ihn veranlasst hatten, sein Versprechen zu geben.“,Kap.18

- der 4. Teil der Abhandlung führt als vordringliche Aufgabe des neuen Herrschers die Herstellung von po- litischen Konsens ein, die insbesondere die Gewinnung von Ansehen und Ehre oder gar Ruhm ein- schließt
- auch dabei werden statt moralischer, zweckrationale Kategorien zugrunde gelegt

⇒ nicht die Orientierung an Werten, sondern an den Kriterien politischer Psychologie entscheidet über die Zustimmung, die der Fürst beim Volk genießt

⇒ so darf er weder durch Unentschlossenheit Verachtung auf sich ziehen noch durch Habgier Hass erre- gen

- vielmehr soll er nach M. sich das wirtschaftlich aufstrebende Bürgertum verpflichten, indem er es öffent- lich auszeichnet und sich mit maßvoller Besteuerung begnügt
- doch vor allem gilt: „Nichts verhilft einem Fürsten zu so hohem Ansehen wie große Unternehmungen und außergewöhnliche Beweise seiner Tatkraft.“, Kap. 21

5.3. Intention des Autors

- „Der Fürst“ muss streng in seinem geschichtlichen Kontext gesehen werden, denn das Traktat wurde im ausgehenden 16. Jhd verfasst
- Italien war zu dieser Zeit, wie bereits erwähnt, in Kleinstaaten, Teilstaaten, Zwergkönigtümer, Fürsten- tümer und den Kirchenstaat zerrissen
- wie ebenfalls schon erwähnt, wollten sich die europäischen Großmächte Gebiete auf Kosten der ansässi- gen verfeindeten Geschlechter einverleiben, deshalb war Machiavelli vordergründig von dem Nationalstaatsgedanken überzeugt; Kap.26: Aufruf zur Befreiung Italiens von den Barbaren
- dies war für seine Zeit geradezu visionär und revolutionär, denn die Realisierung eines italienischen Na- tionalstaates verwirklichte sich erst in den Jahren von 1861-1870 durch Guiseppe Garibaldi
- die Abhandlung „Der Fürst“ war an die Medici gerichtet, die unter anderem 3 Päpste und 2 Königinnen von Frankreich stellten; M. gestand nur diesem Geschlecht die Chance zur Verwirklichung eines italienischen Nationalstaates zu:

,,So verharrt Italien immer noch in Todesstarre und Erwartung, bis der kommt, der es von seinen Schlägen heile, (...)``

,,Seht auch, wie es durchaus bereit und geneigt ist, einem Banner zu folgen, wofern es nur Einer begriffe. Es gibt aber gegenwärtig niemanden, auf den es mehr Hoffnung setzen könnte als auf euer berühmtes Geschlecht, (...), es könnte die Führung der Befreiung übernehmen``

- M. drückt sich sehr nüchtern und unbeteiligt aus, und dies spiegelt sich zudem in denen vom Fürsten verlangten Handlungsweisen, die in unserer Zeit als unmenschlich und realitätsfern er- scheinen
- diese nüchterne Ausdrucksweise beruht auf den Kontext des Traktats, welches als eine Anlei- tung oder Gebrauchsanweisung zur Lebenserhaltung von Fürstentümer und Staatsgebilden zu verstehen ist (es liest sich wie einen Gebrauchsanweisung für einen Videorecorder)
- Fürst wurde man zu dieser Zeit in der Regel nicht aufgrund seiner Qualifikation, oder durch Wahl, sondern durch Geburt oder Gewalt
- daraus muss man folgern, dass einem großen Teil aller Fürsten wohl kaum alle nötigen Fähig- keiten, wie Charisma oder Führungsqualitäten, zur Erhaltung eines Fürstentums in die Wiege gelegt wurden, deshalb konnten sich schlechte und brutale Fürsten nur durch Lügen, Betrügen, Verraten und Bestehen halten

⇒ wenn also ein großer Teil der Fürsten anders nicht überlebensfähig waren, so mussten auch al- len und fähigen Fürsten diese Mittel anwenden können, um zu überleben

⇒ das heißt, dass M. nichts weiter als die Zustände der Menschheit seiner Zeit beschreibt; deswe- gen erscheint er auch als ein desillusionierter Idealist, der zwar alle guten Eigenschaften begrüßt und für wünschenswert hält, sie aber dem Überleben in seiner Welt unterordnet

,,(...) [ich] behaupte, dass es gut ist für freigebig zu gelten. Aber die Freigebigkeit, die du übst und die nicht anerkannt ist, ist dir schädlich.``, Kap.16

,,(...), das jeder Fürst danach streben muss, für mitleidig und nicht für grausam zu gelten; (...)``, Kap.17

,,Daher kommt die Streitfrage, ob es besser sei, geliebt als gefürchtet zu werden oder umgekehrt. Ich antworte: Man sollte beides sein.“, Kap.17

- im Gegensatz zu seinem Titel beweist sein Werk Machiavellis Vorliebe für das Bürgertum
- er ist zwar der Meinung, dass nur ein Fürst es schaffen kann, einem Staat zu Ruhe, Ordnung, Si- cherheit und angemessener Gesetzgebung verhelfen kann, dennoch ist der 3. Stand für ihm am wichtigsten
- alle seine Ratschläge, die vordergründig dem Wohle des Fürsten dienen, dienen ebenso, oder vor allem dem Wohle des Bürgertums
- M. sah voraus, dass das Bürgertum die Feudalherren irgendwann ablösen würde; zumindest möchte er die Gleichstellung des Bürgertums gegenüber den Fürsten erreichen

,,(...) denn das Ziel des Volkes ist viel sittlicher als das der Großen: diese wollen unterdrücken und jenes nur nicht unterdrückt werden.``, Kap.9

- zudem wünschte er sich ebenso eine wirtschaftliche wie auch kulturelle Entfaltung des 3. Standes

,,Ferner muss ein Fürst immer der Tüchtigkeit zugetan sein und die Hervorragenden jedes Faches belohnen. Er soll seine Bürger anregen, ruhig ihrer Beschäftigung im Handel, in der Landwirtschaft und jedem anderen Gewerbe nachzugehen, (...)``, Kap.21

- seine Vorliebe für das Bürgertum lässt sich ebenfalls aus den Kontext des Gesamtwerkes erken- nen; so handelt es sich bei dem Fürsten um ein abgezweigtes Traktat aus Machiavellis eigentli- chen Hauptwerk, den Discorsi
- den Weg der politischen Erneuerung entwirft M. als vorübergehende Alleinherrschaft eines sich über moralische Gebote hinwegsetzenden Staatsgründers
- dementsprechend „muss ein weiser Gesetzgeber einer Republik, der nicht sich, sondern dem Allgemeinwohl, nicht seinen eigenen Nachkommen, sondern dem gemeinsamen Vaterland nüt- zen will, nach der unumschränkten Gewalt streben“
- der Übergang zur Republik hätte dann in einer zweiten Phase zu erfolgen: „Mag überdies ein Mann auch geeignet sein, eine Verfassung zu geben, so ist diese doch nicht von langer Dauer, wenn sie auf den Schultern eines einzelnen ruhen bliebt, wohl aber, wenn viele für ihre Erhal- tung sorgen.“
- die für die Republik eintretenden Discorsi stehen mithin nur scheinbar im Widerspruch zu der im Principe getroffenen Option zugunsten der Fürstenherrschaft, systematisch setzen sie diese als eigentliche Basis voraus: Nur auf der Grundlage nötigenfalls gewaltsam geordneter Staats- wesen vermögen Republiken zu gedeihen

5.4. Machiavellis „neue“ Gedanken

- M. nimmt eine Umwertung vor, die für die Epochenschwelle zwischen dem ausgehendem Mit- telalter und beginnender Neuzeit charakteristisch ist: hat Savonarola noch Gott als die oberste Bezugsgröße politischen Handels betrachtet, so spricht M. dem Menschen die Vollmacht zu, seine Lebenswelt nach irdischen Maßstäben zu gestalten
- im Gegensatz zu humanistischen Autoren, die über einen im Sinne antiker und christlicher Tu- genden idealen Herrscher schrieben, beschäftigt M. die realhistorischen Möglichkeiten der Ret- tung Italiens aus Korruption, Zersplitterung und Fremdherrschaft
- M. erkennt, dass nicht die Befolgung sittlicher Imperative, sondern die Beachtung der Eigenge- setzlichkeit politischer Entwicklungen das Geheimnis der Staatskunst ausmacht
- Machiavelli ist ein typischer Intellektueller der Renaissance-Bewegung, welche die Eigenbe- stimmung des Individuums, die Auflehnung gegen vorherbestimmte Schicksale, das Lenken der eigenen Geschickte, In-Die-Hand-Nahme des eigenen Schicksals förderte
- eine göttliche Ordnung, in welcher sich jedes Lebewesen in die ihm zugewiesene Stellung oder Position zu fügen habe, wurde nicht mehr anerkannt
- zusammenfassend kann man sagen, dass mit dem theoretischen Werk Machiavellis das politi- sche Denken der Neuzeit in Form einer Krisenwissenschaft beginnt

6. Eine Schrift im Wandel

- die von den Jesuiten gegen Machiavelli entfachte Polemik bediente sich der Methode, einzelne Zitate aus dem Zusammenhang zu reißen und sie dann zu einem Zerrbild von Werk und Autor zusammenzufügen
- das so verfertigte Etikett des Machiavellismus sollte schon bald von der politischen Volksver- hetzung aufgegriffen werden, um es dem jeweiligen Gegner anzuheften, wenn es galt, diesem als gewissenlosen Machtpolitiker zu beschuldigen
- der für das 16. Jhd maßgebliche Theoretiker des absoluten Staates, Jean Bodin, war sowohl ein scharfer Kritiker M. wie auch andererseits dessen geistiger Erbe, der die Selbsterhaltung des Staates zum obersten Grundsatz politischer Handels erhob
- das klassische, wenn auch späte Beispiel für verbale Ablehnung und praktische Befolgung der Maximen des Principe gab Friedrich der Große mit seinem Anti-Machiavel, in dem er als Kron- prinz jene politische Empfehlungen als unmoralisch verwarf, die er später als König zielbewusst in die Tat umgesetzt hat
- die nach Friedrichs Thronbesteigung aufbrechenden Widersprüche zwischen seinem morali- schen Selbstverständnis und seiner absolutistischen Regierungspraxis veranlassten ihn schließ- lich, in seinem politischen Testament M. gegenüber einzuräumen, dass inmitten von rücksichtslos Ehrgeizigen der Selbstlose nicht bestehen kann
- die Überzeugung, dass in einer friedlosen Welt die Wahrung des Gemeinwohls auch amorali- scher Mittel bedürfe, bildet das Hauptargument der Verteidiger Machiavellis
- während die einen M. Lehren zeitlose Gültigkeit zubilligen, gestehen ihnen die anderen nur eine begrenzte Legitimität zu
- während der Französischen Revolution nutzte Fichte den Patriotismus Machiavellis um ihm mit dem Freiheitspathos dieser Zeit zu verbinden, um die politische Maximen des Principe für den Widerstand gegen Napoleon ergiebig zu machen
- dagegen galt Machiavellis Machttraktat über den Fürsten für die Anhänger der französisdrung als Geheimrezeptur eines menschenverachtenden Absolutismus
- Rousseau schrieb wiederum in seinem Contract social: „...als ob er den Königen Lehren ertei- len wollte, gab er den Völkern die allerwichtigsten. Machiavellis Fürst ist das Buch der Repub- likaner.“
- in Italien selbst erlangte das Werk des Florentiners erst im 19. Jhd eine breitere Wirkungsge- schichte, als die nationale Einigungsbewegung sich auf Machiavelli als ihren Vorläufer beruft
- deshalb kommt es 1859 zu einer Neuausgabe seiner Schriften, und im Kampf gegen die öster- reichische und französische Fremdherrschaft gewinnt der Schlussaufruf des Principe die Aktualität einer italienischen Marseillaise
- im 20. Jhd jedoch zehrt der italienische Faschismus die demokratischen Impulse des Rückgriffs auf Machiavelli wieder auf und übernimmt nur die nationalistisch gewendete Forderung nach einem gefestigten Machtstaat
- dabei werden die auf den Notstand des Staates bezogenen Betrachtungen M. bewusst auf Dauer gestellt, um sie zur Legitimation anhaltender Gewaltherrschaft zu missbrauchen
- um angesichts des so unterschiedlichen Umgangs mit dem Werk des Florentiners sich nicht vor- schnell auf ein Interpretationsangebot festzulegen, tut man gut daran, sich den zeitgeschichtlichen Kontext zu vergegenwärtigen, auf den die politischen Reflexionen Machiavellis in praktischer Absicht bezogen sind
- es handelt sich dabei doch nicht um bloße Gedankenspiele eines weltabgewandten Stubenge- lehrten, sondern um die zur Theorie verdichteten Erfahrung eines lange Jahre für seine Vaterstadt leidenschaftlich tätigen Politikers, der auf wichtigen Gesandtschaftsreisen einige der mächtigsten Herrscher seiner Zeit kennen gelernt hatte

Literaturnachweis

- Niccolo Machiavelli „Il Principe“ von Reclam
- Machiavelli “Der Fürst” von Friedrich von Oppeln-Bronikowski
- „Machiavelli“ von Humbert Fink
- Niccolo Machiavelli „Discorsi“ von Dr. Rudolf Zorn
- “Damals und Heute” von W. Somerset Maugham
- „Preußentum und Aufklärung“ von Elfriede Üner
- Huovinen, Lauri, Das Bild vom Menschen im politischen Denken Niccolò Machiavellis,
- Klein, Jürgen, Denkstrukturen der Renaissance
- Marcu, Valeriu, Machiavelli, die Schule der Macht
- Münkler, Herfried, Machiavelli, die Begründung des politischen Denkens der Neuzeit aus der Krise der Republik Florenz Paulsen, Thomas, Machiavelli und die Idee der Staatsräson
- Weltgeschichte Band 12, 24 und 25 vom Fischer Taschenbuchverlag

Ende der Leseprobe aus 7 Seiten

Details

Titel
Nicolo Machiavelli - Il Principe
Note
1
Autor
Jahr
2000
Seiten
7
Katalognummer
V106183
ISBN (eBook)
9783640044627
Dateigröße
430 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Das Studium des Werkes ist unerläßlich!
Schlagworte
Nicolo, Machiavelli, Principe
Arbeit zitieren
Steffen Martens (Autor:in), 2000, Nicolo Machiavelli - Il Principe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106183

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