Männerwelten-Frauenwelten; Wirklichkeitsmodelle, Geschlechterrollen, Chancenverteilung


Seminararbeit, 1999

27 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Männerwelten-Frauenwelten; Wirklichkeitsmodelle, Geschlechterrollen, Chancenverteilung

1. Frauen-ein Kapitel für sich!

Einleitender Versuch einer „ männlich-objektiven „ Betrachtung zur

Situation der Frau

Welcher Mann hat sich nicht schon über die Frauen gewundert und bei sich gedacht, wie sonderlich des Weibes Wege sein mögen. Doch welcher Mann fragt schon nach Beweggründen von Frauen, fragt sich, warum denn eigentlich Frauen in unserer Gesellschaft oftmals ein „ anderes Kapitel „ zu sein scheinen.

Die heutige Gesellschaft ist noch immer eine männlich Dominante, in der oft das alte Gesetz des „ Stärkeren „ herrscht. Es werden Minderheiten diskriminiert und „ Schwache „ ausgegrenzt. Zu diesen „ Schwachen „ zählen die Frauen. Sie wurden und werden in ihren Rechten beschnitten, in ihrer Daseinsentfaltung eingeschränkt und in vorgefertigte Rollen gebracht. Diese Rollen bestehen aus althergebrachten Klischeevorstellungen von Frauen- und Männerwelten. Während der Mann eine öffentliche Position einnimmt, ist die Frau ganz Privatperson. Das heißt der Mann steht in der Öffentlichkeit und ist die meiste Zeit mit Beruf und Karriere beschäftigt, während die Frau sich um Heim, Herd und Familie sorgt. Dem zur Seite stehen auch die psychisch- emotionalen Vorurteile. Frauen wären demnach weniger rationell, psychisch instabiler und nur von Gefühlen geleitet. Die eigene Erlebens- und Erfahrenswelt und der gesunde Menschenverstand zeigen, dass solche Klischees unhaltbar sind. Ich glaube, dass es keine geschlechtsspezifischen Charakterzüge gibt, diese gehen ausschließlich vom Individuum aus. Der einzige glückliche Unterschied ist der Physiologische und den sollte man respektvoll genießen.

Wie schon in der Überschrift angedroht, ist dies nur ein „ männlich- objektiver „ Versuch und ich muss sagen, dass dies Thematik für mich ein zweischneidiges Schwert darstellt. Als Junge wurde man erzogen und lebt als Mann. Dadurch ist es sehr schwer von seinen gewohnten Denkweisen abzusehen, denn auch als Mann ist man in ein Rollenspiel geprägt. Die Klischeemuster sitzen tief und es ist nicht einfach sie abzustreifen.

Dies gilt auch für die Frauen und genau darin liegt meiner Meinung nach das auch die größte Hürde für die Frauenbewegung. Es ist einfach und bequem sich vorgefertigten Mustern zu ergeben und viele Frauen tun dies und wollen auch nicht anders. Progressives Denken und Handeln haben schon immer Strapazen und ein heroisches Wesen erfordert.

2. Geschichtliche Situation der Frau

Um das aktuelle Frauenbild richtig zu verstehen, halte ich es für unumgänglich, dass historische Frauenbild kennen zu lernen und zu begreifen. So möchte ich einen kurzen Abriss der Geschichte der „ halben Menschheit „ darstellen.

Frauen haben schon immer den Lauf der Menschheitsgeschichte entscheidend mitgeprägt. Ob nun als Beherrscherinen von Weltreichen, wie z. B. Hatschepsut, Kleopatra, Elizabeth I. , Victoria I. , Katharina II. , usw.

oder als aufopferungsvolle Kämpferinnen wie z. B. Jeanne d`Arc, Rosa Luxemburg, Clara Zetkin und Sophie Scholl. Frauen wurden als Heilige verehrt, wie die heilige Klara von Assisi oder die heilige Elisabeth von Thüringen und in Wissenschaft und Technik haben sie Bahnbrechendes geleistet, wie Marie Curie, Maria Goeppert-Mayer und Lise Meitner. Doch auch im aktuell-politischen Bereich sind Frauen tätig, so z. B. Margareth Thatcher, Indira Gandhi oder die amerikanische Außenministerin Madeleine Albright, die EU-Kommisarin Emma Bonino, die Bundestagspräsidentin a. D. Rita Süssmuth, die Verfassungsgerichtspräsidentin Jutta Limbach und die Ministerpräsidentin in Kiel Heide Simonis. Große historische Geschehnisse wären ohne Frauen nicht möglich gewesen. Sie waren maßgeblich an der französischen Revolution 1789 beteiligt und Trümmerfrauen bauten Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wieder auf. Trotzdem werden sie in geschichtlicher Dokumentation und Betrachtungsweise vernachlässigt und unter den Teppich gekehrt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass selbst unter progressiven männlichen Geistern die Frau als psychisch und physisch unterlegenes Wesen begriffen und dargestellt wurde und wird. Voltaire(1695-1778)als Vordenker der französischen Revolution schuf Sätze wie: „ Die Frau ist ein menschliches Wesen, dass sich anzieht, schwatzt und sich auszieht. „ und „ Eine dumme einfältige Frau ist ein Geschenk des Himmels. „ . Der irische Schriftsteller Oscar Wilde(1854-1900)äußerte gar: „ Ich bin der Meinung, Dass die Weiber von allen Eigenschaften des Mannes die Grausamkeit am meisten schätzen, da ihre Instinkte von einer wundervollen Primitivität sind. Wir sind auf dem Wege sie zu emanzipieren; dessen ungeachtet werden sie Sklaven bleiben, die gehorsam der Winke ihres Herren harren. Du wirst von einem Weibe nur geliebt werden, wenn du es beherrschst. „

Bis zur heutigen Zeit, hat sich die Aufklärung bzw. Würdigung über weibliche Leistungen und Präsenz in der Menschheitsgeschichte nicht wesentlich verbessert. Am Beispiel des Mediums Schulbuch, speziell Geschichtsbücher ist dieser Missstand gut erkennbar. Die Historikerin Marielouise Janssen sagte dazu: „ Die Gesichtslosigkeit der Frau wird durch die Geschichtsschreibung hergestellt. „ . Von Borris führte zu dieser Thematik in den Jahren 1975 und 1978 eine Untersuchung von Geschichtsbüchern für Unter- und Mittelstufe des Gymnasiums durch. Das Ergebnis war eine erschreckend deutliche Unterpräsenz der Frauen bei Erwähnungen, Namensnennungen im Register und Abbildungen(siehe Grafik Nr. 1)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine Nachuntersuchung der überarbeiteten Auflagen im Jahr 1982 zeigte keine deutlichen Verbesserungen auf. Allerdings muss man in Betracht ziehen, dass diese Untersuchungen bereits 20 Jahre zurück liegen und die Emanzipation seitdem fortgeschritten ist. Bei einem Selbsttest wird man sich dann doch schnell bewusst, dass nur wenig bedeutende weibliche Figuren aus der Geschichte bekannt sind.

Die Historie der Frauenbewegung als progressive Kraft beginnt in Frankreich, im Zuge der bürgerlich-freiheitlichen Revolution 1789. Mit dem Aufstreben des Bürgertums begannen auch die Frauen ihre Kräfte zu vereinen und ihre Interessen öffentlich zu äußern. Es entstand der Begriff des Feminismus. Diese Entwicklung führte 1789 zur „ Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin „ . In Deutschland lies der organisierte Kampf, wie allgemein üblich länger auf sich warten. Erst ab 1830 machten die Frauen langsam auf sich aufmerksam. Zögerlich entstanden Frauenhäuser, doch die deutsche Frauenbewegung lief zu dieser Zeit größtenteils im Schatten der Arbeiterbewegung mit und nur durch den Druck der Arbeiterklasse entstanden nach und nach Kindergärten, um die Doppelbelastung von den Schultern der Frauen zu nehmen, deren Verdienst für das Überleben der ärmlichen Familien unentbehrlich war. 1865 entstand der Allgemeine Deutsche Frauenverein, welcher soziale und juristische Gleichberechtigung, Koalitionsfreiheit und Arbeitsschutz der Frauen forderte. 1894 wurde der Bund Deutscher Frauenvereine als organisatorische Zusammenfassung der bürgerlichen Vereine gegründet. Während in Großbritannien 1888 die Frauen das allgemeine Wahlrecht erhielten, ereichten die deutschen Frauen erst mit der Revolution im November 1918 dieses Privileg. Jedoch fehlte ihnen weiterhin die volle wirtschaftliche und juristische Gleichberechtigung. Während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland war jede Art von Progression verpönt und so wurde auch der Kampf der Frauen verboten. Mit Gründung der beiden deutschen Staaten ging die Bewegung zwei verschiedene Wege. In der DDR wurde den Forderungen der organisierten Frauen weitgehend entgegen gekommen. Es gehörte zum normalen Bild, dass Frauen einen qualifizierten Beruf nachgingen und in der Gesellschaft gleichberechtigt und selbstbewusst auftraten. Doch voll emanzipiert waren sie auch im Sozialismus nicht. Frauen erhielten geringere Löhne als Männer und waren in der Politik unterrepräsentiert.

Im Grundgesetz der BRD ist zwar im Artikel 12 die völlige Gleichheit aller Deutschen beschrieben, doch die alltägliche Praxis der Bundesrepublik sah und teilweise sieht anders aus. Während es in der DDR praktisch keine Hausfrauen gab, war in der BRD nur ein geringer Teil der weiblichen Bevölkerung berufstätig. Bezeichnend dafür ist eine Umfrage , die der Spiegel am 2. 3. 98 veröffentlichte. Dabei wurden Frauen in West- und Ostdeutschland befragt, in welcher Rolle sie sich als Frau am wohlsten fühlen würden(siehe Grafik Nr. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese verkrustete traditionelle Bedeutung der Frau beginnt in den letzten Jahren immer schneller zu bröckeln. Auch wenn einige Auswüchse der Emanzipation seltsame Früchte tragen, glaube ich das man doch optimistisch sein kann, dass eine vollständige Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann in allen Bereichen gesellschaftlichen Lebens erreicht wird.

3. Geschlechtsspezifische Rollen als Wirklichkeitsmodelle in den Medien

Ich möchte versuchen mich in meinen Darlegungen zum Thema Frauen und Männerwelten in den Medien nur auf die Verhältnisse in der Bundesrepublik zu konzentrieren. Dies geschieht aus zweierlei Gründen. Deutschland ist in allen Bereichen der Emanzipation, im Vergleich mit den anderen Ländern der westlichen Welt ein Entwicklungsland. Insofern ist es besonders bei uns wichtig, dass sich über das mediale Bild der Frau, Gedanken gemacht wird.

Zum zweiten hinkt der Bereich der empirischen Forschung im internationalen Vergleich hinterher. Untersuchungen der Medien zu dieser Thematik waren bis in die 70er Jahre praktisch nicht vorhanden.

Erst auf Druck der Frauenbewegung wurde 1974 von den Vereinten Nationen eine Untersuchung über den Einfluss der Massenmedien auf die Rolle der Frau in der heutigen Gesellschaft herausgegeben. Diese Untersuchung - die K ü chenhoff Studie - deckte in unwiderlegbaren Zahlen und Fakten auf, dass die deutschen Medien völlig an der Frau vorbei gehen. Dies betrifft zum einen die Präsenz von Frauen im medialen Angebot, z. B. als Redakteurinnen in Zeitungen und Zeitschriften oder als Nachrichtensprecherinnen im Fernsehen, als auch die Missachtung weiblicher Interessengebiete bei der Themenwahl. Ein Resümee der K ü chenhoff Studie wurde in sieben Punkten abgefasst1.

1. Frauen sind im deutschen Fernsehen erheblich unterrepräsentiert.
2. Die Mittelschichtorientierung in der Darstellung von Frauen steht im Gegensatz zur gesellschaftlichen Realität.
3. Neben dem traditionellen Leitbild der Hausfrau und Mutter steht das Leitbild der jungen schönen und unabhängigen Frau.
4. Charakteristisch ist die mangelnde Thematisierung der Berufstätigkeit und die Nichtbehandlung von Problemen der Frauenarbeit und der Doppelbelastung. Berufstätigkeit von Frauen in Sendungen mit Spielhandlung dient im wesentlichen der Zuweisung des sozialen Status und der Legitimierung des Lebensstandards.
5. Die Fernsehfrau ist unpolitisch. Sie zeigt sich wenig informiert und wird daher auch nicht politisch oder gesellschaftskritisch aktiv.
6. Die Behandlung von Frauenfragen, dass heißt die kritische Auseinandersetzung mit der besonderen Situation der Frau, wird in den Programmen des bundesdeutschen Fernsehens vernachlässigt.
7. Auch die medieninterne Rollenverteilung in den Fernsehanstalten weist eine deutliche Benachteiligung der Frau auf.

Die Ergebnisse sind eindeutig zu Ungunsten der Frauen. Sie bestätigten die Argumente und Prognosen der Frauengruppen, wurden von Chefredakteuren und Intendanten vehement bestritten und wirbelten in der Öffentlichkeit einigen Staub auf. Die Folge war, dass ab Mitte der 70er Jahre, Frauen in den Medien nicht mehr nur als schmückendes Beiwerk zu sehen waren. Es erschienen die ersten Nachrichtensprecherinnen, Frauenthemen wurden häufiger bearbeitet und Redaktionssitzungen kamen nicht mehr ohne weibliches Mitwirken aus.

Mehr als 20 Jahre sind seit der K ü chenhoff Studie vergangen. In viele Bereiche männlichen Schaffens dringen die Frauen seitdem vor, doch noch immer liegt die allgemeine Arbeitswelt, sowie die Medien fest im Griff der Männer. Die sieben Erkenntnispunkte der Küchenhoff Studie sind zwar entschärfter, entsprechen aber nach wie vor der Realität. Warum das so ist und warum die Frauen selbst zu einem großen Teil Schuld an diesem Zustand tragen, möchte ich im Folgenden versuchen zu erörtern.

3. 1. Die Geschlechterrollen im Medium Fernsehen

Die traditionelle Betrachtungsweise der Frau, wie sie von mir schon im ersten Abschnitt geschildert wurde, färbte unverändert auf die Entstehung und Entwicklung des Fernsehens ab. Wie auch im der Küchenhoff Studie Beschrieben, wird das Bild der Geschlechter allgemein und das Bild der Frau insbesondere falsch oder verzerrt dargestellt. Die Realität bleibt außen vor.

Oft ist nur der Körper der Frau maßgebend, um Werbung für ein Produkt oder eine Sendung zu betreiben. So entsteht der Typus der schönen aber gesichtslosen Frau im Barbieformat. Weiterhin wird die Frau zum Zier- und Schmuckstück diffamiert. Da ist z. B. die hübsche Ansagerin, die uns mit weiblichem Charme und Anziehungskraft die nächste Billigproduktion schmackhaft machen soll oder die Assistentin des Showmoderators, die einer greisen Sendung das gewisse erotische Effet verschafft.

Die Klischeebehaftung des Fernsehens wird besonders deutlich bei Aufteilung der Geschlechterrollen in die verschiedenen Sparten der menschlichen Interessensgebiete. In Sendungen mit Spielhandlung sprich Spielfilmen, werden Frauen auf den „ romantisch verträumten „ , über den „ mütterlichen „ , bis hin zum „ naiven „ Typ reduziert. Dazu werden die weiblichen Rollen größtenteils mit makellos gut aussehenden Darstellerinnen besetzt. Außerdem kommt hinzu, dass Frauen in diesen Sendungen ohnehin unterrepräsentiert sind. Männer hingegen treten meist als Helden auf, sie werden als Macher und Initiatoren gezeigt.

Dies sind nur einige Beispiele für die Beschneidung der femininen Welt auf Liebe, Erotik, Familie, Haushalt und Kochen. Betrachtet man das Personalspektrum der Fernsehanstalten, wird deutlich warum dieser Zustand besteht (siehe Grafik Nr. 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„ Ist Rundfunk Männersache in der Bundesrepublik ? „ , so lautete der

Titel einer Untersuchung, durchgeführt von zwei ZDF Mitarbeiterinnen. Sie kamen dabei zu folgenden Ergebnis: „ Männer sind hauptsächlich in der mittleren bis oberen Gehaltsgruppe beschäftigt. Frauen in den unteren. . . „ . Das heißt die Verantwortungs- und Entscheidungsträger sind größtenteils Männer.

Im zusammenfassenden Überblick kann man sagen, dass dem Fernsehen meist der Bezug zur Realität entgeht. Dabei besteht zu Recht die Frage, ob es denn die Aufgabe des Fernsehens ist immer die Realität aufzuzeigen. Dieser Punkt ist und bleibt strittig. Spielfilme, Daily Soaps, Shows usw. sind die Märchen unserer Zeit und dienen zur Unterhaltung. Bedenklich ist nur, wenn diese Märchen für bare Münze genommen werden.

3. 2. Wirkung und Gefahren des Mediums Fernsehen

Um einen genaueren Einblick auf die Wirklichkeitsmodelle in den Medien zu gewähren, möchte ich in meinen Darlegungen speziell auf das Fernsehen eingehen. Das ist um so sinnvoller, da der Fernsehfunk von der breiten Masse der Bevölkerung rezipiert wird und vom Kleinkind bis zur Großmutter Anklang findet. Soweit sind auch die Auswirkungen der Medien spezifischer und augenscheinlich erkennbar. Außerdem laufen, bis auf Einzelheiten, alle Medien im Großen und Ganzen konform, so das sich vom Fernsehen fast die gleichen Rückschlüsse auf Hörfunk und Printmedien ziehen lassen.

Ich denke, dass der Einfluss des Fernsehens auf menschliche Denkens- und Verhaltensmuster enorm ist und allgemein unterschätzt wird. Das Fernsehgerät ist für viele Menschen gleich einer Spritze, mit der sie sich ihren täglich notwendigen Schuss „ heile Welt „ injizieren. Ich behaupte, das dass Fernsehen genau wie eine Droge wirkt, nach deren Konsum man sich besser fühlt und die das eigene problembehaftete Dasein vergessen macht. Andererseits aber wird man ohne es zu merken in eine gewisse selbstzerstörreiche Abhängigkeit gebracht. Der Komiker Mittermeyer hat dazu den treffenden Begriff des TV Junkies geprägt. Besonders bedenklich ist dies bei Kindern und Jugendlichen. Hier muss sich die Persönlichkeit erst entwickeln, doch wie soll dieser Reifeprozeß verlaufen, wenn falsche Ideale vorgesetzt werden? Die Werbung suggeriert Erfolg, Glück, Status und Zufriedenheit beim Kauf der entsprechenden Produkte und Untersuchungen belegen, dass gewaltverherrlichende Filme die Aggressivität steigern und das Pornografie zu einer überzogenen sexistischen Einstellung führt. Wenn das Fernsehen selbst kaum in der Lage ist, alte überkommene Denkweisen zu reformieren, wie soll dann der Rezipient zwischen richtig und falsch unterscheiden können. Das dies alles zu beträchtlichen Folgen für das gesellschaftliche Leben führt, ist für jedermann absehbar. Manipuliert wird und ist jeder, auch wenn man es nicht am eigenen Leib erkennen kann oder will, so wird es doch oft am Verhalten anderer bewusst. So sind die Läden voll von konsumgesteuerten Teens, die tief in die Taschen der Eltern greifen, um ihren Beliebtheitsgrad, mit der hippesten Unterhose auf die Sprünge zu helfen. Die vorgesetzten Verhaltensmuster werden gern und dankbar aufgesogen und bis zum Eigenknockout zelebriert. Das Bild der Weiblichkeit, welches die Medien zeichnen führt zur Verleugnung der Frau als Individuum. Es wird im Schönheitswahn einem weiblichen Einheitsbild in den Maßen 90-60-90 nachgerannt und dabei nicht vor Selbstverstümmelungen in Form von diversen Schönheitsoperationen zurückgeschreckt. Diese Entwicklung gipfelt in neuartigen, modernen Krankheitsbildern, wie Bulimie und den verschiedensten Psychosen. Diese negativen Auswirkungen sind intergeschlechtlich. Männer leiten genau so wie Frauen unter der Form, in die sie nicht passen wollen. Dem gesellschaftlichen Erwartungsdruck sind viele nicht gewachsen. Sie sollen der Ernährer und Oberhaupt der Familie, sollen erfolgreich, aggressiv, Herr jeder Lage, also „ männlich „ sein. Wer scheitert oder sich widersetzt trifft oft auf Intoleranz und Unverständnis. Was bleibt, sind Depression und Resignation.

Es ist richtig, wenn gesagt wird, dass diese gesellschaftlichen Fehlentwicklungen nicht die Schuld der Medien sind. Fehler gibt es massenweise in der Menschheitsgeschichte und selbst in den von der Zivilisation weitgehend unberührten Naturvölkern sind Körperverstümmelungen auf Grund irgend einer Idealvorstellung an der Tagesordnung. Doch die Medien und speziell das Fernsehen wirken wie ein Katalysator auf alles gesellschaftliche Leben. Alles wird schneller, schöner, größer, bunter, jeder neue Trend übertrifft sich an Kurzlebigkeit und es steht die Frage, wo und wann das Ende dieser Raserei ereicht ist. Das Fernsehen gebiert sich mehr als Diktator denn als Samariter. Anstatt zu helfen und nach Auswegen zu suchen werden Wirklichkeitsmodelle nach Plan geschaffen.

3. 3. Die Entwicklung des Mediums Fernsehen

Trotz aller bereits erläuterten konservativen Tendenzen des Fernsehens, besonders im Bezug auf die Geschlechterrollen. Gibt es doch besonders in den letzten Jahren eine eindeutige emanzipatorische Reformierung der Programme. Die Erkenntnisse der K ü chenhoff Studie sind im Groben weiterhin aktuell und sollten auch in Zukunft noch den Programmgestaltern als Denkanstoß dienen. Doch es hat sich seit den 70er Jahren viel Neues herausgebildet.

Den größten Entwicklungsschub erhielt das deutsche Fernsehen, zu Beginn der 80er Jahre, mit dem Entstehen des privaten Rundfunks. Diese privaten Sender orientieren sich programmatisch sehr stark an amerikanischen Vorbildern. Die USA sind Vorreiter der Emanzipation. Hier gelten die Regeln des Marktes und da, wo Leistung und Erfolg zählen herrscht Blindheit für Geschlechtsunterschiede. Nach diesem Konzept arbeiten die neuen Sender und bilden so eine starke Kongruenz für ARD und ZDF. Ein Umdenken wurde plötzlich überlebenswichtig. Eine Überarbeitung und Erneuerung der Programmstruktur begann und hält bis heute an. Diese Entwicklung ist soweit fortgeschritten, dass sogar manchmal der Verdacht aufkommt, die Fernsehfrau sei emanzipierter, als die Frau des Alltags. Ein halb nackter knackiger Männerpo serviert kühle Drinks zur feuchtwarmen Gesprächsrunde in Veronika Feldbuschs „ Peep „ , Firmenchefinnen rangeln sich mit Kollegen durch ein erfolgreiches Geschäftsjahr und im abendlichen Krimi bieten kühl kalkulierende Kommissarinnen der Verbrecherwelt Paroli. In Nachrichtensendungen oder Magazinen tauchen mehr und mehr Frauen auf, ob nun als Moderatorinnen, Redakteurinnen oder Reporterinnen vor Ort, weibliche Präsenz ist unabdingbar. Selbst die vielbeschworene Männerdomäne Sport zeigt immer häufiger ein Moderatorinnengesicht, bis hin zum traditions- reichen „ aktuellen Sportstudio „ sind die Frauen vorgedrungen. Das zeigt, das die Ausnahmen, welche eigentlich die Regel bestätigen sollen, langsam zur Regel werden. Die übermäßige Fülle des Senderangebotes trägt weiterhin zum Untergang alter Traditionen bei. Die Programmgestaltung unterliegt nicht mehr den Willen einiger männlicher Intendanten und Chefredakteuren, sondern ist dem Gesetz von Angebot und Nachfrage unterworfen.

Die Sparteneinteilung der verschiedenen Sendeanstalten ermöglicht dem Zuschauer eine gewisse Übersicht über die jeweils aufgegriffenen Thematiken. So spezialisierten sich einzelne Sender auf die Bereiche Musik, Sport, Kinderunterhaltung, Wirtschaft, Nachrichten, Kultur und es gibt den eigens auf Frauen zugeschnittenen Sender TM 3, welcher in anspruchsvoller Weise Frauenbelange bearbeitet.

Als nächstes noch einige Worte zum Fernsehen der DDR. Natürlich wurde das Medium Fernsehen in der DDR schamlos für SED-Propaganda ausgenutzt. Bezeichnend dafür ist Schnitzlers „ Schwarzer Kanal „ . Selbst in der täglichen Nachrichtensendung, der „ aktuellen Kamera „ , hatte die Partei immer recht und Objektive Berichterstattung waren Fremdbegriffe. Abgesehen davon war das Fernsehen der DDR in der Lage, Alltagsleben getreu der Realität darzustellen, ganz ohne Kitsch und Schnörkel. Es wurde die Bäuerin gezeigt, die früh 5. 00 Uhr im Stall die Kühe molk, sowie der Arbeiter, der 16. 00 Uhr das Werktor hinter sich lies. Handlungen und handelnde waren natürlich meist unpolitisch und wenn, dann nur im Sinne der Stärkung des Sozialismus, doch das Alltagsleben und somit auch ein relativ großer Teil der Wirklichkeit waren Thema von Fernsehproduktionen.

In der heutigen Medienlandschaft lässt sich feststellen, dass zwar immer noch die Machtpositionen in männlicher Hand liegen, aber die Frauen rücken unaufhörlich nach. Die grenzen zwischen den Geschlechtern verwischen mit der Zeit. Das dies nicht nur positiv, sondern auch eine Entwicklung voller Fehler ist, möchte ich im Weiteren versuchen darzulegen.

3. 4 Fehlentwicklungen im Emanzipationsprozess - Welche Wege gehen die Geschlechter?

Der Spiegel berichtete in der Ausgabe vom 9. 3. 98 im Rahmen einer Reportage zur neuen Gewalt unter Frauen und Mädchen, über die zunehmende Zahl der Gewalttaten, die vom weiblichen Geschlecht ausgeführt werden. Die zumeist sehr jungen Mädchen gingen dabei mit einer Brutalität und Kaltschnäuzigkeit vor, wie es bisher nur Männer zuwege brachten. Es kam die Frage auf, ob es sich hierbei um die Kehrseite der Emanzipation handelt, oder um die notwendige Anpassung in einer roher werdenden Gesellschaft.

Das Fernsehen kann als Mitbewirker dieser Aggression nicht ausgespart werden. Der unter Teenagern meistgesehenste Musikkanal MTV wurde von der American Medical Association untersucht. Es ergab sich, dass MTV im Vergleich zu anderen Viedeoclipsendern mit Abstand die meisten Gewaltszenen zeigte. 40% der gewalttätigen Akteure waren weiblich. In Anbetracht der vielbeklagten Unterpräsenz der Frau im Fernsehen, ist diese Zahl im wahrsten Sinne des Wortes gewaltig. Während früher Frauen als Opfer von Gewaltverbrechen gezeigt wurden, schreiten sie heute auf allen Kanälen selbst zur Tat. Diese Telefiktion wirft ihre Schatten auf das gesellschaftliche Leben. Die Hemmschwelle zur Brutalität scheint bei Frauen gesunken zu sein. Das lässt sich zumindest aus der steigenden Zahl weiblicher Gewalttaten schließen. Wenn sich eine Wespentaille mit riesiger Oberweite namens Lara Croft in Tomb Raider erfolgreich durch die virtuelle Computerwelt schießt, warum soll es dann im richtigen Leben nicht anders laufen. Wer zuerst schlägt malt zuerst.

Vielzitierte Statements der Feministinnen, die da behaupten die Welt wäre Friedlicher, läge sie in Frauenhänden, werden aus den Angeln gehoben und verkommen zur Lachnummer. Sehr zur allgemeinen Freude und Bestätigung konservativer Männerkreise. Es ist schade, das man die Akteurinnen der deutschen Frauenbewegung in ihren Äußerungen zum Teil nur milde belächeln kann. Wie anders ist es zu werten, wenn sogenannte Feministinnen lautstark Stripteaselokale für Frauen und Frauensexshops fordern. Getreu dem Motto: „ Was die können, können wir doch schon lange! „ . Das sind Äußerungen, die nur von Dummheit und Kurzsichtigkeit zeugen und mich persönlich sehr ärgerlich machen. Zum einen wirkt solches Verhalten destruktiv auf die seriöse Frauenbewegung. Zum anderen stellt es Wasser auf die Mühlen derjenigen dar, welche behaupten, die Frau sei dem Mann unterlegen. Anstatt progressiv zu denken, Neues zu schaffen und einfach zu versuchen es besser zu machen als die Männer, werden die großartig verhassten männlichen Unarten übernommen und kopiert.

Ein aktuelles Beispiel stellen die Bombenangriffe der USA auf den Irak dar. Einer der ersten Bomber wurde von einer Frau geflogen. Es ist für mich absolut unverständlich, wie eine Frau freiwillig soviel Energie aufbringt um in die Position zu gelangen, in der es ihr möglich ist mit stolz geschwellter Brust, Bomben über andere Menschen regnen zu lassen. Eine tolle Karriere.

Ich glaube, Frauen hätten die historische Chance den Männern zu zeigen, wie Probleme richtig gelöst werden. Statt dessen sind sie in dem Wahn „ es der Männlichkeit mal gezeigt zu haben „ , auf dem besten Weg die Männerwelt zu bestätigen.

Die Schriftstellerin Maxi Wander sagte einmal: „ Nicht gegen die Männer können wir uns emanzipieren, sondern nur in der Auseinandersetzung mit ihnen. „ . Dem ist nichts hinzuzufügen.

3. 5. Mediale Phänomene

Als Phänomene möchte ich in diesem Fall Zustände bezeichnen, welche unlogisch erscheinen oder auch sind. Bei der Vorarbeit zu meinen jetzigen Darlegungen bin ich des öfteren an solchen Punkten angelangt, welche ich mir selbst nicht schlüssig erklären kann. Im folgenden betrifft das die Phänomene der sogenannten „ Frauenzeitschriften „ , der Heftchenromane und der Werbung.

3.5.1. Phänomen „ Frauenzeitschrift „

Bild der Frau, Petra, Frau im Spiegel, Brigitte, Freundin, Für Sie und wie sie nicht noch alle heißen mögen, deklariert als „ Frauenzeitschriften „ . Allein dieser Begriff macht stutzig, denn schon ein Blick ins Impressum macht klar, wer die „ Frauenzeitschriften „ leitet und sich an ihnen eine goldene Nase verdient, nämlich Männer. Der logischere Slogan könnte lauten: Frau im Spiegel- die Männerzeitschrift, konsumiert und finanziert von Frauen zum Wohl der Männlichkeit! Zum Wohl der Männlichkeit im doppelten Sinne. Einerseits bei der Festlegung und Typisierung der Frauenrolle auf Heim, Herd, Erotik und Familie. Andererseits bei der Anullisierung und Trivialisierung feminen Bewusstseins und Geistes. Nicht zuletzt wird mit „ Frauenzeitschriften „ gut verdient.

Doch worin liegt das Erfolgsgeheimnis dieses Mediums? Was bringt Frauen dazu sich in Scharen dieser Zeitschriften zu bedienen, obwohl deren Inhalt spießig, voyeuristisch, konservativ und bar jeder Bestrebung des Kampfes der Frauen um Gleichberechtigung ist?

Ich weiß es nicht. Als Mann weiß ich es wahrscheinlich noch weniger, als es die Frauen wissen, zumindest jene, die von mir befragt wurden. Die Antworten, welche ich bekam, reichten von: „ . . . das lässt sich schöner lesen. . . „ , über „ . . . da sind gute Rezepte drin. . . „ , bis zum missmutigen Schulterzucken. Im Großen und Ganzen erhielt ich nur unbefriedigende Antworten. Leider muss diese Frage auch offen bleiben, denn in keinem der Arbeitsmittel, welche mir eigentlich recht umfangreich zur Verfügung standen, konnte ich eine wissenschaftliche Abhandlung dazu auffinden. Spekulationen sind also freien Lauf gelassen. Leider!

3.5.2. Phänomen Heftchenromane

Für die Heftchenromane gilt das gleiche, wie für die „ Frauenzeitschriften „ . Konservativ-traditionelle Geschlechterrollen werden dargestellt und patriarchalische Formen gewahrt. Trotzdem werden sie in hohen Auflagen von Frauen konsumiert. Janice Radway hat dazu den Versuch einer wissenschaftlichen Erklärung unternommen, der meiner vermessenen Meinung nach gescheitert ist. Sie stellt die These auf: „ . . . dass Frauen dieses traditionelle Frauenbild gewissermaßen im vollen Bewusstsein seiner Brüchigkeit aufgreifen, sich in ihrer (erlernten)Emotionalität bestätigt fühlen und zugleich ein ; „ utopisches Moment „ bewahren können, indem ihre eigene Emotionalität, die in der personalen Alltagskommunikation erhebliche Abwertung erfährt, in der Fiktion auf Wertschätzung und Anerkennung trifft. „2

Im Freundeskreis erörtert würde es lauten: Frauen wissen zwar, dass sie da völligen Schwachsinn lesen, fühlen sich aber emotional verstanden und flüchten somit aus der Abwertung des Alltagsgraus.

Dazu sollte sich jeder selbst ein Urteil bilden.

3.5.3 Phänomen Werbung

Kein Metier der Medienbranche ist so radikal Klischeebehaftet, wie das schnelle Werbegeschäft. Das liegt zum größten Teil wohl daran, dass die geballte Werbeinformation in möglichst knappen Agitationen, mundgerecht in kleinen Geschichtchen verpackt, den Verbraucher schmackhaft gemacht werden soll. Im Fernsehen sieht es so aus, dass die gängigen Wirklichkeitsmodelle im Schonwaschgang aufbereitet werden, während uns in den Werbeblocks die medialen Konstrukte im Schleudergang um die Ohren fliegen. Nach wenigen Sekunden ist der ganze Spuk vorbei und man lehnt sich entspannt in seinen Sessel zurück.

Das Bild der Geschlechter, wie es in den Medien -speziell im Fernsehen- dargestellt wird, ist ebenfalls Thema der Werbung. Die attraktive putzbereite Herrscherin über Heim und Herd, immer in der Lage ihren Mann zu unterstützen, sorgt für Harmonie in der Familie. Die dynamische schöne Karrierefrau, deren täglicher Lebensinhalt aus Erfolg, Aktivität, Glück, Haarspray und Kaffee besteht oder auch der kultivierte Biertrinker, dessen Bierfahne ein Aphrodisiakum für das weibliche Geschlecht darstellt. So oder so ähnlich sehen die Werbeversprechen der Anbieter aus und dazu werden schamlos alte Klischees bedient und ausgereizt. Man muss kein aufmerksamer Beobachter sein, um diesen Zustand zu erkennen. Doch warum laufen so geartete Werbespots mit zwar schwindenden, doch immer noch beträchtlichen Erfolg ?

Verantwortlich dafür ist wahrscheinlich die Strategie der Werbemacher, in ihren Spots und Slogans die primitiven menschlichen Triebe anzusprechen, denen insgeheim jeder gern folgt. So wird auf menschliche Eitelkeit gezielt, wenn ein bestimmter Joghurt zur Traumfigur verhelfen soll. Der Sexualtrieb ist im Spiel, beim Gebrauch eines frauenbetörenden Deos. Spots mit dem dümmlichen Ehemann und der umsichtigen Hausfrau, schmeicheln der Frau des Alltags die fehlende Bestätigung ein und suggerieren feminines Selbstbewusstsein. Mit solchen simplen Tricks wird dem jeweiligen Produkt ein sympathischer Anstrich verliehen.

Die Werbung spricht zum größten Teil die breiteste Käuferschicht, die Frauen an. Bemerkenswert ist nur, wie erfolgreich dieser Käuferkreis beworben wird.

Für die zukünftige Entwicklung ist zu sagen, dass sich alternative Werbekonzepte mehr und mehr durchsetzen und bald nicht mehr nur die rühmliche Ausnahme bilden.

4. Medienanalyse am Beispiel täglicher Talkshows

Um sich ein genaueres Bild über das Medium Fernsehen zu machen, habe ich einen kleinen Teil aus dem Angebotsspektrum deutscher Fernsehsender ausgesucht und eine eingehende Betrachtung vorgenommen. Es handelt sich hierbei um eine recht anspruchslose, aber umso erfolgreichere Sparte der Fernsehunterhaltung. Gemeint sind die alltäglichen Talkshows. Diese Shows vermehren und tummeln sich in Massen auf den Programmplätzen, speziell der privaten Sender (siehe Grafik Nr. 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anzahl von Talkshows pro Tag

RTL als Marktführer schafft es auf ganze 5 Sendungen täglich. Das heißt 5 Stunden Sendezeit für meist verschrobene Meinungen zu widersinnigen Themen. Während die beiden öffentlich -rechtlichen Talker Jürgen Fliege und Thomas Ohrner noch versuchen mit einem gewissen Niveau und einem Hauch Ästhetik ihre Themen an Frau und Mann zu bringen, gilt bei Privat das Motto: Je brachialer desto skandalöser, desto sensationeller, desto höher die Quote.

Die „ Gesprächsrunden „ finden werktags in der Zeit zwischen 10. 00 Uhr und 17. 00 Uhr statt. Insofern wird deutlich, auf welchen Rezipientenkreis es die Quotenhascher abgesehen haben. Es sind die Menschen, welche keiner geregelten Beschäftigung nachgehen. Abgesehen vom Heer der Arbeitslosen, handelt es sich hierbei um Hausfrauen und Rentner. Unter diesen Aspekt , war es mir wichtig festzustellen, wie diese Sendungen strukturiert sind. Wie verhält es sich mit der geschlechtsspezifischen Beteiligung ? Wie ist das Gesprächsverhalten ? Wie leitet die Talkmasterin, der Talkmaster die Runde ?

Maßgebend war die Regel: Wer sagt was, wo, zu wem und mit welcher Wirkung ?

Als Objekt wählte ich 3 mal 3 Shows, die mir prädestiniert erschienen. Es handelt sich hierbei um die Sendungen:

„ Bärbel Schäfer „ - RTL, werktags von 13. 00 Uhr bis 14. 00 Uhr

„ Birte Karalus „ - RTL, werktags von 14. 00 Uhr bis 15. 00 Uhr

„ Andreas Türck „ - Pro 7, werktags von 15. 00 Uhr bis 16. 00 Uhr

4. 1. Die quantitative Analyse

Von jeder dieser Shows untersuchte ich 3 Sendungen zu verschiedenen Themen, welche aber alle die traditionellen Frauenbelange, wie Liebe, Freundschaft, Partnerbeziehung betrafen. Als erstes überprüfte ich das Geschlechterverhältnis im Mitarbeiterbereich. Dabei unterteilte ich in leitendes und ausführendes Personal. Unter die erste Kategorie vielen die Regie, Chefredaktion und Sendeleitung. Der zweite Bereich betraf Maske, Regieassistenz, der technisch-exekutive Teil usw. (siehe Grafik Nr. 5)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Reihe 1: weiblich - Reihe 2: männlich

Das Ergebnis stand im Gesamtbild erwartungsgemäß schlecht für die Frauen. Das Beschäftigungsverhältnis zwischen Frauen und Männern lag bei 1 : 1, 9. Das heißt fast die doppelte Anzahl männlicher Beschäftigte stellt die Sendung her. In Prozentzahlen ausgedrückt besteht eine 35%ige weibliche und eine 65%ige männliche Beteiligung.

Dann betrachtete ich die Shows in ihrem Ablauf. Wie ist das Verhalten der Gäste, wie stark sind die Geschlechter jeweils präsent ? Dabei legte ich Wert auf die zeitliche Länge der gemachten Äußerungen und beobachtete, wie stark und in welcher Form sich das Publikum integrierte.

Aus allen 9 Sendungen ließ sich feststellen, dass erstaunlicherweise die Männer unterrepräsentiert waren. 61% aller geladenen Gäste waren Frauen, während sich die Männer auf einen Anteil von 39% beschränkten. Obwohl nicht richtig ersichtlich, schien doch das Mengenverhältnis zwischen den Geschlechtern im Publikum ausgeglichen. Trotzdem kamen mehr Frauen als Männer zu Wort. 63% aller Wortmeldungen stammten von Frauen und 37% von Männern. Eine Ursache dafür könnte die einseitige Themenwahl sein, welche wie schon erwähnt, fast nur „ klassische Frauenthemen „ betrifft. Eine zweite Ursache liegt wohl in der „ zielgruppengerechten „ Programmgestaltung, die sich ebenfalls auf einen „ weiblichen Rahmen „ konzentriert.

Anders stellen sich die Zahlen für die Dauer der Gesprächsbeiträge dar.

Männer scheinen in Diskussionsrunden eindeutig geschwätziger zu sein als Frauen. Während eine Frau im Durchschnitt 167 Sekunden benötigt, um ihre Meinung kund zu tun beansprucht ein Mann ganze 237 Sekunden.

Weitere detaillierte Informationen zur quantitativen Untersuchung aller neun Sendungen können den Grafiken Nr. 6 bis Nr. 9 entnommen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

durchschnittliche Geschlechterpräsenz in den Sendungen „ Bärbel Schäfer „ ( Reihe 1: weiblich ; Reihe 2: männlich)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

durchschnittliche Geschlechterpräsenz in den Sendungen „ Birte Karalus „ ( Reihe 1: weiblich ; Reihe 2: männlich)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

durchschnittliche Geschlechterpräsenz in den Sendungen „ Birte Karalus „ ( Reihe 1: weiblich ; Reihe 2: männlich)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

durchschnittliche Gesprächszeit in den Sendungen - Angaben in Sekunden ( Reihe 1: weiblich ; Reihe 2: männlich)

4. 2 Die qualitative Analyse

Eine qualitative Analyse von Diskussionssendungen, ist auf Grund ihrer Subjektivität immer zweideutig. Deshalb kann ein solches Untersuchungsergebnis weder repräsentativ noch wissenschaftlich exakt in seiner Aussage sein. Trotzdem sollte diese Methode nicht ganz außer acht gelassen werden, denn es lassen sich zumindest Tendenzen fest stellen, welche zur Abrundung des Gesamtbildes beitragen.

In meiner Untersuchung bin ich von den Direktiven des gesunden Menschenverstandes und der allgemeinen gesellschaftlichen Normen ausgegangen. Ich glaube somit, dass die qualitative Wertung der entsprechenden Diskussionsbeiträge von anderen Beobachtern, ähnlich ausgefallen wäre. Um so weit wie möglich eine Objektivität zu wahren, trennte ich die zu bewertenden Äußerungen, in nur zwei gegensätzliche Lager. Zum einen die rationalen, zum anderen die irrationalen Beiträge

(siehe Grafik Nr.10 ).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Reihe 1: weiblich, Reihe 2: männlich

Frauen sind vernünftiger, so lautet das Ergebnis der Untersuchung. Die Hälfte aller vernunftgeleiteten Meinungsäußerungen stammten von Frauen, während sich bei den Männern destruktive Beiträge und rationales Denken mit jeweils nur schwachen 19% die Waage halten.

4.3. Fazit

Keinesfalls können die Ergebnisse meiner kurzen Analyse als repräsentative Aussage gewertet werden. Doch lassen sich zumindest tendenziell einige Ansätze erkennen. Es kann festgestellt werden, dass auch in dieser Unterhaltungsbranche eine Ungleichheit zwischen Frau und Mann besteht. Doch immerhin zeichnet sich diese in einer neuen unerwarteten Form ab. Diesmal erhalten im Vergleich zu älteren Studien, die Frauen in Präsenz und Anzahl der Diskussionsbeiträge eindeutig die Oberhand. Andererseits steht genauso eindeutig fest, dass wieder einmal die Männer an den Reglern sitzen und die Show inszenieren. Eine vergleichbare Erscheinung wie die „

Frauenzeitschriften „ , umgesetzt auf das Bildschirmmedium. Talkshows für eine Größtenteils weibliche Zielgruppe, zu Frauenthemen, mit großer Frauenbeteiligung und mit Männern als endliche Nutznießer. Doch die männliche Rechnung geht auf, wie die hohen Einschaltquoten beweisen. Ein weiteres mediales Phänomen !

Erschwerend kommt hinzu, dass Sendungen dieser Art durch ihre peinliche Banalität ein negatives Image entwickeln, welches sich nahtlos auf die Frauen projiziert und alten Vorurteilen neue Nahrung gibt. Da nützt es auch nichts, wenn Frauen als die besseren Menschen auftreten.

Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass in allen analysierten Sendungen, sehr viel menschliches Leid gezeigt wurde, besonders auf intellektueller Basis. Diese Art von Unterhaltung ist von einer konstanten Niveaulosigkeit, sodass Zuschauen zur Tortur entartet. Bezogen auf Geschlechterrollen, wird die Situation des Mannes bestätigt und die der Frau trivialisiert.

5. Frauenstimme - Stimme der Vernunft ?

Ich möchte hier unter Anwendung meiner Medienanalyse auf das Gesprächsverhalten der beiden Geschlechter eingehen. Die Talkshowanalyse zeigte: Frauen sind rationeller und eher zur Konfliktlösung bereit. Männer hingegen vertraten oft radikale und irrationale Meinungsbilder. Die Gesprächszeitanalyse beweist, dass Männer im Durchschnitt über eine Minute mehr Zeit zur Meinungsäußerung benötigten. Das lässt sich mit verschiedenen männlichen Verhaltensmustern begründen. Zum Einen neigen Männer tatsächlich zur Geschwätzigkeit. Frauen formulierten ihren Standpunkt meist klarer, während Männer zu Abschweifungen und schwammigen Umschreibungen tendierten. Zum anderen rissen die männlichen Gesprächsteilnehmer mit Hilfe verbaler Attacken häufiger das Gespräch an sich. Dabei spielte der Aspekt des naturgemäß höheren Stimmvolumens eine erhebliche Rolle. Weiterhin war von Zeit zu Zeit ein kommunikatives Ungleichgewicht spürbar. Es entstand eine einseitige Gesprächsdominanz. Der „ unterlegene „ Gesprächspartner wurde verbal attackiert, die dominante Seite zeigte keine Kompromissbereitschaft, blieb verschlossen, ging nicht auf den Gegenüber ein und setzte die Vorgaben, über was, wann und wie lang gesprochen wird.

Zum qualitativen Bild muss man sagen, dass Männer viel Wichtigtuerei und Imponiergehabe an den Tag legten. Konstruktive Denkanstöße kamen seltener aus dem männlichen Lager. Was aber sind die Ursachen für solches differenziertes Gesprächsverhalten unter den Geschlechtern ?

Als Antwort sind wohl wieder die alten gesellschaftlich normierten Geschlechterrollen zu nennen. „ Frauen sind die vernünftigeren Menschen. „ Dieses viel propagandierte Statement erhält erst dann vollständige Gültigkeit, wenn es lautet: „ Frauen werden zu vernünftigeren Menschen gemacht. „ . Ich glaube, dass die Rationalität den Frauen mitsamt der restlichen klassischen Frauenrolle aufgetragen wird. Der Mann hingegen hat die Freiheit unvernünftig zu sein. Insofern ist es eine rein subjektive Ermessensfrage, wie weibliche Rationalität zu werten ist. Entweder als feminine Überlegenheit oder als konventionelle Denkweise. Der Mann, ebenfalls in seiner Rolle verhaftet, glaubt keine Abstriche machen zu dürfen um erfolg- und siegreich aus jeder Konfliktsituation hervorzugehen und so neigt er zu verbalen Gewaltausbrüchen. Das kommunikative Verhalten zwischen den Geschlechtern ist extrem differenziert. Nur gegenseitige Öffnung kann der Verständigung zwischen Frau und Mann förderlich sein.

6. Prognose

Die Emanzipation der Frau in den Medien und in der Gesellschaft schreitet in den letzten Jahren immer schneller voran. Trotzdem verhält sich dieser E Entwicklungsprozess nicht kontinuierlich, sondern ist eine Frage von Generationen, die sich darauf ihre eigenen Antworten bilden. Es ist bezeichnend, dass sich wissenschaftliche Abhandlungen zu diesem Thema, auf antiquierte Basisgrundlagen stützen. Viele Thesen aus Büchern, welche ich für meine Arbeit nutzte, hielten besonders die jüngeren, der von mir befragten Frauen für gegenstandslos oder überspitzt. Gleichberechtigung kann nur durch die richtige Form bzw. richtige Erziehung und Bildung geschehen. Ist ein Mensch schon auf seine Rolle verfahren, ist ein „ Spurwechsel „ kaum möglich. Das heißt schon Kinder müssen sehr früh zur Emanzipation erzogen werden. Dies stellt einen Bruch mit allen gängigen Konventionen dar. Um einen solchen Fortschritt einzuleiten bedarf es viel aufklärerischer Arbeit und gegenwärtig fehlt der Emanzipation dazu eine starke Lobby. Weiterhin wird jede Generation den Maßstab für die weitere Entwicklung selbst setzten. Die Konflikte zwischen Frau und Mann entschärfen sich stetig. Dessen ungeachtet halte ich eine völlige Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern für so utopisch, wie etwa den Weltfrieden.

Literaturverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 aus Schmerl, Christiane „ Das Frauen- und Mädchenbild in den Medien „

2 Reader für Theoretische Grundlagen der Kommunikationswissenschaft Medien und Kommunikation-Konstruktion von Wirklichkeit zusammengestellt von Prof. J. Bischoff

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Männerwelten-Frauenwelten; Wirklichkeitsmodelle, Geschlechterrollen, Chancenverteilung
Hochschule
Hochschule Merseburg
Veranstaltung
Theoretische Grundlagen der Kommunikationswissenschaften Medien und Kommunikation - Konstruktion von Wirklichkeit
Note
sehr gut
Autor
Jahr
1999
Seiten
27
Katalognummer
V106148
ISBN (eBook)
9783640044276
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Geschlechterrollen in den Medien werden am Beispiel TV, analytisch aufgearbeitet.
Schlagworte
Männerwelten-Frauenwelten, Wirklichkeitsmodelle, Geschlechterrollen, Chancenverteilung, Theoretische, Grundlagen, Kommunikationswissenschaften, Medien, Kommunikation, Konstruktion, Wirklichkeit
Arbeit zitieren
Daniel Herold (Autor:in), 1999, Männerwelten-Frauenwelten; Wirklichkeitsmodelle, Geschlechterrollen, Chancenverteilung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106148

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Männerwelten-Frauenwelten; Wirklichkeitsmodelle, Geschlechterrollen, Chancenverteilung



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden