Erstellung eines Simulationsmodells für den Betrieb einer Gas- und Dampfturbinenanlage (GuD)


Diplomarbeit, 2001

99 Seiten, Note: Sehr Gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Aufgabenbeschreibung
1.2 Lösungsansatz
1.3 Gliederung der Diplomarbeit

2 Aufbau und Funktion von GuD-Anlagen
2.1 Grundlagen
2.1.1 Die GuD-Anlage ohne Zusatzfeuerung
2.1.2 Das Kombikraftwerk
2.1.3 Das Verbundkraftwerk
2.2 Komponenten einer GuD-Anlage
2.2.1 Die Gasturbine
2.2.2 Der Abhitzekessel im GuD-Prozess
2.2.3 Die Dampfturbine im GuD-Prozess
2.2.4 Sonstige Komponenten im GuD-System
2.3 Betriebsarten und Funktion
2.3.1 Der Anfahrvorgang
2.3.2 Die GuD-Anlage im Teillastbetrieb
2.4 Die Referenzanlage GuD-Anlage Leuna

3 Ideen und Konzepte zur Programmerstellung
3.1 Programmplanung
3.2 Grundidee und Leistungsumfang
3.3 Quellen und Unterlagen
3.4 Die Programmstruktur

4 Die Entwicklungsumgebung Visual Basic 5.0
4.1 Kurzbeschreibung
4.2 Die Steuerelemente (OCX)
4.3 Dynamic Link Libraries (DLL) und das API
4.4 Ereignisorientierte Programmierung (EOP)

5 Programmerstellung
5.1 Einführung
5.2 Das Fensterkonzept
5.3 Aufbau der grafischen Oberfläche
5.3.1 Das MDI-Formular
5.3.2 Das Prozessfenster
5.3.3 Das Panel-Formular
5.3.4 Das Schreiber-Formular
5.3.5 Das Protokoll-Formular
5.4 Die Programmierung
5.4.1 Das Systemfenster Form
5.4.1.1 Die Timer der Gasturbinen und Abhitzekessel
5.4.1.2 Die Timer4 Routine
5.4.1.3 Funktionen in Timer
5.4.2 Das Panel Form
5.4.2.1 Die Option ’Anlagen Sollleistung’
5.4.2.2 Der Betriebsschalter für den automatischen Betrieb
5.4.2.3 Der Button ’Detail’
5.4.2.4 Die Gasturbinen Startschalter
5.4.2.5 Die vertikalen Scrollbars
5.4.2.6 Die Optionsfelder der Simulationsgeschwindigkeit
5.4.3 Das Protokoll-Formular Form6
5.4.4 Das Schreiber-Formular Form2
5.4.4.1 Initialisierung beim Start der Form
5.4.4.2 Die Optionsfelder
5.4.4.3 Die PictureBox
5.4.4.4 Die CheckBox für das Fadenkreuz
5.4.5 Das MDI-Formular Form
5.4.5.1 Initialisierung beim Start
5.4.5.2 Die CPU-Auslastungsanzeige
5.4.5.3 Das Programmmenü
5.4.5.4 Die Buttonleiste Toolbar1
5.4.5.5 Das Deklarationsmodul Modul1.bas

6 Benutzungshinweise
6.1 Kompatibilität
6.2 Installation
6.3 Bedienung

7 Ausblick und Einschränkungen
7.1 Die Abfahrroutine
7.2 Begrenzte Schreiberfläche
7.3 Unzureichende Meldungen im Protokollfenster
7.4 Statischer Anfahrvorgang
7.5 Speicherfunktion
7.6 Die Button- und Menüleiste
7.7 Prozess mit optimalen Wirkungsgrad

8 Schlussbetrachtung

9 Anhang
9.1 Anhang A - Prozessdiagramme

Kapitel 1 Einleitung

1.1 Aufgabenbeschreibung

Das Ziel dieser Diplomarbeit ist die Simulation einer realen GuD-Anlage[1] als lauffähiges Programm unter dem Betriebssystem MS-Windows. Als Referenzanlage wurde die GuD- Anlage Leuna-Werke der Leuna-Steag Energiegesellschaft mbH gewählt. Das Programm soll durch verschiedene Darstellungsformen wie Systemschaltbilder, Kurvendarstellun- gen, Analogbilder verschiedener Parameter einem Kraftwerkswartenplatz ähneln. Primär soll das Programm möglichst in Echtzeit arbeiten und so den Anfahr- und Abfahrprozess simulieren sowie alle Anlagendaten wie Temperaturen, Massenströme und Leistungen auf dem Systembildschirm ausgeben. Der Betrieb der Dampfturbine muss komplett neu berechnet werden, da die Referenzanlage den Niederdruckdampf als Prozessdampf ver- wendet. Im Programm soll aber eine Kondensationsdampfturbine arbeiten und allen ver- fügbaren Dampf entspannen. Um die Wartezeiten der Echtzeitsimulation zu verkürzen, eine kalte Anlage benötigt bis zu 7 Stunden bis sie zu 100% hochgefahren ist, soll auch eine Veränderung der Simulationsgeschwindigkeit implementiert werden.

Die Ausgangsmaterialien zur Erstellung des Programms sind originale Datenblätter der GuD-Anlage Leuna-Werke sowie der GuD-Anlage „Agua del Cajon“ in Neuquen / Ar- gentinien. Hierzu gehören Kurvendarstellungen des Anfahr- und Abfahrprozesses der Gasturbinen mit Abhitzekessel sowie diverse Planungsunterlagen der jeweiligen Betrei- ber. Als Programmiersprache habe ich Visual Basic 5.0 ausgewählt, da sie bei der heu- tigen Prozessorleistung diesen Anforderungen gerecht wird und leicht zu erlernen ist.

Zusätzlich gibt es eine große Auswahl von ActiveX[2] Steuerelementen zur freien Benut- zung im Internet Sie werden benötigt um diverse Animationen oder Darstellungen des GuD-Prozesses benutzerfreundlich darzustellen.

1.2 Lösungsansatz

Zur Erstellung dieses komplexen Programms gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Die erste ist das komplette Erfassen des GuD-Prozesses in Differentialgleichungen. Da- zu wären umfangreiche Messreihen vor Ort nötig und die Zeit für die Erstellung dieser Arbeit würde wahrscheinlich nicht ausreichen. Die Programmiersprache Visual Basic würde ebenfalls an ihre Grenzen stoßen. Ein weiterer Weg ist die Auswertung der Da- tenblätter und Kurvendarstellungen in einem Betriebsfall, um sie fest als Datentabelle in das Programm einzufügen. So kann man mit wenig Rechenaufwand andere Betriebsfälle ableiten. Natürlich bedeutet das auch eine gewisse Unflexibilität des Programms, die aber hier akzeptiert werden soll.

Der erste Schritt zur Programmerstellung ist die genaue Planung des Kraftwerksaufbaus und die Festlegung der Simulationstiefe. Das bedeutet, es muss die grafische Oberfläche mit allen zu simulierenden Bauteilen gezeichnet oder erstellt werden. Zusätzlich müssen die Ausgabeboxen formatiert und positioniert werden. Zu erwähnen sei noch die Pro- grammierung der Menüleiste, sie wächst mit dem Programm. Ist die Oberfläche erstellt, so kann das Programm mit Programmcode gefüllt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.1: GuD-Sim mit fertigem Layout

Die Betriebskurven der Referenzanlage werden durch Linearisierung in Abhängigkeit von der Zeit in das Programm eingefügt. Mit diesen Daten kann die Gasturbine und der Abhitzekessel in Echtzeit hoch- und runterfahren. Probleme gibt es natürlich noch genug. Was passiert, wenn zwei oder alle drei Module laufen? Wer öffnet diverse Kesselven- tile? Wie wird die gemeinsame Sammelleitung geregelt? Dazu muss ein globaler Teil programmiert werden, der diese Regelungsaufgaben übernimmt. Realisiert wurde dieses mit Hilfe eines „Timers“, der in vorgegebenen Intervallen immer den gleichen Programm- code durchläuft und ständig die Betriebsparameter abtastet und bei Bedarf Maßnahmen einleitet. Dieses Programmstück ist praktisch das Herz des Programms, da es alle Kompo- nenten der Anlage miteinander kombiniert. Damit man auch noch später sehen kann, was die Anlage geleistet hat, muss das Programm über einen Schreiber verfügen, der ständig die wichtigsten Anlagenparameter mitschreibt. Dazu eignet sich unter Visual Basic sehr

gut die so genannte „PictureBox“. Sie zeigt Grafiken aller Art an und kann auch aus dem Programm heraus für Zeichnungen wie Striche oder Punkte benutzt werden. Da die An- lagendaten in Abhängigkeit von der Zeit gespeichert wurden, kann man die „PictureBox“ auch so skalieren, dass die x-Achse die Zeit und die y-Achse die Betriebsdaten darstellt. Somit kann man mit einfachen Befehlen einen vollständigen Schreiber simulieren. Zum Starten der einzelnen Anlagen wurde ein so genanntes „Panel“ integriert. Es ermöglicht dem Benutzer den Start der Anlage auf Mausklick und gibt zusätzlich analoge Informa- tionen über die wichtigsten Prozessdaten.

Auch wenn der logische Ablauf des Programms bekannt ist, so liegen die Probleme na- türlich im Detail. Selbst wenn man die Programmiersprache gut beherrscht, kommt man an den detaillierten Abläufen in der GuD-Anlage nicht vorbei. Als Beispiel muss der glo- bale Programmteil die komplette Regelung des Aufwärmvorgangs der Anlage überneh- men. Das heißt, dass die Dampfleitungen und die Dampfturbine nur in einer bestimmten Geschwindigkeit aufgeheizt werden dürfen. Der Anfahrvorgang der Dampfturbine nimmt die meiste Zeit in Anspruch, eine kalte Dampfturbine benötigt bis zu 6 Stunden bis sie mit 100% Last fahren kann. Ein weiteres Phänomen ist die Aufwärmung der Rohre. Strömt in kalte Rohre heißer Dampf, so kondensiert der Dampf sofort zu Wasser. Das geschieht so lange, bis die Rohre bei vorhandenen Dampfdruck, die Sättigungstemperatur erreicht haben.

1.3 Gliederung der Diplomarbeit

Nachdem die Lösungsansätze und die damit zusammenhängenden Probleme im vorher- gehenden Kapitel kurz dargelegt wurden, soll hier auf die weitere Gliederung dieser Ar- beit eingegangen werden. Im folgenden Kapitel wird der Aufbau und die Funktion von GuD-Anlagen der gängigsten Konfigurationen erklärt. Dabei wird auch auf die einzel- nen Komponenten der Anlagen Rücksicht genommen. Gleichzeitig werden verschiedene Betriebsarten, wie der Anfahrvorgang und der Teillastbetrieb einer GuD-Anlage ohne Zu- satzfeuerung erklärt.

In Kapitel 3 wird die Idee sowie das geplante Konzept des Programms erläutert. Durch Programmieransätze und durch die Erklärung der Quellunterlagen wird die Programm- struktur erarbeitet.

Kapitel 4 macht einen kurzen Streifzug durch die Programmiersprache Visual Basic. Hier sollen dem Leser die grundsätzlichen Eigenschaften der Programmierumgebung darge- stellt werden.

In Kapitel 5 wird sich eingehend mit der Programmierung des Programms beschäftigt. Es wird von der Erstellung der grafischen Oberfläche bis zu den einzelnen Programmschrit- ten alles bearbeitet. Nach diesem Kapitel ist der Programmaufbau kein Geheimnis mehr. In Kapitel 6 wird auf die Bedienung des Programms eingegangen. Dazu zählen die tech- nischen Voraussetzungen, die Installation und einige Bedienungshinweise, die als Ergän- zung zum vorherigen Kapitel gesehen werden können. Ein ausführlicher Hilfetext findet sich im Unterverzeichnis des installierten Programms unter /Hilfe.

Kapitel 7 greift Funktionen des Programms auf, die aus den verschiedenen Gründen nicht mehr in das Programm eingeflossen sind. Dabei werden Lösungsansätze und Ausblicke

für spätere Versionen erläutert.

In Kapitel 8 wird eine Schlussbetrachtung der Arbeit durchgeführt.

In Kapitel 9 sind die Anlagen aufgeführt. Dort finden sich alle Diagramme, die zur Erar- beitung des Programms selbst erstellt wurden.

Auf den letzten Seiten sind das Literatur-, Abbildungs-, und das Tabellenverzeichnis un- tergebracht. Auf einen Index wurde hier verzichtet.

Kapitel 2 Aufbau und Funktion von GuD-Anlagen

2.1 Grundlagen

Unter dem Begriff „GuD-Anlagen“ versteht man das Zusammenwirken einer Gasturbine mit einem Abhitzedampferzeuger, der eine Dampfturbine mit Heißdampf versorgt und eventuell Prozessdampf für andere industrielle Zwecke bereitstellt. Im Vergleich zu an- deren herkömmlichen Kraftwerken liefert also nur die Gasturbine[3] die nötige Energie zur Dampferzeugung. Die hohe Attraktivität dieser Anlagen ist dem hohem Gesamtwir- kungsgrad und den günstigen Herstellungskosten zu verdanken.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2.1: Wirkungsgrade und spezifische Kosten pro installierter Leistung [1]

Die Gasturbinen werden mit Gas oder Heizöl betrieben, andere Brennstoffe, wie Koh- legas, sind in der Entwicklung. Die Leistung der Gasturbinen wird nur durch die verwen- deten Materialien beschränkt. Die erste Schaufelreihe der Gasturbine muss eine Tempe- ratur von bis zu 1300 C aushalten und darf sich dabei nicht bei mehreren tausend Um- drehungen pro Minute verziehen. Moderne GuD-Kraftwerke erzeugen Leistungen bis zu 1350 MW[4].

Man unterscheidet drei Kraftwerkstypen, die GuD-Anlage ohne Zusatzfeuerung, das Kom- bikraftwerk und das Verbundkraftwerk. Alle drei Kraftwerkstypen nutzen die Abgasener- gie der Gasturbine zur Erzeugung von Dampf.

2.1.1 Die GuD-Anlage ohne Zusatzfeuerung

Die GuD-Anlage ohne Zusatzfeuerung ist die einzige Anlage, die nur die Abgasenergie der Gasturbine zur Erzeugung von Dampf nutzt. Eine GuD-Anlage kann aus mehreren Blöcken bestehen. Zu einem Block gehören jeweils eine Gasturbine mit vorgeschalte- tem Verdichter und einem Generator, die in der Regel auf einer Welle laufen. Zusätzlich ist jeder Gasturbine ein Abhitzekessel nachgeschaltet, der im Betrieb die heißen Abgase auf eine niedrige Temperatur abkühlt. Die aufgenommene Wärmeenergie wird einem Wasserkreislauf zugeführt, der dann als überhitzter Dampf den Kessel verlässt und eine Dampfturbine antreiben kann. Die Dampfturbinen werden meistens als Gegendrucktur- binen ausgelegt, da der teilentspannte Dampf häufig als Prozessdampf oder Heizdampf benötigt wird. Bei GuD-Anlagen mit Kondensationsdampfturbinen wird der höchste Wir- kungsgrad von bis zu. 58% erreicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1: Das Prinzip einer GuD-Anlage

2.1.2 Das Kombikraftwerk

Das Kombikraftwerk ist im Prinzip eine herkömmliche Dampfkraftanlage, dem eine Ga- sturbine vorgeschaltet wurde. Die Gasturbine wandelt dabei einen Teil der zugeführten Brennstoffenergie in elektrische Energie um, der andere Teil wird als Turbinenabgas dem Dampferzeuger zugeführt. Das Turbinenabgas ist gleichzeitig der Sauerstofflieferant für die zusätzliche Feuerung im Dampfkessel. Es enthält durch die magere Verbrennung in der Gasturbine einen Sauerstoffgehalt von ca. 16%. Somit braucht bis zu einer bestimm- ten Brennleistung kein zusätzlicher Sauerstoff bzw. keine Luft zugeführt werden. Diese Anordnung bietet sich zum Nachrüsten von älteren Dampfkraftwerken an und kann einen Gesamtwirkungsgrad von 44...46% erreichen. Das Kombikraftwerk ist ähnlich aufgebaut wie eine GuD-Anlage mit Zusatzfeuerung.

2.1.3 Das Verbundkraftwerk

In einem Verbundkraftwerk speisen eine GuD-Anlage und eine konventionelle Dampf- kraftanlage eine gemeinsame Sammelleitung mit Dampf. Der erzeugte Dampf wird dann in einer Dampfturbine entspannt. Diese Anordnung findet man häufig bei nachgerüsteten Dampfkraftwerken, die durch diese Maßnahme eine Wirkungsgradverbesserung erfahren. Solche Anordnungen können Wirkungsgrade von 45...47% erreichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2: Das Prinzip eines Kombikraftwerks

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.3: Das Prinzip eines Verbundkraftwerks

2.2 Komponenten einer GuD-Anlage

An dieser Stelle soll kurz auf die einzelnen Komponenten einer GuD-Anlage eingegangen werden. Mit Komponenten sind die einzelnen Baugruppen wie die Gasturbine, der Abhit- zekessel und die Dampfturbine gemeint. Sie sind im Einzelnen für einen guten Wirkungs- grad der Anlage verantwortlich. Alle Komponenten beziehen sich auf eine GuD-Anlage ohne Zusatzfeuerung.

2.2.1 Die Gasturbine

Seit der Erfindung der Gasturbine von Hans Holzwarth[5] ist die Entwicklung weit fort- geschritten. Gasturbinen hatten ihren Höhepunkt erstmals in den dreißiger Jahren, als man sie für den Antrieb von Flugzeugen und U-Booten[6] nutzten wollte. Die Vorteile gegenüber den Kolbenmaschinen sind die kompakte Bauweise, keine hin und her laufen- den Bauteile und ein günstiges Regelverhalten. Die Gasturbine hat aber auch Nachteile. Zum einen muss die GT[7] mit hochwertigem Brennstoff betrieben werden, so dass die

Schaufeln nicht durch kleine Festkörper verdrecken oder beschädigt werden. Hierzu eig- net sich Erdgas und Heizöl. Zum anderen haben die hoch belasteten Bauteile nur eine begrenzte Lebensdauer und unterliegen somit einem höherem Wartungsaufwand. Aber auch die hohe Abgastemperatur kann in manchen Anwendungsfällen zu Problemen füh- ren, da sie häufig nicht erwünscht ist und zu einem schlechten Wirkungsgrad beiträgt. Durch ständige Weiterentwicklung wurde die GT auch für Schiffs- und Kfz-Antriebe ver- wendet. Dieses waren aber nur Ausnahmefälle oder Entwicklungsstudien. Erst die Ent- wicklung von größeren und leistungsfähigeren GT brachte die Ingenieure auf die Idee, die GT stationär zur Stromerzeugung zu nutzen und gleichzeitig die sonst verlorengegangene Abgasenthalpie zur Erzeugung von Dampf zu verwenden. Dieses setzt eine hohe Mate-

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Abbildung 2.4: Das einfache Schema einer offenen Gasturbine

rialentwicklung voraus, da die Leistung der GT heute nur durch die verwendeten Mate- rialien begrenzt wird. Als Beispiel sei gesagt, das die Turbineneingangstemperatur bis zu 1300 C betragen kann und die Abgastemperaturen bei etwa 550 C liegen. Gleichzeitig dreht der Läufer teilweise über 5000 U/min[8]. Wenn man sich vorstellt, dass unlegierter Stahl schon bei einer Temperatur von 1460 C schmilzt, so bekommt man einen Eindruck von den Belastungen einer GT. Gelöst hat man diese Probleme durch die Entwicklung neuer Stahllegierungen und mit der Berechnung optimaler Schaufelprofile, die sich Dank heutiger Computertechnik auf dem Bildschirm durch die Finite-Elemente Technik dar- stellen lassen. Schaufel- und Gitterprofile wurden so konstruiert, dass sie durch kleine Öffnungen oder anderer konstruktive Maßnahmen einen Kühleffekt durch Zuführung von Kühlluft erreichen. Es gibt auch Techniken in denen die Gitter - und Schaufelprofile durch Kühlwasser auf Temperatur gehalten werden. Aber auch die Brennkammer muss gekühlt werden, da in ihr die höchsten Temperaturen herrschen. Als Kühlmedium dient hier meisten Kühlluft, die an den Brennkammerwänden vorbeigeleitet wird. Es soll hier

noch einmal gesagt werden, jede Art von Kühlung zieht in der Regel eine Wirkungsgrad- verschlechterung nach sich, denn Wärmeenergie geht durch die Kühlung verloren.

Moderne GT arbeiten mit einer verstellbaren Leitschaufel in der ersten Stufe des Verdich- ters. Hiermit kann die Abgastemperatur in bestimmten Lastbereichen durch eine geregel- te Luftzufuhr nahezu konstant gehalten werden. Dieses ist besonders in Teillastbereichen von Vorteil, da so der Abhitzekessel immer die gleiche Abgastemperatur zugeführt be- kommt. Eine zusätzliche Leistungsregelung kann dadurch entfallen.

Nimmt man an, eine GT habe einen Wirkungsgrad von 33%, so bedeutet es, dass im günstigsten Fall 33% der aufgewendeten Brennstoffenergie an der Welle als Kupplungs- leistung abgegeben werden kann. Wenn man Reibungs- und Spaltverluste vernachlässigt, werden ca. 66% der umgesetzten Leistung benötigt, damit der Verdichter die Umgebungs- luft auf den benötigten Turbinendruck bringt. Der Turbineneingangsdruck liegt in etwa bei < 25 bar. Die investierte Energie für den Verdichter ist aber nur scheinbar verloren, denn durch den höheren Turbineneingangsdruck wird Leistung praktisch zurückgewon- nen. Sie steht zwar nicht als Kupplungleistung zur Verfügung , ist aber im Abgas der GT gespeichert. Deshalb kann man ungefähr sagen, das 1 der zugeführten Brennstoffleistung als Kupplungsleistung an der Welle zur Verfügung steht und 2 der zugeführten Energie

mit dem Abgas der GT an die Umwelt abgegeben wird. Bei modernen Gasturbinen gilt das entsprechende Verhältnis in Abhängigkeit vom Wirkungsgrad. Dieser Kreisprozess kann durch den Joule-Prozess als Vergleichsprozess im T, S-Diagramm idealisiert ver- deutlicht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.5: Die Gasturbine als Kreisprozess im T, S-Diagramm

Abbildung 2.5 zeigt den annähernd realen Verlauf des Gasturbinenprozesses. Begin- nend mit Punkt 1 wird die Umgebungsluft mit dem Druck p1 auf den Turbinendruck p2 polytrop verdichtet, die Temperatur des Mediums steigt an. Dafür muss der Verdichter Arbeit aufnehmen. Nach dem Verdichten wird der Brennstoff zugeführt und fast isobar verbrannt, dabei steigt die Temperatur bis Punkt 3, die Turbineneintrittstemperatur. Die heißen Gase werden anschließend in der Turbine polytrop entspannt, dabei werden die Abgase abgekühlt und der Druck fällt auf den Umgebungsdruck p4. Es wird Arbeit frei- gesetzt, die zum Teil vom Verdichter aufgenommen wird. Von Punkt 4 nach 1 werden die Abgase wieder auf Umgebungstemperatur isobar abgekühlt, es wird Energie freigesetzt. Somit schließt sich der Kreislauf.

Der Wirkungsgrad ist aber auch noch von äußeren Faktoren abhängig, die bei der Planung unbedingt berücksichtigt werden müssen. Eine hohe Ansauglufttemperatur oder eine ho- he Luftfeuchtigkeit lassen den Wirkungsgrad sinken. Bei einer relativen Luftfeuchtigkeit

von 60 % und einem Temperaturbereich von -10 C...30 C kann die Wellenleistung um bis zu 23 % schwanken. Bei hoher Luftfeuchtigkeit und kühler Luft besteht auch die Möglichkeit des Vereisens der Verdichteransaugkanäle. Hier werden häufig Enteisungs- systeme eingesetzt, die einfach die Ansaugluft vorwärmen. Das Vereisen der Filtermatten oder das Lösen von Eispartikeln kann zur Zerstörung der GT führen. Auch der Luftdruck wirkt sich auf die Turbinenleistung aus. Die Leistungsänderungen werden in der Regel vom Hersteller der GT mit Bezug auf die Normbedingungen, p=1013mbar, tu=15 C, rel. Luftfeuchtigkeit 60%, angegeben. Die Minderleistung einer GT der GuD-Anlage Leuna beträgt bei einem Luftdruck von 995 mbar 1.76 %. Eine nicht unwesentliche Leistungs- verringerung entsteht auch durch die Laufzeit der einzelnen Bauteile. Die Verdichter- verschmutzung und Alterung der Turbine haben erhebliche Leistungseinbußen zur Folge. Eine GT in Leuna hat nach 8700 Stunden einen Leistungsabfall von 4.04%. Nur durch regelmäßige Waschvorgänge und durch den Austausch der Schaufeln kann man die Ver- luste in Grenzen halten.

Weitere hohe Wirkungsgradverluste entstehen im Teillastbereich. Bei einer Leistung von 60% erreicht die GT in Leuna nur noch einen Wirkungsgrad von etwa 25% und bei einer Leistung von 40% nur noch 20.2%. Abbildung 2.6 zeigt den Wirkungsgradverlauf ei- ner GT vom Typ „GE[9] Frame 6B (PG 6541B)“ bei verschiedenen Lufttemperaturen und Leistungen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.6: Wirkungsgradverlauf einer GT bei verschiedenen Lufttemperaturen

2.2.2 Der Abhitzekessel im GuD-Prozess

Der Abhitzekessel im GuD-Prozess hat die Aufgabe, aus der Abgasenthalpie der GT, Dampf zu produzieren. Dazu sind mehrere Wärmeübertragungsflächen im Kessel an- geordnet, in denen das fließende Wasser die Wärmeenergie des Abgases aufnimmt, bis es schließlich als überhitzter Frischdampf den Kessel verlässt. Typische Wärmeübertra- gungsflächen im AHK[10] eines GuD-Systems sind der Überhitzer, der Zwischenüberhitzer,

der Verdampfer und der Economizer. Der Economizer übernimmt dabei die Speisewas- servorwärmung, der Verdampfer lässt das Wasser verdampfen und die Überhitzerfläche bringt den Dampf auf die gewünschte hohe Temperatur. Ein Zwischenüberhitzer ist in ei- ner GuD-Anlage nicht zwingend nötig, er steigert jedoch den Gesamtwirkungsgrad durch eine erneute Überhitzung des teilentspannten Dampfes, der aus dem Hochdruckteil der Dampfturbine in die Niederdruckdampfturbine geleitet wird und verhindert einen zu ho- hen Wassergehalt des Dampfes. Der Zwischenüberhitzer findet vor allem Anwendung in GuD-Anlagen mit Kondensationsdampfturbinen. Da der AHK meistens in zwei getrenn- te Druckkreisläufe aufgeteilt ist, dem Hochdruck- und dem Niederdruckkreislauf, so gibt es die Wärmeübertragungsflächen auch in doppelter Ausführung, nur an anderen Stellen. Die Wärmeübertragungsflächen kann man sich als Rohrbündel im Abgasstrom vorstellen, wobei auch der Kesselkörper aus Rohrbündeln gefertigt ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.7: Gasturbine mit Abhitzekessel und Wärmeübertragungsflächen

Der AHK wird durch die Speisewasserpumpen mit aufbereitetem Wasser versorgt, bis der Wasserstand in den Wasserabscheidern den Sollwert erreicht hat. Dieser Vorgang läuft im Betrieb voll automatisch, da das Wasser durch die ständige Dampfentnahme nachge- füllt werden muss. Gleichzeitig muss die Speisewasserpumpe gegen den Kesseldruck drücken. Die Wasserabscheider dürfen nie völlig gefüllt sein, da sich sonst kein richti- ger Dampfdruck mehr erzeugen lässt und es möglich ist, dass Wasser durch die Über- hitzerflächen in die Dampfturbine gelangt. Das Wasser strömt durch den Economizer und wird dort vorgewärmt. Anschließend wird das Kesselwasser durch den Verdampfer gepumpt, so dass am Verdampferausgang Dampf in den Wasserabscheider strömt. Ist ein bestimmter Druck im Kesselsystem erreicht, so öffnet das Kesselauslassventil. Der

Dampf im Wasserabscheider gelangt nun durch die Überhitzerflächen in die Sammellei- tung und kann dort zur Aufwärmung des Systems oder als Frischdampf für die Dampf- turbine genutzt werden. Zwischen den beiden Überhitzerflächen des Hochdrucksystems kann Kühlwasser in die Frischdampfleitung gespritzt werden, um so die Dampftempera- tur auf einem konstanten Wert zu halten.

Die Leistung eines AHK wird durch die zu produzierende Frischdampfmenge m ˙ F D in kg/s oder in t/h bezeichnet, sie kann aber auch durch den Rauchgasmassenstrom bestimmt werden. Dazu benötigt man den Massenstrom des Rauchgases, seine spezifische Wärme- kapazität und die Ein- und Ausgangstemperatur.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2.2: Rauchgaswerte der GuD-Anlage Leuna bei t u 252 K

Zu beachten sei hier noch die hohe Abgastemperatur von ca. 100 C. Sie ist anla- genspezifisch durch die TA-Luft[11] vorgeschrieben und verhindert eine Kondensation der Wasseranteile im Schornstein. Je nach Bauart des Schornsteins können die Abgastempe- raturen auch geringer ausfallen. Aus Tabelle 2.2 kann man die Leistung des AHK wie folgt berechnen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Form der Leistungsberechnung zeigt die aufgenommene Wärmeleistung aus dem Rauchgas der GT, sie sagt jedoch nur indirekt etwas über die tatsächliche Dampf- leistung aus. Dazu benötigt man alle Parameter des Dampfes aus dem Hoch- und Nie- derdruckteil des AHK. Die Differenz der Dampfenthalpien wird dazu aus den Werten des Frischdampfes und des vorgewärmten Speisewassers gebildet. Die Indizes „HDFD“ bedeuten „Hochdruck Frischdampf“ und „NDFD“ bedeutet „Niederdruck Frischdampf“. Damit beträgt die Dampfleistung des Kessels:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2.3: Kessel- u. Dampfkennwerte der GuD-Anlage Leuna

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die beiden Leistungswerte differieren um etwa 2.4%. Die Ursache liegt im ungenau- en Wert für die spezifische Wärmekapazität des Rauchgases. Sie wurde hier als konstant gesetzt und ist in Wirklichkeit abhängig von der Gastemperatur. Andererseits unterliegen die Tabellenwerte auch gewissen Schwankungen, weil sie teilweise gemessen , berechnet und gerundet wurden. Der Rauchgasmassenstrom ist zum Beispiel hier durch eine Ver- brennungsrechnung ermittelt worden.

Der Wirkungsgrad von Dampfkesseln kann nach der allgemeinen Gleichung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

errechnet werden. Der Aufwand kann durch die verfügbare Rauchgasleistung der GT be- schrieben werden, der Nutzen ist die verfügbare Dampfleistung. Die Dampfleistung wird durch (2.4) beschrieben, die Rauchgasleistung durch (2.1), wobei hier das D t angepasst werden muss. Die effektive Rauchgasleistung liegt zwischen der Turbinenausgangstem- peratur und der Umgebungstemperatur.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das ergibt einen Kesselwirkungsgrad von:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein Kesselwirkungsgrad von ca. 82% ist ein durchaus normaler Wert. Er ist weit- gehend abhängig von der Abgastemperatur und seiner eigenen Wärmeverluste sowie von diversen Verbrauchern.

2.2.3 Die Dampfturbine im GuD-Prozess

Um den hoch verdichteten Dampf des AHK in elektrische Energie umzuwandeln, benö- tigt man eine Dampfturbine[12]. Sie entspannt den Dampf durch verschieden Stufen bis ins

Vakuum[13] und gibt dadurch Leistung an der Welle ab, die im nachgeschalteten Genera- tor in elektrische Energie umgewandelt werden kann. Dabei besteht eine Dampfturbine nicht nur aus einer Turbine sondern häufig aus drei, der Hochdruck-, Mitteldruck- und Niederdruckdampfturbine. Diese Anordnung ist vor allem dann anzustreben, wenn die teilentspannten Dämpfe noch zwischenüberhitzt werden sollen. Würde man nur eine DT

benutzen, um den gesamten Dampf zu entspannen, so würde sie erst mal sehr groß werden und müsste über einen großen Bereich die Festigkeit einer HD-DT[14] haben. Außerdem besteht dann keine Möglichkeit, den Dampf für eine Zwischenüberhitzung abzuzweigen. Ein weiteres Problem wäre die ungleichmäßige Temperaturverteilung der DT. Während man im Hochdruckbereich mit ca. 500 C rechnen muss, besteht im Niederdruckbereich

nur noch eine Temperatur von ca. 30...50 C. Dies ist eine enorme Belastung für die Bau- teile, vor allem bei der zu erwartenden Größe der DT[15]. Um eine kalte DT auf 100% Leistung zu bekommen, muss sie langsam angewärmt werden. Dieser Vorgang kann bis zu 6 Stunden dauern. Dabei werden Drehzahl und Leistung nach den Vorschriften des Herstellers langsam gesteigert. Eine zu schnelle Aufwärmung strapaziert das Material

sehr und es kann im schlimmsten Fall zu einem Totalausfall kommen. Zur Steigerung des Anlagenwirkungsgrades werden DT angezapft. Das bedeutet, dass in einem bestimmten Bereich der DT Leitungen angeschlossen sind, die einen gewissen Teil des Dampfes zur Vorwärmung des Speisewassers transportieren. Aber auch die Entnahme von Dampf für andere Zwecke ist möglich. Um den verschiedenen Anwendungsfällen gerecht zu wer- den, gibt es auch verschieden Arten von Dampfturbinen.

Dem Niederdruckteil einer Kondensationsdampfturbine ist ein Kondensator nachgeschal- tet, der mit Hilfe von Kühlwasser den entspannten Dampf zu Wasser kondensieren lässt. Die dabei entstehende Volumenverringerung bewirkt einen starken Druckabfall, der sich positiv auf die Leistung der DT auswirkt. Beim Anfahren dieses Systems muss der Un- terdruck, bis auf 0.05 bar, von einer Vakuumpumpe hergestellt werden. Erst wenn sich der Dampfkreislauf eingestellt hat, kann auf die Pumpe verzichtet werden. Kondensati- onsdampfturbinen können in allen Bereichen der Stromerzeugung genutzt werden.

Der Gegendruckdampfturbine wird nicht ein Kondensator, sondern ein Dampfnetz nach- geschaltet. Dadurch ist es möglich, ein Dampfnetz mit einem bestimmten „Gegendruck“ zu betreiben. Es kann für Heizzwecke oder als Prozessdampf genutzt werden. Übliche Abdampfdrücke liegen zwischen (1...5) bar. Die DT muss so ausgelegt werden, dass nach dem Verlassen der letzten Stufe der Dampf den gewünschten Druck aufweist. Gegen- druckdampfturbinen werden meistens in Werks- oder Heizkraftwerken benutzt.

Der Wirkungsgrad einer Dampfturbine kann auch nach Gleichung (2.7) berechnet wer- den. Der Nutzen ist dabei die Kupplungsleistung und der Aufwand das Enthalpiegefälle bis zum Kondensatordruck bzw. bis zum Abdampfdruck bei Gegendruckturbinen. Bei Anzapf- oder Entnahmedampfturbinen muss das Enthalpiegefälle stückweise berechnet werden, da sich der Massenstrom nach einer Anzapfung oder Entnahme ändert. Bei einer Dampfturbine ohne Anzapfung oder Entnahme ergibt sich der innere Wirkungsgrad zu:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Und die allgemeine innere Leistung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die effektive Leistung ist die Kupplungsleistung. Sie ist die um die Reibungsverluste verminderte innere Leistung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der effektive Wirkungsgrad ergibt sich somit aus dem inneren und dem mechanischen Wirkungsgrad:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2.4 Sonstige Komponenten im GuD-System

Natürlich ist es mit den drei genannten Komponenten nicht möglich, eine GuD-Anlage zu betreiben. Um die einzelnen Komponenten miteinander zu verbinden, muss ein ausgeklü- geltes Rohrsystem mit diversen Drosseln und Ventilen verlegt werden, das den Tempera- turen und Drücken standhält. Auch eine gute Isolierung trägt zur Wirkungsgradsteigerung bei. Folgend eine Auflistung der sonstigen wichtigsten Komponenten:

1. Die Speisewasserpumpe muss redundant ausgelegt werden. Ein Ausfall dieser Pumpe würde das ganze System schlagartig stilllegen und es könnte zu starken Schäden kommen. Die Speisewasserpumpe kann durch Dampf oder durch einen Elektromotor angetrieben werden. Der Betrieb ist sehr energieaufwendig, da sie gegen den Kesseldruck drückt und eine beachtliche Menge an Speisewasser för- dern muss. Aus Kostengründen können Speisewasserpumpen auch zur Speisung von zwei Drucksystemen angezapft werden, das erspart eine Pumpe. Besteht ein GuD-System aus mehreren Modulen, so muss für jedes Modul eine Speisewasser- pumpe vorgesehen werden.
2. Der Speisewasserbehälter ist die Quelle der Speisewasserpumpe. In ihm befindet sich das aufbereitete Kesselwasser, das ständig durch den Kondensatstrom und die Wasseraufbereitungsanlage ergänzt wird. Hier wird das Wasser auch durch Anzapf- dampf vorgewärmt und entgast.
3. Wenn die GuD-Anlage Prozessdampf auskoppelt, so muss das zurückfließende Was- ser in der Regel wieder aufbereitet werden. Auch bei normaler Speisewasserergän- zung findet eine Wasseraufbereitung statt. Dazu benötigt man aufwendige Auf- bereitungsanlagen, die das Wasser entionisieren und sauerstoffarm machen. Ohne Wasseraufbereitung wäre der Kessel und das Leitungssystem in kürzester Zeit ver- kalkt und stark korrodiert.
4. Auf der Kraftwerkswarte laufen alle Prozessinformationen zusammen. Hier wer- den die einzelnen Prozesse durch Systembilder auf dem Bildschirm oder auf großen Systemtafeln sichtbar gemacht. Von hier aus kann man direkt auf den Prozess ein- wirken und Systemparameter verändern. Durch ein Bus-System sind die einzelnen Steuer- und Regelorgane miteinander verbunden.
5. Die elektrische Leistung muss über Transformatoren auf die richtige Netzspannung gebracht werden. Der elektrische Eigenbedarf muss durch eigene Eigenbedarfs- schaltungen gesichert werden.
6. Ein Spitzen- oder Reservekessel, der die gesamte Dampfproduktion der Abhitze- kessel ersetzen kann, wird eventuell benötigt, um die zugesicherten vertraglichen Leistungen auch in Notfallsituationen zu erfüllen oder bei Spitzenlasten zu unter- stützen. Dieser muss auch in Ruhezeiten ständig auf Temperatur gehalten werden, um einen schnellen Start des Kessels zu gewährleisten.
7. Die durch den Kessel und die Gasturbinen erzeugten Abgase müssen über diverse Abgasrohre zu einem Schornstein geführt werden. Höhe und Ausmaße regelt die TA-Luft.
8. Der Kondensator muss durch ein Kühlmedium gekühlt werden. Dazu benötigt man ein Kühlsystem. Dieses kann ein Luft- oder ein Wasserkühlsystem sein. Häufig werden auch beide Systeme verwendet, da die Bestimmungen nur einen bestimmten Wärmefluss in die Gewässer zulassen.
9. Als Letztes seien noch die Gebäude für die einzelnen Anlagen genannt. Dazu ge- hören nicht nur die Maschinenhäuser sondern auch Lagerhallen für Betriebsstoffe und Büroräume. Diese Gebäude müssen natürlich die Sicherheitsbestimmungen erfüllen und mit Brand- und Gasmeldern ausgerüstet sein.

2.3 Betriebsarten und Funktion

In den vorherigen Abschnitten wurden die verschiedenen Anwendungsgebiete und die einzelnen Komponenten von GuD-Anlagen beschrieben. Hier soll jetzt auf das Zusam- menwirken der Elemente bei verschiedenen Betriebsarten eingegangen werden. Unter Betriebsarten sind hier die verschieden Lastzustände sowie der Anfahrvorgang gemeint. Die Ausführungen beziehen sich wieder auf eine GuD-Anlage ohne Zusatzfeuerung.

2.3.1 Der Anfahrvorgang

Der Anfahrvorgang einer GuD-Anlage ist abhängig von der Betriebstemperatur der Anla- gen. Ein warmes System kann schneller die Betriebsleistung erreichen als ein kaltes. Zu berücksichtigen sind in erster Linie die Anfahrvorschriften der Hersteller. Hierdurch kann sich der Anfahrvorgang über mehrere Stunden erstrecken. Primär ist es aber auch wichtig, den Anfahrvorgang so kostengünstig wie möglich zu erreichen. Dazu werden schon im Vorfeld genaue Ablaufpläne für die verschiedenen An- und Abfahrvorgänge erstellt, die später automatisch oder manuell ausgeführt werden. Unterschiede gibt es auch durch die

Betriebsart der Dampfturbine.

Unabhängig von der Art der Dampfturbinen eines kalten Systems muss als erstes eine GT gestartet werden, denn sie ist die einzige Wärmequelle im System. Erst mit ihrer Wär- meenergie ist es möglich, das Gesamtsystem aufzuwärmen. Zusätzlich muss der AHK mit Kesselwasser gefüllt sein. Der Anlassmotor bringt als erstes den Rotor der Gastur- bine auf Zünddrehzahl. Ist das System mit einem Rauchgasbypass ausgerüstet, so kann die GT nach erreichen ihrer Zünddrehzahl sofort gezündet werden. Aus Kostengründen wird aber häufig auf einen Rauchgasbypass verzichtet. Dann muss die Gasturbine mit ihrer Zünddrehzahl erst mal den AHK durchspülen. Dieses Vorgehen ist vorgeschrieben und aus Sicherheitsgründen auch nötig. Wenn sich im AHK nach der Zündung der GT noch Gas befindet, kann es zu einer Verpuffung oder Explosion kommen. Der Spülvor- gang kann sich über mehrere Minuten erstrecken. Erst wenn sicher ist, dass sich kein Restgas mehr im Kessel befindet, wird die GT gezündet und gleich auf Betriebsdrehzahl hochgefahren. Nach dem Zünden entstehen im Brennraum der GT schlagartig hohe Tem- peraturen, da für das Anfahren der Brennstoff mit Überschuss eingeleitet werden muss. Erst bei mittleren Drehzahlen kann sich der Kraftstofffluss wieder normalisieren und die Temperaturen pendeln sich auf normal ein. Ist die Nenndrehzahl erreicht, so beginnt die Netzsynchronisierung des Generators. Dieser Vorgang kann bis zu 10 Minuten dauern und geschieht in der Regel automatisch. Die GT wird dazu minimal in ihrer Drehzahl verändert, bis sich Netz und Generator in Phase befinden. Innerhalb von Millisekunden schließt der Netzschalter und der Generator ist am Netz. Jetzt wird im selben Augen- blick die Leistung der GT auf ca. 5% erhöht, um ein Antreiben der Gasturbine durch das Netz zu vermeiden. Sollte sich die Anlage im Inselbetrieb befinden, so entfällt natürlich der Synchronisationsvorgang. Die Leistung kann jetzt stetig bis auf 100% hochgefahren werden. Gasturbinen mit verstellbaren Leitschaufeln in der ersten Stufe des Verdichters können gleich auf die Rauchgastemperatur einwirken. Einige Kessel müssen erst mit einer geringeren Temperatur aufgewärmt werden, da die Überhitzerflächen nicht ohne Kühlung von Dampf betrieben werden dürfen. Die Abgastemperaturen steigen ziemlich rasch bis 550 C an und der AHK wärmt sich auf. Alle Kesselauslassventile sind jetzt noch geschlossen. Die Verdampfer und die Economizer nehmen die Wärmeenergie auf und lassen ersten Dampf entstehen. Der Druck und die Temperatur im Kessel steigen entlang der Sättigungslinie bis bei einem bestimmten Druck der Dampf in den überhitz- ten Bereich übergeht. In einem Zweidrucksystem steht im Niederdruckteil schon früher Dampf zur Verfügung, denn dort liegen die Dampfdrücke meistens bis ca. 5 bar.

Ist Dampf verfügbar, so öffnet das Kesselauslassventil und der Dampf strömt in das Rohr- system. Der Kesseldruck wird nur vom Kesselauslassventil geregelt. Von jetzt an müssen auch die Speisewasserpumpen für den richtigen Wasserstand im Kessel sorgen. Da das Rohrsystem Umgebungstemperatur hat, kondensiert der Dampf sofort zu Wasser. Da- zu sind entlang der Dampfleitungen Kondensatableiter angebracht, die das Rohrsystem entlüften und vorhandenes Kondensat ableiten. Dieser Vorgang wiederholt sich bis zum Ende des Rohrsystems, bis die Rohre die Sättigungstemperatur erreicht haben. Die Auf- wärmgeschwindigkeit sollte ungefähr bei 3 C/min liegen. Dieses schont das Material und beugt Schäden vor. Während die GT die Leistung weiter ansteigen lässt, kann jetzt schon Niederdruckdampf zur Speisewasservorwärmung und zum Anwärmen der Dampfturbine

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.8: Kaltstart eines Abhitzekessel in der GuD-Anlage Leuna mit vorgewärm- ten Speisewasser

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.9: Armstrong Kugelschwimmer-Kondensatableiter[2]

genutzt werden. Überschüssiger Dampf gelangt über den Dampfturbinenbypass direkt zum Kondensator. Das Hochdrucksystem ist immer noch in der Entwässerungsphase, da die Sättigungstemperatur bei höherem Druck auch höher liegt. Der Rotor der Dampftur- bine wird jetzt durch das Drehwerk auf eine bestimmte kleine Drehzahl gebracht. Das verhindert in der Aufwärmphase ein Durchbiegen oder das Verziehen der Welle. Dann wird auf den Niederdruckteil der Dampfturbine Sperrdampf geleitet, der zum einen die

Lager und Welle aufwärmt und zum anderen gegen den Unterdruck des Kondensators abdichtet. Man kann sich leicht vorstellen, dass man Dampfturbinen nicht mit herkömm- lichen Dichtungen abdichten kann. Bei den hohen Temperaturen und Drücken kommen nur Spaltdichtungen bzw. Labyrinthdichtungen zum Einsatz, die durch den Gegendruck, hier durch Sperrdampf, abgedichtet werden. Nach einer bestimmten Zeit des Aufwärmens durch Sperrdampf kann die Vakuumpumpe angelassen werden. Sie ist nötig, da im Kon- densator Umgebungsdruck herrscht. Der künstliche Unterdruck wird so lange aufrecht gehalten, bis durch die Abkühlung des Dampfes im Kondensator und durch die dadurch extreme Volumenverringerung, sich ein eigener Unterdruck hält. Ist das Vakuum herge- stellt, so sollten die Hochdruckleitungen aufgewärmt sein, damit erster Frischdampf durch das Turbineneinlassventil in die DT strömen kann. Die DT darf jetzt auf ca. 500 min^- 1 beschleunigt werden. Dazu muss das Turbineneinlassventil langsam geöffnet werden, das Drehwerk schaltet sich dann ab. Dieser Aufwärmzustand kann sich über 3 Stunden erstrecken. Die Turbinendrehzahl wird weiter nach den Vorschriften des Herstellers er- höht, bis die Nenndrehzahl erreicht wird. Es sei zu beachten, dass irgendwann in dieser Phase die anderen Gasturbinen gestartet werden müssen, damit nach der Aufwärmphase der DT auch genügend Dampf zur Verfügung steht. Die genaue Abstimmung der Kom- ponenten ist bares Geld wert. Ist die Nenndrehzahl erreicht, so beginnt auch hier wie bei

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.10: Anfahren einer Dampfturbine im GuD-Prozess

der GT die Synchronisation des Generators mit dem Netz. Dieser Vorgang kann bis zu 10 Minuten dauern. Schließt der Netzschalter, so öffnet das Turbineneinlassventil so weit, das sofort 5% Mindestleistung ins Netz gehen. Diese Mindestlast wird wieder einige Zeit gehalten, bis die DT schließlich mit 1% Leistung pro Minute auf ca. 55% hochgefahren

wird. Diese Angaben können variieren. Sie sind abhängig von den Vorschriften des Her- stellers. Anschließend kann die DT langsam auf 100% Leistung hochgefahren werden. Die anderen AHK haben natürlich auch schon die volle Leistung erreicht. Überschüssi- ger Dampf muss in der Aufwärmphase entweder durch die Kesselbypassventile ins Freie oder durch die DT-Bypassventile in den Kondensator geleitet werden. Der Druck im Kondensator kann sich ab einer bestimmten Dampfmenge auch halten, so dass die Vaku- umpumpe abgestellt werden kann. Haben alle AHK die volle Dampfleistung, so ist auch das Turbineneinlassventil der DT ganz geöffnet. Die Anlage geht vom Vordruck - in den Gleitdruckbetrieb über. Das bedeutet, der einzige verbleibende Druckwiderstand im Sy- stem ist die Dampfturbine, da alle Ventile geöffnet sind.

[...]


[1] Gas- und Dampfturbinenanlage

[2] Ein Standart von Microsoft, der es ermöglicht, Programmcode in anderen Programmen zu integrieren.

[3] Kombi- und Verbundkraftwerke werden zusätzlich befeuert.

[4] Das von Siemens gebaute GuD-Kraftwerk in Ambarli/Türkei erreichte als erstes einen Wirkungsgrad von bis zu 53.2% bei 1350MW Leistung.

[5] Hans Holzwarth: deutscher Ingenieur (1877-1953). Er entwickelte 1905 bis 1908 die Holzwarth- Gasturbine

[6] Der deutsche Ingenieur Walter entwickelte 1935 eine Gasturbine für U-Boote, die durch Wasserstoff- peroxid und Treiböl angetrieben wurde.

[7] GT: Gasturbine

[8]Bei stationären Großanlagen. Flugzeugtriebwerke können noch größere Drehzahlen haben.

[9]GE: General Electric ist ein bedeutender amerikanischer Hersteller von Kraftwerkskomponenten aller Art.

[10]AHK: Abhitzekessel

[11] TA Luft: Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft

[12]Kolben-Dampfmaschinen dürften hier keine Rolle mehr spielen.

[13] Nur bei Kondensationsdampfturbinen.

[14] HD-DT: Hochdruck Dampfturbine

[15] DT: Dampfturbine

Ende der Leseprobe aus 99 Seiten

Details

Titel
Erstellung eines Simulationsmodells für den Betrieb einer Gas- und Dampfturbinenanlage (GuD)
Hochschule
Fachhochschule Flensburg  (Institut für Maschinen- und Anlagentechnik)
Note
Sehr Gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
99
Katalognummer
V1058
ISBN (eBook)
9783638106528
Dateigröße
1614 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit beschreibt den Aufbau sowie die Funktion von GuD-Anlagen und geht im Detail auf die Programmierung des Simulationsmodells mit Visual Basic 5.0 ein.
Schlagworte
GuD-Anlage, Energietechnik, Visual Basic
Arbeit zitieren
Rainer Jungbluth (Autor:in), 2001, Erstellung eines Simulationsmodells für den Betrieb einer Gas- und Dampfturbinenanlage (GuD), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1058

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