Revitalisierung von waterfronts in Hafenstädten


Seminararbeit, 2001

24 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. London Docklands
2.1 Aufstieg und Fall der Londoner Docklands
2.2 Von den Planungsanfängen zur Gründung der LDDC
2.3 Entwicklung der Infrastruktur
2.4 Die Enterprise Zone auf der Isle of Dogs
2.5 Entwicklung der Wohn- und Arbeitssituation
2.6 Architektur (oder: haben die Docklands noch Charakter?)

3. Hamburger Hafen
3.1 Historische Entwicklung der Speicherstadt
3.2 Erste Planungen - das Bauforum
3.3 Zweite Planungsphase - die Hafencity
3.3.1 Die GHS
3.3.2 Einige Fakten zur Hafencity
3.4 Nutzungsstruktur

4. Nordamerika und Australien
4.1 Toronto
4.2 Umweltmaßnahmen, Brownfields
4.3 Sydney

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In den letzten Jahrzehnten ist die Umstrukturierung brachgefallener Hafen- und Uferzonen zu einem bedeutenden, brandaktuellen Feld in der Stadtplanung geworden. Gründe für den Verfall der innenstadtnahen Hafenanlagen waren die zunehmende Technisierung des Güterverkehrs, die Arbeitskräfte sparenden Ver- und Entladeanlagen benötigten immer mehr Fläche, die großen Containerschiffe immer tiefere Hafenbecken, so dass sich die Warenumschlagplätze aus den Stadtzentren in die Peripherie verlagerten. Dies zog eine Abwanderung des produzierenden Gewerbes und des Handels in den Hafengegenden nach sich, die innerstädtischen Hafengebiete verwandelten sich somit in dem Verfall preisgegeben Industriebrachen.

Vorreiter in der Revitalisierung von brachgefallenen Uferzonen waren die USA, in Baltimore wurde bereits Ende der 60er Jahre mit einer Umnutzung der alten Hafenanlagen begonnen.

Während sich der Begriff Revitalisierung in der Stadtplanung ausschließlich auf einen Nutzungswandel der Flächen bezieht, wird er von Seiten der Hafenplanung durchaus auch auf die Reorganisation und Relokalisierung von hafenbezogenen Nutzungen angewendet. In dieser Arbeit ist mit Revitalisierung die stadtplanerische Definition gemeint. „Der Begriff Revitalisierung ist dabei nicht präzise definiert, sondern umfasst ein komplexes Aufgabenfeld des Nutzungswandels, der Wieder- und Neubelebung, der Um- und Neugestaltung im Schnittfeld unterschiedlicher Interessen“ (Schubert, Einleitung).

In den betroffenen Gebieten wird in den letzten Jahren auf verschiedene Weise versucht, dem wirtschaftlichen, sozialen und bausubstanzlichen Verfall entgegenzuwirken. Über die „richtige“ Nutzung dieser einzigartigen Flächenpotentiale in sonst oftmals völlig überbauten Innenstädten wurde und wird viel diskutiert. Die Zielvorstellungen, die Umwandlung bzw. Aufwertung von industriell genutzten Flächen in zukunftsorientierten, belebten Raum sind in allen betroffenen Städten mehr oder minder ähnlich, bei der Umsetzung dieser Pläne gibt es allerdings erhebliche Unterschiede.

Da sich die Flächen und Infrastrukturen meistens in kommunalem Eigentum befinden, sind die Bedingungen, neue, lebendige Räume mit Wohnungen, Dienstleistung, Gewerbe, Kultur- und Freizeiteinrichtungen zu schaffen eigentlich ideal. Auf den folgenden Seiten sollen anhand einiger Beispiele verschiedene Planungs- und Finanzierungsmodelle dargestellt und schließlich ein Vergleich unter dem Gesichtspunkt, ob eine nachhaltig sinnvolle Stadtplanung betrieben wurde, angestellt werden. Schwierigkeiten ergeben sich hierbei dadurch, dass in den meisten Städten die Prozesse noch in vollem Gange sind, was eine „abschließende“ Betrachtung der Erfolge sehr schwierig macht. Der gleiche Grund ist wohl für den Mangel an Literatur, die die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der behandelten Themen auf einen Nenner zu bringen versucht, verantwortlich.

2. London Docklands

2.1 Aufstieg und Fall der Londoner Docklands

Die Anfänge der Londoner Hafengegend als bedeutender Umschlagplatz für Waren aus aller Welt reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Durch den wirtschaftlichen Aufschwung der Kolonialmacht England reichten die alten Hafenanlagen bald nicht mehr aus. Die großen Handelsgesellschaften begannen flussabwärts der Tower Bridge ihre eigenen Lagerhäuser und Kais zu bauen, um möglichst zentral zu liegen und das Be- und Entladen der Schiffe in kürzester Zeit absolvieren zu können. Die West India Company machte 1802 in Wapping den Anfang, 1805 folgte das London Dock, dann das East India und St. Katharines Dock, wobei vom Zentrum ausgehend nach außen gebaut wurde. Durch die florierende Wirtschaft und die weitere Expansion Englands breiteten sich in den folgenden Jahren auch die Docks immer weiter aus. Um die Docks herum entstanden außer immer mehr Lagerhäusern auch zahlreiche Werften und andere Industriebetriebe wie Nahrungsmittelfabriken und Maschinenbaubetriebe. Der Aufschwung wurde durch die napoleonischen Kriege (1807/8-1812) weiter vorangetrieben.

Während dieser Zeit des Aufschwungs lebten in den Docks Menschen aus allen Bevölkerungsschichten nebeneinander. Arme und Reiche, Hafenarbeiter ebenso wie Händler und Ingenieure waren bis ca. 1870 Nachbarn. Zu dieser Zeit begannen die besser betuchten die Hafengegend zu verlassen und das Gebiet verwandelte sich in ein reines Arbeiterwohnquartier mit immer schlechter werdenden Wohnverhältnissen.

Während des zweiten Weltkriegs wurde ein Großteil der Lagerhäuser zerstört und in den Folgejahren wieder aufgebaut. Allerdings dauerte es nur wenige Jahre bis an moderne Hafenanlagen völlig neue Ansprüche gestellt wurden und die stadtnahen Hafenbecken zu klein für die großen Containerschiffe und -entladungsanlagen wurden. Der Großteil des Güterverkehrs verlagerte sich ca. 30 km nach Osten an die Themsenmündung. Hier entstanden die Tilbury Docks, die heute das neue Hafenzentrum bilden.

In den Docklands begann der wirtschaftliche und soziale Niedergang. Dieselbe West - Ost - Bewegung die beim Bau der Docks stattgefunden hatte war jetzt bei der Schließung der Lagerhäuser zu beobachten. Die relativ kleinen East - India - Docks mussten 1967 zuerst schließen, danach folgte in der sogenannten ersten Stillegungsphase bis 1971 in schneller Folge die Abwanderung fast aller Handelsbetriebe und des produzierenden Gewerbes. Zurück blieben ca. 150.000 unbeschäftigte Arbeiter des East Ends, die da sie größtenteils ungelernt waren beim Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft auf der Strecke blieben und mit ca. 800 ha Fläche die größte Industriebrache Großbritanniens. 1981 wurden die letzten noch arbeitenden Betriebe in den Docklands geschlossen.

2.2 Von den Planungsanfängen zur Gründung der LDDC

Mitte der 70er Jahre entdeckten die Londoner Stadtväter die brach liegenden Docks für sich. Die Wohnungssituation der sozial schwächeren Schichten war zu diesem Zeitpunkt schlecht bis katastrophal, deshalb lag es nahe, zuerst einmal Sozialwohnungen in den Docks zu planen. 1974 wurde das Docklands Joint Committee (DJC) gegründet. Beteiligt an dieser Arbeitsgruppe waren das Greater London Council, Der Port of London, Vertreter aus den betroffenen Bezirken sowie der Gewerkschaften. Die Labourregierung ordnete eine Untersuchung der sozialen Verhältnisse an, um auf Grundlage dieser Ergebnisse einen sinnvollen Entwicklungsplan für die Docks zu entwerfen. Dieser sollte Vorschläge für eine positive Neuentwicklung der Wohn-, Beschäftigungs-, Sozial- und Infrastruktur beiinhalten.

1976 stellte das DJC den „London Docklands Strategic Plan“ vor. Dieser sah eine wirtschaftliche Neubelebung des Gebietes unter Wahrung der Interessen der etwa 40.000 ansässigen Bewohner vor. Finanziell beteiligen sollten sich die Kommunen und die Regierung sowie private Investoren in einem Verhältnis von etwa 5:1.

Die separat entstandenen Hafenanlagen wurden in dieser Planung erstmals als Gesamtheit betrachtet und sollten zu einer Großstadtlandschaft der Zukunft ausgebaut werden. Die Labour Party wollte mit der Revitalisierung der Docklands ein Musterbeispiel für ihre Sanierungspolitik entstehen lassen. Da das DJC aber relativ wenig Einfluss hatte, fielen die hochfliegenden Pläne der Regierung in den folgenden Jahren dem Konkurrenzdenken und den Machtinteressen der Stadtbezirke, die sich auf keine vernünftige Zusammenarbeit einigen konnten, zum Opfer. Somit kam es zu einem jahrelangen Stillstand der Revitalisierungsmaßnahmen, nur die vielleicht unkreativste Idee der Planung, das Zuschütten der Hafenbecken um mehr Land zu gewinnen wäre um ein Haar verwirklicht worden.

Mit dem Machtwechsel von der Labour Party zu einer konservativen Regierung 1979 kam neues Leben in das Revitalisierungsvorhaben. Margaret Thatcher hatte allerdings eine völlig andere Auffassungsweise, wie eine sinnvolle Stadtplanung auszusehen habe. Sie setzte auf Wohlfahrt durch freies Unternehmertum, d.h. sie wollte die staatlichen Gelder soweit wie möglich zurückschrauben und statt dessen private Investitionen fördern.

1981 wurde die London Docklands Developement Corporation (LDDC) gegründet, die sich aus einer kleinen Gruppe von Planungsbeamten und Beratern zusammensetzte. Die interne Struktur war privatunternehmerisch und unbürokratisch aufgebaut, um eine schnelle und umkomplizierte Umstrukturierung der Docklands zu ermöglichen. Um die vorher erlebten Auseinandersetzungen zwischen den Bezirken zu vermeiden und ein schnelles Vorankommen der Arbeiten zu gewährleisten wurden der LDDC enorme Kompetenzen zugebilligt. Dies stieß auf den Widerstand der Boroughs (Bez. Für Londoner Stadtbezirke) und sorgte in den Folgejahren für erhebliche politische Spannungen, da Entscheidungen, die sonst den Stadträten zugestanden hätten, von der LDDC getroffen werden durften. Sie durfte z.B. Baugenehmigungen erteilen, Umnutzungen von Gebäuden und Flächen genehmigen, Gebäude abreißen und, wenn es notwendig war, auch verkaufsunwillige Grundbesitzer enteignen. Die LDDC bekam ein enorm hohes Budget zugebilligt und musste sich nur der Regierung gegenüber verantworten. Das vorherige Finanzierungsverhältnis von 5:1 (öffentliche zu Privatinvestitionen) wurde nun umgekehrt.

Die Regierung setzte auf einen Erfolg des „demand - led - planning“, d.h. man ging davon aus dass sich die wirtschaftliche und daraus folgend auch die soziale Lage am schnellsten verbessern würde, wenn man den Investoren und zukünftigen Arbeitgebern möglichst wenig hindernde (Bau-)Vorschriften in den Weg stellen würde, man hoffte auf die vielzitierte Selbstregulierung des Marktes.

2.3 Entwicklung der Infrastruktur

Die primäre Aufgabe der LDDC war zuallererst der Ausbau der Infrastruktur, um die weiteren Entwicklungen durch gute Erreichbarkeit voranzutreiben. Der allergrößte Teil der von öffentlicher Hand zur Verfügung gestellten Gelder floss in die physische Erneuerung des Gebiets.

Es wurden ca. 81 km neue Straßen, z.B. der Limehouse Link und der Highway, der eine direkte Verbindung zur A13 bildet, gebaut. Dies reicht allerdings immer noch nicht aus, um den Dauerstau zur rush hour zu entzerren. Um dies zu erreichen, müssten die Docklands untertunnelt werden, momentan ist aber, gerade durch die schwierige Situation des Gebietes in den letzten Jahren, noch nicht abzusehen wann dieses seit langem geplante Vorhaben in die Tat umgesetzt wird.

Mit dem Bau des „Docklands Light Railway“, einer führerlosen, computergesteuerten Hochbahn, wurde 1984 begonnen. Die erste Strecke war 11 km lang und nach drei Jahren Bauzeit abgeschlossen. Bis 1999 wurde der DLR auf vier Linien mit insgesamt 27 km Streckennetz ausgebaut. Wären die LDDC - Planungen, die bis zum Jahr 2000 mit 200.000 Arbeitern und Einwohnern gerechnet hatten (Bode, S. 62), eingetroffen, wäre der Monorail, der seit 1999 mit 30 Zügen 110.000 Passagiere täglich transportieren kann, hoffnungslos zu klein gewesen. Auf der ersten Strecke fuhren 11 Züge, die gerade knapp ausreichten, um die neugierigen Touristenmassen, die in Scharen die größte Baustelle Großbritanniens besuchten, zu transportieren. Am Wochenende fuhr der DLR anfangs nicht, was die Erreichbarkeit der Docks von der City aus weiter einschränkte. Die niedrige Akzeptanz der Hochbahn bei den Geschäftsleuten ist wohl in erster Linie darauf zurückzuführen, dass es keine direkte U-Bahn Anbindung gibt, da die Schienensysteme verschieden sind. Die lange geplante Verlängerung der U - Bahn Linie „Jubilee Line“ bis in die Docks wurde in den letzten Jahren realisiert, so dass zumindest die Transportprobleme weitgehend gelöst sind. Hat man es geschafft von der City aus die Docks zu erreichen, kann man sich relativ komfortabel mit dem Dockland - Mini - Bus und dem River Bus zwischen den bereits fertig gestellten Teilen bewegen.

Des weiteren wurde auf dem Gebiet der ehemaligen Royal Docks 1987 der London City Airport eröffnet. Dieser nur für kleine Maschinen ausgelegte (die Landebahn ist nur 1000m lang) Flugplatz sollte hauptsächlich den in den Docklands tätigen Geschäftskunden kurze Reisezeiten gewährleisten. Außer der zentralen Lage sollten die Kunden durch extrem kurze Eincheckzeiten Vorteile haben. Allerdings wurden auch hier die prognostizierten Passagierzahlen bei weitem nicht erreicht (homepage uni-erlangen). Auch machen sich durch die verpasste Anbindung des Flughafens an den nur wenige hundert Meter entfernten Docklands Light Railway wieder einmal die Nachteile einer vorschnellen, unkoordinierten Planung bemerkbar.

2.4 Die Enterprise Zone auf der Isle of Dogs

Der Neubaukomplex Canary - Wharf auf dem Gelände der ehemaligen West India Docks auf der Isle of Dogs, die ihren Namen dem Volksmund nach von den königlichen Hunden, die noch vor Entstehung des Hafens auf der Halbinsel gezüchtet wurden hat, wurde als Geschäftszentrum des neuen Stadtteils vorgesehen. Diese Gebiet wurde als „Enterprise Zone“ ausgewiesen, d.h. es galten für die Investoren in dieser Zone enorme finanzielle Vergünstigungen. Diese waren meist auf zehn Jahre (bis 1992) beschränkt und beinhalteten z.B. eine Befreiung von der Grundsteuer. Die Baukosten konnten in voller Höhe von der Steuer abgesetzt werden u.ä. Des weiteren gab es so gut wie keine Planungsvorschriften. Diese Maßnahmen sollten private Investoren anlocken und Vertrauen schaffen, was auch gelang. Der Canary Wharf Geschäftskomplex mit dem zum Wahrzeichen der Docklands erklärten, 240 m hohen „One Canada Place“ Tower wurde vom amerikanischen Stararchitekten Cesar Pelli entworfen. Finanziert wurde das ca. 20Mrd DM teure Prestigeobjekt vom kanadischen Unternehmen Olympia & York. Der Komplex umfasst 26 Gebäude mit ca. 3,7 Mio. m² Geschäftsfläche, ausgelegt für 60.000 Arbeitsplätze. Die Zentralplattform des Komplexes, eine gigantische Konstruktion aus Stahl und Glas, überspannt die Station des Docklands Light Railway und soll eine Art Hauptbahnhofsfunktion charakterisieren.

Die Pläne der LDDC gingen, nachdem die Grundstückspreise für den kanadischen Finanzier von 405.000 auf 162.000 Pfund pro Hektar gesenkt wurden, anfangs gut auf, auch wenn das Ziel, mit der erhofften (und nicht verwirklichten) Ansiedlung der europäischen Zentralbank als Vorreiter das Finanzzentrum Londons in die Docklands zu verlegen nicht verwirklicht werden konnte. Die meisten Medienunternehmen z.B. die Times, der Guardian oder die Financial Times zogen aus dem ehemaligen Zeitungsviertel in die Fleet Street auf der Isle of dogs um. Des weiteren wurden vor allem Versicherungsgesellschaften, einige Banken und andere Großkonzerne angezogen.

Bei Gaebe und Hall (1991, S.26) werden die Gewerbemieten in den Docklands mit 130 - 170 Pfund pro m² und Jahr angegeben. Zum Vergleich: Der Durchschnitt in der Londoner City liegt bei 650, in Tokio bei 1050, in Paris bei 365 und in Downtown New York bei 270 Pfund. Während der Immobilienkrise 1987/88, die die Planung der LDDC gewaltig ins Schwanken brachte, wurde einigen Investoren sogar eine jahrelange Mietfreiheit gewährt.

Nach der Krise stiegen die Grundstückspreise aufgrund der hohen Nachfrage in den ersten Jahren enorm an, einstmals unverkäufliche Lagerhäuser wechselten für Millionen den Besitzer. Diese positive Entwicklung hat sich laut der Homepage von P. Josepeit, der Studienfahrten nach London organisiert, (leider ohne weitere Literaturangaben) allerdings durch die Talfahrt der Wirtschaft in den letzten Jahren ins Gegenteil verwandelt. Canary Wharf kämpft ums Überleben, Olympia & York steht vor der Pleite und immer größere Teile der großen Geschäftskomplexe sind verwaist.

2.5 Entwicklung der Wohn- und Arbeitssituation

Mitte der 70er Jahre lebten in den Docklands ca. 40.000 Menschen, davon 83% in Sozialwohnungen. Mitte der 80er Jahre waren 30% der männlichen Bevölkerung des Gebiets arbeitslos (Gaebe/Hall), ein Großteil von ihnen ohne Ausbildung. Die LDDC plante anfangs bis zum Jahr 2000 insgesamt 200.000 Menschen in den Docklands anzusiedeln bzw. zu beschäftigen. Diese Pläne konnten bei weitem nicht umgesetzt werden, auch wenn die Gesellschaft auf ihrer recht umfassenden Homepage ausschließlich von Erfolgen spricht.

In den letzten 16 Jahren wurden 21.000 Wohnungen gebaut, die Situation der ansässigen Bevölkerung hat sich allerdings weiter verschlechtert. Zurückzuführen ist dies auf die enorm in die Höhe geschossenen Mieten. Wohnen am Wasser wurde in den letzten Jahren in allen Industrieländern immer gefragter, die Mietpreise von bis zu 2000 Pfund im Monat in den Docks bringt allerdings inzwischen selbst die anvisierte Zielgruppe, die Yuppies, zunehmend in Schwierigkeiten. Erschwerend hinzu für die Docklands kommt noch, dass auch an den Themse - Ufern westlich der Albert Bridge in den letzten Jahren wassernaher Wohnraum zu (für Yuppies) erschwinglicheren Preisen entstanden ist. Somit haben die Docklands mit dem gleichen Phänomen zu kämpfen, das weltweit Innenstädten, die ihre Zentren zu reinem Geschäftsraum „zurechtrevitalisiert“ haben, bekannt ist: nachts sind sie völlig ausgestorben. Dem können auch einige sterile Kettenpubs und Luxusrestaurants nicht abhelfen. Wer es sich leisten kann findet wunderschöne Wohnungen in den Docklands. Viele der alten Lagerhäuser wurden nicht abgerissen sondern liebevoll saniert und zu Luxuswohnungen umgestaltet. Viele Architekten ließen sich in der Gestaltung von den bereits vorgegebenen Formen der Speicher inspirieren, so dass großzügig geschnittene Apartments mit schrägen Deckenbalken entstanden, die viel vom Charakter der ursprünglichen Funktion bewahrt haben. Diese so sanierten Häuser waren und sind bei den Mietern, sowohl für privat- als auch für Geschäftsräume, am beliebtesten.

Mit den großen Plänen, Arbeitsplätze für die Bewohner des East Ends zu schaffen war es nicht weit her. Durch die steigenden Mietpreise wurden die ehemaligen Einwohner und das ortsansässige Gewerbe in andere Gegenden verdrängt, die Sozialstruktur des Viertels wandelte sich komplett. Die großen Firmen brachten ihre Arbeitskräfte größtenteils bereits mit bzw. stellten nur sehr spezialisierte Kräfte ein. Für die ungelernte ursprüngliche Bevölkerung gab es nach dem Abschluss des größten Teils der Bauarbeiten, die für eine kurzfristige Senkung der Arbeitslosenquoten gesorgt hatten, höchstens Beschäftigung in den Reinigungsfirmen für die Bürogebäude oder beim Wachpersonal.

Heute leben und arbeiten 85.000 Menschen (LDDC Homepage) in den Docklands, dies wird von der LDDC als Erfolg propagiert, Informationen darüber, wie viele dieser Beschäftigten einstmals schon dort lebten und tatsächlich einen neuen Arbeitsplatz gefunden haben, sucht man allerdings vergeblich. Vergleicht man die tatsächlich erreichte Zahl mit den Anfang der 80er Jahre angestrebten 200.000 Menschen, kommen schnell noch mehr Zweifel am Erfolgskonzept der LDDC auf.

Um der hohen Jugendarbeitslosigkeit und der damit verbundenen besorgniserregenden Kriminalitäts- und Gewaltrate entgegenzuwirken, wird in Großbritannien seit einigen Jahren eine enge Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft erprobt. In der Schule wird relativ berufsnah unterrichtet und die Firmen stellen Praktikumplätze bzw. übernehmen die Schüler direkt nach dem Schulabschluß als Auszubildende. In den Docklands arbeiten die lokalen Bildungseinrichtungen, einige Betriebe und die LDDC eng zusammen, um dieses Projekt weiter zu fördern.

2.6 Architektur (oder: haben die Docklands noch Charakter?)

Durch die Politik des „demand - led - planing“ war den Investoren beim Gestalten ihrer Objekte freie Hand gegeben. So entstand eine bunt durcheinandergewürfelte Mischung von Gebäuden und Stilen.

Bei den Geschäftsgebäuden setzte man größtenteils auf amerikanische Stararchitekten, deren Kommerzarchitektur aus Glas, Stahl und Marmor in den Augen vieler Europäer als nicht besonders positiv betrachtet wird. Architekturbüros wie SOM, Pei, Cobb oder der bereits erwähnte Cesar Pelli (Canary Wharf) entwarfen noble Geschäftszentren, die mit hallenartigen, marmorverkleideten Eingangsfoyers gigantomanisch anmuten, kaum neue Ideen verkörpern und das ursprüngliche Flair der Docks sicherlich mehr zerstören als unterstützen.

Auch bei den Wohnhäusern tummeln sich völlig verschiedene Stile munter in unmittelbarer Nachbarschaft. Zum Teil wurden die alten viktorianischen Lagerhäuser, wie bereits in Kapitel erwähnt, restauriert oder umgestaltet. Das größte ehemalige Lagerhaus auf dem Gelände der ehemaligen Butlers Wharf wurde in Luxuswohn- und Geschäftsräume aufgeteilt und der Eigner erfreut sich heute der höchsten Mietpreise der gesamten Docklands. An der New Concordia Wharf wurden den Penthouse Wohnungen neue Balkone angefügt, die mit den absichtlich nicht demontierten Ladekränen an der Außenfassade harmonieren.

Anders sieht es in den St. Katharines Docks aus, wo sich beispielsweise eine neoklassizistische Villa neben einem meiner Ansicht nach eindeutig als architektonischen Fehlgriff zu bezeichnenden Betonklotz tummelt. Abgerundet wird das Ensemble durch einen benachbarten tempelartigen Pavillon. Wieder andere Architekten versuchten ihren Gebäuden etwas von dem maritimen Charakter der Umgebung mitzugeben, so erinnert das Penthouse Gebäude „Kaskaden“ mit seinen seitlichen Abstufungen und runden Fenstern an ein Schiff.

Charakterisiert werden die Docklands natürlich in erster Linie durch die Nähe zum Wasser. Man möchte sich nicht vorstellen wie das Gelände aussehen würde, wären die Pläne der Labourregierung, die Hafenbecken zuzuschütten verwirklicht worden. Bei dem heute vorhandenen Leerstand würde der Gedanke diesen historischen Ort zerstört zu haben um mehr Land zu gewinnen sowieso extrem grotesk wirken. Bei der Gestaltung der Hafenbecken hätte allerdings nach Auffassung vieler Kritiker mehr Mühe im Spiel sein können. Es wurde zwar darum gekämpft der Öffentlichkeit möglichst viel Zugang zum Wasser zu ermöglichen, 1997 waren es 27 km (LDDC Homepage), aber die Wege und Parkanlagen muten ebenso wie viele Geschäftsgebäude sehr amerikanisch an. Diesen Eindruck kann man natürlich nicht auf jede Ecke beziehen, so gibt es z.B. mehrere „Ökologieparks“, in denen einheimische Tiere angesiedelt wurden und sehr schöne Yachthäfen. Man sollte bei aller Kritik auch nicht vergessen, dass es immerhin ein Planungsziel (ob dies erreicht wurde bleibt wohl Ansichtssache) der LDDC war, den wassernahen Charakter zu erhalten und zu fördern.

Die LDDC bestand bis 1998, danach war die Entwicklung der Docklands natürlich noch nicht abgeschlossen, doch das Grobe war getan und die Entscheidungen über weitere Planungen unterstehen wieder den betroffenen Stadtbezirken. Viele Londoner waren enttäuscht, dass die Labourregierung die Margaret Thatcher ablöste die alten Planungen ungehindert weiter weiterlaufen ließ, anstatt verstärkt zu versuchen Projekte zu entwickeln, die der armen Bevölkerung des East Ends zugute kam.

3. Hamburger Hafen

3.1 Historische Entwicklung der Speicherstadt

Bis 1881 war das gesamte Hamburger Stadtgebiet zollfreie Zone. Auf Drängen des neu gegründeten Deutschen Reiches hin wurde diese Regelung 1881 aufgehoben und die Stadt wurde Teil des Zollgebietes des Reiches.

Um aber die schnelle und unkomplizierte Zwischenlagerung von Gütern aus aller Welt beibehalten zu können bekam die Stadt das Recht eingeräumt einen Teil des Hafens zum zollfreien Gebiet erklären zu dürfen. Diese Zone, in der sich Schifffahrt, Warenhandel und Exportindustrie frei entfalten durften, musste allerdings vom übrigen Stadtgebiet abgetrennt werden. Somit entstand der Zollkanal, der den Freihafen vom übrigen Stadtgebiet trennte und somit den Bewohnern den direkten Zugang zur Elbe verwehrte.

Da durch die neue Regelung die Lagerhäuser in der Innenstadt nicht mehr nutzbar waren, mussten Alternativen geschaffen werden. Zwischen den Hafenflächen des Grasbrooks und der inneren Kontorstadt wurde die im Zollausland liegende, unbewohnte Speicherstadt errichtet. Dem Bau mussten zwei komplette, intakte Stadtviertel, das Arbeiterquartier Kehrwieder mit seinen Fachwerkhöfen und das barocke Kaufmannsviertel Wandrahm weichen. Die seit Jahrhunderten bestehende Mischung aus Wohnen und Arbeiten im Hafenviertel war damit Vergangenheit geworden.

Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Hafenanlagen weitgehend zerstört und beim Wiederaufbau komplett modernisiert. Die Kais wurden für LKW’s zugänglich gemacht und die Hafenbecken vertieft.

Doch seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde auch der Hamburger Hafen von der fortschreiten technischen Entwicklung in der Schifffahrt eingeholt, die Anlagen für die großen Schiffe verlagerten sich flussabwärts und es fielen Flächen brach. Für kleinere Schiffe dagegen blieb die Speicherstadtgegend nach wie vor attraktiv, sie wird bis heute teilweise in ihrer ursprünglichen Funktion genutzt. Die Gentrification macht allerdings vor den denkmalgeschützten Bauten nicht halt, finanzkräftige Firmen reißen sich um die ausgefallenen Büroflächen. Da die Lagerhäuser Eigentum der Stadt sind, fürchten die letzten ansässigen Lagerfirmen, bald durch die ständig steigenden Mieten in andere Quartiere verdrängt zu werden. Die ansässigen Firmen argumentieren in ihrem Existenzkampf vor allem damit, dass die Speicherhäuser durch die dicken Wände im Sommer wie im Winter optimale Lagerbedingungen bieten, die in Neubauten erst durch aufwändige, teure Klimatisierung geschaffen werden könnten. Der Warentransport ist durch die alten Anlagen natürlich aufwendiger als auf modernen Containerplätzen.

Von den Revitalisierungsplänen für die restliche Hafengegend ist die Speicherstadt ausgenommen.

3.2 Erste Planungen - das Bauforum

Nach Öffnung des europäischen Binnenmarktes brach in Hamburg, das sowieso schon zu den größten Warenumschlagplätzen Europas zählte, ein regelrechter Boom aus. Man befand sich durch die Verlagerung des Containerverkehrs in der glücklichen Situation, die alte Hafengegend für neue Planungen zur Verfügung zu haben, ohne wirtschaftliche Einbußen hinnehmen zu müssen.

Anfang der 90er Jahre wurde die Stadtentwicklungsbehörde gegründet, die Konzepte für die zukünftige Entwicklung der Stadt entwickeln sollte. Vorsitzender war Egbert Kossak, der großes Potenzial in den brach gefallenen Hafenflächen sah. Kossak stieß mit seinen Plänen, das Stadtzentrum wieder näher ans Wasser zu rücken, anfangs auf taube Ohren, da der Bausenator mit dem Thema Stadtplanung und Architektur nicht recht warm wurde. Daraufhin gründete Kossak das Bauforum, bestehend aus einem internationalen Team von Städteplanern, prominenten Architekten und jungen Talenten. Kossak ging es darum, unvoreingenommene Meinungen aus anderen Kulturen mit örtlichem Fachwissen zu vereinen. In diesem Ideenworkshop wurde nun versucht, ein sinnvolles Konzept für die weitere Entwicklung der Wassernahen Flächen zu entwerfen.

Bei den Planungen des Bauforums handelte es sich primär um die Revitalisierung einer ca. vier Kilometer langen Zone des nördlichen Hafenrandes die sich von St. Pauli über Altona nach Neumühlen zog.

Das Ziel der Planungsgesellschaft war es, die Gebäude an den Charakter des nahen Wassers und Hafens anzupassen. Auch auf eine lebendige Durchmischung von Wohnen und Arbeiten wurde von Anfang an Wert gelegt.

Die aufwendige Planung des Bauforums hat sich bezahlt gemacht, denn auch wenn sich einige High-Tech-Container eingeschlichen haben, wirkt die Architektur im Ganzen wesentlich gelungener als bei ähnlichen Projekten in anderen Städten. Das Pressehaus des Gruner & Jahr Verlages am Baumwall (in welchem übrigens später die Infoveranstaltungen für die Hamburger Bürger zur zweiten Planungsphase ab 1997 statt fanden) soll z.B. in seiner Struktur dem Prinzip einer Stadt ähneln, mit parallelen Abschnitten, die unvermittelt durch Brücken und Querschiffe unterbrochen werden, miteinander verknüpften Wegen und größtenteils verglasten Wänden. Schmale Gänge und kleine Innenhöfe sollen an das ehemalige Gängeviertel erinnern und die spitz zulaufende, weit in die Hafenanlagen hineinragende Kantine ist wie ein Schiffsbug geformt.

Die meisten der anderen Gebäude knüpfen mit Wasserbecken und schiffsähnlichen Formen ebenso an ihre Umgebung an.

Doch auch zu Zeiten des Bauforums, welches durchdachte Pläne zu entwickeln versuchte, statt wild und durcheinandergewürfelt draufloszubauen, konnte nicht allen „Revitalisierungskommerz“ verhindern. Der damalige Erste Bürgermeister Klaus von Dohnanyi äußerte die leichtfertige Überlegung, die florierende Speicherstadt in ein Szeneviertel für Yuppies umzuwandeln und fortan konnten sich die Stadtväter vor Angeboten interessierter Investoren nicht mehr retten.

Die Kehrwiederspitze wurde gegen den Protest Kossaks, der auch für dieses Gebiet bereits einen Architekturwettbewerb ausgeschrieben hatte, an den britischen P & O Konzern und die amerikanische Citybank verkauft, die ein typisch amerikanisches Handelszentrum, das Hanseatic Trade Center, mit 100.000 m² Geschäftfläche und einem 18 - stöckigen Hotelturm aus dem Boden stampften.

3.3 Zweite Planungsphase - die Hafencity

Nachdem schon das Bauforum sich mit Überlegungen für die Gestaltung des direkten innerstädtischen Hafenrandes beschäftigt hatte, legte der Hamburger Architekt Prof. Volkwin Marg im Dezember 1996 eine „Studie zur Entwicklung des innerstädtischen Hafenrandes zwischen Grasbrook und Baakenhafen (Homepage Hafencity - Die ersten Schritte) vor, welche sich mit Nutzungsvarianten, Strukturen und Entwicklungsstufen für die geplante Hafencity befasste. Im Mai 1997 stellte der Erste Bürgermeister Dr. H. Voscherau die Pläne erstmals öffentlich vor, im August des gleichen Jahres wurden diese von der Bürgerschaft besiegelt.

Im Dezember 1998 verabschiedete die Senatskommission für Stadtentwicklung, Umwelt, Wirtschaft und Verkehr die Konzeption für einen Masterplan für das Projekt und gab damit grünes Licht für den Baubeginn der auf 25 Jahre Entwicklungszeit geschätzten Revitalisierung. In diesem Masterplan werden die Ziele für die Nutzung, Verkehr, Hochwasserschutz, soziale Infrastruktur usw. formuliert. Es sollen ca. 5.500 Wohnungen und über 20.000 Arbeitsplätze entstehen, des weiteren steht eine Verzahnung mit der angrenzenden Speicherstadt und der historischen Altstadt ganz oben auf der Tagesordnung.

Im Laufe des Jahres 1999 wurde dann in Kooperation mit der Akademie der Künste ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben, auf dessen Grundlage dann die städtebaulichen Strukturen für die Fertigstellung des Masterplanes festgelegt werden sollten. Diese Pläne und Ideen wurden dann Ende des Jahres an verschiedenen Standorten der Öffentlichkeit vorgestellt, bis der Plan Anfang des Jahres 2000 fertig gestellt wurde. Für die Teilnahme an diesem Wettbewerb wurden unter den Bewerbern acht Teams, die sich aus Stadt- und Landschaftsplanern, Architekten und Landschaftsarchitekten zusammensetzten und vorher an einer Tagung zu den speziellen Aufgaben und Besonderheiten Hamburgs teilgenommen hatten, ausgewählt. Siegreich ging schließlich ein deutsch-niederländisches Team mit dem Namen Hamburgplan/Kees/Christiaanse/ASTOC hervor.

3.3.1 Die GHS

Bereits 1995 wurde die Gesellschaft für Hafen- und Standortentwicklung mbH (GHS) gegründet, deren Aufgabe es war, die grundlegenden Voraussetzungen für die Realisierung der HafenCity zu schaffen. Dafür war ihre Aufgabe in erster Linie einmal, Anlagevermögen von den dort ansässigen Unternehmen zu erwerben. Nachdem dies innerhalb weniger Jahre geschehen konnte, bekam die GHS neue Aufgabengebiete zugeteilt. Sie ist für die Vermarktung der sich in städtischem Besitz befindlichen Grundstücke (ca. 83% der Gesamtfläche, weiteres Land befindet sich im Besitz des Bundes) verantwortlich, sie fungiert als Betreuer für die Investoren und wirbt neue Kunden, arbeitet mit den Behörden zusammen, organisiert die Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerbeteiligung, hilft bei der Standortentwicklung, führt Erschließungsmaßnahmen durch und koordiniert alle Planungs- und Bauvorhaben.

3.3.2 Einige Fakten zur Hafencity:

Entwicklungsziel: Ein neues Viertel mit Hafencharakter, im Stadtkern liegend, angeschlossen an die historische Altstadt, mit Wohnungen, Dienstleistungen, Tourismus, Handel und einer gesunden Sozialstruktur.

Die HafenCity ist das größte stadtentwicklungspolitische Vorhaben Hamburgs. Das Planungsgebiet auf den ehemaligen Kaianlagen von Sandtor, Grasbrook- und Barkenhafen umfasst ca. 150 Hektar, wovon 1/3 Wasserfläche ist. Von den verbleibenden 100 ha werden ca. 60% bebaut, wobei auf 1.5 Mio. Quadratmetern Geschossfläche 5.500 Wohnungen gebaut und 20.000 Arbeitsplätze entstehen sollen. Die Ausdehnung des Gebietes umfasst 3.300m von Ost nach West und 1.000 m von Nord nach Süd, die Entfernung zum Rathaus beträgt etwa 800 m, zum Hauptbahnhof 1 km. (alle Daten: www.hafencity.com)

3.4 Nutzungsstruktur

Der Masterplan beinhaltet für alle Planungsbereiche konkrete Vorgaben und Planungsziele. Die Nutzungsstruktur wird städtisch-gemischt sein. Im neuen Herzstück am Magdeburger Hafen wird ein kerngebietstypisches Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum entstehen, die angrenzenden Straßenzüge werden gemischt genutzt, durch ihre exponierte Lage sollen aber überwiegend kulturelle und touristische und Freizeiteinrichtungen angezogen werden.

An manchen Stellen wird die Bebauung lockerer ausfallen, um durch Lücken die Speicherstadt sichtbar zu lassen, durch bedacht angelegte Grünzüge und Wasserflächen sollen die Gebäude miteinander in Beziehung treten.

Eine stabile Infrastruktur ist zu großen Teilen schon gegeben. Die Straßenverbindungen zu den angrenzenden Vierteln sind vorhanden und ausreichend, die bereits bestehenden Brücken schließen die HafenCity sowohl ans innerstädtische als auch ans überregionale Straßennetz an. Auch die U-Bahn Stationen Baumwall und Messberg sorgen für gute Anbindung, eine S-Bahn Anbindung ist in Planung, Busse werden das Angebot abrunden. Radwege werden mit den Quartieren gebaut, des weiteren sollen auch kleine Boote als Wassertaxis eingesetzt werden, wie es in anderen wassernahen Städten wie z.B. Sydney oder Venedig längst zum Alltag gehört. Abgesehen von den rein funktionalen Vorteilen symbolisieren die Wassertaxis eine enge Verknüpfung mit den Hafenbecken, von einer ausschließlichen Uferbebauung und -revitalisierung vollzieht sich ein Wandel zu einer Einbeziehung des Wassers. Für die Gewährleistung der sozialen Infrastruktur sind Schulen, Kindergärten, Sportanlagen usw. in ausreichender Zahl im Masterplan vorgesehen.

Der Gestaltung der Freiräume und Uferzonen wird besondere Bedeutung beigemessen werden, da sie entscheidend dazu beitragen, den gewünschten maritimen Charakter zu unterstreichen. Sie sollen zu „Orten der Begegnung und Kommunikation mit stadtteilprägendem Charakter“ (www.hafencity.com - städtebauliche Struktur) werden. Auch dienen die Grünzüge an manchen Stellen entscheidend der Verknüpfung mit der übrigen Stadt, wie etwa der Lohsepark, der die Elbe mit dem innerstädtischen Wallring verbinden soll. Des weiteren wird durch eine breit angelegte Uferpromenade am Kirchenpauerkai eine Lücke im Elbwanderweg geschlossen.

Alle Uferbereiche sollen frei zugänglich sein, auf die Gestaltung der Kaispitzen und Aussichtspunkte wird besonderer Wert gelegt.

Aus Sicht der Umwelt wird die neue Nutzung der Kaianlagen positive Auswirkungen haben. Im gesamten Gebiet gibt es keinen natürlich gewachsenen Boden, da das Gelände beim Bau der Hafenanlagen aufgeschüttet wurde. Seltene Flechten und Moose an den Klinkermauern und Hafenbecken bleiben erhalten, die Hafenbecken selbst werden nicht angetastet und in den Parks wird für die Ansiedlung einer Vielfalt von einheimischen Pflanzen gesorgt.

An einigen industriell genutzten Stellen musste der Boden nach einer Schadstoffuntersuchung erneuert werden, da er verseucht war, generell steht einer Wohnbebauung aber nichts im Wege.

Neben der Speicherstadt sollen auch andere Hafenanlagen mit historischer Bedeutung erhalten bleiben. Einige Speicher, Betriebsgebäude, ein Fernbahnviadukt und die ältesten Hafenbecken (Sandtorhafen, Magdeburger Hafen, Grasbrookhafen) werden in ihrem ursprünglichen Zustand belassen, an anderen Stellen sollen Kräne, Kaimauern, Brücken usw. soweit wie möglich in die Bebauung integriert werden.

Die HafenCity liegt im Überflutungsgebiet der Elbe, zwischen dem Fluß und der innerstädtischen Deichlinie. Um gegen Hochwasser geschützt zu sein, werden die auf einer Höhe von 4,4 - 7,2m ü. NN liegenden Flächen dort wo Gebäude errichtet werden sollen auf 7,50 m ü. NN aufgeschüttet, zwischen diesen Warften und den Kaimauern bleibt ein bis zu 20 m breiter Streifen auf der alten Höhe erhalten, auf welchem die Uferpromenade angelegt wird. Außerdem wird es ein höher gelegenes Wegenetz geben, das den Zugang für Rettungsfahrzeuge jederzeit gewährleistet. Später soll die HafenCity durch Gatts und Sperrwerke mit der Innenstadt verknüpft werden, so dass auch die Speicherstadt hochwassergeschützt ist.

4. Nordamerika und Australien

Aufgrund von Mangel an Fachliteratur gestaltet sich die Berichterstattung über nordamerikanische Revitalisierungsprogramme relativ schwierig. Die von den Städten entwickelten Gestaltungspläne werden meist sowohl durch öffentliche Gelder als auch durch private Investitionen finanziert. Informationsseiten im Internet sind dagegen meist von den Privatinvestoren gestaltet und erinnern eher an eine Werbebroschüre für die einzelnen Firmen und beschränken sich bei ihren informativen Aussagen auf Verallgemeinerungen wie z.B.: es entstand eine von Wohnen, Arbeiten und Freizeit durchmischte Zone“ oder „eine x km lange, für Einwohner wie Touristen gleichermaßen attraktive Promenade sorgt für neue Lebendigkeit, dahinter können Sie die völlig neuen, innovativen Geschäftskomplexe (inklusive genauer Angaben über Größe, eher seltener über Kosten, Architekten und 50 Fotos der Hochhäuser, meist komplett ohne Angaben über genaue Nutzung) der Firma Sowienoch bewundern..“

4.1 Toronto

Die Umsetzung der Revitalisierungspläne an der 46 km langen Wasserlinie der Stadt wurde im letzten Jahr begonnen. Die Stadt Toronto, die Provinz Ontario und die kanadische Regierung taten sich zusammen um die Toronto Waterfront Revitalization Corporation (TWRC) zu gründen und mit einem Startkapital von $1.5 Mrd auszustatten. Diese Gesellschaft bekam die Aufgabe, einen detaillierten Entwicklungsplan mit einem tragbaren Geschäftskonzept zu entwickeln, der nach Fertigstellung die Anerkennung aller drei Regierungen erhalten muß. Ins Leben gerufen wurde die Initiative ausgerechnet in diesem Jahr, um der (inzwischen erfolglosen) Olympia - Bewerbung der Stadt für 2008 Nachdruck zu verleihen.

Die Planungen sollen der ansässigen Bevölkerung zur Diskussion vorgelegt und ihr soll ein Mitspracherecht bei den Entwürfen für ein pulsierendes Alltagsleben einer der wertvollsten Orte der Stadt eingeräumt werden. Des weiteren wird die TWRC der Öffentlichkeit einen jährlichen Bericht über die Baumaßnahmen vorlegen. Um dem Bauvorhaben einen „Kickstart“ zu geben, wird für die weitere Finanzierung eine Aktiengesellschaft mit der Provinz Ontario als Hauptteilhaber gegründet.

Bei den Planungen stehen vier Punkte ganz oben auf der Tagesordnung:

Die Hafengegend soll durch Sanierung des durch die Industrie verseuchten Bodens und dem Aufbau einer Infrastruktur urbar gemacht werden für einen durch Kultur, Wohnen, Tourismus und Handel geprägten Stadtteil. Geschätzte Kosten: $61 Mio. Die Front Street wird für geschätzte $170 Mio. verlängert.

Eine Vergrößerung der U-Bahnstationen und Fußgängerwege an der Union Station um dem Dauergedränge Abhilfe zu schaffen. Kosten: $58 Mio.

Eine Renaturalisierung der Mündung des Don Rivers sowie Hochwasserschutzmaßnahmen für ca. $2 Mio.

4.2 Umweltmaßnahmen, Brownfields

Nicht nur in Kanada, wie gerade am Beispiel Don River beschrieben, wird Wert auf Umweltschutz und -erhaltung gelegt, auch in den, bei vielen Europäern (sicher nicht ganz zu Unrecht) als „Umweltschweine“ angesehenen, USA wird an vielen Stellen eine Renaturalisierung der gebeutelten Flüsse und Uferzonen betrieben. Besonders in den Industriestädten der Ostküste und an den Ufern der Great Lakes sind solche Maßnahmen auch dringend notwendig. Von Industriestandorten großflächig verseuchte Böden werden Brownfields genannt.

Ein sehr schönes Beispiel gab es vor einigen Jahren in Wyandotte, einer Kleinstadt am Detroit River nahe des Lake Erie. Jahrelang waren die Uferflächen vor allem von der chemischen Industrie genutzt worden. Als das seit langem ansässige BASF - Werk sich verkleinerte und seinen Standort wechseln wollte, verklagte die Stadt den Konzern mit der Begründung, das Gelände aufgrund der verseuchten Böden und des vergifteten Grundwassers nicht anderweitig nutzen zu können. Die Klage war erfolgreich, BASF musste das Gelände für $1 pro Jahr pachten, die verseuchten Böden abtragen und den Boden so versiegeln, dass kein Grundwasser vom Gelände in den Fluß mehr gelangen konnte.

Wie in Toronto werden z. B. auch in New York neben der Revitalisierung des ufernahen Landes Anstrengungen unternommen die Mündung des Hudson Rivers wieder in einen halbwegs naturnahen Zustand zurückzuversetzen, Tiere und Pflanzen wieder anzusiedeln und die Wasserverschmutzung durch die Industrie zurückzuschrauben. Auch bei den Revitalisierungsmaßnahmen in New York werden die Kosten sowohl vom Staat als auch von Privatinvestoren getragen.

4.3 Sydney

Wie in der restlichen Industrialisierten Welt fielen auch in Australien ab den 70er Jahren Hafenflächen brach. Mit der Revitalisierungsplanung des Port Jackson in Sydney, bekannt als der schönste Naturhafen der Welt, wurde 1984 begonnen. Auch hier wurden die Kosten zwischen öffentlichen und privaten Investoren geteilt und betrugen letztendlich, als pünktlich zur Olympiade 2000 alles fertig gestellt war, ein Verhältnis von 1:3. Bis 1999 wurden über $1,5 Mrd. investiert.

Der Hafen ist 27 km lang, hat aber aufgrund vieler Einschnitte und Landzungen eine Küstenlinie von über 200 km. Bei der Wasserfrontgestaltung knüpfte man an die in Sydney übliche große Zahl von Grünflächen und Parks an. Es entstanden kaum Wohnungen, sondern ein pulsierendes Freizeit- und Kulturzentrum mit Restaurants, mehreren Freilichttheatern, Sportanlagen, Hotels und dem weltbekannten Opernhaus. Das neue Zentrum wurde bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen akzeptiert, bei der ansässigen Bevölkerung gilt es als beliebtester Treffpunkt der Stadt und zieht pro Jahr 1.3 Mio. Besucher an.

Beschäftigt werden in diesem riesigen Freiluft - Erholungszentrum ca. 3.800 Angestellte.

5. Fazit

Auf den vorhergehenden Seiten wurden verschiedene Revitalisierungsbeispiele dargestellt, da dabei z. T. völlig verschiedene Gesichtspunkte beleuchtet wurden ist eine Zusammenfassung, welche Strategie als sinnvoll und nachhaltig bezeichnet werden kann und was weniger sinnvoll ist äußerst schwierig. Unterstützt wird dies noch aufgrund akuten Mangels an Informationen über die Entwicklung der sozialen Infrastruktur in den meisten Fällen.

Generell kann man wohl sagen, dass Maßnahmen welche es geschafft haben oder voraussichtlich erfolgreich sein werden, Arbeitsplätze und attraktiven Lebensraum für die ansässige Bevölkerung inklusive einer gesunden sozialen Infrastruktur mit Schulen, Freizeiteinrichtungen etc. zu schaffen und durch Herausarbeitung des wassernahen Charakters und Erhaltung historischer Elemente Besucher anzuziehen als gelungen zu bezeichnen sind.

Aus einem Tagungsbericht der Harvard Design Akademie zum Thema im Preservation Magazin (www.chankrieger.com) geht hervor, dass z.B. in Vancouver Anfangs ausschließlich Wohnungen für den Mittelstand und die Oberschicht auf dem alten Hafengelände errichtet wurden, Geschäfte, Dienstleistung und Touristen kamen im Laufe der Zeit ganz von selbst dazu und sorgten für wirtschaftliche Stabilität im Viertel. Der gleiche Bericht formuliert die Problematik, dass Investoren oftmals auf einem Standort direkt am Wasser bestehen und somit die Gefahr aufkommt, dass abgesehen von einer schmalen Linie am Ufer die Wiederbelebung auf der Strecke bleibt. In vielen amerikanischen Städten hat man, um diesem Problem entgegenzuwirken, die Achsen der Piers durch Straßen verlängert.

Das Beispiel London ist meiner Meinung nach nicht wirklich gelungen. Die konservative Regierung betrieb eine Politik des maximalen finanziellen Ertrages, man setzte darauf dass mit fast ausschließlich privatem Kapital eine effektive Wiedernutzung brachgefallener Innenstadtflächen erreicht werden kann. Die (ehemals) ansässige Bevölkerung blieb dabei völlig auf der Strecke. Die Kritik vieler Anwohner an der Labour Party, dass diese nach ihrer Wiederwahl das durch die reine Marktwirtschaft verursachte Ungleichgewicht nicht versucht habe zu regulieren, sondern die Thatcher-Politik weiter betrieb, kann ich gut verstehen. In Hamburg könnte ich mir vorstellen, dass die Planungen durchaus zum Erfolg führen können, allerdings ist hier die Ausgangsposition für eine sinnvolle, nachhaltige Entwicklung meiner Ansicht nach auch wesentlich besser als eine in einer Metropole in Großbritannien in den 80er Jahren.

Generell würde ich eine auf einen längeren Zeitraum ausgelegte Revitalisierung immer als sinnvoller betrachten als städtebauliche „Schnellschüsse“ ohne konkrete, übergreifende Planungen. Die Entwürfe müssen sich an den speziellen wirtschaftlichen, sozialen, historischen und kulturellen Besonderheiten der betroffenen Orte orientieren, des weiteren ist ein starkes (sowohl finanzielles als auch beobachtendes und beratendes) Engagement der betroffenen Stadt sowie die Einbeziehung der Bürgerinteressen in meinen Augen von enormer Wichtigkeit. Auch die soziale, optische und funktionale Verknüpfung mit den angrenzenden Stadtteilen darf nicht vergessen werden.

Literaturverzeichnis

Bode, P. (1992): Das Zentrum liegt wieder am Wasser. Art, Band 1, S. 54-66

Bode, P. (1993): Neues Zentrum im alten Hafen. Art, Band 7, S. 56-63

Deuringer, L. (Hrsg.) (1997): Europa - Raumnutzung, Raumverflechtung.

Gaebe, W. / Hall, J. (1991): London. Positive und negative Entwicklungstendenzen in den 80er- Jahren. Geographische Rundschau, Band 43, S.14-20.

Quadflieg, H. / Boving, C. (Hrsg) (1992): London

Schubert, D. (Hrsg) (2000): Hafen und Uferzonen - Analysen und Planungen zur Revitalisierung der Waterfront in Hafenstädten. (nur Vorwort aus dem Internet)

Yapp, N. / Tenison, R. (1999): London. Geheimnisse und Glanz einer Weltstadt.

www.city.toronto.on.ca/waterfront

http://www.dha.nsw.gov.au/default.asp

www.dockland.co.uk

http://www.emich.edu/public/geo/557book/d100.strategies.html

www.hamburg-highlights.de

www.hamburgs-geschichte.de

www.hafencity.com

www.josepeit-online.de/london/erdkunde.html

Alle Internetzugriffe: Juni / Juli 2001

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Revitalisierung von waterfronts in Hafenstädten
Hochschule
Universität Potsdam
Veranstaltung
Mittelseminar Humangeographie - Stadtgeographie
Note
2
Autor
Jahr
2001
Seiten
24
Katalognummer
V105747
ISBN (eBook)
9783640040315
Dateigröße
474 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Revitalisierung, Hafenstädten, Mittelseminar, Humangeographie, Stadtgeographie
Arbeit zitieren
Leonie Umbach (Autor:in), 2001, Revitalisierung von waterfronts in Hafenstädten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105747

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