Generationen


Hausarbeit, 2001

15 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

II Allgemeine Definition und Verankerung in verschiedene soziologische Konzepte

VI Einbindung des Begriffes in ein soziologisch theoretisches Konzept

IX Präzisierung der konzeptuellen Aussagen anhand von empirischem Material

XIV Quellenangabe

Generation

1. Allgemeine Definition und Verankerung in verschiedene soziologische Konzepte

Dem Begriff der Generation kommen in der Soziologie verschiedene Bedeutungen zu. Zunächst soll hier aber eine allgemeine Definition des Begriffes gegeben werden: Das Substantiv Generation wurde im 17. Jahrhundert von dem lateinischen Wort „generatio“ entlehnt, was so viel bedeutet wie „Zeugung[sfähigkeit]“. Heute steht der Begriff für „die Gesamtheit aller etwa zur gleichen Zeit geborenen Menschen [...]“ (Duden, 1971). Dabei liegt das Hauptaugenmerk vor allem auf dem gemeinsamen Kulturund Lebensgefühl, bzw. dessen Verständnis, welches diese Gruppe von Menschen teilt. Weiterhin bezeichnet der Begriff der Generation auch die einzelnen Glieder einer Geschlechterfolge, also Eltern, Kinder, Enkel, etc. .

Soziologisch wurde der Begriff Generation vor allem durch K. Mannheim (1928) geprägt, der ihn als „die dynamische Kraft des Gruppenlebens“ definiert. Eine Gruppe von Menschen, die gleichzeitig geboren wurde ist nicht gleichzeitig auch eine Generation. Vielmehr muß eine Generation zu einer Generation geprägt werden. Dabei ist vor allem von großer Bedeutung, daß eine Gruppe von Personen im selben historisch-sozialen Raum lebt. Dadurch können sie in einem etwa gleichem Alter an den gleichen gesellschaftlichen Ereignissen und/oder Zuständen teilnehmen, bzw. ihnen ausgesetzt sein. Durch dieses gemeinsame Erleben bilden sich ähnliche „Werthaltungen, Orientierungen, Einstellungen und Verhaltensformen“ (Gukenbiehl, 1986) innerhalb dieser Personengruppe aus, daraus ergibt sich dann eine Generationslagerung. Allerdings müssen die Personen die Ereignisse auch in einer ähnlichen Art und Weise wahrnehmen und erleben, um zu einer Generation zu werden. Es muß also eine Erlebnisparallelität gegeben sein. Weiterhin müssen sie die Ereignisse in einer ähnlichen Form deuten und sie vor allem als ihre Gemeinsamkeit begreifen, was dann schließlich zu einem Generations-Bewußtseins und/oder einer Generations-Identität führt. Innerhalb einer Generationslagerung kann es dabei zur Bildung von einzelnen Gruppen kommen, welche spezielle Anschauungen vertreten oder eine differenzierte Sicht auf die Dinge haben. Diese Gruppen führen dann zu bestimmten (Lebens)Stilen und/oder Kunstformen. Die Intervalle zwischen den Generationen werden meist auf 15 (nach Dromel) oder öfter auf 30 Jahre (nach Rümelin) festgesetzt. Dabei ist allerdings zu beachten, daß zu jedem Zeitpunkt neue Menschen geboren werden und die klare Begrenzung einer Generation somit sehr schwierig ist. Schließlich leben ständig Menschen aller Altersschichten zusammen und erleben die historischen und gesellschaftlichen Ereignisse völlig unterschiedlich. Man könnte die Altersschichtung der Bevölkerung also als die Generationsschichtung der Bevölkerung ansehen. Bei dieser besteht auch immer die Möglichkeit des Generationenkonfliktes. Dieses Problem ist jedoch heute weniger stark gegeben, da die Toleranz der Jugend gegenüber den Erziehungsstilen der Älteren gestiegen ist und die Gesellschaft an sich flexibler geworden ist. Das heißt, daß es mehr Möglichkeiten gibt seinen eigenen Lebensstil zu leben ohne in Konflikt mit anderen zu kommen. Die Situation neue Stile zu schaffen wird somit als weniger schwierig angesehen. Problematisch dabei ist aber, daß die Generationsabfolge in immer kürzeren Intervallen stattfindet. Wurde in den 80er Jahren noch mit drei Generationen pro Jahrhundert gerechnet, so wird heutzutage eine steigende Anzahl von Generationen pro Jahrhundert erwartet. Diese ergibt sich vor allem aus einem sinkenden Heiratsalter und einer allgemein höheren Lebenserwartung. Dies birgt einen Konflikt in sich, da die älteren Menschen immer weniger mit den schnellen Entwicklungen mithalten können und somit das Verständnis für die jüngeren Generationen verlieren.

Aus der Existenz von Generationen folgen also neue soziologische Phänomene. Diese ergeben sich dadurch, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt stets eine jüngere Generation den Platz der älteren einnimmt:

1. stetes Neueinsetzen neuer Kulturträger
2. steter Abgang früherer Kulturträger
3. zeitlich begrenzte Teilhabe eines Generationszusammenhanges am Geschichtsprozeß
4. stete Notwendigkeit des Tradierens der Kulturgüter
5. Kontinuierlichkeit des Generationswechsels (Bernsdorf, 1969).

Die jüngere Generation ist also bestrebt, den Platz der älteren einzunehmen, um dabei ihre Werte und Ideale zur neuen Norm zu erheben. Und diese Generation wird schließlich, zusammen mit ihren Werten und Anschauungen, wieder von einer jüngeren Generation ersetzt werden.

Auf diesen Aussagen basierend lassen sich vier gängige soziologische Konzepte des Gebrauches vom Begriff der Generation festhalten:

Die unumstrittenste Verwendung findet der Begriff Generation in der geanalogischen oder „lineage“-Konzeption von Generationen. Dieses Konzept findet vor allem in der Familiensoziologie, in der Anthropologie und teilweise such in der Alterssoziologie Verwendung. In ihr geht es um „die verwandtschaftlichen Abstammungsrelationen in direkt auf- und absteigender Linie (Eltern, Kinder, Großeltern etc. )“ (Majce, 1998). Auch der Stammbaum ist mit diesem Konzept der Generation verwandt.

Die zweite Gebrauchsweise benutzt den Begriff Generation im Sinne von „Kohorte“. Dieser Gebrauch findet insbesondere unter den Demographen und den quantitativ- makrosoziologisch orientierten Wandlungs-und Strukturanalytikern Verwendung (vgl. Majce, 1998). Norval D. Glenn (1977, S. 8) formulierte eine beispielhafte Definition für diesen soziologischen Ansatz. Er verstand unter der Kohorte „jene Personen innerhalb einer geographisch oder sonstwie abgegrenzten Population, die während einer gegebenen Zeitspanne dasselbe signifikante Lebensereignis erfuhren“. Handelt es sich bei diesem „signifikanten Ereignis“ um die Geburt, ist die Kohorte eine Geburtenkohorte. In diesem Fall wird der Begriff Kohorte synonym mit dem Begriff der Generation verwendet. Entscheidend bei der Verwendung des Kohortenbegriffes ist, daß es sich hierbei um eine längsschnittliche Perspektive des kollektiven Alterns der Kohorte handelt.

Als dritte Gebrauchsweise findet der Begriff Generation Verwendung im Sinne einer Lebensphase, die teilweise auch als Altersstufe oder Altersgruppe bezeichnet wird. Diese drei Begriffe werden in diesem Konzept synonym für Generation benutzt. Im Folgenden wird für das Konzept der Begriff Altersgruppe verwendet. So definierte zum Beispiel Buchhofer die Generation als „Aggregat von Altersgruppen, deren charakteristische Orientierungs- und Verhaltensweisen sich von denen anderer Altersgruppen zum Zeitpunkt t1 unterscheiden“ (Buchhofer und Mitarbeiter 1970, S. 308). Fraglich ist nun, nach welchen Kriterien hier eine Altersgruppe definiert werden soll. Entscheidend sollten dabei die unterschiedlichen lebenszyklischen Positionen und Reifungszustände, von denen die ausgewählte und zur Altersgruppe zusammengefaßten Geburtenkohorte betroffen ist, sein. Weiterhin verlangt die Zeit vom Punkt der Geburt und der Zeit bis zur ersten Datenerhebung nach sowohl methodischen, wie auch begrifflichen Unterscheidungen. Riley hat hierzu das quantitative Konzept der Altersschichtung aufgestellt. Bei dieser Altersschichtung, auch „age-strata“ genannt, handelt es sich um Querschnittsscheiben durch zwei Prozesse, die zueinander in Konkurrenz stehen und einander zusätzlich durchdringen. Der erste Prozeß bezieht sich auf den Wechsel von altersspezifischen Rollen in einer Gesellschaft, parallel zu historischen Ereignissen und dem Strukturwandel von Institutionen. Der zweite Prozeß steht für das Altern der Personen, die diese Rollen innehaben, sowie den Schwund und Ersatz von Kohorten durch andere. Marshall schlägt ergänzend zu diesem Konzept das qualitative Konzept der Altersgruppe vor. Nach Marshall kann eine Generation nur durch den Kontrast zu einer anderen Generation bestimmt werden. Dabei kann der Kontrast auch durch den Vergleich verschiedenen alter Personengruppen hergestellt werden. Dabei würde es sich dann um besagte Altersgruppen handeln, also zum Beispiel Jugendliche im Vergleich zu Erwachsenen. (vgl. Stiksrud, 1994, S. 61-64)

Der vierte Generationsbegriff steht in der Tradition Karl Mannheims, die bereits in der allgemeinen Definition des Begriffes Generation erläutert wurde. Zusammenfassend läßt sich hierzu sagen, daß er sich auf annähernd Gleichaltrige bezieht, die unter ähnlichen historischen Begebenheiten aufwuchsen. Dabei ist von Bedeutung, daß hierdurch ähnliche Arten des Denkens und Handelns entstehen. Auf diesen Gemeinsamkeiten liegt das Hauptaugenmerk dieses Begriffsgebrauches.

2. Einbindung des Begriffes in ein soziologisch theoretisches Konzept

Wie sich gezeigt hat, ist der Begriff der Generation sehr vielschichtig und es kommen ihm unterschiedliche Bedeutungen zu. Eine exakte Definition ist somit sehr schwierig. Anstelle dieses Begriffes tritt in der Literatur häufig der der Kohorte. Dieser scheint also genauer definierbar zu sein.

Bei den Römern kam dem Begriff „cohors“ zunächst eine militärische Bedeutung zu, später folgten Spezifizierungen nach geographischer Herkunft und Alter der Soldaten. Der Begriff Kohorte stammt aus der Bevölkerungswissenschaft und besitzt eine vor allem datentechnische Bedeutung. Die Kohorte faßt einen bestimmten Geburtenjahrgang tabellarisch zusammen. Whelpton (1949, S. 738) schrieb dazu: „Cohorts are identified by date of birth. Thus, the cohort of 1905 consists of women born between July 1, 1904 and June 30, 1905, all of whom are assumed to have been born on January 1, 1905“. Ein Geburtenjahrgang wird also eher willkürlich zusammengefaßt, daher bezeichnet Marshall die Kohorte als einen atheoretischen Begriff. Das Alter ist also durch die Geburtenkohorte relativ festgesetzt, wichtiger ist aber das Denken der Kohorte, welches durch die historischen Umstände bedingt wird. Dazu schlägt Rosenmayr (1976, S. 206-207) folgende Definition vor: „ Eine Kohorte läßt sich als ein Aggregat von Individuen (oder von Gruppen) bestimmen, die in einem identischen Zeitintervall (z.B. während eines Jahres oder Jahrzehnts) geboren wurden oder in ein bestimmtes soziales System (z.B. eine Schule, ein Krankenhaus, einen Betrieb usw.) ´eintraten´ und gemeinsam altern“. Durch diese Definition erfährt die Kohorte einen weiteren Aspekt, neben dem der Geburt. Nämlich den, das auch verschieden alte Personen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder während eines Zeitraumes einem sogenannten „treatment“ unterzogen werden. Dabei kann es sich zum Beispiel um den Beginn des Studiums handeln. Ab Beginn dieses Zeitraums altert eine Gruppe von Menschen gemeinsam. Daraus folgt, daß es sich bei einer Kohorte nicht zwangsläufig um eine Geburtenkohorte handeln muß. Vielmehr gibt es außer der Geburt unterschiedliche „bedeutsame Ereignisse“, die es möglich machen, eine Gruppe von Menschen zu einer Kohorte zusammenzufassen. So kann zum Beispiel auch der Zeitpunkt einer Eheschließung zu einer Kohortenbildung führen, dies würde dann als „marriage cohorts“ oder „Eheschließungskohorte“ bezeichnet werden. Dabei ist nicht das Alter der entscheidende Kohortenaspekt, das heißt, die Personen können zum Zeitpunkt der Eheschließung sowohl achtzehn, wie auch fünfzig Jahre alt sein. Wichtig ist lediglich der Zeitpunkt der Hochzeit. Diese Kohorten sind jedoch nur für spezifische Fragestellungen in Bezug auf den jeweiligen Kohortenaspekt von Nutzen. Für allgemeinere Aussagen oder entwicklungspsychologische Fragestellungen spielt die Geburtenkohorte die entscheidende Rolle.

Nun gibt es die Möglichkeit eine Kohorte zu analysieren, also eine Kohortenstudie anzufertigen. Glenn (1977, S. 9) geht hierbei allerdings erst von einer Kohortenanalyse/-studie aus, wenn die zeitliche Dimension berücksichtigt wird (diachronic study). Dies ist der Fall, sobald eine oder mehrere Variablen verschiedener Geburtskohorten zu zwei oder mehr Zeitpunkten untersucht werden. Glenn beschreibt weiter zwei Arten der Kohortenanalyse:

Bei der ersten handelt es sich um die „intracohort trend study“. Dabei werden Merkmale einer Kohorte zu verschiedenen Zeitpunkten untersucht. Da aber nur Stichproben aus der Kohorte untersucht werden, ist es sehr unwahrscheinlich, bei den verschiedenen Vergleichen auf immer die gleichen Individuen zu treffen. Hierin unterscheidet sich die zweite Form der Kohortenanalyse, die „panel study“. Bei ihr werden jeweils die gleichen Individuen zu zwei oder auch mehreren Zeitpunkten untersucht.

Glenn benutzt für beide Methoden den Oberbegriff der Längsschnittstudie. In anderen Terminologien wird allerdings häufig nur die Panelstudie als solche angesehen. Weiter gibt es die Möglichkeit der Querschnittstudie, wobei gleiche oder zumindest vergleichbare Variablen zu einem Zeitpunkt untersucht werden. Laut Glenn fällt diese aber gar nicht in den Bereich der Kohortenanalyse, da die zeitliche Dimension nicht beachtet wird.

Kohortenanalysen erlauben das Untersuchen bestimmter historischer Ereignisse auf die Entwicklung von Menschen. Laut Baltes (1979) handelt es sich bei „[den] Einflüsse[n] des biokulturellen und ökologischen Umfeldes auf das sich ontogenetisch entwickelnde Individuum“ um Kohorten-Effekte. Entgegen der Behauptung Glenns, daß die Querschnittstudie nicht in den Bereich der Kohortenanalyse gehöre, wird diese in 90% der Fälle genutzt. Sie ist ökonomischer und praktikabler als die Längsschnittstudie, bei der die Generalisierbarkeit auf andere Kohorten nicht gegeben ist. Schließlich wird bei der Längsschnittstudie nur eine Kohorte untersucht, wodurch ein Vergleich fehlt. Die Kohorten-Effekte werden schließlich untersucht, um:

1. Fehlervarianz aufzuklären
2. passagere Störungen aufzudecken
3. zu einer Dimension quantitativer Generalisierung zu gelangen
4. eine theoretische Prozeßvariable chronologischen Alters aufzuzeigen (vgl. Stiksrud, 1994, S. 48).

3. Präzisierung der konzeptuellen Aussagen anhand von empirischem Material

Am Beispiel einer Standard-Kohorten-Tabelle läßt sich die Anfertigung einer Kohortenanalyse veranschaulichen. Bei dem hier gewählten Beispiel handelt es sich um eine Darstellung von Glenn (1977).

Bei einer Kohortenanalyse werden längsschnittliche Veränderungen in mehr als einer Kohorte untersucht. Zudem umfaßt sie synchrone und querschnittliche Inter-Kohorten- Vergleiche.

Voraussetzung für eine Standard-Kohorten-Tabelle ist, daß die Befragungspersonen eine repräsentative Stichprobe aus einer Grundgesamtheit darstellen. Zusätzlich benötigt man exakte Altersangaben dieser Personen. Sind diese Punkte gegeben, so stellt die Standard-Kohorten-Tabelle „eine Anordnung dar, in der Gruppen von querschnittlichen Informationen für unterschiedliche Zeitdaten parallelisiert sind und in der Intervalle zwischen den Zeitpunkten für die Daten existieren“. Man kann die Tabelle auf verschiedene Arten lesen. Zum einen kann man einen Inter-Kohorten- Vergleich anstellen, indem man in den Spalten abwärts liest. Weiter kann man von links oben diagonal nach rechts unten lesen, um Intra-Kohorten-Trends zu beobachten, dabei handelt es sich um längsschnittliche Informationen. Zudem lassen sich Zeittrends auf den einzelnen Altersstufen und das Ablösen der Kohorten voneinander entlang der Zeilen ablesen.

Tabelle 1: Standard-Kohorten-Tabelle (Glenn, 1977, S. 15)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Tabelle zeigt den prozentualen Anteil der Konservativen innerhalb verschiedener Altersgruppen von Geburtsjahrgängen. Nun variieren die Prozentsätze und es lassen sich analog zu diesen Variationen drei Effekte festmachen:

1. die Einflußmomente, die durch Alterseffekte erzeugt werden
2. die Einflüsse, die durch die (Geburts-)Kohorten-Effekte zustande kommen
3. die Einflüsse, die durch die Periodeneffekte zustande kommen.

Schaut man sich zum Beispiel die Variationen in den Spalten der Tabelle an, so zeigt sich, daß die konservative Einstellung mit steigendem Alter zunimmt. Für diese Entwicklung gibt es zwei Erklärungen, nämlich das entweder der Alters- oder der Kohorteneffekt wirkt oder aber beide zusammen. Handelt es sich um einen Alterseffekt, so hieße das, daß die zunehmende Konservativität bei den Älteren mit ihren durchlaufenen Lebensstadien zusammenhinge, bzw., daß die Konservativität eine Funktion des Alters ist. Würde es sich um einen Kohorteneffekt handeln, so hieße das, daß die Älteren bestimmte Kohorten-Situationen durchlaufen haben, welche zu einer konservativeren Prägung geführt haben. Genauso ist es möglich, daß ein Zusammenwirken dieser beiden Effekte zu dieser Entwicklung geführt haben könnte. Man spricht dabei von der Konfundierung von Alter und Kohorte.

Die Variationen in den konservativen Einstellungen entlang der Diagonalen von links oben nach rechts unten lassen sich auf den Alters- und/oder Periodeneffekt zurückführen. Es findet also auch eine Konfundierung dieser beiden Effekte statt. Bezogen auf die Altersprozesse hieße das, daß die Veränderungen der Konservativität mit den unterschiedlichen Lebensstadien zusammenhingen. Also als Jugendlicher eine geringere Konservativität und als Erwachsener eine höhere. Die Veränderungen in den Haltungen könnten aber auch auf den allgemeinen Wandel der Zeit zurückzuführen sein. Das würde dann bedeuten, daß allgemeine gesellschaftliche Veränderungen und Umschwünge die konservative Einstellung der Menschen beeinflußt. Ein Beispiel dafür wäre die sexuelle Revolution der ausgehenden sechziger Jahre, die zu einer liberaleren Einstellung in der Bevölkerung geführt hat.

Betrachtet man die Zeilen der Tabelle, so kann man die Abnahme der Konservativität innerhalb einer Altersgruppe beobachten. Dabei handelt es sich um die Konfundierung von Perioden- und Kohorteneffekt. Der Periodeneffekt könnte sich dabei darin zeigen, daß die Konservativität der 40-49jährigen über die Jahrzehnte abnimmt, bedingt durch gesellschaftliche Veränderungen. Also durch eine generelle Liberalisierung der Einstellungen. Liegt die Ursache für die Konservativitätsabnahme aber in den unterschiedlichen Prägungen der Kohorten, also Generationen, so handelt es sich um einen Kohorteneffekt.

Die eindeutige Identifizierung des verantwortlichen Effektes ist also sehr schwierig, bedingt durch die Konfundierung der jeweiligen Effekte. Glenn gibt aber theoretische Beispieltabellen für die Auswirkungen einzelner Effekte.

Tabelle 2: Beispiel eines reinen Kohorten-Effektes (Glenn, 1977, S.50)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In dieser Tabelle sollen nun die Veränderungen der Konservativität einzig auf dem Kohorteneffekt beruhen. Dabei handelt es sich um eine rein hypothetische Annahme. in den Diagonalen finden sich identische Zahlenwerte. In den Zeilen, also innerhalb der Altersgruppen, nimmt der Prozentsatz ab. Er verläuft somit genau entgegengesetzt zu den Entwicklungen in den Spalten. Innerhalb einer Kohorte steigt die Konservativität also von Altersgruppe zu Altersgruppe, während sie über die Perioden innerhalb einer Altersgruppe abnimmt, bedingt durch sich ändernde gesellschaftliche Einflüsse auf die Entwicklung der Individuen.

Tabelle 3: Beispiel eines reinen Alters-Effektes (Glenn, 1977, S. 49)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In dieser Tabelle, welche einen reinen Alters-Effekt wieder hypothetisch verdeutlicht, sind die Querschnittsscheiben pro Periode absolut identisch. Auch die Variationen der Prozentsätze in der Altersgruppenabfolge sind pro Periode identisch. eine Variation innerhalb der Zeilen existiert nicht. Das Steigen der Prozentsätze in der abhängigen Variablen verläuft parallel zu der unabhängigen variablen, also dem jeweiligen Altersanstieg zwischen den Kohorten. Die Veränderung in der Stärke der Konservativität ist hier also einzig abhängig vom jeweiligen Alter. Sie steigt mit zunehmendem Alter, bedingt durch das Durchlaufen bestimmter Lebensabschnitte. So hat zum Beispiel ein 20-29jähriger wesentlich mehr Freiräume und dadurch andere Möglichkeiten, während ein 40-49jähriger wahrscheinlich bereits eine Familie besitzt und stark ins Berufsleben eingebunden ist. Dies führt zu einem veränderten Verantwortungsbewußtsein und somit, evtl., zu einer konservativeren Haltung.

Tabelle 4: Beispiel eines reinen Perioden-Effektes (Glenn, 1977, S. 51)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Tabelle 4, die der Veranschaulichung eines reinen Perioden-Effektes dient, gibt es keine Variationen zwischen den Altersgruppen pro Periode. Die Variation zwischen den Perioden, also in der Waagerechten, und in der Diagonal-Kohorte sind gleich. Die Konservativität nimmt allgemein durch einen gesellschaftlichen Wandel ab, also im Verlauf der Waagerechten. Diese Abnahme betrifft jeweils eine ganze Kohorte, verdeutlicht durch die identischen Zahlenwerte in der Senkrechten.

Bei den letzten drei Tabellen handelt es sich um theoretische Beispiele, die in dieser Art in der Realität nicht vorkommen. Denn wie zuvor erklärt, wirken immer mehrere Effekte zusammen.

Selbstverständlich kommt es bei der Analyse einer Kohorten-Tabelle in erster Linie auf die soziologische Fragestellung an, die die Interpretation der Daten erheblich beeinflußt und die Richtung der Analyse vorgibt. (vgl. Stiksrud (1994), S. 51-56)

Der Begriff der Generation wird in der Soziologie also auf sehr unterschiedliche Weisen genutzt, von denen hier nur die gängigsten genannt wurden. Außerdem wird er in sehr vielen Bereichen der Soziologie genutzt, wie zum Beispiel der Jugendsoziologie oder der Familiensoziologie. Dementsprechend gibt es eine Vielzahl an Fragestellung, die hier aufzuführen eine endlose Auflistung zur Folge hätte. Denn auch die Definition einer Generation und die Fragestellungen an sie ändern sich von Generation zu Generation.

Quellenangabe:

Wiswede, G. (1991). Soziologie. Ein Lehrbuch für den wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Bereich. Landsberg am Lech: verlag moderne industrie

Mead, M. (1971). der Konflikt der Generationen. Jugend ohne Vorbild. Olten: Walter- Verlag

Beer, U. (1963). Familien- und Jugendsoziologie. Ein Abriß für die sozialpädagogische Ausbildung und Arbeit. Berlin: Hermann Luchterhand Verlag GmbH

Nave-Herz, R. (1977). Familie-Jugend-Alter. In Hermann Korte und Bernhard Schäfers (Hrsg.), Einführung in Praxisfelder der Soziologie (S.9-28). Opladen: Leske + Budrich

Stiksrud, A. (1994). Jugend im Generationen-Kontext. Sozial- und

Entwicklungspsychologische Perspektiven. Opladen: Westdeutscher Verlag

Rosenmayr, L. (1976). Jugend. In Rene König (Hrsg.), Handbuch der empirischen Sozialforschung: Bd. 6. Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag

Glenn, N. D. (1977). Cohort analysis. Beverly Hills: Sage

Duden (1971). Der grosse Duden. Fremdwörterbuch, Bd.5. Mannheim: Dudenverlag

Duden (1997). Duden. Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache.

Die Geschichte der deutschen Wörter und der Fremdwörter von ihrem Ursprung bis zur Gegenwart, Bd. 7. Mannheim: Dudenverlag

Gukenbiehl, H. L. (1986). Generation (S. 103-105). In Bernhard Schäfers (Hrsg.), Grundbegriffe der Soziologie. Leverkusen: Leske + Budrich

Majce, G. (1998). Generation (S. 233/234). In Günter Endruweit und Gisela Trommsdorf (Hrsg.), Wörterbuch der Soziologie. Bd. 1: Abhängigkeit - Hypothese. Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag

Bernsdorf, W. (1969). Wörterbuch der Soziologie (S. 279-2849 Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag

Schoeck, H. (1969). Kleines soziologisches Wörterbuch (S. 134/135). Freiburg: Verlag Herder

Mannheim, K. (1928/!965). das Problem der Generationen (1928/29). In L. von Friedburg (Hrsg.), Jugend in der modernen Gesellschaft (S. 23-48). Köln: Kiepenheuer & Witsch

Buchhofer, B. , Friedrich, J. und Lüdtke, H. (1970). Alter, Generationsdynamik und

soziale Differenzierung. Zur Revision des Generationsbegriffs als analytisches Konzept. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 22, 300-334

Whelpton, P. K. (1949). Cohort analysis of fertility. American Sociological Review, 14, 735-749)

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Generationen
Hochschule
Universität Konstanz
Veranstaltung
Soziologische Theorien 1
Note
1,5
Autor
Jahr
2001
Seiten
15
Katalognummer
V105691
ISBN (eBook)
9783640039777
Dateigröße
424 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Generationen, Soziologische, Theorien
Arbeit zitieren
Tine Franz (Autor:in), 2001, Generationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105691

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Generationen



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden