Adverse Selektion


Seminararbeit, 2002

16 Seiten, Note: 2,0 (gut)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Adverse Selektion – Ein kurzer Überblick

3. Adverse Selektion unter Sicherheit: Der Gebrauchtwagenmarkt
3.1 Lemons I: Zwei Arten von Autos – Plumbs oder Lemons
3.2 Lemons II: Ein Kontinuum von Autos
3.3 Lemons III: Autos haben für Käufer einen höheren Wert als für Verkäufer
3.4 Lemons IV: Käufer werden zu Verkäufern

4. Adverse Selektion unter Unsicherheit: Der Versicherungsmarkt

5. Abschließende Bemerkungen

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Adverse Selektion in extensiver Form

Abbildung 2: Extensive Form des Lemon-Beispiels

Abbildung 3: Angebot-Nachfrage-Diagramm Lemons II

Abbildung 4: Angebot-Nachfrage-Diagramm Lemons III

Abbildung 5: Angebot-Nachfrage-Diagramm Lemons IV

Abbildung 6: State-Space-Diagramm: kein gepooltes Gleichgewicht

Abbildung 7: State-Space-Diagramm: separiertes Gleichgewicht

Abbildung 8: State-Space-Diagramm: kein Gleichgewicht

1. Einleitung

Warum haben Gebrauchtwagen des gleichen Typs bei gleicher Qualität oftmals unterschiedliche Preise? Warum ist eine Versicherung für eine Person teuerer als für eine andere? Warum zahlen bestimmte Wirtschaftssubjekte für einen Bankkredit mehr als andere?

Auf diese scheinbar zusammenhanglosen Fragen hatte die Ökonomie bis Anfang der 1970er Jahre wenige Antworten. Zwar problemisierte Stigler[1961] erstmals in einem Aufsatz die Informationslage von Wirtschaftssubjekten, man ging in der allgemeinen Modellierung jedoch weiterhin von Märkten aus, auf denen beide Marktseiten gleich gut informiert sind: Der Käufer kennt die Qualität des Gebrauchtwagens genauso gut wie der Verkäufer; die Versicherung kann das Schadensrisiko genauso gut einschätzen wie der Versicherte; die Bank hat die gleichen Informationen über die Ausfallrisiken wie der Kreditnehmer. In diesen Fällen spricht man von symmetrischer Information. Der Preismechanismus sorgt in diesem Fall für eine optimale Bereitstellung von Gütern[1].

George Akerlof[1970] betrachtete als erster einen Markt mit asymmetrischer Information. Zusammen mit Michael Spence und Joseph Stiglitz erhielt er für seine grundlegenden Erkenntnisse im Jahr 2002 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften.

Im Rahmen meiner Arbeit werde ich am Beispiel der adversen Selektion einen spieltheoretischen Ansatz der asymmetrischen Information präsentieren.

Zuerst werde ich grundlegende Begriffe erläutern, sowie das Elementarste der adversen Selektion mit Hilfe eines einfachen Modells darstellen.

Anschließend werde ich die Adverse Selektion unter Sicherheit vorstellen, bei der zwei Handelspartner mit unterschiedlichem Informationsstand aufeinander treffen. Als Beispiel werde ich das bekannte Lemon-Beispiel von George Akerlof präsentieren.

Im vierten Kapitel stelle ich Adverse Selektion unter Unsicherheit dar. Hierbei ist nicht nur der Informationsstand unterschiedlich, sondern darüber hinaus ist das Eintreffen von objektiven Größen nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit gegeben. Ich werde zur Modellierung auf die sog. „Insurance Games“ eingehen.

Die abschließenden Bemerkungen stellen die Bedeutung der adversen Selektion zusammenfassend dar und zeigen einige weitere Praxisbeispiele, insb. die Übertragung der adversen Selektion auf den Aktienmarkt.

2. Adverse Selektion – Ein kurzer Überblick

Wie eingangs bereits erwähnt, fällt adverse Selektion in die Kategorie der asymmetrischen Information. Sie tritt auf, wenn ein Akteur über eine Information verfügt, über die der andere Akteur nicht verfügt. Im Folgenden werde ich die adverse Selektion spieltheoretisch erklären:

Die Natur[2] beginnt das Spiel, indem sie den Typ des einen Spielers festlegt. Dies bleibt vom anderen Spieler unbeobachtet. Beide Spieler schließen anschließend einen Vertrag ab. Die einfachste Form kann wie folgt dargestellt werden:

Abb. 1: Adverse Selektion in extensiver Form

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Ausschnitt aus Fig 7.1 Rasmusen[2002], S. 163

Hierbei wird von einem Prinzipal-Agenten-Modell ausgegangen. Es existieren die beiden Akteure Prinzipal und Agent. Der Prinzipal, der Auftraggeber verfügt über weniger Informationen, als der Agent, der Ausführende. Als Beispiel lässt sich die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer anführen.

Die Natur(N) macht den ersten Zug und wählt den Typ des Agenten aus, im allgemeinen auf der Basis seiner Fähigkeiten, die geforderte Aufgabe auszuführen (high oder low). In diesem einfachsten Modell akzeptiert (Accept) der Agent den Vertrag (Contract) oder er lehnt ihn ab (Reject).

Es wird im Allgemeinen für den Prinzipal vorteilhaft sein, mehrere verschiedene Verträge anzubieten, z.B. niedrigen Lohn für einen schlechten Agenten und hohen Lohn für einen leistungsstarken Agenten. Ziel ist es nun, ein Gleichgewicht zu finden. Der Prinzipal versucht stets den Vertrag so zu gestalten, dass es zu einem getrennten Gleichgewicht kommt, um durch diese Trennung seinen Gewinn zu erhöhen. Das Gegenstück zum getrennten Gleichgewicht ist das gepoolte Gleichgewicht. Hier wählen alle Typen von Agenten dieselbe Strategie. Einen guten formalen Überblick bietet Spence [2002].

Ein Gleichgewicht wird unter diesen Umständen – wie im Folgenden gezeigt wird – stets ineffizient im Vergleich zu vollkommener Information sein. Strategien, um die negativen Folgen der adversen Selektion zu vermeiden sind das Signalling und das Screening. Beim Signalling signalisieren die Agenten relevante Informationen. In unserem Beispiel würde Signalling vorliegen, wenn der Arbeiter dem Arbeitgeber z.B. durch das Vorlegen von Zeugnissen oder sonstigen Bescheinigungen, seine Fähigkeiten nachweist. Beim Screening schließt die Prinzipal von bestimmten Merkmalen des Agenten auf dessen Eignung bzw. Informationsstand.

In der Literatur wird der hier benutzte Begriff der adversen Selektion vereinzelt gleichgesetzt mit Moral Hazard mit versteckter Information, indem für das Problem der lückenhaften Weitergabe von Information der Einheitsbegriff adverse Selektion gebraucht wird[3]. Es gibt jedoch begründbare Unterschiede. Ein Charakteristikum von adverser Selektion, im Gegensatz zum Moral Hazard, ist die Tatsache, dass nicht die Anstrengung des Agenten für den Vertragsabschluss verantwortlich ist, sondern die von der Natur vorgegebene Fähigkeit. Nun kann die Fähigkeit des Agenten mit Sicherheit feststehen. In diesem Fall liegt adverse Selektion unter Sicherheit vor. Liegt diese Fähigkeit lediglich mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit vor, so spricht man von adverser Selektion unter Unsicherheit.

3. Adverse Selektion unter Sicherheit: Der Gebrauchtwagenmarkt

Der prominenteste Name, der mit adverser Selektion unter Sicherheit verbunden wird, ist sicherlich George Akerlof. In seinem Beitrag „The Market for Lemons“ modellierte Akerlof[1970] einen Gebrauchtwagen-Markt. Es gibt einen Verkäufer und einen Käufer, sowie zwei Kategorien von Autos: qualitativ hochwertige Autos und qualitativ minderwertige Autos, eben jene „Lemons“. Wenn alle Käufer die Qualität jedes Wagens erkennen könnten, gäbe es kein Problem. Alle Wagen würden den Besitzer wechseln und es bestünde eine pareto-optimale Allokation. Der Verkäufer besitzt jedoch private Information über seinen Typ, da er die Qualität seines Autos stets besser kennt als der Käufer. Will der Käufer, bevor es zu einem Vertragsabschluss kommt, denselben Informationsstand wie der Käufer erreichen, so entstehen ihm hohe Kosten.[4]

Zur Veranschaulichung wird das folgende Spiel modelliert:

Spieler:

Ein Käufer und ein Verkäufer, beide risikoneutral

Reihenfolge des Spiels:

1. Natur wählt den Wert des Autos (θ) für den Verkäufer. Der Verkäufer kennt θ, der

Käufer hingegen nicht.

2. Der Käufer bietet einen Preis P.

3. Der Verkäufer akzeptiert den Vertrag oder lehnt ihn ab.

Auszahlungen:

Wenn der Käufer das Angebot ablehnt, erhalten beide Spieler eine Auszahlung von Null. Ansonsten erhält der Käufer hKäufer = V(θ) – P und der Verkäufer hVerkäufer = P – U(θ), wobei V(θ) und U(θ) den Wert der Autos für die jeweiligen Handelspartner darstellen.

[...]


[1] Diese Tatsache wird nach Debreu[1959] allgemein als erster Hauptsatz der Wohlfahrtstheorie bezechnet.

[2] Die Natur ist ein mechanisch agierender Pseudo-Spieler. Sie führt zufällige Aktionen mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten an bestimmten Stellen des Spiels durch.

[3] So benutzt z.B. MYERSON[1991] diesen Einheitsbegriff.

[4] Eine Begründung, dass adverse Selktion durch hohe Beschaffungskosten entstehen, liefert z.B. Varian[1996], Kapitel 35.3

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Adverse Selektion
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Institut für Betriebswirtschaftslehre, Lehrstuhl für Finanzwirtschaft)
Veranstaltung
ABWL-Seminar: Spieltheorie
Note
2,0 (gut)
Autor
Jahr
2002
Seiten
16
Katalognummer
V10563
ISBN (eBook)
9783638169493
Dateigröße
651 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Adverse Selektion, George Akerlof, Gebrauchtwagen, Market for Lemons, Versicherungsbranche
Arbeit zitieren
Thorsten Wilke (Autor:in), 2002, Adverse Selektion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10563

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