Gewalt an Schulen


Seminararbeit, 2001

25 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Was ist Gewalt?

2. Klassische psychologische Erklärungsansätze für Aggression und Gewalt
2.1 Aggression als Folge eines Triebes
2.2 Aggression als Reaktion auf Frustration
2.3 Aggression als Folge von Lernprozessen
2.4 Aggression als Ausdruck zielgerichteter Motivation
2.5 Aggression als Folge des bedrohten Selbst
2.6 Aggression als Folge physiologischer Bedingungen

3. Gewaltentwicklung an Schulen

4. Erscheinungsformen von Gewalt
4.1 Aggressions- und Gewaltphänomene
4.2 Einflussfaktoren auf das Gewaltniveau
4.2.1 Einfluss des Geschlechtes
4.2.2 Einfluss der Schulform
4.2.3 Einfluss des Alters
4.2.4 Einfluss des Leistungsstatus‘ des Schülers
4.2.5 Einfluss der Region, Orts-, Schul- und Klassengröße
4.2.6 Einfluss des Anteils ausländischer Schüler
4.2.7 Einfluss des sozialen Milieus

5. Entstehungsbedingungen von Gewalt
5.1 Ergebnisse erster Studien
5.2 Ergebnisse neuerer Studien
5.2.1 Außerschulische Einflussfaktoren
5.2.2 Innerschulische Einflussfaktoren

6. Präventive Maßnahmen
6.1 Untersuchungsergebnisse
6.2. Reformvorschläge zur Gewaltprävention bzw. -intervention

7. Persönliche Stellungnahme

8. Literatur

Einleitung

„Mit einer Hand voll Gewalt kommt man weiter, als mit einem Sack voll Recht“ - dieses Sprichwort scheint auch heute für manche Menschen noch Bedeutung zu haben. An Schule ist Gewalt auch kein Fremdwort. Im Gegenteil! Schüler müssen sich mit Prügeleien, Bedrohung, Erpressung und anderen Formen von Gewalt täglich auseinandersetzen.

Was genau versteht man nun aber unter dem Begriff „Gewalt“? Mit dieser Frage und Erklärungsansätzen für Gewalt sowie der Entwicklung von Gewalt, Erscheinungsformen und Entstehungsbedingungen von Gewalt werde ich mich in dieser Arbeit beschäftigen. Anschließend stelle ich mögliche Maßnahmen vor, die man zur Prävention von Gewalt und Aggression vornehmen kann und schließe mit einer persönlichen Stellungnahme zu diesem Thema.

1. Was ist „Gewalt“?

Wenn man sich mit dem Thema „Gewalt an Schulen“ auseinandersetzt, müssen zunächst einige Begriffe geklärt werden; unter anderem, was man unter dem Begriff „Gewalt“ genau versteht.

„Gewalt ist ein außerordentlich unscharfer, schillernder Begriff, der heterogene Strukturen und Handlungsweisen bezeichnet, durch die Menschen und Sachen beschädigt werden“ (Scherr,1994a, S.25).

Der Gewaltbegriff wird im Verständnis verschiedener Menschen oder Gruppen in unterschiedlichen Kontexten mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet. Ob etwas als Gewalt angesehen wird oder nicht, ist also auch eine Frage der Interpretation und Bewertung (Schubarth,W./ Kolbe,F.-U./ Willems, H., 1996). In der Fachliteratur wir der Gewaltbegriff unterschiedlich weit gefasst. Im engeren Sinne beschränkt sich der Gewaltbegriff auf die zielgerichtete, direkte physische Schädigung. Ein weiter gefasster Begriff schließt neben der körperlichen auch die psychische, verbale und bisweilen auch die „strukturelle“ Gewalt ein. Die Begriffe „Aggression“ und „Gewalt“ werden immer öfter synonym gebraucht.

Folgende Gewaltformen unterscheidet man in der gegenwärtigen Diskussion:

Physische, psychische und vandalistische Gewalt, sowie manchmal auch sexuelle, frauenfeindliche und fremdenfeindliche bzw. rassistische Gewalt (Schubarth, 2000).

Unter „Gewalt an Schulen“ begreift man im weiteren Sinne:

- Physische Gewalt (Schädigung und Verletzung durch körperliche Kraft und Stärke),
- Psychische Gewalt (Schädigung und Verletzung durch Ablehnung, Abwertung und emotionales erpressen), Verbale Gewalt (Schädigung und Verletzung durch Worte) und
- Vandalismus (Beschädigung von Schuleigentum bzw. dem Eigentum von anderen) (Bründel/ Hurrelmann, 1994, zitiert nach Schubarth et al., 1996).

Unter „Gewaltprävention“, mit der ich mich im Rahmen dieser Arbeit auch beschäftigen werde, versteht man alle Maßnahmen zur Verhinderung oder Minderung aggressiver und gewaltförmiger Handlungen (Schubarth, 2000).

2. Klassische psychologische Erklärungsansätze für Aggression und Gewalt

2.1 Aggression als Folge eines Triebes

Die Grundannahme der Triebtheorie lautet: „Im Organismus gibt es eine angeborene Quelle, die fortwährend aggressive Impulse produziert. Diese Impulse müssen sich im Verhalten ausdrücken können, sonst führen sie zu seelischen Störungen“ (Nolting, 1993, zitiert nach Schubarth, 2000).

Für die Verhaltensforschung ist Aggressivität eine angeborene, biologisch verankerte Verhaltensdisposition und hat eine wichtige Funktion für die Arterhaltung.

Obwohl die Treibtheorie noch sehr populär ist, hat sie in der wissenschaftlichen Psychologie nur noch wenig Bedeutung (Schubarth, 2000).

Diese Theorie wurde in letzter Zeit zunehmend differenzierter bewertet. Einige Elemente dieser Theorie können jugendliche Aggressivität erklären und es lassen sich entsprechende Gegenstrategien ableiten: Emotionale Spannungszustände, Bewegungsbedürfnisse etc. verlangen nach Befriedigung. Dies sollte beispielsweise in Form von Sport und Spiel berücksichtigt werden. So erweist sich die Triebtheorie als anregend für die Entwicklung von Präventions- und Interventionsmöglichkeiten (ebd.).

2.2 Aggression als Reaktion auf Frustration

Die Frustrationstheorie geht von der Annahme aus, dass aggressives Verhalten auf aggressiven Impulsen beruht, die durch Frustrationen entstehen.

Zuerst wurde unter diesem Begriff die Störung einer zielgerichteten Tätigkeit verstanden, später wurde er dann ausgedehnt auf alle aversiven, unangenehmen Ereignisse.

Frustration führt allerdings nicht immer zu Aggression, sondern erhöht lediglich die Wahrscheinlichkeit von Aggression. Auf frustrierende Erlebnisse können auch konstruktive Reaktionen folgen oder aber auch Resignation und Selbstbetäubung. Umgekehrt ist auch nicht jede Aggression auf Frustration zurückzuführen.

Aggressionen bei Jungendlichen können aufgefasst werden als Antwort auf vermeintliche Provokation, der eine subjektiv wahrgenommene Kränkung, Beleidigung oder Demütigung vorausgegangen ist. Meist folgt darauf eine reine Affekthandlung, die oft nicht im richtigen Verhältnis zum Anlass steht. Die Frustrationstheorie ist auch dazu geeignet, die „verschobenen Aggressionen“ (Umleitung der Aggression von eigentlichen Frustrator zu einem anderen Aggressionsobjekt) zu erklären. Dies geschieht meist dann, wenn die Aggression gegenüber dem Frustrator (bspw. einem dominanten Lehrer) negative Sanktionen erwarten lässt (Schubarth, 2000).

2.3 Aggression als Folge von Lernprozessen

Die Lerntheorie geht davon aus, dass Aggression, wie andere soziale Verhaltensweisen, auf Lernvorgängen beruht. Unter Lernen werden dabei Veränderungen personaler Dispositionen verstanden. Vor allem Lernen am Modell, Lernen am Erfolg bzw. Misserfolg sowie Kognitives Lernen sind hier relevant.

Lernen am Modell:

Man lernt, indem man andere beobachtet und nachahmt. Dies ist abhängig vom Modell, dem Beobachter, deren Beziehung untereinander und der Situation. Die wichtigsten Modelle bzw. Vorbilder sind meist Eltern oder Personen aus dem Freundeskreis.

Lernen am Erfolg bzw. Misserfolg:

Die Person lernt an den Konsequenzen ihres Tuns. Aggressionen nehmen bei Kindern zu, wenn sie für diese gelobt werden. Hat aggressives Verhalten negative Konsequenzen, oder bleibt es erfolglos, so sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass es wiederholt wird.

Kognitives Lernen:

Hiermit ist Lernen im Sinne von Wissensbildung gemeint. Aggressionsrelevante Begriffe („Feind“), Methoden und Denkmuster („Strafe muss sein“) beeinflussen die Wahrnehmung und Interpretation von Dingen (Schubarth, 2000).

2.4 Aggression als Ausdruck zielgerichteter Motivation

Ausgangspunkt der kognitiven Motivationstheorie bildet die Überlegung, dass die bisher vorgestellten Aggressionsmodelle lerntheoretisch, aber nicht motivationstheoretisch fundiert sind.

Angestrebte Zielzustände werden gekennzeichnet durch Motive, die gleichzeitig Inhaltsklassen von Erwartungen darstellen, die die Funktion von kognitiv strukturierten Bezugssystemen haben. In den verschlüsselten Motiven sind situative Hinweisreize und Affekte eng verknüpft.

Aggression erfolgt auf der Basis eine bezeichnenden Aggressionsmotivs. Die aggressive Handlung als Folge der Interaktion von Person und Situation lässt sich beschreiben als Aktivierung, spezifische Zielgerichtetheit des Handelns, Aufrechterhaltung und Beendigung des Handelns (Schubarth, 2000).

2.5 Aggression als Folge des bedrohten Selbst

Nach der psychoanalytischen Theorie wird Aggression als Ausdruck komplizierter Störungen der gesamten Persönlichkeit gedeutet, wobei diese Störung zurückgeführt wird auf schwere Traumatisierungen vor allem in der Kindheit. Zu den Traumatisierungen gehören beispielsweise Erfahrungen von Gewalt, Demütigung etc.

Aggression wird gedeutet als hilfloser Versuch, Gefühle der Angst und Bedrohung unter Kontrolle zu bringen und ist in diesem Sinne ein psychisches Notsignal, das deutlich macht, dass Jugendliche mehr Zuwendung erhalten wollen, aber nicht wissen, wie sie das erreichen können.

Aggression zum Zweck der Angstreduktion führt allerdings im Gegenteil nur zu weiterer Aggression und einer Gewaltspirale (Schubarth, 2000).

2.6 Aggression als Folge physiologischer Bedingungen

Die biologischen Erklärungsmodelle kann man unterscheiden in sozio-biologische Ansätze (Mensch als Produkt der Evolution, angeborener Aggressionstrieb) und neurobiologische Modelle (Einflüsse von Gehirn, Hormonen etc).

Beide nehmen innere Vorgänge bzw. Zustände im Organismus als Ursachenfaktor für Aggression an. Als Einflussfaktoren werden beispielsweise hirnorganische oder hormonelle Einflüsse (männliche Sexualhormone seien aggressionsfördernd, weibliche -hemmend) angesehen (Schubarth, 2000).

3. Gewaltentwicklung an Schulen

Die Mehrzahl der Studien stellt einen leichten Anstieg von Aggression und Gewalt an innerhalb der bundesdeutschen Schulen fest.

Von der Gewaltzunahme sind die Verschiedenen Schulformen und Schülergruppen unterschiedlich betroffen. Besonders betroffen sind die Hauptschulen (Schubarth, 2000).

Laut Scherr (1994b) ist es kein Zufall, dass das Niveau der sichtbar werdenden Gewalt in denjenigen Schultypen am höchsten ist, deren soziales Prestige am geringsten ist. Denn wer keine gesellschaftliche Wertschätzung erfährt, der fühlt sich gezwungen, an anderer Stelle solche Wertschätzung zu suchen.

4. Erscheinungsformen von Gewalt

4.1 Aggressions- und Gewaltphänomene

Die am häufigsten verbreitete schulische Gewaltform ist „verbale Aggression“, die meistens in Verbindung mit Nonverbaler Provokation auftritt. Diese beiden Formen der psychischen Gewalt sind in der Schule alltäglich.

Verbale Aggressionen kann man ansehen als Vorform von Gewalt und oft ist sie Ausgangspunkt für weitere, härtere Gewalthandlungen.

Nach Befunden von mehreren Studien ist verbale Aggression die Gewaltform, die in den letzten Jahren am stärksten zugenommen hat. Dies passt zu der Erkenntnis, dass der Umgangston der Schüler untereinander, aber auch gegenüber den Lehrern rauer geworden ist und dass eine Verrohung der Umgangsformen stattgefunden hat.

Gegenüber Lehrern ist verbale Aggression die am meisten verbreitete Gewaltform (Schubarth, 2000).

Während die verbalen und nonverbalen Aggressionen eindeutig als Hauptform schulischer Gewalt auftritt, ist die Rangfolge anderer Gewaltphänomene unterschiedlich in den verschiedenen Bundesländern.

Mit Hilfe einer Studie sollte 1993/ 94 ein Überblick über die Problematik „Gewalt an Schulen“ gewonnen werden. Es wurden Schulleiter/ -innen von vier verschiedenen Bundesländern (Sachsen, Thüringen, Hessen, Baden- Württemberg) über die Häufigkeit verschiedener Gewaltphänomene an ihren Schulen befragt. Die Befragung erfolgte in allen Schulformen der Sekundarstufe I, also in Hauptschulen, Realschulen, Regelschulen, Mittelschulen, Gymnasien sowie Förderschulen für Lernbehinderte und Erziehungshilfe (Melzer/ Schubarth in Schubarth et al., 1996).

In einem ersten Zugang ging es dabei um die Verbreitung solcher schulischer Formen von Aggression und Gewalt wie Unterrichtsstörungen, vulgäre Beschimpfungen, nonverbale Provokation, Schlägereien, Tragen von Waffen, Gewalt gegen Mädchen, Schutzgelderpressung etc.

Durch den Vergleich wurde klar, dass in allen vier Bundesländern die selben Gewaltphänomene selten bzw. häufig vorkommen.

Zu den häufig vorkommenden aggressiven und gewaltförmigen Erscheinungen zählen Unterrichtsstörungen, vulgäre Beschimpfungen und nonverbale Provokation. Zu den eher seltenen Gewalterscheinungen gehören Schutzgelderpressung, Schlägereien zwischen Schülergruppen sowie Tragen von Schusswaffen.

Unterschiede gibt es allerdings bei den rechtsextremen Erscheinungsformen von Gewalt, die in den ostdeutschen Bundesländern einen etwas höheren Stellenwert aufweisen (Schubarth in Schubarth et al., 1996).

In einem weiteren Fragenkomplex ging es um die Erfassung von Gewalt und abweichendes Verhalten in Anlehnung an juristische Strafbestände (wie Vandalismus, Diebstahl, Urkundenfälschung, Körperverletzung, Nötigung etc). Auch hier gibt es viele Übereinstimmungen innerhalb der vier Bundesländer. So ist Vandalismus in Sachsen, Thüringen und Hessen die am öftesten vorkommende Form abweichenden Verhaltens an Schulen. Nur Baden- Württemberg ist eine Ausnahme. Hier liegt Diebstahl knapp vor Vandalismus, während dieser in den übrigen Ländern mit großem Abstand an zweiter Stelle steht. An dritter Stelle steht meist Körperverletzung, gefolgt von Nötigung (Schubarth in Schubarth et al., 1996).

Einige Studien haben auch das Ausmaß der Angst der Schüler vor der Gewalt erforscht. Dabei wurden verhältnismäßig hohe Werte ermittelt: Der Anteil der Schüler, die Angst vor Gewalt in der Schule haben, betrug beispielsweise in Kassel 30% und in Worms sogar über 50% (Mölleken/ Steinke-Schmickler/ Harnischmacher, 1995 zitiert nach Schubarth, 2000).

In diesem Zusammenhang wird das Verhalten der Lehrer stark kritisiert. Von vielen Schülern wird gefordert, dass sie nicht einfach wegschauen, sondern helfen sollten (Schubarth, 2000).

Als Orte der Gewalt werden meist der Schulhof genannt, dann der Schulweg, aber auch Schulkorridore, Klassenzimmer, Treppen und Toiletten. Besonders in Pausen, zu Schulbeginn und -ende werden Gewalthandlungen begangen (ebd.). Aber auch im Unterricht fühlen sich viele von einigen aggressiven Mitschülern gestört (Schubarth et al., 1996).

Abschließend kann man festhalten, dass je härter eine Gewaltform ist, desto weniger tritt sie auf.

Verbale Aggressionen überwiegen, gefolgt von physischen bzw. vandalistischen Gewalthandlungen, während andere Gewaltformen, wie Erpressung oder sexuelle Belästigung weit weniger verbreitet sind (Schubarth, 2000).

4.2 Einflussfaktoren auf das Gewaltniveau

4.2.1 Einfluss des Geschlechtes

Fast alle Studien kommen zu dem Ergebnis, dass das Geschlecht das zentrale Differenzierungskriterium bei Gewalt ist. Jungen billigen Gewalt eher, sind gewaltbereiter und üben auch eher Gewalthandlungen aus, als Mädchen. Die Geschlechterunterschiede sind bei physischer Gewalt (besonders bei schwerwiegenden Fällen) am größten. Relativ Gering sind die Unterschiede im Hinblick auf verbale Gewalt, auch häufig von Mädchen ausgeübt wird. Die weitaus geringere Anwendung physischer Gewalt bei Mädchen wird mit Hilfe von geschlechtsspezifischen Verarbeitungsmustern erklärt: Jungen reagieren stärker mit nach außen gerichteten Aggressionen, während Mädchen mit nach innen gerichteten Aggressionen reagieren(Schubarth, 2000).

4.2.2 Einfluss der Schulform

Hauptschule und Förderschule/ Sonderschule gehören zu den stark problembelasteten Schulformen, während das Gymnasium am wenigsten mit Gewaltproblemen konfrontiert scheint.

Massive Probleme treten bei Hauptschulen bzw. Förderschule/ Sonderschule auf, wenn sie in sozialen Brennpunkten liegen (Schubarth, 2000).

Fritz-Ulrich Kolbe hat den Einfluss der schulorganisatorischen Bedingungen auf Gewalt genauer untersucht und vier verschiedene Faktoren gefunden, die zu einer Problemverdichtung beitragen könnten:

1. Während die Gymnasien einen Schülerzuwachs verzeichnen, wird die Hauptschule zur Restschule. Der Anteil von Beamten- und Angestelltenkindern sinkt dort, es folgt eine soziale Entmischung. Das führt zu einer sozial problematischeren Zusammensetzungen der Schülerschaft. In den „Restschulen“ entstehen Lerngruppen mit höheren Problembelastungen, dadurch kann leichter die Unterrichtssituation entstehen, in der Anforderungen als Überforderung erlebt werden. Auch „Sinn-Defizite“ können von Schülern an diesen Schulen erfahren werden.

Das Gymnasium erfährt eine stärkere soziale Mischung. Im Falle des Scheiterns steigt der vom Schüler wahrgenommene Leistungsdruck und negative Leistungszuschreibungen nehmen zu.

2. Höhere Schulen verleihen einen besseren Bildungsabschluss und damit höhere Berechtigungen. Für Hauptschüler kann dies die Perspektive und den Sinn des schulischen Lebens, den sie mit ihrem Schulalltag verbinden, nachhaltig beeinträchtigen.

3. Es gibt sich Schulformspezifisch kaum Unterschiede, wie auf deviantes Verhalten reagiert wird. Alle Schulformen bedienen sich primär zuerst institutioneller Sanktionsmittel und ziehen bei der seltenen Einschaltung anderer Instanzen Beratung und Jugendhilfe vor. Es scheint, als spiele das Moment institutionell bestimmter Sanktionen bezüglich der Problemverdichtung keine Rolle.

4. Eine in Baden-Württemberg durchgeführte Untersuchung zeigte, dass für Haupt-, Realschule und Gymnasium die Häufigkeit des Auftretens von bestimmten Formen devianten Verhaltens in jeweils einer bestimmten Ortsgröße am höchsten ist (Schubarth et al., 1996).

4.2.3 Einfluss des Alters

Auch das Alter spielt eine Rolle als Einflussgröße auf schulische Gewalt. Erhöhtes Risikoalter scheint die Altersstufe der 12-15jährigen, also die 7. bis 9. Klasse zu sein. Die Gewalt steigt an bis zur Klasse 8, in der die „Gewaltspitze“ liegt und flaut danach wieder ab.

Die größte Gewaltenbelastung liegt also in der Phase der Pubertät und weist daher auf entwicklungspsychologische Probleme und den komplizierten Prozess der jugendlichen Identitätsfindung hin.

Die bevorzugten Gewaltformen variieren in Abhängigkeit vom Alter: Gewalt gegen Personen scheint eher von jüngeren und Gewalt gegen Sachen eher von älteren Schülern auszugehen (Diehl/ Sudek, 1995 zitiert nach Schubarth, 2000).

Der wachsende Vandalismus im Laufe der Schulzeit kann als Protest angesehen werden gegen die „institutionelle Gewalt“ der Schule (Schubarth, 2000).

4.2.4 Einfluss des Leistungsstatus‘des Schülers

Zu Gewaltakteuren gehören hauptsächlich „schwierige Schüler“ oder Schüler mit geringer Leistungsbereitschaft bzw. geringem Leistungsvermögen. Sie haben eine negative Einstellung zur Schule, fühlen sich dort nicht wohl, sind weniger beliebt und wenden sich bei schulischen Problemen eher an Freunde, als an Eltern oder Lehrer (ebd.).

4.2.5 Einfluss der Region, Orts-, Schul- und Klassengröße

Einige Hinweise deuten darauf hin, dass Gewalt an Schulen vor allem in Ballungsräumen und sozialen Brennpunkten vorkommt (Spaun, 1995, zitiert nach Schubarth, 2000).Gewalt ist jedoch kein Phänomen großstädtischer Schulen (Olweus, 1995, zitiert nach Schubarth, 2000).

Einen eindeutigen Einfluss der Schul- und Klassengröße auf Gewalt konnte nicht nachgewiesen werden (Schwind u.a. 1995, zitiert nach Schubarth, 2000). Es gibt jedoch Hinweise, dass besonders bei vandalistischen Handlungen die Größe der Schule (gemessen an der Schülerzahl) und das quantitative Lehrer-Schüler- Verhältnisbedeutsam sind. Je größer die Schülerzahl einer Schule bzw. je ungünstiger die quantitative Lehrer-Schüler-Relation ist, desto mehr Vandalismus lässt sich nachweisen (Funk/ Passenberger, 1997, zitiert nach Schubarth, 2000).

4.2.6 Einfluss des Anteils ausländischer Schüler

Analysen ergeben, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem Ausländerstatus und der Gewalt an Schulen gibt. Es gibt weder eine völlige Unterschiedslosigkeit deutscher und ausländischer Schüler noch eine eindeutig starke Involvierung nichtdeutscher Schüler als Täter (Fuchs, 1997, zitiert nach Schubarth, 2000).

4.2.7 Einfluss des sozialen Milieus

Die Gefährdung von Lebenschancen durch schulische Misserfolge weist nur in bestimmten Milieus einen positiven Zusammenhang mit gewaltförmigem Verhalten auf. Hier hat Gewalt direkt mit Schule zu tun, weil die Anerkennung über individuelle Leistungen in Gefahr kommt.

Bei anderen sozialen Milieus ist Schule schon wertlos geworden, weil gar keine Anerkennung mehr über sie erwartet wird. Hier bietet Schule dann nur noch die Gelegenheit, Anerkennung über körperliche Stärkedemonstrationen zu erzielen (Schubarth, 2000).

5. Entstehungsbedingungen von Gewalt

5.1 Ergebnisse erster Studien

Die Frage nach den Ursachen für Gewalt ist ein zentraler Schwerpunkt aller Studien zu Aggression und Gewalt.

Bei ersten Studien lag der Schwerpunkt der Ursachensuche noch hauptsächlich außerhalb der Schule. Meist ging es um vermutete Ursachen. Dabei wurden unter anderem folgende angenommen:

- Grundlegende Veränderungen der Kindheit und der außerschulischen Sozialisation und damit zusammenhängende Probleme bzw. Defizite (Beispielsweise Sozialisations- und Erziehungsdefizite)
- Nachlassendes Unrechtsbewusstsein
- Niedrige Hemmschwelle gegenüber Gewalt
- Extreme Ich-Bezogenheit
- Allgemeiner Werteverfall
- Ängste
- Vereinsamung und Verwahrlosung der Kinder

Oft wurde die Annahme impliziert, dass die Gewalt von außen in die Schulen hineingetragen wird, was als Überschwapp-These bezeichnet wurde.

Daneben wurden aber auch schulische Ursachen aufgeführt, dazu gehören unter anderem

- zu große Klassen
- Überlastung der Lehrerschaft
- hoher Leistungsdruck
- Fehlen männlicher Lehrpersonen

In der Trierer Studie zu Gewalt und Fremdenfeindlichkeit unter Jugendlichen aus der Sicht von Schülern und Lehrer (1993/ 94) wurden Schüler- und Lehrerdiskussionen hinsichtlich der Motive und Ursachen von Gewalt durchgeführt.

Es werden folgende Annahmen über die Entstehungsbedingungen von Gewalt aufgestellt (Würtz, Hamm, Willems, Eckert in Schubart et al., 1996):

- Gesellschaftliche Missstände

Als zentrale Ursache werden soziale Probleme, die aus gesamtgesellschaftlichen Strukturveränderungen resultieren (wie beispielsweise Arbeitslosigkeit, Armut etc.) genannt. Gewaltbereite und/ oder fremdenfeindlich eingestellte Jugendlichen erfahren oft Benachteiligung vielfältiger Art in ihrem Leben.

Auch schulische Versagensängste, Misserfolge, Orientierungslosigkeit, Unsicherheit und Geldmangel können zu der Entstehung von Aggression beitragen.

Es wird auch der Verlust von Autoritäten genannt (Würtz et al. in Schubarth et al., 1996).

- Einflüsse der Familie

Lehrer und Schüler vermuten, dass Probleme in den Familien (wie Vernachlässigung, Zunahme von Alleinerziehenden etc) eine wichtige Rolle bei dem Entstehen von Gewalt spielen. Vor allem von Lehrern wird die Schuld den Familien zugewiesen. Sie sprechen von Erziehungsdefiziten und dass sich die Erziehungsziele und -werte geändert hätten. Gewalt als Konfliktbewältigung würde oft schon von den Eltern gelernt, denn Eltern erzögen ihre Kinder dazu, sich durchzusetzen, zu wehren und sich nichts gefallen zu lassen (Würtz et al. in Schubarth et al., 1996).

- Einflüsse der Schule

Von Lehrern und Schülern wird auf die Aggression verwiesen, die durch Schule erst entstehen kann. Oft ruft Lehrerverhalten und Schulstruktur unter Schülern vielfältige Aggression hervor. Ein Gymnasiast erklärt, dass Lehrer in der Schule viel Druck ausüben und Schüler dadurch aggressiv werden, obwohl sie es eigentlich nicht wollen.

Lehrer sehen diese Aggression, die von ihnen selber ausgeht, selber auch, doch verweisen sie gleichzeitig auf ihre eigene Anspannung und häufige Überforderung im Schulalltag (Zeitdruck, hohe Klassenfrequenz etc.).

- Einflüsse der Freizeit

Wenn Schüler nichts mit sich anzufangen wissen, kann Langeweile auch zur Gewalt führen, wie eine Berufsschullehrerin erklärt. Besonders in Regionen, in denen es an Freizeitmöglichkeiten mangelt, komme es zu viel Vandalismus und anderen Formen von Aggression. Nach Ansicht der Lehrer fördern die Verdrossenheit, Lethargie und Abgestumpftheit vieler Jugendlicher, aggressives Verhalten. Lehrer sehen in der Gleichgültigkeit der Schüler Frustrationen entstehen, die teilweise auch zu Gewaltbereitschaft führen können (Würtz et al. in Schubarth et al., 1996).

- Einflüsse der Medien

Lehrer sehen in Medien eine wichtige Ursache für Gewalt unter Kindern und Jugendlichen in jeder Altersstufe. Sie schätzen die Wirkung der medialen Gewaltdarstellung auf die Gewalt als sehr hoch ein. Mediale Gewalterlebnisse hinterließen einen starken Eindruck bei den Schülern, der sich in der Erinnerung nachweisen lasse. Eine Lehrerin einer Regelschule erklärt, dass sie davon überzeugt ist, dass durch gewalttätige Sendungen wie Comics die Hemmschwelle bei den Kindern sinkt. Berichterstattungen werden als Stimulator für die Nachahmung fremdenfeindlicher Gewalt gesehen. Eine Lehrerin einer Regelschule erklärt, dass die aufklärerische Wirkung manchmal ihr Ziel verfehle und einige Jugendliche im Gegenteil denken, dass sie das imitieren könnten (Würtz et al. in Schubarth et al., 1996).

5.2 Ergebnisse neuerer Studien

Bei den ersten Studien zu Gewalt an Schulen wurden die Ursachen vorwiegend anhand von Expertenbefragungen erfasst. Mit diesen wurden die Alltagstheorien der Betreffenden zwar erfasst, aber meist nicht empirisch überprüft. In den letzten Jahren wurden zunehmend Studien durchgeführt, die auf anspruchsvollen Forschungskonzepten basierten und verschiedene hypothetisch angenommenen Bedingungsfaktoren für schulische Gewalt einer genauen empirischen Prüfung unterzogen.

Aufgrund einer komplexen, multifaktoriellen Ansatzes konnten diese Studien überzeugend belegen, dass außerschulische Bedingungen einen enormen Einfluss auf das Gewaltausmaß von Schülern haben. Andere Untersuchungen zielen Schwerpunktmäßig auf die Erforschung innerschulischer Gewalt (Schubarth, 2000).

5.2.1 Außerschulische Einflussfaktoren

- Zentrale Bedeutung der familialen Sozialisation

Die Gewaltaffinität bei Jugendlichen (besonders bei Jungen) wird gefördert durch gestörte Familienbetziehungen, Gewalterfahrungen in der Familie und einen gewalttätig sanktionierenden Erziehungsstil. Ein besonderer Risikofaktor im Bereich der Familie stellt der restriktive Erziehungsstil der Eltern dar, der vermehrt in einfachen sozialen Schichten anzutreffen ist. Viele „Gewalttäter“ sind in einem ungünstigen Erziehungsmilieu aufgewachsen (Schubarth, 2000).

- Einfluss der peer group

Der Einfluss der Gleichaltrigengruppe ist enorm. Vor allem eine aggressive Werthaltung der Freundesgruppe erweist sich als gewaltbegünstigend. Solche gewaltbejahenden Werthaltungen, die vielfach in reinen Jungengruppen auftreten, stehen wiederum in engem Zusammenhang mit einem restriktiven Erziehungsstil der Eltern von den Jugendlichen dieser Gruppe (Schubarth, 2000).

- Einfluss der Medien

Besonders der Konsum von Horror-, Kriegs- und Sexfilmen steht im Zusammenhang mit Schülergewalt, vor allem der physischen und vandalistischen Gewalt.

Auch hierbei ist der Bezug zu elterlichem Erziehungsstil und sozialem Milieu eindeutig: In den unteren sozialen Schichten verfügen mehr Kinder über Videound Fernsehgeräte und Konflikte um das Konsumverhalten werden stärker restriktiv ausgetragen (Schubarth, 2000).

- Persönlichkeitsmerkmale

Persönlichkeitsmerkmale (bspw. Aggressionsbereitschaft, der Stimulationsbedarf und mangelnde Gewissenhaftigkeit) stehen mit anderen Einflüssen (bspw. familiale und schulische Erziehung) in enger Wechselbeziehung. Bei den „Gewalttätern“ handelt es sich wahrscheinlich vorwiegend um Jugendliche, bei denen sich schon seit der Kindheit bestehende Probleme in neuropsychologischen Funktionen der Handlungskontrolle und der familiären Deprivation durch eskalierende Reaktionen der sozialen Umwelt zu relativ persistenter Antisozialität verfestigt haben (Schubarth, 2000).

- Stellenwert der sozialen Integration

Je größer die soziale Isolation, desto größer ist auch die Gewaltanfälligkeit (Funk, 1995, zitiert nach Schubarth, 2000).

5.2.2 Innerschulische Einflussfaktoren

- Schulische Konkurrenzerfahrungen, die mit negativen Folgen für Leistungsschwächere verbunden sind.

(Aggression und Gewalt als Reaktion auf Deprivation, Demoralisierung und das Gefühl, „struktureller Verlierer“ der Wettbewerbsgesellschaft zu sein)

- Restriktives Lehrerverhalten:

Abwertendes, etikettierendes sowie manifest-aggressives Lehrerverhalten wirkt verstärkend auf Gewalt

- Desintegration in der Schülergruppe

- Unterricht:

Je größer das Desinteresse am Lernstoff und je geringer die wahrgenommene Mitgestaltungsmöglichkeiten sind, desto verbreiteter ist Gewaltbereitschaft. Auch ein hohes Ausmaß an Langeweile und Lärm im Unterricht, das Gefühl der Unterforderung tragen dazu bei.

6. Präventive Maßnahmen

6.1 Untersuchungsergebnisse

Wie dargestellt, leistet die Schule also selber auch einen Beitrag zur Erzeugung derjenigen Probleme, die sie eigentlich bekämpfen sollte. Es stellt sich nun die Frage, ob eine solche Gestaltung der Schulen möglich ist, die dazu beiträgt, dass in der Schule und durch die Schule die Entstehung von Gewalt und Fremdenfeindlichkeit weniger gefördert wird, als dies augenblicklich der Fall ist (Scherr, 1994b).

Dass in Diskussionen immer öfter Fragen von Lehrern und Eltern im Vordergrund stehen, wie man auf Aggressivität reagieren soll und welche Maßnahmen man vorbeugend ergreifen kann, zeugt von einer gewissen Hilflosigkeit.

Es wird nach Konzepten und Strategien gefragt, die die verlorengegangene Sicherheit im pädagogischen Alltag wiederherstellen können (Ackermann in Schubarth et al., 1996).

Es wurden viele Untersuchungen zu Gewalt durchgeführt, die das Ziel hatten, Handlungsansätze mit deren Hilfe man Aggression und Gewalt vorbeugen könnte, zu entwickeln. In fast allen Untersuchungen wurden daher Präventions- bzw. Interventionsvorschläge unterbreitet.

In der Studie der vergleichenden Schulleiterbefragung (1993/ 94) wurde beispielsweise unter anderem ermittelt, dass Schulen beim Umgang mit gewalttätigen Personen vor allem auf Gespräche mit den auffälligen Jugendlichen und ihren Eltern setzten.

Außerunterrichtliche Angebote (z.B. Arbeitsgemeinschaften, Projektwochen, gemeinsame Gestaltung der Schulräume) waren auch von Belang. Große Bedeutung wurde auch der Elternarbeit (z.B. Gesprächskreise zwischen Eltern und Lehrern etc.) beigemessen. An einigen Schulen spielte die Aktivität der Lehrerkollegiums bzw. der Schulleitung oder Maßnahmen zur Kontrolle und Bestrafung (z.B. Verstärkung der Aufsicht, Erarbeitung einer Hausordnung und deren konsequente Durchsetzung etc.) eine Rolle. Weitere Präventionsschwerpunkte zielten auf eine Thematisierung von Gewalt und Aggression im Unterricht, auf den Einsatz von Beratungslehrern sowie eine enge Zusammenarbeit mit anderen Institutionen (Z.B. Jugendamt, Kirche etc.) (Schubarth, 2000).

Im Verlauf der neunziger Jahre trat eine wachsende Sensibilisierung gegenüber Aggression und Gewalt unter der Lehrerschaft ein. Befunde einer Lehrerbefragung von 1995/ 96 zeigen ein breites und wachsendes Spektrum möglicher Handlungsansätze. Die dominierende Umgangsform ist dabei immer noch die Aussprache mit den betreffenden Schülern. Eine wichtige Rolle spielt auch die Thematisierung im Unterricht und die Elternarbeit. Daneben sind Sanktionen und außerunterrichtliche Arbeit von großer Bedeutung. Zunehmend werden die Aktivitäten des Lehrerkollegiums (z.B. Fortbildung) sowie das persönliche Engagement (z.B. für Schülerprobleme offen sein, Schüler akzeptieren etc.) als wichtig erachtet. Eine geringere Rolle spielen die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und der Einsatz der Beratungslehrer.

Ein Bedeutungsrückgang ist bei der außerunterrichtlichen Arbeit zu verzeichnen, was auf zunehmende Probleme der Belastungskapazität der Lehrer sowie mögliche Akzeptanzprobleme dieser Angebote bei den Schülern hinweist (Schubarth, 2000).

Vergleicht man die Ergebnisse der Lehrerbefragung mit denen der Schulleiterbefragung, die zwei Jahre zuvor durchgeführt wurde, so kann man im Hinblick auf Gewaltprävention vor allem einen Bedeutungszuwachs bei der Thematisierung von Gewalt im Unterricht und der Aktivität des Lehrerkollegiums feststellen. Dies zeugt von einem wachsenden Bewusstsein der Lehrer, sich mit dieser Thematik zu beschäftigen. Eine mögliche Ursache hierfür könnte in dem gestiegenen Problemdruck liegen, so dass ein Teil der Schule nicht umhin kommt, sich mit dem Problem zu befassen (Schubarth, 2000).

6.2. Reformvorschläge zur Gewaltprävention bzw. -intervention:

- Die Lernkultur müsste entwickelt werden, das heißt differenzierte Arrangements für Lernen und Erfahrung müssten entfaltet werden, Leistungsdruck vermieden, eine gerechte Chancenstruktur geschaffen, Leistungschancen gefördert und Schulversagen verhindert werden.
- Auch das Sozialklima müsste entwickelt werden. Gemeinschaft müsste also gefördert, soziale Bindungen hergestellt und das Konfliktverhalten der Lehrkräfte verbessert werden sowie soziale Kompetenzen der Jugendlichen erweitert werden.
- Es müssten Regeln etabliert und Grenzen gesetzt werden, das heißt im Detail, dass Klassenregeln eingeführt werden müssen, bei Gewalthandlungen eingegriffen werden muss und Absprechungen im Kollegium zu treffen sind.
- Beim reflexiven Erwerb der Geschlechterrolle müssten Hilfestellungen gegeben werden. Das bedeutet, dass man gezielte Jungenarbeit betreiben sowie Mädchen und Jungen stärken und sensibilisieren müsste.
- Es müsste Medienerziehung betrieben und verstärkt werden.
- Im Umgang mit schwierigen Schülern sollte Etikettierung vermieden werden.
- Im Stadtteil sollte Kooperation gesucht werden, beispielsweise durch Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe (Schubarth, 2000).
- Die Ausbildung der Lehrer/ -innen wäre zu enthierarchisieren, damit die Verteilung von Lehrerinnen auf Alterstufen und Schultypen sich nicht am erzielbaren Einkommen, sondern an Interessen und Fähigkeiten der Lehrer/ - innen.
- Der Arbeitsalltag der Lehrer/ -innen sollte geändert werden. Das heißt, dass ein Pädagoge dem/ der Lehrer/- in zur Seite stehen sollte und dass Chancen auf einen Berufswechsel angeboten werden sollten (aufgrund des Phänomens des Ausbrennens).
- Die allgemeine und politische Bildung der Schüler müsste ausgeweitet werden.
- Es müsste eine Demokratisierung stattfinden, was bedeutet, dass Schüler/ - innen Beteiligungs- und Mitwirkungschancen eingeräumt werden sollten (Scherr, 1994b).

Es wird deutlich, dass viele Vorschläge zur Gewaltprävention und -intervention vorliegen. Auch wenn die Konkretheit und die Reichweite der Vorschläge sehr unterschiedlich sind und sie teilweise noch nicht empirisch überprüft wurden, ergibt sich ein ziemlich plausibles Bild von dem, was gegen Aggression und Gewalt an Schulen getan werden könnte (Schubarth, 2000).

7. Persönliche Stellungnahme

Ich fragte mich, ob ich als Lehrerin in einer Schule überhaupt handeln kann, wenn ich in Bezug auf Handlungskompetenz in Gewaltsituationen nicht genügend ausgebildet bin. Denn will ich Gewalt gegenübertreten, so muss ich Gewalt verstehen, sie kennen und wissen, wie sie entsteht, um die versteckten Ausdrucksformen zu erkennen.

Im Rahmen dieser Hausarbeit habe ich nicht nur in Büchern Informationen über Gewalt an Schulen gefunden, sondern auch das Internet als Möglichkeiten der Informationsrecherche genutzt.

Es gibt unter anderem Seiten, auf denen Fortbildungsprogramme für Lehrer angeboten werden und Berichte über Fernsehsendungen zu diesem Thema1. Auf einer anderen Seite wird beispielsweise dargestellt, wie Kommissare Schüler gegen Gewalt trainiert haben2. So bietet das Netz also nicht nur für interessierte Lehrer/ -innen, sondern auch für Schüler vielfältige Alternativen, sich zum Thema Gewalt zu informieren.

Eine weitere Seite fand ich besonders interessant, denn hier werden Unterrichtsvorschläge zum Thema angeboten3.

Mir wurde klar, dass Schulen nicht nur der kognitiven Bildung dienen sollten, sondern auch Orte sein sollten, an denen man lernt, wie man mit Aggressionen positiv umgehen kann.

Erst wenn man - sei es als Lehrer/ -in oder Schüler - gelernt hat, mit Gewalt richtig umzugehen, kann man dem Unbehagen gegenüber Gewalt begegnen. Dabei ist es wichtig, dass man Aggressionen nicht nur dramatisiert, sondern sie auch zulassen kann, sie kanalisiert um Kinder und Jugendlich daraus lernen zu lassen.

8. Literatur

Ackermann, Ch. (1996). Interventions- und Präventionspraxis an Schulen - Ergebnisse einer vergleichenden Schulleiterbefragung. In Schubarth,W./ Kolbe,F.U./ Willems, H. (Hrsg.), Gewalt an Schulen - Ausmaß, Bedingungen und Prävention (205-215). Opladen: Leske + Budrich.

Kolbe, F.-U., (1996). Schulformspezifische Belastung durch abweichendes Verhalten in bundeslandeigener Problemkonstellation. Ergebnisse einer vergleichenden Schulleiterbefragung. In Schubarth,W. et al. (Hrsg.), Gewalt an Schulen - Ausmaß, Bedingungen und Prävention (48-70). Opladen: Leske + Budrich.

Melzer,W./ Schubarth,W. (1996). Zur Studie. In Schubarth,W. et al. (Hrsg.), Gewalt an Schulen - Ausmaß, Bedingungen und Prävention (21-29). Opladen: Leske + Budrich.

Scherr (1994a). Gewalt als Problem - Pädagogik als Lösung? Pädagogik, H.3, S.25-28.

Scherr. (1994b). Schule und Toleranz. Hass & Gewalt: Halt!, H.14-15, S.126-136.

Schubarth, W. (1996). Je liberaler, desto mehr Gewalt an Schulen? Ergebnisse eines Ost-West-Vergleichs. In Schubarth,W. et al. (Hrsg.), Gewalt an Schulen - Ausmaß, Bedingungen und Prävention (29-47). Opladen: Leske + Budrich.

Schubarth, Wilfried (2000). Gewaltprävention in Schule und Jugendhilfe: Theoretische Grundlagen, Empirische Ergebnisse, Praxismodelle. Neuwied; Kriftel: Luchterhand.

Würtz, St./ Hamm, S./ Willems, H./ Eckert,R. (1996). Gewalt und Fremdenfeindlichkeit in der Erfahrung von Schülern und Lehrern. In Schubarth,W. et al. (Hrsg.), Gewalt an Schulen - Ausmaß, Bedingungen und Prävention (85- 130). Opladen: Leske + Budrich.

www.basta-net.de

www.inter-nationes.de/d/frames/schulen/laku/gewaltrezept.html

www.wdr.de/tv/aks/thema_woche01_26.html

[...]


1 Vgl. www.wdr.de/tv/aks/thema_woche01_26.html

2 Vgl. www.inter-nationes.de/d/frames/schulen/laku/gewaltrezept.html

3 Vgl. www.basta-net.de

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Gewalt an Schulen
Autor
Jahr
2001
Seiten
25
Katalognummer
V105589
ISBN (eBook)
9783640038794
Dateigröße
454 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gewalt, Schulen
Arbeit zitieren
Julia D. (Autor:in), 2001, Gewalt an Schulen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105589

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