Parlamentarische Opposition


Seminararbeit, 2000

14 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einführung

Opposition

Parlamentarische Opposition nach Henry St. J. Bolingbroke (1678-1751)

Zusammenfassung

Parlamentarische Opposition in der Bundesrepublik Deutschland

Anfragen
Fragestunde
Kleine Anfrage
Große Anfrage

Kontrollausschüsse

Budgetrecht

Mißtrauensvotum

Zusammenfassung

Einführung

Das Thema Opposition begann mich zu beschäftigen, als mein ehemaliger Sozialkundelehrer sagte, echte und vor allem wählbare Opposition wäre das wahre Zeichen einer Demokratie. Außerdem dreht sich in der Theorie zumeist alles um die Regierung und deren Möglichkeiten, die Politik eines Landes zu gestalten. Desweiteren war Opposition in Deutschland sehr lang mit einem ausgesprochen negativem Image behaftet. Von Bismarck als „Reichsfeinde“, von Wilhelm II als „vaterlandslose Gesellen“ und selbst noch von Konrad Adenauer öffentlich als „nicht regierungsfähig“ bezeichnet, wurde sie auch von der Politikwissenschaft bis Mitte der 60er Jahre eher stiefmütterlich behandelt.

Aus diesem Grunde möchte ich in dieser Arbeit die parlamentarische Opposition in der Bundesrepublik Deutschland und Ihre Möglichkeiten, Einfluß auf die Regierungspolitik zu nehmen, genauer betrachten.

Ich werde hierbei zuerst auf den Begriff der Opposition im Allgemeinen zu sprechen kommen. Danach werde ich auf eine Auswahl verschiedener Arten von Opposition eingehen, zwischen denen in der Politikwissenschaft unterschieden wird. Den Typus parlamentarische Opposition werde ich etwas genauer, das heißt unter historischen, wie auch ideengeschichtlichen Gesichtspunkten betrachten, bevor ich dann ganz auf die verfassungsmäßigen Bestimmungen, sowie die Regelungen in der Geschäftsordnung des deutschen Bundestages bezüglich den Rechten der parlamentarischen Minderheiten eingehen werde.

Opposition

Der Begriff der Opposition stammt aus der Astronomie. Dort wird er als Bezeichnung für eine Gegenposition (beispielsweise eines Gestirns), eine Gegenstellung in einem Ablaufmodell verwandt, das durch Gesetze (etwa aus der Himmelsmechanik) bestimmt ist. Dieser Verwendungszusammenhang wurde im Oppositionsbegriff der Politikwissenschaft beibehalten.

Hier bezeichnet Opposition im weiteren Sinn die Gesamtheit aller Personen, Gruppen oder Gesellschaften, welche sich durch Ideen, Meinungen oder Handlungen gegen die politische Autorität wenden. Im engeren Sinne die Gesamtheit der politischen Gegner der Regierung oder zugleich des bestehenden Herrschaftssystems eines Staates1.

Man kann Opposition aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten und unterscheiden. Da wäre zum Beispiel das Verhältnis der Opposition zum bestehenden Herrschaftssystem eines Staates. Systemimmanente Opposition erkennt die grundlegenden Normen der Verfassung an und bedient sich verfassungs- und gesetzmäßiger Methoden. Sie kämpft nur gegen die jeweils herrschenden politischen Kräfte und deren Politik, nicht aber gegen die Verfassung selbst. Man nennt diese Oppositionsform auch loyal. Ihr genaues Gegenteil ist die systemkontr ä re Opposition. Ihr Ziel ist es, die Verfassungsordnung völlig umzugestalten oder sogar zu beseitigen. Um dies zu erreichen greift sie auch zu verfassungs- und gesetzwidrigen, revolutionären, Mitteln. Sie wird auch als fundamentale Opposition bezeichnet.

Opposition kann man aber auch nach dem Ort ihres Wirkens unterscheiden. Hier gibt es die zwei Möglichkeiten der au ß erparlamentarischen und der parlamentarischen Opposition. Die außerparlamentarische Opposition umfaßt neben allen politischen Parteien, welche nicht den Einzug ins Parlament geschafft haben, auch sämtliche anderen Gruppen und Organisationen, die sich an der politischen Meinungsbildung beteiligen. Hierzu gehören neben den Presseorganen auch Interessenverbände oder Bürgerinitiativen. Die parlamentarische Opposition umfaßt alle diejenigen Abgeordneten und Fraktionen eines Parlaments, die sich, vor allem bei Abstimmungen, gegen die Regierung und deren Politik stellen. Die rechtlich gesicherte Existenz einer wirksamen parlamentarischen Opposition ist ein wesentliches Element jeder konstitutionellen oder demokratischen Herrschafts- ordnung.

In einer konstitutionellen sowie der präsidialen Demokratie kann die parlamentarische Opposition das gesamte Parlament umfassen. Tatsächlich unterstützt aber auch hier eine (oft wechselnde) Gruppe von Abgeordneten die Regierung, während eine andere (ebenfalls wechselnde) Gruppe dieser opponiert2. Hier richtet sich die Opposition nicht gegen die Regierung oder ihre Politik im Allgemeinen sondern gegen jeweils konkrete Maßnahmen oder Entscheidungen. Ihre Zusammensetzung und zahlenmäßige Größe wird von der jeweiligen politischen Lage und dem zu entscheidenden Thema bestimmt.

In einer parlamentarischen Opposition, wie zum Beispiel in der BRD oder in Großbritannien, wird die parlamentarische Opposition dagegen während der gesamten Legislaturperiode von denselben Abgeordneten, bzw. denselben Fraktionen gestellt. Sie ist in der Regel gegen die gesamte Regierungspolitik gerichtet. Da aber die Regierung durch die Mehrheit des Parlaments gewählt wird und diese im Normalfall auch hinter sich hat, ist es für die Opposition natürlich sehr schwierig, ihre Kontroll- und Kritikfunktion wahrzunehmen. Aus diesem Grund müssen ihr verschiedenste Minderheitenrechte zugestanden werden. Wie diese im Fall der Bundesrepublik Deutschland aussehen, darauf werde ich im letzten Kapitel dieser Arbeit genauer eingehen.

Parlamentarische Opposition nach Henry St. J. Bolingbroke (1678-1751)

Lord Bolingbroke war Mitglied einer alten englischen Adelsfamilie. Früh gelangte er durch Familienpatronage ins Unterhaus, wo er unter Königin Anne nicht nur der Mittelpunkt eines den konservativen Tories nahestehenden Intellektuellenkreises war, sondern auch verschiedene hochrangige politische Ämter bekleidete. So hatte er z.B. in Jahre 1713 in der Funktion des englischen Außenministers den Frieden von Utrecht ausgehandelt.

Nach der Thronbesteigung des Hannoveraners Georg I ging er für zehn Jahre ins Exil nach Frankreich, wo er mit Montesquieu und auch Voltaire befreundet war. Nach seiner Rückkehr, durch Robert Walpoles geschicktes Arrangement jeder Möglichkeit, eine aktive politische Rolle zu spielen, beraubt, widmete er seine ganze Kraft dem Kampf gegen Person, Amt und Politik dieses ersten englischen Premierministers. Doch die Veröffentlichung der Dissertation löste in der Regierung so heftige Reaktionen aus, daß Bolingbroke nach Frankreich zurückging.3

Als Bolingbroke seine Oppositionslehre niederschrieb, lagen die Regierungsbefugnisse schon größtenteils in den Händen des Premierministers. Aus diesem Grund konnte, seiner Ansicht nach, Opposition nicht mehr den Widerstand des gesamten Parlaments gegen den König bedeuten.

Bei der parlamentarischen Regierungsweise, in welcher der Prime Minister nicht nur der Führer der Parlamentsmehrheit, sondern auch der Vorsitzende des Regierungskabinetts ist, kann nur dieser der Widerpart der Opposition sein. Nur die parlamentarische Minderheit ist in der Lage, da sie von Ämtern und Pensionen ausgeschlossen ist, den nötigen politisch fundierten Widerstand zu leisten.

Dieses Widerstandsprinzip bezieht sich allerdings lediglich auf die augenblickliche Regierung, nicht jedoch auf die bestehende, alle Staatsbürger verpflichtende Verfassungsordnung.

So ist in seinen Augen Opposition keine einmalige, situationsbedingte, auf einen Notstand bezogene, welche eventuell sogar die Anwendung von Gewalt miteinbezieht. Sie ist vielmehr ein planmäßiger, dauernder und normaler konstitutioneller Vorgang mit von der Verfassung zugestandenen Mitteln. Durch diese Ausübung der Opposition wird die „public tranquility“, die öffentliche Ruhe der bestehenden politisch-sozialen Ordnung nicht gestört.4 Demnach ist bei Bolingbroke Opposition legaler, systematisch-planvoller und permanenter Widerstand der Parlamentsminderheit gegen die parlamentarische Regierung.

Die Opposition ist in der Lage, das Gemeinwohl zu erkennen, denn sie steht außerhalb der die Regierung verderbenden, staatlichen Macht. Dieses Wissen um das Gemeinwohl rüstet die Opposition mit der nötigen moralischen Autorität, welche sie zum Widerstand berechtigt. Sie gibt ihr die Legitimität, die Regierung zur Verantwortung zu ziehen, sie zu kontrollieren. Solange es das Ziel der Opposition ist, dem Gemeinwohl Geltung zu verschaffen, besitzt sie die überlegene moralische Macht der Kontrolle, „the superior power of controlling“, auch wenn ihr die reale Macht, „the power of minister of state“, fehlt.

Auch wenn die Opposition niemals ebenso effektive Mittel, wie sie die Regierung besitzt, zur Verfügung hat, muß sie der Regierung ebenbürtig, „equal“, werden, um in der politischen Realität wirkungsvoll kontrollieren zu können.

Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Opposition auf ihre Aufgaben sorgfältig vorbereitet ist. Diese Vorbereitung darf sich nicht nur auf einzelne Fragen oder Themengebiete beschränken, sie muß vielmehr neben jedes Themengebiet abdeckendes Fachpersonal und personellen Alternativen zum bestehenden Regierungskabinett auch ein eigenes „system of conduct“, eine eigene Konzeption zur politischen Führung, aufweisen. Dieses soll dem „system of conduct“ der Regierung gegenüber alternativ, d.h. unabhängig und entgegengesetzt, „an opposite, but not a dependent system“, sein. Nur auf Grund dieser Alternative kann sie gegenüber der Regierung auch als ernst zu nehmender Machtfaktor bestehen.

Wenn sie nun systematisch den Kontrast zwischen ihren Alternativen und dem Programm der Regierung aufzeigt, wird sie imstande sein, einzelne Maßnahmen der Regierung als falsch zu entlarven, und eventuell die Mehrheit für sich zu gewinnen und auf diesem Wege ihr Hauptziel, einen Regierungswechsel, zu erreichen.5

Zusammenfassung

Demnach ist „parlamentarische Opposition“ als der machthemmende, alternative und legitime Gegenpart zur Regierung zu definieren.

Das Ergebnis von Bolingbrokes Oppositionslehre wäre somit, daß parlamentarische Demokratie nicht nur bedeutet, daß die Regierung vom Vertrauen der Parlamentsmehrheit abhängig ist, sondern zugleich auch der Kontrolle der oppositionellen Minderheit unterliegen muß. Opposition ist deshalb ein ebenso wichtiger wie legitimer Bestandteil der parlamentarischen Demokratie wie die frei gewählte Regierung selbst. Diese Bedeutung der Opposition, ihre Stellung und Aufgabe hat besonders scharf Kurt Schumacher am 21. September 1949 in seiner Antwort auf die Regierungserklärung des ersten Kabinetts Adenauer hervorgehoben: „Opposition ist ein Bestandteil des Staatslebens und nicht eine zweitrangige Hilfestellung für die Regierung. Die Opposition ist die Begrenzung der Regierungsmacht und die Verhütung der Totalherrschaft Das Wesen der Opposition ist der permanente Versuch, an konkreten Tatbeständen mit konkreten Vorschlägen der Regierung... den positiven Gestaltungswillen der Opposition aufzuzwingen.“6

Parlamentarische Opposition in der Bundesrepublik Deutschland

Nachdem nun die theoretisch-pilosophischen Hintergründe der parlamentarischen Opposition aufgezeigt wurden, möchte ich in diesem letzten Teil auf die konkreten Möglichkeiten eingehen, welche den Oppositionsfraktionen im deutschen Bundestag zur Verfügung stehen. Ich werde mich hierbei ausschließlich auf das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und die Geschäftsordnung des deutschen Bundestags beziehen. Auch werde ich nicht alle der Opposition zur Verfügung stehenden Mittel erläutern, sondern nur auf solche näher eingehen, die viel genutzt und auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

Da auch in der Bundesrepublik die parlamentarische Opposition die Minderheit im Parlament ist, muß man sich bei jeder der hier erläuterten Möglichkeiten die Frage stellen, ob dieses Kontrollmittel reines Mehrheitsrecht darstellt und dieses eventuell mehr mit Minderheitenrechten ausgestattet werden sollte. Es sollte allerdings außerdem bedacht werden, daß die Regierung weiterhin in der Lage sein muß, ihre Politik zu gestalten. „Die politische „Logik“ des parlamentarischen Regierungssystems liegt in der Chance des Regierungswechsels, nicht in der Ersetzung des Mehrheits- durch das Minderheitsprinzip.“7

Anfragen

Fragestunde

Nach § 111 Bundestags Geschäftsordnung (BT-GO) ist der einzelne Abgeordnete berechtigt, in der Fragestunde, die in jeder Sitzungswoche stattfindet, kurze mündliche Anfragen an die Bundesregierung zu richten. Zulässig sind dabei pro Abgeordneter und pro Woche bis zu zwei Einzelfragen aus dem Bereich der Bundespolitik, soweit es sich um überlokale Fragen handelt, und die Bundesregierung hierfür unmittelbar oder mittelbar verantwortlich ist8.

Wird diese Anfrage mündlich beantwortet, so ist der Abgeordnete berechtigt bis zu zwei Zusatzfragen zu stellen. Weitere Zusatzfragen durch andere Mitglieder des Hauses sind zulässig. Oftmals kommt es hier zu einem lebhaften Rededuell, besonders wenn sich mehrere Abgeordnete abgesprochen haben, die Regierungsvertreter in die Enge zu treiben. Zum Beispiel trug die Fragestunde anläßlich der „Spiegelaffäre“ von 1962 zum Sturz des damaligen Bundesverteidigungsministers Franz Josef Strauß bei.

An eine solche Fragestunde kann sich eine aktuelle Stunde anschließen, in der eine zeitlich unbegrenzte Aussprache über die Antwort der Bundesregierung auf eine mündliche Anfrage stattfindet9.

Kleine Anfrage

Die Mitglieder des Bundestages können, sofern die kurze Beratung einer Anfrage nicht möglich ist, nach § 110 BT-GO über die kleine Anfrage Auskunft von der Regierung über bestimmte Tatsachen verlangen. Die kleine Anfrage bedarf der Unterschrift so vieler Abgeordneter, wie zur Bildung einer Fraktion nötig sind. Das sind 5 % der Abgeordneten des Bundestags. Die Beantwortung der kleinen Anfrage erfolgt nur schriftlich und nicht im Plenum.

Gro ß e Anfrage

Die große Anfrage (Interpellation) ist die gewichtigste Anfrage. Sie muß laut § 105 BT-GO von 5 % der Bundestagsmitglieder unterzeichnet sein.

Neben der mündlichen Klärung wichtiger politischer Fragen, liegt ihr große Bedeutung darin, eine zeitlich nicht begrenzte Beratung herbeizuführen. Eine solche Beratung findet statt wenn sie wiederum von 5 % der Mitglieder des Hauses verlangt wird.

Das Fragerecht ist somit so gestaltet, daß es auch von der parlamentarischen Minderheit in Anspruch genommen werden kann. Die Anfragen sind somit ein wichtiges Mittel zur Kritik an der Regierung10.

Kontrollausschüsse

Die Bedeutung der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse liegt vor allem darin bestimmte Sachverhalte aufzuklären, ohne auf Auskünfte der Regierung, wie dies ja bei den Anfragen der Fall ist, angewiesen zu sein.

Allerdings beziehen sich diese zumeist auf einen bestimmten Tatbestand, jedoch nicht auf laufende Informationen. Damit sind sie nicht das geeignete Mittel, Regierung und Verwaltung einer ständigen Kontrolle zu unterwerfen. Sie werden meistens zur Klärung verschiedenster politische Skandale, wie momentan dem Spendenskandal der Regierung Kohl, benutzt11.

Um die Kontrollfunktion der Untersuchungsausschüsse zu bewerten, ist es wichtig zu wissen, daß nach Art. 44 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ein Untersuchungsausschuß auf Antrag eines Viertel der Bundestagsmitglieder eingesetzt werden muß. Damit ist auch der Untersuchungsausschuß ein Kontrollmittel der parlamentarischen Minderheit gegen die die Regierung stützende Mehrheit. In Deutschland ist dieses Minderheitenrecht im Übrigen eine Ausnahmeerscheinung, die andere Länder nicht kennen.

Ist der entsprechende Antrag nun gestellt, darf er nicht mehr verschleppt werden, und der Ausschuß muß unverzüglich eingesetzt werden. Außerdem darf die Mehrheit den „Kern“ des Untersuchungsthemas auf keinen Fall ändern. Der Ausschuß muß nach der Fraktionsstärke entsprechend zusammengesetzt werden. Der Untersuchungsausschuß kann Zeugen und Sachverständige vorladen, sowie selbständig Beweise erheben. Die Verhandlungen der Ausschüsse sind öffentlich.

Stimmen Mehrheit und Minderheit das Untersuchungsergebnis betreffend nicht überein, so muß der Abschlußbericht die Ansichten der Minderheit widerspiegeln oder es gibt einen gesonderten Minderheitsbericht, der dem Bundestag vorgelegt wird.

Nun wurden, wie man sehen kann, bei der Einsetzung der personellen Beteiligung und der Beendigung eines Untersuchungsausschusses Minderheitenrechte in ausreichendem Maße zugestanden. Allerdings muß erwähnt werden, daß das Untersuchungsverfahren selbst vom Willen der Mehrheit abhängt. Dies bedeutet, daß der Minderheit kein Recht zur Beweiserhebung eingeräumt wurde. Eine Sonderform der Untersuchungsausschüsse stellt der Verteidigungsausschuß dar. Er soll, aus Furcht vor der einer Armee innewohnenden Eigendynamik, nach Art.

45a GG während jeder Legislaturperiode und auch zwischen den Wahlperioden die Kontrolle der Exekutive im Bereich der Verteidigung gewährleisten. Er hat alle Rechte eines Untersuchungsausschusses. Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder hat er die Pflicht, in Angelegenheiten der Verteidigung, eine Untersuchung durchzuführen.

Budgetrecht

Das Budgetrecht ist das älteste Recht des Parlaments. Die Feststellung des von der Regierung entworfenen Haushaltsplans durch ein Gesetz, festgelegt in Art. 110 GG, war schon Bestandteil der preußischen Verfassung vom 31. Januar 1850. Der von der Regierung vorgelegte Haushaltsplan ist sozusagen das Spiegelbild des Regierungsprogramms. Es wird von der Parlamentsmehrheit grundsätzlich im selben Maß unterstützt wie die Regierung selbst, daher ist ein Budgetkonflikt wie der in Preußen von 1862 bis 1866 nicht mehr vorstellbar.

Aus diesem Grund kann die oppositionelle Kontrolle hier nicht bei dem eigentlichen Budgetbewilligungsrecht liegen. Es ist in der Bundesrepublik, wie auch in England, in der Zwischenzeit üblich geworden, das Budget der Regierung zu verweigern. Damit soll ausgedrückt werden, daß man die Regierung und ihr „system of conduct“ von der Opposition abgelehnt wird.

Allerdings besitzen die Haushaltsdebatten in ihrer Wirkung gegenüber der Öffentlichkeit für die Opposition das größte Gewicht. Hier kommt es meist zu einer grundsätzlichen Aussprache über die gesamte Regierungspolitik. Hauptaugenmerk wird hierbei auf das Rededuell zwischen Oppositionsführer und Regierungschef gelegt12. In dieser Debatte hat die Opposition die Möglichkeit, neben der Kritik auch ihre Alternativvorschläge zu formulieren.

Ich sehe im Budgetrecht eigentlich keine Möglichkeit Minderheitenrechte in irgendeiner Form zu gewähren. Die Opposition muß hier versuchen ihren Einfluß im Vorfeld, bei den Beratungen im Haushaltsausschuß, geltend zu machen und kann gegebenenfalls auch über eine vorhandene Mehrheit im Bundesrat entgegenwirken.

Mißtrauensvotum

Der Bundestag kann nach Art. 67 GG den Bundeskanzler abwählen, indem er mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt. Für die oppositionelle Minderheit ist das Mißtrauensvotum insofern von Bedeutung, als ihr ein Antragsrecht zusteht. So kann nach § 98 Abs. 2 BT-GO eine Minderheit von einem Viertel der Mitglieder des Bundestags den Antrag stellen, dem Kanzler das Mißtrauen auszusprechen, indem ein namentlich bekannter Kandidat zum Nachfolger gewählt wird und der Bundespräsident den Kanzler entläßt.

Es wird hier verhindert, daß der Bundeskanzler aus dem Amt entfernt werden kann, ohne daß sich eine neue Regierungsmehrheit zusammenfindet. Dadurch wird verhindert, daß, wie in der Weimarer Republik, negative Mehrheiten, die sich nur in der Ablehnung der Regierung einig sind, die Regierung stürzen können13. Aus diesem Grunde wird dieses Mittel „konstruktives Mißtrauensvotum“ genannt. Dieses konstruktive Mißtrauensvotum gab es in der Geschichte der Bundesrepublik bisher zweimal. 1972 gegen Willy Brandt, welches allerdings scheiterte, und 1982 ein erfolgreiches gegen Helmut Schmidt.

Es gibt neben den hier aufgeführten Mitteln selbstverständlich noch eine ganze Reihe anderer Kontrollmöglichkeiten für die parlamentarische Opposition, doch wollte ich hier nur auf die Wichtigsten eingehen.

Zusammenfassung

Ich möchte nun zum Schluß dieser Arbeit kommen und das Geschriebene noch einmal kurz zusammenfassen.

Nach dem Wortlaut des Grundgesetzes gibt es überhaupt keine Opposition. Das Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland geht von einem Dualismus zwischen Parlament und Regierung aus. In der Verfassungswirklichkeit besteht ein solcher Dualismus allerdings zwischen Regierung und Parlamentsmehrheit auf der einen und der parlamentarischen Minderheit auf der anderen Seite.

Grundgesetz und Geschäftsordnung schützen die Funktionsfähigkeit der parlamentarischen Opposition durch zahlreiche Minderheiten Rechte. Außerdem sollte man in Erwägung ziehen, einen besonderen oppositionellen Kontrollapparat zu errichten, um ein Gegengewicht zu der sich immer mehr ausweitenden Macht der Regierung zu schaffen14.

Literaturverzeichnis

- Norbert Gehring, Parlament, Regierung, Opposition, 1969
- Walter Euchner, Politische Opposition in Deutschland und im int. Vergleich
- Horst Plötzsch, Die deutsche Demokratie, 1997
- Kröner, Hauptwerke der politischen Theorie, 1997
- Dieter Nohlen, Lexikon der Politik, 1992, Band 3 und 7
- Paul-Ludwig Weinacht, Parlamentarismus begreifen, 1985
- Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
- Georg Zirker, Die staatsrechtliche Stellung der Opposition nach dem GG
- H. Ehmke, Untersuchungsausschüsse, 1965
- BT-GO & Erläuterungen aus Internet: www.bundestag.de/gesetze/go/go.htm

[...]


1 Dieter Nohlen, Lexikon der Politik, 1992, Bd.3,S.283

2 Dieter Nohlen, Lexikon der Politik, 1992, Bd.7, S.442ff 4

3 Dr. Wilhelm Hofmann, Hauptwerke der politischen Theorie, 1997, S. 73

4 Norbert Gehring, Parlament, Regierung, Opposition,1969, S.96

5 Norbert Gehring, Parlament, Regierung, Opposition, 1969, S. 98

6 Norbert Gehring, Parlament, Regierung, Opposition, 1969, S. 101ff

7 H. Ehmke, Untersuchungsausschüsse, S. E457 Richtlinien für die Fragestunde, Bundestag 1969

8 Richtlinien für die Fragestunde, Bundestag 1969

9 Beschluß des BT vom 27.01.1965 über „vorläufige Aussprachen zu Fragen von allgemeinem aktuellen Interesse

10 Norbert Gehring, Parlament, Regierung, Opposition, 1969, S.295

11 H. Ehmke, Untersuchungsausschüsse 1965, S. E32 ff

12 Norbert Gehring, Parlament, Regierung, Opposition, 1969, S. 284

13 Horst Pötzsch, Die deutsche Demokratie, 1997, S. 61

14 Norbert Gehring, Parlament, Regierung, Opposition, 1969, S.309 13

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Parlamentarische Opposition
Hochschule
Universität Augsburg
Veranstaltung
GK: Einführung in die Politikwissenschaft
Autor
Jahr
2000
Seiten
14
Katalognummer
V105527
ISBN (eBook)
9783640038190
Dateigröße
439 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Parlamentarische, Opposition, Einführung, Politikwissenschaft
Arbeit zitieren
Markus Raps (Autor:in), 2000, Parlamentarische Opposition, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105527

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