Die bürgerliche Frauenbewegung


Referat / Aufsatz (Schule), 1999

10 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Die bürgerliche Frauenbewegung

1.Einleitung

“Freiburg 1907, die Studentin der Geschichtswissenschaft, Lina Kulenkampff, sitzt neben der Ehefrau des Professors für mittelalterliche Geschichte, Frau von Below: ,Stopfen Sie Ihre Strümpfe selbst?’ Studentin Kulenkampff: ,Ja.’ Frau von Below: ,Nähen Sie dann auch mit dem Fingerhut?’ Studentin Kulenkampff: ,Ja.’ Frau von Below: ,Ach, dann ist ja noch nicht alles weibliche verloren !’”1

Diese reale Gesprächsszene, aufgeschrieben von der Studentin Lina Kulenkampff, stammt aus der Zeit, in der die Frauenbewegung in Deutschland schon ein halbes Jahrhundert alt ist und bereits einige wesentliche Erfolge errungen waren.

Der Weg dahin aber war ein äußerst steiniger, ausgehend von einer männlich dominierten Welt, in der die Anfänge der Frauenbewegung einen “Sturm der Entrüstung”2entfachten. Um zu verstehen, weshalb die ersten Frauen der Bewegung auf solchen Unmut stießen, muß man sich die Ausgangssituation zu Beginn des 19. Jahrhunderts näher betrachten. Ich werde aufzeigen, wie sich die Frauenbewegung ab der Mitte des Jahrhunderts entwickelte, welche Ziele sie verfolgte und wie sie diese zu verwirklichen suchte.

Was für Ziele waren es, die den Unmut der Gesellschaft hervorriefen? Und auf welche Art und Weise propagierten sie ihre Anliegen?

Diese Fragen werde ich durch von mir ausgewählte Beispiele versuchen zu beantworten.

2. Die Situation in der Mitte des 19. Jahrhunderts

H. Jakobs schreibt zu jener Zeit: “Im übrigen aber ist die durch Natur und Evangelium gebotene Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern die, daß der Mann für Kampf und Arbeit bestimmt ist, die Frau aber in der Pflege reiner, warmer und inniger Gefühle...”3 Die noch junge Frauenbewegung in der Mitte des 19. Jahrhunderts stieß also auf enorm festzementierte Auffassungen “...aus vorgefaßten Meinungen, ohne Kenntnis der wahren Sachlage, ohne auch nur das Gefühl der Notwendigkeit einer solchen Kenntnis..., aber gewürzt mit dem Pathos einer als sittliche Autorität auftretenden Partei.”4Diese Kritik stammt von Gertrud Bäumer und beschreibt stellvertretend für viele ähnliche Zitate - wie das von H. Jakobs- die damals allgemeingültige Auffassung zur Stellung des Mannes und der Frau. Frauen waren politisch völlig rechtlos, sie waren auf das Wohlwollen und die Geneigtheit der Männer angewiesen.5

3. Die Erste Frauenbewegung

“Die Frau des 19. Jahrhunderts erkannte, daß sie in einer Männerwelt lebte; sie sah, daß die Familie, der Beruf, die Bildungsmöglichkeiten, die Stadt, der Staat, (...) die Kirche von Männern nach Männerbedürfnissen und -wünschen eingerichtet waren; und sie sah weiter, daß alle diese Bildungen mit schweren Mängeln behaftet waren (...) Und es erwachte in der Frau die Überzeugung, (...) daß die soziale Weltordnung erst in das Gleichgewicht gebracht werden kann, wenn Frauen verantwortlich mitdenken und mithandeln ”6

Seit den dreißiger Jahren gab es Ansätze zu einer systematischen Ausbildung, die den “höheren Töchtern” eine Ausbildung in Lehrerinnenseminaren zum Lehrerberuf ermöglichte. Sie durften dann allerdings nur in Volksschulen und der Unterstufe an Mädchenschulen unterrichten, der Oberstufenunterricht wurde ausschließlich von männlichen Kollegen abgedeckt.7

Bereits unmittelbar vor der Revolution von 1848/ 49 erschienen Bücher weiblicher Autoren, in denen auf das “Mißverhältnis” zwischen den Geschlechtern aufmerksam gemacht wurde8. In Zeitungen wurden Artikel gedruckt, die den “unseeligen Dualismus” anprangerten und eine bessere Mädchenbildung forderten. Louise Otto-Peters - sie gilt als die Begründerin der deutschen Frauenbewegung - forderte 1843: “Die Teilnahme der Frau an den Interessen des Staates ist nicht ein Recht , sondern eine Pflicht.”.9Die Frauenbewegung strebte die allgemeine Partizipation der Frau an der Menschheit an.10 Sie verlangten nach Selbständigkeit, und diese konnten sie nur durch berufliche Qualifikation erlangen, denn dadurch fielen sie weder ihrer Familie zur Last noch mußten sie sich gegen ihre Gefühle an einen Mann verkaufen, der für sie sorgte.11Durch Qualifikation in einem Beruf würde der Frau eine “selbständige, materielle Existenzmöglichkeit”12geboten.

“Die Befreiung der Frau sollte jedoch nicht Selbstzweck sein, sondern ,der Gesellschaft nutzen’ und ,dem Fortschritt der Menschheit’ (...) bis hin [zum] Abbau der sozialen Klassengegensätze dienen.”13Sie forderten ihr Recht auf Bildung, um ihren Beitrag “am Dienst der Menschheit” geben zu können.14

Daß diese Forderungen auf massiven Widerstand stießen, läßt sich leicht an oben zitiertem Ausspruch von Gertrud Bäumer herleiten. Man befürchtete, daß durch teilweise realpolitisch motivierte Zugeständnisse “die bewährte, gesellschaftlich wünschenswerte Differenz zwischen bezahlter männlicher Berufsarbeit und unbezahlter weiblicher Hausarbeit grundsätzlich zur Disposition standen..”15Den Frauen allerdings ging es nicht um die generelle Aufhebung der Arbeitsteilung; die frühe Frauenbewegung forderte das Recht weiblicher Selbstentfaltung im Einklang mit den “ewigen Gesetzen echter Weiblichkeit” Dafür bot sie im Gegenzug der Gesellschaft ihre Dienste im sozialen und erziehenden Bereich an.16

Durch Pflichterfüllung wollten sie beweisen, daß sie fähig und würdig seien, weitere Pflichten und damit verbundene Rechte zu übernehmen. Priorität hatte immer die Leistung und Pflichterfüllung; die Forderung nach Rechten stand weit ab an zweiter Stelle. Diese Haltung charakterisiert deutlich die Erste Frauenbewegung.17

Louise Otto-Peters, Tochter eines Gerichtsdirektors, wuchs in einem Hause auf, wo politische Diskussionen zwischen den Eltern und den vier Töchtern auf der Tagesordnung standen und mehrere Zeitungen abonniert wurden. Als 1831 zunächst die eine Schwester und 1835 dann die Eltern starben, beschlossen die drei Schwestern, ihr Vermögen selbst zu verwalten - was in Sachsen im Gegensatz zu anderen Ländern möglich war.18Anhand dieser Biographie ist nachzuvollziehen, daß der Grundstein für das Interesse an Politik und Selbstentfaltung im eigenen Elternhause gelegt wurde. Andere Vertreterinnen der Ersten Frauenbewegung weisen ebenso außergewöhnliche Lebenswege auf.

Sie stammten zumeist aus vermögenden Elternhäusern, politische Diskussionen gehörten zum Familienleben, der Vater förderte die geistige Auseinandersetzung seiner Töchter mit aktuellen Problemen oder sie kämpften gegen ihn.

Louise Otto-Peters’ Theorie basierte auf der Ideologie polarisierter Geschlechtercharaktere, die in ihrer Argumentation wiederzufinden ist: Die Frau soll Mensch werden und dabei Frau bleiben. Sie solle “die ihr verliehenen Anlagen...in allen Lebensverhältnissen in der Familie, in der Gemeinde, im Staat, in der ganzen Menschheit” zur Geltung bringen und die Ergänzung zu dem Mann sein.19

Dennoch waren die von der 48er Revolution beeinflußten Führerinnen der Frauenbewegung in ihrer Auffassung uneinheitlich: “Elemente eines naturrechtlich orientierten Menschenbildes, das in der Frau in erster Linie den Menschen, weniger das Geschlechtswesen sah, vermischten sich mit Elementen eines dualistischen Menschenbildes, für das in Mann und Frau unterschiedliche Prinzipien verwirklicht waren, die zur gegenseitigen Ergänzung angelegt seien.”20

Ein weiterer Punkt in der Arbeit der Frauenbewegung war die zu der Zeit aktuelle Problematik der sozialen Frage. Im Unterschied zu den herkömmlichen karitativen Vereinen wollten es die neuen Frauenvereine nicht bei Wohltätigkeit bewenden lassen, sondern sich intensiv mit der Not der Armen befassen und “über die unmittelbare Not (...) hinaus zu den tiefer liegenden Fragen nach den Ursachen” vordringen.21

Besonders seit der 1848er Revolution war dieses Thema von vielen bürgerlichen Vereinen aufgegriffen worden; und es wurde versucht, die “arbeitenden Klassen” in die Gesellschaft zu integrieren. Auch einige Frauenvereine beteiligten sich an solchen Initiativen. DieFrauen-Zeitung, welche von Louise Otto-Peters ab April 1849 herausgegeben wurde, veröffentlichte auffallend viele Artikel über die Not der Fabrikarbeiterinnen, Dienstmädchen und Schneiderinnen. Die bürgerlichen Frauenvereine machten die Sache der proletarischen “Schwestern” zu ihrer eigenen. 1849 verabschiedete der “Demokratische Frauenverein” in Berlin eine Petiton an die Nationalversammlung zugunsten der “armen, von ihren Prinzipalen geknechteten Arbeiterinnen”.22

Die Frauenbewegung forderte verbesserte Bildung, “denn wenn sie ihre Kinder zu verantwortungsvollen Mitgliedern der Gesellschaft erziehen sollten, müßten sie erst selber in der Lage sein, Ereignisse und Zusammenhänge des öffentlichen Lebens zu verstehen und zu beeinflussen.”23Und damit im Zusammenhang forderten sie, daß die Mädchen an den Mädchenschulen nicht mehr (nur) von Männern unterrichtet werden sollten, sondern insbesondere von Frauen, denn: “Solche Frauen, wie wir sie wollen, können gar nicht durch Männer allein gebildet werden.”24

4. Die Zweite Generation

Die Zeit zwischen 1843 und 1890 wird als Konstitutionsphase bezeichnet, wobei bei dieser zeitlichen Eingrenzung auch die Bedeutung der 48er Bewegung für die Herausbildung einer Frauenbewegung berücksichtig wird. Konstitutionsphase beschreibt die dauerhafte Erschaffung einer organisatorischen Infrastruktur, die Anerkennung einer meinungsbildenden Führungsschicht durch die Mitglieder sowie dei Ausbildung eines programmatischen wie strategischen Selbstverständnisses.25

Seit 1848/49 bildeten sich zwei verschiedene Richtungen in der Frauenbewegung heraus -wie in Kapitel 3. bereits beschrieben- die auch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts vertreten waren. Zum einen die egalitäre,welche von einem von der aufklärerischen Naturrechtslehre beeinflußten Menschenbild ausgehen; auf der anderen Seite die dualistische, welche jedoch immer größere Legitimation fand.

In der Konstitutionsphase findet sich dennoch ein besonderes Ereignis, welches die weitere Entwicklung der Fraurnbewegung mitbestimmte. Im Jahre 1865 wurde der “Allgemeine Deutsche Frauenverein” ADF in Leipzig gegründet, “für die erhöhte Bildung des weiblichen Geschlechts”26; den Vorsitz führte Louise Otto-Peters. “Nach der politischen Repression, die die erste Frauenbewegung 1849/ 50 zum Schweigen gebracht hatte...”27kann von einem Anknüpfen an die Gedanken der 48er Bewegung gesprochen werden.28“Waren [jedoch] die 1848er Vereine mit der demokratisch-liberalen Bewegung verbunden gewesen, wahrten die Frauenorganisationen der 60er Jahre vorsichtige Distanz gegenüber politischen Parteien und Verbänden.”29

Der Verein ergriff Bildungs- und Selbsthilfemaßnahmen, übte kolleltiven Druck auf gesetzgeberische administrative Instanzen aus, um ihre Ziele zu erreichen. Überall in Deutschland kamen neue Ortsverbände hinzu.

Im Oktober 1865 fand in Leipzig die erste deutsche Frauenkonferenz statt, organisiert durch den ADF. Schwerpunkt war das Problem der lohnarbeitenden Faruen, eher beiläufig forderte man den Ausbau höherer wissenschaftlicher Bildung für Frauen, ihre Zulassung zum Universitätsstudium und zu akademischen Berufen.30

“Der revolutionäre Elan der Umbruchzeiten war angepasstem Bemühen um die Besserung der ,Frauenfrage’ gewichen.” Die Diskussionen wurden äußerst zurückhaltend geführt.31 Der ADF war zwar der größte regional übergreifende Verein in Deutschland, es gab aber ebenso die Berufsverbände der Lehrerinnen, Angestellten und Hebammen, die eine zunehmend wichtige Rolle in der Bewegung bekamen.

Ein weiterer wichtiger Verein war der Lette-Verein, der im Februar 1866 in Berlin gegründet wurde, die Leitung wurde einem aus 20 Männern und fünf Frauen bestehendem Ausschuß übertragen. Aufgabe des Vereins war die Förderung der weiblichen Bildung der Frauen des Bürgertums, für die er sich in der Öffentlichkeit stark einsetzte, ebenso entschieden lehnte er jedoch jede politische Emanzipation ab. Diese Haltung und die überwiegend männliche Führung waren Gründe dafür, daß der Lette-Verein nicht von allen Vertreterinnen der Frauenbewegung anerkannt wurde.32

Nach dem Tod des Gründers Lette 1868 näherten sich die Positionen des ADF und des Lette- Vereins an, woraufhin sie 1876 einen Kartellvertrag abschlossen, der die Ähnlichkeit der Auffassungen bestärkte. Der Lette-Verein gab seine Zurückhaltung gegenüber den Frauen und Töchtern des arbeitenden Volkes auf und reichte auch ihnen eine helfende Hand.33

5. Das Ende des 19. Jahrhnderts

Die späten 80er und frühen90er Jahre des 19. Jahrhunderts markierten eine Wende, die Konstitutionsphase war abgeschlossen, die ersten wichtigen Schritte getan, nun setzte Routine ein, die zur Stagnation zu werden drohte. In dieser Zeit gründeten sich neue Frauenvereine mit einem gewandelten Selbstverständnis.34

Bis zur Jahrhundertwende hatten sich drei Richtungen mit eigenen Organisationen und Publikationsorganen herausgebildet:

1. Derlinke Flügel,die Radikalen. Sie forderten Menschenrechte auch für ihr Geschlecht, kämpften für ein demokratisches Frauenwahlrecht. Die Radikalen waren politisch vorwiegend liberal, zum Teil demokratisch oder sozialistisch orientiert.

2. Dermittlere Flügel,die Gemäßigten. Auch sie setzten sich gegen ein “einseitig falsches Frauenideal” ein, erkannten aber die “Muterschaftsbestimmung der Frau “als Grundmaßstab” (Helene Lange) - und damit Grenze - für alle Emanzipationsbestrebungen an. Politisch waren sie überwiegend liberal oder nationalliberal angesiedelt.

3.Der rechte Flügel, die Konservativen. Auch hier setzten sich Frauen für das Recht auf Bildung ein, die meisten konfessionell gebunden und in der Mehrheit politisch konservativ bis deutschnational.35

Die 90er Jahre lassen sich charakterisieren als eine Zeit, in der die ,radikale’ Kontraposition formuliert wurde zu den Überzeugungen, deren Grundlagen schon in den vorhergehenden Jahren vom Allgemeinen Deutschen Frauenverein markiert wurden. Somit standen sich ein radikaler und ein gemäßigter Flügel gegenüber.36Der Grund für diese Akzentverschiebung des Selbstverständnisses lag hauptsächlich daran, daß mit Helene Lange eine neue Generation an Einfluß gewann. Sie war nicht geprägt worden durch die 48er Revolution, sondern hatte ihren Zugang zur Frauenbewegung aus dem Wunsch heraus, durch Bildung und Arbeit zur Selbstverwirklichung als Frau zu kommen gefunden.37

Sie sah zwar auch die “ethische Bedeutung der Frauenbewegung” darin, daß die Frau sich ihrer vollen Bedeutung als Mensch bewußt werde. Diese Entwicklung werde jedoch von der Gesellschaft und vor allem durch das Machtmonopol der Männer behindert, aus Angst vor der Konkurrenz mit den Frauen auf dem Arbeitsmarkt und aus Angst, die Frau könne ihre natürliche Aufgaben in er Familie vernachlässigen. Dies sei jedoch unbegründet, da die Frau nur das tue, “was ihrer Natur gemäß ist”.38

Einig waren sich alle Fraun darüber, daß ohne verbindliche Organisierung keine wirksame Interessenvertretung möglich ist. Am 29. März1894 schlossen sich viele Frauenvereine zum “Bund deutscher Frauenvereine” (BDF) zusammen. Der richtete Kommisionen für wichtige Arbeitsgebiete ein und öffnete in Berlin eine zentrale Auskunftsstelle für “alle Frauenangelegenheiten betreffende Fragen”.39

Erfolge der Frauenbewegung waren zum Beispiel, daß 1892 zuerst in Preußen - bald darauf im gesamten Deutschen Reich - Mädchen zur Reifeprüfung an öffentlichen Jungen- Gymnasien zugelassen wurden und eine Neuordnug des höheren Mädchenschulwesens. Daher gelang es Helene Lange ein Jahr später (1893), ihre Realkurse in Gymnasialkurse umzuwandeln. Die Möglichkeit zu studieren gab es für Frauen bis dahin immer noch nicht.40

Hedwig Dohm forderte in den 60er Jahren bereits gleiche Ausbildung von der Elementarschule bis zur Universität, gleichen Zugang zu allen Berufen und die absolute Gleichheit der Männer und Frauen im privaten und öffentlichen Recht. Berühmt geworden ist ihr Ausspruch:”Menschenrechte haben kein Geschlecht!”41Sie spielte eine ähnlich prägende Rolle für die Radikalen wie Louise Otto-Peters für die Gemäßigten. Sie forderte als erste Frau in der deutschen Geschichte bereits in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts politisches Stimmrecht für Frauen ohne Wenn und Aber.42

Die Anfänge der radikalen Bewegung gehen auf die Gründung der Vereine “Frauenwohl” zurück, welche aus Verärgerung über das “Damenkränzchen” des ADF gegründet wurden.43 Das Konzept der Selbsthilfe wurde modifiziert: nicht durch Eigenprojekte sollte die Lebenssituation von Frauen verbessert werden, condern der Staat wurde zum Adressat von Frauenforderungen. Nicht mehr bittend, sondern fordernd wandte sich der linke Flügel an den Staat.44

Das Programm der Gemäßigten dagegen war (Höhere) Bildung, Berufsfreiheit, soziale Reformen, Gleichberechtigung in Ehe und Familie, Staat und Gesellschaft.

Zum Ende des 19. Jahrhundert hatten es die Radikalen “geschafft” den BDF aus seiner Stagnation zu befreien, und Mina Cauer sah ihn auf dem Wege, eine fortschrittliche Organisation werden zu können. Für die Mehrheit im Verband fortschrittlicher Frauenvereine war damit der Zeitpunkt gekommen, mdie Oppositionsrolle gegenüber dem BDF aufzugeben und dem Dachverband als ordentliches Mitglied beizutreten, denn er hatte seine Aufgabe mehr oder weniger erfüllt. Der Verband für Frauenstimmrecht löste “Frauenwohl” ab.45

6. Resümee und Ausblick

Zum Ende des 19. Jahrhunderts hat die Frauenbewegung Schritt für Schritt den Weg bereitet und auch einige Erfolge errungen, zum Beispiel die Verbesserung der Frauenbildung. Die Frauen, die es wagten, sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts gegen den männlich dominierten Obrigkeitsstaat aufzulehnen und gar Forderungen zu stellen, haben den härtesten Teil der Bewegung erlebt und ihre Ziele weiter verfolgt, trotz enormem Widerstand von Staat und Gesellschaft. Die wirklich großen Erfolge konnte die Frauenbewegung allerdings erst im 20. Jahrhundert feiern. Ab 1900 wurde die Heidelberger Universität für Frauen, dei das Medizinstudium anstrebten, geöffnet, ein Jahr später wurden alle Fakultäten für Frauen zugänglich. 1908 wurden idie Parteien den Frauen geöffnet und 1918 bekamen sie ihr Stimmrecht46- ebenso wie in den USA.47

Literaturverzeichnis

CLEMENS, Bärbel: “Menschenrechte haben kein Geschlecht!” Zum Politikverständnis der bürgerlichen Frauenbewegung, in: Kuhn, Annette, Rothe, Valentine (Hrsg.): Frauen in Gesellschaft und Geschichte, Bd. 2 , Pfaffenweiler 1988

DOHM, Hedwig: Was die Pastoren denken. Berlin 1872, Neuauflage Zürich 1977, in: Brück, Brigitte u.a.: Feministische Soziologie. Eine Einführung. Frankfurt am Main/ New York 1997

FREVERT, Ute: Frauengeschichte. Zwischen Bürgerlicher Verbesserung und Neuer Weiblichkeit, Frankfurt am Main 1986

HEBERLE, Klaus H.: Die amerikanische Hemisphäre zwischen den beiden Weltkriegen, in: Pleticha, Heinrich (Hrsg.): Weltgeschichte, Gütersloh 1996

MEYERS LEXIKONREDAKTION: Meyers Taschenlexikon, Bd. 3, 2. Aufl., Mannheim/ Leipzig/ Wien/ Zürich 1992

NAVE-HERZ, Rosemarie: Die Geschichte der Frauenbewegung in Deutschland, Hannover 1997

WURMS, Renate: Kein einig´ Volk von Schwestern. Von 1890 bis 1918. in:

Hervé, Florence (Hrsg.): Geschichte der deutschen Frauenbewegung, Köln 1995

[...]


1Nave-Herz, Frauenbewegung,S. 10

2ebd., S. 9

3Nave-Herz, Frauenbewegung,S. 10

4ebd.

5 Ebd.

6Wurms, Kein einig’ Volk, S. 45-46

7Frevert, Frauen-Geschichte, S. 76

8ebd., S. 72-73

9Nave-Herz, Frauenbewegung, S.5

10Clemens, Menschenrechte, S. 25

11Frevert, Frauen-Geschichte, S. 75

12Nave-Herz, Frauenbewegung, S. 6

13Nave-Herz, Frauenbewegung, S. 6

14ebd.

15Frevert, Frauen-Geschichte, S. 77

16ebd.

17Nave-Herz, Frauenbewegung, S. 10

18ebd., S. 8

19Clemens, Menschenrechte, S. 28-29

20ebd.

21Frevert, Frauen-Geschichte, S. 78

22Frevert, Frauen-Geschichte, S. 78-79

23ebd., S.75

24ebd., S. 123

25Clemens, Menschenrechte, S. 31

26Nave-Herz, Frauenbewegung, S. 11

27Frevert, Frauen-Geschichte, S. 113

28Clemens, Menschenrechte, S.32

29Frevert, Frauen-Geschichte, S. 113

30ebd., S. 114

31Clemens, Menschenrechte, S. 32

32Nave-Herz, Frauenbewegung, S. 12

33Frevert, Frauen-Geschichte, S. 116

34Clemens, Menschenrechte, S. 35

35Wurms, Kein einig’ Volk, S. 46

36Clemens, Menschenrechte, S. 35

37ebd., S. 34

38ebd., S. 29

39Wurms, Kein einig’ Volk, S. 47

40Nave-Herz, Frauenbewegung, S. 17

41ebd., S. 13

42Clemens, Menschenrechte, S. 36

43Wurms, Kein einig’ Volk, S. 59

44Clemens, Menschenrechte, S. 49-50

45ebd., S. 57

46Meyers Lexikon, S285

47Heberle, Utopien, S.92

Ende der Leseprobe aus 10 Seiten

Details

Titel
Die bürgerliche Frauenbewegung
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Note
2
Autor
Jahr
1999
Seiten
10
Katalognummer
V105491
ISBN (eBook)
9783640037834
Dateigröße
417 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
dies war zwar keine Hausarbeit, sondern ein essay, ist also kürzer. für weitere Hausarbeiten zu Themen Geschichte, Germanistik und Politikwissenschaft schaut auf mener Seite vorbei http://www.ricarda-herbrand.de
Schlagworte
Frauenbewegung
Arbeit zitieren
Ricarda Herbrand (Autor:in), 1999, Die bürgerliche Frauenbewegung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105491

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