Die Rolle der UNO in der Laos-Krise von 1959 bis 1961


Seminararbeit, 2001

15 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der historische Hintergrund

3. Die Konfliktparteien
3.1. Auf nationaler Ebene
3.1.1. Königlich-nationale Regierung
3.1.2. Westlich orientierte Champassak
3.1.3. Kommunisten
3.2. Auf regionaler Ebene
3.3. Auf internationaler Ebene

4. Die Entwicklung ab

5. Ausgangslage

6. Die Rolle Dag Hammarskjölds

7. Bewertung

8. Schluss

9. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Auch in unserer Zeit beschäftigt die Wissenschaft noch das Leben, Wirken und der Tod Dag Hammarskjölds.1 Er hatte wie kein anderer das Bild der UNO geprägt und ist vie- len Menschen, aufgrund seiner Persönlichkeit, seines Intellekts und seiner Integrität auch heute noch ein Vorbild. Die Person DHs war sehr vielschichtig und seinen Ein- fluss auf die Entwicklung der UNO kann erst nach eingehender Analyse seiner Tätigkei- ten bestimmt werden.

Eine wichtige Phase die zur näheren Einordnung DHs dient, ist die Laos-Krise von 1959 bis 1961. Die vorliegende Hausarbeit will versuchen folgende Fragen zu beant- worten: Welchen Einfluss hatte die laotische Geschichte auf die Krise? Welche Akteure waren aktiv? Wie war die Ausgangslage 1959? Welche Rolle spielte DH? Wie endete die Krise?

Dabei stellt sich die Gliederung der Hausarbeit wie folgt dar:

Als erstes wird in einem kurzen historischen Abriss der die Entwicklung von Laos geschildert. Darauf folgt die Betrachtung der laotischen Konfliktparteien und im Anschluss daran wird die Entwicklung der Region ab 1941 erläutert. Danach wird auf die Ausgangslage 1959 eingegangen und die Rolle DHs in der Laos-Krise beleuchtet. Abschließend wird sein Einsatz kritisch bewertet.

2. Der historische Hintergrund

Südchinesische Bauern besiedelten im 12. Jahrhundert die Berghänge des heutigen Laos und wurden ungefähr 200 Jahre lang von den Khmer unterdrückt, die zu dieser Zeit fast ganz Südasien unter ihrer Herrschaft hatten. Im Jahr 1353 gründeten die Lao-Stämme ein eigenes Königreich, von dem sich im frühen 18. Jahrhundert drei rivalisierende Kö- nigshäuser oder Fürstentümer abspalteten, das waren Luang Prabang, Vientiane und Champassak. Doch sie konnten die Angriffe des Königreiches Siam - das heutige Thai- land - nicht abwehren und so geriet Laos unter siamesische Oberhoheit.

Im Jahr 1893 wurde Laos wiedervereinigt, da das koloniale Frankreich Laos als Pufferzone benutzen wollte: Zum einen sollte es den Abstand zum benachbarten Thailand, zum anderen zum von den Engländern beherrschten Burma vergrößern. Damit war die politische Lage von den Großmächten fremdbestimmt.

Da das Land für die Franzosen wirtschaftlich nicht von Interesse war, vernachlässigten sie dieses Gebiet und hielten es nur unter ihrer politischen Kontrolle. Sie sprachen dem König von Luang Prabang, Sri Savang Vong, im Protektoratsvertrag von 1941 die O- berhoheit über die Fürstentümer Champassak und Vientiane zu.1

3. Die Konfliktparteien

Der Konflikt schwelte also schon seit langem und zu dem nationalen Kampf um Vorherrschaft gesellte sich in der Zeit des „Kalten Krieges“ der Streit zweier Supermächte - der UdSSR und der USA.

In Laos standen sich im Wesentlichen drei größere politische Gruppen gegenüber, die um die Oberhand kämpften.

3.1. Auf nationaler Ebene

3.1.1. Königlich-nationale Regierung

Die Lao Itsala (Bewegung für ein freies Laos) wurde bereits 1945 während der japani- schen Besatzung von patriotischen Gefolgsleuten des späteren Premierministers und Neffen des Königs, Prinz Phetsarat Ratanavongsa, gegründet. Der Prinz forderte die konsequente Loslösung und völlige Unabhängigkeit von Frankreich und proklamierte in Vientiane eine „Regierung der nationalen Einheit“. 1946 zog sich Phetsarat auf das Staatsgebiet Thailands zurück, um seine Exilregierung von dort aus operieren zu lassen. Die Truppen, die sich nach der Niederlage in den Dschungel zurückgezogen hatten, nahmen den Kampf mit den Franzosen auf und hielten sowohl zu der Exilregierung, als auch zu den kommunistischen Kräften Nordvietnams Kontakt, um sich alle Optionen für die Zukunft offen zu halten.1

3.1.2. Westlich orientierte Champassak

Prinz Boun Um, der Fürst von Champassak, verlangte dagegen die Rückkehr der Fran- zosen. Er war immer ein treuer Diener der Franzosen gewesen und beanspruchte den laotischen Thron. Dieses Begehren passte den Besatzern nicht in den Plan und so mach- ten sie ihn zum „Inspektor für politische und administrative Angelegenheiten“ und stat- teten ihn mit weitreichenden Rechten aus: Er bekam neben Sonderrechten auch Kon- trollrechte gegenüber den Landesherren. So wurde er zur Nummer drei in Laos, hinter dem König und dem Kronprinz.2

3.1.3. Kommunisten

Von Anfang an waren die Kommunisten beeinflusst von China und Vietnam. Sie kämpften zwar primär auch für eine Befreiung von den Besatzern, aber hatten gleichzeitig immer die Idee eines kommunistischen Staates im Hinterkopf.

Unmittelbar vor der Unabhängigkeit 1953 hatten die kommunistische Pathet Lao (Lao- tische Nationalisten) mit Unterstützung der Vietmin (aus Vietnam) die Nordprovinzen Phong Saly und Houa Phan erobert und riefen eine „Nationale Wiederstandsregierung“ in Sam Neua aus. Unter der Führung eines Halbbruders von, Prinz Phetsarat Ratana- vongsa, Prinz Souvanna Vong, waren die Pathet-Lao-Verbände zu einer kampfstarken Guerilla von 2000 Mann angewachsen, die alle in Vietnam ausgebildet worden waren.3

3.2. Auf regionaler Ebene

In der Region rangen auf der einen Seite die Nordvietnamesen um einen Ausbau ihres kommunistischen Regimes und auf der anderen Seite nahmen England und Frankreich über ihre Kolonien Einfluss auf das laotische Staatsgebiet.

3.3. Auf internationaler Ebene

Weltpolitisch wurde Laos von den USA, der UdSSR und China zum Handlungsobjekt erklärt, wobei China und die UdSSR die kommunistischen Rebellen unterstützten und die USA den westlich-orientierten Regierungen den Rücken stärkte.

4. Die Entwicklung ab 1941

In den Jahren 1941-45 war Laos von Japan besetzt worden. Als der 2. Weltkrieg vorbei war, mussten diese abziehen und Sri Savang Vong proklamierte die Unabhängigkeit seines Landes. Aber nur Städte in Zentral- und Nordlaos wurden von der Unabhängig- keitsbewegung erfasst, der von den Briten kontrollierte Süden blieb faktisch ausge- schlossen. Eben so unberührt von den Ereignissen blieb die Landbevölkerung - die den größten Anteil der Einwohnerschaft darstellte -, wobei diese sogar gegen die Unabhän- gigkeitsbewegung eingestellt war, weil der König ein treuer Vasall der französischen Besatzer war.

Deshalb richtete der Widerstand eine provisorische Regierung ein, die kurz darauf einen Oberbefehlshaber ernannte, der sich den Franzosen und Engländern entgegenstellen sollte. Vom Süden zogen nun französische Verbände gen Norden und trafen auf wenig Gegenwehr und schon nach vier Monaten hatte das übermächtige Corps d’expédition jeden Widerstand niedergeschlagen.

Die französische Regierung beschloss eine Veränderung der Situation in Indochina: Indochina wurde in drei Nationalstaaten - Kambodscha, Laos und Vietnam - aufgelöst, um die starke antifranzösische Bewegung in Vietnam eingrenzen zu können. Außerdem sollten die Verwaltungsstrukturen geändert werden, damit die Einzelstaaten über mehr Autonomie verfügen können. Jedoch auch nach der „Reform des Modus Vivendi“ hatte Frankreich noch die volle Kontrolle über Laos und auch der Verwaltungs- und Justizap- parat blieb unerändert.

Diese Situation und die Installation einer schwachen Regierung führten zu einer instabilen Ausgangslage für die Demokratisierung des Landes. So bildeten sich zwar rasch Parteien, aber diese waren zum einen nur Machtinstrument der Clans und zum anderen war die Landebevölkerung von diesem Prozess völlig ausgeschlossen.

Frankreich aber war es nur wichtig die Kommunisten möglichst klein zu halten, um die Lage nicht zu verschärfen. So machten sie weiter Zugeständnisse an den laotischen Kö- nig und damit war das Ende der Bewegung Lao Itsala und der Exilregierung besiegelt. Sie gaben ihre Auflösung im Oktober 1949 bekannt und wurden in Laos willkommen geheißen. Doch damit war die kommunistische Bewegung in Laus keines Wegs am En- de.1

Es kam viel mehr zu einer Forcierung der kommunistischen Kräfte, als im August 1950 die Gründung der Neo Lao Itsala (NLI) beschlossen wurde. Ihre Zielsetzung war der Sturz der französischen Kolonialisten und der Aufbau eines unabhängigen Laos. Mittlerweile waren aber auch die Vereinigten Staaten auf den Plan getreten und das führte zu einer Aufheizung der Situation. Den Amerikanern war das Vorgehen der Franzosen zu lasch und wenig erfolgversprechend.

Aber auch die amerikanische Herangehensweise vermochte die kommunistischen Kräfte nicht einzudämmen, sondern leistete der NLI bei der Rekrutierung von Anhängern Vorschub. Diese weiteten ihren Einfluss immer weiter aus und es kam vermehrt zu Scharmützeln mit den Franzosen. Diese Kampfhandlungen führten zum einen zu großen Verlusten auf der französischen Seite und zum anderen zu einem anhaltenden Gebietsgewinn der Kommunisten. Die NLI schaffte es in den von ihr befreiten Gebieten eine administrative Infrastruktur zu installieren, in dem sie einerseits die moralische Verbundenheit mit der einfachen Landbevölkerung verstärkte und andererseits selbst ein bescheidenes und entbehrungsreiches Leben führten.

Der Kolonialmacht Frankreich standen ab 1952 derart massive finanzielle Probleme in Haus, dass sie sich aus Indochina zurückziehen wollte. Dazu kamen noch Proteste über den „schmutzigen“ Krieg in Indochina aus Europa. Damit war Frankreich in einer Zwickmühle: Auf der einen Seite wollte sie um jeden Preis die Kolonie halten, auf der anderen Seite sahen sie sich durch äußere Umstände zur Aufgabe ihrer Indochina-Idee gezwungen.2

5. Ausgangslage 1959

Frankreich war also nicht mehr in der Lage Laos zu halten und so kam es im April 1954 zur Genfer Konferenz, an der die fünf Großmächte, die Demokratische Republik Viet- nam, sowie die königlichen Regierungen von Laos, Kambodscha und Vietnam teilnah- men. Die Konferenz endete am 20. Juli 1954 mit der Annahme von 10 Schlussdoku- menten. Für Laos waren folgende Egebnisse von Wichtigkeit: Die Einstellung aller Kampfhandlungen, die Wiederherstellung des Friedens in Indochina und die Einräu- mung der vollen Souveränität der Staaten Laos, Kambodscha und Vietnam, mit der Er- klärung des Unterlassens jedweder Einmischung. Jedoch unterzeichneten die USA die letzte Erklärung mit dem Hinweis einer drohenden Gefahr des Kommunismus nicht. Damit war die französische Kolonialherrschaft in Indochina beendet.

Laos sollte von einer Koalitionsregierung geführt werden, die auch die Kommunisten akzeptierten. Die kommunistischen Provinzen sollten angegliedert werden und zwei abtrünnige Bataillone in die laotische Armee integriert werden.1

Dazu wurde die ICC (International Control Commission) ins Leben gerufen, die aus Indien, Polen und Kanada bestand. Diese Kommission sollte ferner den Abzug der kommunistischen Pathet Lao-Kämpfer überwachen.

Trotz aller positiven Signale die von der Genfer-Konferenz ausgingen, gab es einige Unwägbarkeiten, die zur Bedrohung des Friedens werden konnten: Zum war einen die wirtschaftliche Situation in Laos nach dem Krieg katastrophal, die Produktion der Grundnahrungsmittel ging erheblich zurück und die Staatsverschuldung stieg von Jahr zu Jahr mehr. Zum anderen war die außenpolitische Lage gespannt. Laut dem amerikanischen Präsidenten Eisenhower war Laos der erste Dominostein in der asiatischen Kette und damit war es ein Obligo für die USA in Laos vorzubeugen prä- ventiv zu reagieren.2

Aus diesem Grund wurde 1954 die SEATO (South East Asia Treaty Organisation)3 gegründet, und Kambodscha, Laos und Südvietnam per Schutzklauseln an die Vertrags- zone gebunden. Das könnte unter Umständen dazu führen, dass auch dem Vertrag nicht angehörende Staaten unter den Schutz der SEATO gestellt werden können. So war der königlichen Regierung von Laos die Hilfestellung der SEATO - und natürlich der USA - sicher, die kommunistischen Kräfte der NLI wurden von China und Vietnam unter- stützt.

Nach den Wahlen 1958, bei der die kommunistische NLH1 einen beachtlichen Stimmenzuwachs verzeichnen konnte, wurde die rechtsgerichtete Vereinigung KVNI (Komitee zur Verteidigung der nationalen Interessen) gegründet, deren Hauptaufgabe im Kampf gegen den Kommunismus stand. Mit Hilfe der USA wurden Anhänger der NLH systematisch drangsaliert und verfolgt.

Die UdSSR und Großbritannien sahen in diesem Vorgehen eine Absage an das Genfer Abkommen und ein Ende der laotischen Neutralität, was die USA nicht daran hinderte ihren Einfluss weiter zu vergrößern.

Das die SEATO im April 1959 Laos zum „Handlungsobjekt des Bündnisses“ erklärten verschärfte die Situation nur noch weiter.2

6. Die Rolle Dag Hammarskjölds

Um die Lage zu entschärfen war es nötig in diesem schwelenden Konflikt zu vermitteln. Doch die rechtsgerichtete Regierung in Laos misstraute der ICC und erklärte die UNO als allein zuständig, auch weil die Nord-Vietnamesen dort nicht vertreten waren. Diese aber erkannten nur die ICC als zuständiges Organ an. Dag Hammarskjöld wurde von der laotischen Regierung angesprochen und um Vermittlung gebeten. Er musste eine Lösung finden, in der sowohl die ICC als auch die UNO eine Rolle spielten. DH schlug vor die ICC sollte zwischen Hanoi, Peking und Vientiane (laotische Hauptstadt) vermit- teln, denn der Plan, dass die UNO sich dem Fall annimmt, wurde von der UdSSR per angedrohtem Veto schon im Vorhinein verhindert. Zwar sah DH die Gefahr einer sich verschlechternden Situation, aber er bestand darauf, dass die Initiative für eine „fact- finding mission“3 nicht von ihm, sondern nur von der Region kommen konnte. Aber als Laos die USA um Hilfe bat, um eine vermeintliche kommunistische Gefahr aus dem Norden abzuwehren und die Amerikaner dem zusagten, war der Weg für das ICC end- gültig versperrt. DH ersuchte nun verstärkt Indien in dem Konflikt zu vermitteln, stieß dort aber nur auf Ablehnung. Der UN-Generalsekretär spielte mit dem Gedanken eine „fact finding mission“ oder eine „good offices mission“1 zu initiieren, aber da bisher immer entweder die Generalversammlung, der Sicherheitsrat oder eine Konfliktpartei eine solche Mission vor ihrer Durchführung angefragt hatten und noch nie der General- sekretär völlig allein in dieser Richtung aktiv geworden ist, war er nicht überzeugt, dass dieser Vorstoß so einfach durchführbar war, zumal er keine rechtliche Grundlage für ein solches Handeln hätte. Doch die Ereignisse entwickelten sich schneller als DH ange- nommen hatte.

Als sich DH auf einer Südamerikareise befand, wurde er informiert, das der laotische Außenminister eine schnelle Eingreiftruppe für Laos forderte, die feindliche Übergriffe aus Nord-Vietnam unterbinden sollte. Die Forderung lies aber Fragen nach der Art der Übergriffe, deren Ausmaße, sowohl deren Opfer offen.2

DH befürchtete nun, dass sich das Problem nun zu einem Thema des „Kalten Krieges“ ausweiten könnte, falls der Sicherheitsrat von einer westlichen Nation eingeschaltet werden würde. Außerdem sah er seine Position geschwächt, falls er das Feld einer Supermacht überlassen würde. Andererseits beschloss er auf dem Rückflug von Brasilien nach New York, dass er diesmal den Artikel 993 nicht anwenden könnte, ohne die Situation in Laos zu dramatisieren und im Vorhinein zu verurteilen.

Er geriet aber in Zugzwang, als Laos die SEATO um militärische Hilfe angerufen hatte und diese eingreifen würden, falls die UNO nicht bald handelte. Trotzdem lag in der Einschaltung des Sicherheitsrats eine gewisse Gefahr: Es könnte auch als vorschnelle Akzeptanz des laotischen Standpunktes und überlegter Schachzug gegen die ICC gewertet werden. Aber DH machte von Anfang an klar, dass die Einberufung des Sicherheitsrats ein rein formaler Akt war.

Gegen den Willen der UdSSR und mit Hilfe verwaltungstechnischer Tricks4 gelang es dem Sicherheitsrat eine Untersuchungskommission - bestehend aus Vertretern der Län- der Italien, Argentinien, Japan und Tunesien - nach Laos zu entsenden. Diese Taktik gefiel DH aber nicht, weil sie das Verhältnis der Supermächte weiter verschlechterte und weil die UNO mal wieder als Spielball von den Großmächten missbraucht wurde.

Wie von DH erwartet, wurde die Kommission von Vientiane und den USA dazu benutzt, ihre Sicht der Dinge zu verbreiten und die westliche Welt zu ihren Gunsten zu beeinflussen, aber auch sie konnte keine Beweise für eine Invasion vietnamesischer Truppen in den Norden von Laos finden. Der Generalsekretär versuchte daraufhin mit allen Mitteln die UdSSR davon zu überzeugen, dass eine Entsendung von UN- Friedenstruppen die einzigste Lösung wäre die Region zu stabilisieren. Die Sowjetunion lehnte diesen Vorschlag aber kategorisch ab und verwies wieder einmal auf die Wieder- einsetzung der ICC.1

Im November 1959 flog DH nach Laos um sich ein Bild von der Lage zu machen. Er erkannte, dass falls nicht sofort die UNO und ihre Unterorganisationen sich des wirt- schaftlichen Aufbaus des Landes annahmen, es auf fremde, politisch-motivierte Hilfe angewiesen, sei. Nach seiner Rückkehr in New York, beauftragte er die UNESCO2 und WHO3 Laos zu unterstützen und umfassende Hilfe zu leisten. Außerdem berief er Dr. E. Zellweger zum Chef-Diplomaten, einen Schweizer Juristen, der weiter in der Laos- Krise vermitteln sollte.

Während einer Reise quer durch Afrika beobachtete DH gespannt die Lage in der Regi- on, die nach einem Militärputsch im Dezember 1959 sehr unübersichtlich geworden war. Die anschließenden Wahlen, bei dem dir rechtsgerichtete und antikommunistische KVNI eine Mehrheit bekam, ließen das politische Klima noch schlechter werden. Doch schon im August 1960 gab es einen erneuten Staatsstreich und der neu gewählte Präsi- dent Souvanna Phouma war zu Gesprächen mit den kommunistischen Kräften bereit, obwohl die USA dagegen waren und mit der Einfrierung der finanziellen Hilfe für Laos drohten.

Als DH vollkommen in der Kongo-Krise eingespannt war, versuchte er über Zellweger zu vermitteln und zu verhandeln, aber er musste erkennen, dass die beiden Supermächte ihm das Heft aus der Hand genommen hatten.

Aber nachdem Kennedy neuer US-Präsident wurde, änderte sich auch die Zielrichtung der USA1: Sie wollten nun das Laos seine Neutralität wiedererlangt. Außerdem bewerk- stelligt Kennedy einen Waffenstillstand und die Neuauflage der Genfer Konferenz. Damit waren die UNO und ihr Generalsekretär endgültig außen vor und wurden zu Be- obachtern degradiert. Auf der Genfer Laos Konferenz2 im Mai 1961 wurde festgelegt, dass Laos von nun an neutral sei und es wurde eine provisorische Regierung eingesetzt.3 DH hatte von Anfang an versucht die Laos-Krise weg von den beiden rivalisie-renden Supermächten, hin zur UNO zu manövrieren. Jede Möglichkeit für eine friedli-che Beilegung der Kriegshandlungen hatte er erwogen und obwohl er einiges in Gang setzten konnte, scheiterte er mit seiner Idee, die Neutralität von Laos auf einer UN-Konferenz festzulegen.

7. Bewertung

Es ist schwer einen einzigen Grund für das Scheitern DH’s zu benennen, da die Prob- lemlage in Laos vielschichtig und von verschiedensten Einflüssen geprägt war. Sicherlich ist es richtig, dass die politische Situation Laos unberechenbar und für langfristige Planungen viel zu unsicher war. Damit war es schwer auch nur für ein paar Monate strategisch zu planen. Hinzu kommt die unübersichtliche Anzahl der politischen Akteure, da wären zum einen die ethnischen und politischen Gruppen in Laos zu nen-nen, dann die Regierungen in der Nachbarschaft - also Thailand, Kambodscha, Süd-und Nordvietnam - und die Groß- und Supermächte - Frankreich, China, USA und UdSSR -, die allesamt politische Interessen in Laos verfolgten. Sicherlich war die Be-deutung von Laos für die Weltpolitik nicht dermaßen groß wie von den Supermächten immer dargestellt, nur ist dieses weitreichende Engagement in Laos symptomatisch für den „Kalten Krieg“.

Damit wäre ein zweiter Grund für das Scheitern Dag Hammarskjölds genannt: Die Rivalität der Supermächte USA und UdSSR. Keine der beiden wollte nachgeben und dabei sein Gesicht verlieren. Vielleicht hat DH die Auswirkungen des Konkurrenz- kampfes unterschätzt, jedenfalls machten diese beiden Regierungen ihm das Leben schwer. Zum einen die „Domino-Theorie“ auf der amerikanischen Seite und zum ande- ren die geplante kommunistische Revolution unterstützt von China und der UdSSR. Dazwischen eigene politische Handlungen zu positionieren war schwer und wurde - mit der Zuspitzung des „Kalten Krieges“ - auch immer schwerer. So konnte DH nicht ein- fach eine Friedenstruppe nach Laos entsenden, weil die UdSSR damit nicht einverstan- den war. Genauso wenig waren die USA bereit von ihren andauernden Einmischungen in die laotische Politik abzulassen. Damit hatte DH praktisch keinen Handlungsspiel- raum.

Seine eigenen Verwicklungen in den „Kalten Krieg“ waren dabei sicher ein weiterer Grund, der ihn bei seiner Arbeit in Laos behinderte. Es war für den politischen Menschen DH nie leicht gewesen, Fehlentwicklungen unkommentiert zu lassen und so waren ihm gewisse Handlungen und Einstellungen der Sowjetunion zuwider gewesen. Doch diente er sich damit nicht bei den USA an, sondern, eher im Gegenteil, hatte er dabei immer das Ideal einer funktionierenden Weltregierung im Kopf, die, fern jeglicher Parteinahme und einseitiger Bewertungen, ihre Arbeit verrichtete. Das er damit bei den Supermächten in Ungnade fällt, war abzusehen.

Seine Einstellung zur Politik, kann ebenso ein Grund für das Scheitern gewesen sein: Er projizierte seine eigene hohe Moral- und Wertvorstellung von Politik auf die politische Situation in Laos und hat damit die politischen Akteure in der Region einfach falsch eingeschätzt. Dieses plumpe Streben nach Macht, die mit allen erdenklichen Mitteln erkämpft, erschlichen oder gekauft wird und dann alles daran gesetzt wird die Macht zu behalten, wohnte den meisten Akteuren inne. DH überschätzte die Möglichkeit, die Si- tuation durch persönliche Beziehungen zu den Machthabern zu verändern, was zum einen an seiner eigenen Sichtweise und zum anderen an der Einstellung der beteiligten politischen Kräfte lag.1

8. Schluss

Das Scheitern Dag Hammarskjölds war also unvermeidlich und es ist ihm hoch anzu- rechnen, dass er es verhindern konnte, dass Laos nicht zum direkten Zankapfel im „Kal- ten Krieg“ wurde. Trotzdem war es natürlich eine bittere Niederlage, als die Ziele die er immer verfolgte von einer Konferenz beschlossen wurde, die sich ganz bewusst von der UNO distanzierte. DH musste einsehen, dass die rivalisierenden Supermächte eigentlich Schalten und Walten konnten wie sie wollten und das er und die UNO letztendlich vom Wohlwollen der USA und der UdSSR abhängig waren. Die folgende Kongo-Krise bes- tätigte dieses Bild. Die Laos-Krise läutete auch eine Phase ein, in der die vormals so erfolgreichen Verhandlungen der UNO in Leere liefen und DH oftmals an der Halsstar- rigkeit der Großmächte verzweifelte. Damit war die Laos-Krise der Beginn eines immer schlechter werdenden Verhältnisses zwischen der UNO, der USA und der Sowjetunion.

9. Literaturverzeichnis

- Dingemann, Rüdiger: Westermann Lexikon - Krisenherde der Welt, Braun- schweig 1996
- Osmanczyk, Edmund Jan: The Encyclopedia of the United Nations and Inter- national Agreements, Philadelphia 1985
- Rovine, Arthur W.: The first fifty years: The Secretary-General in World Poli- tics 1920-1970, Leyden 1970
- Schlesinger, Arthur M.: The dynamics of world power: A Documentary History of United States Foreign Policy 1945-1973 Volume IV Part 2 The Far East, New York 1983
- Schultze, Michael: Die Geschichte von Laos: Von den Anfängen bis zum Be- ginn der neunziger Jahre, Hamburg 1994
- Urquhart, Brian: Hammarskjold, New York 1994
- Vogler, Helmut (Hrsg.): Lexikon der Vereinten Nationen, Oldenburg 2000

[...]


1 Im folgenden Text wird Dag Hammarskjöld mit DH abgekürzt.

1 Vgl.: Dingemann, Rüdiger: Westermann Lexikon - Krisenherde der Welt, Braunschweig 1996 S. 466f

1 Dingemann, Rüdiger: Westermann Lexikon - Krisenherde der Welt, Braunschweig 1996 S. 467

2 Vgl.: Ebd. S. 467

3 Vgl.: Ebd. S. 467f

1 Vgl.: Schultze, Michael: Die Geschichte von Laos: Von den Anfängen bis zum Beginn der neunziger Jahre, Hamburg 1994 S. 116ff

2 Vgl.: Schultze, Michael: Die Geschichte von Laos: Von den Anfängen bis zum Beginn der neunziger Jahre, Hamburg 1994 S. 123ff

1 Vgl.: Ebd. S. 128ff

2 Der Aussage liegt die „Domino-Theorie“ zugrunde, nach der ein ums andere Land dem Kommunismus verfiele, wenn das erste erst mal kommunistisch geworden ist.

3 Die SEATO ist das Pendant zur NATO und sollte nicht-kommunistische Staaten vor Übergriffen aus China oder Nordvietnam schützen.

1 Die NLI beschloss 1956 eine Umbenennung in NLH (Neo Lao Haksat)

2 Vgl.: Schultze, Michael: Die Geschichte von Laos: Von den Anfängen bis zum Beginn der neunziger Jahre, Hamburg 1994 S. 135ff

3 Eine „fact finding mission“ dient der Informationsbeschaffung aus einem Krisengebiet, wenn die sonsti- gen Informationen nicht verlässlich sind und es nur wenige bis keine verlässliche Quellen aus dieser Re- gion gibt. Siehe hierzu: Vogler, Helmut (Hrsg.): Lexikon der Vereinten Nationen, Oldenburg 2000

1 Der Generalsekretär kann den Konfliktparteien seine sog. „Gute Dienste“ anbieten. Drunter fallen Emp- fehlungen zum Verfahren der Konfliktlösung, das Zustande bringen von indirekten Vermittlungen (Pen- deldiplomatie), die Übermittlung von Informationen und die Organisation von Konferenzen. An den Ver- handlungen selbst nimmt der Generalsekretär nicht teil. Die Stärke der „Guten Dienste liegt darin, dass sie in der Regel diskret ausgeübt werden. Siehe hierzu: Vogler, Helmut (Hrsg.): Lexikon der Vereinten Nationen, Oldenburg 2000

2 Vgl.: Urquhart, Brian: Hammarskjold, New York 1994, S. 329ff

3 Artikel 99 der UN-Charta legt fest, dass der Generalsekretär die Aufmerksamkeit des Sicherheitsrates auf jede Angelegenheit zu lenken, die seiner Meinung nach geeignet ist, die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit zu gefährden. Da der Artikel sehr allgemein formuliert ist, kann viel in ihn hineininterpretiert werden. Siehe hierzu: Rovine, Arthur W.: The first fifty years: The SecretaryGeneral in World Poli-tics 1920-1970, Leyden 1970 S. 326ff

4 Zwar legte die UdSSR quasi ihr Veto ein, jedoch gilt ein Veto bei verwaltungstechnischen Fragen nicht.

1 Vgl.: Urquhart, Brian: Hammarskjold, New York 1994, S. 340ff

2 Die UN-Organisation für Nahrung und Landwirtschaft.

3 Die Weltgesundheitsorganisation.

1 Siehe hierzu: Schlesinger, Arthur M.: The dynamics of world power: A Documentary History of United States Foreign Policy 1945-1973 Volume IV Part 2 The Far East, New York 1983 S. 569-622

2 Vgl.: Osmanczyk, Edmund Jan: The Encyclopedia of the United Nations and International Agreements, Philadelphia 1985 S. 451f

3 Vgl.: Urquhart, Brian: Hammarskjold, New York 1994, S. 351ff

1 Vgl.: Urquhart, Brian: Hammarskjold, New York 1994, S. 365f

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Rolle der UNO in der Laos-Krise von 1959 bis 1961
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Veranstaltung
PS Dag Hammarskjöld un die UNO
Autor
Jahr
2001
Seiten
15
Katalognummer
V104929
ISBN (eBook)
9783640032297
Dateigröße
369 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rolle, Laos-Krise, Hammarskjöld
Arbeit zitieren
Johannes Görg (Autor:in), 2001, Die Rolle der UNO in der Laos-Krise von 1959 bis 1961, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104929

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Rolle der UNO in der Laos-Krise von 1959 bis 1961



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden