Schiller, Friedrich - Maria Stuart - Moralphilosophie


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

1 Seiten


Leseprobe


MORALPHILOSOPHISCHE BETRACHTUNG VON SCHILLERS „MARIA STUART“

Eine zentrale Rolle in diesem Stück spielen vor allem die Zusammenhänge respektive Unterschiede von Pflicht und Neigung, von Charakter- und Schicksalstragik, auch von Schuld und Verantwortung. Tragik hat etwas mit Schuld zu tun, wen Schuld trifft, wird mitunter auch von Tragik getroffen oder v.v., da (in kantischen Worten) die Pflicht zu Gunsten der Neigung unterlassen wurde, (wirkliche) Schuld aber trifft nur den, der Verantwortung hat.

Die beiden Hauptfiguren, die Königinnen Maria und Elisabeth, tragen sehr viel Verantwortung (die eine sogar für der andern Leben), haben also grosse Pflichten, um so schädlicher und verheerender sind ihre Neigungen. Ihres Standes wegen hat Schiller diese beiden Frauen für sein Stück ausgewählt, er kann so sein Gedankengut besser postulieren (Ständeklausel: The higher one climbs, the lower he falls).

Zu Beginn des Stücks, im ersten Akt, tritt eine sehr selbstbewusste, weise, eben (innerlich) majestätische und verantwortungsvolle M. auf, trotz ihrer nicht beneidenswerten, demütigenden Situation. Sie ist selbstsicher, schliesslich will sie immer noch auf den Thron (v.a. wegen Familientradition) oder sich zumindest königliche Ehren zuteil kommen lassen, zeigt ihren im kantischen Sinne guten Willen [= nichts Einzelnes, Äusseres, Materielles, Persönliches, sondern Gewissen („Diese Flitter machen/ Die Königin nicht aus. Man kann uns niedrig/ Behandeln, nicht erniedrigen.“) ] und Verstand, ihre Neigung, die sie für ihre Pflicht hält, kategorischer Imperativ schimmert durch. M. ist sich ihrer Schuld und Verantwortung bewusst, weiss aber auch, dass Elisabeth die Verantwortung über sie selbst hat, daher Schicksalstragik; sie scheint zu wissen, dass es für einen Konflikt immer zwei Seiten braucht.

Im zweiten Akt tritt Elisabeth ins Geschehen. Pompös und (äusserlich) majestätisch tritt sie samt Gefolge auf. Französische (! da I/1 Kennedy zu Paulet: „Es sind französische Schriften.“ „Desto schlimmer! /Die Sprache redet Englands Feind.“) Gesandte bitten um Vermählung ihres Kronprinzen mit E. die sie weder befürwortet noch negiert. Später Diskussion um M., in der die Grafen geteilter Meinung sind, E. selber unentschieden (II/3„Mylords, ich hab nun eure Meinungen/ Gehört, und sag euch Dank für euren Eifer [...] will ich Eure Gründe prüfen,/ Und wählen was das Bessere mir dünkt.“) Offensichtlich, dass These und Antithese ständig im Wechseln, jedoch keine Synthese. Diese Unentschlossenheit mag mit E.s Position zusammen hängen. Immer wieder schimmert durch, dass E. sich ihrer Charaktertragik bewusst ist. So sagt sie zum Beispiel: ( II/2) „Die Könige sind nur Sklaven ihres Standes,/ Dem eigenen Herzen dürfen sie nicht folgen“, oder sie erkennt geradezu vorbildlich: (II/5) „ Was man scheint,/ Hat jedermann zum Richter, was man ist, hat keinen.“ Diese Aussagen deuten auch auf ihren eigenen guten Willen (im kant. Sinne) hin, auf ihre Fähigkeit, zwischen Neigung und Pflicht zu unterscheiden. Doch mit ihrem Plan, sich auf illegitimen Weg der M. zu entledigen, gibt sie auch preis, dass sie sich in ihrer Position unwohl fühlt, was Leben gefährdet, kein kategorischer Imperativ. Schuld da Verantwortung zu gross.

Leicester und Mortimer beraten eine allfällige Rettung der Maria. Mortimer hat den starken Willen (bes. wegen Trieb, Aussicht auf Ehre, Liebe) durch seiner Jugend Übermut und Lust, M. auf schnellstem, mutigstem Weg zu retten. Erkenntnis durch Sinnlichkeit. Leicester hingegen will sehr bedacht, sorgfältig vorgehen, denn er hat Erfahrung, Weisheit, eben Alter. Erkenntnis durch Verstand. Wille Guter Wille. Leicester hat Einfluss auf die Monarchin von England Treffen der königl. Halbschwestern versprochen.

Das Stück erreicht im dritten Akt mit dem Treffen der beiden Königinnen den Höhepunkt. Elisabeth tritt sehr hochmütig, ignorant und stolz auf, wirkt arrogant, Maria fasst sich zu Beginn des Treffens, unterdrückt den Trieb in ihr,([III/4]: „Ich will mich auch noch diesem unterwerfen./ Fahr hin, ohnmächt’ger Stolz der Seele!/ Ich will vergessen, wer ich bin[...]“ ) gar unterwürfig, allerdings verliert sie Ruhe und Geduld, als E. nicht so rasch und einfach auf ihren Wunsch eingeht. M.s Wille schaltet den eigenen guten Willen aus. Es folgt ein sich langsam steigender Ausbruch ihrer Wut, während dem sie E. als illegitimen Bastarden beschimpft. Die „schönste Frau dieser Zeit“ handelt ungeschickt, unbedacht, menschlich. Tragisch ist ihr Verhalten insofern, dass E. ihr dadurch schlecht gesinnt sein wird in einem Moment, in dem M. Kopf faktisch fällt. Zunehmend verungüstigt wird E. Gesinnung wegen einem auf sie gerichteten, misslungenem Attentat.

Eine aufgebrachte Elisabeth zu Beginn des vierten Aktes. Vermutet wird, dass M. das Attentat angeordnet hat. E. ist in der Zwickmühle, Burleigh fordert M.s Kopf, ihre Vernunft nicht, schliesslich unterschreibt sie. Schiller hebt hervor, dass E. nicht mit klarem, nüchternen Kopf abwägt, sondern sich verleiten lässt durch B. und das eben geschehene. Auch wenn sie in einem Soloauftritt ihren unglücklichen Job anprangert, (IV/10: „O Sklaverei des Volksdiensts![...] O der ist noch nicht König, der der Welt/ Gefallen muss!“) und sich über die Ungerechtigkeit in der Welt auslässt, so strömt ihr Monolog je länger desto deftiger zur These, das Böse in England komme von Maria. (VI/10: „Ein Bastard bin ich dir? - Unglückliche!/ Ich bin es nur, solange du lebst und atmest. [...] Sobald dem Briten keine Wahl mehr bleibt/ Bin ich im echten Ehebett geboren.“) Nach der Unterzeichnung des destruktiven Papiers will E. nichts mehr zu tun haben damit, ja sie erschrickt gar über ihre eigenen Unterschrift, legt es in die Hände des am schnellsten gefundenen Lords Davison. Offensichtlich ist sie sich der Konsequenzen ihrer Unterschrift nicht bewusst: (IV/11) „Ein Blatt Papier entscheidet/ Noch nicht, ein Name tötet nicht.“ Darauf Davison: „Dein Name Königin, unter dieser Schrift/ Entscheidet alles, tötet, ist ein Strahl/ Des Donners, der geflügelt trifft.“ Es ist zu spät, um E. zur Vernunft zu bringen. Trotzreaktionen, Launen ausgesetzt sein von (höchster staatl. Stufe) hat eben verheerende Folgen. E. kann nicht mit Verantwortung umgehen, deshalb Schuld wegen Verantwortung.

Vor dem Fall des Vorhangs, im fünften Akt, fällt M.s Kopf. Im letzten Akt tritt sie sehr religiös, mit Kreuz, und gottvertrauend auf. Sie geht als Königin in den Tod, in die Freiheit, wie sie selbst betont (V/6 „Warum weint ihr? Freuen solltet/ Ihr euch mit mir, dass meiner Leiden Ziel/ Nun endlich naht, dass[...] die frohe Seele sich/ Auf Engelsflügeln schwingt zur ew’gen Freiheit.“). Bei der Gelegenheit, ihrem alten Freund Melvil zu beichten, beschwichtigt M.: (V/7) „Ich habe alle Fürsten aufgeboten/ Mich aus unwürd’gen Banden zu befrein,/ Doch nie hab ich durch Vorsatz oder Tat/ Das Leben meiner Feindin angetastet!“. = Wollte ein 2. Mal nicht schuldig werden durch ihre Verantwortung und ihre Machtlust, hat also gelernt, = klug, gut im kant. Sinne; ihre Pflicht geht der Neigung vor, sie akzeptiert ihr trag. Schicksal ( Charakter), unglücklich, schlecht.

Schlecht schneidet Elisabeth ab. Bevor sie von der Hinrichtung erfährt, hört sie von Falschaussagen schottischer Schreiber der M., die das Todesurteil im Wesentlichen stützen. Will Hinrichtung vertagen, zu spät. E. sieht Wirkung ihrer Macht, unkluge Anwendung von Verantwortung nach Kant, deshalb (mit)schuldig (braucht ja immer 2); Pflicht zu Gunsten der Neigung vernachlässigt. Trag. Charakter, da ihre Reaktion nachvollziehbar, eventuell verständlich, menschlich königl. deswegen schlimm, katastrophal, inakzeptabel. Tragisch! E. = ‚Gefangene ihrer selbst‘

Des Weiteren tragisch für E.: Shrewsbury, ein altgedienter Berater geht in Pension; Leicester, ihr langjähriger Vertrauter (V/15) „ist zu Schiff nach Frankreich“, dem Feind. England wird weiterhin Probleme mit der katholischen Kirche sowie mit Frankreich haben.

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Details

Titel
Schiller, Friedrich - Maria Stuart - Moralphilosophie
Autor
Jahr
2001
Seiten
1
Katalognummer
V104925
ISBN (eBook)
9783640032259
Dateigröße
328 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schiller, Friedrich, Maria, Stuart, Moralphilosophie
Arbeit zitieren
Gallus Ineichen (Autor:in), 2001, Schiller, Friedrich - Maria Stuart - Moralphilosophie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104925

Kommentare

  • Gast am 22.11.2001

    keine Ahnung was ich hier reinschreiben soll.

    Ich finde deine Einschätzung durchaus gelungen. Deine Sichtweisen undBeziehungen zu Kant sind wirklich interessant. Nur in der Einschätzung der Elisabeth bin ich anderer Meinung. Aber egal. Ich denke, du solltest den Text noch weiter ausformulieren. In der jetzigen Form fiel es mir manchmal sehr schwer deinen Gedanken zu folgen. Deshalb habe ich deine Arbeit auch nicht voll bewertet

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