Kunze, Reiner - Die wunderbaren Jahre


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

9 Seiten


Leseprobe


Deutschreferat

Reiner Kunze: Die wunderbaren Jahre

Prosa (von lateinisch prosa oratio >geradeaus gehende Redeweise<), freie, nicht in Versen gebundene Sprachform, die sowohl in der Alltagssprache als auch in künstlerisch ausgestalteten Rede- und Schrifttexten verwendet wird. Entsprechend bringt sie zweckgebundenen-sachliche oder auch dichterische Aussagen zum Ausdruck. Über Wortwahl, Satzbau, Rhythmus und andere Stilmittel kann sich die Prosa, z. B. in Prosagedichten, der Verssprache annähern. - Als literarische Darstellungsform erscheint sie in der Dichtung später als versgebundene Aussageweise. In der Neuzeit tritt die erzählende und die essayistische Prosa, z. B. im Roman und Essay, gegenüber anderen Sprachformen in den Vordergrund; auch das Drama verwendet im 18. und 19. Jahrhundert mehr und mehr die Prosasprache.

Der Jugendbrockhaus

Informationen zum Autor

Reiner Kunze wurde am 16. August 1933 als Sohn eines Bergarbeiters in Oelsnitz (Erzgebirge) geboren. Er besuchte die höhere Schule und studierte nach dem Abitur von 1951 bis 1955 Philosophie und Journalistik an der Karl-Marx-Universität in Leipzig. Hier machte er auch 1955 sein Staatsexamen.

Bis 1959 ist er wissenschaftlicher Assistent an der Journalistischen Fakultät der Universität Leipzig. Nach schweren politischen Angriffen verläßt Reiner Kunze - kurz vor der geplanten Promotion - 1959 die Universität.

Bis 1961 ist er als Hilfsschlosser im Schwermaschinenbau, dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Deutschen Akademie der Künste tätig.

Während der Jahre 1961/62 hält sich Kunze wiederholt in der Tschechoslowakei auf, wo Kunze auch heiratet. Er übersetzte erste Schriften aus dem Tschechischen. Seit 1962 ist er freiberuflicher Schriftsteller (Greiz). Gedichte und Übersetzungen erscheinen im Mitteldeutschen Verlag, Halle/Saale, und in Zeitschriften der DDR. In den folgenden Jahren werden die Publikationsmöglichkeiten Kunzes in der DDR mehr und mehr erschwert. Jahrelange Übersetzungsarbeit findet ihren besonderen Ausdruck in einer Gedichtauswahl von 80 Texten des tschechischen Lyrikers Jan Skácel.

Der Gedichtband von 1969 „sensible wege“ (Rowolt) löst heftige Reaktionen in der DDR aus. Kunze wird auf dem VI. Schriftstellerkongreß in Ost-Berlin gemaßregelt. Seine Gedichte erscheinen fortan in der Bundesrepublik.

1970 erschien das Kinderbuch Der Löwe Leopold. Fast Märchen fast Geschichten. 1972 erschien der Lyrikband zimmerlautstärke.

1976 nahm Kunze am Poesiefestival in Rotterdam teil, außerdem erschien 1976 der Prosaband Die wunderbaren Jahre. Kunze wird daraufhin aus dem Schriftstellerverband der DDR ausgeschlossen. Eine bereits verkaufsfertige DDR-Ausgabe des Kinderbuches Der Löwe Leopold wird vernichtet.

Kunze beteiligt sich an dem Protest zahlreicher DDR-Schriftsteller gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns im November 1976.

Die Repräsalien gegen Reiner Kunze und seine Familie steigern sich ins Unerträgliche und haben für ihn schwerste gesundheitliche Folgen.

Am 7. April 1977 stellt Reiner Kunze einen Antrag auf Entlassung aus der DDR- Staatsbürgerschaft. Der Antrag wird genehmigt und am 13. April übersiedelt er mit seiner Frau und seiner Tochter in die Bundesrepublik, wo er seit 1977 in Obernzell-Erlau bei Passau lebt.

Ab 1978 beginnen Lesereisen durch die Bundesrepublik und West-Berlin. 1979 beginnt Kunze, sein Buch Die wunderbaren Jahre zu verfilmen, wofür er 1980 das Prädikat „besonders wertvoll“ erhält.

1982 übersetzte er Gedichte vom tschechischen Schriftsteller Jan Skácel: wundklee.

Weitere Lesereisen folgten u.a. nach Italien, die Schweiz. Später nach Argentinien, Brasilien und Japan. Aber auch in Deutschland wird Reiner Kunze immer wieder zu Lesungen eingeladen.

Im Januar 1990 fährt Reiner Kunze zum erstenmal seit seiner Ausbürgerung 1977 in seine frühere Heimatstadt Greiz. Niederschmetternd war die Erkenntnisse die Kunze gewinnen muß, als er Material aus Akten der Stasi durchsieht. Die Dokumentation Deckname „Lyrik“, die er daraufhin zusammenstellt, erscheint im Dezember 1990 im Fischer Taschenbuch Verlag.

Preise und Auszeichnungen Reiner Kunzes u.a.

Übersetzerpreis des Tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes (1968), Deutscher Jugendbuchpreis (1971),

Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1973),

Mölle Literaturpreis, Schweden,

Georg-Trakl-Preis (1977),

Andreas-Gryphius-Preis (1977),

Georg-Büchner-Preis (1977),Bayerischer Filmpreis für das Drehbuch zu Die wunderbaren Jahre (1979),

Geschwister-Scholl-Preis (1981),

Eichendorff-Literaturpreis (1984),

Ostbayerischer Kulturpreis (1989), Herbert-und-Elsbeth-Weichmann-Preis (1990), Hanns-Martin-Schleyer-Preis (1990)

Mitgliedschaften und weiter Ämter

Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München, Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Mitglied des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland, von 1975 bis 1992 Mitglied der Akademie der Künste, Berlin, Ehrenmitglied des Ungarischen Schriftstellerverbandes (1992) und des Collegium Europaeum Jenense an der Friedrich-Schiller-Universität Jena (1992)

Inhaltsangabe

Das Taschenbuch „Die wunderbaren Jahre“ von Reiner Kunze beschreibt einmal speziell die Jugendlichen und das Verhalten der Menschen in den Ländern des Warschauer Paktes. Die Prosa setzt sich aus ca. 50 kleinen Geschichten zusammen, die sich gegenseitig ergänzen. In dem Buch werden die verschiedenen Altersgruppen der Jugendlichen aufgefasst, die mit ihren Situationen auf unterschiedlichen Weisen umzugehen verstehen. Aber alle haben das gleiche Schicksal, sie wachsen alle in einem totalitären Regime auf, der es nur darum geht, „die liebe Jugend frühzeitig zahm zu machen und alle Natur, alle Originalität und alle Wildheit auszutreiben, so daß am Ende nichts übrigbleibt als der Philister.“ (Zitat Seite 46, ERBE).

Da es auch viele verschiedene, kurz beschriebene Charaktere gibt, gibt es keine Hauptfigur, die man charakterisieren könnte.

Interpretation

Da die Prosa aus sehr vielen kleinen Geschichten besteht, ist es schwer eine ganze, allesumfassende Interpretation zu bieten. Es gibt direkte, aussagekräftige Geschichten, die vieles beschreiben. Und das wollte Kunze auch. Er wollte einige Geschichten schreiben, die sein Werk beschreiben. Aber alle anderen, nur weniger wichtig erscheinden Geschichten, sind notwendig, um die Prosa zu verstehen. So wie Heinrich Böll über das Buch folgendes aussagte: „keine Zeile zufällig und so auch keine einzige Zeile überflüssig“.

Die kleinen Kinder werden gleich darauf erzogen, Haßgefühle für die „anderen“ zu entwickeln. Sie werden um ein Stück jener Kindheit betrogen, welche ihnen eine gewisse Naivität erlauben würde. So lernen die Kinder nie selbst abzuschätzen, was richtig ung falsch ist. „Sie waren aus P., und wir bekamen den Zeltplatz neben ihnen zugewiesen“, sagte der Mann aus W. „Wir brauchten uns nur zu zeigen - schon wurden wir von dem Jungen im Nachbarzelt mit einer Spielzeugpistole beschossen. Als unsere beiden Jungs ihn zur Rede stellten, sagte er, sein Vater habe gesagt, wir seien Feinde - und sofort zog er sich wieder in den Zelteingang zurück und eröffnete das Feuer auf sie.“ (Zitat Seite 12, ACHTJÄHRIGER). Eine weitere kleine Geschichte soll zeigen, wie es wohl wirklich hinter den Kulissen der Ministerien aussah. Die Geschichte SCHIESSBEFEHL (Seite 16) zeigt klar, wie die Menschen damals manipuliert wurden. Gerhard versucht in den Westen zu fliehen. Der Mutter von Gerhard werden Lügen über dem Verbleib ihres Sohnes erzählt. Tatsächlich wird er bei seinem Fluchtversuch erschossen, doch es wird Tage später so ausgelegt, als hätte er sich letztlich erhängt. Die Beamten aus P... geben ihm noch einen Zettel, damit er ein paar Zeilen an seine Mutter schreiben kann, aber er soll abgelehnt haben. Da tut sich doch die Frage auf, warum die Beamten aus P... ihn nicht vor dem Suizid abgehalten haben? In der DDR gab es auch Artikel in denen man von der unterlassenden Hilfeleistung mit Todesfolge spricht.

Das Kapitel „Verteidigung einer unmöglichen Metapher“ fängt mit einem Gedicht an:

Ich war elf, und später wurde ich sechszehn. Verdienste erwarb ich mir keine, aber das waren die wunderbaren Jahre.

Truman Capote, Die Grasharfe

Mit einer älteren Ausgabe der Prosa wurde als Titelbild der Schriftzug „Die wunderbaren Jahre“ benutzt. Doch das Wort „wunderbaren“ war waagerecht durchgebrochen. Der Titel des ganzen Buches ist reine Ironie. Doch für manche Jugendliche in diesem Buch ist es vielleicht keine Ironie. Sie befinden sich wahrscheinlich wirklich in ihren wunderbarsten Jahren, weil sie einfach das getan haben und gesagt haben, was sie gedacht haben. Sie beweisen Zivilcourage und lassen sich von nichts unterdrücken. Deshalb sind es wohl deren wunderbaren Jahre, weil sie stolz auf sich sind und auf das, was sie getan haben für die gesamten Bürger der DDR und den restlichen Bürgern in ganz Europa.

Das Buch beschreibt Lebensabschnitte von jungen Erwachsenen und zeigt revolutionäre Gedanken der „DDR-Jugend“. Die Geschichte REVOLTE (Seite 51) handelt von einem Mädchen, welches unbedingt ein Buch über die Studentenrevolte lesen möchte. Sie hört nur davon und will es einfach ganz schnell lesen, ohne jeglicher Kritik oder genauen Vorstellungen. Nur der Titel Studentenrevolte spricht sie an. Daran kann man auch erkennen, in welcher ausländisch-literarischen Not sich die DDR-Bürger befanden. Alles was gegen den Kommunismus oder für den Kapitalismus war oder sonst in irgendeiner Verbindung mit dem Kapitalismus stand, wurde in der DDR verboten. Das beweist auch die Geschichte PARDON (Seite 58). Ein Mädchen nimmt privaten Englischunterricht. Ihre Bücher trägt sie in einer Umhängetasche mit englischer Beschriftung. Ihr Klassenlehrer stellt sie darufhin zur Rede.

Die „Infanterie-Brustbeutel Gebrauchsanweisung“ stellt Ideale vor, die der DDR-Erziehung fremd sind.

Es sind noch weitere Geschichten in dem Buch, die die Unterjochung und die mangelnde Gelegenheit der freien Entfaltung der Jugendlichen beschreibt. Man hat versucht die Meinung der Jugendlichen zu lenken, damit man alle anderen auch lenken konnte. Das Kapitel „Café Slavia“ handelt von den anderen Bürgern in den Ländern des Warschauer Paktes. Man soll das Verhalten dieser Bürger besser verstehen lernen. Angesprochen sind die Leute, denen das Verhalten dieser Bürger suspekt vorkam. Diese Verhalten wird auch in der Geschichte DER MANTEL (Seite 88) beschrieben. Eine Übersetzerin auf Geschäftsreise in Prag, sitzt im Slavia und möchte bestellen. Doch sie wird nicht bedient. Sie beginnt zu überlegen, voran es liegen könnte. „Mit einemmal wurde mir bewußt, daß von dort, woher ich kam, Truppen in die Tschechoslowakei eingefallen waren.“ (Zitat Seite 89, Der Mantel). Beispielsweise diese Menschen in Prag unterschieden sich von den anderen im Einflußbereich des Warschauer Paktes. Die Tschechen zeigen es anders, als die DDR-Bürger. Man geht auf eine gewisse Art offener damit um, jemanden seine Antipathie zu zeigen. Die Geschichte CAFÈ SLAVIA (Seite 108) selbst, zeigt Gedichte von tschechischen Dichtern, die in einem Buch geschrieben stehen, welches das erzählende Ich gerade liest. Es fehlen bekannte Namen von Dichtern oder sie wurden eine bestimmte Zeit dort nicht mehr für wichtig und nötig gehalten. Die Ursache hierfür liefert uns auch das Buch. Manche Dichter schreiben entgegen den Vorstellungen der Machthaber und wurden somit isoliert von der Bevölkerung.

Was auch etwas außergewönlich wirkt, ist das, daß es anstatt eines Nachwortes eine kleine Geschichte steht, die von den Dichtern in der DDR handelt. Die Dichter wurden regelrecht mundtot gemacht. Die Dichter, die nach den Zeitungen schreiben, sind in den Augen des Kommunismuses gute Dichter. Die, die so schreiben, wie es im Leben steht, wurden zu anderen Arbeiten verwiesen, wurden von ihrer eigentlichen Arbeit getrennt. Sie sollen somit in Vergessenheit geraten.

Meiner Meinung nach, sieht man in diesem Buch Paralellen zu Orewlls Klassiker „1984“. Wobei man sagen muß, daß dieses Buch realitätsnäher ist und somit auch vielmehr Leute anspricht. Es beschreibt einfach die Gedanken derer Jugendlicher, die in solch einer Situation gewesen sind. Und da ich lieber die Meinungen anderer Menschen in meinem Alter zu Rate ziehe, als die der älteren oder jüngeren, sehe ich doch Gemeinsamkeiten zwischen den Jugendlichen in der ehemaligen DDR und meinen Freunden und mir. Außerdem interessieren mich derartige Bücher, die das Leben unter ständiger Kontrolle beschreiben. Und diese Arten von Büchern sind unbedingt empfehlenswert, damit wir nie in eine so perfekte Staatsmaschinerie „rutschen“, wie sie in George Orewells „1984“ beschrieben wird.

Bezug zum Thema „Jugend“

Da dieses Buch keine eindeutigen Charaktäre vorweisen kann, habe ich mich entschlossen ein Kurzinterview mit einem Zeitzeugen zu machen. Dieser Zeitzeuge verbrachte selbst in der ehemaligen DDR seine Jugendzeit. Und deshalb habe ich ihn auch ausgewählt. Das Thema dieses Schulhalbjahres ist ja „Der Jugendliche in der Literatur des 20./ 21. Jahrhunderts“, also sind die Verhaltensmuster, die Gewohnheiten und die Reaktionen gemeint. Und mein Thema ist es eben den Jugendlichen in der ehemaligen DDR zu charakterisieren. Doch ohne Bezugsperson ist es für mich ziemlich schwer, weil ich selbst nicht in der ehemaligen DDR großgeworden bin.

Das Buch beschreibt die Jugendlichen unter der Kontrolle einer Staatsmaschinerie und wie sie damit umgehen. Die Jugendlichen in der ehemaligen DDR waren auch unterschiedlicher Auffassungen, was für uns Außenstehenden natürlich nahezu unbegreiflich ist. Von Außen sind wir kaum geteilter Meinungen, jeder soll seine eigenen Erfahrungen sammeln und selbst entscheiden dürfen, was er sagen und machen möchte. Wir sind mit dieser Freiheit aufgewachsen. Doch die Jugendlichen, die in der ehemaligen DDR aufgewachsen sind, sind freiheitsbeschränkter aufgewachsen und kannten das westliche Bild der Kinder- und Jugendzeit gar nicht. Und das wollte Kunze auch dem Rest der Welt zeigen, daß es trotzdem Menschen in der ehemaligen DDR gab, Individuen, die der Mehrheit nicht unterliegen wollten. Junge Menschen, die gerade in der ehemaligen DDR den Mut hatten, gegen den Strom zu schwimmen.

Kurzinterview mit einem Zeitzeugen aus der ehemaligen DDR

Der Zeitzeuge ist ca. in den 60er Jahren in Teterow, 80 km östlich von Schwerin in Mecklenburg - Vorpommern aufgewachsen.

Interviewer: Oliver Daum

Haben Sie damals Vorstellungen gehabt oder wußten Sie gar, wie man in Westdeutschland erzogen hatte?

Zeitzeuge: Im Prinzip war die Erziehung in der DDR nicht anders als bei uns. Dadurch, daß ich damals westliche Radiosendungen und Fernsehsendungen verfolgt hatte, fand ich damals schon, daß die Erziehung hier freier gewesen ist und auch heute noch so ist. Bei uns wurde mehr der Daumen „drauf“ gehalten.

Wenn Sie damals schon echte, westliche Eindrücke hatten, haben Sie denn nie gezweifelt, ob es Ihnen bei uns besser erginge?

Man kannte ja die Welt nur so, wie sie uns übermittelt wurde. Bis auf das bißchen Westfernsehen und Westfunk. Eigentlich stand es außer Frage, ob es uns im Westen besser ginge.

Und waren Sie damals der Meinung, daß es Ihnen in der DDR besser ging? Wenn Sie jetzt zurückdenken und vergleichen, zwischen hisiegen Erziehungsmethoden und denen in der DDR, wo würden Sie lieber erzogen worden sein?

Also, die Erziehung der DDR war nicht schlecht, das kann man gar nicht sagen.

Der Direktor unserer Schule hatte einmal eine Liste in die Klassen gegeben, worin jeder Schüler dafür unterschreiben sollte, daß er kein Westfernsehen guckt. Ich habe mich aber geweigert und wurde somit zum Direktor gebeten. Der verlangte abermals von mir, die Liste zu kennzeichnen, habe ich aber trotzdem nicht gemacht. Es wurde zwar gesagt: „Du, du! Trage Dich mal lieber ein!“ (er gestikulierte mit einer drohenden Fingerbewegung), aber weiter kam dann nichts mehr. Nach meinem Abitur, ging ich zur NVA, wo mein Ausbilder am letzten Tag zu mir sagte, daß aus mir nichts mehr werde, er würde dafür sorgen. Nach meiner Zeit bei der NVA, wurde ich einem Betrieb zugewiesen. Durch diesen ich später auch studiert habe, ich habe mich vorsichtshalber an einer Abendschule angemeldet. Bei meinem zweiten Studium hatte ich dann keine Angst mehr, daß sie mich nicht nehmen würden und habe mich direkt an einer Uni beworben.

Ich bin auch heute noch der Auffassung, daß man hier zu frei erzogen wird. Es fehlt einwenig der Druck. In der DDR gab es auch keine Verbrechen, keine Einbrüche oder es wurden keine Autos geklaut. Es herrschte einfach mehr Ordnung.

Jugendliche haben im Alter von 17, 18, 19 Jahren diese Weltverbesserungsvorschläge. Haben Sie, in Ihrer Situation, revolutionäre Gedanken gehab?

(Lacht ein bißchen) Ich persöhnlich eigentlich gar nicht. Es ging mir ja nicht schlecht und ob daß alles stimmte, was aus dem Westen zu uns kam, daß wußte ich ja auch nicht. Klar hat man revolutionäre Gedanken gehabt. Aber man redete nur mit Freunden leise über solche Dinge. Ich war nun nicht so einer, der mit Fahnen in der allerersten Reihe stand und mitgebrüllt hat. Klar war ich auch meist deren Auffassungen, aber ich behielt sie meistens für mich. Ich bin auch aus der FDJ ausgetreten,weil ich es dort nicht so gut fand. Zu meinem Studium bin ich wieder eingetreten. Ich habe dem ganzen nicht immer geglaubt, aber immer stil mitgemacht.

Hat Ihnen vielleicht ein wenig der Mut gefehlt, Ihre Meinung offen zu sagen, als Jugendlicher mit 17, 18, 19 Jahren?

Nein, ... nein. Ich wollte einfach nicht auf mich aufmerksam machen, zumal wir damals, gerade in unserem Alter, nur den Richtlinien der SED folgen sollten. Ich erinnere mich, da gab es einen Jungen, meines Alters, der wurde ein Jahr vor dem Abitur von der Schule geschmissen, weil er etwas begangen hatte.

Man war schon eingeschränkter als im Westen, glaube ich. Aber es war garantiert, daß man eben Arbeit und ein Dach über dem Kopf hatte. Und da man keine richtigen Vergleichsmöglichkeiten hatte, machten wir uns über unsere Freiheiten keine großen Gedanken. Wir hörten, auch aus den West-Medien, von der hohen Arbeitslosigkeit im Westen und daß war etwas, was man in der DDR nur vom Wort her kannte. Und das war auch ein Punkt, der unsere Meinung stark beeinflußt hatte.

Buchvorstellung

Titel: Die wunderbaren Jahre

Autor: Reiner Kunze

Handlungsort: ehemalige DDR

Biographie des Autors:

Reiner Kunze wird am 16. August 1933 in Oelsnitz geboren.

1949: Mit bereits 16 Jahren tritt Kunze der SED bei.

1951-1955: Studiert nach Abitur Philosphie und Journalistik an der Karl-Marx-Universität in Leipzig.

1955-1959: Wissenschaftlicher Assistent an der Journalistischen Fakultät der Karl-Marx- Universität in Leipzig.

1959: Nach schweren politischen Anschuldigungen gegen ihn, verläßt Kunze vor Beendigung seiner Promotion die Universität.

1959-1961: Arbeit als Hilfsschlosser im Schwermaschienenbau.

1961: Heirat mit einer tschechischen Ärztin.

1968: Austritt aus der SED.

Ab 1969: Veröffentlichung seiner Werke in der Bundesrepublik Deutschland.

1976: Nach der Veröffentlichung des Prosabandes „Die wunderbaren Jahre“ in einem bundesdeutschen Verlag kommt es zum endgültigen Bruch mit der DDR- Regierung. Ausschluß aus dem Schriftstellerverband, was einem Berufsverbot gleichkommt.

1977: Antrag auf Entlassung aus der DDR-Staatsbürgerschaft, lebt seitdem in Obernzell-Erlau bei Passau.

1981: Verleihung des Geschwister-Scholl-Preises

1993: Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz

Inhaltsangabe:

Das Buch beschreibt den Alltag von Jugendlichen in der ehemaligen DDR. Nach allem, was Reiner Kunze erfahren hat, sind die Jahre der Entwicklung für kritische junge Menschen, die sich im sozialistischen Deutschland selbst verwirklichen wollen, gar nicht so wunderbar. Kinder werden zur Haßentwicklung auf den Klassenfeind gedrillt. Die Jugend wird um ihre Natürlichkeit betrogen. Sie darf keine Spontanität besitzen und auch keine Jeans tragen oder ein Orgelkonzert in der Kirche besuchen. Die Jugend wird in allem eingeschränkt, was sie zur Jugend macht. Sie darf nicht kritisch und nicht originell sein. Alles ist vorgeschrieben, jedes Tun und Lassen ist vorprogrammiert.

Da es auch viele verschiedene, kurz beschriebene Charaktäre gibt, gibt es keine Hauptfigur, die man charakterisieren könnte.

Weiter wird das Leben derer geschildert, die zwar im Sozialismus aufwachsen, sich aber noch weniger mit ihm identifizieren können als die Ostdeutschen zu ihrer Zeit. Allgemeiner könnte man behaupten, daß Kunze auch an das Buch „1984“ von George Orwell dachte, welches vom Prinzip her die gleiche Problematik erfasst.

Quellen: Der Jugendbrockhaus

Internet

Ende der Leseprobe aus 9 Seiten

Details

Titel
Kunze, Reiner - Die wunderbaren Jahre
Autor
Jahr
2001
Seiten
9
Katalognummer
V104637
ISBN (eBook)
9783640029549
Dateigröße
348 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kunze, Reiner, Jahre
Arbeit zitieren
Oliver Daum (Autor:in), 2001, Kunze, Reiner - Die wunderbaren Jahre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104637

Kommentare

  • Gast am 9.3.2002

    Guter Ansatz!.

    Das Referat ist im Großen und Ganzen gelungen. Es fehlt jedoch eine tiefergehende Beschäftigung mit relevanten Hintergründen wie beispielsweise der Historie oder der Bedeutung der Form. Interessant ist die Idee einen "Zeitzeugen" zu interviewen. Alles in Allem eine gute Arbeit!

Blick ins Buch
Titel: Kunze, Reiner - Die wunderbaren Jahre



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