Die Funktion der Satire in John Gays Beggar`s Opera


Seminararbeit, 2001

12 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung: Vorstellung der Thematik

Hauptteil:
I. Die Gesellschaft
II. Die Politik
III. Das Theater
VI. Die Musik

Schluss: Bewertung der Ziele John Gays

Quellenverzeichnis

Vorstellung der Thematik:

Die Bettleroper wurde 1728 am Lincolns Inn Fields Theatre in London uraufgeführt. John Gay entwarf den Text, Johann Christoph Pepusch steuerte die Partitur bei, indem er bekannte Melodien aus Händelarien, Gassenhauern und Tanzliedern zu insgesamt 69 Airs zusammenstellte. Das Stück stellte in seiner Zeit eine Abrechnung mit der höfischen Gesellschaft, der Politik des damaligen Premierministers Robert Walpole, den zeitgenössischen Konventionen im Theater und mit der etablierten italienischsprachigen Oper dar. Man kann sie sowohl was den Inhalt, als auch die musikalische Gestaltung anbelangt, als eine Karikatur der Barockoper bezeichnen. Der Begriff der Oper ist hier ironisch gemeint, tatsächlich ist es eine Satire (vgl. Barlow, 1991). Der Titel Beggar’s Opera wurde von John Gay gewählt, weil die ausländische Oper zu dieser Zeit so schlecht besucht war, dass sie allgemein als Bettleroper bezeichnet wurde (vgl. Böker; S. 121).

Statt klassischer Helden oder mythischer Figuren sind die Protagonisten Verbrecher und Prostituierte. Die Handlung selbst - und dies war neu- umfasst mehrere Ebenen: zum einen die innere Handlung und zum anderen den Bezug zu den aktuellen Themen.

Der Grund für Gay, diese Oper zu schreiben waren die Missstände, die er als Autor offensichtlich machen wollte. Der Anlass war indes ein anderer: Kurze Zeit zuvor war nämlich Gay nur eine niedrige Stellung am Hofe angeboten worden, über die er verärgert war. Roger Fiske zeigt dies deutlich, wenn er schreibt: „And it was at this point that he started to write the Beggar’s opera“ (Fiske, 1973; S. 95-96).

Während Fiske in seinem Werk nur zwei Kritikpunkte Gays erwähnt, nämlich den Premierminister Robert Walpole und die italienischsprachige Oper, habe ich mich entschlossen, hier derer vier zu behandeln: die bereits oben erwähnten von Gesellschaft, Politik, Theater und Oper, um der Vielschichtigkeit der Beggar’s Opera möglichst gerecht zu werden. Auf die Konsequenzen von Gays Werk gehe ich im Schluss noch genauer ein.

Die vier Bezugsthemen

I. Die Gesellschaft

Zu Anfang des 18. Jahrhunderts war vor allem in London zu beobachten, dass trotz härterer Repressalien die Kriminalitätsrate stieg. Verbrecher wie John Wild und wurden geradezu glorifiziert, öffentliche Hinrichtungen wurden zu Volksfesten. Diese höhere Bereitschaft zur Kriminalität war jedoch nicht nur bei den niedrigsten sozialen Klassen zu beobachten, sie verbreitete sich vielmehr über die ganze Gesellschaft. Als Beispiel soll hier erst einmal nur das Glücksspiel dienen, welches allgemein beliebt, aber von Betrügern ausgenutzt wurde. In der Beggar’s Opera lässt John Gay sogar „ausgebuffte“ Kriminelle, wie Macheath daran scheitern.

Den Grund für diese Tendenz haben Literaturwissenschaftler und Geschichtsforscher vor allem in der sinkenden Moral der Gesellschaft festgemacht. Die zunehmende Bedeutung von Industrie und Handel führte somit zur Entstehung einer Konsumgesellschaft, die sich insbesondere auf Profitgier richtete. Diese, noch von puritanischen Einflüssen geprägte Unternehmermentalität wirkte sich in einer doppelten Moral aus, die das eigene Handeln leitete und mit einer Mehrdeutigkeit umgab (vgl. Böker; S. 127). Genau so stellt dies eben auch Gay dar, und er nutzt sogar die Straßenräuber der Unterschicht, um einen Bezug zu den Aristokraten herzustellen, indem er die Straßenräuber genau so sprechen und handeln lässt, wie die Aristokraten. Wenn Gay also die Personen im Stück als heuchlerisch darstellt, so gilt dies vor allem für die zeitgenössische Oberschicht.

Diese doppelte Moral hat dann auch Auswirkungen auf das ganze Handeln der Personen:

Nicht nur löst das Geschäft alle familiären Bande auf, wie ganz klar an der Drohung Peachums gegenüber seiner Tochter zu sehen ist, ihr den Hals aufzuschneiden, wenn sie tatsächlich mit einem „Kunden“ verheiratet sei (vgl. Akt I, Szene 7; S. 156). Es lässt diese Bande eigentlich erst gar nicht entstehen, denn geheiratet wird nicht aus Liebe, sondern um sich geschäftlich zu verbessern. Das Verhältnis von Pollys Eltern zueinander zeigt dies ganz deutlich (vgl. Akt I, Szenen 8, 10 und 11; S. 157 ff.).

Gay geht sogar noch weiter, indem er durch Mrs. Peachum erwähnen lässt, dass die Witwenschaft das einzig wahre Ziel einer Frau sei, um frei und reich werden zu können, oder indem er Polly erwähnen lässt, dass alle Frauen sich durch den Fleiß des Ehemanns ernähren (vgl. Akt I, Szene 10; S.161).

Polly präsentiert überhaupt die einzig gute Seite der Gesellschaft, die aber durch ihre Naivität von der übrigen Gesellschaft betrogen wird. Deutlich wird das im Bezug auf die Lebensweise Maceaths oder durch die Art der Verführung: Macheath hat Polly verführt indem er ihr Romane zu lesen gab (vgl. Akt II, Szene13).

Wie es in vielen Satiren üblich ist, verwandte Gay auch den Bezug des Namens der Personen zu ihren Taten, um keine Zweifel offen zu lassen: Lockit hat natürlich als Gefängniswärter die Funktion des „Verschliessers“, der Name Peachum ist Hinweis auf Jonathan Wild, der seinen Verdienst unter anderem durch das Einkassieren von Kopfgeld (=impeaching) gestaltete (vgl. Böker S. 136) und der Name Macheath (= „make heath“) ist Hinweis auf dessen Leichtlebigkeit oder dessen Charakterisierung als Lebemann. Macheaths Lebensart dient Gay denn auch als weitere Kritik an den Gebräuchen einiger hochgestellter Personen: nämlich dem Maitressentum als etablierte Prostitution vor allem bei Walpoles (aber auch König Georges) Verhältnis zu den Frauen.

Andere gesellschaftliche Tendenzen, wie etwa die von Hogarth in seinem bekannten Stich der Gin Lane karikierte Trunksucht, oder der Versuch vieler Straßenmädchen, sich als Modedamen aufzuführen, werden von Gay ebenfalls in der Beggar’s Opera aufgezeigt, im Vergleich zur Moralkritik sind sie aber weit weniger stark gewichtet, weshalb ich hier nicht näher auf diese eingehen werde.

II. Die Politik

Die Kritikpunkte Gays bezüglich der Politik lassen sich kurz aufzeigen, da sie sich auf die Politik des damaligen Premierministers Robert Walpole beziehen. Als Walpole 1721 an die Macht kam, vollzog sich ein Wechsel von der bisherigen Tory-Regierung zu einer Politik der Whigs. Es würde hier zu weit führen, die einzelnen Unterschiede dieser Parteien aufzuführen, es bleibt jedoch festzuhalten, dass Gay als überzeugter Tory der Politik Walpoles schon aus Oppositionsgründen kritisch gegenüber stand (vgl. Lettenmeier 1987, S. 19-24). Dennoch ist es nicht die eigentliche Politik Walpoles, die Gay in der Beggar’s Opera ankreidet, sondern dessen weithin bekannte Korruption. Interessant ist, dass Walpole selbst die Korruption für nötig erachtete, um den Wohlstand und die Ruhe in England aufrechtzuerhalten. Gay propagiert indes in seinem Stück genau das Gegenteil, welches sich in mehreren Punkten festmachen lässt. Zum einen wäre da der Personenbezug zu Walpole, der in den drei männlichen Hauptpersonen immer wieder deutlich wird. Lockit, Peachum und Macheath stellen drei verschiedene -natürlich negative- Eigenschaften Walpoles heraus.

Aber auch einzelne Hinweise machen diesen Bezug offensichtlich, wie etwa wenn der Verbrecher „Robert of Bagshot, alias Gorgon, alias Bluff Bob, alias Carbuncle, alias Bob Booty“ erwähnt wird (Akt I, Szene 3; S. 151).

Walpole war gezwungen, diese Attacken gegen seine Person hinzunehmen, als er bei der Premiere anwesend war, um sich nicht lächerlich zu machen. Dennoch rächte er sich später gegenüber Gay, indem er seine Beziehungen zum für die Zensur zuständigen Lord Chamberlain nutzte, um Gays Fortsetzung Polly 1737 verbieten zu lassen, obwohl diese weit weniger politische Bezüge hatte.

Gay bediente sich dieser äußerst klug gewählten indirekten Anspielungen, um einmal nicht selber im Gefängnis zu landen, zum anderen aber auch, um die Tiefgründigkeit von Walpoles Handlungen aufzuzeigen. Wenn Peachum sich als Hehler der doppelten Moral bedient, so gilt dies, wenn man die gesamten Anspielungen zu Walpole in der Beggar’s Opera zusammennimmt, vor allem für den Premierminister.

III. Das Theater als Institution

Im Gegensatz zu den anderen Bezugsthemen ist dieses in der Beggar’s Opera nicht so stark gewichtet, weil es eng mit Satire der Oper verbunden ist. Dies scheint auch der Hauptgrund dafür zu sein, dass viele Autoren nicht näher darauf eingehen. Indes gibt es klare Hinweise, dass Gay gerade mit dem Aufbau seines Werks auf das Theater als Institution Bezug nimmt und Missstände wie die von Allardyce Nicoll aufgezeigten kritisiert (vgl. Nicoll, 1929; S. 31 ff.).

Gay stellt mit seinem Werk zwar die neue Form der Ballad Opera her, aber er verwendet für diesen Aufbau die etablierten Formen, die ihm unter anderem aus dem Pasticcio bekannt waren (vgl. Dahlhaus, 1979; Band I). Er gliedert die Beggar’s Opera in drei Akte mit 13, 15 und 17 Szenen, wobei der Höhepunkt des Stückes in der bevorstehenden Hängung Maceaths liegt. Eigentlich ist es also eine Tragödie, die aber durch die Unmoral aller Personen (mit Ausnahme von Polly) und im dritten Akt durch Szene 16 zunichte gemacht wird.

Allein mit der Thematik des Stückes nimmt Gay klaren Bezug auf die Mode der Shakespearestücke, vollzieht aber gleichzeitig eine Gegentendenz: statt der allgemeinen Glory of England, die Nicoll als allgemein üblich beschreibt (vgl. Nicoll, 1929; S. 20), übt Gay Kritik. Um dies (neben der oben erwähnten Gesellschaftskritik) deutlich zu machen, versetzt er die Handlung in das Verbrechermilieu und kreiert Antihelden wie Macheath die anstatt vorbildlich nur noch selbstdarstellerisch wirken.

Das alleine reicht Gay freilich nicht: er verwendet die bei Aufführungen üblichen Metaphern und Allegorien (Tiere, Natur, usw.). Der Bettler selber kündigt dies in der Einführung als „similes“ an (S.147). Auch der Einsatz solch beliebter Szenen, wie der Gefängnisszenen oder der Spielhausszenen, sind Kritikpunkte an dem alltäglichen Publikumsverhalten im Theater. Wenn dieses Publikum nämlich, wie Nicoll es beschreibt, sich im Theater mit Geschäften und mit Kartenspielen unterhält, anstatt sich mit dem Stück auseinander zu setzen (vgl. Nicoll, 1929; S.9).

Die Tatsache, dass Gay dann noch Stilmittel wie etwa Gift als dramatisierendes Element oder die beliebte melancholic posture (vgl. Akt II, Szene 2; S. 169) einfügt, trägt noch wesentlich zur Verkünstlichung der Handlung bei. Dies unterstützt auch die Annahme, das in Gays Werk nicht die Handlung selber wichtig ist, sondern wie die Personen handeln. Edmond Gagey stellt dies schön heraus, wenn er sagt: „Like the non-musical dramatic works the ballad operas are at their best in dialogue and characterization and at their weakest in plot.“ (Gagey, 1937; S.9)

Dennoch geben Interpretationen der Beggar’s Opera, wie etwa deren Verfilmung, Anlass zur Annahme, dass dies nicht immer erkannt und berücksichtigt wurde.

Am wichtigsten in diesem Bezug ist jedoch die Figur des Bettlers: indem dieser in der Einleitung dem Publikum schon einmal deutlich macht, dass es sich um ein Stück handelt und dann später in Akt 3, 16 noch zusätzlich eingreift und die bisherige Handlung zerstört, um die Zufriedenheit des Publikums (und der inneren Personen) zu gewährleisten, bricht er nicht nur mit der Theatertradition der dichterischen Gerechtigkeit, sondern er zeigt noch einmal den künstlichen Aufbau des Stückes.

IV. Die Musik

Vor allem mit seinen musikalischen Einschüben geht Gay gegen die Vorherrschaft der italienischen Oper in London vor. Er nimmt die verkünstlichte Gestaltung der Rezitative und der Arien „aufs Korn“, indem er Gassenhauer, Tänze und unterschiedliche Volksweisen in sein Stück integriert, die zu seiner Zeit besonders in der gebildeten Oberschicht beliebt waren. Er greift aber auch auf bekannte Arien von Komponisten wie Händel, Bononcini oder Purcell zurück. Der Seitenhieb auf die Oper wird besonders in der Einleitung zur Beggar’s Opera deutlich, wenn der Bettler erwähnt: „I have introduced the similes that are in all your celebrated operas“, dies aber mit Ausnahme der Recitative geschieht, die er als unnatürlich betrachtet (S. 147). Somit passiert genau das, was Henry Raynor aufzeigt:

„It attacked the standard form at the point where the English audience regarded it as weakest; the libretto.“ (Raynor, 1972; S.274).

Es scheint also nicht verwunderlich, wenn allgemein behauptet wird, dass die Beggar’s Opera der Tod der Royal Academy Händels in London war. Henry Raynor stellt aber fest, dass der finanzielle Ruin schon vorher feststand (Raynor, 1972; S. 274), zumal Gay selber einmal für Händel ein Libretto geschrieben hatte und Händel nach dem Ruin der Academy nicht aufhörte zu schreiben, sondern sich den englischsprachigen Oratorien zuwandte, die erst wesentlich für seinen Erfolg wurden.

Gay schuf somit als Kontrast eine „Oper ohne Sänger“, wie er es selber beschreibt (vgl. Barlow,1991; S.60), die „...almost any Englishman could enjoy” (Raynor, 1972, S. 274). Deren einzelne Airs haben unterschiedlichste Funktion: einige dienen als Parodie auf die italienische Oper, indem sie Händels Marsch der Ritter aus der Oper „Rinaldo“ ins Verbrechermilieu versetzen (vgl. Air 20, S. 169), oder wenn im dritten Akt mit den Airs 9-11 (S.197 ff.) eine Parodie auf den Sängerwettstreit der damaligen Starsoprane Faustina und Cuzzoni, die Händel in einer Oper gleichwertig beachten musste, als Streit zwischen Lucy und Polly dargestellt wird.

Die eigentliche Funktion der Airs dient aber dem Ausdruck von Stimmungsschwankungen vor allem der Protagonisten. Indem diese sich dem Publikum zuwenden (vgl. Schulz, 1975), unterbrechen und kommentieren sie nicht nur die Handlung, sondern machen das Publikum zum Mitwisser der eigenen Reflexionen. Dadurch wird auch noch einmal deutlich gemacht, dass es sich bei dem Stück um etwas künstliches handelt. Das Publikum wird gegenüber der Handlung distanziert.

Wie die ganze Beggar’s Opera selbst, so haben also auch die Airs mehrere Bezugsebenen. Die Melodien dienen als Ausdruck des Gefühles (vgl. insbesondere III,13; S. 202), die Thematik umfasst aber zumeist die Verhältnisse der Geschlechter zueinander und die Rolle des Geldes. Hier wird die Satire noch einmal besonders deutlich, wenn in den Texten ein Bezug zu den bekannten Originalen hergestellt wird (vgl. I, Airs 5, 6,7, 12). Dies ist heutzutage nur noch schwer nachvollziehbar, weil die Originallieder kaum noch bekannt sind, aber gerade zu Gays Zeit entstand durch diese Bezüge eine wahre Verbreitungswelle der Airs, die mit zum großen Erfolg des Stückes insgesamt beitrug.

Bewertung der Ziele John Gays

Autoren wie Fiske, Nicoll und Gagey haben in ihren Artikeln sehr klar die Missstände innerhalb der Gesellschaft, der Politik, des Theaterwesens und der Musik im 18. Jahrhunderts herausgestellt. Eben diese Missstände waren es auch, auf die Gay mit der Beggar’s Opera aufmerksam machen wollte. Es genügt nicht festzustellen, dass Gays Werk eine Überzeichnung der damaligen Umstände ist. Es ging ihm dabei gewiss auch darum, dem Publikum seine moralischen, auf Heuchelei, Verstellung oder Affektiertheit rückführbaren Fehler einzusehen und zu korrigieren.

Gay benutzt dabei die bekannten, in der Satire üblichen Techniken, um mit Hilfe eines spottenden Richtens das Goldgräbertum und die Ellenbogenmentalität bei den Leuten, die sich laut für edel, hilfreich und gut halten deutlich zu machen. Dabei stellte er in seinem Stück das Chaos als Norm dar (vgl. Akt III, Szene2; S.189). Es ist zwar somit eine „Absage an das klassizistische Modell des harmonischen Kosmos“ (Böker, S.123). Diese Absage bezieht sich aber nur auf die Zustände im Stück selbst und ist keine Aufforderung zur Anarchie. Im Gegenteil: Indem Gay dem Publikum vor allem die politischen Missstände aufzeigt, will er diesem deutlich machen, dass er einen Handlungsbedarf sieht. Dabei sind vor allem Parallelen zu den satirischen Werken Popes und Swifts feststellbar. Die von mir unter dem Punkt „Die Musik“ festgestellten Kritikpunkte Gays scheint dieser selber unterschätzt zu haben. Gay hatte nie geplant, die italienischsprachige Oper negativ zu beeinflussen. Er griff aber die diesbezügliche Meinung des Publikums gerade in dem günstigen Zeitraum auf, als die Mode der italienischen Oper ohnehin im Dahinschwinden war. Wie weiter oben beschrieben war die neue Form und der Erfolg der Ballad Opera mit Sicherheit einer der Gründe für den Tod der Royal Academy.

John Gay konnte, wie die Geschichte zeigt, sein Publikum weder zur Änderung der Politik noch zur Änderung der Gesellschaft bewegen. Walpole blieb zum Beispiel noch 14 Jahre nach Veröffentlichung der Beggar’s Opera an der Regierung. Eine Art Ständegesellschaft gibt es in England noch heute und aufzuzeigen, dass der Umgang mit Geld sich nicht geändert hat, würde hier zu weit führen.

Gay und sein Impresario Rich zeigten ein großes Geschick, was die Verbreitung der Beggar’s Opera betrifft. Sie nutzten dabei die Kommerzialisierung der Musik durch Verkauf von Partituren, aber auch die Konsumbereitschaft des Publikums, das sich an der Beggar’s Opera nicht sattsehen konnte. Edmond Gagey erwähnt sogar, dass dieser Erfolg sich auch auf die Schauspieler auswirkte: So fand die Darstellerin der Polly eine gute Partie, indem sie einen Lord heiratete (vgl. Gagey,1937; S 37-38).

Die neue Form der Ballad Opera fand viele Nachahmer im eigenen Land, die aber nur wenig an den Erfolg Gays anknüpfen konnten. Pope, Swift und Fielding sind hier noch die erfolgreichsten Vertreter. Vor allem aber die Beggar’s Opera selbst führte damals zu einer Modeerscheinung in Formen von Bearbeitungen und Inszenierungen, die sich über ganz England ausbreiteten. Sie wurde erst um 1750 von der romantischen Oper und der Operette abgelöst wurde (was den Zeitpunkt betrifft gibt es unterschiedliche Auffassungen, wie ein Vergleich mit den von mir aufgeführten Quellen zeigt).

Dennoch erfreut sich die Beggar’s Opera bis heute einer großen Beliebtheit, die sich auch auf Europa ausgebreitet hat. Bearbeitungen von Brecht /Weill, Milhaud, Britten und Fassbinder sind dabei nur die bekanntesten Beispiele. Die Form der Ballad Opera wurde aber in Musikhäusern und Theatern noch weiter aufgegriffen: der Schwank und das Singspiel sind die wichtigsten Entwicklungen, die sich hieraus ergeben haben und bis heute von Bedeutung sind.

Quellenverzeichnis:

Quelle :

Lindsay, David W. (Hrsg.), (2000) The Beggar’s Opera and other Eighteenth-Century plays: John Gay: The Beggars Opera. London

Literatur:

Böker, Uwe, John Gays The Beggar’s Opera und die Kommerzialisierung der Kunst zu Beginn des 18. Jahrhunderts

Dahlhaus, Carl / Eggebrecht, Hans Heinrich (Hrsg.), (1979) Brockhaus Riemann Musiklexikon. Atlantis Musikbuch-Verlag.

Fiske, Roger (1973), „Ballad Opera 1728-1736“, English Theatre Music

Gagey, Edmond McAdoo (1937), Ballad Opera 1728-1750. Benjamin Blom, New York / London

Nicoll, Allardyce, (1929) “The Audience”, “The Theatre” A History of Early Eighteenth Century Drama: 1700-1750, C.U.P.

Raynor, Henry (1972), “Handel and England” A Social History of Music.

Schulz, Dieter , „Zur Funktion der Songs in John Gays Beggar’s Opera.“ DVJs, 49 (1975) 721-745

Unveröffentlichte Arbeiten:

Lettenmeier, Petra / Plattner, Andrea (1987) John Gay ‘The Beggar Opera’. Im Hauptseminar John Gay “the Beggar’s Opera” und das englische Theater des frühen 18.

Jahrhunderts bei Prof. Dr. Uwe Böker. Ludwig-Maximilian-Universität München. Institut für Theaterwissenschaft.

Audioaufnahmen:

Gay, John / Pepusch, Christopher, (1991) The Beggar’s Opera; einleitender Text von Jeremy Barlow. Hyperion Ltd. London

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Details

Titel
Die Funktion der Satire in John Gays Beggar`s Opera
Hochschule
Technische Universität Dresden
Veranstaltung
PS 18th century drama
Note
gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
12
Katalognummer
V104371
ISBN (eBook)
9783640027156
Dateigröße
353 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Herausstellung von vier verschiedenen Satirebezügen in der Beggar`s Opera
Schlagworte
Funktion, Satire, John, Gays, Beggar`s, Opera
Arbeit zitieren
Thomas Eichmann (Autor:in), 2001, Die Funktion der Satire in John Gays Beggar`s Opera, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104371

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